Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 24.03.2015, Az.: 9 LB 57/14

Erschließungsanlage; Privatstraße; Privatweg; selbstständig; Selbstständigkeit; Straßenausbaubeitrag; Vorausleistung; Zufahrt; Zuwegung

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
24.03.2015
Aktenzeichen
9 LB 57/14
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2015, 44980
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 04.09.2012 - AZ: 1 A 2362/11

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Die Möglichkeit der Inanspruchnahme einer öffentlichen Einrichtung bietet einem Grundstückseigentümer dann keinen besonderen wirtschaftlichen Vorteil im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 NKAG, wenn sein Grundstück nicht an diese öffentliche Einrichtung grenzt, sondern an eine zwischen ihr und dem Grundstück liegende selbstständige Erschließungsanlage. Dabei ist es unerheblich, ob diese weitere Straße ihrerseits nach dem Straßenausbaubeitragsrecht der Gemeinde in den Kreis der beitragsfähigen Anlagen einbezogen werden kann.

2. Die grundbuchmäßige Selbstständigkeit einer Privatstraße ist keine Voraussetzung dafür, sie als selbstständige Erschließungsanlage anzusehen.

3. Zur Abgrenzung einer selbstständigen Erschließungsanlage von einer unselbstständigen Zuwegung.

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Oldenburg - 1. Kammer - vom 4. September 2012 geändert.

Der Bescheid der Beklagten vom 6. September 2011 wird aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen seine Heranziehung zu Vorausleistungen auf den Straßenausbaubeitrag für die Straße „Am B.“ im Stadtgebiet der Beklagten.

Er ist Eigentümer der Grundstücke „E-weg 4“ und „E-weg 6, 8, 10 und 12“. Der E-weg ist ein Privatweg, der von der Straße „Am B.“ abzweigt. Er besteht zunächst aus dem ca. 58 m langen Flurstück 3564/43 der Beklagten, das nicht als Straße gewidmet ist. Dieses verbreitert sich von 4,20 m im Einmündungsbereich auf etwa 5 m ab der Einfahrt zum Grundstück „E-weg 1a“. Die Fahrbahn setzt sich in dieser Breite hinter dem Flurstück 3564/43 auf den sich anschließenden beiden Grundstücken des Klägers bis zum Ende des Grundstücks „E-weg 9“ einschließlich des ca. 1 m langen Stücks unterhalb des Dachvorsprungs des Hauses „E-weg 12“ fort. Ab dort führt der Weg in einer Breite von ca. 3 m entlang des Hauses „E-weg 12“ zu einem dahinter befindlichen Wendehammer mit Pkw-Stellplätzen für die Bewohner der Häuser „E-weg 6, 8, 10 und 12“. Der E-weg ist von seiner Einmündung in die Straße „Am B.“ bis zu seiner Verengung am Ende des Grundstücks „E-weg 9“ etwa 117 m lang. Beide Grundstücke des Klägers sind mit einem freien und uneingeschränkten Überwegungsrecht zugunsten des Grundstücks „E-weg 9“ belastet.

Seit Juni 2011 ließ die Beklagte Baumaßnahmen an Teileinrichtungen der Straße „Am B.“ im Abschnitt zwischen der „Bremer Heerstraße“ und dem Grundstück „Am B. 93“ durchführen. Mit Bescheid vom 6. September 2011 zog sie den Kläger zu Vorausleistungen auf den Straßenausbaubeitrag heran, und zwar für sein Grundstück „E-weg 4“ in Höhe von 13.156,50 EUR und für sein Grundstück „E-weg 6, 8, 10 und 12“ in Höhe von 19.813,50 EUR (zusammen 32.970,- EUR).

Mit seiner hiergegen gerichteten Klage hat der Kläger im Wesentlichen geltend gemacht, seine Grundstücke grenzten nicht an die ausgebaute Straße, sondern an den E-weg als selbstständige Erschließungsanlage. Der E-weg sei bei natürlicher Betrachtungsweise mehr als 100 m lang. Die Eigentumsgrenzen träten nicht sichtbar in Erscheinung.

Der Kläger hat beantragt,

den Vorausleistungsbescheid der Beklagten vom 6. September 2011 aufzuheben.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, der E-weg sei keine selbstständige Erschließungsanlage. Insoweit sei allein auf den in ihrem Eigentum stehenden, ca. 58 m langen Teil des Wegs abzustellen. Die Grundstücke des Klägers seien als zufahrtsmäßig erschlossene Hinterliegergrundstücke in die Aufwandsverteilung einzubeziehen.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Der E-weg sei keine selbstständige Verkehrsanlage. In der Regel sei auch bei privaten Stichstraßen von einer Unselbstständigkeit auszugehen, wenn sie nicht länger als 100 m seien und weder abbögen noch sich verzweigten. Die Länge von weniger als 60 m schließe die Annahme einer Selbstständigkeit des E-wegs aus. Insoweit komme es ausschließlich auf das Wegegrundstück der Beklagten an. Ob und wie ein Eigentümer sein Grundstück befestige oder Verkehrswege anlege, damit die von der öffentlichen Straße entfernt liegenden Grundstücksteile erreicht werden könnten, bleibe weitgehend ihm überlassen. Die Frage, ob ein Stichweg eine selbstständige Anlage sein könne, stelle sich nur, wenn er nicht Teil des Bau(Buch)grundstücks sei. Jedenfalls ende die Anlage nach allenfalls 90 m vor dem Haus „E-weg 6“.

Zur Begründung seiner vom Senat gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils zugelassenen Berufung trägt der Kläger im Wesentlichen vor: Der E-weg sei bei natürlicher Betrachtungsweise aufgrund seiner Länge, der Anbausituation und seiner Erschließungsfunktion für eine Vielzahl von Wohneinheiten eine selbstständige Erschließungsanlage. Der Weg sei mindestens bis zum Grundstück „E-weg 12“ ausgebaut und zur Erschließung der Anliegergrundstücke bestimmt. Die Beklagte habe ihn dazu verpflichtet, den ganz überwiegenden Teil der privaten Wege- und Wendefläche als ordnungsgemäße Zuwegung herzurichten und der Öffentlichkeit die verkehrsmäßige Nutzung zu ermöglichen.

Der Kläger beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und nach dem erstinstanzlichen Klageantrag zu erkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie erwidert im Wesentlichen: Bei natürlicher Betrachtungsweise sei der E-weg lediglich eine private Zufahrt zur öffentlichen Einrichtung „Am B.“. Der in ihrem Eigentum stehende Teil des Wegs weise einen guten Zustand auf. Der sich anschließende Bereich der Hoffläche des Grundstücks „E-weg 4“ befinde sich in einem schlechten Zustand. Sodann schließe sich die vergleichsweise gute Hofpflasterung des Grundstücks „E-weg 6, 8, 10 und 12“ (zunächst grau, dann rot) an. Nach dem Gesamteindruck handele es sich nicht um eine einheitliche Straße. Der E-weg sei daher nur ca. 58 m lang. Selbst wenn die Wegstrecke auf dem Grundstück „E-weg 4“ hinzugerechnet würde, wäre er nur etwa 85 m lang. Eine Einbeziehung der roten Pflasterung der Zufahrt zum Gebäude „E-weg 6 bis 12“ sei bei natürlicher Betrachtungsweise ausgeschlossen.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Beiakten verwiesen, die ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Die Berufung des Klägers ist zulässig und begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 6. September 2011 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§§ 125 Abs. 1 Satz 1, 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 NAKG in Verbindung mit § 1 der Straßenausbaubeitragssatzung (SABS) der Beklagten vom 18. November 2002 (ABl. OL S. 63) in der Fassung vom 23. März 2009 (ABl. OL S. 31) erhebt die Beklagte nach Maßgabe der Satzung Beiträge zur teilweisen Deckung des Aufwandes für die Herstellung, Erweiterung, Verbesserung und Erneuerung ihrer öffentlichen Straßen, Wege und Plätze von den Grundstückseigentümern, denen die Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser öffentlichen Einrichtungen besondere wirtschaftliche Vorteile bietet. Nach § 6 Abs. 7 Satz 1 NKAG in Verbindung mit § 11 Satz 1 SABS können auf die künftige Beitragsschuld angemessene Vorausleistungen verlangt werden, sobald mit der Durchführung der Maßnahme begonnen worden ist.

Die Möglichkeit der Inanspruchnahme einer öffentlichen Einrichtung bietet einem Grundstückseigentümer dann keinen besonderen wirtschaftlichen Vorteil im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 NKAG, wenn sein Grundstück nicht an diese öffentliche Einrichtung grenzt, sondern an eine zwischen ihr und dem Grundstück liegende selbstständige Erschließungsanlage. Denn ein Grundstück wird grundsätzlich nur durch die nächste von ihm aus erreichbare selbstständige Erschließungsanlage erschlossen, nicht aber durch eine weitere Straße im Straßennetz, in die diese nächste erreichbare selbstständige Straße mündet (vgl. BVerwG, Beschluss vom 29. August 2000 – BVerwG 11 B 48.00Buchholz 406.11 § 123 BauGB Nr. 42 = NVwZ-RR 2001, 180 m.w.N.; OVG NRW, Urteil vom 25. Juli 2006 – 15 A 2316/04 – KStZ 2006, 236; Senatsurteil vom 23. Februar 2015 – 9 LC 177/13 – juris). Dabei ist es unerheblich, ob diese weitere Straße ihrerseits nach dem Straßenausbaubeitragsrecht der Gemeinde in den Kreis der beitragsfähigen Anlagen einbezogen werden kann (OVG NRW, Urteil vom 25. Juli 2006, a.a.O.; Senatsurteil vom 23. Februar 2015, a.a.O.). Dementsprechend sind Straßenausbaubeiträge grundsätzlich nur für den Ausbau der nächsten erreichbaren Erschließungsanlage zu entrichten, nicht aber für den Ausbau einer weiteren Straße im Straßennetz, in die diese nächste erreichbare selbstständige Straße mündet (Senatsurteil vom 23. Februar 2015, a.a.O.).

Der Senat ist nach der erfolgten Inaugenscheinnahme zu der Überzeugung gelangt, dass der E-weg von seiner Einmündung in die Straße „Am B.“ bis zum Ende des Grundstücks „E-weg 9“ einschließlich des ca. 1 m langen Stücks unterhalb des Dachvorsprungs des Hauses „E-weg 12“ eine selbstständige Erschließungsanlage ist, die eine persönliche Beitragspflicht des Klägers für die ausgebaute Straße „Am B.“ ausschließt.

Der E-weg bildet in diesem Bereich bei natürlicher Betrachtungsweise eine Einheit. Er vermittelt dem unbefangenen Betrachter sowohl vom Einmündungsbereich in die Straße „Am B.“ als auch vom Ende des Grundstücks „E-weg 9“ aus den Eindruck der Zusammengehörigkeit und Geschlossenheit. Dieser ergibt sich zum einen aus der durchgängigen Breite von zunächst 4,20 m und sodann 5 m. Dabei kommt der Verbreiterung unstreitig kein trennender Charakter zu. Vielmehr öffnet sich für den Betrachter das Straßenbild nur leicht nach außen hin, ohne dass der Straßenzug als solcher optisch unterbrochen wird. Der Eindruck der Zusammengehörigkeit und Geschlossenheit des betreffenden Teils des E-wegs folgt zum zweiten aus der beidseitigen Anbausituation. Die an diesen Teil des Wegs auf beiden Seiten angrenzende Bepflanzung und die Wohnhäuser befinden sich weitgehend auf einer Linie, wobei das nur leichte „Hervorstehen“ der Wohnhäuser „E-weg 8“ und „E-weg 10“ am Gesamteindruck der Einheitlichkeit nichts ändert. Das am Ende des genannten Bereichs befindliche Haus „E-weg 12“ ragt markant in den Wegeskörper hinein und verkürzt die Wegesbreite – vom Einmündungsbereich „Am B.“ bereits deutlich erkennbar – von 5 m auf 3 m. Für den Betrachter entsteht dadurch der Eindruck, dass der E-weg von dort an nur noch den Charakter einer Zufahrt zu dem hinter dem Haus Nr. 12 befindlichen Wendehammer hat. Demgegenüber fällt der im genannten Abschnitt unterschiedliche Ausbauzustand des E-wegs – erst Schotter, dann Asphalt, sodann graues Pflaster und schließlich rotes Pflaster – von beiden Enden aus gesehen optisch nicht in einem solchen Maße ins Gewicht, dass der Gesamteindruck der Einheitlichkeit des Wegs nicht mehr gewahrt wäre.

Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts ist es unerheblich, dass der E-weg auf der genannten Länge nicht nur aus dem Flurstück 3564/43 der Beklagten, sondern darüber hinaus aus Teilen der beiden Grundstücke des Klägers besteht. Denn die grundbuchmäßige Selbstständigkeit einer Privatstraße ist keine Voraussetzung dafür, sie als selbstständige Erschließungsanlage anzusehen (BVerwG, Beschluss vom 29. August 2000 – BVerwG 11 B 48.00Buchholz 406.11 § 123 BauGB Nr. 42; vgl. auch Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Aufl. 2012, § 5 Rn. 7).

Ein Privatweg ist eine Erschließungsanlage, wenn er zum Anbau bestimmt sowie zur verkehrsmäßigen Erschließung der an ihn grenzenden Grundstücke geeignet ist. Diese Voraussetzungen liegen vor, wenn er den an ihn anliegenden Grundstücken die wegemäßige Erschließung verschaffen kann, die für deren zulässige bauliche oder gewerbliche Nutzung erforderlich ist. Diesem Erfordernis genügt ein Privatweg grundsätzlich dann, wenn er tatsächlich wie rechtlich die Möglichkeit gewährleistet, mit Personen- und kleineren Versorgungsfahrzeugen an die betreffenden Grundstücke heranzufahren und sie von da ab - ggf. über einen Geh- oder Radweg - zu betreten (BVerwG, Beschluss vom 29. August 2000, a.a.O.). Demgegenüber sind private Zufahrten und Wege auf Anliegergrundstücken, die lediglich der internen Erreichbarkeit einzelner Teilflächen des Grundstücks oder bestimmter Standorte dienen, nicht aber der Erschließung weiterer Grundstücke, keine Erschließungsanlagen im Sinne des § 123 Abs. 2 BauGB (BVerwG, Urteil vom 16. September 1998 – BVerwG 8 C 8.97 – juris; Senatsbeschluss vom 13. Februar 2015 – 9 LA 73/13 – juris).

Hiervon ausgehend handelt es sich beim E-weg von seiner Einmündung in die Straße „Am B.“ bis zum Ende des Grundstücks „E-weg 9“ einschließlich des ca. 1 m langen Stücks unterhalb des Dachvorsprungs des Hauses „E-weg 12“ um eine Erschließungsanlage. Denn er vermittelt in diesem Abschnitt – auch soweit er auf den Grundstücken des Klägers verläuft – aufgrund des im Grundbuch und im Baulastenverzeichnis eingetragenen, uneingeschränkten Überwegungsrechts dem Grundstück „E-weg 9“ die Bebaubarkeit. Mit seiner Breite von zunächst 4,20 m und im weiteren Verlauf 5 m bietet dieser Teil des E-wegs auch in tatsächlicher Hinsicht die hinreichende Möglichkeit, auf ihm mit Personenkraft- und kleineren Versorgungsfahrzeugen an die angrenzenden Grundstücke heranzufahren und sie von dort zu betreten (vgl. BVerwG, Urteil vom 4. Juni 1993 – BVerwG 8 C 33.91 – KStZ 1993, 215, wonach Grundstücke selbst dann durch einen befahrbaren Stichweg erschlossen sein können, wenn dieser bei einer lichten Weite von 3 m nur auf einer Breite von 2,75 m befestigt ist; vgl. auch Senatsurteil vom 16. Oktober 2007 – 9 LC 54/05 – juris).

Der E-weg ist von seiner Einmündung in die Straße „Am B.“ bis zum Ende des Grundstücks „E-weg 9“ einschließlich des ca. 1 m langen Stücks unterhalb des Dachvorsprungs des Hauses „E-weg 12“ auch eine selbstständige Erschließungsanlage.

Ob befahrbare Privatwege, die in öffentliche Straßen einmünden, (schon) selbstständige Erschließungsanlagen oder (nur) unselbstständige Zuwegungen zur öffentlichen Anbaustraße sind, in die sie einmünden, hängt vom Gesamteindruck ab, den die Privatwege nach den tatsächlichen Verhältnissen einem unbefangenen Beobachter vermitteln, wobei ihrer Ausdehnung besondere Bedeutung zukommt (BVerwG, Urteile vom 2. Juli 1982 – BVerwG 8 C 28,30,33.81– juris; vom 23. März 1984 – BVerwG 8 C 65.82 – juris; vom 25. Januar 1985 – BVerwG 8 C 106.83 – juris). Von Bedeutung können in diesem Zusammenhang ferner sein u.a. die Breite der Anlage, Art und Anzahl der an sie angrenzenden Grundstücke, ihre Ausstattung mit Fahrbahnen, Gehwegen, Beleuchtungs- und Entwässerungseinrichtungen sowie ihre Funktion im Vergleich zur Funktion der nächstgelegenen öffentlichen Straße (BVerwG, Urteile vom 2. Juli 1982, a.a.O.; vom 25. Januar 1985, a.a.O.). Das Maß der Abhängigkeit zwischen einer Verkehrsanlage und der Straße, in die sie einmündet, ist deshalb von besonderem Gewicht, weil eine Verkehrsanlage ohne Verbindungsfunktion (Sackgasse) ausschließlich auf die Straße angewiesen ist, von der sie abzweigt, sie darin einer unselbstständigen Zufahrt ähnelt und deshalb der Eindruck der Unselbstständigkeit häufig auch noch bei einer Ausdehnung erhalten bleibt, bei der eine Anlage mit Verbindungsfunktion schon den Eindruck der Selbstständigkeit erweckt. Bei Zugrundelegung dieser Kriterien ist davon auszugehen, dass eine für das Befahren mit Kraftfahrzeugen aller Art vorgesehene, bis etwa 100 m lange und nicht verzweigte Sackgasse, die eine ihrer Ausdehnung nach angemessene Anzahl von Grundstücken erschließt, regelmäßig als erschließungs- und straßenausbaubeitragsrechtlich unselbstständig zu qualifizieren ist, während eine derartige Sackgasse regelmäßig als selbstständig zu gelten hat, wenn sie entweder länger als 100 m ist oder vor Erreichen dieser Länge (mehr oder weniger) rechtwinklig abknickt oder sich verzweigt (vgl. Senatsurteil vom 20. Juni 2007 – 9 LC 59/06 – juris m.w.N.).

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist der E-weg von seiner Einmündung in die Straße „Am B.“ bis zum Ende des Grundstücks „E-weg 9“ einschließlich des ca. 1 m langen Stücks unterhalb des Dachvorsprungs des Hauses „E-weg 12“ als selbstständige Erschließungsanlage anzusehen. Zwar sprechen gegen eine Selbstständigkeit der eher schlechte Ausbauzustand und der Umstand, dass der E-weg im genannten Bereich abgesehen von der Fahrbahn und der nicht vollständig ausgebauten Straßenentwässerung über keine weiteren Teileinrichtungen verfügt. Insbesondere ist kein Gehweg vorhanden, und die beiden Straßenlaternen wurden von den Anliegern selbst auf deren Grundstücken installiert. Für eine Selbstständigkeit spricht aber der Umstand, dass der E-weg im betreffenden Abschnitt nach den Angaben im Auskunftssystem Liegenschaftskataster ca. 117 m lang ist. Damit unterfällt er der Länge nach den regelmäßig als selbstständig zu qualifizierenden Straßen. Auch die Breite von zunächst 4,20 m und im weiteren Verlauf von 5 m spricht für die Selbstständigkeit. Sie ermöglicht eine Durchfahrt auch mit größeren Versorgungsfahrzeugen, ein Nebeneinanderfahren von Fahrzeugen sowie ein beidseitiges (versetztes) Parken. Schließlich erschließt der E-weg im genannten Bereich eine nicht unerhebliche Anzahl von elf Wohngrundstücken. Unter Berücksichtigung der Vorgabe des Bundesverwaltungsgerichts, dass für die Beurteilung der Selbstständigkeit einer Straße ihrer Ausdehnung eine besondere Bedeutung zukommt, überwiegen im Rahmen der erforderlichen Gesamtschau die für eine Selbstständigkeit sprechenden Umstände.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.