Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 04.09.2015, Az.: 2 ME 252/15
Vergleichbar hoher Stellenwert hinsichtlich der Organisationsentscheidungen nach dem Anwendungsbereich der Vorschrift des § 106 NSchG bei der Festlegung von Schulbezirken; Konkretisierung eines gerichtlichen Prüfungsumfangs bei der Überprüfung einer Satzung zur Festlegung von Schulbezirken; Zumutbarkeit des Schulweges hinsichtlich der Fahrzeit bei einer Schülerbeförderung zur Schule mit dem Kraftwagen sowie Unbeachtlichkeit der Länge oder Gefährlichkeit des Fußweges
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 04.09.2015
- Aktenzeichen
- 2 ME 252/15
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2015, 34393
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2015:0904.2ME252.15.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG Hannover - 31.07.2015 - AZ: 6 B 3569/15
Rechtsgrundlage
- 106 NSchG
Fundstellen
- NordÖR 2015, 509
- NordÖR 2016, 44
- SchuR 2017, 16-18
Amtlicher Leitsatz
- 1.
Die Festlegung von Schulbezirken ist zwar nicht unmittelbar dem Anwendungsbereich des § 106 NSchG zuzuordnen, ihr kommt aber bezogen auf ihre Bedeutung ein den dort genannten Organisationsentscheidungen vergleichbarer Stellenwert zu.
- 2.
Zur Konkretisierung des gerichtlichen Prüfungsumfangs bei der Überprüfung einer Satzung zur Festlegung von Schulbezirken (Fortführung der Rechtsprechung; vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 14. August 2015 - 2 LA 92/15 -, [...]).
- 3.
Wird eine Schülerbeförderung zur Schule mit Kraftwagen durchgeführt, kommt es für die Frage der Zumutbarkeit des Schulweges nicht auf die Länge oder Gefährlichkeit des Fußweges an, sondern allenfalls auf die Zumutbarkeit der Fahrzeit.
Tenor:
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Hannover - Einzelrichter der 6. Kammer - vom 31. Juli 2015 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,00 Euro festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde des Antragstellers hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat es abgelehnt, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem Antragsteller eine vorläufige Ausnahmegenehmigung für den Schulbesuch der Grundschule C. in A-Stadt zu erteilen. Der Antragsteller hat auch unter Berücksichtigung seines - für die Prüfung des Senats nach § 146 Abs. 4 Sätze 3 und 6 VwGO allein maßgeblichen - Beschwerdevorbringens keinen Anordnungsanspruch für die Erteilung der von ihm begehrten Ausnahmegenehmigung glaubhaft gemacht (§§ 123 Abs. 3 VwGO, 920 Abs. 2, 294 ZPO).
Das Verwaltungsgericht hat zur Begründung des angefochtenen Beschlusses ausgeführt, die Voraussetzungen des § 63 Abs. 3 Satz 4 NSchG für die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung ließen sich derzeit nicht mit dem erforderlichen hohen Grad an Wahrscheinlichkeit bejahen. Es liege keine - allein in Betracht kommende - unzumutbare Härte im Sinne dieser Regelung vor. Zwar könnten Entfernung und Erreichbarkeit der Schule im Einzelfall eine unzumutbare Härte begründen, das sei hier jedoch nicht der Fall. Zwar sei der Fußweg von der Wohnung zur zuständigen Grundschule ca. 2.700 m lang und damit für einen Erstklässler als Fußgänger nicht mehr zumutbar. Diesem Umstand werde jedoch dadurch Rechnung getragen, dass der Antragsteller nach der Schülerbeförderungssatzung der Region A-Stadt einen Anspruch auf Teilhabe an der Schülerbeförderung habe, da der Schulweg länger als 2.000 m sei. Es sei nach dem Vorbringen des Antragstellers nicht zu erkennen, dass der dem Antragsteller verbleibende Fußweg besonders gefährlich bzw. die Benutzung des Schulbusses für ihn unzumutbar sei. Selbst wenn der danach verbleibende Fußweg besonders gefährlich sei, sei es Sache des Trägers der Schülerbeförderung dafür zu sorgen, dass der Antragsteller die Schule unter zumutbaren (sicheren) Bedingungen erreichen könne. Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass die Eltern des Antragstellers nicht in der Lage seien, ihrer Obliegenheit nach zukommen, diese Wege mit dem Antragsteller einzuüben, lägen nicht vor. Dass der Antragsteller möglicherweise bisher bestehende Kontakte verliere, stelle ebenfalls keine besondere Härte dar. Zwar sei der Wunsch des Antragstellers durchaus nachvollziehbar und verständlich. Die mit dem Besuch der zuständigen Schule verbundene Veränderung der Lebenssituation und die damit verbundenen Eingewöhnungsschwierigkeiten rechtfertigten aber nicht die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung. Dass die Betreuungssituation die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung gebiete, habe der Antragsteller ebenfalls nicht hinreichend glaubhaft gemacht.
Das Verwaltungsgericht hat darüber hinaus keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür gesehen, dass die Schulbezirkssatzung der Landeshauptstadt A-Stadt unwirksam sei. Die von Antragsteller in diesem Zusammenhang zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Berlin sei nicht einschlägig, weil sie eine bestimmte - nicht vergleichbare - Konstellation nach dem dortigen Landesrecht betreffe.
Diese Ausführungen stellt der Antragsteller mit seinen Ausführungen im Beschwerdeverfahren nicht durchgreifend in Frage.
1. Dem Antragsteller steht es nicht bereits deshalb frei, die von ihm gewünschte Grundschule C. zu besuchen, weil die Festlegung der Schulbezirke durch § 2 i.V.m. Anlage 1 der 4. Satzung über die Festlegung von Schulbezirken für die allgemein bildenden Schulen in der Trägerschaft der Landeshauptstadt A-Stadt vom 2. Juni 2015, Gemeinsames Amtsblatt für die Region A-Stadt und die Landeshauptstadt A-Stadt Nr. 23/2015 vom 18. Juni 2015 , S. 194 ff. (im Folgenden: SBS), unwirksam wäre.
Nach § 63 Abs. 2 Satz 1 HS 1 NSchG legen die Schulträger im Primarbereich für jede Schule einen Schulbezirk fest. Schülerinnen und Schüler haben angesichts einer Festlegung von Schulbezirken diejenige Schule der von ihnen gewählten Schulform zu besuchen, in deren Schulbezirk sie ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben (§ 63 Abs. 3 Satz 1 NSchG).
Es bedarf keiner Entscheidung, welche Rechte der Antragsteller im Einzelnen aus einer Unwirksamkeit der Grundschulbezirksfestlegung durch die o.g. Regelung des § 2 SBS - bzw. einer Unwirksamkeit der Satzung insgesamt - herleiten könnte. Zur Beantwortung dieser Frage bedürfte es u.a. der Prüfung, ob die Einwände des Antragstellers die Wirksamkeit der SBS insgesamt oder nur der Regelung des § 2 SBS betreffen. Soweit sich durchgreifende Gründe für die Unwirksamkeit (nur) auf § 2 SBS bezögen, stellte sich die Frage, ob gleichwohl die Satzung insgesamt unwirksam wäre (Problematik der Teilnichtigkeit) und welcher Rechtszustand hieraus jeweils folgte ("Wiederaufleben" der 3. Satzung über die Festlegung von Schulbezirken für die allgemein bildenden Schulen in der Trägerschaft der Landeshauptstadt A-Stadt vom 15. Juni 2005 oder Fehlen einer Regelung über die Festlegung der Schulbezirke?). Eine nähere Erörterung dieser Gesichtspunkte ist entbehrlich, weil die geltend gemachten Bedenken des Antragstellers gegen die Wirksamkeit der Satzung nicht durchgreifen. Vor diesem Hintergrund bedarf es auch keiner Prüfung, ob der auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung gerichtete Antrag angesichts dieses Vorbringens, das im Beschwerdeverfahren den Schwerpunkt der Argumentation des Antragstellers einnimmt, überhaupt zutreffend gewählt ist.
a) Die Satzung ist entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht mit Blick darauf unwirksam, dass sie möglicherweise erst zu einem Zeitpunkt bekanntgemacht worden ist, der nach dem in Ziffer 3.5 des RdErl. d. MK v. 29.8.1995 - 308-80 006/1 -, Nds. MBl. 1995 Nr. 38, S. 1142, zuletzt geändert durch Verwaltungsvorschrift vom 1.3.2006 (SVBl. 2006 Nr. 4, S. 109), definierten Zeitpunkt liegt. Ziffer 3.5 des vorgenannten Runderlasses lautet, soweit hier von Interesse:
"Entsprechend dem rechtskräftigen Urteil des OVG Lüneburg vom 21.5.1992 sind die Schulbezirke von den Schulträgern nunmehr durch Satzung festzulegen, und zwar in der Regel mindestens einen Monat vor Beginn des Aufnahmeverfahrens."
Unbeschadet dessen, dass Ziffer 3.5 eine Festlegung der Schulbezirke nur "in der Regel" mindestens einen Monat vor Beginn des Aufnahmeverfahrens fordert, stellt ein Verstoß gegen eine Verwaltungsvorschrift für sich genommen noch keinen Grund für die Unwirksamkeit einer Satzung dar. Maßgeblich ist vielmehr, ob die in der Verwaltungsvorschrift getroffene Regelung aus übergeordneten rechtlichen Gründen geboten ist; ist das der Fall, folgt die Unwirksamkeit der Satzung dann ggf. aus dem Verstoß gegen diese übergeordneten Rechtsgründe. An derartigen Anknüpfungspunkten für die zeitliche Vorgabe in Ziffer 3.5 des Runderlasses fehlt es auf der Grundlage des bisherigen Sach- und Streitstandes.
Das in Ziffer 3.5 zitierte Urteil des 13. Senats des beschließenden Gerichts - 13 L 148/90 -, , verhält sich nicht zu dieser Frage. In diesem Urteil wird (auch in der dem Senat vorliegenden Volltextversion) ein solches zeitliches Erfordernis noch nicht einmal erwähnt.
Auch den Ausführungen des Antragstellers ist nicht zu entnehmen, dass die Einhaltung einer solchen Frist aus übergeordneten Rechtsgründen geboten sein könnte. Der geltend gemachte Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 GG liegt schon deshalb nicht vor, weil dem insoweit bestehenden Informationsinteresse potentieller Betroffener auch - wie hier geschehen - durch Vorabinformation Rechnung getragen werden kann. So sind die Eltern des Antragstellers - wie aus ihrem Antrag vom 15. Mai 2015 an die Antragsgegnerin zu ersehen ist - frühzeitig darüber informiert worden, dass es in Bezug auf die bestehenden Schulbezirke zu Veränderungen kommen könnte. Wie das vorliegende Eilverfahren zeigt, ist dem Antragsteller anknüpfend daran auch die rechtzeitige Inanspruchnahme einer gerichtlichen Überprüfung möglich. Eine dergestalt frühe Bekanntgabe der Satzung, wie in Ziffer 3.5 des Runderlasses vorgesehen, mag danach zwar wünschenswert sein, damit sich Eltern und Schüler auf die veränderten Gegebenheiten einstellen können; sie ist aber nicht Voraussetzung für ihre Wirksamkeit.
b) Die Ausführungen des Antragstellers in der Beschwerdebegründung unter der Überschrift "Fehlerhafte Normentwicklung" sowie seine dahingehenden ergänzenden Erwägungen im Schriftsatz vom 3. September 2015 führen ebenfalls nicht auf eine Unwirksamkeit der Satzung.
Bei der Änderung eines bestehenden Schulbezirks handelt es sich um eine das Schulwesen betreffende Planungs- und Organisationsentscheidung. Diese ist zwar - es geht nicht um die Errichtung, Erweiterung, Einschränkung, Zusammenlegung, Teilung oder Aufhebung einer Schule - nicht unmittelbar dem Anwendungsbereich des § 106 NSchG zuzuordnen, ihr kommt aber bezogen auf ihre Bedeutung ein den dort genannten Organisationsentscheidungen vergleichbarer Stellenwert zu. Im Gegensatz zu den in § 106 Abs. 1 NSchG genannten Entscheidungen, bei denen es sich typischerweise nicht um Rechtssetzungsakte des Schulträgers handelt, sondern die in der Regel in Gestalt einer Allgemeinverfügung erfolgen, wird die Änderung von Schulbezirken durch eine Satzung vorgenommen (vgl. hierzu Nds. OVG, Urt. v. 21.5.1992 -13 L 148/90 -, ); bei der entsprechenden Anwendung von Vorgaben, die sich auf Entscheidungen nach § 106 Abs. 1 NSchG beziehen, ist deshalb auch zu prüfen, ob diese Vorgaben in Ansehung der unterschiedlichen Charaktere der jeweiligen Maßnahmen überhaupt gelten (vgl. dazu Senatsurt. v. 18. April 2014, 2 KN 351/13 -, [...]).
Da die Festlegung und Änderung von Schulbezirken sowohl die Rechtsstellung der schulpflichtigen Kinder als auch die ihrer Erziehungsberechtigten berührt, muss diese Maßnahme dem Gebot der gerechten Abwägung genügen, dessen Verletzung der Rechtsschutzsuchende im Hinblick auf seine eigenen Belange rügen kann. Zur Gewährleistung des Spielraums planerischer Gestaltungsfreiheit ist die Rechtskontrolle einer planerischen Schulorganisationsmaßnahme durch das Gericht aber zugleich auf die Prüfung einer etwaigen Verletzung des Gebots gerechter Abwägung beschränkt. Zur Konkretisierung des gerichtlichen Prüfungsumfangs hat der Senat in seinem - den insoweit vergleichbaren Fall einer Schulschließung betreffenden - Beschluss vom 14. August 2015 - 2 LA 92/15 -, , ausgeführt:
"Die organisationsrechtliche Entscheidung ist nur eingegrenzt auf unzumutbare Beeinträchtigungen und grobe Planungsfehler daraufhin zu überprüfen, ob alles an Belangen eingestellt worden ist, was nach Lage der Dinge hätte eingestellt werden müssen, ob das Gewicht der betroffenen öffentlichen und privaten Belange verkannt worden oder aber der Ausgleich zwischen den Belangen in einer Weise vorgenommen worden ist, die zur objektiven Bedeutung der Belange außer Verhältnis stehen, sowie ob naheliegende Planungsalternativen erwogen worden sind (BVerwG, Beschl. v. 7.1.1992 - 6 B 32.91 -, DVBl. 1992, 1025 [BVerwG 07.01.1992 - BVerwG 6 B 32.91]). Diese Einschränkung der Prüfungsdichte ergibt sich aus dem Gewicht des in Art. 7 GG niedergelegten staatlichen Bildungs- und Erziehungsrechts, das entsprechende organisatorische Handlungsbefugnisse voraussetzt (Rux/Niehues Schulrecht, 5. Aufl., Rnr. 851, 918 ff.). Der staatliche Erziehungsauftrag der Schule, der aus Art. 7 GG abgeleitet wird, steht zwar eigenständig neben dem elterlichen Erziehungsrecht aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG; er ist diesem nicht nach-, sondern gleichgeordnet (BVerfG, Urt. v. 14.7.1998 -1 BvR 1640/97 -, BVerfGE 98, 218,244; BVerwG, Beschl. v. 8.5.2008 - 6 B 64.07 -, DÖV 2008, 775). Anders verhält es sich aber mit dem damit einhergehendem Organisationsrecht. Um den staatlichen Bildungs- und Erziehungsauftrag zureichend umsetzen zu können, ist der Staat bzw. hier die Beklagte als Schulträger auf eine wirtschaftliche Planung unter Berücksichtigung der schulischen (Bildungs-)Vorgaben angewiesen. (...) Der Schulträger darf dabei in gewissem Umfang auch eine "eigene Schulpolitik" betreiben (Sen., Urt. v. 22.4.2013. aaO.). Ihm obliegt es daher, die ausschlaggebenden Prioritäten in der politischen Auseinandersetzung zu finden, mag diese - wie hier - auch knapp ausgehen (15 - 14 - 2 Enthaltungen, C 341). Aufgrund der erheblichen planerischen Gestaltungsfreiheit (vgl. allg. für ein weites Planungsermessen auch im baulichen Bereich: Lege, Abkehr von der "sog. Abwägungsfehlerlehre", DÖV 2015, 361) kann die schulorganisationsrechtliche Entscheidung daher grundsätzlich nur auf unzumutbare Folgewirkungen für Schüler/Eltern (wie Länge des Schulwegs, Gegebenheiten in der neuen Schule) oder auf grobe Planungsfehler (Rux/Niehues, aaO., Rnr. 964, 968 f., Planungsfehler, wenn erhebliche Belange missachtet oder fehlgewichtet worden sind) überprüft werden."
Der Antragsteller ist durch die Festlegung der Schulbezirke - ausgehend von seinem Vorbringen - weder unzumutbaren Beeinträchtigungen ausgesetzt, insoweit wird auf die Ausführungen unter 2. verwiesen, noch hat er Anhaltspunkte für grobe Planungsfehler aufgezeigt. In der Beschwerdebegründung hat der Antragsteller bezogen auf das Planungsverfahren im Wesentlichen Fragen aufgeworfen, die er von der Antragsgegnerin bzw. dem Gericht beantwortet sehen wollte. Die Antragsgegnerin hat - auf diese Fragen eingehend - mit ihrer Antragserwiderung Unterlagen aus dem Normgebungsverfahren vorgelegt, aus denen hervorgeht, dass
- die Entwicklung der Schülerzahlen eine Änderung der bestehenden Schulorganisation im Grundschulbereich gebot,
- Versuche, die in den vergangenen Jahren unternommen worden waren, um dem Rechnung zu tragen, nicht dauerhaft erfolgversprechend waren,
- Alternativen zur Neuordnung der Schulbezirke erwogen und aus sachlichen Gründen verworfen worden sind,
- langfristig der Neubau eines weiteren Grundschulgebäudes beabsichtigt ist und
- die Problematik erkannt worden ist, dass weiten Schulwegen durch Sicherstellung einer Schülerbeförderung Rechnung zu tragen ist.
Der Antragsteller hat hierzu in seinem Schriftsatz vom 3. September 2015 zusammengefasst geltend gemacht:
- Die Problematik, dass schulorganisatorische Änderungen erforderlich seien, sei dem Schulträger spätestens im Frühjahr 2014 bekannt gewesen; diese habe früher auf diese Entwicklungen reagieren können, weshalb die Eile, in der das Normgebungsverfahren durchgeführt worden sei, keine Berechtigung habe.
- Angemessene Reaktion auf die Erkenntnis, dass schulorganisatorische Änderungen erforderlich seien, sei seiner Auffassung nach die Neuziehung der Schulbezirksgrenzen in mehreren oder sämtlichen Stadtteilen gewesen.
- Im Normgebungsverfahren sei sein, des Antragstellers, Interesse an einem kurzen und sicheren Schulweg nicht hinreichend berücksichtigt worden. Dies dürfe zugleich im Interesse aller Eltern und Schüler liegen.
- Die jetzt vorgenommene Planung sei Folge einer schwerwiegenden langjährigen Fehlplanung.
- Hinsichtlich der örtlich nahe gelegenen Alternative zur Grundschule C. (Errichtung einer Außenstelle) sei unklar, welche Kosten bei einer Nutzung des ins Auge gefassten Gebäudes entstehen würden; dem seien die Kosten für den Schülertransport - die in der Aufstellung des Normgebers nicht enthalten seien - gegenüber zu stellen.
Grobe Planungsfehler im oben dargelegten Sinne sind damit nicht benannt. Zunächst wird darauf hingewiesen, dass eine in der Vergangenheit liegende "Fehlplanung" - für die hier im Übrigen derzeit auch unter Berücksichtigung des Vortrags des Antragstellers keine durchgreifenden Anhaltspunkte vorliegen - die Rechtmäßigkeit der aktuellen Planung nicht ohne Weiteres berührte. Politischen Gremien muss es im Grundsatz möglich sein, von - als solchen erkannten - Fehlplanungen Abstand zu nehmen und darauf beruhenden Entwicklungen notwendigenfalls auch durch kurzfristig zu treffende Maßnahmen gegenzusteuern. Anhaltspunkte für eine in der Vergangenheit vorgenommene "gezielte" Fehlsteuerung bestehen nicht.
Aus den von der Antragsgegnerin übersandten Unterlagen ist ersichtlich, dass Alternativen erwogen worden sind. Dass aufgrund der auf einen Stadtteil beschränkten Entwicklung Maßnahmen geboten gewesen wären, die die Schulbezirke weiterer Stadtteile berührt hätten, ist eher fernliegend.
Das Interesse von Schülern und Erziehungsberechtigten, auf zumutbare (und damit zugleich sichere) Weise die Grundschule erreichen zu können, ist in den Abwägungsprozess eingeflossen. Das ist schon daraus ersichtlich, dass die Schülerbeförderung in der von der Antragsgegnerin vorgelegten Drucksache thematisiert wird. Ein darüber hinausgehendes Interesse an einem - bezogen auf die Entfernung - "kurzen" Schulweg musste der Normgeber jedenfalls nicht vorrangig berücksichtigen (vgl. dazu unter c)).
Die Kosten für den Schülertransport sind in der Aufstellung auf Seite 3 der Drucksache - soweit sie sich auf die Fahrt vom Grundschulstandort C. zum Schulstandort D. beziehen - näher bezeichnet. Die von dem Antragsteller genannte Alternative einer Außenstelle zur Grundschule C. hat der Normgeber aus verschiedenen, nicht nur finanziellen Gründen verworfen. Zudem "steht und fällt" eine Abwägungsentscheidung nicht damit, dass die von dem Schulträger gewählte Lösung die kostengünstigste ist (Sen., Urt. v. 22.4.2013 - 2 KN 57/11 -, u. Beschl. v. 14.8.2015 - 2 LA 92/15 -, beide in [...]).
c) Soweit der Antragsteller sinngemäß eine Unwirksamkeit der SBS daraus herleitet, dass bei der Festlegung der "Grundsatz der altersangemessenen Schulweglängen" nicht berücksichtigt worden sei, legt er bereits nicht hinreichend dar, aus welcher rechtlichen Grundlage ein solcher Grundsatz herzuleiten sein soll. Der Antragsteller stützt sich in seiner Beschwerdebegründung erneut auf den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 21. August 2014 - 9 L 331.14 -, . Hierzu war bereits in dem hier angefochtenen Beschluss darauf hingewiesen worden, dass die in jener Entscheidung aufgestellten Grundsätze auf die niedersächsische Rechtslage nicht übertragbar seien, da sie eine bestimmte Konstellation nach dem dortigen Landesrecht beträfen, die hier weder rechtlich noch tatsächlich vorliege. In seiner Beschwerdebegründung konzediert der Antragsteller, dass sich die für das Land Berlin einschlägige Norm von § 63 NSchG unterscheide, führt aber nicht aus, warum die vom Verwaltungsgericht Berlin herangezogenen Grundsätze in Niedersachsen gleichwohl entsprechend geltend sollen. Er trägt lediglich vor, der Grundsatz, dass bei der Festlegung von Schulbezirken altersangemessene Schulweglängen zu berücksichtigen seien, sei "allgemein gültig". Damit genügt er nicht den Darlegungsanforderungen des § 146 Abs. 4 VwGO. Eine nähere Befassung mit den sich in diesem Zusammenhang stellenden Fragen wäre zum einen erforderlich gewesen, weil in § 54 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 4 Satz 2 BerlSchG der Grundsatz "altersangemessener Schulwege" ausdrücklich erwähnt ist und entsprechende Erwägungen auch der Entstehungsgeschichte der Vorschriften zugrunde lagen. Der Antragsteller verhält sich nicht dazu, warum sich dieser Grundsatz in den niedersächsischen Regelungen ebenfalls wiederfinden soll, obwohl der Senat in seinem Urteil vom 8. April 2015 (- 2 KN 351/13 -, Rdnr. 70) bereits darauf hingewiesen hat, dass es bei Schülerbeförderung mit Kraftwagen nicht auf die Länge des Weges ankommt, sondern allenfalls auf die Zumutbarkeit der Fahrzeit. Zum anderen ist den Ausführungen des Antragstellers nicht zu entnehmen, warum die hier gegebene tatsächliche Konstellation mit derjenigen vergleichbar sein soll, die der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin zugrunde lag. Das Verwaltungsgericht Berlin hat angenommen und näher begründet, der dort streitgegenständliche gemeinsame Schuleinzugsbereich habe zur Folge, dass "zahlreiche Schulwege von Kindern" eine Länge von mehr als 3 km aufwiesen. Bereits die "Vielzahl der exemplarisch aufgeführten Anschriften" mache deutlich, dass die Länge der Schulwege, die weit über dem liege, was für einen Schulanfänger als altersangemessen angesehen werden könne, im gemeinsamen Einschulungsbereich 07 "keine Ausnahme" darstelle. Dass hier eine vergleichbare Situation vorliegt, ist nicht dargetan; der Antragsteller verweist lediglich darauf, dass sein Schulweg 2,5 km lang sei und fügt in seinem Schriftsatz vom 3. September 2015 die vage Angabe hinzu, dass "etwa 30 Kinder ... unverhältnismäßig betroffen" seien. Abgesehen davon gibt es in Berlin keine vergleichbare Regelung zur Schülerbeförderung (vgl. dazu noch die Ausführungen unter 2.).
2. Das Verwaltungsgericht ist auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens zu Recht davon ausgegangen, dass dem Antragsteller voraussichtlich kein Anspruch auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nach § 63 Abs. 3 Satz 4 NSchG zusteht.
Von dem Grundsatz des § 63 Abs. 3 Satz 1 NSchG abweichend kann der Besuch einer anderen Schule nach § 63 Abs. 3 Satz 4 NSchG dann gestattet werden, wenn der Besuch der zuständigen Schule für die betreffenden Schülerinnen und Schüler oder deren Familien eine unzumutbare Härte darstellen würde (Nr. 1) oder der Besuch einer anderen Schule aus pädagogischen Gründen geboten erscheint (Nr. 2).
Die Darlegung einer - von dem Antragsteller in diesem Zusammenhang allein geltend gemachten -unzumutbaren Härte im Sinne des § 63 Abs. 3 Satz 4 Nr. 1 NSchG verlangt mehr als das Anführen sachlicher Gründe oder den Hinweis auf reine Unbequemlichkeiten, die sich mit dem Besuch der zuständigen, sich aus der Schulbezirksfestsetzung ergebenden Schule ergeben könnten. Eine solche Härte ist erst dann anzunehmen, wenn die Nachteile, die ein Schüler bei dem Besuch der zuständigen Pflichtschule zu erleiden hätte, ungleich schwerer sind als das öffentliche Interesse an einer Beibehaltung der Schulbezirkseinteilung und der damit verbundenen sinnvollen Verteilung der Schüler auf die von einem Schulträger angebotenen Schule. Die Annahme einer unzumutbaren Härte muss sich aus der besonderen Situation des Einzelfalls ergeben, der es schließlich rechtfertigt, dem sich hierauf berufenden Schüler und/oder seinen Erziehungsberechtigten im Verhältnis zu dem öffentlichen Interesse an der Beachtung der Schulbezirkseinteilung ausnahmsweise eine Sonderstellung einzuräumen (vgl. hierzu Senat, Beschl. v. 20.8.2012 - 2 ME 343/12 - ; Niehues/Rux, Schulrecht, 5. Aufl. 2013, Rdnr. 748, jeweils m. w. N.).
Das Verwaltungsgericht hat in Würdigung sämtlicher persönlicher Umstände des Antragstellers zutreffend angenommen, dass kein Grund dafür ersichtlich sei, warum es für ihn oder seine Familie eine unzumutbare Härte darstellen könnte, die Grundschule E. zu besuchen. Auf die zutreffenden diesbezüglichen Ausführungen im angefochtenen Beschluss wird Bezug genommen. Mit Blick auf das Beschwerdevorbringen ist Folgendes zu ergänzen:
Das Verwaltungsgericht hat zu Recht darauf verwiesen, dass weder aus der Länge des Schulwegs noch aus der der geltend gemachten Gefährlichkeit dieses Weges eine Unzumutbarkeit des Besuchs der Grundschule E. folge, weil der Antragsteller - gerade aufgrund der Länge des Schulwegs - einen Anspruch auf Schülerbeförderung habe. Die Fragen, die der Antragsteller in der Beschwerdebegründung zur näheren Ausgestaltung der Schülerbeförderung aufwirft, sind für die Zumutbarkeit des Schulbesuchs der Grundschule E. ohne Relevanz. Ist es dem Antragsteller - wofür hier nichts spricht - nicht generell unzumutbar, die Schülerbeförderung in Anspruch zu nehmen, ist die Zumutbarkeit des Schulweges unter Zugrundelegung einer ordnungsgemäß erfolgenden Schülerbeförderung zu beurteilen. Denn der Antragsteller hat gegen den Träger der Schülerbeförderung einen Anspruch auf eine Beförderung zur Schule unter zumutbaren Bedingungen oder eine Erstattung der notwendigen Aufwendungen für den Schulweg (§ 114 Abs. 1 Satz 2 NSchG). Diesen Anspruch hat er gegenüber dem Träger der Schülerbeförderung - notwendigenfalls gerichtlich - durchzusetzen.
Soweit der Antragsteller sinngemäß geltend macht, der Besuch der Grundschule E. sei ihm auch deshalb nicht zuzumuten, weil er dort geschlossene Freundschaften aufgrund der Entfernung in seiner Freizeit nicht pflegen könne ("Abkopplung vom Stadtteil"), muss er sich entgegenhalten lassen, dass es sich hier um Entfernungen handelt, deren Überbrückung in der Freizeit - vor allem in ländlichen Bereichen - im Rahmen des Üblichen liegen. Unabhängig davon folgt aber aus der Notwendigkeit, bei an den Schulbesuch anknüpfenden Freizeitaktivitäten ggf. Entfernungen von etwa 3 km zurücklegen zu müssen, noch keine Unzumutbarkeit des Schulbesuchs.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2 GKG i.V.m. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung der am 31.05./1.6.2012 und am 18.7.2013 beschlossenen Änderungen. Der Senat reduziert den Streitwert in Verfahren wie dem vorliegenden in inzwischen ständiger Rechtsprechung entsprechend dieser Vorgabe um die Hälfte (vgl. Beschl. v. 6.9.2012 - 2 ME 351/12 -, v. 24.8.2012 - 2 ME 336/12 -, v. 20.8.2012 - 2 ME 343/12 -, v. 11.6.2012 - 2 ME 188/12 -, v. 12.8.2010 - 2 ME 245/10 -, anders noch Beschl. v. 14.9.2007 - 2 ME 575/07 -); dies hält er mit Blick darauf für angemessen, dass die Hauptsache nur teilweise vorweggenommen wird und ein Schulwechsel nach Ergehen der Hauptsachenentscheidung möglich bleibt.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).