Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 21.05.2019, Az.: 9 LC 110/17
Ablöseverträge; beitragsfähiger Aufwand; Bauprogramm; Bestimmtheit, hinreichende; öffentliche Einrichtung; Entwässerung; Erschließungsbeitrag; endgültige Herstellung; Mischsystem; Mischwasserkanal; Stichstraße; Straßenausbaubeitrag; Straßenentwässerung; Teileinrichtung; Trennsystem; Verbesserung; Widmung
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 21.05.2019
- Aktenzeichen
- 9 LC 110/17
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2019, 69710
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG - 06.07.2017 - AZ: 15 A 2627/15
Rechtsgrundlagen
- § 132 Nr 4 BauGB
- § 6 Abs 1 KAG ND
- § 283 ZPO
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
1. Voraussetzung für die hinreichende Bestimmtheit der Merkmalsregelung in einer Erschließungsbeitragssatzung für die Teileinrichtung Straßenentwässerung gemäß § 132 Nr. 4 BauGB ist nicht, dass der Anschluss an ein bestimmtes Entwässerungssystem (Misch- oder Trennsystem) festgelegt wird.
2. Eine Verbesserung der Teileinrichtung Straßenentwässerung kann auch in der Umstellung vom Mischsystem in ein Trennsystem liegen (fortführend Senatsurteil vom 11.7.2007 - 9 LC 262/04 -)
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover - 15. Kammer - vom 6. Juli 2017 geändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des gesamten Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Festsetzung von Straßenausbaubeiträgen für die Herstellung eines Regenwasserkanals und die Wiederherstellung der Fahrbahn in der Straße „F.“ im Stadtteil G. der beklagten Stadt Springe.
Er ist Eigentümer des 4.807 m² großen Grundstücks „A-Straße“ in der Gemarkung G., bestehend aus den Flurstücken H., I. und J. jeweils der Flur K.. Das Grundstück liegt an der Ecke L. Straße/M. und grenzt im hinteren Bereich mit einer Breite von etwa 10 m an die Straße F. an.
Die Straße F. ist eine etwa 92,50 m lange Sackgasse, die in östliche Richtung von der Straße M. abzweigt. Am Ende der Sackgasse knickt im rechten Winkel in Richtung Süden ein etwa 12,50 m tiefer Wendehammer ab. An der Stichstraße liegen zehn Grundstücke. Für den Bereich existiert kein Bebauungsplan. Die Grundstücke der Anlieger liegen im unbeplanten Innenbereich.
In den Jahren 1976/1977 wurde die damalige „Planstraße C“, die jetzige Straße F., errichtet. Im Jahre 1976 schloss die Beklagte mit den Anliegern der damaligen „Planstraße C“ Ablösevereinbarungen, durch die die zu zahlenden Kanalbau- und Wasserversorgungsbeiträge (nur Rohrnetz) sowie die Erschließungsbeiträge für die erstmalige Herstellung der Straße endgültig abgelöst werden sollten (vgl. Vertrag mit den Voreigentümern N. und O., Beiakte 001 zu 9 LC 108/17, Bl. 29 f.). Der vorgelegten Schlussrechnung vom 16. Juni 1977 zufolge endeten die baulichen Maßnahmen spätestens im Jahre 1977 (vgl. die Prüfvermerke der Beklagten vom 4. Oktober 1977 und 22. November 1977). In Ausführung der damaligen Ausbauplanungen versah die Beklagte die Erschließungsanlage mit einer Entwässerung im sogenannten „Mischsystem“. Außerdem erhielt die Straße ausweislich der Schlussrechnung eine Fahrbahn mit Unterbau und mit einer Asphaltdecke sowie zwei Straßenleuchten.
Die zu diesem Zeitpunkt geltende „Satzung der Stadt Springe über die Erhebung von Erschließungsbeiträgen“ vom 12. Dezember 1974 (nachfolgend: EBS 1974) regelte unter anderem in § 6 „Merkmale der endgültigen Herstellung von Erschließungsanlagen“:
„(1) Straßen, Wege, Plätze und Sammelstraßen sind erstmalig hergestellt, wenn sie mit Straßenentwässerung und Straßenbeleuchtung versehen sind und ihre Teileinrichtungen die nachfolgenden Ausbaumerkmale aufweisen.
(…)
3. Die Entwässerungsanlagen müssen Straßenrinnen, die zur Aufnahme des Wassers erforderlichen Leitungen sowie die Anschlüsse an bereits bestehende Entwässerungseinrichtungen aufweisen.
(…).“
Die „Satzung der Stadt Springe über die Erhebung von Erschließungsbeiträgen“ vom 24. September 1987 (nachfolgend: EBS 1987) regelte unter anderem in § 11 „Merkmale der endgültigen Herstellung von Erschließungsanlagen“:
„(1) Straßen, Wege und Plätze sowie Sammelstraßen sind erstmalig endgültig hergestellt, wenn
(…)
c) die Beleuchtungs- und Entwässerungseinrichtungen vorhanden sind.
Dabei sind hergestellt
(…)
d) die Entwässerungsanlagen, wenn die Straßenrinnen, die zur Aufnahme des Wassers erforderlichen Leitungen sowie die Anschlüsse an bereits bestehende Entwässerungseinrichtungen gebaut sind,
(…).“
Die gegenwärtig geltende „Satzung der Stadt Springe über die Erhebung von Erschließungsbeiträgen“ vom 5. November 2004 (nachfolgend: EBS 2004) regelt unter anderem in § 10 „Merkmale der endgültigen Herstellung von Erschließungsanlagen“:
„(1) Straßen, Wege und Plätze, Fußwege und Wohnwege sowie Sammelstraßen (Anlagen nach § 127 Absatz 2 Nr. 1 - 3 BauGB) sind erstmalig endgültig hergestellt, wenn
(…)
3. die Beleuchtungs- und Entwässerungseinrichtungen vorhanden sind,
(…).
(2) Dabei sind hergestellt
(…)
3. die Entwässerungsanlagen, wenn die Straßenrinnen, die Straßeneinläufe und die sonst zur Ableitung des Straßenoberflächenwassers erforderlichen Einrichtungen (z. B. Leitungen, offene Gräben, Mulden/Rigolen) betriebsfertig hergestellt sind,
(…).“
Im Jahre 2012 errichtete die Beklagte in der Straße „F.“ einen separaten Regenwasserkanal im sogenannten „Trennsystem“. Zugleich passte sie die Gosse und Einläufe den neuen Verhältnissen an. Die hierzu geöffnete Fahrbahn im Bereich der P. versah sie bei Schließung mit einer Asphaltschicht.
Die Bauarbeiten fanden zeitgleich mit Baumaßnahmen an der Fahrbahn und der Straßenentwässerung an einem Teilstück der Straße M. statt.
Der Rat der Beklagten beschloss am 14. März 2013 die Aufwandspaltung für die Teil-einrichtung Straßenentwässerung in der Straße F..
Die letzte Unternehmerrechnung ging bei der Beklagten am 16. Januar 2014 ein.
Die Beklagte ermittelte einen umlagefähigen Aufwand in Höhe von 24.068,01 EUR für die durchgeführten Maßnahmen an der Teileinrichtung Straßenentwässerung und die Wiederherstellung der Fahrbahn im Bereich der P. in der Straße F. und legte diesen Aufwand auf die Anlieger der Straße F. um.
Mit Bescheid vom 14. April 2015 setzte die Beklagte für das streitbefangene Anlieger-grundstück einen Straßenausbaubeitrag in Höhe von 9.275,33 EUR fest und forderte den Kläger auf, den entsprechenden Betrag bis zum 22. Mai 2015 zu zahlen.
Hiergegen hat der Kläger am 15. Mai 2015 Klage erhoben.
Zur Begründung hat er im Wesentlichen vorgetragen: Die Beklagte habe den damaligen Grundstückseigentümern gegenüber verlautbart, mit Unterzeichnung der Ablösevereinbarung und Zahlung auf diesen Vertrag seien sämtliche, auch künftige, Erschließungs- und Straßenausbaubeiträge abgelöst. Schon damals, im Jahre 1976, sei beabsichtigt gewesen, ein „Trennsystem“ zu errichten. Nur wegen der seinerzeit angespannten Haushaltslage habe es die Beklagte zunächst dabei belassen, ein „Mischsystem“ in der Straße „F.“ zu verbauen. Zudem stelle die Umstellung der Straßenentwässerung von dem vorherigen Mischwassersystem auf das Trennsystem keine Verbesserung dar. In dem Mischwassersystem habe es für die Anwohner keine Probleme bei der Straßenentwässerung geben. Es sei nur ein zweites Rohr verlegt und die Fahrbahn zu ca. einem Drittel aufgerissen worden. Straßenabflüsse und Gullys seien nicht verändert worden. Durch das nachträgliche Wiederaufbringen der anteiligen Teerschicht hätten sich unterschiedliche Straßenhöhen ergeben, was zu einer Verschlechterung geführt habe. Im Übrigen sei die Erschließungsbeitragssatzung der Beklagten in der damaligen Fassung nicht ausreichend bestimmt gewesen.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 14. April 2015 aufzuheben.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat entgegnet: Der in dem Vertrag von 1976 abgelöste Kanalbaubeitrag habe sich auf die Herstellung eines Mischwasserkanals bezogen und sei entsprechend auf Grundlage der damals geltenden Entwässerungsabgabensatzung berechnet worden. Getrennte Schmutz- und Regenwasserkanäle habe sie, die Beklagte, zum damaligen Zeitpunkt nicht geplant. Eine Entwässerung im „Trennsystem“ sei Mitte der 1970er Jahre im Ortsteil G. nicht in Betracht gekommen, weil der gesamte Ortsteil zu diesem Zeitpunkt noch vollständig im „Mischsystem“ entwässert worden sei. Die Merkmalsregelung in § 6 EBS 1974 lasse es zu, dass die erforderliche Straßenentwässerung auch über eine reine Mischwasserkanalisation erfolge. Es sei nicht erforderlich, alle schlechthin denkbaren Merkmale der Herstellung in einer Erschließungsbeitragssatzung zu regeln. Der beitragspflichtige Bürger müsse erkennen können, wann die sein Grundstück erschließende Anlage endgültig hergestellt sei und die ihn treffende Beitragspflicht entstehe. Der Bürger könne indes unterirdisch verlaufende Rohre nicht sehen, weshalb die Aufführung der einzelnen Entwässerungssysteme kaum Bedeutung habe. Eine etwaige Unbestimmtheit der Erschließungsbeitragssatzung 1974 werde durch die hinreichend klaren Regelungen in den Erschließungsbeitragssatzungen der Jahre 1987 und 2004 „geheilt“.
Im Übrigen handele es sich bei der Umstellung des Mischwassersystems in eine Trennkanalisation um eine Verbesserung der Teileinrichtung Straßenentwässerung. Das Transportvolumen und das Rückstauvolumen für das anfallende Regenwasser seien erhöht worden. Gleichzeitig werde die hydraulische Belastung reduziert. Soweit vorgetragen werde, dass Straßenabflüsse nicht verändert worden seien, seien aber Anpassungsarbeiten erforderlich gewesen. Die Zuläufe der bisher an den Mischwasserkanal angeschlossenen Straßeneinläufe hätten aufgrund der unterschiedlichen Höhenlagen des alten Mischwasser- und des neuen Regenwasserkanals an den Regenwasserkanal neu angeschlossen werden müssen.
Das Verwaltungsgericht Hannover hat der Klage mit Urteil vom 6. Juli 2017 stattgegeben und den Bescheid vom 14. April 2015 aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt, vorliegend könnten dem Grunde nach nicht Straßenausbaubeiträge, sondern Erschließungsbeiträge erhoben werden. Die Erschließungsbeitragspflicht sei aber noch nicht entstanden, weil es an der endgültigen Herstellung der nicht flächenmäßigen Teileinrichtung „Entwässerungsanlage“ der Erschließungsanlage „F.“ fehle. Denn die hierzu ergangenen satzungsmäßigen Bestimmungen zum Ausbauprogramm seien nichtig, weil ihnen die erforderliche Bestimmtheit fehle. Der jeweiligen Regelung der Erschließungsbeitragssatzungen der Beklagten aus den Jahren 1974, 1987 und 2004 lasse sich zur bautechnischen Ausgestaltung der Entwässerungsanlage nicht entnehmen, ob diese im sog. „(abgemagerten) Misch- oder Trennsystem“ zu errichten sei, um endgültig hergestellt zu sein. Die Festlegung der Art der „Gemeinschaftseinrichtung“ sei erforderlich, weil der beitragspflichtige Bürger anhand der Satzung sonst nicht nachvollziehen könne, wann die Teileinrichtung „Entwässerungsanlage“ endgültig hergestellt sei, und ob der tatsächliche Ausbauzustand dem Ausbauprogramm entspreche. Bei der zu treffenden Festlegung handele es sich auch nicht um eine verzichtbare Detailregelung, die derartig von den örtlichen Verhältnissen im Einzelfall bestimmt werde, dass hierüber in einer allgemeinen Satzung keine bindenden Aussagen getroffen werden könnten. Sollte es Stadt- und Ortsteile oder einzelne Straßenzüge geben, bei denen von diesem Grundsatz abgewichen werden müsse, sei es für die Beklagte zumutbar, eine entsprechende Abweichungssatzung zu erlassen. Dem Vorgenannten stünden die im Jahre 1976 abgeschlossenen Ablösevereinbarungen nicht entgegen. Die damals geschlossenen Verträge seien jedenfalls nichtig, soweit sie sich auf die Ablösung der Erschließungsbeiträge bezögen, weil die Gemeinde vor Abschluss der Ablösevereinbarungen nicht die erforderlichen Ablösebestimmungen erlassen habe. Eine „Heilung“ scheide aus. Zwar habe die Beklagte seit 1984 über entsprechende Ablösebestimmungen verfügt. Diese Ablösebestimmungen seien aber nicht rückwirkend in Kraft gesetzt worden.
Das Verwaltungsgericht hat die Berufung zur Klärung der Frage zugelassen, ob die Regelungen zum Ausbauprogramm (Merkmale der „endgültigen Herstellung“) bezüglich der Entwässerungseinrichtungen in den Erschließungsbeitragssatzungen der Beklagten zu unbestimmt gefasst sind.
Die Beklagte hat die Berufung gegen das am 14. Juli 2017 zugestellte Urteil am 21. Juli 2017 eingelegt und mit am 3. August 2017 eingegangenen Schriftsatz begründet.
Sie trägt im Wesentlichen vor, die Auffassung des Verwaltungsgerichts, im Ausbauprogramm der Merkmalsregelung dürfe anstelle mehrerer Ausführungsarten der Straßenentwässerung nur eine Ausführungsart enthalten sein, widerspreche Sinn und Zweck des § 132 Nr. 4 BauGB, weil anstelle einer Vielzahl von Abweichungssatzungen eine generalisierende Merkmalsbeschreibung in der allgemeinen Beitragssatzung anzustreben sei. Wäre die Auffassung des Verwaltungsgerichts richtig, müsse eine die Fahrbahndecke betreffende Merkmalsregelung beispielsweise lauten, dass sie endgültig hergestellt sei, wenn sie mit Asphalt versehen worden sei. Da es noch andere Ausführungsarten (z. B. Teer, Platten oder Pflastersteine) gebe, wären – sofern eine solche andere Art in Betracht komme – jeweils Abweichungssatzungen erforderlich. Wenn es letzten Endes für jede einzelne Straße einer besonderen Ortssatzung bedürfe, widerspreche dies dem Sinn der durch das Baugesetzbuch geforderten Maßstabsregelung. Offensichtlich aus diesem Grunde habe das Bundesverwaltungsgericht im Ausbauprogramm der Merkmalsregelung einer Erschließungsbeitragssatzung bei den flächenmäßigen Teileinrichtungen das Aufführen mehrerer Alternativen in Bezug auf eine Straßendecke zugelassen, wenn nicht gar gefordert. Deshalb müsse sich die Merkmalsregelung einer Erschließungsbeitragssatzung bei der Ausführung der Entwässerungseinrichtung nicht auf ein Entwässerungssystem beschränken. Dementsprechend müsse es zulässig sein, die Regelung auf alle in Betracht kommenden Entwässerungssysteme auszudehnen, und zwar alternativ. Eine solche Ausdehnung auf alle Entwässerungssysteme enthielten die Erschließungsbeitragssatzungen der Beklagten, wenn sie jeweils von zur Aufnahme des Wassers erforderlichen Leitungen (EBS 1974 und 1987) oder sonst zur Ableitung des Straßenoberflächenwassers erforderlichen Einrichtungen (z. B. Leitungen) sprächen. Sämtliche drei in Betracht kommenden Entwässerungssysteme (Mischsystem, abgemagertes Trennsystem oder reines Trennsystem) bestünden aus Leitungen.
§ 132 Nr. 4 BauGB bezwecke, dass sich der künftig Beitragspflichtige ein Bild darüber verschaffen könne, ob die Straße endgültig hergestellt sei oder nicht, und zwar durch einen Vergleich des satzungsmäßig festgelegten Bauprogramms mit dem tatsächlichen Zustand dessen, was an Straße hergestellt worden sei. Sobald mit dem Oberbau der Straße begonnen werde, sei die Kanalisation nicht mehr sichtbar. Wenn man die Merkmalsregelung nicht mit dem tatsächlichen Ausbauzustand vergleichen könne, laufe diese Regelung in der Satzung sozusagen leer. Deshalb bräuchten an die Beschreibung des Ausbauprogramms für die Straßenentwässerung nicht so hohe Anforderungen gestellt zu werden wie beim Ausbauprogramm der sichtbaren flächenmäßigen Teileinrichtungen einer Straße. Das Bundesverwaltungsgericht sei noch darüber hinausgegangen und habe entschieden, dass bei der Fahrbahn der – unterirdische und nicht sichtbare – Unterbau als Herstellungsmerkmal in der Merkmalsregelung einer Erschließungsbeitragssatzung nicht genannt zu werden bräuchte. Hauptsache sei, dass das Straßenoberflächenwasser ordentlich ablaufe, was jeder betroffene Anlieger unschwer wahrnehmen könne. Die Formulierung in der EBS 2004 „betriebsfertige Entwässerungseinrichtung“ sei deshalb ausreichend.
Schließlich habe der erkennende Senat in seinem Beschluss vom 2. Juni 2015 (– 9 LA 42/14 –) ein satzungsgemäßes Ausbauprogramm mit dem Wortlaut „Entwässerungseinrichtungen mit Anschluss an die Kanalisation“ nicht beanstandet.
Die Beklagte beantragt,
das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover vom 6. Juli 2017 zu ändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er trägt im Wesentlichen vor, das Straßenausbaubeitragsrecht sei nicht anwendbar, da die Straße „F.“ nicht endgültig hergestellt gewesen sei, so dass Erschließungsbeitragsrecht zur Anwendung kommen müsse. Den satzungsmäßigen Bestimmungen in den Erschließungsbeitragssatzungen der Beklagten fehle hinsichtlich der bautechnischen Ausgestaltung der Entwässerungsanlage die erforderliche Bestimmtheit, da sich nicht entnehmen lasse, ob diese im sogenannten (abgemagerten) Misch- oder Trennsystem zu errichten sei, um endgültig hergestellt zu sein. Der von der Beklagten angestellte Vergleich mit der Teileinrichtung Fahrbahndecke sei nicht geeignet, die Argumentation der Beklagten zu untermauern. Die Beklagte führe sämtliche Möglichkeiten für eine Befestigung der Fahrbahnoberdecke auf. Verschiedene Möglichkeiten der Entwässerung lasse die für die Entwässerungsanlagen gewählte Formulierung in den Erschließungsbeitragssatzungen aber gerade nicht zu. Entgegen der Auffassung der Beklagten sei für einen betroffenen Grundstückseigentümer erkennbar, ob und welches Entwässerungssystem in der Straße verlegt worden sei, und ob und wann hier eine Beitragspflicht durch endgültige Herstellung, auch im Hinblick auf die Entwässerung erfolgt sei. Die betroffenen Anlieger seien hier davon ausgegangen, dass von Anfang an ein Trennsystem von Seiten der Beklagten geplant gewesen sei, wie sich dies auch aus der Entwässerungsvorgabe in den seinerzeit erteilten Baugenehmigungen ergebe.
Die Einrichtung eines Trennkanals sei gegenüber dem zuvor funktionstüchtigen Mischwasserkanal keine Verbesserung und keine Erneuerung. Er, der Kläger, habe auch keinen Vorteil durch diesen Kanal, weil er sein Grundstück nicht an den Abwasserkanal in der F. angeschlossen habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die Beiakten dieses Verfahrens und der Parallelverfahren 9 LC 105 - 109/17 und 9 LC 111/17 verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist zulässig und begründet.
Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ist der Bescheid der Beklagten vom 14. April 2015 rechtmäßig. Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist deshalb zu ändern und die Klage abzuweisen.
Rechtsgrundlage für die Heranziehung zu Straßenausbaubeiträgen ist § 6 Abs. 1 Niedersächsisches Kommunalabgabengesetz (NKAG) in Verbindung mit §§ 1 ff. der „Satzung der Stadt Springe über die Erhebung von Beiträgen nach § 6 des Niedersächsischen Kommunalabgabengesetzes für straßenbauliche Maßnahmen“ vom 31. Oktober 2002 in der Fassung der 1. Änderungssatzung vom 20. Dezember 2010 (StrABS). Nach § 1 Abs. 1 StrABS erhebt die Beklagte zur teilweisen Deckung ihres Aufwandes für die Herstellung, Erweiterung, Verbesserung und Erneuerung (Ausbau) ihrer öffentlichen Einrichtungen Beiträge von den Grundstückseigentümern, denen die Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser öffentlichen Einrichtungen besondere wirtschaftliche Vorteile bietet, soweit Erschließungsbeiträge nach den §§ 127 ff. Baugesetzbuch (BauGB) nicht erhoben werden können.
I. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts ist der Anwendungsbereich nach § 1 Abs. 1 StrABS eröffnet.
Denn die Straßenentwässerung in der Straße „F.“ war bereits vor der Ausbaumaßnahme 2012 auf der Grundlage einer wirksamen Erschließungsbeitragssatzung endgültig hergestellt. Die Satzungsregelungen zu den Merkmalen der endgültigen Herstellung der nicht flächenmäßigen Teileinrichtung Straßenentwässerung waren spätestens mit Inkrafttreten des § 10 Abs. 2 Nr. 3 EBS 2004 hinreichend bestimmt. Die im Jahr 1977 hergestellte Teileinrichtung „Entwässerungsanlage“ der Straße „F.“ entsprach dieser Merkmalsregelung.
Eine Anbaustraße ist – mit dem Ergebnis, dass später nachfolgende Ausbaumaßnahmen nicht mehr nach dem Erschließungsbeitragsrecht abgerechnet werden können – erstmalig endgültig hergestellt, wenn sie erstmals die nach dem satzungsmäßigen Teil-einrichtungsprogramm (für die nicht flächenmäßigen Teileinrichtungen) und dem (dieses Teileinrichtungsprogramm bezüglich der flächenmäßigen Teileinrichtungen ergänzenden) Bauprogramm erforderlichen Teileinrichtungen aufweist und diese dem jeweils für sie aufgestellten technischen Ausbauprogramm entsprechen (BVerwG, Urteil vom 10.10.1995 – 8 C 13.94 – juris Rn. 19; Senatsbeschlüsse vom 21.5.2012 – 9 LB 100/10 – n. v. und vom 9.9.2009 – 9 ME 8/09 –). Es kommt für die erstmalige endgültige Herstellung somit ausschließlich darauf an, ob die Gemeinde eine Straßenbaumaßnahme durchgeführt hat, mit der die in der Satzung und im Bauprogramm aufgestellten Herstellungsmerkmale verwirklicht worden sind (Senatsbeschluss vom 21.5.2012, a. a. O.). Dies setzt voraus, dass die Satzung für Anbaustraßen hinreichend bestimmte Angaben zu den Merkmalen der endgültigen Herstellung enthält.
Die im Zeitpunkt der erstmaligen Errichtung der Straße F. im Jahr 1977 geltende Vorschrift des § 6 Abs. 1 Nr. 3 EBS 1974 benannte Merkmale für die endgültige Herstellung der Teileinrichtung Straßenentwässerung. Danach mussten die „Entwässerungsanlagen“ Straßenrinnen, die zur Aufnahme des Wassers erforderlichen Leitungen sowie die Anschlüsse an bereits bestehende Entwässerungseinrichtungen aufweisen. Eine gleichlautende Regelung enthielt § 11 Abs. 1 Buchst. d EBS 1987. Die vor der Ausbaumaßnahme im Jahr 2012 geltende Vorschrift des § 10 Abs. 2 Nr. 3 EBS 2004 enthält ebenfalls Merkmale zur technischen Ausgestaltung der Teileinrichtung Straßenentwässerung. Nach dieser Satzungsregelung sind die Entwässerungsanlagen hergestellt, wenn die Straßenrinnen, die Straßeneinläufe und die sonst zur Ableitung des Straßenoberflächenwassers erforderlichen Einrichtungen (z. B. Leitungen, offene Gräben, Mulden/Rigolen) betriebsfertig hergestellt sind.
Keine der Satzungen enthielt eine Regelung darüber, ob die Ableitung des Straßenoberflächenwassers in ein Trennsystem- oder Mischsystem erfolgen sollte. Dies steht jedoch der hinreichenden Bestimmtheit der Merkmalsregelung nicht entgegen. Denn entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts ist hierfür nicht Voraussetzung, dass die Gemeinde in der Erschließungsbeitragssatzung den Anschluss an ein bestimmtes Entwässerungssystem als Merkmal der endgültigen Herstellung für die Teileinrichtung Straßenentwässerung festlegt.
Ein solches Erfordernis ergibt sich insbesondere nicht aus dem Gesetz. Nach § 132 Nr. 4 des im Jahr 1977 geltenden BBauG (ebenso die wortgleiche Vorschrift des § 132 Nr. 4 BauGB) regeln die Gemeinden die Merkmale der endgültigen Herstellung einer Erschließungsanlage durch Satzung. Diesem Gebot des Gesetzgebers liegt unter anderem der Gedanke zugrunde, den Bürger möglichst weitgehend erkennen zu lassen, welche Kosten für die Herstellung seiner Erschließungsstraße entstehen werden und in welchem Zustand diese Straße als endgültig hergestellt anzusehen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.6.1972 – IV C 15.71 – juris Rn. 13). Die Satzung muss daher für Anbaustraßen eindeutige Angaben sowohl darüber enthalten, welche nichtflächenmäßigen Teileinrichtungen (Teilanlagen) diese Anlagen aufweisen müssen, um als endgültig hergestellt qualifiziert werden zu können (Teileinrichtungsprogramm), als auch darüber, wie die für eine solche Erschließungsanlage – sei es im Teileinrichtungsprogramm, sei es (mit Blick auf die flächenmäßigen Teileinrichtungen) im formlos aufgestellten Bauprogramm – vorgesehenen Teileinrichtungen bautechnisch ausgestaltet sein sollen, z. B. Asphaltdecke, Plattenbelag usw. (= technisches Ausbauprogramm; vgl. Driehaus/Raden, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 10. Aufl. 2018, § 11 Rn. 55 und 59). Allerdings ist eine eindeutige Festlegung aller technischen Merkmale in allgemeingültiger Form praktisch nicht möglich. Daher kann es im Zusammenhang mit § 132 Nr. 4 BBauG/BauGB nur darum gehen, für das Einrichtungs- wie für das Ausbauprogramm ein Mindesterfordernis festzulegen (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.6.1972, a. a. O., Rn. 13). Bei Anbaustraßen i. S. d. § 127 Abs. 2 Nr. 1 BBauG (heute § 127 Abs. 2 Nr. 1 BauGB) ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zwischen den Teileinrichtungen Beleuchtung und Entwässerung einerseits und den flächenmäßigen Teileinrichtungen (Fahrbahn, Gehwege, Radwege, Grünstreifen, Parkspur usw.) andererseits zu unterscheiden (BVerwG, Urteil vom 23.6.1972, a. a. O. Rn 13). Dabei genügt es nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wenn die nach § 128 Abs. 1 Nr. 2 BBauG (heute wortgleich § 128 Abs. 1 Nr. 2 BauGB) beitragsfähigen Teileinrichtungen der Entwässerung und Beleuchtung in der Ortssatzung für notwendig zur endgültigen Herstellung der Anlage erklärt werden, um der Beitragsberechnung auch die Kosten dieser Teileinrichtungen zugrunde legen zu können (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.6.1973 – IV C 66/71 – juris Rn. 14 zu § 128 Abs. 1 Nr. 2 BBauG). Dass als Merkmale des endgültig hergestellten „Einrichtungsprogramms" (nur) Beleuchtung und Entwässerung als Teileinrichtungen in der Ortssatzung genannt werden müssen, beruht nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts darauf, dass der Bürger über diese Merkmale endgültiger Herstellung – anders als über die Aufteilung der Straßenfläche – ausdrücklich unterrichtet werden muss, weil seinerzeit noch Straßen ohne Einrichtung einer besonderen Entwässerung ausgeführt wurden und es nicht ausgeschlossen erschien, in besonderen Fällen von einer Beleuchtung abzusehen, und weil für diese beiden Teileinrichtungen zusätzliche erhebliche Kosten entstehen, während es bei der Einteilung der Straßenfläche in Fahrbahn, Gehwege usw. nur um graduelle Kostenunterschiede geht (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.6.1973, a. a. O., Rn. 14). In seinem Urteil vom 23. Juni 1972 (a. a. O., Rn. 13) hat es das Bundesverwaltungsgericht im Hinblick auf die Festlegung aller technischen Merkmale in allgemeingültiger Form dahinstehen lassen, ob für Beleuchtung und Entwässerung besondere Merkmale festgelegt werden müssen. Im jenem Fall hat es für das Ausbauprogramm der Teileinrichtung „Entwässerung“ jedenfalls genügen lassen, wenn als Merkmale der endgültigen Herstellung die Einleitung der durch Rinnen aufgefangenen Oberflächenwässer über Kanaleinläufe in das Abwassernetz gefordert wurden.
Dem entspricht die Merkmalsregelung jedenfalls in der EBS 2004. Zwar sah der Wortlaut in § 6 Abs. 1 Nr. 3 EBS 1974 nicht ausdrücklich die Herstellung von Straßeneinläufen als Ausbaumerkmal vor. Ob dennoch Straßeneinläufe unter das Merkmal „die zur Aufnahme des Wassers erforderlichen Leitungen“ fielen und damit zum Ausbauprogramm gehörten, bedarf aber letztlich keiner Entscheidung. Denn spätestens benennt § 10 Abs. 2 Nr. 3 EBS 2004 ausdrücklich die betriebsfertige Herstellung der Straßeneinläufe als Merkmal der endgültigen Herstellung.
Aus Sinn und Zweck des § 132 Nr. 4 BauGB ergibt sich nicht, dass in der Erschließungsbeitragssatzung die technische Ausgestaltung des Kanals zur Aufnahme des Straßenoberflächenwassers in einem bestimmten Entwässerungssystem (Misch- oder Trennsystem) als Merkmal der endgültigen Herstellung festlegt werden müsste. Es widerspräche vielmehr Sinn und Zweck des § 132 Nr. 4 BauGB, der anstelle einer Vielzahl von Abweichungssatzungen eine generalisierende Merkmalsbeschreibung in der allgemeinen Beitragssatzung anstrebt. Denn die Entwässerung kann in verschiedenen Bereichen derselben Gemeinde in unterschiedlichen Systemen erfolgen. Würde man verlangen, dass die Gemeinde ein bestimmtes Straßenentwässerungssystem vorgeben müsse, müsste die Gemeinde u. U. für jeden Ortsteil bzw. für einzelne Straßenzüge Abweichungssatzungen erlassen.
Zudem obliegt die Entscheidung über die technische Ausgestaltung der Entwässerung nicht in jedem Fall der Gemeinde, sondern ggf. einem anderen Aufgabenträger, z. B. den Abwasser(zweck)verbänden (jedenfalls dann, wenn keine Einzelanlage für die Straßenentwässerung errichtet wird).
Soweit das Verwaltungsgericht meint, es sei für den jeweiligen Anlieger objektiv überprüfbar, ob ein oder zwei betriebsfertige Hauptkanäle und damit ein Misch- oder Trennsystem vorläge, lässt sich anders als bei der Herstellung der Fahrbahn spätestens mit dem Beginn des Fahrbahnaufbaus nicht mehr ohne weiteres für den Bürger feststellen, welches Leitungssystem verbaut worden ist. An die Beschreibung der Merkmale für die endgültige Herstellung der Straßenentwässerung sind auch deshalb nicht so hohe Anforderungen zu stellen wie an das Ausbauprogramm der sichtbaren flächenmäßigen Teileinrichtungen der Straße.
Insofern hat das Bundesverwaltungsgericht auch zur flächenmäßigen Teileinrichtung „Fahrbahn“ entschieden, dass bei der Fahrbahn der – unterirdische und nicht sichtbare – Unterbau als Herstellungsmerkmal in der Merkmalsregelung einer Erschließungsbeitragssatzung nicht genannt zu werden braucht (BVerwG, Urteil vom 29.10.1969 – IV C 78.68 – juris Rn. 13). Denn ob eine Abschlussdecke auf einem Unterbau aufgebracht worden ist, der den dafür aufgestellten technischen Anforderungen entspricht, können die Bürger, auf die das Ausbauprogramm in besonderer Weise ausgerichtet ist, in der Regel nicht ohne Weiteres erkennen (Driehaus/Raden, a. a. O., § 11 Rn. 74). Dann kann aber auch die Vorgabe eines bestimmten Entwässerungssystems nicht als Merkmal für die endgültige Herstellung der Teileinrichtung Entwässerung verlangt werden.
Es reicht somit aus, dass für den Bürger erkennbar ist, dass die Teileinrichtung Straßenentwässerung endgültig hergestellt ist, wenn Straßenrinnen und -einläufe sowie die zur Aufnahme des Wassers erforderlichen Leitungen sowie Anschlüsse an bereits bestehende Entwässerungseinrichtungen errichtet worden sind (so auch Driehaus/Raden, a. a. O., § 11 Rn. 75).
Dieser Einschätzung steht auch nicht entgegen, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts der Grunderwerb von der Gemeinde zu einem Merkmal der endgültigen Herstellung einer Erschließungsanlage im Sinne von § 132 Nr. 4 BauGB bestimmt werden kann, der zwar nicht äußerlich sichtbar ist wie die bautechnischen Merkmale einer Erschließungsanlage, aber ohne Schwierigkeiten objektiv festgestellt werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.10.1972 – IV C 30.71 – juris Rn. 11). Zwar wird auch das gewählte technische Leitungssystem der ausgebauten Straßenentwässerung in der Regel – wie auch im vorliegenden Fall – dokumentiert sein und wird wie der Grunderwerb durch eine Einsichtnahme in die entsprechenden Unterlagen festgestellt werden können. Anders als der Grunderwerb ist die Herstellung einer funktionstüchtigen Straßenentwässerung jedoch unproblematisch für den Anlieger ohne Kenntnis des unterirdisch verlaufenden Kanalsystems und ohne Einsicht in Unterlagen erkennbar. Zudem bedenkt der Umstand, dass das technische Leitungssystem möglicherweise wie der Grunderwerb zu einem Herstellungsmerkmal gemacht werden könnte, nicht, dass es zwingend zu einem solchen gemacht werden muss.
Nichts Anderes folgt aus dem Hinweis in der Literatur, dass die Gemeinde nach § 128 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB eine Entwässerungssystem-Entscheidung zu treffen habe (vgl. Driehaus/Raden, a. a. O., § 13 Rn. 69). Gefordert wird damit keine Entscheidung in der Erschließungsbeitragssatzung für ein bestimmtes Entwässerungssystem als Einrichtungsprogramm, sondern die Ausführungen beziehen sich auf die im Wege eines innerdienstlichen Ermessensakts zu treffende Entscheidung der Gemeinde, ob sie sich zur Ermittlung der Straßenentwässerungskosten für ein enges (z. B. nur für eine Straße) oder ein weiteres (z. B. ein räumlich und funktionell angegrenztes oder gar ein das gesamte Gemeindegebiet umfassendes) Entwässerungssystem entscheidet (vgl. Driehaus/Raden, a. a. O., § 13 Rn. 73, 76). Diese „Entwässerungssystem-Entscheidung“ betrifft demnach die Ermittlung des beitragsfähigen Aufwands gemäß § 128 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB (vgl. Driehaus/Raden, a. a. O., § 13 Rn. 79), nicht aber die Anforderungen an das technische Ausbauprogramm der Teileinrichtung Straßenentwässerung als Merkmal der endgültigen Herstellung gemäß § 132 Nr. 4 BauGB.
Den Satzungsbestimmungen in § 6 Abs. 1 Nr. 3 EBS 1974, § 11 Abs. 1 Buchst. d EBS 1987 und § 10 Abs. 2 Nr. 3 EBS 2004 lässt sich nicht entnehmen, dass die Teileinrichtung Straßenentwässerung erst nach der Errichtung der Straßenentwässerung im Trennsystem endgültig hergestellt sein sollte. Diese Regelungen benennen gerade kein bestimmtes Entwässerungssystem, sondern ermöglichen es der Beklagten, die Straßenentwässerungsanlage auch im Misch- oder im Trennsystem zu errichten. Dies steht im Einklang mit § 1 Abs. 3 der Satzung der Beklagten über den Anschluss der Grundstücke an die öffentliche Entwässerungsanlage (Abwasserbeseitigungssatzung) vom 12. Dezember 1974, wonach die Beklagte Entwässerungsanlagen im Trennverfahren und Mischverfahren baute und betrieb. Die Entwässerungsabgabensatzung der Beklagten vom 12. Dezember 1974 unterschied gemäß § 2 Satz 2 bei den Kanalbaubeiträgen dementsprechend nach Anschlüssen an den Schmutzwasser-, Regenwasser- und Mischwasserkanal.
Ohne Erfolg wendet der Kläger ein, die Anlieger seien – wie sich aus den seinerzeit erteilten Baugenehmigungen ergebe – davon ausgegangen, eine endgültige Herstellung der Teileinrichtung Straßenentwässerung habe die Herstellung eines Trennsystems vorausgesetzt. Die vorliegenden Baugenehmigungen bestätigen indes, dass die Beklagte die Entwässerung in ihrem Stadtgebiet seinerzeit entweder im Misch- oder im Trennsystem durchführen wollte. Denn diese Baugenehmigungen sahen einerseits vor, dass das Gebäude an die öffentliche Entwässerungsanlage im Mischsystem anzuschließen sei, andererseits, dass die Entwässerungsleitungen für Schmutz- und Regenwasser auf den Grundstücken zu trennen seien. Gleichzeitig enthielten sie die Auflage, dass nur bei vorhandenem Mischsystem die Schmutz- und Regenwasserleitungen auf dem Grundstück vor Einmündung in die Kanalanschlussleitung zusammenzuführen seien. Demnach hatte die Beklagte seinerzeit beide Entwässerungssysteme vorgesehen.
Soweit der Kläger vorträgt, es sei bereits 1976/77 beabsichtigt gewesen, ein Trennsystem in der Planstraße C einzurichten, dies sei aufgrund der angespannten Haushaltslage aber nicht möglich gewesen, ergibt sich demgegenüber aus den vorliegenden Planungsunterlagen für den Bau der Planstraße C, dass dort seinerzeit nur ein Mischwasserkanal geplant war (vgl. Bl. 6 Beiakte 001, Bl. 15 Beiakte 002 zum Parallelverfahren 9 LC 105/17). Dies deckt sich mit dem Vortrag der Beklagten, dass zum damaligen Zeitpunkt im Ortsteil G. ausschließlich im „reinen Mischsystem“ entwässert worden sei.
Der im Jahr 1977 fertiggestellte Mischwasserkanal war demnach nicht nur ein Provisorium, sondern seine Errichtung entsprach den hinreichend bestimmten Herstellungsmerkmalen jedenfalls des § 10 Abs. 2 Nr. 3 EBS 2004. Nach der Schlussrechnung vom 16. Juni 1977 sind ein Mischwasserkanal aus Steinzeug, DN 250, Hausanschlüsse, Kontroll- und Reinigungsschächte sowie Gossen und Straßeneinläufe hergestellt worden. Der Kläger trägt selbst vor, dass die Straßenentwässerung gut funktionierte. Die Teileinrichtung Straßenentwässerung in der Straße „F.“ war deshalb im Zeitpunkt der hier streitigen Ausbaumaßnahme im Jahr 2012 bereits endgültig hergestellt.
II. Die Heranziehung des Klägers zu einem Beitrag für den Ausbau der Straßenentwässerung im Jahr 2012 nach Straßenausbaubeitragsrecht ist nicht zu beanstanden.
1. Der Erhebung von Straßenausbaubeiträgen stehen nicht die zwischen den Anliegern bzw. den Voreigentümern und der Beklagten im Jahr 1976 geschlossenen Ablöseverträge entgegen.
Gegenstand dieser Verträge war die Ablösung von Kanalbau- und Wasserversorgungsbeiträgen (nur Rohrnetz) sowie von Erschließungsbeiträgen, nicht dagegen die Ablösung von Straßenausbaubeiträgen nach § 6 Abs. 7 Satz 5 NKAG.
Ohne Erfolg wendet der Kläger unter Beweisantritt durch Aussage des damaligen Bauamtsleiters ein, mit der Unterzeichnung der Verträge und der Zahlung der Ablösebeträge hätten sämtliche, auch künftige Erschließungs- und Straßenausbaubeiträge abgelöst werden sollen. Die Straßenausbaubeiträge waren von den Verträgen ausweislich ihres Wortlauts nicht umfasst. In den Verträgen wurden nur abzulösende Kanalbau-, Wasserversorgungs- und Erschließungsbeiträge konkret genannt. Auch das Schreiben der Voreigentümer des Grundstücks der Klägerin in dem Parallelverfahren 9 LC 106/17 (Jessen) vom 21. Mai 1976 (Bl. 33 Beiakte 001), in dem diese mitgeteilt haben, dass sie davon ausgingen, dass die Kanalbau-, Wasserversorgungs- und Erschließungsbeiträge endgültig abgelöst würden, besagt nichts über die Ablösung von Straßenausbaubeiträgen.
Überdies wären diese Ablöseverträge im Hinblick auf die Ablösung von Straßenausbaubeiträgen nichtig. Ablösungsverträge dürfen nur abgeschlossen werden, wenn die Gemeinde zuvor ausreichende „Bestimmungen" i. S. d. § 6 Abs. 7 Satz 5 NKAG getroffen hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.1.1982 – 8 C 24.81 – juris Rn. 14 ff. zu § 133 Abs. 3 Satz 2 BBauG). Es bedarf hierzu Satzungsbestimmungen oder sonstiger Richtlinien bzw. Anordnungen des Rates im Zeitpunkt des Abschlusses von Ablöseverträgen; sie müssen eine Aussage darüber enthalten, wie der zu vereinbarende Ablösungsbetrag im Einzelfall errechnet werden soll (BVerwG, Urteil vom 27.1.1982, a. a. O., Rn. 17, 19). Die seinerzeit geltende Straßenausbaubeitragssatzung vom 12. Dezember 1974 sah jedoch keine Bestimmungen über Ablösevereinbarungen vor. Es ist auch nicht ersichtlich, dass nach 1974 erlassene Ablösebestimmungen rückwirkend in Kraft gesetzt worden wären. Zudem führt eine rückwirkende Inkraftsetzung entsprechender Ablösebestimmungen nur dann zur Heilung, wenn die Beteiligten bei Vertragsschluss übereinstimmend den Wegfall des Verbots ins Auge gefasst hatten und die vereinbarte Leistung für die Zeit nach Wegfall des Verbots vorgesehen wurde (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.1.1982 – 8 C 99.81 – juris Rn. 15). Die Vertragsbeteiligten hatten nach dem Inhalt des Vertrages aber keine Kenntnis über das zu diesem Zeitpunkt bestehende gesetzliche Vertragsverbot und diesen Aspekt somit auch nicht übereinstimmend ins Auge fassen und regeln können.
Der Kläger beruft sich in diesem Zusammenhang erfolglos auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. Januar 2015 (– 9 C 1.14 – juris Rn. 13 ff., 18), wonach Fallgestaltungen, in denen der Ablösungsbetrag außer Verhältnis zum mit der Fertigstellung der Anlagen vermittelten Erschließungsvorteil steht, nicht durch eine absolute (Missbilligungs-)Grenze Rechnung zu tragen ist, sondern sich die Grenze der notwendigen Tolerierung eines derartigen Missverhältnisses im Einzelfall nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage anhand einer Abwägung aller sich im Zusammenhang mit Ablösungsverträgen ergebenden Umstände und gegenläufigen Interessen bestimmt. Die Frage, ob die seinerzeit für künftige Erschließungsbeiträge gezahlten Ablösebeträge die tatsächlichen Erschließungskosten unter- oder überdeckt haben, stellt sich hier schon deshalb nicht, weil es vorliegend um die Heranziehung zu Straßenausbaubeiträgen, nicht zu Erschließungsbeiträgen geht.
2. Die Beklagte hat den Kläger mit Heranziehungsbescheid vom 14. April 2015 rechtmäßig zu Straßenausbaubeiträgen herangezogen.
Nach § 6 Abs. 1 NKAG können die Gemeinden und Landkreise zur Deckung ihres Aufwands für die Herstellung, Anschaffung, Erweiterung, Verbesserung und Erneuerung ihrer öffentlichen Einrichtungen Beiträge von den Grundstückseigentümern erheben, denen die Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser öffentlichen Einrichtungen besondere wirtschaftliche Vorteile bietet. Nach § 1 Abs. 1 StrABS erhebt die Beklagte zur teilweisen Deckung ihres Aufwandes für die Herstellung, Erweiterung, Verbesserung und Erneuerung (Ausbau) ihrer öffentlichen Einrichtungen Beiträge von den Grundstückseigentümern, denen die Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser öffentlichen Einrichtungen besondere wirtschaftliche Vorteile bietet, soweit Erschließungsbeiträge nach den §§ 127 ff. Baugesetzbuch (BauGB) nicht erhoben werden können.
a) Die Straßenausbaubeitragssatzung ist formell wirksam. Die Beklagte hat die entsprechenden Ratsbeschlüsse und Bekanntmachungen vorgelegt (Beiakte 004 zu 9 LC 105/17).
b) Durchgreifende Satzungsmängel, die das Entstehen von sachlichen Beitragspflichten für die Ausbaumaßnahmen hindern könnten, sind nicht erkennbar. Der Erhebung einmaliger Ausbaubeiträge steht nicht entgegen, dass die Beklagte seit dem 1. Januar 2018 wiederkehrende Beiträge gemäß ihrer Satzung über die Erhebung von wiederkehrenden Beiträgen vom 21. Juni 2018 erhebt. Denn nach § 21 Satz 3 dieser neuen Satzung gilt die Straßenausbaubeitragssatzung vom 31. Oktober 2002 in der Fassung der 1. Änderungssatzung vom 20. Dezember 2010 weiter, soweit eine Beitragspflicht aufgrund früherer Satzung entstanden ist.
c) Die Beklagte hat zu Recht den Stichweg „F.“ als eine selbständige öffentliche Einrichtung angesehen.
Der erkennende Senat vertritt in ständiger Rechtsprechung den Standpunkt, dass der straßenausbaubeitragsrechtliche Einrichtungsbegriff im Sinne von § 6 Abs. 1 NKAG und der erschließungsbeitragsrechtliche Anlagenbegriff gemäß § 127 Abs. 2 BauGB übereinstimmen, soweit nicht ausnahmsweise spezifisch straßenausbaubeitragsrechtliche Besonderheiten eine Abweichung gebieten. Diese Rechtsprechung ist sachgerecht, weil es aus der Sicht des Beitragspflichtigen kaum verständlich wäre, bei der Abrechnung von Straßenausbaumaßnahmen ohne zwingenden Grund einen anderen Kreis von Grundstückseigentümern zu berücksichtigen als den, der die Kosten der erstmaligen Herstellung derselben Straße durch die Entrichtung von Erschließungsbeiträgen (teilweise) getragen hat (Senatsurteil vom 20.6.2007 – 9 LC 59/06 – juris Rn. 26 m. w. N.). Doch gilt dies dann nicht, wenn spezifisch straßenbaubeitragsrechtliche Grundsätze eine Abweichung vom erschließungsbeitragsrechtlichen Anlagebegriff gebieten. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn dem Straßenzug, von dem die befahrbare Sackgasse abzweigt, eine andere Verkehrsbedeutung zukommt als der Sackgasse selbst (Senatsbeschluss vom 20.1.1998 – 9 M 2815/96 – juris Rn. 5).
Es kann hier dahinstehen, ob unterschiedliche Funktionen des Stichwegs F. und des M., von dem der Stichweg abzweigt, bereits zu der Annahme führen, dass es sich bei der Stichstraße „F.“ straßenausbaubeitragsrechtlich um eine eigene Einrichtung handelt.
Denn ob eine von einer erneuerten oder verbesserten Straße abzweigende – öffentliche oder private – befahrbare Sackgasse als selbständige Einrichtung im Sinne des § 6 Abs. 1 NKAG oder als unselbständiger Bestandteil („Anhängsel") der Straße anzusehen ist, von der sie abzweigt, richtet sich vom Ansatz her zunächst nach dem Gesamteindruck, den die zu beurteilende Anlage nach den tatsächlichen Verhältnissen vermittelt. Dabei kommt – im Ausbaubeitragsrecht ebenso wie im Erschließungsbeitragsrecht – der Ausdehnung und Beschaffenheit der Anlage, der Zahl der an sie angrenzenden Grundstücke sowie vor allem dem Maß der Abhängigkeit zwischen ihr und der Straße, in die sie einmündet, besondere Bedeutung zu. Ist eine Sackgasse nach diesen Kriterien als unselbständig zu qualifizieren, so vermittelt die ausgebaute und verbesserte Straße den an die Sackgasse angrenzenden Grundstücken eine vorteilsrelevante Inanspruchnahmemöglichkeit mit der Folge, dass an der Aufwandsverteilung auch die an der Sackgasse liegenden Grundstücke zu beteiligen sind. Ist hingegen die Sackgasse als selbständige Einrichtung (Verkehrsanlage) einzuordnen, sind die Eigentümer der an sie angrenzenden Grundstücke nicht straßenausbaubeitragspflichtig für die ausgebaute Straße, von der die Sackgasse abzweigt (Senatsbeschluss vom 30.1.1998 – 9 M 2815/96 – juris Rn. 3).
Das Maß der Abhängigkeit zwischen einer Verkehrsanlage und der Straße, in die sie einmündet, ist von besonderem Gewicht, weil eine Verkehrsanlage ohne Verbindungsfunktion (Sackgasse) ausschließlich auf die Straße angewiesen ist, von der sie abzweigt, sie darin einer unselbstständigen Zufahrt ähnelt und deshalb der Eindruck der Unselbstständigkeit häufig auch noch bei einer Ausdehnung erhalten bleibt, bei der eine Anlage mit Verbindungsfunktion schon den Eindruck der Selbstständigkeit erweckt. Bei Zugrundelegung dieser Kriterien ist davon auszugehen, dass eine für das Befahren mit Kraftfahrzeugen aller Art vorgesehene, bis etwa 100 m lange und nicht verzweigte Sackgasse, die eine ihrer Ausdehnung nach angemessene Anzahl von Grundstücken erschließt, regelmäßig als erschließungs- und straßenausbaubeitragsrechtlich unselbstständig zu qualifizieren ist, während eine derartige Sackgasse regelmäßig als selbstständig zu gelten hat, wenn sie entweder länger als 100 m ist oder vor Erreichen dieser Länge (mehr oder weniger) rechtwinklig abknickt oder sich verzweigt (vgl. Senatsurteil vom 24.3.2015 – 9 LB 57/14 – juris Rn. 27).
Der letztere Fall ist hier gegeben. Zwar ist der Stichweg „F.“ von der Straße M. bis zu seinem von dort aus sichtbaren Ende (Flurstück Q.) nur etwa 92,50 m lang. Er endet jedoch nicht an diesem Flurstück, sondern er knickt dort im rechten Winkel Richtung Süden in Form eines von der Straße M. nicht sichtbaren, etwa 15 m tiefen Wendehammers ab. Bis zum Ende des abknickenden Wendehammers (Flurstücke I. und J.) ist der Stichweg insgesamt etwa 105 m lang. Außerdem erschließt er einschließlich der Zweiterschließungen immerhin zehn Grundstücke. Er ist deshalb nicht nur ein unselbständiges Anhängsel. Es ist daher nicht zu beanstanden, dass die Beklagte die Sackgasse als eine selbständige Einrichtung angesehen hat.
Dieser Einschätzung steht nicht entgegen, dass die Straßenentwässerung in der Stichstraße „F.“ zusammen mit einem Teilstück der Straßenentwässerung in der Straße „M.“ ausgebaut worden ist. Entscheidend ist, dass die Stichstraße „F.“ eine selbständige Einrichtung darstellt. Deshalb bedarf es auch keines Abschnittsbildungsbeschlusses gemäß § 6 Abs. 4 NKAG.
d) Bei der Straße F. handelt es sich auch um eine „öffentliche“ Einrichtung im Sinne von § 6 Abs. 1 Satz 1 NKAG. Das Bestandsverzeichnis der Beklagten (siehe Karteikarte vom 29.7.1995; vgl. § 3 Abs. 3 NStrG) weist die Mühlenberghöhe als öffentliche Straße aus. Zwar ist nicht erkennbar, dass eine ausdrückliche Widmung erfolgt wäre. Die F. ist aber gemäß § 63 Abs. 5 Satz 1 NStrG (in der bis zum 31.12.2004 gültig gewesenen Fassung) gewidmet. Nach dieser Vorschrift gilt – wenn eine Eintragung im Bestandsverzeichnis unanfechtbar wird – eine nach § 6 Abs. 2 NStrG erforderliche Zustimmung der Grundstückseigentümer als erteilt und die Widmung als vollzogen. Damit sind alle Zweifel über die Öffentlichkeit eines Weges beseitigt. Gegenteilige Feststellungen können nicht mehr getroffen werden (vgl. Senatsbeschluss vom 30.7.2009 – 9 LA 376/07 –; vgl. auch OVG Lüneburg, Beschluss vom 8.3.1993 – 12 L 291/90 – juris Rn. 15 und Beschluss vom 12.11.1987 – 12 OVG A 270/86 – dng 1988, 294).
e) Die Beklagte durfte Straßenausbaubeiträge für die Teileinrichtung Straßenentwässerung erheben. Gemäß § 6 Abs. 2 NKAG können Beiträge auch für den Grunderwerb, die Freilegung und für nutzbare Teile einer Einrichtung erhoben werden (Aufwandspaltung). § 9 Nr. 8 StrABS sieht eine Aufwandspaltung für den Ausbau der Oberflächenentwässerung der öffentlichen Einrichtung vor. Der Rat des Beklagten hat dementsprechend mit Beschluss vom 14. März 2013 die Aufwandspaltung für die Teileinrichtung Straßenentwässerung beschlossen. Dieser Beschluss ist am 10. April 2013 öffentlich bekannt gemacht worden.
f) Die Umstellung der Straßenentwässerung vom reinen Mischsystem in ein Trennsystem ist eine Maßnahme der Verbesserung im Sinne von § 6 Abs. 1 Satz 1 NKAG, § 1 Abs. 1 StrABS.
In dem Heranziehungsbescheid wird eine beitragsfähige Maßnahme nicht ausdrücklich genannt. Im Verwaltungsverfahren und im Klageverfahren hat die Beklagte jedoch zum Ausdruck gebracht, dass sie den Tatbestand der nach § 6 Abs. 1 NKAG, § 1 Abs. 1 StrABS beitragsfähigen Verbesserung als erfüllt ansieht. Dies ist rechtlich nicht zu beanstanden.
Eine Verbesserung liegt nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. Urteil vom 11.7.2007 – 9 LC 262/04 – juris Rn. 36 m. w. N.) vor, wenn die Benutzbarkeit der Straße positiv beeinflusst worden, die Straße also im Blick auf ihre Funktionen besser benutzbar geworden ist. Dabei ist es unerheblich, ob die Anlieger den geschaffenen Zustand, der objektiv eine Verbesserung darstellt, subjektiv auch als einen solchen erkennen (VG Greifswald, Beschluss vom 23.3.2007 – 3 B 121/07 – juris Rn. 17).
Eine beitragsfähige Verbesserung der Straße durch den Ausbau der Straßenentwässerung ist gegeben, wenn durch die Maßnahme ein schnelleres oder sonst besseres Abfließen des Straßenoberflächenwassers bewirkt wird, als dies nach dem früheren Ausbauzustand der Fall war (Senatsurteil vom 11.6.2010 – 9 LB 157/08 –, n. v.; Senatsbeschluss vom 24.6.2008 – 9 LA 82/07 – m. w. N., n. v.; vgl. auch OVG NRW, Urteil vom 15.2.2000 – 15 A 4167/96 – juris Rn. 2). Dies kann durch eine Vergrößerung des Querschnitts des Mischwasserkanals bewirkt werden. Vergleichsgegenstände für die Frage der Verbesserung sind dabei der durch den abzurechnenden Ausbau herbeigeführte Zustand der Anlage in verkehrstechnischer Hinsicht gegenüber dem durch den vormaligen Ausbau geschaffenen Zustand. Es bedarf daher der Feststellung, dass die Anlage gerade in ihrer Straßenentwässerungsleistung vorteilhaft geändert wurde, und zwar im Verhältnis zur Straßenentwässerungsleistung der Anlage im Zeitpunkt des vormaligen Ausbaus. Das ist nicht der Fall, wenn durch den Kanal neben der Straße auch die anliegenden Grundstücke entwässert werden und der Ausbau lediglich der Abdeckung eines erhöhten Grundstücksentwässerungsbedarfs dient. Denn dann wird die gemeinschaftliche Einrichtung nur hinsichtlich ihrer der Grundstücksentwässerung dienenden Leistung verbessert (OVG NRW, Beschluss vom 4.11.2013 – 15 A 1864/13 – juris Rn. 6).
Vorliegend wurde in den vorhandenen Mischwasserkanal aus Steinzeug mit einer nennweite von DN 250 ein neuer Kanal aus PE-HD (Polyethylen) mit einem geringeren Durchmesser von DN 160 als reiner Schmutzwasserkanal eingezogen. Daneben wurde ein zweites Kanalrohr mit einer Nennweite von DN 300 für die Aufnahme des Straßen- und Grundstücksoberflächenwassers verlegt. Durch die Aufteilung der Entwässerung auf zwei Kanäle (zwei Kanäle mit Nennweiten von DA 160 und DN 300 gegenüber einem Kanal mit einer Nennweite von DN 250) und davon einen Regenwasserkanal mit größerer Nennweite ist das Transportvolumen für das Oberflächenwasser insgesamt deutlich erhöht worden. Das neue Trennsystem gewährleistet zudem ein höheres Rückstauvolumen für das anfallende Regenwasser und eine Reduzierung der hydraulischen Belastung als das alte reine Mischsystem (Senatsurteil vom 11.7.2007 – 9 LC 262/04 – juris Rn. 39).
Außerdem werden durch die Trennung der Entwässerungssysteme für Niederschlags- und Schmutzwasser Störungen der Straßenentwässerung durch die Schmutzwasserbeseitigung vermieden. Hierdurch erhöht sich die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs. Dies stellt eine Verbesserung dar unabhängig davon, ob zugleich die Schmutzwasserbeseitigung vorteilhafter gestaltet worden ist (vgl. OVG MV, Beschluss vom 9.7.2007 – 1 M 40/07 – juris Rn. 10).
Dafür, dass die Umstellung auf das Trennsystem in erster Linie der Abdeckung eines erhöhten Grundstücksentwässerungsbedarfs gedient hätte, bestehen vorliegend keine Anhaltspunkte.
Voraussetzung für eine Verbesserung der Straßenentwässerung ist auch nicht, dass wegen eines mangelhaften Zustandes der alten Anlage bereits Überflutungen der Straße eingetreten sind (OVG MV, Beschluss vom 9.7.2007, a. a. O., Rn. 10). Das Vorbringen, es habe zu keiner Zeit Probleme mit der Straßenentwässerung oder Überschwemmungen gegeben, ist daher unerheblich. Maßgeblich ist, dass das neue Trennsystem bei größeren Regenereignissen einen störungsfreieren Abfluss des Niederschlagswassers gewährleistet. Dafür, dass hier die durch Vergrößerung des Kanaldurchmessers und Verlegung eines zweiten Kanals indizierte Verbesserung ganz ausnahmsweise nicht eingetreten sein sollte, liegen keine Anhaltspunkte vor.
Dass die Beklagte ihr Ausbauermessen überschritten hätte, ist nicht ersichtlich. Der Gemeinde steht bezüglich der Art und Weise sowie des Umfangs des Ausbaus ein weites Ausbauermessen zu. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, im Rahmen der Beitragserhebung zu prüfen, ob die Gemeinde die sinnvollste und zweckmäßigste Ausbaumaßnahme gewählt hat. Aufgabe des Gerichts ist nur die Prüfung, ob die konkret vorgenommene Ausbaumaßnahme im Ergebnis noch das gesetzliche Beitragsmerkmal erfüllt und ob die Maßnahme noch vom Grundsatz der Erforderlichkeit gedeckt ist, d. h. sich noch im Rahmen des sachlich Vertretbaren bewegt (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17.8.2017 – 15 B 722/17 – juris Rn. 27). Letzteres ist hier der Fall.
Dem steht nicht entgegen, dass die Straßenabflüsse und Gullys nicht verändert worden sind. Denn Gegenstand der Verbesserung einer Teileinrichtung können auch beitragsrechtlich unselbständige Teile der Straße sein, denen aber eine gewisse Selbständigkeit zukommt (vgl. Senatsurteil vom 25.1.1989 – 9 OVG A 101/87 – n. v.; Driehaus in Driehaus Kommunalabgabenrecht, Stand: 60. Erg. Lfg., März 2019, § 8 Rn. 316a). Die Verbesserung von Teileinrichtungen muss sich zwar auf die ganze Länge der öffentlichen Einrichtung bzw. des Abschnitts beziehen, es ist aber nicht erforderlich, dass alle Bestandteile der Teileinrichtung von Grund auf verbessert werden (vgl. Senatsurteil vom 25.1.1989, a. a. O. zur Erneuerung von Teileinrichtungen). Vorliegend stellt sich der Ausbau des Kanals als selbständige Verbesserungsmaßnahme dar, weil der Kanal wesentlicher Bestandteil der Straßenentwässerung ist. Im Übrigen zeigen die erstmals in der mündlichen Verhandlung am 21. Mai 2019 vorgelegten Fotos, dass für die Gossen und Straßeneinläufe kein Verbesserungsbedarf bestanden hat.
Soweit erstmals in der mündlichen Verhandlung am 21. Mai 2019 vorgetragen worden ist, das Straßenoberflächenwasser könne über die nach Ende der Kanalbauarbeiten wiederaufgetragene Fahrbahndecke nicht mehr in die Straßeneinläufe abfließen, lässt sich dies anhand der vorgelegten Fotos nicht nachvollziehen. Auf den Fotos lässt sich insbesondere keine Neigung der Fahrbahn zu der von den Straßeneinläufen abgeneigten Straßenseite hin erkennen. Der Kläger hat auch keine Fotos vorgelegt, auf denen etwa Pfützen auf der gegenüberliegenden Straßenseite zu sehen wären, die auf einen mangelnden Abfluss hätten schließen lassen können.
Eines Sachverständigengutachtens zur Feststellung, ob hier die Umstellung auf das Trennsystem eine Verbesserung darstellt, bedarf es nach alledem nicht.
Folglich kommt es nicht mehr darauf an, ob die Ausbaumaßnahme auch eine Erneuerung i. S. v. § 6 Abs. 1 NKAG, § 1 Abs. 1 StrABS ist. Deshalb kann auch dahinstehen, ob – wie die Beklagte in der mündlichen Verhandlung am 21. Mai 2019 behauptet hat – die Straßenentwässerung im Mischsystem sanierungsbedürftig gewesen ist.
g) Die Verbesserung der Straßenentwässerung vermittelt dem Kläger als Grundstückseigentümer auch grundstücksbezogene Vorteile.
Wird eine öffentliche Einrichtung oder Teileinrichtung i. S. d. § 6 Abs. 1 Satz 1 NKAG und § 1 Abs. 1 StrABS verbessert, indiziert dieser objektive Umstand regelmäßig den besonderen wirtschaftlichen Vorteil (vgl. Senatsurteil vom 27.3.2017 – 9 LC 180/15 – juris Rn. 39 m. w. N.).
Ohne Erfolg wendet der Kläger ein, der Zustand der Fahrbahn habe sich gegenüber der vorherigen Situation verschlechtert, weil sich durch das nachträgliche Wiederaufbringen der Teerschicht unterschiedliche Fahrbahnhöhen ergeben hätten. Auf den vorgelegten Fotos lässt sich bereits nicht erkennen, dass die Fahrbahndecke deutlich uneben oder verformt wäre. Für eine Kompensation der Verbesserung der Straßenentwässerung durch eine Verschlechterung der Fahrbahn ist nichts ersichtlich.
3. Die Beklagte hat den Umfang des beitragsfähigen Aufwands entsprechend den tatsächlichen Aufwendungen für die Verbesserung der Straßenentwässerung gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 NKAG i. V. m. § 2 Abs. 1 Nr. 5 e) und Nr. 6 StrABS zutreffend ermittelt.
Der Einwand, ein Bauprogramm sei nicht ermittelbar und es könne deshalb nicht überprüft werden, ob alle eingestellten Kosten der Verwirklichung des Bauprogramms dienten oder ob die Beklagte vergaberechtliche Bindungen beachtet habe, greift nicht durch. Nach § 1 Abs. 3 StrABS werden Bauprogramme formlos aufgestellt (Drs Nr. 88/2002, S. 31). Dies ist nicht zu beanstanden. Denn eines förmlichen Bauprogramms bedarf es nicht. Die Form des Bauprogramms steht im Ermessen der Gemeinde (Senatsbeschluss vom 29.8.2003 – 9 ME 421/02 – juris Rn. 1). In dem Erläuterungsbericht zur Entwurfsplanung des Ingenieurbüros R. und S. vom 26. April 2012 wird der geplante Ausbau der Straßenentwässerung in der F. beschrieben. Dies stellt ein ausreichendes Bauprogramm dar.
Die Beklagte hat die Bauleistungen nach öffentlicher Ausschreibung an den günstigsten Bieter vergeben, § 3 VOB Teil A (Bl. 34-51 Beiakte 004, 9 LC 105/17). Die Auftragsvergabe erfolgte rechtmäßig durch den Bürgermeister im Rahmen der Geschäfte der laufenden Verwaltung. Die Beklagte hat zudem durch Vorlage des Zuwendungsbescheids der NBank vom 23. März 2011 nachgewiesen, dass die Niederschlagswasserkanalisation und Erneuerung von Oberflächen nicht zu den zuwendungsfähigen Aufwendungen gehört und sie demnach keine EU-Zuschüsse erhalten hat, die sie hätte in Abzug bringen müssen (vgl. § 4 Abs. 3 StrABS).
Für den Bau des separaten Regenwasserkanals hat die Beklagte anhand der Schlussrechnung vom 15. Oktober 2012 Kosten Höhe von 40.551,09 EUR zugrunde gelegt. Die Kosten für die Verlegung des Schmutzwasserkanals hat die Beklagte zu Recht nicht berücksichtigt, weil sie nicht die Straßenentwässerung betreffen. Da der neu hergestellte Regenwasserkanal nicht nur der Straßenentwässerung, sondern auch der Grundstücksentwässerung dient, hat die Beklagte rechtlich beanstandungsfrei pauschal 50 % der Kosten, mithin 20.278,54 EUR für diesen Kanal in den beitragsfähigen Aufwand eingestellt.
Hiergegen wendet der Kläger ohne Erfolg ein, diese Ermittlung sei zu unbestimmt und der beitragsfähige Aufwand betrage nur 25 % der angefallenen Kosten.
Dient eine Gemeinschaftseinrichtung mehreren Zwecken – wie hier der Niederschlagswasserkanal der Straßen- und der Grundstücksentwässerung –, muss dem dadurch Rechnung getragen werden, dass die Straßenentwässerung nur mit einem bestimmten Anteil der für den Ausbau dieser Anlagenteile entstandenen Kosten belastet wird. Die Aufteilung der Kosten, die für die mehreren Zwecken dienenden Bestandteile entstanden sind, ist kostenorientiert und nicht nach dem Verhältnis der Abflussmengen vorzunehmen (vgl. BVerwG, Urteil vom 9.12.1983 – 8 C 112.82 – juris Rn. 19 ff.). Vor diesem Hintergrund ist es grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn von den Kosten, die für den Ausbau eines Regenwasserkanals in einer bestimmten Straße entstanden sind, der sowohl der Straßenentwässerung als auch der Entwässerung der der anliegenden Grundstücke dient, die Hälfte in den beitragsfähigen Aufwand für die Straßenentwässerung aufgenommen wird (Driehaus in Driehaus, a. a. O., § 8 Rn. 328a m. w. N.). So ist die Beklagte vorliegend hinsichtlich der Kosten für den Regenwasserkanal verfahren.
Die tatsächlichen Aufwendungen für die Wiederherstellung der Fahrbahn in Höhe von insgesamt 14.330,37 EUR sind beitragsfähiger Aufwand, weil sie – ebenso wie die Baustelleneinrichtung – unmittelbar mit der Durchführung der Maßnahme verbunden sind (Driehaus/Raden, a. a. O., § 33 Rn. 15). Diese Folgekosten hat die Beklagte ebenfalls nur zu 50 % in den beitragsfähigen Aufwand eingestellt. Im Einzelnen hat sie Kosten in Höhe von 12.157,62 EUR für die Wiederherstellung der Fahrbahn zu einem Anteil in Höhe von 6.078,81 EUR, den Aufwand von 973,82 EUR für Bodenuntersuchung und Analyse zu einem Anteil in Höhe von 486,91 EUR und den Aufwand von 1.198,93 EUR für Grenzanweisung zu einem Anteil in Höhe von 599,46 EUR berücksichtigt und insoweit einen beitragsfähigen Aufwand in Höhe von 7.165,18 EUR errechnet. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass diese Maßnahmen durch den Bau des Regenwasserkanals veranlasst gewesen seien. Demnach hat sie offensichtlich dem Umstand Rechnung getragen, dass auch diese Maßnahmen sowohl der Straßen- als auch der Grundstücksentwässerung gedient haben. Dies ist nicht zu beanstanden. Diese Kosten wären nur dann zu dritteln gewesen, wenn sie auch für die Herstellung des neuen Schmutzwasserrohrs in dem vorhandenen Mischwasserkanal angefallen wären. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die Kosten der Bodenuntersuchung und der Grenzanweisung nur für die Verlegung des neuen Trennkanals erforderlich waren, und dass die Fahrbahn im Falle nur der Verlegung eines Schmutzwasserkanals in den vorhandenen Mischwasserkanal nicht hätte aufgerissen werden müssen.
Aus demselben Grund hat die Beklagte die Kosten für die Inspektion des Regenwasserkanals halbiert und nur in Höhe von 157,20 EUR aufgenommen. Das außerdem eingestellte Ingenieurhonorar von 1.542,24 EUR (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 6 StrABS) ist ebenfalls auf der Grundlage der Hälfte der Nettobaukosten für die Straßenentwässerung berücksichtigt worden.
Die Beklagte hat außerdem zu Recht die Kosten in Höhe von 2.947,53 EUR für die Herstellung bzw. Anpassung von Gossen und Einläufen in den beitragsfähigen Aufwand eingestellt, weil diese als Folgekosten in vollem Umfang der Verbesserung der Straßenentwässerung dienen.
Der so ermittelte beitragsfähige Auswand von insgesamt 32.090,69 EUR ist daher nicht zu beanstanden.
4. Die Beklagte hat auch den umlagefähigen Aufwand, der auf die bevorteilten Grundstücke zu verteilen ist, gemäß § 4 StrABS rechtsfehlerfrei bemessen. Sie hat die Straße „F.“ zu Recht gemäß § 4 Abs. 2 Nr. 1 StrABS als Straße eingestuft, die überwiegend dem Anliegerverkehr dient. Die Anlieger waren danach mit 75 % am beitragsfähigen Aufwand zu beteiligen. Der umlagefähige Aufwand betrug demnach 24.068,01 EUR (75% von 32.090,69 EUR).
5. Die Beklagte hat den umlagefähigen Aufwand schließlich auch rechtsfehlerfrei entsprechend ihrer Maßstabsregelung verteilt.
Die Beklagte hat zu Recht die gesamte Fläche des Grundstücks des Klägers bei der Verteilung des umlagefähigen Aufwands berücksichtigt.
Denn das Grundstück des Klägers, das aus den Flurstücken I., J. und H. der Flur K. besteht und unstreitig ein Buchgrundstück ist, hat eine ausreichende Möglichkeit der Inanspruchnahme des Stichwegs F..
Dem steht nicht entgegen, dass sich die Bebauung auf dem an der Ecke M. /L. Straße liegenden Flurstück H. befindet und das Grundstück tatsächlich von der L. Straße aus angefahren wird. Für die Vorteilsvermittlung ist allein entscheidend, dass die F. – werden alle anderen Straße hinweggedacht – von diesem Grundstück aus in Anspruch genommen werden kann; ob dieses Grundstück über die Inanspruchnahmemöglichkeit einer weiteren Straße verfügt, ist insoweit ohne Bedeutung (vgl. Driehaus in Driehaus, a. a. O., § 8 Rdn. 396a).
Nach der Senatsrechtsprechung entsprechen die Voraussetzungen für den Zugang zu einem bestimmungsgemäß zu Wohnzwecken genutzten Grundstück im Straßenausbaubeitragsrecht denen, die bauordnungsrechtlich an die Zugänglichkeit eines Baugrundstücks zu stellen sind (vgl. Senatsurteil vom 9.4.2015 – 9 LC 248/13 – juris Rn. 26). Gemäß § 4 Abs. 1 NBauO in der seit dem 1. November 2012 unverändert gebliebenen und im Zeitpunkt des Eingangs der letzten Unternehmerrechnung bei der Beklagten am 16. Januar 2014 geltenden Fassung muss das Baugrundstück so an einer mit Kraftfahrzeugen befahrbaren öffentlichen Verkehrsfläche liegen oder einen solchen Zugang zu ihr haben, dass der von der baulichen Anlage ausgehende Zu- und Abgangsverkehr und der für den Brandschutz erforderliche Einsatz von Feuerlösch- und Rettungsgeräten jederzeit ordnungsgemäß und ungehindert möglich sind. Nach § 1 Abs. 1 DVNBauO muss zu einem Gebäude von einer öffentlichen Verkehrsfläche ein mindestens 1,25 m breiter Zu- oder Durchgang vorhanden sein.
Diese Voraussetzung ist bei dem Grundstück des Klägers gegeben. Es grenzt mit einer Breite von etwa 10 m (siehe Lageplan des Ingenieurbüros R. und S. vom 26.4.2012) an den Wendehammer der „F.“ an. Bei dieser Breite ist ein Heranfahrenkönnen an das Grundstück und ein Zugang von mindestens 1,25 m möglich.
Entgegen der Ansicht des Klägers ist es unbeachtlich, dass er sein Grundstück nicht über die F. entwässert bzw. sein Abwasser nicht über den Abwasserkanal in der F. entsorgt. Maßgeblich ist allein, dass der Regenwasserkanal das Oberflächenwasser der Straße F., die von seinem Grundstück in Anspruch genommen werden kann, abführt und dadurch sein Grundstück allein durch die Inanspruchnahmemöglichkeit der Straße mit der verbesserten Teileinrichtung Straßenentwässerung bevorteilt wird.
Die Beklagte hat bei der Verteilung des umlagefähigen Aufwands weiter fehlerfrei berücksichtigt, dass die Grundstücke des Verteilungsgebiets nicht in dem Bereich eines Bebauungsplans, sondern ausschließlich im unbeplanten Innenbereich liegen.
Gemäß § 6 Abs. 1 StrABS wird der auf die Anlieger des Abrechnungsgebietes (§ 5 StrABS) entfallende, nach § 4 StrABS zu bemessende Anteil am beitragsfähigen Aufwand auf die bevorteilten Grundstücke gemäß § 6 Abs. 3 und 4 StrABS verteilt, wobei die unterschiedlichen Nutzungsfaktoren der §§ 7 und 8 StrABS zu berücksichtigen sind. Nach § 6 Abs. 2 Satz 1 StrABS gilt als Grundstücksfläche grundsätzlich der Flächeninhalt des Grundstücks im bürgerlich-rechtlichen Sinne. Soweit Grundstücksflächen baulich oder gewerblich genutzt werden oder nutzbar sind, richtet sich gemäß § 6 Abs. 2 StrABS die Ermittlung des Nutzungsfaktors nach § 7 StrABS. Als baulich oder gewerblich genutzt oder nutzbar gilt gemäß § 6 Abs. 3 Nr. 4 StrABS bei Grundstücken, die insgesamt innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteiles (§ 34 BauGB) liegen und für die kein Bebauungsplan und keine Satzung nach § 34 Abs. 4 BauGB besteht, die Gesamtfläche des Grundstücks.
Die Beklagte hat hiernach zu Recht jeweils die gesamte Grundstücksfläche der im unbeplanten Innenbereich liegenden Grundstücke des Verteilungsgebiets zugrunde gelegt.
Gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 1 und 2 StrABS wird entsprechend der Ausnutzbarkeit die Grundstücksfläche mit einem Nutzfaktor vervielfacht, der im Einzelnen bei Bebaubarkeit mit einem Vollgeschoss 1,00 und bei zwei Vollgeschossen 1,25 beträgt. Als Vollgeschoss gelten gemäß § 7 Abs. 2 StrABS alle Geschosse, die nach landesrechtlichen Vorschriften Vollgeschosse sind. Nach § 7 Abs. 4 a) StrABS gilt als Zahl der Vollgeschosse – jeweils bezogen auf die in § 6 Abs. 3 StrABS bestimmten Flächen – bei Grundstücken, für die kein Bebauungsplan besteht und die ganz oder teilweise innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteiles (§ 34 BauGB) liegen, wenn sie bebaut sind, die Höchstzahl der tatsächlich vorhandenen Vollgeschosse.
Fehler bei der Ermittlung der Beitragsfläche sowie der Berechnung des Beitragssatzes hat der Kläger weder geltend gemacht noch sind diese für den Senat ersichtlich.
Die Beklagte hat zutreffend unter Anwendung der dargelegten Satzungsbestimmungen bei einer gesamten Fläche der bevorteilten Grundstücke von 15.591,75 m² und einem umlagefähigen Aufwand von 24.068,01 EUR einen Beitragssatz von 1,5436375 EUR pro m² Beitragsfläche ermittelt und diesen bei der Berechnung des Straßenausbaubeitrags für das Grundstück des Klägers in Ansatz gebracht.
III. Der von dem Kläger hilfsweise begehrte Schriftsatznachlass zur Gewährung des rechtlichen Gehörs, um zu den erteilten Hinweisen und der rechtlichen Einschätzung des Gerichts Stellung nehmen zu können, musste gemäß § 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 283 Satz 1 ZPO nicht gewährt werden. Nach letztgenannter Vorschrift kann auf Antrag einer Prozesspartei das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann, wenn sich diese Partei in der mündlichen Verhandlung auf ein Vorbringen des Gegners nicht erklären kann, weil es ihr nicht rechtzeitig vor dem Termin mitgeteilt worden ist.
Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Soweit sich die Beklagte in der mündlichen Verhandlung am 21. Mai 2019 erstmals ausdrücklich darauf berufen hat, dass der Mischwasserkanal in der F. im Jahr 2012 sanierungsbedürftig gewesen sei, war dieser Vortrag – wie oben dargelegt – nicht entscheidungserheblich, weil bereits eine Verbesserungsmaßnahme vorliegt. Deshalb bedarf es zu diesem Vortrag der Beklagten keines Schriftsatznachlasses. Im Übrigen hatte der Senat die Beteiligten mit Verfügung vom 5. März 2019 darauf hingewiesen, dass sich die Rechtmäßigkeit der Heranziehungsbescheide voraussichtlich nach Straßenausbaubeitragsrecht richten dürfte. Der Kläger hatte ausreichend Gelegenheit, hierzu vorgetragen, und hat hiervon auch mit Schriftsatz vom 30. April 2019 Gebrauch gemacht. Hinzu kommt, dass er bereits seine Klagebegründung darauf gestützt hatte, der Heranziehungsbescheid sei nach Straßenausbaubeitragsrecht rechtswidrig. Dieses Vorbringen hat der Senat schon von Amts wegen zu berücksichtigen (vgl. § 86 Abs. 1 VwGO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.