Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 07.09.2015, Az.: 5 LC 214/14

Beihilfeantrag; Billigkeitsentscheidung; gefahrgeneigte Arbeit; Treu und Glauben; unzulässige Rechtsausübung

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
07.09.2015
Aktenzeichen
5 LC 214/14
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2015, 45067
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 24.11.2014 - AZ: 2 A 7674/13

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Es ist nicht gerechtfertigt, das Ausfüllen eines Beilhilfeantragsformulars oder zumindest einen Teil dieser Tätigkeit, nämlich die Beantwortung der Frage nach dem Zuschuss zum Krankenversicherungsbeitrag, als gefahrgeneigte Arbeit zu qualifizieren.

2. Der Grundsatz von Treu und Glauben gilt als allgemeiner Rechtsgedanke auch im Verwaltungsrecht. Im öffentlichen Recht spielt vornehmlich die unzulässige Ausübung von Rechten eine Rolle, die dann gegeben ist, wenn eine atypische Situation vorliegt, die die Geltendmachung eines an sich vorgesehenen Rechts als missbräuchlich erscheinen lässt (BVerwG, Urteil vom 11.10.2012 - BVerwG 5 C 22.11 -, juris Rn. 25).

3. Ist es zu einer Überzahlung von Beilhilfeleistungen gekommen, weil ein Besoldungs- oder Versorgungsempfänger während eines längeren Zeitraums in vielen Beihilfeanträgen falsche Angaben gemacht hatte, stellt die Entscheidung einer Behörde, nicht aus Billigkeitsgründen teilweise von der Rückforderung der überzahlten Beilhilfeleistungen abzusehen, auch dann nicht eine unzulässige Rechtsausübung dar, wenn es bei einem rechtmäßigen Verhalten des Besoldungs- oder Versorgungsempfängers möglicherweise nur zu einer geringen Überzahlung gekommen wäre.

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover - 2. Kammer (Einzelrichter) - vom 24. November 2014 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Der Beschluss ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren auf 5.909,91 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der  ….. Jahre alte Kläger stand vor seinem Eintritt in den Ruhestand, der mit Ablauf des  …………………. 2014 erfolgte, mit dem Amt des A. im Dienst des Landes Niedersachsen. Er wendet sich gegen die Rückforderung zu viel gezahlter Beihilfeleistungen.

In den Jahren 2011 und 2012 bewilligte die Beklagte dem Kläger auf 28 von ihm gestellte Anträge mit 28 Bescheiden Beihilfe zu Aufwendungen für medizinische Behandlungen, die seiner Ehefrau als berücksichtigungsfähiger Angehöriger entstanden waren. Dabei legte die Beklagte in den Bescheiden für die Ehefrau des Klägers einen Beihilfebemessungssatz von 70 Prozent zugrunde. In den 28 Antragsvordrucken hatte der Kläger jeweils zu der Frage, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe er oder eine andere Person, für die Aufwendungen geltend gemacht werden, einen Zuschuss zum Krankenversicherungsbeitrag (z. B. von einem Rentenversicherungsträger oder Arbeitgeber) erhält, angegeben, seine Ehefrau erhalte einen monatlichen Zuschuss in Höhe von 39,35 Euro, ein Nachweis liege vor. Der Kläger bezog sich dabei auf eine der Beklagten im Jahr 2010 übersandte Rentenanpassungsmitteilung.

Mit Beihilfebescheid vom 8. November 2012 forderte die Beklagte den Kläger auf, die seiner Ehefrau zuletzt übersandte Rentenanpassungsmitteilung für 2012 über die Höhe des Beitragszuschusses vorzulegen. Bis zur Vorlage werde die Beihilfe unter Vorbehalt gewährt. Der Kläger möge beachten, dass dieser Zuschuss 40,99 Euro nicht übersteigen dürfe, ansonsten werde der Bemessungssatz von 70 Prozent auf 50 Prozent gekürzt.

Auf diesen Bescheid legte der Kläger die Rentenanpassungsmitteilung für die Zeit ab dem 1. Juli 2012 vor. Auf eine Anforderung der Beklagten vom 9. Januar 2013 legte der Kläger auch Rentenanpassungsmitteilungen für die Zeit vom 1. Januar 2011 bis zum 30. Juni 2012 vor. Daraus ergab sich, dass der der Ehefrau des Klägers gewährte Zuschuss zum Krankenversicherungsbeitrag ab dem 1. Januar 2011 monatlich 41,04 Euro, ab dem 1. Juli 2011 monatlich 41,44 Euro und ab dem 1. Juli 2012 monatlich 42,35 Euro betrug.

Mit Wirkung zum 1. Februar 2013 erklärte die Ehefrau des Klägers gegenüber der Rentenversicherung, dass sie auf den Zuschuss zum Krankenversicherungsbeitrag verzichte, soweit dieser 40,99 Euro übersteige.

Mit bestandskräftigem Bescheid vom 7. Juni 2013 nahm die Beklagte 28 Beihilfebescheide, die in der Zeit vom 7. Februar 2011 bis zum 27. November 2012 ergangen waren, gemäß § 48 VwVfG insoweit zurück, als dem Kläger Beihilfe zu den Aufwendungen seiner Ehefrau zu einem Beihilfebemessungssatz von 70 Prozent statt 50 Prozent gewährt worden waren. Gleichzeitig setzte die Beklagte die Beihilfe in allen Fällen neu fest. Zur Begründung führte sie aus, der Beihilfebemessungssatz ermäßige sich bei berücksichtigungsfähigen Ehegatten von 70 Prozent auf 50 Prozent, wenn zu den Beiträgen des berücksichtigungsfähigen Ehegatten für eine private Krankenversicherung ein Zuschuss aufgrund von Rechtsvorschriften oder eines Beschäftigungsverhältnisses mindestens in Höhe von 41,00 Euro monatlich gezahlt werde. Aus den von dem Kläger vorgelegten Rentenanpassungsmitteilungen ergebe sich, dass für die Zeit ab dem 1. Januar 2011 an seine Ehefrau ein Zuschuss von monatlich mehr als 40,99 Euro gezahlt worden sei.

Mit Bescheid vom 13. September 2013 forderte die Beklagte von dem Kläger die überzahlte Beihilfe in Höhe von 11.409,91 Euro zurück. Den dagegen gerichteten Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 25. Oktober 2013 zurück. Sie räumte dem Kläger eine monatliche Ratenzahlung in Höhe von 500 Euro ein.

Der Kläger hat am 25. November 2013 Klage erhoben. Er hat mit dieser die Aufhebung des Rückforderungsbescheides begehrt, soweit er mit diesem zur Rückzahlung eines Betrages von mehr als 5.500 Euro herangezogen worden ist. Der Kläger ist ausweislich seiner Klagebegründung bereit, einen Betrag von 5.500 Euro zurückzuzahlen, weil er in den 28 Beihilfeanträgen, die zu den zurückgenommenen 28 Beihilfebescheiden geführt haben, unzutreffende Angaben gemacht hat.

Nachdem die Beklagte in der Klageerwiderung und in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht klargestellt hatte, dass Stundungszinsen nicht erhoben werden, haben die Beteiligten insoweit übereinstimmend den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt.

Der Kläger hat beantragt,

den Leistungsbescheid der Beklagten vom 13. September 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Oktober 2013 aufzuheben, soweit eine über den Betrag vom 5.500 Euro hinausgehende Forderung geltend gemacht wird.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 24. November 2014 das Verfahren eingestellt, soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Der Rückforderungsbescheid sei, so das Verwaltungsgericht, rechtmäßig. Dem Kläger seien Beihilfeleistungen in Höhe von 11.409,91 Euro zu viel gezahlt worden. Die Billigkeitsentscheidung der Beklagten sei angesichts des Umstandes, dass der alleinige Grund für die Überzahlung ausschließlich im Verantwortungsbereich des Klägers liege, der 28 Beihilfeanträge falsch ausgefüllt habe, rechtsfehlerfrei.

Der Kläger hat am 19. Dezember 2014 die von dem Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt.

Er trägt vor, er sei sich des Umstandes bewusst, dass er bei der fehlerhaften Beantwortung der Frage nach dem Zuschuss zum Krankenversicherungsbeitrag seine Sorgfaltspflichten verletzt habe und dass die Überzahlungen allein auf diesen in seiner Sphäre liegenden Fehler zurückgingen. Es gehe ihm deshalb auch nicht darum, die Rückforderung insgesamt abzuwenden, sondern lediglich um eine Reduzierung im Rahmen einer Billigkeitsentscheidung.

Es handele sich bei der vorliegenden Konstellation nicht um einen Einzelfall, sondern anscheinend um ein „Massenphänomen“. Die Frage nach dem Zuschuss zum Krankenversicherungsbeitrag werde in einer Vielzahl von Fällen falsch beantwortet. Dies werde auch durch den Umstand belegt, dass das Formular für Beihilfeanträge geändert und die Frage nach dem Zuschuss zum Krankenversicherungsbeitrag von der zweiten Seite an die erste Stelle der ersten Seite gerückt worden sei. Damit werde versucht, die Gefahr einer falschen Beantwortung der Frage zu verringern, was wiederum den Rückschluss darauf zulasse, dass es sehr häufig zu einer Falschbeantwortung komme. Die Ausfüllung der Antragsformulare sei, was die Frage nach dem Zuschuss zum Krankenversicherungsbeitrag betreffe, in arbeitsrechtlicher Begrifflichkeit ausgedrückt „gefahrgeneigte Arbeit“. Die Beamten und Richter, die die Frage falsch beantworteten, verstießen zwar gegen ihre Sorgfaltspflichten. Der Umstand, dass die Fehleranfälligkeit offenbar sehr hoch sei, lasse die Sorgfaltspflichtverletzung jedoch in einem milderen Licht erscheinen und eröffne die Möglichkeit, in die Billigkeitsentscheidung den Aspekt der unzulässigen Rechtsausübung einzubeziehen.

Das Verwaltungsgericht habe die im Rahmen der Billigkeitsentscheidung vorzunehmende Prüfung zu Unrecht auf den Aspekt reduziert, wer das Verschulden an der Überzahlung trage. Da die Billigkeitsentscheidung Ausdruck des auch im öffentlichen Recht geltenden Grundsatzes von Treu und Glauben sei, müsse in ihrem Rahmen auch der Gesichtspunkt der unzulässigen Rechtsausübung geprüft werden. Das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass in die Billigkeitsentscheidung hätte eingestellt werden müssen, dass es - sofern er sich rechtmäßig verhalten hätte - nur zu einer geringen Überzahlung gekommen wäre, die in grobem Missverhältnis zu der von der Beklagten geltend gemachten Rückforderung stehe. Die Beklagte hätte ihn, falls er bereits mit dem Antrag, der dem ersten fehlerhaften Beihilfebescheid zugrunde gelegen habe, rechtmäßig angegeben hätte, dass der seiner Ehefrau gewährte Zuschuss zum Krankenversicherungsbeitrag 41,04 Euro betrage, auf die Möglichkeit hingewiesen, teilweise auf den Zuschuss zu verzichten, um wieder zu einem Beihilfebemessungssatz von 70 Prozent zu gelangen. Es stehe außer Frage, dass er einem solchen Hinweis gefolgt, der Bemessungssatz sodann kurzfristig wieder angehoben worden und es nur zu geringfügigen Überzahlungen gekommen wäre. Der Beklagten fließe bei Realisierung des Rückforderungsbescheides mithin mehr Geld zu, als sie erhalten hätte, wenn er sich rechtmäßig verhalten hätte. Die Rückforderung habe damit einen überschießenden Anteil. Sofern man hier eine Korrektur ausschließen würde, würde die Bestimmung des § 87 NBG Sanktionscharakter bekommen. Der Pflichtverletzung auf Seiten des Beamten oder Richters würde eine geldliche Einbuße korrespondieren, die nicht mehr aus dem Ausgleichsgedanken ableitbar wäre. Das Verwaltungsgericht hätte beanstanden müssen, dass die Beklagte es unterlassen habe, diesen Aspekt in ihre Ermessenserwägungen einzustellen und dass bei dessen Berücksichtigung die Rückforderung des gesamten überzahlten Betrages von 11.409,91 Euro grob unbillig sei.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts zu ändern und den Leistungsbescheid der Beklagten vom 13. September 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Oktober 2013 aufzuheben, soweit eine über den Betrag vom 5.500 Euro hinausgehende Forderung geltend gemacht wird.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie erwidert, das Verwaltungsgericht habe die von ihr getroffene Billigkeitsentscheidung zu Recht nicht beanstandet. Die Überzahlung liege im alleinigen Verantwortungsbereich des Klägers. Es sei unbeachtlich, in welcher Höhe dem Kläger gegebenenfalls Beihilfe hätte geleistet werden müssen, wenn er sich korrekt verhalten hätte.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

II.

Der Senat trifft diese Entscheidung nach Anhörung der Beteiligten durch Beschluss (§ 130 a Satz 1 VwGO), weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.

Die Berufung des Klägers ist nicht begründet.

Das Verwaltungsgericht ist rechtsfehlerfrei zu der Einschätzung gelangt, dass die angefochtenen Bescheide rechtmäßig sind und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Rechtsgrundlage für die Rückforderung der überzahlten Beihilfeleistungen ist § 87 Satz 2 NBG i. V. m. §§ 812 ff. BGB. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend angenommen, dass die Voraussetzungen dieser Rechtsgrundlage erfüllt sind (S. 9, 1. Absatz des Urteilsabdrucks - UA -). Der Senat folgt der Begründung des Verwaltungsgerichts (§ 125 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 117 Abs. 5 VwGO analog), die der Kläger insoweit mit der Berufung nicht angegriffen hat und der auch nichts hinzuzufügen ist.

Der Senat teilt auch die Einschätzung des Verwaltungsgerichts, dass die von der Beklagten gemäß § 87 Satz 4 NBG in Ausübung ihres Ermessens getroffene Billigkeitsentscheidung rechtsfehlerfrei ist. Auch insoweit folgt der Senat gemäß § 125 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 117 Abs. 5 VwGO analog der Begründung des Verwaltungsgerichts (S. 9 ff. UA). Im Hinblick auf das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren ist das Folgende hervorzuheben bzw. zu ergänzen:

Gemäß § 87 Satz 4 NBG kann von der Rückforderung aus Billigkeitsgründen mit Zustimmung der obersten Dienstbehörde oder der von ihr bestimmten Stelle ganz oder teilweise abgesehen werden. Die insofern zu treffende Billigkeitsentscheidung bezweckt, eine allen Umständen des Einzelfalles gerecht werdende, für die Behörde zumutbare und für den Besoldungs- oder Versorgungsempfänger tragbare Lösung zu ermöglichen, bei der auch Alter, Leistungsfähigkeit und sonstige Lebensverhältnisse des Herausgabepflichtigen eine maßgebende Rolle spielen. Sie ist Ausdruck des auch im öffentlichen Recht geltenden Grundsatzes von Treu und Glauben und stellt eine sinnvolle Ergänzung des ohnehin von dem gleichen Grundsatz geprägten Rechts der ungerechtfertigten Bereicherung dar, so dass sie vor allem in Fällen der verschärften Haftung von Bedeutung ist. Dabei ist jedoch nicht die gesamte Rechtsbeziehung, aus welcher der Bereicherungsanspruch erwächst, nochmals unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben zu würdigen, sondern auf das konkrete Rückforderungsbegehren und vor allem auf die Modalitäten der Rückabwicklung und ihre Auswirkungen auf die Lebensumstände des Besoldungs- oder Versorgungsempfängers abzustellen (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.4.2012 - BVerwG 2 C 15.10 -, juris Rn 24; Urteil vom 26.4.2012 - BVerwG 2 C 4.11 -, juris Rn 18, beide m. w. N.; vgl. ebenso Nds. OVG, Beschluss vom 26.9.2012 - 5 LA 233/11 -, juris Rn 9; Beschluss vom 24.7.2013 - 5 LB 85/13 -, juris Rn 34; Beschluss vom 29.7.2013 - 5 LA 275/12 -, juris Rn 26; Beschluss vom 6.8.2013 - 5 LA 82/13 -; Beschluss vom 3.3.2014 - 5 LA 286/13 -, juris Rn 16; Urteil vom 28.4.2015 - 5 LB 141/14 -, juris Rn 122).

Bei der Billigkeitsentscheidung ist von besonderer Bedeutung, wessen Verantwortungsbereich die Überzahlung zuzuordnen ist und in welchem Maße ein Verschulden oder Mitverschulden hierfür ursächlich war. Ein Mitverschulden der Behörde an der Überzahlung ist in die Ermessensentscheidung einzubeziehen. Deshalb ist aus Gründen der Billigkeit in der Regel von der Rückforderung teilweise abzusehen, wenn der Grund für die Überzahlung in der überwiegenden behördlichen Verantwortung liegt. Das ist auch unter Gleichheitsgesichtspunkten geboten. Der Besoldungs- oder Versorgungsempfänger, der nur einen untergeordneten Verursachungsbeitrag für die Überzahlung gesetzt hat, muss besser stehen als der Besoldungs- oder Versorgungsempfänger, der die Überzahlung allein zu verantworten hat. Angesichts dessen erscheint  ein Absehen von der Rückforderung in der Größenordnung von 30 Prozent des überzahlten Betrages im Regelfall angemessen. Bei Hinzutreten weiterer Umstände, etwa besonderer wirtschaftlicher Probleme des Besoldungs- oder Versorgungsempfängers, kann auch eine darüber hinausgehende Ermäßigung des Rückforderungsbetrages in Betracht kommen. Außerdem entspricht es in der Regel der Billigkeit, bei wiederkehrenden Überzahlungen in jeweils geringer Höhe über einen längeren Zeitraum Ratenzahlungen einzuräumen, die dem Überzahlungszeitraum entsprechen. Die Festlegungen sind im Bescheid zu treffen; eine bloße Bereitschaft, später Ratenzahlungen zu vereinbaren, genügt nicht. Der Billigkeit entspricht es, dass sich Dienstherr und Besoldungs- oder Versorgungsempfänger über die Modalitäten der Rückzahlung zu verständigen suchen (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.4.2012 - BVerwG 2 C 15.10 -, a. a. O., Rn. 25 ff.; Urteil vom 26.4.2012 - BVerwG 2 C 4.11 -, a. a. O., Rn 19 ff.; Nds. OVG, Beschluss vom 6.8.2013 - 5 LA 82/13 -; Beschluss vom 3.3.2014, a. a. O., Rn 17).

Nach Maßgabe dieser Grundsätze, die das Verwaltungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat (vgl. S. 9 f. UA), ist dessen Einschätzung, die Entscheidung der Beklagten, nicht aus Billigkeitsgründen teilweise von der Rückforderung der überzahlten Beihilfeleistungen abzusehen, sei nicht ermessensfehlerhaft, rechtlich nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat auch nach Auffassung des Senats ermessensfehlerfrei davon absehen dürfen, den Rückforderungsbetrag zu mindern und sich darauf beschränken dürfen, dem Kläger Ratenzahlungen einzuräumen.

Hierfür sind die folgenden Gesichtspunkte ausschlaggebend:

Der Grund für die Überzahlungen lag ausschließlich im Verantwortungsbereich des Klägers, der in den Jahren 2011 und 2012 insgesamt 28 Beihilfeanträge falsch ausgefüllt hatte. Er hatte die Höhe des Zuschusses zum Krankenversicherungsbeitrag seiner Ehefrau jeweils mit monatlich 39,35 Euro angegeben, obwohl ihm nicht bekannt war und er auch nicht einfach davon ausgehen konnte, dass seine auf einer Rentenanpassungsmitteilung aus dem Jahr 2010 beruhenden Angaben noch zutrafen. Der Kläger durfte nicht, wie er es erstinstanzlich mit der Klagebegründung vom 14. März 2014 vorgetragen hat, aufgrund des Umstandes, dass seine von ihm seit Anfang 2010 getrennt lebende Ehefrau ihm von sich aus Rentenanpassungsmitteilungen nicht mehr übermittelt und sich die Kommunikation als sehr schwierig dargestellt hatte, jeweils einfach unterstellen, dass sich der Beitrag nicht verändert hatte. Dies gilt insbesondere auch deshalb, weil dem Kläger - wie sich aus der vorgenannten Klagebegründung (S. 2) ergibt - bekannt war, dass es im hier maßgeblichen Zeitraum Erhöhungen der gesetzlichen Rente gegeben hatte. Es wäre dem Kläger, der während des Zeitraums der Überzahlungen innerhalb der niedersächsischen F. ein herausragendes Spitzenamt innehatte, nicht nur angesichts seiner Rechtskenntnisse, sondern allein schon aufgrund seiner mehrere Jahrzehnte umfassenden Berufserfahrung ohne Weiteres möglich und zumutbar gewesen, sich bei der Beklagten dahingehend zu erkundigen, wie er sich hinsichtlich der Angabe zum Zuschuss zum Krankenversicherungsbeitrag verhalten soll, bevor er die Beihilfeanträge ausfüllt und die Richtigkeit seiner Angaben durch Unterschrift versichert. Das Verwaltungsgericht hat hierzu in dem angefochtenen Urteil in jeder Hinsicht zutreffend ausgeführt (S. 11 UA):

„Wenn er keine Informationen von seiner Ehefrau bekommt, hätte er die betreffende Zeile offenlassen und anmerken müssen, dass er die Frage nach dem Zuschuss zum Krankenversicherungsbeitrag der Ehefrau derzeit nicht beantworten kann. Der Fall des Klägers unterscheidet sich von dem durch das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht entschiedenen Rechtsstreit dadurch, dass in jenem Fall der Beihilfeberechtigte die Beihilfeanträge unvollständig gelassen hat, in dem hier zu entscheidenden Fall hat der Kläger die Anträge dagegen sogar falsch ausgefüllt. Das Verhalten des Klägers kann damit umso weniger einen Teilverzicht auf die Rückforderung rechtfertigen.“

Die Entscheidung der Beklagten, nicht aus Billigkeitsgründen ganz oder teilweise von der Rückforderung der überzahlten Beihilfeleistungen abzusehen, erweist sich nicht deshalb als rechtsfehlerhaft, weil - wie der Kläger vorträgt - die Frage nach dem Zuschuss zum Krankenversicherungsbeitrag in einer Vielzahl von Fällen von Beamten oder Richtern falsch beantwortet werde, so dass es sich bei der vorliegenden Konstellation nicht um einen Einzelfall, sondern anscheinend um ein „Massenphänomen“ handele. Der beschließende Senat war zwar schon wiederholt mit ähnlichen Fallkonstellationen befasst (vgl. Beschluss vom 3.3.2014, a. a. O.; Beschluss vom 6.7.2015 - 5 LA 73/15 -; ein Antrag auf Zulassung der Berufung ist unter dem Aktenzeichen 5 LA 166/15 anhängig). Dieser Umstand sowie die Tatsache, dass auch die Prozessbevollmächtigten des Klägers, wie sie für diesen dargelegt haben, mit mehreren vergleichbaren Fällen befasst sind, lassen die von dem Kläger bei der Ausfüllung von 28 Beihilfeanträgen begangenen Sorgfaltspflichtverletzungen jedoch nicht in einem milderen Licht erscheinen. Falls - wie der Kläger vorgetragen hat - die Frage nach dem Zuschuss zum Krankenversicherungsbeitrag tatsächlich in einer Vielzahl von Fällen falsch beantwortet werden sollte, käme hierin vielmehr eine bedenkliche Tendenz von Besoldungs- oder Versorgungsempfängern zum Ausdruck, Beilhilfeanträge leichtfertig falsch auszufüllen und gleichwohl durch die Unterschrift die Richtigkeit der gemachten Angaben zu versichern. Die Beklagte ist keinesfalls gehalten, einer solchen nachlässigen und nicht zu bagatellisierenden Verhaltensweise auch noch zu Gunsten der Besoldungs- oder Versorgungsempfänger im Rahmen der Billigkeitsentscheidung Rechnung zu tragen.

Die Rechtsauffassung des Klägers, das Ausfüllen der Beihilfeantragsformulare sei, was die Frage nach dem Zuschuss zum Krankenversicherungsbeitrag betreffe, „gefahrgeneigte Arbeit“, ist mindestens fernliegend. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts wird eine Arbeit als gefahrgeneigt angesehen, die es mit großer Wahrscheinlichkeit mit sich bringt, dass auch dem sorgfältigsten Arbeitnehmer gelegentlich Fehler unterlaufen, die zwar für sich allein betrachtet vermeidbar sind, mit denen aber als einem typischen Abirren der Dienstleistung angesichts der menschlichen Unzulänglichkeit erfahrungsgemäß zu rechnen ist (BAG, Urteil vom 12.12.1989 - 8 AZR 203/86  -, juris Rn 13 m. w. N.). Es ist schon sehr zweifelhaft, ob das Ausfüllen von Beihilfeantragsformularen eine in Ausübung des Dienstes erfolgende Handlung, also als Arbeit im dienstrechtlichen Sinne, zu qualifizieren ist. Es ist jedenfalls aber nicht gerechtfertigt, das Ausfüllen eines Beihilfeantragsformulars oder zumindest einen Teil dieser Tätigkeit, nämlich die Beantwortung der Frage nach dem Zuschuss zum Krankenversicherungsbeitrag, als „gefahrgeneigte Arbeit“ zu qualifizieren, weil es an der dafür typischen „Gefahrenlage“ fehlt. Die Verpflichtung, die in dem Beihilfeantragsformular gestellten Fragen vollständig und richtig zu beantworten, ist für keinen Besoldungs- oder Versorgungsempfänger mit einer „Gefahr“ verbunden. Dies gilt auch für die Beantwortung der Frage nach dem Zuschuss zum Krankenversicherungsbeitrag. Denn es ist bei Wahrung der gebotenen und jedem Besoldungs- oder Versorgungsempfänger zumutbaren Sorgfalt ohne Weiteres möglich, die wenigen und unmissverständlich formulierten Fragen vollständig und richtig zu beantworten. Es wurde bereits ausgeführt, dass der Kläger, falls er im maßgeblichen Zeitraum von seiner Ehefrau die Informationen, die erforderlich waren, um die Frage nach dem Zuschuss zum Krankenversicherungsbeitrag fehlerfrei beantworten zu können, nicht bekommen haben sollte, nicht jeweils einfach unterstellen durfte, dass sich der Zuschuss zum Krankenversicherungsbeitrag nicht verändert hatte.

Es ist auch rechtlich unerheblich, dass und warum die Beklagte nach dem hier streitigen Zeitraum das Formular für Beihilfeanträge geändert und die Frage nach dem Zuschuss zum Krankenversicherungsbeitrag von der zweiten Seite an die erste Stelle der ersten Seite gerückt hat. Die Antragsformulare waren auch im hier streitigen Überzahlungszeitraum übersichtlich gestaltet. Die Frage nach dem Zuschuss zum Krankenversicherungsbeitrag war in den damaligen Antragsformularen unter Nummer 5 klar, unmissverständlich und deutlich erkennbar gestellt worden. Der Kläger hat auch nicht vorgetragen, dass er die Frage nicht verstanden habe. Abgesehen davon ist die Frage nach dem Zuschuss zum Krankenversicherungsbeitrag, die sich jetzt unter Nummer 1 der Antragsformulare findet, auch nicht inhaltlich verändert worden.

Die Entscheidung der Beklagten, nicht aus Billigkeitsgründen teilweise von der Rückforderung der überzahlten Beihilfeleistungen abzusehen, verstößt entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht gegen den Grundsatz von Treu und Glauben. Sie stellt nicht - wie der Kläger meint - eine unzulässige Rechtsausübung dar, weil es, sofern er sich rechtmäßig verhalten hätte, nur zu einer geringen Überzahlung gekommen wäre, die in grobem Missverhältnis zu der von der Beklagten geltend gemachten Rückforderung stehe.

Der Grundsatz von Treu und Glauben gilt als allgemeiner Rechtsgedanke auch im Verwaltungsrecht. Er wird aus § 242 BGB abgeleitet, der über seinen Wortlaut hinaus das allgemeine Gebot der Beachtung von Treu und Glauben im rechtlichen Verkehr als allgemeinen Maßstab enthält, unter dem das gesamte private und öffentliche Recht steht. Der genannte Grundsatz bedarf wegen seiner Allgemeinheit der Konkretisierung. Diese erfolgt durch Typisierung anhand von Fallgruppen (BVerwG, Urteil vom 11.10.2012 - BVerwG 5 C 22.11 -, juris Rn 25 m. w. N.). Im öffentlichen Recht spielt vornehmlich die unzulässige Ausübung von Rechten eine Rolle, die dann gegeben ist, wenn eine atypische Situation vorliegt, die die Geltendmachung eines an sich vorgesehenen Rechtes als missbräuchlich erscheinen lässt. Dabei ist für den Rechtsmissbrauch die Herbeiführung eines grob unbilligen Ergebnisses typisch (BVerwG, Urteil vom 11.10.2012, a. a. O., Rn 25 m. w. N.). Eine unzulässige Rechtsausübung kann insbesondere gegeben sein, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen eines (vertraglichen oder gesetzlichen) Anspruchs in zu missbilligender Weise begründet worden sind (BVerwG, Urteil vom 11.10.2012, a. a. O., Rn 26).

Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist angesichts der konkreten Umstände des hier zu entscheidenden Falles die Billigkeitsentscheidung der Beklagten nicht als eine gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoßende unzulässige Rechtsausübung zu qualifizieren. Es liegt insbesondere keine atypische Situation vor, die die Geltendmachung des gesamten Rückforderungsanspruchs als missbräuchlich erscheinen lässt. Zu der ganz erheblichen Überzahlung von 11.409,91 Euro und dem Rückforderungsanspruch der Beklagten ist es ausschließlich deshalb gekommen, weil der Kläger während eines sehr langen Zeitraums von annähernd zwei Jahren in insgesamt 28 und damit in ausgesprochen vielen Beihilfeanträgen falsche Angaben gemacht hatte. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des auf § 87 Satz 2 NBG i. V. m. §§ 812 ff. BGB basierenden Rückforderungsanspruchs der Beklagten sind nicht etwa in zu missbilligender Weise von der Beklagten begründet worden, sondern ausschließlich aufgrund des Verhaltens des Klägers. Dieser hatte sich offensichtlich, obwohl ihm bekannt war, dass es im hier maßgeblichen Zeitraum Erhöhungen der gesetzlichen Rente gegeben hatte, in allen 28 Beihilfeanträgen keine Gedanken über die Richtigkeit seiner jeweiligen Angaben zum Zuschuss zum Krankenversicherungsbeitrag gemacht und stets die Richtigkeit seiner Angaben durch seine Unterschrift versichert. Angesichts dieser Sachlage ist es keineswegs gerechtfertigt, aufgrund der Erwägung, dass es bei einem rechtmäßigen Verhalten des Klägers möglicherweise nur zu einer geringen Überzahlung gekommen wäre, die Entscheidung der Beklagten, nicht aus Billigkeitsgründen teilweise von der Rückforderung der überzahlten Beihilfeleistungen abzusehen, als unzulässige Rechtsausübung einzustufen.

Es kommt hinzu, dass eine Automatik dahingehend, dass im Rahmen der Beihilfe berücksichtigungsfähige Personen, die einen Zuschuss zu ihrem Krankenversicherungsbeitrag von mehr als monatlich 40,99 Euro erhalten, stets teilweise auf den Zuschuss verzichten, damit sich der Beihilfebemessungssatz nicht um 20 Prozent verringert (vgl. § 80 Abs. 5 Satz 4 NBG), nicht angenommen werden kann. Es wird vielmehr von den Umständen des jeweiligen Einzelfalles abhängen, ob die jeweils berücksichtigungsfähige Person (hier: die Ehefrau des Klägers) einen solchen Verzicht erklärt, damit sich der Beihilfeanspruch des Beihilfeberechtigten wieder erhöht. Gerade der vorliegende Fall, in dem die im Rahmen der Beihilfe berücksichtigungsfähige Ehefrau des Klägers im maßgeblichen Überzahlungszeitraum von dem beihilfeberechtigten Kläger getrennt lebte, zeigt, dass der Beihilfeberechtigte es nicht „in der Hand“ hat, ob eine berücksichtigungsfähige Person teilweise auf den ihr persönlich zustehenden Zuschuss zum Krankenversicherungsbeitrag verzichtet. Diese Entscheidung bleibt vielmehr letztlich der berücksichtigungsfähigen Person überlassen. Es kann abgesehen davon auch nicht ausgeschlossen werden, dass eine im Rahmen der Beihilfe berücksichtigungsfähige Person in Übereinstimmung mit dem Beihilfeberechtigten von einem teilweisen Verzicht auf den Zuschuss zum Krankenversicherungsbeitrag absieht, weil es nach den persönlichen Verhältnissen günstiger erscheint, nach der Verringerung des Beihilfebemessungssatzes um 20 Prozent den Anteil einer privaten Zusatzversicherung entsprechend um 20 Prozent zu erhöhen. Es ist durchaus denkbar, dass es angesichts vielfältiger Einschränkungen im Beihilferecht als sinnvoller angesehen wird, diese Einschränkungen durch die Erhöhung des Anteils einer privaten Zusatzversicherung abzumildern und nicht teilweise auf den Zuschuss zum Krankenversicherungsbeitrag zu verzichten.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 10 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO, § 63 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG und § 127 Nr. 2 BRRG liegen nicht vor.

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 52 Abs. 1 und 3 GKG.