Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 21.05.2019, Az.: 4 KN 141/17

Bebauungsplan; Entwicklungspotential; Europäisches Vogelschutzgebiet; faktisches Vogelschutzgebiet; IBA; IBA-Gebiet; Landschaftsschutzgebiet; Landschaftsschutzgebietsverordnung; Natura 2000-Gebiet; Normenkontrollantrag; Normenkontrolle; Vogelschutz; Vogelschutzgebiet; faktisches Vogelschutzgebiet; Wiederherstellung

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
21.05.2019
Aktenzeichen
4 KN 141/17
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2019, 69721
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Die Minderung der ornithologischen Wertigkeit eines Europäischen Vogelschutzgebiets im Sinne der Vogelschutzrichtlinie aufgrund der seinerzeit rechtswidrigen Errichtung einer Umgehungsstraße in diesem Gebiet steht der Erklärung dieses Gebiets zum Landschaftsschutzgebiet und der Feststellung seiner Schutzwürdigkeit nach § 26 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG nicht entgegen, wenn noch ein ausreichendes Entwicklungs- und Wiederherstellungspotential besteht (hier bejaht).

2. Auch eine nachträgliche Legalisierung der Straße durch einen Bebauungsplan könnte dem Erlass der Landschaftsschutzgebietsverordnung nicht entgegengehalten werden. Die Wirksamkeit des Bebauungsplans würde voraussetzen, dass die Straße als Projekt nach § 34 BNatSchG rechtmäßig zugelassen worden ist. Die Zulassung eines Projekts i. S. des § 34 BNatSchG in einem Europäischen Vogelschutzgebiet setzt wiederum die Erklärung dieses Gebiets zu einem geschützten Teil von Natur und Landschaft i. S. des § 20 Abs. 2 BNatSchG voraus, wie sie durch die streitgegenständliche Landschaftsschutzgebietsverordnung erfolgt ist. Die Zulassung ist damit der Verordnung sowohl bundes- als auch europarechtlich nachgelagert.

Tenor:

Der Normenkontrollantrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Der Antragsteller kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der vollstreckbaren Kosten abwenden, wenn nicht der Antragsgegner vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Antragsteller wendet sich gegen die Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet 25 II „Ostfriesische Seemarsch zwischen Norden und Esens im Bereich Bensersiel, Samtgemeinde Esens, Landkreis Wittmund“ (VO LSG 25 II). Er ist Eigentümer einer Hofstelle und zahlreicher landwirtschaftlicher Flächen, die sich teilweise innerhalb des LSG 25 II befinden.

Der Antragsgegner erließ diese Verordnung am 13. Oktober 2016. Sie wurde im Amtsblatt für den Landkreis Wittmund Nr. 12/2016 vom 31. Oktober 2016 bekanntgemacht und stellt ein Gebiet mit einer Größe von 43 ha westlich, südlich und östlich der Ortschaft Bensersiel unter Schutz. Dieses Gebiet grenzt unmittelbar an das 2.555 ha große Landschaftsschutzgebiet „Ostfriesische Seemarsch zwischen Norden und Esens im Bereich des Landkreises Wittmund“, das durch die Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet „Ostfriesische Seemarsch zwischen Norden und Esens im Bereich des Landkreises Wittmund“, Landkreis Wittmund, Samtgemeinde Esens (VO LSG 25) vom 30. September 2010 (Amtsblatt für den Landkreis Wittmund Nr. 12/2010 vom 29. Oktober 2010 ) ausgewiesen worden war, und schließt die räumliche Lücke zwischen dem LSG 25 und dem südlichen und westlichen Bebauungsrand der Ortschaft Bensersiel.

Sowohl das großflächige LSG 25 als auch das kleinere LSG 25 II dienen der nationalen Unterschutzstellung des Europäischen Vogelschutzgebiets V 63 „Ostfriesische Seemarsch zwischen Norden und Esens“ (EU-VSG V63). Dieses Vogelschutzgebiet, das in weiten Teilen dem IBA-Gebiet NI044 bzw. DE094 entspricht, war im Jahr 2007 an die Europäische Kommission gemeldet worden und umfasste damals eine Fläche von ca. 8.043 ha in den Landkreisen Aurich und Wittmund entlang der Küstenlinie zwischen der Stadt Norden und der Gegend nordöstlich der Stadt Esens. In einem Nachmeldeverfahren aufgrund des Kabinettsbeschlusses der Niedersächsischen Landesregierung vom 3. Februar 2015 wurde das EU-VSG V63 um eine Fläche von ca. 27 ha südlich von Bensersiel ergänzt.

Das von der streitgegenständlichen VO LSG 25 II geschützte Gebiet liegt in den naturräumlichen Landschaftseinheiten „Bensersieler Marsch“ und „Werdumer Marsch“ unmittelbar westlich und südlich der Ortschaft Bensersiel (§ 1 Abs. 2 VO). Dieses Gebiet umfasst den ca. 27 ha großen Nachmeldebereich des EU-VSG V63 sowie weitere Flächen mit einer Größe von ca. 16 ha westlich von Bensersiel.

Innerhalb des unter Schutz gestellten Gebiets befindet sich die kommunale Entlastungsstraße Bensersiel, deren Bau im Jahr 2009 auf der Grundlage des am 20. September 2004 als Satzung beschlossenen und am 28. Februar 2005 in Kraft gesetzten Bebauungsplans Nr. 67 „Kommunale Entlastungsstraße Bensersiel“ der Stadt Esens begonnen worden war. Diesen Bebauungsplan erklärte das BVerwG durch Urteil vom 27. März 2014 (- 4 CN 3.13 -) für unwirksam, weil er gegen das in einem faktischen Vogelschutzgebiet geltende Beeinträchtigungs- und Störungsverbot nach Art. 4 Abs. 4 Satz 1 der Vogelschutzrichtlinie verstoßen hatte. Die im IBA-Gebiet NI044 bzw. DE094 gelegenen Flächen, zu denen auch das Plangebiet des Bebauungsplans Nr. 67 gehörte, seien ein faktisches Vogelschutzgebiet gewesen.

Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht erklärte durch Urteil vom 10. April 2013 (- 1 KN 33/10 -) den am 8. Februar 2010 als Satzung beschlossenen Bebauungsplan Nr. 72 „Kommunale Entlastungsstraße“ der Stadt Esens und die am 31. Januar 2011 als Satzung beschlossene 1. Änderung des Bebauungsplans Nr. 72 „Kommunale Entlastungsstraße Bensersiel“ für unwirksam, weil diese zu einer unzulässigen Beeinträchtigung eines faktischen Vogelschutzgebiets führten und damit gegen Art. 4 Abs. 4 Satz 1 der Vogelschutzrichtlinie verstießen. Tragend für diese Entscheidung war, dass die Grenzziehung des an die Kommission im Jahr 2007 gemeldeten EU-VSG V63 insofern fehlerhaft gewesen sei, als sie das Plangebiet „Kommunale Entlastungsstraße Bensersiel“ von der Unterschutzstellung ausgenommen habe. Es sei eine von schilfbestandenen Gräben durchzogene Grünlandfläche ausgegrenzt worden, die als Nahrungs- und Bruthabitat für das Blaukehlchen, den Goldregenpfeifer, die Rohrweihe, den Schilfrohrsänger und den Großen Brachvogel gedient habe. Der Antragsteller, der auch im vorliegenden Verfahren als Antragsteller auftritt, habe substantiiert dargelegt, dass die Abgrenzung des V63 entlang der kommunalen Entlastungsstraße Bensersiel fachwissenschaftlich unvertretbar gewesen sei. Die für das EU-VSG V63 wertbestimmenden Vogelarten hätten das Plangebiet zumindest in durchschnittlichem Umfang genutzt, so dass es auch deshalb als faktisches Vogelschutzgebiet zu bewerten sei. Als Rand- und Pufferzone stehe es zudem in einem engen räumlichen und ökologischen Beziehungsgefüge zu dem Nationalpark V 1 „Niedersächsisches Wattenmeer“ und habe zuletzt auch aus diesem Grund in das EU-VSG V63 miteinbezogen werden müssen.

Die o.a. Urteile des Bundesverwaltungsgerichts und des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts, mit denen die Bebauungspläne Nr. 67 und 72 der Stadt Esens sowie die 1. Änderung des Bebauungsplans Nr. 72 unter Hinweis auf das im Plangebiet bestehende faktische Vogelschutzgebiet für unwirksam erklärt worden sind, gaben den Anlass dazu, die Flächen im Plangebiet sowie weitere Flächen nach erneuter ornithologischer Bewertung zum EU-VSG V63 im Februar 2015 nachzumelden und die europarechtlich vorgesehene Unterschutzstellung nach nationalem Recht durch den Erlass der streitgegenständlichen VO LSG 25 II zu veranlassen.

Die kommunale Entlastungsstraße Bensersiel war bis zu ihrer teilweisen Sperrung aufgrund des auf eine Klage des Antragstellers hin ergangenen Urteils des Verwaltungsgerichts Oldenburg vom 22. November 2017 (- 5 A 2233/16 -) zur Nutzung für den öffentlichen Verkehr freigegeben. Am 18. April 2018 beschloss die Stadt Esens den Bebauungsplan Nr. 89 „Kommunale Entlastungsstraße Bensersiel“ zwecks Legalisierung der Ortsumgehung, der im Amtsblatt für den Landkreis Wittmund Nr. 14/2018 vom 28. Dezember 2018 (S. 173) bekanntgemacht wurde.

Nach § 2 Abs. 1 VO, der den Schutzgegenstand beschreibt, wird der Charakter des Landschaftsschutzgebiets insbesondere geprägt durch landwirtschaftlich genutzte, weitgehend offene und gehölzfreie sowie unbesiedelte Marschflächen. Das Landschaftsbild wird durch eine überwiegende Grünlandnutzung sowie durch das schilfbewachsene Grabennetz geprägt. Weitere charakteristische markante Bestandteile sind das Grüppensystem auf den Flächen sowie das als Hochkanal ausgebaute Benser Tief. Das Gebiet stellt sich als offener, weitgehend störungsarmer Übergangsbereich zwischen der Ortschaft Bensersiel und den offenen, küstenbegleitenden Marschenräumen dar und steht im unmittelbaren Zusammenhang mit den Flächen im bestehenden LSG 25 „Ostfriesische Seemarsch zwischen Norden und Esens im Bereich des Landkreises Wittmund“ (§ 2 Abs. 1 VO).

Allgemeiner Schutzzweck ist die Erhaltung und Entwicklung des Gebietes als Lebensstätte schutzbedürftiger Tier- und Pflanzenarten und deren Lebensgemeinschaften der Übergangsbereiche zwischen Siedlung und naturgeprägter offener Kulturlandschaft (§ 2 Abs. 2 VO). Es dient im Zusammenhang mit dem LSG 25 der Umsetzung des EU-VSG V63 nach der Vogelschutzrichtlinie (§ 2 Abs. 3 VO).

Besonderer Schutzzweck ist die Erhaltung und Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes für die im Anhang I (Art. 4 Abs. 1) der Vogelschutzrichtlinie aufgeführten, insbesondere der für den Ergänzungsbereich des EU-VSG V63 im Bereich Bensersiel wertbestimmenden Arten durch den Schutz und die Entwicklung des Gebietes in seiner Funktion als Nahrungs- und Brutgebiet sowie in seiner Pufferfunktion zwischen der Ortschaft Bensersiel und den großräumigen Offenlandschaften der Marschen mit ihrer besonderen Eigenart, Vielfalt und Schönheit (§ 2 Abs. 4 Satz 1 VO). Der Schutzzweck wird erreicht durch Erhalt

- der weiträumigen, unverbauten und unzerschnittenen offenen Landschaft mit freien Sichtverhältnissen und ohne störende vertikalen Strukturen (§ 2 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 Buchst. a VO),

- von Brut- und Nahrungsflächen mit hoher Bodenfeuchtigkeit (§ 2 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 Buchst. b VO),

- des Grünlandes, Förderung der Umwandlung von Acker in Grünland, Förderung der extensiven Grünlandbewirtschaftung mit hohen Grundwasserständen (§ 2 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 Buchst. c VO),

- und Entwicklung störungsfreier ausreichend großer Brut-, Rast- und Nahrungsräume der wertbestimmenden Arten (§ 2 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 Buchts. d VO)

- und Entwicklung von Röhrichtbeständen in den bestehenden Grabensystemen (§ 2 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 Buchst. e VO) und

- durch die Erhaltung und Förderung eines langfristig überlebensfähigen Bestandes insbesondere der in dem Gebiet vorkommenden wertbestimmenden Arten Weißsterniges Blaukehlchen (Luscinia svecica speculando), Schilfrohrsänger (Acrocephalus schoenobaenus) und Großer Brachvogel (Numenius arquata) (§ 2 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 VO).

Dazu sind als spezielle Erhaltungsziele näher beschriebene Erhaltungs- und Entwicklungsmaßnahmen erforderlich wie die Erhaltung und Entwicklung von Röhrichtbeständen an Gräben, die Entwicklung von schütter bewachsenen Flächen zur Nahrungssuche und von feuchten bis nassen Grünlandflächen sowie die Bereitstellung ungestörter Ruhe- und Hochwasserrastplätze (§ 2 Abs. 5 VO). Die Umsetzung dieser Ziele dient gemäß § 2 Abs. 6 VO auch der Erhaltung und Förderung der im Gebiet nachgewiesenen europäischen Vogelarten Kiebitz, Wiesenpieper und Feldlerche als Brutvogelarten, Kiebitz, Bekassine und Krickente als Gastvogelarten sowie darüber hinaus außerdem der Funktion als Pufferzone und ergänzender Lebensraum für alle in dem Standarddatenbogen für das großflächige Vogelschutzgebiet 63 „Ostfriesische Seemarsch zwischen Norden und Esens“ aufgeführten Vogelarten (vgl. Anlage I). Die Anlage I enthält eine Übersicht über Maßnahmen zur Sicherung und Verbesserung der Habitatfunktion für die Vogelarten gem. Standarddatenbogen für das großflächige Vogelschutzgebiet 63 „Ostfriesische Seemarsch zwischen Norden und Esens“ (LSG 25). Die in dem Ergänzungsbereich LSG 25 II festgestellten Arten sind mit einem *) gekennzeichnet. Die mit **) gekennzeichneten Arten wurden nachgewiesen, gehören jedoch nicht zu dem Spektrum des Standarddatenbogens. Die mit *) gekennzeichneten Arten sind Schilfrohrsänger, Feldlerche, Wiesenpieper, Weißsterniges Blaukehlchen, Großer Brachvogel und Kiebitz. Die mit **) gekennzeichneten Arten sind Krickente und Bekassine.

Nach § 3 Abs. 1 VO sind im Landschaftsschutzgebiet alle Handlungen verboten, die den Charakter des Gebietes verändern oder dem besonderen Schutzzweck der Verordnung zuwiderlaufen. § 3 Abs. 2 VO enthält eine Aufzählung von insbesondere verbotenen Handlungen. Dazu gehören u.a. die Herstellung von Straßen und Wegen sowie der Ausbau bisher unbefestigter Wege (§ 3 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c VO), Gewässer und Feuchtbiotope zu beseitigen, auszubauen oder wesentlich zu verändern (§ 3 Abs. 2 Nr. 9 VO), das Befahren mit Fahrzeugen aller Art oder deren Abstellen auf nicht dem öffentlichen Verkehr gewidmeten Straßen, Wegen, Plätzen oder Flächen, außer zur ordnungsgemäßen Nutzung oder Unterhaltung von Gewässern und Deichen (§ 3 Abs. 2 Nr. 6 VO), wild lebende Tiere zu stören sowie wildlebende Vogelarten zu vergrämen oder die Ruhe der Natur durch Lärm oder auf andere Weise zu stören (§ 3 Abs. 2 Nr. 12 VO) und die nachhaltige Beschädigung oder Beseitigung von Röhrichtbeständen (§ 3 Abs. 2 Nr. 14 VO).

§ 4 VO enthält im Einzelnen bezeichnete Freistellungen von den Regelungen der Verordnung. Allgemein freigestellt sind das Betreten und Befahren durch die Eigentümer und Nutzungsberechtigten sowie deren Beauftragte zur rechtmäßigen Nutzung und Bewirtschaftung der Grundstücke (§ 4 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c VO) und die natur- und landschaftsverträgliche Bodennutzung nach den Grundsätzen der guten fachlichen Praxis (§ 5 Abs. 2 BNatSchG), mit Ausnahme der in § 3 VO genannten Verbote; Bewirtschaftungsformen, die hiervon abweichen, bedürfen des vorherigen Einvernehmens der zuständigen Naturschutzbehörde (§ 4 Abs. 3 VO).

§ 4 Abs. 10 VO enthält folgende Regelung:

Von den Verboten des § 3 sind Pläne und Projekte freigestellt, die einer behördlichen Entscheidung oder Anzeige bedürfen, wenn

1. im Rahmen einer Prüfung nach § 34 Abs. 1 BNatSchG i. V. m. § 26 NAGBNatSchG nachgewiesen wird, dass sie Schutzzwecke dieser Verordnung weder einzeln noch im Zusammenwirken mit anderen Plänen oder Projekten nachteilig berühren oder

2. die Voraussetzungen des § 34 Abs. 3 bis 5 BNatSchG erfüllt sind.

Das gilt auch für bereits realisierte Vorhaben einschließlich der Ortsentlastungsstraße Bensersiel, wenn über deren Zulassung in einem neuen Bebauungsplan- oder Planfeststellungsverfahren entschieden wird.

§ 5 VO sieht die Möglichkeit von Befreiungen von den Verboten der Verordnung vor, § 6 VO unter Verweis auf § 2 Abs. 2 NAGBNatSchG eine Anordnungsbefugnis zur Wiederherstellung des bisherigen Zustandes. § 7 VO regelt die Duldung von Pflege-, Entwicklungs- und Wiederherstellungsmaßnahmen durch Grundstückseigentümer und Nutzungsberechtigte. § 8 enthält Regelungen zur Umsetzung von Erhaltungs- und Wiederherstellungsmaßnahmen. § 9 bestimmt Ordnungswidrigkeiten und § 10 den Zeitpunkt des Inkrafttretens.

Am 18. April 2017 hat der Antragsteller einen Normenkontrollantrag gestellt.

Er erhebt zahlreiche Einwände gegen die VO LSG 25 II. So hält er die Flächenauswahl für das Schutzgebiet für rechtswidrig. Flächen östlich von Bensersiel, die ins IBA-Verzeichnis aufgenommen seien und ohne Zweifel eine besondere Schutzwürdigkeit aufwiesen, seien aus wirtschaftlichen Erwägungen nicht in das EU-VSG V63 einbezogen worden. Dies stehe im Widerspruch zum Europäischen Recht und verstoße gegen das Willkürverbot des Art. 3 Abs. 1 GG. Flächen mit einer Größe von ca. 27 ha westlich und südlich von Bensersiel seien hingegen in das EU-VSG V63 einbezogen worden, obwohl deren Eignung als Lebensraum für den Großen Brachvogel, die Röhrichtbrüter Blaukehlchen und Schilfrohrsänger sowie den Kiebitz durch den rechtswidrigen Bau der Entlastungsstraße im Wesentlichen zerstört worden sei. Dies sei auch im Gutachten F. 2015 naturschutzfachlich bestätigt worden. Dieses Gutachten habe der Antragsgegner gegenüber dem Umweltministerium bei der Neuabgrenzung des EU-VSG V63 verheimlicht und bei der Ausweisung des LSG 25 II bewusst nicht beachtet. Eine aktuelle Fachbegutachtung sei vor der Neuabgrenzung des EU-VSG V63 und der Ausweisung des LSG 25 II nicht eingeholt worden. Stattdessen seien ausschließlich vor dem Straßenbau erhobene Daten zugrunde gelegt worden. Die Existenz der Straße sei in den Landschaftsbeschreibungen und den Bestandskarten nicht berücksichtigt worden. Dies stehe nicht im Einklang mit EU-Recht, wonach sichergestellt sein müsse, dass die tatsächlich geeignetsten Gebiete zu Schutzgebieten erklärt würden. Die Nichtberücksichtigung der faktisch vorhandenen Straße, die eine Fläche von 9,3 ha in Anspruch nehme, führe außerdem zu einer unzulässigen Verkleinerung der nachgemeldeten Fläche, indem bei der EU-Kommission bei der Nachmeldung der Eindruck erweckt worden sei, dass es sich bei der nachgemeldeten Fläche insgesamt um ein intaktes Schutzgebiet handele. Anerkannte ornithologische Kriterien seien bei der Neuabgrenzung des EU-VSG V63 außer Acht gelassen worden. Die Gebietsauswahl sei auch nicht auf ausreichender Datengrundlage getroffen worden. Insbesondere der Große Brachvogel habe bereits vor dem Straßenbau seine Bestände auf die nicht unter Schutz gestellten Flächen östlich von Bensersiel verlagert. Für die Nichteinbeziehung dieser Flächen in das EU-VSG V63 fehle zudem der ornithologische Gegenbeweis. Die Schutzzwecke des EU-VSG V63 und der streitgegenständlichen VO LSG 25 II, insbesondere der „Erhalt der weiträumigen, unverbauten und unzerschnittenen offenen Landschaft mit freien Sichtverhältnissen und ohne störende vertikale Strukturen, ausreichend große Brut-, Rast- und Nahrungsräume, Brut- und Nahrungsflächen mit hoher Bodenfeuchtigkeit“ (vgl. § 2 Abs. 4 VO), könnten auf den unter Schutz gestellten Flächen nicht erreicht werden. Eine rechtmäßige Einbeziehung dieser Flächen setze voraus, dass ihre ornithologische Eignung durch einen vorherigen Rückbau der Straße wiederhergestellt werde. Eine Rückbaupflicht ergebe sich auch aus der Vogelschutz-Richtlinie und der FFH-Richtlinie. Ein Rückbau sei aber nicht erfolgt. Für die Einbeziehung weiterer Flächen mit einer Größe von 16 ha in das LSG 25 II über die für das EU-VSG V63 nachgemeldeten Flächen hinaus fehle es an einer ornithologischen Rechtfertigung. Diese Flächen seien auch keine geeigneten Pufferflächen, weil sie nicht in einem ökologischen Beziehungsgefüge mit den Schutzflächen stünden. Der Antragsgegner habe außerdem kein entsprechendes Datenmaterial vorgelegt. Die Einbeziehung sei zudem widersprüchlich, weil der Antragsgegner sich für die Abgrenzung des LSG 25 II einerseits auf die verbindlichen Vorgaben des Landes Niedersachsen durch die Neuabgrenzung des EU-VSG V63 berufe, sich andererseits durch die Einbeziehung weiterer Flächen aber selbst nicht an diese Vorgaben halte. Diese weiteren Flächen grenzten nach Norden an einen Großparkplatz, der wie die Entlastungsstraße rechtswidrig sei, und nach Westen an die Entlastungsstraße, so dass von einer besonderen Schutzwürdigkeit nicht auszugehen sei. Diese Flächen seien vielmehr allein zu dem Zweck, eine Rechtfertigung der rechtswidrig errichteten kommunalen Entlastungsstraße zu ermöglichen, in das LSG 25 II aufgenommen worden. Dies sei sachwidrig, was vor allem daran deutlich werde, dass die schutzwürdigen Flächen östlich von Bensersiel nicht in das EU-VSG V63 und folglich auch nicht in das LSG 25 II einbezogen worden seien. Die Aufnahme nicht schutzwürdiger Flächen in das LSG 25 II bezwecke vielmehr, durch die Schaffung einer neuen Rechtslage seine Flächen in diesem Bereich – insbesondere das Flurstück G. – unter die Kontrolle des Antragsgegners zu bringen. Weiter werde bezweckt, rechtskräftige Urteile des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts zu umgehen und das Normwiederholungsverbot zu unterlaufen. Auf diese Absicht weise auch § 4 Abs. 10 VO hin, der eine nachträgliche Genehmigung der kommunalen Entlastungsstraße ermögliche. Das verstoße aber gegen die Rechtsprechung von Bundesverwaltungsgericht und Europäischem Gerichtshof, wonach ein Mitgliedstaat aus der Missachtung seiner gemeinschaftsrechtlichen Pflichten – wie sie hier durch den rechtswidrigen Bau der Ortsumgehung in einem faktischen Vogelschutzgebiet vorliege – keinen Vorteil ziehen dürfe. Die Regelung des § 4 Abs. 10 VO sei außerdem widersprüchlich, weil die Begründung der Landschaftsschutzgebietsverordnung auf das besondere Störpotential von Straßenneubauten hinweise, gleichzeitig aber die Freistellung der Umgehungsstraße von den Verboten der Verordnung in Aussicht gestellt werde. Darüber hinaus habe er zahlreiche Belege dafür, dass Absprachen zwischen dem Antragsgegner, der Stadt Esens und dem Umweltministerium in Bezug auf die nachträgliche baurechtliche Legalisierung der Ortsumgehung Bensersiel durch den Bebauungsplan Nr. 89 bestünden und dass der Erlass der von ihm angegriffenen Landschaftsschutzgebietsverordnung einen ersten taktischen Schritt dazu darstelle, die aus dem rechtswidrigen Straßenbau erzielten Vorteile dauerhaft zu sichern. Dafür spreche auch, dass die Existenz der Straße in der Beschreibung der topographischen Voraussetzungen in § 2 Abs. 1 VO geleugnet werde.

Der Antragsteller beantragt,

die Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet 25 II „Ostfriesische Seemarsch zwischen Norden und Esens im Bereich Bensersiel, Samtgemeinde Esens, Landkreis Wittmund“ vom 13. Oktober 2016 für unwirksam zu erklären,

hilfsweise,

die o.a. Verordnung für den Zeitraum bis zur dauerhaften und nachhaltigen Beseitigung sämtlicher durch den rechtswidrigen Straßenbau der Ortsumgehung Bensersiel verursachten Verstöße gegen das Verschlechterungsverbot der Vogelschutz- und FFH-Richtlinie und bis zur Eingliederung der noch nicht in das EU-Vogelschutzgebiet einbezogenen, deichnahen IBA-Flächen östlich von Bensersiel anstelle der westlich von Bensersiel gelegenen Flächen, die der Landkreis Wittmund entgegen der fachlichen Auffassung des Landes Niedersachsen zusätzlich in das LSG 25 II aufgenommen hat, für unwirksam zu erklären.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Er äußert Zweifel an der Zulässigkeit des Normenkontrollantrags, weil dem Antragsteller das Rechtsschutzbedürfnis fehle. Denn seine Rechtsstellung könne sich durch die von ihm begehrte Aufhebung der VO LSG 25 II nicht verbessern, weil sich seine Grundstücke im Fall der Aufhebung in einem faktischen Vogelschutzgebiet befänden, das wegen Art. 4 Abs. 4 der Vogelschutzrichtlinie intensivere Restriktionen enthalte als sie aus der angegriffenen Landschaftsschutzgebietsverordnung folgten. Anders als der Antragsteller meine, diene die VO LSG 25 II nicht der Legalisierung der Umgehungsstraße, sondern der Erfüllung europarechtlicher Unterschutzstellungspflichten. Die Legalisierung der Straße hänge davon ab, ob diese die im Zulassungsverfahren durchzuführende FFH-Verträglichkeitsprüfung überstehe. Dies sei aber nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens, das sich allein mit der Wirksamkeit der VO LSG 25 II befasse. Sofern diese Verordnung eine Voraussetzung dafür sei, dass die Straße legalisiert werden könne, handele es sich um einen bloßen Rechtsreflex, nicht aber um das Ziel der Verordnung. Sie diene auch nicht der Umgehung des sog. Normwiederholungsverbots, das vorliegend schon deshalb nicht betroffen sei, weil er an die vom Antragsteller erwähnten Urteile des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts und Bundesverwaltungsgerichts, mit denen die Bebauungspläne Nr. 67 und Nr. 72 der Stadt Esens für unwirksam erklärt worden waren, mangels Beteiligtenstellung gar nicht gebunden sei. Die Straße stehe der Ausweisung eines Landschaftsschutzgebiets nicht entgegen, weil es wegen ihrer Illegalität zweifelhaft sei, ob sie die natürliche Eigenart der Landschaft präge. Die Umgehungsstraße bewirke auch nicht, dass das unter Schutz gestellte Gebiet die Eigenschaft eines faktischen Vogelschutzgebiets verliere oder dass das nachgemeldete EU-VSG V63 unzulässig verkleinert werde. Er sei an die durch die Landesregierung vorgenommene Abgrenzung eines Europäischen Vogelschutzgebiets gebunden und dürfe die Entscheidung der Landesregierung nicht korrigieren. Sei einmal ein Gebiet als faktisches Vogelschutzgebiet eingestuft worden, so müsse es grundsätzlich als Europäisches Vogelschutzgebiet unter Schutz gestellt werden. Anderenfalls könne der Mitgliedstaat, der die Ausweisung als Schutzgebiet versäumt habe, aus seinem rechtswidrigen Verhalten Vorteile ziehen. Die europarechtlichen Anforderungen an eine Änderung der Gebietsabgrenzung seien äußerst streng. Das Europarecht gebiete vielmehr, geschädigte Lebensräume in einem faktischen Vogelschutzgebiet wiederherzustellen. Anders als der Antragsteller meint, sei es nicht rechtlich geboten gewesen, die durch die illegal errichtete Umgehungsstraße hervorgerufenen Verschlechterungen bei der Ausweisung des LSG 25 II zu berücksichtigen. Soweit er sich für seine Auffassung auf das Urteil des EuGH zur ebenfalls illegal errichteten Waldschlößschenbrücke beziehe, betreffe dies eine FFH-Verträglichkeitsprüfung und nicht die Ausweisung eines Schutzgebiets, wie sie die angegriffene Landschaftsschutzgebietsverordnung bewirke. Der Einwand des Antragstellers, weitere Gebiete östlich von Bensersiel (Bauflächen und geplanter Golfplatz) hätten als für den Vogelschutz geeignetere Flächen in die Schutzgebietsausweisung einbezogen werden müssen, treffe sachlich nicht zu und sei im Übrigen ohne Bedeutung für das vorliegende Verfahren, weil auch bei einer Pflicht zur Unterschutzstellung dieser Flächen die Rechtmäßigkeit der Unterschutzstellung der Flächen des LSG 25 II nicht entfalle. Ihm komme bezüglich der Auswahl der unter Schutz zu stellenden Flächen ein weites Ermessen zu. Lediglich solche Flächen, die europarechtlich zwingend als Schutzgebiete auszuweisen seien, müssten auch unter Schutz gestellt werden. Sein Ermessen habe er in Bezug auf die östlich von Bensersiel gelegenen Flächen dahingehend ausgeübt, dass er sich gegen ihre Unterschutzstellung entschieden habe. Weitere Flächen westlich von Bensersiel, die nicht Gegenstand der Nachmeldung zum EU-VSG V63 gewesen sind, habe er hingegen in das LSG 25 II aufgenommen, weil sie unzertrennlich zu den gemeldeten Teilbereichen des Landschaftsraumes gehörten. Die Verbotsregelungen der angegriffenen Verordnung berücksichtigten die rechtswidrig errichtete Ortsumgehungsstraße ausreichend, indem § 3 Abs. 2 Nr. 6 VO das Befahren von nicht dem öffentlichen Verkehr gewidmeten Straßen untersage. § 4 Abs. 10 VO stelle entgegen der Ansicht des Antragstellers nicht die Zulassung der illegalen Umgehungsstraße in Aussicht. Über die Zulassung werde unter Berücksichtigung des europarechtlich erforderlichen Mindestschutzes vielmehr im dafür vorgesehenen Bebauungsplanverfahren entschieden, an dem er als Untere Naturschutzbehörde nur als Träger Öffentlicher Belange beteiligt werde.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners (Beiakten 001-012) sowie die vom Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) zur Verfügung gestellten Unterlagen verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Der Normenkontrollantrag hat weder mit dem Hauptantrag noch mit dem Hilfsantrag Erfolg.

Der Normenkontrollantrag ist hinsichtlich des Hauptantrags zulässig, aber unbegründet.

Der Hauptantrag ist statthaft, weil die Verordnung des Antragsgegners über das Landschaftsschutzgebiet 25 II „Ostfriesische Seemarsch zwischen Norden und Esens im Bereich Bensersiel, Samtgemeinde Esens, Landkreis Wittmund“ - VO LSG 25 II - nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i. V. m. § 75 NJG der Normenkontrolle durch das Oberverwaltungsgericht unterliegt.

Der Antrag erfüllt auch die übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen. Der Antragsteller hat den Antrag rechtzeitig gestellt, weil er die Jahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO eingehalten hat. Er ist nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO zudem antragsbefugt, weil er als Eigentümer von im Landschaftsschutzgebiet gelegenen Flächen geltend machen kann, durch die Verordnung oder deren Anwendung in eigenen Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Seinem Antrag fehlt auch nicht das Rechtsschutzbedürfnis. Denn es kann keine Rede davon sein, dass er durch die Feststellung der Unwirksamkeit der VO LSG 25 II offensichtlich keinerlei rechtliche Vorteile erreichen könnte.

Der Antragsgegner geht zwar zutreffend davon aus, dass im Fall der vom Antragsteller begehrten Unwirksamkeitserklärung der VO LSG 25 II das strenge Schutzregime des Art. 4 Abs. 4 Satz 1 der Richtlinie 2009/147/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (Abl. L 20 v. 26.1.2010, S. 7 - VRL -), das Verschmutzungen oder Beeinträchtigung der Lebensräume sowie Belästigungen der Vögel, sofern sich diese auf die Zielsetzungen des Art. 4 VRL erheblich auswirken, verbietet, auf seinen im EU-VSG V63 liegenden Flächen anzuwenden wäre. Dieser Umstand lässt das Rechtsschutzbedürfnis des Antragstellers für den Normenkontrollantrag allerdings deshalb nicht entfallen, weil die Verbote der VO LSG 25 II gegenüber den aus dem Schutzregime des Art. 4 Abs. 4 Satz 1 VRL folgenden Einschränkungen eine eigenständige und zum Teil weitergehende Belastung der betroffenen Eigentümer darstellen. Dies folgt bereits daraus, dass die nach Art. 4 Abs. 4 Satz 1 VRL von den Mitgliedstaaten zu treffenden geeigneten Maßnahmen einer Konkretisierung bedürfen, während die VO LSG 25 II in § 3 VO bestimmte Verbote festlegt, die vorbehaltlich der Freistellungen nach § 4 VO für jeden Einzelfall gelten. Zudem fordert Art. 4 Abs. 4 Satz 1 VRL nur Maßnahmen gegen Verschmutzungen oder Beeinträchtigungen der Lebensräume sowie Belästigungen der Vögel, die sich erheblich auf die Zielsetzungen des Art. 4 VRL auswirken. Dieser Schutz bezieht sich vor allem auf die für das jeweilige Europäische Vogelschutzgebiet wertbestimmenden oder charakteristischen Arten (vgl. BVerwG, Urt. v. 6.4.2017 - 4 A 16/16 -, NVwZ-RR 2017, 768 Rn. 29), während die VO LSG 25 II – und damit auch das Verbotsregime der §§ 3 ff. VO – nach § 2 Abs. 6 VO auch dem Schutz weiterer, nämlich sämtlicher im Standarddatenbogen für das großflächige EU-VSG V63 aufgeführten Vogelarten dient und insofern über die Schutzwirkung des Art. 4 Abs. 4 Satz 1 VRL hinausgeht. Daher kann der Antragsteller durch die von ihm begehrte Feststellung der Unwirksamkeit der VO LSG 25 II unabhängig davon, dass in diesem Fall seine im EU-VSG V63 liegenden Flächen dem Schutzregime des Art. 4 Abs. 4 Satz 1 VRL unterfallen würden, einen rechtlichen Vorteil erreichen. Dies gilt erst recht, soweit seine Flächen sich nur im Landschaftsschutzgebiet und nicht zugleich auch im EU-Vogelschutzgebiet befinden.

Indessen ist der Normenkontrollantrag in Bezug auf den Hauptantrag unbegründet. Denn die angegriffene VO LSG 25 II steht mit höherrangigem Recht in Einklang und ist deshalb wirksam.

Die Verordnung leidet nicht unter durchgreifenden formellen Mängeln.

Eine Verletzung der Vorschriften der § 14 Abs. 1 bis 3 NAGBNatSchG, die das beim Erlass einer Schutzgebietsverordnung zu beachtende Verfahren regeln, hat der Antragssteller nicht innerhalb der Jahresfrist gemäß § 14 Abs. 7 NAGBNatSchG beim Antragsgegner geltend gemacht, so dass eine etwaige Verletzung dieser Vorschriften unbeachtlich wäre.

Ein Verstoß gegen die nicht von der Präklusionsregelung des § 14 Abs. 7 NAGBNatSchG erfasste Vorschrift des § 14 Abs. 4 NAGBNatSchG liegt nicht vor. Nach § 14 Abs. 4 Satz 1 NAGBNatSchG werden die geschützten Teile von Natur und Landschaft und der Geltungsbereich von Vorschriften zeichnerisch in Karten bestimmt. Werden diese Karten nicht oder nicht vollständig im Verkündungsblatt abgedruckt, haben die Naturschutzbehörde, die die Verordnung erlässt, und die Gemeinden, deren Gebiet betroffen ist, eine Ausfertigung der Karten aufzubewahren und jedermann kostenlos Einsicht zu gewähren, worauf in der Verordnung hinzuweisen ist (§ 14 Abs. 4 Sätze 2 bis 4 NAGBNatSchG). Außerdem sind die geschützten Teile von Natur und Landschaft und der Geltungsbereich der Vorschriften im Text der Verordnung grob zu beschreiben, sofern nicht eine Übersichtskarte mit einem Maßstab 1:50.000 oder einem genaueren Maßstab Bestandteil der Verordnung ist (§ 14 Abs. 4 Sätze 4 und 5 NAGBNatSchG). Die Bekanntmachung der Verordnung erfolgt im amtlichen Verkündungsblatt oder, sofern ein solches nicht vorhanden ist, im Niedersächsischen Ministerialblatt (§ 14 Abs. 4 Satz 7 NAGBNatSchG). Diesen Vorgaben hat der Antragsgegner Rechnung getragen, indem er die geschützten Teile von Natur und Landschaft in einer zur Verordnung gehörenden Karte im Maßstab 1:5.000 und einer Übersichtskarte im Maßstab 1:15.000 zeichnerisch bestimmt und diese Karten als Bestandteile der Verordnung (§ 1 Abs. 3 Satz 3 VO) im Amtsblatt für den Landkreis Wittmund, welches regelmäßig in Papierform erscheint, abgedruckt hat.

Die Verordnung verstößt auch nicht gegen höherrangiges materielles Recht. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist dabei der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung über den Normenkontrollantrag (Kopp/Schenke, VwGO, 24. Aufl. 2018, § 47 Rn. 137).

Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Unterschutzstellung als Landschaftsschutzgebiet liegen vor. Nach § 19 Abs. 1 NAGBNatSchG kann die Naturschutzbehörde Gebiete im Sinne von § 26 Abs. 1 BNatSchG durch Verordnung als Landschaftsschutzgebiet festsetzen. Gemäß § 26 Abs. 1 BNatSchG sind Landschaftsschutzgebiete rechtsverbindlich festgesetzte Gebiete, in denen ein besonderer Schutz von Natur und Landschaft 1. zur Erhaltung, Entwicklung oder Wiederherstellung der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts oder der Regenerationsfähigkeit und nachhaltigen Nutzungsfähigkeit der Naturgüter, einschließlich des Schutzes von Lebensstätten und Lebensräumen bestimmter wild lebender Tier- und Pflanzenarten, 2. wegen der Vielfalt, Eigenart und Schönheit oder der besonderen kulturhistorischen Bedeutung der Landschaft oder 3. wegen ihrer besonderen Bedeutung für die Erholung erforderlich ist.

Das nach § 1 Abs. 1 VO zum Landschaftsschutzgebiet erklärte Gebiet ist im Sinne des § 26 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG schutzwürdig und schutzbedürftig. Auch die Existenz der Umgehungsstraße als Baukörper lässt die Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit des LSG 25 II nicht entfallen.

Für die Schutzwürdigkeit des größten Teils des Schutzgebiets spricht bereits, dass dieser zum IBA-Gebiet NI044 (nat. Code) bzw. DE094 (internat. Code) gehört.

Die Verzeichnisse über die „Important Bird and Biodiversity Areas“ (IBA) sind eines der bedeutsamsten naturschutzfachlichen Erkenntnismittel bei der Auswahl von Vogelschutzgebieten im Sinne von Art. 4 VRL, die der Europäischen Gerichtshof (vgl. EuGH, Urt. v. 19.5.1998 - C-3/96 -, NuR 1998, 538 Rn. 68 ff., Urt. v. 13.12.2007 - C-418/04 -, NuR 2008, 101 Rn. 48 ff.) und das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG, Urt. v. 31.1.2002 - 4 A 15.01 -, NVwZ 2002, 1103, 1106; Urt. v. 22.1.2004 - 4 A 32.02 -, BVerwGE 120, 87, 101 f., Urt. v. 27.3.2014 - 4 CN 3.13 -, BVerwGE 149, 229 Rn. 18) in ständiger Rechtsprechung für die Beurteilung der ornithologischen Schutzwürdigkeit von Gebieten heranziehen. Sie werden durch Behörden, wissenschaftliche Einrichtungen und ornithologische Verbände erstellt und in Abständen aktualisiert; die Benennung der in ihnen enthaltenen Gebiete erfolgt anhand ornithologischer Kriterien (Möckel, in: Schlacke, GK-BNatSchG, 2. Aufl., § 32 Rn. 23). Für IBA-Gebiete ist daher grundsätzlich die Annahme gerechtfertigt, dass sie als Lebensstätte und Lebensraum wildlebender Vogelarten geeignet und als solche schutzwürdig im Sinne von § 26 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG sind. Das gilt auch hier.

Die Schutzwürdigkeit der IBA-Flächen im LSG 25 II ist nicht aufgrund des Baus der kommunalen Entlastungsstraße Bensersiel entfallen.

Unzweifelhaft haben die o.a. Flächen durch den Bau der Umgehungsstraße einen Verlust an ornithologischer Wertigkeit erfahren. Aus der von dem Dipl.-Biologen Dr. H. F. durchgeführten Brut- und Rastvogelerfassung aus dem Jahr 2015 geht für das durch die VO LSG 25 II unter Schutz gestellte Gebiet hervor, dass dort im Vergleich zu früheren Erfassungen, die vor dem Straßenbau erfolgt waren, deutlich weniger Vögel zu verzeichnen waren. Rastvögel konnten bei dieser Erfassung im LSG 25 II gar nicht und Brutvögel nur vereinzelt und nur im südlichen Teil beim Oldendorfer Weg und dem Benser Tief nachgewiesen werden. Auch wenn sich die ornithologische Wertigkeit des Schutzgebiets nach der Sperrung der kommunalen Entlastungsstraße für den öffentlichen Verkehr aufgrund des Urteils des Verwaltungsgerichts Oldenburg vom 22. November 2017 (- 5 A 2233/16 -) gegenüber dem Untersuchungszeitraum im Jahr 2015 möglicherweise verbessert hat, besteht doch an dem erheblichen Verlust ornithologischer Wertigkeit gegenüber dem Zustand vor dem Bau der Ortsumgehung nach Einschätzung des Senats kein Zweifel. Denn die Umgehungsstraße stellt nach den überzeugenden Ausführungen auf S. 5 der o.a. Brut- und Rastvogelerfassung eine landschaftliche Zäsur dar und führt dazu, dass die nördlich des Trassenverlaufs liegenden und unmittelbar an den Ortsrand von Bensersiel grenzenden Parzellen ihren einstigen Charakter einer offenen Marschenlandschaft verloren haben. Außerdem sind ausweislich der vom Antragsteller bei Dr. I. J. in Auftrag gegebenen Stellungnahme vom 23. Februar 2010 durch den Straßenbau Schilfgräben verfüllt und dadurch Brutreviere von Vogelarten wie Schilfrohrsänger, Teichrohrsänger, Sumpfrohrsänger, Feldlerche, Wiesenpieper, Stockente, Blaukehlchen und Braunkehlchen ganz oder teilweise vernichtet worden.

Dieser aktuelle Verlust der ornithologischen Wertigkeit aufgrund des Straßenbaus steht der Feststellung der Schutzwürdigkeit des Gebiets jedoch nicht entgegen.

§ 26 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG ermöglicht die Einrichtung von Landschaftsschutzgebieten nicht nur zur Erhaltung, sondern ausdrücklich auch zur Entwicklung oder Wiederherstellung der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts. Es genügt, dass die entsprechenden Flächen ein tatsächliches Entwicklungspotential für die Entwicklung oder Wiederherstellung der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts oder Regenerationsfähigkeit und nachhaltigen Nutzungsfähigkeit der Naturgüter aufweisen (Senatsurt. v. 30.10.2017 - 4 KN 275/17 -; vgl. auch BVerwG, Urt. v. 5.2.2009 - 7 CN 1.08 -, NVwZ 2009, 719 Rn. 32). Für eine Entwicklung kommen alle Flächen in Betracht, die sich nicht oder nicht im gewünschten Maß in einem schutzwürdigen Zustand befinden, sich dazu aber entwickeln bzw. dahin entwickelt werden können (BVerwG, Beschl. v. 2.8.2018 - 4 BN 8.18 -, NuR 2018, 776 Rn. 10). Ein Entwicklungspotential in diesem Sinne ist hier ohne Weiteres anzunehmen. Dafür spricht bereits, dass weite Teile des LSG 25 II, nämlich die Flächen südlich und westlich der Hofstelle des Klägers, vor dem Bau der Ortsumgehung in das IBA-Verzeichnis aufgenommen worden sind. Darüber hinaus spricht dafür der vom Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) anlässlich der Neuabgrenzung des EU-VSG V63 angefertigte Vermerk vom 21. Juli 2014 über die ornithologische Situation vor dem Bau der Ortsumgehung. Für diesen Vermerk hat der NLWKN verschiedene Gutachten und Vogelzählungen aus den Jahren 1995 bis 2012 ausgewertet. Diejenigen Quellen, die Daten enthielten, welche eindeutig einer Fläche des Betrachtungsraumes zugeordnet werden konnten, hat der NLWKN einer fachlichen Prüfung unterzogen. Hierbei handelt es sich um eine „Brutvogelerfassung – Kommunale Entlastungsstraße Bensersiel“ (F. 1999), eine „Rastvogelerfassung – Kommunale Entlastungsstraße Bensersiel“ (F. 2000) und „Rastvogeldaten“ (J. 1995 und 2006). Daraus ergibt sich, dass der Bereich zwischen der Friesenstraße und dem Oldendorfer Tief nördlich des Grabens „Alte Dilft“ von Großen Brachvögeln als Rast- und Kiebitzen als Brutvögeln sowie der Bereich östlich des Oldendorfer Tiefs und westlich der Hofstelle des Antragstellers von Kiebitzen als Brutvögeln genutzt wurde. Die Flächen südlich von Bensersiel werden als geeignete Habitate für Röhrichtbrüter bezeichnet; dort wurden auch einzelne Schilfrohrsänger, Wiesenpieper sowie Rohrweihen als Brutvögel nachgewiesen. Auch wenn der ins IBA-Verzeichnis aufgenommene Bereich östlich des Oldendorfer Tiefs und westlich der Hofstelle des Antragstellers nicht in die Nachmeldekulisse für das EU-VSG V63 einbezogen worden ist, weil der Kiebitz nicht zu den wertbestimmenden Arten gehörte und daher nicht für abgrenzungsrelevant gehalten wurde, ändert dies nichts daran, dass auch dieser Bereich – jedenfalls vor dem Straßenbau – von ornithologischem Wert war. Die ornithologische Wertigkeit, welche die zum LSG 25 II gehörenden IBA-Flächen vor dem Bau der Ortsumgehung aufgewiesen haben, rechtfertigt den Schluss darauf, dass diesen Flächen noch immer ein tatsächliches Entwicklungspotential für die Wiederherstellung der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts bzw. Regenerationsfähigkeit und nachhaltigen Nutzungsfähigkeit der Naturgüter zukommt. Denn es sind keine Gründe ersichtlich, wieso die Existenz des Straßenbaukörpers verhindern sollte, dass die vorherige ornithologische Wertigkeit oder jedenfalls eine für den Landschaftsschutz genügende ornithologische Qualität weitgehend wieder erreicht werden kann. Dies gilt insbesondere deshalb, weil der Straßenbau nicht zu einer grundlegenden Änderung der naturräumlichen Gegebenheiten geführt hat. Die Verordnung enthält auch ausreichende Vorschriften, um das Entwicklungs- und Wiederherstellungspotential zu verwirklichen, indem § 3 Abs. 2 Nr. 6 VO das Befahren mit Fahrzeugen aller Art oder deren Abstellen auf nicht dem öffentlichen Verkehr gewidmeten Straßen, Wegen, Plätzen oder Flächen, außer zur ordnungsgemäßen Nutzung und Unterhaltung von Gewässern und Deichen, verbietet und §§ 7 und 8 VO die Duldung und Umsetzung näher bezeichneter Erhaltungs- und Wiederherstellungsmaßnahmen vorsehen. Dies genügt, um die Schutzwürdigkeit nach § 26 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG zu bejahen.

Auch der von der VO LSG 25 II umfasste Bereich am nordwestlichen Ortsrand von Bensersiel, der weder zum IBA-Gebiet NI044 bzw. DE094 noch zum EU-VSG V63 gehört, ist zumindest unter dem Aspekt der Entwicklung der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts, einschließlich des Schutzes von Lebensstätten und Lebensräumen bestimmter wild lebender Tier- und Pflanzenarten schutzwürdig nach § 26 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG. Eine Verbesserung durch Entwicklung kann sowohl qualitativ (Zustandsverbesserung) als auch quantitativ (Flächenvergrößerung) erfolgen (BT-Drs. 14/6378 S. 51 zu § 23 BNatSchG). Daher können z. B. auch intensiv landwirtschaftlich genutzte Flächen in ein Schutzgebiet einbezogen werden (BVerwG, Beschl. v. 2.8.2018 - 4 BN 8.18 -, NuR 2018, 776 Rn. 10). Diese Flächen müssen allerdings nach ihrer Ausstattung und Lage ein hinreichend konkretes Entwicklungspotential für eine Verbesserung des Naturhaushalts aufweisen (Senatsurt. v. 30.10.2017 - 4 KN 275/17 - m.w.N.). Die vorliegend in Frage stehenden landwirtschaftlich genutzten Freiflächen gehören zum selben Landschaftsraum wie das IBA-Gebiet NI044 bzw. DE094 und das EU-VSG V63. Hierauf hat der Antragsgegner in der Begründung der VO LSG 25 II auch zutreffend hingewiesen. Allein aufgrund der Nähe dieser Flächen zum IBA-Gebiet NI044 bzw. DE094 sowie zum IBA-Gebiet NI001 bzw. DE058 „Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer“ und zum EU-VSG V01 „Niedersächsisches Wattenmeer und angrenzendes Küstenmeer“ ist davon auszugehen, dass sie ausreichendes Entwicklungspotential haben, um als zusätzlicher Lebensraum für in der Nachbarschaft beheimatete Brut- und Gastvögel zu dienen. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang ferner, dass die VO LSG 25 II nicht nur dem Schutz ausgewählter wertbestimmender Arten des EU-VSG V63 dient, sondern allen in der Anlage 1 genannten Vögeln. Die besonderen Schutzzwecke der Verordnung ergeben sich aus § 2 Abs. 4 bis 6 VO. Während in § 2 Abs. 4 und 5 VO vor allem die in Art. 4 Abs. 1 bzw. Anhang I VRL und Art. 4 Abs. 2 VRL genannten Vogelarten in den Blick genommen werden, für die ein günstiger Erhaltungszustand auf den geschützten Flächen erhalten und wiederhergestellt werden soll, und insbesondere Erhaltungs- und Entwicklungsmaßnahmen für die im LSG 25 II vorkommenden bzw. ehemals vorgekommenen wertbestimmenden Arten des EU-VSG V63 Weißsterniges Blaukehlchen (Luscinia svevica speculando), Schilfrohrsänger (Acrocephalus schoenobaenus) und Großer Brachvogel (Numenius arquata) genannt werden, bezieht sich § 2 Abs. 6 VO auf weitere ausdrücklich bezeichnete Vogelarten (Kiebitz, Wiesenpieper und Feldlerche als Brutvogelarten sowie Kiebitz, Bekassine und Krickente als Gastvogelarten) und darüber hinaus sämtliche in Anlage I aufgeführten Vogelarten, die den im Standarddatenbogen für das großflächige Vogelschutzgebiet 63 „Ostfriesische Seemarsch zwischen Norden und Esens“ aufgeführten Vogelarten entsprechen. Für diese letztgenannten Arten soll die Umsetzung der in § 2 Abs. 4 und 5 VO näher ausgeführten Ziele dazu führen, dass die unter Schutz gestellten Flächen als Pufferzone und ergänzender Lebensraum dienen. Zu diesen Arten zählen auch solche ohne besondere Ansprüche an ihren Lebensraum wie Stockente, Saatkrähe, Austernfischer und Silbermöwe, bei denen davon ausgegangen werden kann, dass verhältnismäßig ungestörte Freiflächen in einem geeigneten Landschaftsraum – wie er hier gegeben ist – bereits als Habitat ausreichen.

Dass Flächen, die sich – wie hier – gegenwärtig nicht oder nicht im gewünschten Maß in einem schutzwürdigen Zustand befinden, sich dazu aber entwickeln bzw. entwickelt werden können, nach nationalem Recht unter Schutz gestellt werden, steht auch mit Europarecht im Einklang. Art. 3 Abs. 1 VRL bestimmt, dass die Mitgliedstaaten unter Berücksichtigung der in Art. 2 VRL genannten Erfordernisse die erforderlichen Maßnahmen treffen, um für alle unter Art. 1 VRL fallenden Vogelarten eine ausreichende Vielfalt und eine ausreichende Flächengröße der Lebensräume zu erhalten oder wieder herzustellen. Gemäß Art. 3 Abs. 2 lit. a VRL gehört insbesondere die Einrichtung von Schutzgebieten zur Erhaltung und Wiederherstellung der Lebensstätten und Lebensräume. Nach Satz 1 der achten Begründungserwägung der VRL ist Schutz, Pflege oder Wiederherstellung einer ausreichenden Vielfalt und einer ausreichenden Flächengröße der Lebensräume für die Erhaltung aller Vogelarten unentbehrlich. Dementsprechend geht der Europäische Gerichtshof davon aus, dass die Vogelschutzrichtlinie zur Wiederherstellung der Lebensräume verpflichtet und zwar auch dann, wenn ein Verlust ornithologischer Wertigkeit aufgrund menschlicher Einflüsse wie Überweidung eingetreten ist (EuGH, Urt. v. 13.6.2002 - C-117/00 -, NVwZ 2002, 1228 Rn. 15 ff.). Außerdem hat der Europäische Gerichtshof entschieden, dass die Verpflichtung zur Ausweisung eines im IBA-Verzeichnis aufgeführten Gebiets als besonderes Schutzgebiet nicht zwangsläufig entfällt, wenn das Gebiet nicht mehr am geeignetsten ist (EuGH, Urt. v. 13.12.2007 - C-418/04 -, NuR 2008, 101 Rn. 82 ff.).

Die von dem Antragsteller angegriffene Landschaftsschutzgebietsverordnung erweist sich auch nicht deshalb als rechtswidrig, weil mit dem Bebauungsplan Nr. 89 der Stadt Esens die Legalisierung der Umgehungsstraße betrieben wird. Zwar liegt die Annahme nahe, dass bei einer erfolgreichen formellen und materiellen Legalisierung der Umgehungsstraße und ihrer dementsprechenden Nutzung das tatsächliche Entwicklungs- und Wiederherstellungspotential wesentlicher Teile des LSG 25 II, welches den obigen Ausführungen zufolge seine Schutzwürdigkeit begründet, entfallen würde. Eine solche Legalisierung – sollte sie denn erfolgt sein – könnte dem Erlass der Landschaftsschutzgebietsverordnung aber nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, weil sie der Verordnung sowohl bundes- als auch europarechtlich nachgelagert wäre.

Die Wirksamkeit des Bebauungsplans Nr. 89 setzt voraus, dass die Umgehungsstraße als Projekt nach § 34 BNatSchG rechtmäßig zugelassen worden ist, da die Regelungen in § 34 Abs. 1 bis 7 BNatSchG gemäß § 34 Abs. 8 BNatSchG auch für Bebauungspläne, die – wie der Bebauungsplan Nr. 89 – eine Planfeststellung ersetzen, gelten. Die Zulassung eines Projekts im Sinne des § 34 BNatSchG – wie sie hier durch den Bebauungsplan Nr. 89 erfolgt ist – setzt wiederum die Erklärung eines der Europäischen Kommission gemeldeten Europäischen Vogelschutzgebiets zu einem geschützten Teil von Natur und Landschaft im Sinne des § 20 Abs. 2 BNatSchG – hier durch die VO LSG 25 II – voraus.

Nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG sind Projekte vor ihrer Zulassung oder Durchführung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Natura 2000-Gebiets zu überprüfen, wenn sie einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Projekten und Plänen geeignet sind, das Gebiet erheblich zu beeinträchtigen, und nicht unmittelbar der Verwaltung dienen. Ergibt die Prüfung der Verträglichkeit, dass das Projekt zu erheblichen Beeinträchtigungen des Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen kann, ist es nach § 34 Abs. 2 BNatSchG verboten. Abweichend davon darf ein Projekt nach § 34 Abs. 3 BNatSchG nur zugelassen oder durchgeführt werden, wenn es 1. aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art, notwendig ist und 2. zumutbare Alternativen, den mit dem Projekt verfolgten Zweck an anderer Stelle ohne oder mit geringeren Beeinträchtigungen zu erreichen, nicht gegeben sind. Die Zulassung eines Projekts nach § 34 BNatSchG setzt somit voraus, dass es sich bei dem Gebiet, in dem das Projekt zugelassen oder durchgeführt werden soll, um ein Natura 2000-Gebiet handelt. Nach § 7 Abs. 1 Nr. 8 BNatSchG sind Natura 2000-Gebiete Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung und Europäische Vogelschutzgebiete. Europäische Vogelschutzgebiete (im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes) sind nach § 7 Abs. 1 Nr. 7 BNatSchG Gebiete im Sinne des Art. 4 Abs. 1 und 2 der VRL, wenn ein Schutz im Sinne des § 32 Abs. 2 bis 4 BNatSchG bereits gewährleistet ist. Das ist der Fall, wenn das Vogelschutzgebiet entsprechend den jeweiligen Erhaltungszielen zu geschützten Teilen von Natur und Landschaft im Sinne des § 20 Abs. 2 BNatSchG erklärt worden ist (§ 32 Abs. 2 BNatSchG) und die Schutzerklärung den Anforderungen des § 32 Abs. 3 BNatSchG entspricht oder wenn – was hier nicht der Fall ist – nach anderen Rechtsvorschriften einschließlich solcher des BNatSchG und gebietsbezogener Bestimmungen des Landesrechts, nach Verwaltungsvorschriften, durch die Verfügungsbefugnis eines öffentlichen oder gemeinnützigen Trägers oder durch vertragliche Vereinbarungen ein gleichwertiger Schutz gewährleistet ist (§ 34 Abs. 4 BNatSchG). Durch diese Bestimmungen werden die Vorgaben aus der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (ABl. L 206 v. 22.7.1992, S. 7 - FFH-RL -) umgesetzt, deren Art. 7 die Zulassungsfähigkeit von erheblich beeinträchtigenden Projekten in besonderen Schutzgebieten nach Art. 6 Abs. 3 und 4 FFH-RL davon abhängig macht, dass die nach Art. 4 Abs. 2 VRL als solche anerkannten Vogelschutzgebiete auch nach nationalem Recht endgültig rechtsverbindlich und außenwirksam als Schutzgebiete ausgewiesen worden sind (EuGH, Urt. v. 7.12.2000 - C-374/98 -, NVwZ 2001, 549 Rn. 43 ff.; BVerwG, Urt. v. 27.3.2014 - 4 CN 3.13 -, BVerwGE 149, 229 Rn. 17).

Nach alledem muss die Erklärung eines der Kommission gemeldeten Europäischen Vogelschutzgebiets zu einem geschützten Teil von Natur und Landschaft im Sinne des § 20 Abs. 2 BNatSchG, wie sie § 32 Abs. 2 und 3 BNatSchG vorsieht, vor der Zulassung eines Projektes nach § 34 BNatSchG erfolgt sein. Folglich ist die Zulassung eines Projekts der Unterschutzstellung des Gebiets nach nationalem Recht sowohl bundes- als auch europarechtlich nachgelagert. Dann aber ist es rechtlich ausgeschlossen, der Rechtmäßigkeit der nationalen Unterschutzstellung des Europäischen Vogelschutzgebiets die spätere Zulassung eines Projekts entgegenzuhalten. Das zeigt auch folgende Kontrollüberlegung: Würde die Zulassung eines Projekts zur Rechtswidrigkeit einer Verordnung zur Unterschutzstellung des Vogelschutzgebiets als geschützter Teil von Natur und Landschaft im Sinne des § 20 Abs. 2 BNatSchG führen, wäre das Gebiet, in dem das Projekt durchgeführt werden soll, mangels rechtmäßiger und damit wirksamer nationaler Unterschutzstellung kein nach nationalem Recht geschütztes Natura 2000-Gebiet. Damit wäre auch die Zulassung des Projekts selbst rechtswidrig, da diese voraussetzt, dass das Gebiet, in dem das Projekt verwirklicht werden soll, ein nach nationalem Recht geschütztes Natura 2000-Gebiet ist. Eine rechtswidrige Zulassung eines Projekts wiederum wäre aber nicht geeignet, die Rechtmäßigkeit einer Schutzgebietsverordnung in Frage zu stellen. Folglich kann die Zulassung eines Projekts, die ihrerseits eine rechtmäßige und damit wirksame Schutzgebietsverordnung voraussetzt, der Rechtmäßigkeit der Schutzgebietsverordnung nicht entgegengehalten werden.

Weil die Schutzwürdigkeit bereits nach § 26 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG anzunehmen ist, kann dahinstehen, ob das durch die VO LSG 25 II geschützte Gebiet auch nach § 26 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG wegen der Vielfalt, Eigenart und Schönheit oder der besonderen kulturhistorischen Bedeutung der Landschaft schutzwürdig ist. Im Übrigen ist ohnehin zweifelhaft, ob die VO überhaupt auf eine dahingehende Schutzwürdigkeit gestützt werden kann. Der Antragsgegner hat § 26 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG zwar in der Begründung der VO LSG 25 II erwähnt. Die von ihm erlassene Verordnung dient aber ganz offensichtlich nicht dem Schutz der Landschaft um ihrer selbst bzw. ihrer besonderen kulturhistorischen Bedeutung willen, sondern dem Schutz der Landschaft ausschließlich als Lebensraum für Tier- und Pflanzenarten, insbesondere für die in der Verordnung näher bezeichneten Vogelarten. Denn allein darauf beziehen sich die in § 2 Abs. 2 bis 6 VO genannten allgemeinen und besonderen Schutzzwecke der Verordnung. Besonders deutlich kommt dies in § 2 Abs. 4 VO zum Ausdruck, wonach besonderer Schutzzweck die Erhaltung und Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes für die im Anhang I der Vogelschutzrichtlinie aufgeführten, insbesondere der für den Ergänzungsbereich des EU-VSG V63 im Bereich Bensersiel wertbestimmenden Arten durch den Schutz und die Entwicklung des Gebietes in seiner Funktion als Nahrungs- und Brutgebiet sowie in seiner Pufferfunktion zwischen der Ortschaft Bensersiel und den großräumigen Offenlandschaften der Marschen mit ihrer besonderen Eigenart, Vielfalt und Schönheit ist. Daraus wird deutlich, dass auch der Verordnungsgeber den Schutz der besonderen Eigenart, Vielfalt und Schönheit der Landschaft nicht für das verhältnismäßig kleine Schutzgebiet der VO LSG 25 II als Schutzzweck angenommen hat, sondern diesen Schutzzweck für die an das Schutzgebiet anschließenden großräumigen Offenlandschaften, die durch die VO LSG 25 unter Landschaftsschutz gestellt worden sind, verfolgt. § 2 Abs. 5 VO LSG 25 bestimmt dementsprechend, dass weiterer Schutzzweck die Erhaltung, Pflege und naturnahe Entwicklung des Gebietes als Lebensstätte sonstiger schutzbedürftiger Tier- und Pflanzenarten und deren Lebensgemeinschaften sowie als Landschaft von Seltenheit, besonderer Eigenart, Vielfalt und besonderer Schönheit ist.

Das nach § 1 Abs. 1 VO unter Schutz gestellte Gebiet ist auch schutzbedürftig im Sinne des § 26 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG. Die Schutzbedürftigkeit und damit die Erforderlichkeit der Unterschutzstellung eines schutzwürdigen Gebiets setzt nicht voraus, dass die Behörde zuwarten muss, bis ein Schaden unmittelbar droht oder bereits eingetreten ist. Die abstrakte Gefährdung der gesetzlichen Schutzgüter reicht vielmehr aus (BVerwG, Urt. v. 5.2.2009 - 7 CN 1.08 -, NVwZ 2009, 719 Rn. 30; Beschl. v. 18.7.1997 - 4 BN 5.97 -, Buchholz 406.401 § 13 BNatSchG Nr. 3; Beschl. v. 16.6.1988 - 4 B 102.88 -, NVwZ 1988, 1020; Senatsurt. v. 19.7.2017 - 4 KN 29/15 -). Dies ist hier zweifelsohne gegeben. Nach allgemeiner Lebenserfahrung ist anzunehmen, dass die Nutzung der im Wesentlichen landwirtschaftlich genutzten Flächen im LSG 25 II etwa durch weitere Entwässerung, zusätzliche Meliorationsmaßnahmen oder Umwandlung von Dauergrünland in Ackernutzung intensiviert werden und damit eine Gefährdung der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts mit Blick auf die in der VO festgelegten Schutzzwecke drohen würde. Im Übrigen ist gerade wenn – wie hier – die Schutzwürdigkeit des Schutzgebiets mit seinem Entwicklungs- und Wiederherstellungspotential begründet worden ist, die Schutzbedürftigkeit ohne Weiteres anzunehmen, weil dieses Potential nur ausgeschöpft werden kann, wenn die Ge- und Verbote der Schutzgebietsverordnung eingehalten und nach der VO mögliche Entwicklungs- und Wiederherstellungsmaßnahmen auch durchgeführt werden.

Ebenfalls nicht zu beanstanden ist es, dass der Antragsgegner von der demnach bestehenden Möglichkeit, das Gebiet unter Landschaftsschutz zu stellen, Gebrauch gemacht hat.

Liegen – wie hier – die Voraussetzungen einer Unterschutzstellung für Teile von Natur und Landschaft vor, so hat die Naturschutzbehörde grundsätzlich einen Handlungsspielraum, ob und wie sie das schützenswerte und schutzbedürftige Gebiet unter Schutz stellt (Senatsurt. v. 30.10.2017 - 4 KN 275/17 - m.w.N.; vgl. BVerwG, Beschl. v. 29.1.2007 - 7 B 68.06 -). Dieser Grundsatz findet allerdings nach § 32 Abs. 2 BNatSchG hinsichtlich des „Ob“ einer Unterschutzstellung eine Einschränkung, wonach die in die Liste nach Artikel 4 Absatz 2 Unterabsatz 3 der FFH-Richtlinie aufgenommenen Gebiete nach Maßgabe des Artikels 4 Absatz 4 dieser Richtlinie und die nach Artikel 4 Absatz 1 und 2 der Richtlinie 2009/147/EG (Vogelschutzrichtlinie) benannten Gebiete entsprechend den jeweiligen Erhaltungszielen zu geschützten Teilen von Natur und Landschaft im Sinne des § 20 Absatz 2 BNatSchG zu erklären sind. Für diejenigen Teile des von der VO LSG 25 II unter Schutz gestellten Gebiets, die im Jahr 2015 zum EU-VSG V63 nachgemeldet worden sind, hat daher die Pflicht zu einer Unterschutzstellung bestanden (vgl. Senatsurt. v. 30.10.2017 - 4 KN 275/17 - m.w.N. u. v. 2.5.2017 - 4 KN 318/13 - u. - 4 KN 319/13 -). Der Senat hat im Übrigen keine Zweifel daran, dass diese Nachmeldung im Einklang mit Europarecht erfolgt ist.

Anders als der Antragsteller meint, hat diese Pflicht zur Unterschutzstellung unabhängig davon bestanden, ob andere bzw. weitere Flächen nach europäischem Recht ebenfalls hätten unter Schutz gestellt werden müssen. Der Antragsteller hält diejenigen Flächen östlich von Bensersiel, die Bestandteil des IBA-Gebietes NI044 bzw. DE094 sind, jedoch nicht zum EU-VSG V63 gehören und auch nicht innerhalb des von der VO LSG 25 II geschützten Gebiets liegen, für ornithologisch besonders geeignete Flächen, so dass eine Meldung an die Europäische Kommission und eine Unterschutzstellung nach nationalem Recht erfolgen müsste, um den Verpflichtungen aus der Vogelschutzrichtlinie zu genügen. Ob diese Einlassung des Antragstellers zutrifft, ist in diesem Verfahren allerdings nicht zu entscheiden. Denn selbst für den Fall, dass es sich bei den genannten Flächen östlich von Bensersiel um ornithologisch besonders geeignete Gebiete handeln würde, könnte eine unter Verletzung des naturschutzfachlichen Beurteilungsspielraums der Mitgliedstaaten vorgenommene Gebietsauswahl des EU-VSG V63 und eine unterbliebene Unterschutzstellung zwar zur Geltung des strengen Schutzregimes des Art. 4 Abs. 4 Satz 1 VRL auf diesen Flächen führen sowie Meldepflichten des Mitgliedstaates gegenüber der Europäischen Kommission nach der Vogelschutzrichtlinie auslösen. Keinesfalls jedoch könnte eine gegen Gemeinschaftsrecht verstoßende unterbliebene Auswahl und Unterschutzstellung eines Gebiets die Verpflichtung zur Unterschutzstellung eines anderen Gebiets im Sinne des § 32 Abs. 2 BNatSchG entfallen lassen.

Die vom Antragsgegner getroffene Gebietsauswahl erweist sich auch nicht deshalb als rechtswidrig, weil sie sinnlos oder willkürlich wäre.

Die Sinnlosigkeit einer Unterschutzstellung wäre etwa dann anzunehmen, wenn von einem insgesamt schutzwürdigen Gebiet nur ein Teil unter Schutz gestellt würde und dieser Teil zu klein wäre, um die Schutzmaßnahme fachlich für sinnvoll erachten zu können (vgl. Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, 2. Aufl. § 22 Rn. 4). Selbst wenn man – was nicht der Auffassung des Senats entspricht – davon ausgehen wollte, dass es sich beim LSG 25 II einerseits und dem Areal unmittelbar östlich von Bensersiel andererseits um ein einheitliches, insgesamt schutzwürdiges Gebiet handeln würde, wäre die vom Antragsgegner getroffene Schutzgebietsauswahl keinesfalls als sinnlos anzusehen. Denn die südlich und westlich von Bensersiel gelegenen Flächen sind nicht derart klein, dass ihre Unterschutzstellung fachlich nicht zu rechtfertigen wäre. Dies gilt bereits deshalb, weil das LSG 25 II unmittelbar an das mehr als 2.500 ha große LSG 25 anschließt und sowohl die VO LSG 25 als auch die VO LSG 25 II der Unterschutzstellung des EU-VSG V63 dienen, so dass bei der gebotenen Gesamtbetrachtung das zum Landschaftsschutzgebiet erklärte Gebiet offenkundig hinreichend groß ist.

Die vom Antragsteller bemängelte fehlende Unterschutzstellung von Flächen östlich von Bensersiel lässt die Gebietsauswahl für das LSG 25 II auch nicht willkürlich erscheinen. Diejenigen Teile des LSG 25 II, die im Jahr 2015 zum EU-VSG V63 nachgemeldet worden sind, musste der Antragsgegner nach § 32 Abs. 2 BNatSchG unter Schutz stellen, so dass die Gebietsauswahl in Bezug auf diese Flächen nicht willkürlich erfolgt ist. Doch auch die Unterschutzstellung derjenigen Teile des LSG 25 II westlich von Bensersiel, die nicht zum EU-VSG V63 nachgemeldet worden sind, ist nicht willkürlich erfolgt. Grundsätzlich erweist sich die Einbeziehung von Flächen in ein Landschaftsschutzgebiet nicht schon deshalb als rechtswidrig, weil sich die Landschaftsschutzgebietsverordnung nicht auf alle Flächen erstreckt, die unter Landschaftsschutz hätten gestellt werden können. Die unterschiedliche Behandlung von Grundstücken wäre, da die Entscheidung über die Unterschutzstellung eines Gebiets und dessen Ausdehnung nach §§ 22 Abs. 1 BNatSchG, 14 NAGBNatSchG im Ermessen der Naturschutzbehörde steht, allenfalls dann rechtlich zu beanstanden, wenn sie willkürlich wäre (vgl. Senatsurt. v. 1.4.2008 - 4 KN 57/07 -, v. 16.12.2009 - 4 KN 76/08 - u. v. 19. 2. 2014 - 4 KN 56/12 -). Dafür bestehen hier jedoch keine Anhaltspunkte. Der NLWKN hat in seinem Gutachten vom 21. Juli 2014, das er im Zuge der Gebietsauswahl für die Neuabgrenzung des EU-VSG V63 erstellt hatte, in der Anlage B überzeugend aufgezeigt, dass das Gebiet östlich von Bensersiel und nördlich der L5 ornithologisch nicht derart wertvoll ist, dass es zu den geeignetsten Gebieten gehören würde. So hat der NLWKN ausgeführt, dass die für den Brachvogel genannten hohen Rastzahlen sich nicht allein auf die 9 ha große Fläche östlich von Bensersiel und nördlich der L5 bezögen, sondern auf demgegenüber deutlich ausgedehntere Räumlichkeiten. Auch wegen der umliegenden Bebauung stelle diese Fläche keinen qualitativ wertvollen Rastraum dar. Der Hinweis auf diese plausiblen Ausführungen des NLWKN zur ornithologischen Wertigkeit des Gebiets östlich von Bensersiel und nördlich der L5 im Rahmen der Abwägung zur Schutzgebietsausweisung durch die VO LSG 25 II spricht dafür, dass der Antragsteller sich bei der Entscheidung, diese Fläche nicht unter Schutz zu stellen, von naturschutzfachlichen Erwägungen hat leiten lassen.

Im Übrigen verbleibt der Naturschutzbehörde bei der Entscheidung darüber, wie das EU-VSG V63 unter Schutz gestellt wird, und ob und wie die übrigen Bereiche des Landschaftsschutzgebiets, die kein Europäisches Vogelschutzgebiet im Sinne der Vogelschutzrichtlinie umfassen, unter Schutz gestellt werden, ein Handlungsspielraum, der in erster Linie durch eine nach Maßgabe des naturschutzrechtlichen Abwägungsgebots im Sinne des § 2 Abs. 3 BNatSchG erfolgende, dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verpflichtete Würdigung der sich gegenüberstehenden Interessen des Naturschutzes auf der einen und der Nutzungsinteressen der Grundeigentümer auf der anderen Seite geprägt ist (Senatsurt. v. 30.10.2017 - 4 KN 275/17 -, v. 29.11.2016 - 4 KN 93/14 -, v. 20.1.2016 - 4 KN 15/14 - u. v. 1.4.2008 - 4 KN 57/07 -; Nds. OVG, Urt. v. 24.8.2001 - 8 KN 209/01 - u. Urt. v. 6.11.2002 - 8 KN 231/01 -, ferner BVerwG, Beschl. v. 29.1.2007 - 7 B 68/06 - u. Beschl. v. 16.6.1988 - 4 B 102/88 -). Diese gebotene Würdigung der sich gegenüberstehenden Interessen hat der Antragsgegner vorgenommen. Das zeigt schon die Verordnung selbst, die in § 4 zahlreiche Freistellungen von den Verboten des § 3 VO enthält und den Nutzungsinteressen der Grundeigentümer insoweit den Vorrang vor den Naturschutzbelangen einräumt. Außerdem hat der Antragsgegner den unmittelbar zur Hofstelle des Klägers gehörenden Bereich vom Geltungsbereich der Verordnung ausgenommen. Diese Umstände machen deutlich, dass der Antragsgegner sich mit dem Für und Wider gerade auch der landwirtschaftlichen Nutzung des unter Schutz gestellten Gebietes detailliert befasst und die betroffenen Belange gewürdigt hat. Dafür sprechen auch die im Verwaltungsvorgang dokumentierte Prüfung und Auswertung der im Rahmen der Beteiligung der Träger öffentlicher Belange und der Öffentlichkeit nach § 14 Abs. 1 und 2 NAGBNatSchG eingegangenen Bedenken und Anregungen, u. a. auch der Eingaben des Antragstellers, und die Ausführungen des Antraggegners im Rahmen der Abwägung. Diese Ausführungen lassen – anders als der Antragsteller meint – nicht den Schluss darauf zu, dass es bei der Schutzgebietsausweisung für das LSG 25 II allein um die Legalisierung der Umgehungsstraße gegangen sei und dass das ca. 9 ha große Gebiet östlich von Bensersiel und nördlich der alten Landesstraße 5, das Teil des IBA-Gebiets NI044 bzw. DE094 ist, ausschließlich aus sachfremden Gründen nicht in das Schutzgebiet einbezogen worden sei. Denn der Antragsgegner hat in seiner Abwägung auf die Gutachten des NLWKN vom 21. Juli 2014 zu diesem Gebiet (Anlagen A und B) verwiesen, in denen sich der NLWKN im Zuge der Gebietsauswahl für die Neuabgrenzung des EU-VSG V63 eingehend mit Einwänden aus dem öffentlichen Beteiligungsverfahren, u.a. auch den vom Antragsteller erhobenen Einwänden, und den Entscheidungsgründen der Urteile des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 10. April 2013 (- 1 KN 33/10 -) und des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. März 2014 (- 4 CN 3.13 -) auseinander gesetzt hat (Anlage B). Die zur Neuabgrenzung des EU-VSG V63 erhobenen Einwände des Antragstellers überschneiden sich inhaltlich in weiten Teilen mit den Einwänden, die er gegen die VO LSG 25 II vorgebracht hat.

Außerdem würde eine unzureichende Ermittlung und Zusammenstellung der bei der Abwägung zu berücksichtigenden Umstände die Nichtigkeit der Schutzgebietsverordnung ohnehin nicht nach sich ziehen (Senatsurt. v. 30.10.2017 - 4 KN 275/17 -, v. 29.11.2016 - 4 KN 93/14 - u. v. 1.4.2008 - 4 KN 57/07 -; Senatsbeschl. v. 30.8.2016 - 4 LA 352/15 -; Nds. OVG, Urt. v. 25.9.2003 - 8 KN 2072/01 -, v. 24.8.2001 - 8 KN 209/01 - u. v. 14.12.2000 - 3 K 4802/99 -). Dies wäre lediglich dann der Fall, wenn die Anforderungen, die an die Rechtmäßigkeit planerischer Entscheidung gestellt werden, (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 7.7.1978 - 4 C 79.76 u.a. -, BVerwGE 56, 110, 122 f. m.w.N.) auch für Verordnungen, die gemäß § 26 BNatSchG erlassen werden, gelten würden. Das ist jedoch zu verneinen, weil die dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verpflichtete Würdigung der sich gegenüberstehenden Interessen, die bei Vorliegen der Voraussetzungen für den Erlass einer Landschaftsschutzgebietsverordnung den Handlungsspielraum der Naturschutzbehörde prägt (BVerwG, Beschl. v. 16.6.1988 - 4 B 102/88 -), mit der Abwägung aller in Betracht kommenden Belange bei einer Planungsentscheidung nicht identisch ist (BVerwG, Beschl. v. 16.6.1988, a.a.O.; Senatsurt. v. 1.4.2008 - 4 KN 57/07 -; Nds. OVG, Urt. v. 24.8.2001 - 8 KN 209/01 - u. Urt. v. 14.12.2000 - 3 K 4802/99 -). Daher kommt es lediglich darauf an, ob die aufgrund der Abwägung getroffene Entscheidung über die Unterschutzstellung des Gebiets und die Verbote im Ergebnis zu beanstanden sind (BVerwG, Beschl. v. 20.12.2017 - 4 BN 8.17 -; Senatsurt. v. 30.10.2017 - 4 KN 275/17 -, v. 29.11.2016 - 4 KN 93/14 - und v. 1.4.2008 - 4 KN 57/07 -, Senatsbeschl. v. 30.8.2016 - 4 LA 352/15 -; Nds. OVG, Urt. v. 24.8.2001 - 8 KN 209/01 - u. Urt. v. 14.12.2000 - 3 K 4802/99 -). Dass ist hier nicht der Fall. Denn die Unterschutzstellung des in § 1 VO näher bezeichneten Gebiets als LSG 25 II ist – wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt – im Ergebnis nicht zu beanstanden.

Dies gilt auch für die in der VO LSG 25 II enthaltenen Verbote.

Rechtsgrundlage für die in der Verordnung geregelten Verbote ist § 26 Abs. 2 BNatSchG. Danach sind in einem Landschaftsschutzgebiet unter besonderer Beachtung des § 5 Abs. 1 BNatSchG nach Maßgabe näherer Bestimmungen alle Handlungen verboten, die den Charakter des Gebietes verändern oder dem besonderen Schutzzweck entgegenlaufen. Die Naturschutzbehörde kann demnach unter besonderer Beachtung der besonderen Bedeutung einer natur- und landschaftsverträglichen Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft für die Erhaltung der Kultur- und Erholungslandschaft Handlungen, die den Gebietscharakter verändern oder dem besonderen Schutzzweck zuwiderlaufen, verbieten.

Der Antragsteller hat die in der Verordnung enthaltenen Verbote im Einzelnen nicht beanstandet. Auch der Senat sieht keinen Anlass zur Beanstandung. Die in § 3 Abs. 2 VO im Einzelnen bezeichneten Verbote dienen ohne Weiteres den Schutzzwecken der VO LSG 25 II.

§ 2 Abs. 2 VO enthält den allgemeinen Schutzzweck, wonach das LSG 25 II der Erhaltung und Entwicklung des Gebiets als Lebensstätte schutzbedürftiger Tier- und Pflanzenarten und deren Lebensgemeinschaften der Übergangsbereiche zwischen Siedlung und naturgeprägter offener Kulturlandschaft dient. § 2 Abs. 3 VO stellt klar, dass die Unterschutzstellung der Erhaltung des Gebietes als Europäisches Vogelschutzgebiet nach der Richtlinie 2009/147/EG (Vogelschutzrichtlinie) dient, und § 2 Abs. 4 bis 6 VO benennt die besonderen Schutzzwecke. Diese beziehen sich – wie bereits ausgeführt – ausschließlich auf den Vogelschutz, und zwar einerseits nach § 2 Abs. 4 VO auf die Erhaltung und Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes des Gebiets für die nach § 4 Abs. 1 und 2 VRL geschützten Arten sowie auf die Erhaltung und Förderung eines langfristig überlebensfähigen Bestandes insbesondere der im LSG 25 II vorkommenden, für das EU-VSG V63 wertbestimmenden Arten Weißsterniges Blaukehlchen, Schilfrohrsänger und Großer Brachvogel und andererseits nach § 2 Abs. 6 VO auf die Erhaltung und Förderung der im Gebiet nachgewiesenen europäischen Vogelarten Kiebitz, Wiesenpieper und Feldlerche als Brutvogelarten sowie Kiebitz, Bekassine und Krickente als Gastvogelarten sowie die Schaffung einer Pufferzone und eines ergänzenden Lebensraumes für die in Anlage I der VO aufgeführten Vogelarten.

Die Verbote nach § 3 Abs. 2 VO stehen in Einklang mit diesen Schutzzwecken. Sie verstoßen ferner nicht gegen das Übermaßverbot. Dies gilt auch für die in § 3 Abs. 2 enthaltenen repressiven Verbote ohne Erlaubnisvorbehalt. Derartige Verbote darf die Naturschutzbehörde zwar nur dann erlassen, wenn von vornherein feststeht, dass die verbotenen Handlungen den Gebietscharakter schlechthin verändern oder dem besonderen Schutzzweck schlechthin zuwiderlaufen, da landschaftsschutzrechtliche Verbote nicht weiter reichen dürfen, als es im Interesse der gesetzlich anerkannten Schutzgüter erforderlich ist (Senatsurt. v. 4.12.2018 - 4 KN 77/16 - u. v. 30.10.2017 - 4 KN 275/17 - m.w.N.). Diese Voraussetzung erfüllen die Verbote wie beispielsweise das aus § 3 Abs. 2 Nr. 8 VO (kein Ausüben von Kitesportarten), das aus § 3 Abs. 2 Nr. 10 VO (keine Anlage von Erstaufforstungen, Weihnachtsbaum- und Schnittreisigkulturen, Baumschulen sowie Kurzumtriebsplantagen), das aus § 3 Abs. 2 Nr. 11 lit. a VO (keine Anpflanzung oder Ansiedlung gebietsfremder oder nicht heimischer oder invasiver Pflanzen- und Tierarten) und das aus § 3 Abs. 2 Nr. 14 VO (keine nachhaltige Beschädigung oder Beseitigung von Röhrichtbeständen) aber unzweifelhaft. Dabei ist auch zu beachten, dass die Fläche des LSG 25 II verhältnismäßig klein ist und einen ortsnahen Randbereich betrifft, so dass die Schutzzwecke überhaupt nur erreicht werden können, wenn der dafür erforderliche Gebietscharakter flächendeckend erhalten bzw. hergestellt wird. Weiterhin enthält § 4 VO zahlreiche, teilweise auch weitgehende Freistellungen von den Verboten des § 3 VO sowie Einvernehmensvorbehalte, die Erlaubnisvorbehalten gleichstehen dürften. Insbesondere durch § 4 Abs. 2 Nr. 1 lit c VO (Freistellung des Betretens und Befahrens durch die Eigentümer und Nutzungsberechtigten sowie deren Beauftragten zur rechtmäßigen Nutzung oder Bewirtschaftung der Grundstücke), § 4 Abs. 2 Nr. 2 VO (Freistellung der ordnungsgemäßen Unterhaltung rechtmäßig bestehender Bewässerungsanlagen), § 4 Abs. 2 Nr. 3 VO (Freistellung der Anlage innerbetrieblicher Viehtriebswege und Wirtschaftswege mit ausschließlich landwirtschaftlicher Nutzung), § 4 Abs. 2 Nr. 5 VO (Freistellung baulicher Vorhaben im Außenbereich im engen räumlichen Zusammenhang mit einer Hofstelle im Einvernehmen mit der Naturschutzbehörde), § 4 Abs. 2 Nr. 6 VO (Freistellung der Errichtung von Viehunterständen im Einvernehmen mit der Naturschutzbehörde bezüglich deren Lage), § 4 Abs. 2 Nr. 7 (Freistellung der Anlage von Hofgehölzen unter bestimmten Voraussetzungen), § 4 Abs. 2 Nr. 8 VO (Vergrämung von Vögeln unter bestimmten Voraussetzungen) und § 4 Abs. 3 VO (Freistellung der natur- und landschaftsverträglichen Bodennutzung nach den Grundsätzen der guten fachlichen Praxis mit Ausnahme der in § 3 VO genannten Verbote und Erfordernis des Einvernehmens der Naturschutzbehörde bei davon abweichenden Bewirtschaftungsformen) wird sichergestellt, dass auf den geschützten Flächen weiterhin Landwirtschaft, auch intensive, betrieben werden kann.

Anders als der Antragsteller meint, verstößt auch die Freistellungsregelung des § 4 Abs. 10 VO nicht gegen höherrangiges Recht.

§ 4 Abs. 10 Satz 1 Nr. 1 VO nimmt auf § 34 Abs. 1 BNatSchG i. V. m. § 26 NAGBNatSchG Bezug und stellt zulassungs- oder anzeigepflichtige Pläne und Projekte von den Verboten des § 3 VO frei, wenn im Rahmen einer Umweltverträglichkeitsprüfung im Sinne von § 34 Abs. 1 BNatSchG nachgewiesen wird, dass sie Schutzzwecke der VO LSG 25 II weder einzeln noch im Zusammenwirken mit anderen Plänen und Projekten nachteilig berühren. Diese Regelung sieht keine über § 34 BNatSchG hinausgehenden Freistellungen vor und verstößt bereits deshalb nicht gegen höherrangiges Recht. § 34 BNatSchG setzt Art. 6 Abs. 3 und 4 FFH-RL in deutsches Recht um. Aus § 34 Abs. 2 BNatSchG folgt im Umkehrschluss, dass ein Projekt, das nach der Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu keinen erheblichen Beeinträchtigungen eines Natura 2000-Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen kann, zulässig ist. § 34 Abs. 1 Satz 2 BNatSchG stellt dabei klar, dass die Maßstäbe für die Verträglichkeit, soweit ein Natura 2000-Gebiet ein geschützter Teil von Natur und Landschaft im Sinne des § 20 Abs. 2 BNatSchG ist, sich aus dem Schutzzweck und den dazu erlassenen Vorschriften ergeben, wenn dabei die jeweiligen Erhaltungsziele berücksichtigt worden sind. Ein nach § 34 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 BNatSchG zulässiges Projekt ist daher notwendigerweise auch von den Verboten einer Schutzgebietsverordnung, die seiner Zulassung oder Durchführung an sich entgegenstehen würden, freigestellt. Einer dementsprechenden Freistellungsregelung in einer Schutzgebietsverordnung kommt damit lediglich klarstellende Funktion zu, so dass sie ohne Weiteres rechtmäßig ist. § 4 Abs. 10 Satz 1 Nr. 1 VO stellt eine solche Freistellungsregelung dar. Dass in dieser Vorschrift nicht wie in § 34 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 BNatSchG von „erheblich beeinträchtigen“, sondern stattdessen von „nachteilig berühren“ die Rede ist, schadet nicht. Denn keinesfalls kann dies so verstanden werden, dass die Freistellung von den Verboten des § 3 VO für Projekte, von denen eine erhebliche Beeinträchtigungswirkung ausgehen kann, in Anspruch genommen werden kann. Vielmehr darf angesichts der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 17.1.2007 - 9 A 20.05 -, BVerwGE 128, 1 Rn. 41), das unter Hinweis auf die Schlussanträge der Generalanwältin Kokott zu Rs. C-127/02, Slg. 2004, I-7405, Nr. 85 ausgeführt hat, dass „unerheblich (…) im Rahmen des Art. 6 Abs. 3 FFH-RL nur Beeinträchtigungen sein (dürften), die kein Erhaltungsziel nachteilig berühren“, davon ausgegangen werden, dass „nachteilig berühren“ in § 4 Abs. 10 Satz 1 Nr. 1 VO inhaltlich genauso zu verstehen ist wie „erheblich beeinträchtigen“ in § 34 Abs. 1 und Abs. 2 BNatSchG. Ferner bestehen keine Zweifel daran, dass die Schutzzwecke der VO-LSG 25 II auch die Erhaltungsziele des EU-VSG V63 berücksichtigen, weil diese Verordnung – wie bereits dargelegt – dem Schutz ausgewählter wertbestimmender Arten des EU-VSG V63 dient.

§ 4 Abs. 10 Satz 1 Nr. 2 VO stellt einer behördlichen Entscheidung oder Anzeige bedürfenden Pläne und Projekte, die die Schutzzwecke der Verordnung einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Plänen und Projekten nachteilig berühren und damit die Voraussetzungen des § 4 Abs. 10 Satz 1 Nr. 1 VO nicht erfüllen, nur dann von den Verboten des § 3 VO frei, wenn sie die Voraussetzungen des § 34 Abs. 3 bis 5 BNatSchG erfüllen. Eine über § 34 Abs. 3 bis 5 BNatSchG hinausgehende Freistellungsregelung für erheblich beeinträchtigende Pläne und Projekte stellt § 4 Abs. 10 Satz 1 Nr. 2 VO damit nicht dar, so dass auch diese Vorschrift ohne Weiteres mit höherrangigem Recht in Einklang steht.

Der vom Antragsteller besonders bemängelte § 4 Abs. 10 Satz 2 VO, wonach die Freistellungsregelung des § 4 Abs. 10 Satz 1 VO auch für bereits realisierte Vorhaben einschließlich der Ortsentlastungsstraße Bensersiel gilt, wenn über deren Zulassung in einem neuen Bebauungsplan- oder Planfeststellungsverfahren entschieden wird, ist ebenfalls rechtlich nicht zu beanstanden. Diese Vorschrift verstößt bereits deshalb nicht gegen höherrangiges Recht, weil sie für die genannten Vorhaben einschließlich der Ortsentlastungsstraße Bensersiel keine Rechtsfolge vorsieht, die sich nicht bereits aus § 34 Abs. 1 bis 5 BNatSchG ergeben würde. Insbesondere ergibt sich entgegen den Ausführungen des Antragstellers auch keine rechtliche Vorwirkung mit Blick auf die Rechtmäßigkeit der Zulassung der kommunalen Entlastungsstraße Bensersiel. Vielmehr muss die Zulassung dieser Straße sämtlichen rechtlichen Anforderungen, die an sie zu stellen sind, entsprechen, um ihre Legalisierung zu bewirken. Die Prüfung, ob diese rechtlichen Anforderungen erfüllt sind, ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.

Die Regelungen der VO LSG 25 II genügen ferner den Vorgaben des § 32 Abs. 3 Satz 3 BNatSchG. Danach ist für die in § 32 Abs. 2 BNatschG aufgeführten zu geschützten Teilen von Natur und Landschaft im Sinne des § 20 Abs. 2 BNatSchG zu erklärenden Gebiete, zu denen die zum EU-VSG V63 gehörenden Flächen des LSG 25 II zählen, durch geeignete Gebote und Verbote sowie Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen sicherzustellen, dass den Anforderungen des Artikels 6 der Richtlinie 92/43/EWG (FFH-Richtlinie) entsprochen wird.

Die Verordnung enthält in § 3 VO geeignete Verbote, um – wie in Art. 6 Abs. 2 FFH-RL gefordert – die Verschlechterung der natürlichen Lebensräume und der Habitate der von ihren Schutzzwecken umfassten Vogelarten sowie deren Störung zu vermeiden. In §§ 7 und 8 VO finden sich Regelungen zu Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen. § 8 Abs. 2 VO sieht vor, Maßnahmen zur Förderung einer auf die Lebensraumansprüche der wertgebenden Arten ausgerichtete landwirtschaftliche Nutzung (Nr. 1), zur Schaffung von Strukturen und Lebensräumen, die die Bedeutung des Schutzgebiets für die wertgebenden Arten verbessern (Nr. 2), sowie gezielt zur Stützung der Brut- und Rastpopulationen und zum Gelegeschutz (Nr. 3) umzusetzen. Zudem enthält die VO LSG 25 II ausreichende Regelungen dazu, wie Verstößen gegen die Verbote aus § 3 VO begegnet werden kann. § 6 VO ermächtigt in Verbindung mit § 2 Abs. 2 NAGBNatSchG die Naturschutzbehörde zu Anordnungen gerichtet auf die Wiederherstellung des bisherigen Zustandes, wenn gegen die Verbote des § 3 VO oder die Einvernehmensvorbehalte/Anzeigepflichten des § 4 VO verstoßen wurde und Natur oder Landschaft rechtswidrig zerstört, beschädigt oder verändert worden sind. Damit ist den gemeinschaftsrechtlichen Anforderungen aus Art. 6 Abs. 2 FFH-RL Genüge getan worden. Ob und inwieweit das Gemeinschaftsrecht erfordert, dass bestimmte Wiederherstellungsmaßnahmen – sei es auf der Grundlage von § 6 VO i. V. m. § 2 Abs. 2 NAGBNatSchG, sei es auf der Grundlage von §§ 7, 8 VO und § 15 NAGBNatSchG – konkret anzuordnen bzw. zu ergreifen sind, ist in diesem Verfahren nicht zu entscheiden. Denn vorliegend geht es um die Beurteilung einer Rechtsverordnung, die abstrakt-generelle Regelungen bezogen auf ein bestimmtes Schutzgebiet enthält.

Selbst wenn die Verordnung die aus § 32 Abs. 3 Satz 3 BNatSchG und Art. 6 Abs. 2 FFH-RL folgenden Anforderungen verfehlen würde, etwa weil weitergehende Verbote bzw. weniger weit gehende Freistellungsregelungen geeigneter wären, um diesen Anforderungen zu entsprechen, oder wenn einzelne Verbote nur teilweise geeignet wären, um den sich aus Art. 6 Abs. 2 FFH-RL ergebenden Zielen zu entsprechen, würde dies nicht zu einer Unwirksamkeit dieser Regelungen oder gar der gesamten Verordnung führen. Denn es würde dem Zweck der in § 32 Abs. 2 BNatSchG geregelten Pflicht zur Unterschutzstellung von Vogelschutzgebieten und der damit korrespondierenden in § 32 Abs. 3 Satz 3 BNatSchG geregelten Pflicht der Naturschutzbehörden u. a. zur Schaffung geeigneter Gebote und Verbote zur Durchsetzung der Anforderungen des Art. 6 FFH-Richtlinie widersprechen, wenn ein Verstoß gegen diese gesetzlichen Vorgaben durch den Erlass unzureichender, wenn auch nicht völlig ungeeigneter Schutzvorschriften stets zur Unwirksamkeit der entsprechenden Regelungen einer Verordnung führen würde (vgl. Senatsurt. v. 30.10.2017 - 4 KN 275/17 -). Damit steht in Einklang, dass das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG, Urt. v. 1.4.2004 - 4 C 2.03 -, BVerwGE 120, 276, 285; Beschl. v. 14.4.2011 - 4 B 77.09 -, juris Rn. 59 ff. u. v. 22.6.2015 - 4 B 59.14 -, NuR 2015, 772 Rn. 19) unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (Urt. v. 13.6.2002 - C-117/00 -, Rn. 25 u. v. 20.9.2007 – C-388/05 -, Rn. 25) davon ausgeht, dass eine Schutzgebietsverordnung den materiell-rechtlichen Anforderungen des Art. 6 Abs. 2 FFH-RL nicht zu genügen braucht, um den Regimewechsel nach Art. 7 FFH-RL für Europäische Vogelschutzgebiete herbeizuführen. Ausreichend ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschl. v. 22.6.2015 - 4 B 59.14 -, NuR 2015, 772 Rn. 19), der der Senat folgt, vielmehr, dass das Vogelschutzgebiet räumlich bestimmt ist – wie hier in § 1 VO – und der Schutzzweck benannt wird – wie hier in § 2 Abs. 2 und Abs. 4 bis 6 VO. Auch darin kommt zum Ausdruck, dass eine Schutzgebietsverordnung nicht deshalb unwirksam ist, weil sie hinter den Anforderungen des Art. 6 Abs. 2 FFH-RL zurückbleibt. Denn anderenfalls wäre es nicht möglich, dass sie den Wechsel vom Schutzregime des Art. 4 Abs. 4 VRL zu dem des Art. 6 FFH-RL auslöst, weil dieser Wechsel einen wirksamen, mit Außenwirkung versehenen nationalen Rechtsakt voraussetzt. Ein Verstoß gegen die materiell-rechtlichen Anforderungen des Art. 6 Abs. 2 FFH-RL hätte damit nur zur Folge, dass der Normgeber zu einem Nachbessern der Verordnung verpflichtet wäre und hierzu von der Rechts- und Fachaufsicht auch angehalten werden könnte. Ferner könnte die Europäische Kommission Versäumnisse deutscher Naturschutzbehörden bei der Schaffung der im Sinne von Art. 6 Abs. 1 und 2 FFH-Richtlinie geeigneten und nötigen Erhaltungsmaßnahmen auch zum Anlass nehmen, ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland einzuleiten (vgl. BVerwG, Beschl. v. 14.4.2011 - 4 B 77.09 -, juris Rn. 62).

Schließlich verstoßen die Regelungen in der VO LSG 25 II, insbesondere die Verbote, nicht gegen Art. 14 GG, weil sie sich als eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG erweisen. Wenn die natürlichen oder landschaftsräumlichen Gegebenheiten eines Grundstücks im Interesse der Allgemeinheit erhaltenswert sind und des Schutzes bedürfen, so ergibt sich daraus eine immanente, dem Grundstück selbst anhaftende Beschränkung der Eigentümerbefugnisse, die durch natur- und landschaftsschutzrechtliche Regelungen – wie die Verordnung des Antragsgegners – lediglich nachgezeichnet wird (Senatsurt. v. 1.4.2007 - 4 KN 57/07 -; ferner BVerwG, Urt. v. 24.6.1993 - 7 C 26.92 -, NJW 1993, 2949 m.w.N.). Regelungen des Naturschutzes, die die Nutzung von Grundstücken aus Gründen des Natur- und Landschaftsschutzes beschränken, sind daher keine Enteignungen im Sinne des Art. 14 Abs. 3 GG, sondern Bestimmungen von Inhalt und Schranken des Eigentums, die als Ausdruck der Sozialpflichtigkeit des Eigentums grundsätzlich hinzunehmen sind (vgl. BVerwG, Urt. v. 31.1.2001 - 6 CN 2.00 -, NuR 2001, 351 [OVG Schleswig-Holstein 06.12.1999 - 2 M 52/99]; Beschl. v. 18. 7.1997 - 4 BN 5.97 -, Buchholz 406 401 § 13 BNatSchG Nr. 3 = NuR 1998, 37). Als unzumutbare Beschränkungen der Eigentümerbefugnisse erweisen sie sich erst dann, wenn nicht genügend Raum für einen privatnützigen Gebrauch des Eigentums oder eine Verfügung über den Eigentumsgegenstand verbleibt oder wenn eine Nutzung, die bisher ausgeübt worden ist oder sich nach der Lage der Dinge objektiv anbietet, ohne jeglichen Ausgleich unterbunden wird (vgl. BVerwG, Beschl. v. 17.1.2000 - 6 BN 2.99 -, NVwZ-RR 2000 S. 339; Beschl. v. 18. 7.1997, a.a.O.). Davon kann hier jedoch keine Rede sein. Die Verordnung enthält weitgehende Freistellungen von den Verboten der § 26 Abs. 2 BNatSchG und § 3 VO, die eine hinreichende Nutzungsmöglichkeit der Grundstücke in dem Landschaftsschutzgebiet durch den Eigentümer gewährleisten.

Dem Normenkontrollantrag muss auch mit dem Hilfsantrag der Erfolg versagt bleiben. Dabei kann dahinstehen, ob der Hilfsantrag überhaupt zulässig ist. Denn er erweist sich jedenfalls als unbegründet, weil die angegriffene Verordnung rechtmäßig und damit wirksam ist. Daher besteht kein Anlass, die Verordnung vorläufig für unwirksam zu erklären.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.