Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 28.09.2015, Az.: 1 MN 144/15
Außenbereich; Beeinträchtigungsverbot; beschleunigtes Verfahren; Beurteilungsspielraum; Einzelhandel; Einzelhandelsgroßprojekt; Innenentwicklung; innenstadtrelevanz; Integrationsgebot; integrierte Lage; integrierter Standort; Landesraumordnungsprogramm; Nahversorgung; Raumordnung; Raumordnungsrecht; Sortiment; Umweltverträglichkeitsprüfung; Vorprüfung; zentraler Versorgungsbereich; zentrenrelevant; Ziel der Raumordnung
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 28.09.2015
- Aktenzeichen
- 1 MN 144/15
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2015, 45082
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 1 Abs 4 BauGB
- § 11 Abs 3 BauNVO
- § 13a Abs 1 S 4 BauGB
- § 13a Abs 1 S 1 BauGB
- § 34 Abs 3 BauGB
- § 3c UVPG
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
1. Eine erhebliche Ausdehnung des Siedlungsgebiets einer Gemeinde in den Außenbereich kann nicht im beschleunigten Verfahren gemäß § 13a BauGB festgesetzt werden.
2. Unterschreitet ein in einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan festgesetztes Vorhaben die Richtwerte der TA Lärm nur geringfügig, sind die Lärmimmissionen abwägungsrelevant. Ist eine allgemeine Vorprüfung im Einzelfall gemäß § 3c Satz 1 UVPG i. V. mit der Anlage 2 erforderlich, führt dies zur Pflicht, eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen. Die Anwendung des beschleunigten Verfahrens ist gemäß § 13a Abs. 1 Satz 4 BauGB ausgeschlossen.
3. Einzelhandelsbetriebe unterfallen nicht den raumordnungsrechtlichen Anforderungen der Nr. 2.3 Abs. 3 des niedersächsischen Landesraumordnungsprogramms 2012 (LROP 2012), wenn sie der wohnortbezogenen Nahversorgung dienen. Das kann im Einzelfall auch für großflächige Einzelhandelsbetriebe gelten.
4. Ein Betrieb dient der wohnortbezogenen Nahversorgung, wenn eine funktionale Zuordnung zu einem oder mehreren Wohngebieten vorliegt, der angesprochene Kundenkreis überwiegend, d. h. zu mehr als 50 Prozent, aus dem fußläufig erreichbaren Umfeld stammt und der Betrieb nur unwesentliche schädliche Umwelteinwirkungen auslöst und nur unwesentliche Auswirkungen auf die infrastrukturelle Ausstattung, auf den Verkehr, auf die Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich, auf die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden, auf das Orts und Landschaftsbild und auf den Naturhaushalt hat; nur unwesentliche Auswirkungen liegen vor, wenn die Auswirkungen so geringfügig sind, dass sie in die gemäß § 1 Abs. 7 BauGB gebotene Abwägung nicht einfließen müssen
5. Das Beeinträchtigungsverbot gemäß Nr. 2.3 Abs. 19 LROP 2012 ist verletzt, wenn ein Vorhaben zu einer wesentlichen Beeinträchtigung eines integrierten Versorgungsstandorts in Gestalt eines zentralen Versorgungsbereichs führt. Das ist in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 34 Abs. 3 BauGB der Fall, wenn die Funktionsfähigkeit des betroffenen zentralen Versorgungsbereichs in beachtlichem Ausmaß beeinträchtigt und damit gestört wird. Eine solche Funktionsstörung liegt vor, wenn der Versorgungsbereich seinen Versorgungsauftrag generell oder hinsichtlich einzelner Branchen nicht mehr in substanzieller Weise wahrnehmen kann (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.12.2009 - 4 C 2.08 -, juris Rn. 13 = BVerwGE 136, 10 = BRS 74 Nr. 97).
Tenor:
Der vom Rat der Antragsgegnerin am 4. Mai 2015 als Satzung beschlossene vorhabenbezogene Bebauungsplan Nr. 156 „Nahversorgungsstandort E. Straße/Lattweg“ wird bis zur Entscheidung des Senats im Normenkontrollverfahren 1 KN 143/15 vorläufig außer Vollzug gesetzt.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 30.000,- EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin, eine Nachbargemeinde, wendet sich gegen den vorhabenbezogenen Bebauungsplan Nr. 156 „Nahversorgungsstandort E. Straße/Lattweg“ der Antragsgegnerin, der großflächigen Lebensmitteleinzelhandel am Stadtrand zulässt; sie befürchtet eine Beeinträchtigung des zentralen Versorgungsbereichs eines Ortsteils.
Die Antragstellerin ist eine Gemeinde mit knapp 10.000 Einwohnern im nördlichen Landkreis A-Stadt. Sie besteht aus mehreren Ortsteilen, darunter dem rund 5 km südwestlich des Kernortes gelegenen Ortsteil F.. Entlang der Großen Straße/G. er Straße (KH.), die F. mittig von Nord nach Süd durchquert, sind eine Vielzahl von Einzelhändlern, Dienstleistern, Gastronomiebetrieben und öffentlichen Einrichtungen angesiedelt. Unmittelbar nördlich der Kreuzung mit der I. Straße (KJ.) liegt ein Supermarkt der Firma K. (vormals L.) mit rund 950 qm Verkaufsfläche. Von F. rund 3 km entfernt beginnt in südwestlicher Richtung das Siedlungsgebiet der Antragsgegnerin, einer Kreisstadt mit rund 32.000 Einwohnern. Die Landesstraße M. bildet eine direkte Verbindung zwischen den vorgenannten Orten bzw. Ortsteilen.
Am nordöstlichen Siedlungsrand der Antragsgegnerin liegt nördlich der Einmündung des Lattwegs in die Landesstraße M. (E. Straße) ein knapp 6.000 qm großes Areal, das bis zur Geschäftsaufgabe im Jahr 2013 von einem N. -Lebensmittelmarkt mit rund 700-800 qm Verkaufsfläche und einem O. -Textilmarkt mit rund 300 qm Verkaufsfläche genutzt wurde. Dieses Areal grenzt im Süden und Osten an Wohnbebauung mit vorwiegend geringer Dichte. Im Westen schließt sich der landwirtschaftlich genutzte Außenbereich an. Nördlich liegen weitere Wohnhäuser sowie - soweit das den Luftbildern zu entnehmen ist - gewerblich bzw. landwirtschaftlich genutzte Bauten; wiederum nördlich dieser aufgelockerten und von Grünflächen durchzogenen Bebauung beginnt die freie Landschaft. Von der Innenstadt der Antragsgegnerin liegt die Fläche rund 2 km entfernt.
Aufgrund des Interesses der Firma P., auf dem Grundstück einen großflächigen Lebensmittelmarkt zu errichten, beschloss der Verwaltungsausschuss der Antragsgegnerin am 6. Oktober 2014 die Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans im beschleunigten Verfahren. Der Plan setzt ein Sondergebiet Lebensmittelmarkt auf dem ehemaligen Marktgrundstück sowie auf rund 2.400 qm der westlich angrenzenden Außenbereichsflächen fest. Zulässig ist ein Lebensmittelmarkt inklusive Backshop mit maximal 1.300 qm Verkaufsfläche (Nr. 1.2 der textlichen Festsetzungen). Der Planbegründung liegen unter anderem ein Schallgutachten, eine Auswirkungsanalyse der Q. aus dem November 2013 zur Ansiedlung eines Supermarktes sowie eine ergänzende Stellungnahme der Q. vom 9. März 2015 zu der Analyse an.
Vom 26. Januar bis zum 27. Februar 2015 lag der Planentwurf öffentlich aus. Zugleich fand die Beteiligung der Träger öffentlicher Belange statt, in deren Rahmen sich die Antragstellerin mit Schreiben vom 24. Februar 2015 gegen den Plan wandte und eine Beeinträchtigung ihres zentralen Versorgungsbereichs entlang der Großen Straße/G. er Straße in F. geltend machte. Die Einwendungen wies der Rat der Antragsgegnerin in seiner Sitzung vom 4. Mai 2015 zurück und beschloss den Bebauungsplan als Satzung. Nach der Ausfertigung am 3. Juli 2015 wurde der Plan am 18. Juli 2015 ortsüblich bekannt gemacht.
Mit ihrem am 1. September 2015 eingegangenen Normenkontroll- und Normenkontrolleilantrag rügt die Antragstellerin insbesondere einen Verstoß gegen Raumordnungsrecht. Sowohl das Beeinträchtigungsverbot als auch das Integrationsgebot seien verletzt. Die Ansiedlung des P. -Marktes bedrohe den K. -Supermarkt in F. in seiner Existenz. Selbst unter Zugrundelegung der in mehrfacher Hinsicht fehlerhaften Auswirkungsanalyse der Q. sei eine Umsatzumverteilung von rund 21-22 % zu erwarten; das beeinträchtige die Nahversorgungssituation in F. erheblich. Da der P. -Markt nicht innerhalb bzw. am Rande eines zentralen Versorgungsbereichs angesiedelt werden solle, sei auch das Integrationsgebot verletzt. Fehlerhaft sei die Wahl des vereinfachten Verfahrens; das Schallgutachten zeige deutlich, dass erhebliche Umweltauswirkungen zu befürchten seien.
Die Antragstellerin beantragt,
den vom Rat der Antragsgegnerin am 4. Mai 2015 als Satzung beschlossenen Bebauungsplan Nr. 156 „Nahversorgungsstandort E. Straße/Lattweg“ bis zur Entscheidung über den Normenkontrollantrag einstweilen außer Vollzug zu setzen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Sie erwidert: Eilbedürftigkeit liege schon aufgrund der späten Antragstellung nicht vor; die Antragstellerin könne ihre Rechte durch Rechtsmittel gegen die Baugenehmigung ausreichend wahren. Das Integrationsgebot sei nicht verletzt, weil es nur für innenstadtrelevante Sortimente, nicht aber Lebensmittel gelte. Der geplante Markt sei Teil des Nahversorgungszentrums R.; die Lage sei aufgrund der umliegenden Wohnbebauung, Gastronomie, öffentlichen Einrichtungen und weiteren Angebote als integriert anzusehen. Auch das Beeinträchtigungsverbot sei nicht verletzt. Im Umkreis des Marktes gebe es unter Berücksichtigung neuer Einwohnerzahlen im Stadtgebiet A-Stadt ausreichend Kaufkraft, um die Ansiedlung eines großflächigen Lebensmittelmarktes zu rechtfertigen.
Die Beigeladene hat sich nicht geäußert.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die Beiakten verwiesen, die Gegenstand der Senatsberatung gewesen sind.
II.
Der Antrag hat Erfolg.
Der Antrag ist zulässig; der Antragstellerin fehlt insbesondere das Rechtsschutzbedürfnis nicht deshalb, weil sie nach Bekanntmachung des Plans rund sechs Wochen bis zur Antragstellung hat verstreichen lassen bzw. sie ihre Rechte durch Rechtsmittel gegen eine spätere Baugenehmigung wahren kann. Die verstrichene Zeitspanne stellt das legitime Rechtsschutzziel der Antragstellerin, mit der Außervollzugsetzung des Bebauungsplans jede Erteilung von Baugenehmigungen von vornherein zu verhindern, nicht in Frage. Eine Subsidiarität des Antrags nach § 47 Abs. 6 VwGO gegenüber dem Verfahren nach §§ 80, 80a VwGO kennt das geltende Recht nicht (vgl. Senat, Beschl. v. 30.8.2001 - 1 MN 2456/01 -, juris Rn. 8 = NVwZ 2002, 109 = BRS 64 Nr. 62).
Der Antrag ist begründet.
Gemäß § 47 Abs. 6 VwGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist. Wegen der weitreichenden Folgen, welche die Aussetzung einer Satzung nach dem Baugesetzbuch zur Folge hat, ist bei der Prüfung der Voraussetzungen ein strenger Maßstab anzulegen. Ein schwerer Nachteil im Sinne des § 47 Abs. 6 VwGO liegt nur vor, wenn rechtlich geschützte Interessen des Antragstellers in ganz besonderem Maße beeinträchtigt oder ihm außergewöhnliche Opfer abverlangt werden (vgl. Erichsen/Scherzberg, DVBl. 1987, 168, 174 m.w.N.). Aus „anderen wichtigen Gründen“ ist der Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung erst dann geboten, wenn der Normenkontrollantrag mit großer Wahrscheinlichkeit Erfolg haben wird (vgl. dazu Senat, Beschl. v. 21.3.1988 - 1 D 6/87 -, juris = BRS 48 Nr. 30; siehe auch Beschl. v. 30.8.2001, a. a. O.). Letzteres ist der Fall. Der angegriffene Bebauungsplan erweist sich in mehrfacher Hinsicht als rechtswidrig.
In doppelter Hinsicht fehlerhaft ist bereits die Wahl des beschleunigten Verfahrens.
Gemäß § 13a Abs. 1 Satz 1 BauGB kann ein Bebauungsplan für die Wiedernutzbarmachung von Flächen, die Nachverdichtung oder andere Maßnahmen der Innenentwicklung (Bebauungsplan der Innenentwicklung) im beschleunigten Verfahren und damit gemäß § 13a Abs. 2 Nr. 1 i. V. mit § 13 Abs. 3 Satz 1 BauGB ohne Umweltprüfung aufgestellt werden. Ein solcher Plan umfasst Planungen, die der Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und dem Umbau vorhandener Ortsteile dienen. Ob Außenbereichsflächen einbezogen werden können, ist nicht abschließend geklärt. Erwogen wird dies bei unbebauten Flächen, wenn sie auf allen Seiten von Bebauung umgeben und damit dem Siedlungsbereich zuzurechnen und von diesem geprägt sind oder wenn sie Teil einer solchen Fläche sind (vgl. VGH BW, Urt. v. 30.10.2014 - 8 S 940/12 -, juris Rn. 49; Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 13a Rn. 27 < Stand der Bearbeitung: August 2013>). Ist das nicht der Fall, ist die der Vorschrift zugrunde liegende Vermutung, dass ein Plan aufgrund der Lage des Plangebiets im Siedlungsbereich typischerweise nur geringe Umweltauswirkungen nach sich zieht, nicht gerechtfertigt; das beschleunigte Verfahren gelangt daher nicht zur Anwendung (vgl. Senat, Urt. v. 22.4.2015 - 1 KN 126/13 -, juris Rn. 54 f. = BauR 2015, 1304).
Nach diesen Maßgaben durfte die Antragsgegnerin das beschleunigte Verfahren nicht wählen, weil sie in erheblichem Maße Außenbereichsflächen erstmalig einer Bebauung zuführt. Von den rund 8.300 qm, die das Plangebiet umfasst, entfallen rund 2.400 qm auf Intensivgrünland. Diese Flächen sind bislang nicht dem Siedlungsbereich zuzurechnen, sondern sie markieren den Übergang zwischen Siedlungs- und Außenbereich. Eine derartige Ausdehnung einer Siedlung in die freie Landschaft kann nicht im beschleunigten Verfahren festgesetzt werden.
Die Wahl des beschleunigten Verfahrens - die Antragstellerin rügt das zu Recht - verstößt zudem gegen § 13a Abs. 1 Satz 4 BauGB. Das beschleunigte Verfahren ist danach ausgeschlossen, wenn durch den Bebauungsplan die Zulässigkeit von Vorhaben begründet wird, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen. Im vorliegenden Fall bestand gemäß § 3c UVPG i. V. mit Nr. 18.6.1 und Nr. 18.8 der Anlage 2 die Pflicht zu einer allgemeinen Vorprüfung im Einzelfall; diese Vorprüfung hätte die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung ergeben müssen.
Nach § 3c Satz 1 UVPG ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wenn das Vorhaben nach Einschätzung der zuständigen Behörde aufgrund überschlägiger Prüfung unter Berücksichtigung der in der Anlage 2 aufgeführten Kriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, die nach § 12 UVPG zu berücksichtigen wären. Den insoweit anzulegenden Maßstab hat die Antragsgegnerin in Bezug auf die von dem Vorhaben ausgehenden Schallimmissionen verfehlt, wenn sie unter Nr. 1.4 der Vorprüfung anmerkt, es träten keine unzulässigen Überschreitungen der Planungsrichtwerte auf. Erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen liegen nicht erst dann vor, wenn die nach dem jeweils einschlägigen materiellen Zulassungsrecht maßgebliche Schädlichkeitsgrenze voraussichtlich überschritten wird und damit die Umweltauswirkungen nach Einschätzung der Behörde so gewichtig sind, dass sie zu einer Versagung der Zulassung führen. Umweltauswirkungen sind vielmehr jedenfalls bereits dann erheblich, wenn sie an die Zumutbarkeitsschwelle heranreichen und deshalb in der Abwägung so gewichtig sind, dass im Zeitpunkt der UVP-Vorprüfung ein Einfluss auf das Ergebnis des Planfeststellungsbeschlusses nicht ausgeschlossen werden kann (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.12.2013 - 4 A 1.13 -, juris Ls. 1 = BVerwGE 148, 353 = BRS 80 Nr. 79 m. w. N.).
Davon ausgehend fordern die von dem Vorhaben ausgehenden Schallimmissionen die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung, hier in Gestalt der Umweltprüfung gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 UVPG i. V. mit § 2 Abs. 4 BauGB. Die in der schalltechnischen Beurteilung vom 21. Januar 2015 ermittelten Immissionen liegen zwar durchweg unterhalb der nach der TA-Lärm zulässigen Richtwerte. Die Unterschreitung ist jedoch an manchen Immissionsorten nur geringfügig; das betrifft insbesondere den Beurteilungspegel zur Tagzeit am Immissionsort E. Straße 2, 1. OG, und den Spitzenpegel zur Nachtzeit am Immissionsort E. Straße 4, EG und 1. OG. Die Immissionsbelastung war daher abwägungserheblich (vgl. zur Abwägungserheblichkeit von Lärmimmissionen auch unterhalb der Zulässigkeitsgrenze BVerwG, Beschl. v. 8.6.2004 - 4 BN 19.04 -, juris Rn. 6 = BauR 2005, 829 = BRS 67 Nr. 19; Beschl. v. 17.2.2010 - 4 BN 59.09 -, juris Rn. 4 = BauR 2010, 1180 = BRS 76 Nr. 20).
Nach § 214 Abs. 2a Nr. 4 BauGB gilt die Beurteilung, dass der Ausschlussgrund nach § 13a Abs. 1 Satz 4 nicht vorliegt, allerdings als zutreffend, wenn das Ergebnis nachvollziehbar ist und durch den Bebauungsplan nicht die Zulässigkeit von Vorhaben nach Spalte 1 der Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung begründet wird; andernfalls besteht ein für die Rechtswirksamkeit des Bebauungsplans beachtlicher Mangel. Die Gemeinde muss insofern aufgrund summarischer Ermittlungen und Bewertungen eine Prognose anstellen; dabei kommt ihr ein gerichtlich nur beschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum ("Einschätzungsprärogative") zu (vgl. BVerwG, Urt. v. 7.12.2006 - 4 C 16.04 -, juris Rn. 48 = BVerwGE 127, 208). Die Grenzen des Vertretbaren sind hier indes überschritten; die Annahme, es habe keiner Umweltverträglichkeitsprüfung bedurft, ist angesichts des Ergebnisses der schalltechnischen Beurteilung offenkundig fehlerhaft und daher nicht nachvollziehbar.
Die fehlerhafte Verfahrenswahl hat zur Folge, dass die gemäß § 2 Abs. 4 BauGB erforderliche Umweltprüfung nicht durchgeführt wurde; dieser Fehler ist gemäß § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, § 9 Abs. 8, § 2a BauGB beachtlich, weil es an dem erforderlichen Umweltbericht als Teil der Begründung fehlt. Zugleich ist die allein auf § 13a Abs. 2 Nr. 4 BauGB gestützte Entscheidung, auf einen vollständigen Ausgleich des Eingriffs in Natur und Landschaft zu verzichten, im Vorgang und wohl auch im Ergebnis abwägungsfehlerhaft (§ 1a Abs. 3 i. V. mit § 1 Abs. 7 BauGB).
In der Sache verstößt der Bebauungsplan in doppelter Hinsicht gegen § 1 Abs. 4 BauGB; danach sind die Bauleitpläne den Zielen der Raumordnung anzupassen. Das ist der Antragsgegnerin nicht gelungen. Der Plan verletzt das Integrationsgebot und das Beeinträchtigungsverbot des Landesraumordnungsprogramms 2012 (Anlage 1 zur Verordnung über das Landes-Raumordnungsprogramm Niedersachsen in der Fassung vom 8.5.2008, GVBl. 2008, 132, in der Fassung der Änderungsverordnung vom 24.9.2012, NdsMBl. 2012, 350; nachfolgend: LROP 2012).
Zum raumordnungsrechtlichen Integrationsgebot bestimmt Nr. 2.3 Abs. 3 Satz 6 LROP 2012 (Entwicklung der Versorgungsstrukturen), dass neue Einzelhandelsgroßprojekte, deren Kernsortimente innenstadtrelevant sind, nur innerhalb der städtebaulich integrierten Lagen zulässig sind (Integrationsgebot). Die Anforderungen der Vorschrift sind nicht erfüllt.
Die Vorschrift ist entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin auf das Vorhaben anzuwenden. Der Begriff des Einzelhandelsgroßprojekts erfasst grundsätzlich alle Einzelhandelsprojekte i. S. von § 11 Abs. 3 BauNVO, darunter alle Betriebe, die die Schwelle zur Großflächigkeit von 800 qm Verkaufsfläche überschreiten (vgl. zum Begriff BVerwG, Urt. v. 24.11.2005 - 4 C 10.04 -, juris Rn. 12 = BVerwGE 124, 364 = BRS 69 Nr. 71). Ein solcher Betrieb liegt bei dem geplanten Lebensmittelmarkt mit einer zulässigen Verkaufsfläche von 1.300 qm vor.
Soweit die Antragsgegnerin meint, Raumordnungsrecht sei nicht anwendbar, weil das Vorhaben kein innenstadtrelevantes Sortiment aufweise, liegt dieser Einwand fern. Der Begriff der Innenstadtrelevanz ist gleichbedeutend mit dem Begriff der Zentrenrelevanz; er drückt aus, dass das entsprechende Sortiment in den zentralen Versorgungsbereichen - unabhängig davon, ob sich es sich um ein Grund- bzw. Nahversorgungszentrum, ein Nebenzentrum oder das Hauptzentrum handelt - maßgeblich vertreten ist bzw. vertreten sein soll (vgl. dazu die Erläuterungen zu Nr. 2.3 Abs. 3 LROP 2008).
Die Antragsgegnerin hat „Nahrungs- und Genussmittel inkl. Lebensmittelhandwerk, Tabakwaren und Getränke“ in ihrem Einzelhandelsentwicklungskonzept aus dem März 2014, dort S. 62, Tabelle 11, mit ausführlicher Begründung ausdrücklich als zentrenrelevant - und dort in die Unterkategorie nahversorgungsrelevant - eingestuft (vgl. zur Zentrenrelevanz von Lebensmitteln auch BVerwG, Urt. v. 26.3.2009 - 4 C 21.07 -, juris Rn. 26 = BVerwGE 133, 310 = BRS 74 Nr. 1). Dies ist nicht zuletzt deshalb plausibel, weil neben der Innenstadt auch Grund- und Nahversorgungszentren zentrale Versorgungsbereiche darstellen können, deren Erhaltung und Entwicklung besonderen Schutzes bedarf (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.12.2009, 4 C 2.08 -, juris Rn. 8 = BVerwGE 136, 10 = BRS 74 Nr. 97).
Das Vorhaben ist auch nicht als wohnortbezogener Nahversorger aus dem Anwendungsbereich des Landesraumordnungsprogramms ausgenommen. Den Erläuterungen zu Nr. 2.3 Abs. 3 LROP 2008 (S. 88 unten/S. 89 oben) ist zwar zu entnehmen, dass Einzelhandelsbetriebe zur wohnortbezogenen Nahversorgung i. S. von Nr. 2.2 Abs. 3 Satz 3 LROP 2008 keiner landesweiten Standortsteuerung unterliegen sollen. Derartige Betriebe seien Wohngebieten räumlich funktional direkt zugeordnet und wiesen einen überwiegend fußläufigen Einzugsbereich auf; so sicherten sie eine ortsteilbezogene Versorgung mit nahversorgungsrelevanten Sortimenten (vor allem Lebensmittel und Drogeriewaren) auch für die in der Mobilität eingeschränkten Bevölkerungsgruppen. Einzelhandelsbetriebe der Nahversorgung hätten nur unwesentliche Auswirkungen i. S. des § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO. Im Einzelfall könne auch ein großflächiger Betrieb der Nahversorgung zugeordnet werden; entscheidend seien Zweckbestimmung, Ausrichtung, Einzugsbereich und Angebot.
Vor diesem Hintergrund sind großflächige Einzelhandelsbetriebe dann nicht als Einzelhandelsgroßprojekte i. S. von Nr. 2.3 Abs. 3 LROP 2012 anzusehen, wenn sie im vorstehenden Sinne der wohnortbezogenen Nahversorgung dienen; sie unterfallen demzufolge nicht den raumordnungsrechtlichen Regelungen. Ob ein Betrieb trotz seiner Großflächigkeit der wohnortbezogenen Nahversorgung dient, hängt von drei Voraussetzungen ab. Erstens muss eine funktionale Zuordnung zu einem oder mehreren Wohngebieten vorliegen; das schließt Standorte abseits der Wohnbebauung von vornherein aus. Zweitens muss der angesprochene Kundenkreis überwiegend, d. h. zu mehr als 50 Prozent, aus dem fußläufig erreichbaren Umfeld des Betriebs stammen. Welche Entfernung noch als fußläufig erreichbar anzusehen ist, ist nach den Umständen des Einzelfalls - u.a. der Siedlungsstruktur, der Erreichbarkeit einschließlich einer möglichen Barrierewirkung etwa von Verkehrswegen und weiterer Nahversorgungsangebote im Umfeld - zu beurteilen; der Senat hat eine Gehzeit von bis zu 10 Minuten und eine Entfernung von 700 bis 1.000 m als Ausgangswerte angesehen (vgl. Senat, Urt. v. 9.12.2013 - 1 KN 190/11 -, juris Rn. 57; dazu auch BVerwG, Urt. v. 17.12.2009, a. a. O., juris Rn. 10). Drittens darf der Einzelhandelsbetrieb nur unwesentliche schädliche Umwelteinwirkungen auslösen und nur unwesentliche Auswirkungen auf die infrastrukturelle Ausstattung, auf den Verkehr, auf die Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich, auf die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden, auf das Orts- und Landschaftsbild und auf den Naturhaushalt haben; nur unwesentliche Auswirkungen liegen vor, wenn die Auswirkungen so geringfügig sind, dass sie in die gemäß § 1 Abs. 7 BauGB gebotene Abwägung nicht einfließen müssen (vgl. zu § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und 3 BauNVO Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 11 BauNVO Rn. 58 < Stand der Bearbeitung: Juli 2014>; Ziegler, in: Brügelmann, BauGB, § 11 BauNVO Rn. 175 <Stand der Bearbeitung: September 2012>).
Ob die Ansiedlung eines großflächigen Einzelhandelsbetriebs als wohnortbezogener Nahversorger im Einzelfall in Betracht kommt, hängt im Wesentlichen vom Standort sowie von der Größe und Ausrichtung des Betriebs ab. Zulässig kann ein großflächiger Einzelhandelsbetrieb zu Zwecken der Nahversorgung vor allem in stärker verdichteten Wohnlagen vorzugsweise der größeren Städte sein; ferner dort, wo aufgrund fehlender weiterer Nahversorger und/oder guter fußläufiger Anbindung ein großer fußläufiger Einzugsbereich besteht. Je deutlicher die Verkaufsfläche des Betriebs die Schwelle zur Großflächigkeit von 800 qm überschreitet, umso weniger ist davon auszugehen, dass der Betrieb tatsächlich überwiegend der Nahversorgung dient.
Vor diesem Hintergrund muss sich das Vorhaben der Antragsgegnerin den Anforderungen des Raumordnungsrechts stellen; es handelt sich nicht um einen der Nahversorgung dienenden Einzelhandelsbetrieb im obigen Sinne. Dabei lässt der Senat offen, ob aufgrund der Siedlungsrandlage an einer erheblich befahrenen Hauptverkehrsstraße schon die funktionale Zuordnung zu einem Wohngebiet fehlt. Der Sache nach handelt es sich jedenfalls - das zeigt das großzügig dimensionierte und die Mindestanforderungen des § 47 NBauO i. V. mit Nr. 3.3 der Anlage zu den Ausführungsbestimmungen zu § 47 NBauO (RdErl. d. MS v. 19. 12. 2008, Nds. MBl. 2009, 50; geändert durch RdErl. d. MS v. 24. 9. 2013, Nds. MBl. 2013, 713) deutlich übersteigende Stellplatzangebot - um einen Standort, der in erheblichem Umfang motorisierte Kunden aus dem weiteren Umfeld anziehen wird.
Jedenfalls aber fehlt es an einem überwiegend fußläufigen Einzugsbereich. Wie sowohl der Auswirkungsanalyse der Q. als auch der ergänzenden Stellungnahme vom 9. März 2015 zu entnehmen ist, wohnen im näheren, fußläufig erreichbaren und auf das Vorhaben orientierten Umfeld (Zone I - A-Stadt-R.) gerade einmal rund 1.880 Einwohner. Das sind nicht einmal 20 % der insgesamt rund 10.110 Einwohner des vorgesehenen Einzugsbereichs des Vorhabens. Demzufolge rechnet die Q. in ihrer Auswirkungsanalyse damit, dass lediglich 29 Prozent des Umsatzes auf Kunden aus der Zone I entfallen; diese Zahl verringert sich unter Zugrundelegung der ergänzenden Stellungnahme vom 9. März 2015 und der erhöhten Einwohnerzahlen in Zone II noch einmal zum Nachteil des Vorhabens. Daran ändert auch das Neubaugebiet im Bereich des Bebauungsplans Nr. 143 nichts Wesentliches. Soweit dieses Gebiet überhaupt noch in fußläufiger Entfernung liegt, treten hier allenfalls noch rund 600 Einwohner hinzu; auch dann noch würde ein überwiegend fußläufiger Einzugsbereich des Vorhabens bei weitem verfehlt.
Außerdem scheitert die Annahme eines Ausnahmefalls an der oben genannten dritten Voraussetzung. Das streitige Vorhaben hat abwägungserhebliche Auswirkungen auf die Entwicklung eines zentralen Versorgungsbereichs der Antragstellerin. Dass solche Auswirkungen eintreten, ist angesichts der Umverteilung von Umsätzen aus F. ausweislich aller vorliegenden Gutachten und Stellungnahmen mit Sicherheit zu erwarten; streitig sind lediglich das Maß und die Auswirkungen der Umverteilung. Nur unwesentlich sind sie jedenfalls nicht mehr.
Findet das raumordnungsrechtliche Integrationsgebot mithin Anwendung, ist das Vorhaben nur innerhalb der städtebaulich integrierten Lagen zulässig. Eine städtebaulich integrierte Lage liegt nach ständiger Senatsrechtsprechung bei Standorten innerhalb eines zentralen Versorgungsbereichs, also der Innenstadt, aber auch eines Nahversorgungszentrums, vor. Andere Standorte können noch integriert sein, wenn sie, sich räumlich an einen zentralen Versorgungsbereich „anschmiegend“, diesen funktional ergänzen. Letztere Komponente setzt voraus, dass sich die großflächigen Einzelhandelsbetriebe dort dem zentralen Versorgungsbereich unterordnen, wofür sie räumlich und funktionell keinen Umfang annehmen dürfen, welcher gleichberechtigt neben die Innenstadt tritt. Hinzu kommen muss - gleichsam als Kompensation für den auch bei Erfüllung der ersten Bedingung nicht ganz zu vermeidenden Anteil an potentiellen Innenstadtnutzern, bei denen der Besuch des großflächigen Einzelhandelsbetriebs den der Innenstadt „ersetzt“ - ein gewisser Beitrag zur Attraktivität des zentralen Versorgungsbereichs, der insbesondere in der Bereitstellung von in der Innenstadt fehlenden Parkplätzen liegen kann. Bei der Prüfung der Lage in oder nahe einem zentralen Versorgungsbereich ist nicht allein auf den Ist-Zustand im Zeitpunkt der Bauleitplanung, sondern unter Umständen auch auf einen Soll-Zustand, auf den die Gemeinde erkennbar planerisch hinarbeitet, abzustellen (vgl. Senat, Beschl. v. 17.5.2013 - 1 ME 56/13 -, juris Rn. 29 ff. = DÖV 2013, 697; Beschl. v. 20. 3.2014 - 1 MN 7/14 -, juris Rn. 74 = BauR 2014, 949; Beschl. v. 29.9.2014 - 1 MN 102/14 -, juris Rn. 26 = BauR 2015, 232).
Das zugrundegelegt liegt offenkundig keine städtebaulich integrierte Lage vor. Das Plangebiet ist - wovon auch das Einzelhandelskonzept der Antragsgegnerin sowie alle im Rahmen des Planaufstellungsverfahrens eingeholten fachlichen Stellungnahmen übereinstimmend ausgehen - weder Teil eines zentralen Versorgungsbereiches noch liegt es in seiner unmittelbaren Nähe. Zentrale Versorgungsbereiche zeichnen durch eine Durchmischung von zentrenrelevanten Waren, Dienstleistungen und Gastronomie aus. Sie können sowohl einen umfassenden als auch auf einen bestimmten örtlich begrenzten Einzugsbereich beschränkten Versorgungsbedarf abdecken. Notwendig ist jedoch ein Einzugsbereich mit städtebaulichem Gewicht, der über den unmittelbaren Nahbereich hinauswirkt. Typisch ist weiter, dass ein breites Spektrum von Waren für den lang-, mittel- und kurzfristigen Bedarf angeboten wird, ergänzt durch diverse Dienstleistungen und gastronomische Angebote (vgl. zusammenfassend Senat, Beschl. v. 10.1.2014 - 1 ME 158/13 -, juris Rn. 16 m. w. N.). An einer solchen Mischung fehlt es hier, und zwar auch dann, wenn man die weitere Entwicklung der Wohnbebauung, auf die die Antragsgegnerin abzielt, in die Betrachtung einstellt. Zwar gibt es im näheren Umfeld immerhin drei Gastronomiebetriebe sowie - nach Auskunft der Antragsgegnerin - eine Bäckerei und einen weiteren Lebensmitteldiscounter. Dienstleistungsbetriebe fehlen indes ebenso wie die für einen zentralen Versorgungsbereich kennzeichnende Vielfalt von Einzelhandelssortimenten. Die Innenstadt liegt etwa 2 km entfernt, sodass ein „Anschmiegen“ im Rechtssinne ausscheidet.
Neben dem Integrationsgebot ist das raumordnungsrechtliche Beeinträchtigungsverbot verletzt. Gemäß Nr. 2.3 Abs. 3 Satz 19 LROP 2012 dürfen ausgeglichene Versorgungsstrukturen und deren Verwirklichung, die Funktionsfähigkeit der Zentralen Orte und integrierter Versorgungsstandorte sowie die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung durch neue Einzelhandelsgroßprojekte nicht wesentlich beeinträchtigt werden. Wie das Integrationsgebot hat auch das Beeinträchtigungsverbot die Aufgabe, zur Erreichung der mit dem Zentrale-Orte-Prinzip verfolgten Absichten beizutragen, eine Zersiedlung des Raums, überflüssige Verkehrsbewegungen und damit unnötige Immissionen sowie den Bau neuer Straßen zu verhindern und sicherzustellen, dass der zentrale Versorgungsstandort Innenstadt sowie Nahversorgungsstandorte im Interesse der nichtmotorisierten Bevölkerung erhalten und gestärkt werden. Es ist mithin Teil eines Bestrebens, das auf Schutz der Umwelt, Schonung der Ressourcen, Verkehrsvermeidung, Bewahrung der Stadtzentren und Sicherung der verbrauchernahen Versorgung gerichtet ist. Das muss nicht alles im zentralen Versorgungsbereich Innenstadt, sondern kann auch in anderen zentralen Versorgungsbereichen einer Standortgemeinde gesichert/erreicht werden. Insoweit flankiert und ergänzt das Integrationsgebot das Beeinträchtigungsverbot (vgl. Senat, Beschl. v. 17.5.2013, a. a. O., juris Rn. 65).
Verletzt ist das Beeinträchtigungsverbot nach dem Vorstehenden dann, wenn das Vorhaben zu einer wesentlichen Beeinträchtigung eines integrierten Versorgungsstandortes in Gestalt eines zentralen Versorgungsbereichs führt. Das ist in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 34 Abs. 3 BauGB der Fall, wenn die Funktionsfähigkeit des betroffenen zentralen Versorgungsbereichs in beachtlichem Ausmaß beeinträchtigt und damit gestört wird. Eine solche Funktionsstörung liegt vor, wenn der Versorgungsbereich seinen Versorgungsauftrag generell oder hinsichtlich einzelner Branchen nicht mehr in substanzieller Weise wahrnehmen kann. Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche sind nicht erst dann schädlich, wenn sie die Schwelle zur Unzumutbarkeit überschreiten (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.12.2009, a. a. O., juris Rn. 13). Ein tauglicher Maßstab sind die zu erwartenden Kaufkraftabflüsse (vgl. BVerwG, Beschl. v. 3.8.2011 - 4 BN 15.11 -, juris Rn. 7 = BauR 2012, 204= BRS 78 Nr. 49 m. w. N.).
Nach diesen Maßgaben ist von einer wesentlichen Beeinträchtigung des zentralen Versorgungsbereichs der Antragstellerin im Ortsteil F. und damit von einer Verletzung des Beeinträchtigungsverbots auszugehen. In F. liegen im alten Ortskern entlang der Großen Straße/G. er Straße, im Süden beginnend mit der Einmündung der Straße Zur Wöhr und im Norden endend mit der Einmündung der Rosenstraße, auf etwa 700 m Länge ausweislich der von der Antragstellerin eingereichten Stellungnahme des Büros Stadt+Handel vom 24. März 2015 insgesamt 36 Einzelhandels-, Dienstleistungs-, und Gastronomiebetriebe sowie öffentliche Einrichtungen. Dabei handelt es sich um den für ein Nebenzentrum typischen Angebotsmix von Angeboten der Nahversorgung (K. -Supermarkt, Bäckereien, Getränkemarkt, Apotheke, Blumenladen) und darüber hinaus (Bekleidungs- und Fahrradgeschäft sowie Fachgeschäft für Baubedarfe). Hinzu treten Dienstleister wie verschiedene Ärzte, Friseursalons, Kosmetikstudios, eine Änderungsschneiderei, Banken und eine Fahrschule, insgesamt vier gastronomische Betriebe sowie öffentliche Einrichtungen wie eine Schule, ein Kindergarten und eine Bücherei. Damit liegt eine für einen Ortsteil mit nur rund 3.100 Einwohnern bemerkenswerte Dichte und Vielfalt von Angeboten vor, die den Ortskern von F. als schützenswerten zentralen Versorgungsbereich ausweist.
Die Funktionsfähigkeit dieses zentralen Versorgungsbereichs wäre bei einer Verwirklichung des geplanten Vorhabens wesentlich beeinträchtigt. Sein Sortiment - Lebensmittel - deckt sich mit dem des K. -Supermarktes. Dabei ist die Verkaufsfläche des geplanten P. -Supermarktes mit 1.300 qm um nahezu die Hälfte größer als die des K. -Marktes. Der P. -Markt kann daher ein deutlich attraktiveres Angebot machen, welches zahlreiche Kunden aus F. zu einem Einkauf dort veranlassen wird (vgl. zum Verkaufsflächenvergleich BVerwG, Urt. v. 11.10.2007 - 4 C 7.07 -, juris Rn. 23 = BVerwGE 129, 307 = BRS 71 Nr. 89). Der zu erwartende Kaufkraftabfluss bedroht den Markt in F. und damit den dortigen zentralen Versorgungsbereich.
Der Senat stützt diese Einschätzung auf die Auswirkungsanalyse der Q.. Diese gelangt zu dem Schluss, dass das Vorhaben bei einer angenommenen Verkaufsfläche von 1.400 qm zu einer Umsatzumverteilung bei Nahrungs- und Genussmitteln von rund 21 bis 22 Prozent führt. Dies betreffe den bei Erstellung der Analyse noch unter der Bezeichnung L. firmierenden K. -Supermarkt in einer bestandsgefährdenden Größenordnung; der Wegfall des Marktes beeinträchtige die Nahversorgungssituation in F. erheblich. Zu einer vergleichbaren Einschätzung gelangt die von der Antragstellerin vorgelegte Stellungnahme von Stadt+Handel, die ergänzend betont, dass der Supermarkt mit rund 950 qm Verkaufsfläche mehr als die Hälfte der Gesamtverkaufsfläche auf sich vereine und einen wesentlichen Frequenzbringer/Magnetbetrieb darstelle. Dass dessen Aufgabe die Funktionsfähigkeit des Ortskerns beeinträchtigt, liegt vor diesem Hintergrund auf der Hand. Die Nahversorgung in F. wäre ohne einen Lebensmittelmarkt nicht mehr gewährleistet.
Den von der ergänzenden Stellungnahme der Q. vom 9. März 2015 - diese nennt für die nunmehr erwartete Umsatzumverteilung bezeichnenderweise keine konkreten Zahlen - gestützten Einwänden der Antragsgegnerin gegen die vorstehenden Feststellungen folgt der Senat nicht.
Keine wesentliche Bedeutung kommt der Tatsache zu, dass die Auswirkungsanalyse der Q. einen Markt mit 1.400 qm Verkaufsfläche betrachtet, der Plan aber nur 1.300 qm Verkaufsfläche gestattet. Die darin liegende Reduktion der Verkaufsfläche führt nicht dazu, dass der Verkaufsflächenvergleich zwischen dem geplanten Vorhaben und dem K. -Supermarkt wesentlich anders auffällt. Weiterhin liegt die Verkaufsfläche des geplanten P. -Marktes um nahezu die Hälfte über der des K. -Supermarktes, sodass dessen Wettbewerbskraft und Attraktivität als wesentlich größer zu bewerten ist. Damit ist weiterhin mit einer Umsatzumverteilung in einer bestandsgefährdenden Größenordnung zu rechnen.
Keine Überzeugungskraft kommt den Überlegungen der Q. in ihrer ergänzenden Stellungnahme zu, der K. -Supermarkt stehe aufgrund von Modernisierungen und der Schließung des N. -Marktes im Plangebiet heute besser da als zum Zeitpunkt der Untersuchung. Modernisierungen ändern nichts daran, dass der K. -Supermarkt mit nur rund 3.100 Einwohnern im Umkreis einen eher kleinen Einzugsbereich hat und schon deshalb Umsatzverlagerungen auch geringeren Umfangs - Stadt+Handel sieht schon 16-18 Prozent als ausreichend an - existenzgefährdend sein können. Der N. -Supermarkt hatte zum Zeitpunkt der Erstellung der Stellungnahme der Q. im November 2013 bereits geschlossen, sodass dessen Schließung nunmehr nicht erneut ins Feld geführt werden kann. Zugunsten der Antragsgegnerin wirkt sich auch nicht aus, dass der am Vorhabenstandort vormals ansässige N. -Markt neben dem L. -/ K. -Supermarkt bestehen konnte. Bei N. handelt es sich um einen Discounter, während sowohl P. als auch K. Vollsortimenter sind, also denselben Kundenkreis ansprechen.
Der Senat vermag schließlich nicht nachzuvollziehen, welchen Einfluss eine steigende Einwohnerzahl in A-Stadt auf die Umverteilung von Umsätzen aus F. haben soll. Es trifft zwar zu, dass bei steigenden Einwohnerzahlen ein größerer Anteil des Umsatzes des geplanten P. -Markts von Kunden aus A-Stadt stammen wird. Damit geht aber - in absoluten Zahlen - kein sinkender Umsatz mit Kunden aus F. einher, sodass die für den K. -Markt problematische Umverteilung von Umsätzen unverändert bestehen bleibt. Dass Einwohner von A-Stadt in nennenswertem Umfang nach F. fahren werden, um dort nach längerer Fahrt in einem im Vergleich mit dem P. -Markt kleinen Markt einzukaufen, ist fernliegend.
Ob weitere Rechtsverstöße - insbesondere im Hinblick auf die Bestimmtheit der Höhenfestsetzung - vorliegen, lässt der Senat offen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 i. V. mit § 162 Abs. 3 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 52 Abs. 1 GKG und orientiert sich an den Nrn. 8 e), 9 a), 18 b) der Streitwertannahmen des Senats (NdsVBl. 2002, 192).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).