Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 24.05.2019, Az.: 2 ME 360/19

Anhörung; Anhörungsmangel; Begründung; Begründung des Vollzugsinteresses; besonderes Vollzugsinteresse; Bestandskraft; endgültiges Nichtbestehen; Exmatrikulation; Nichtbestehen einer Prüfung; Nichtigkeit; Prüfungsanspruch; Rechtmäßigkeit; sofortige Vollziehung; Sofortvollzug; Verwaltungsakt; Wiederholungsversuch

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
24.05.2019
Aktenzeichen
2 ME 360/19
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2019, 69701
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 27.02.2019 - AZ: 4 B 34/19

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Die Exmatrikulation wegen des "endgültigen Nichtbestehens einer Prüfung" gemäß § 19 Abs. 6 Satz 2 Nr. 2 b NHG setzt nur voraus, dass auch im letzten nach der maßgeblichen Studienordnung zustehenden Prüfungsversuch ein positives Prüfungsergebnis nicht erzielt und dies durch Verwaltungsakt festgestellt worden ist. Die Bestandskraft des Prüfungsbescheids ist nicht erforderlich.

2. In einer universitären Prüfung sind mehr als zwei Wiederholungsversuche (verfassungs-)rechtlich nicht geboten. Die Zahl der Wiederholungsversuche muss nicht parlamentsgesetzlich bestimmt werden.

3. Die Bewertung einer Klausur ist als Verwaltungsakt zu qualifizieren, wenn das Nichtbestehen dieser Klausur nach der Studienordnung der Hochschule dazu führt, dass nunmehr ein Versuch weniger zum Bestehen zur Verfügung steht oder der Prüfungsanspruch ausgeschöpft ist (Fortführung der Senatsrechtsprechung, vgl. Senatsbeschl. v. 21.3.2019 - 2 ME 325/19 -, juris Rn. 9 f.).

4. Bei studienbegleitenden Prüfungen sind Änderungen der Studien- und Prüfungsordnungen selbst dann grundsätzlich zulässig, wenn ein Studierender bereits nach der alten Ordnung Leistung erbracht hat und sich nunmehr die Art einiger Prüfungsleistungen ändert. Vertrauensschutz besteht nur insoweit, als der Studierende grundsätzlich davon ausgehen kann, dass sich die sein Studierverhalten bestimmenden Prüfungsbedingungen nicht so sehr zu seinem Nachteil ändern, dass er sich hierauf nicht mehr in zumutbarer Weise einstellen kann (Fortführung der Senatsrechtsprechung, vgl. Senatsbeschl. v. 19.9.2008 - 2 ME 90/08 -, juris Rn. 7).

Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Göttingen - Einzelrichterin der 4. Kammer - vom 27. Februar 2019 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.500 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich gegen seine Exmatrikulation wegen des endgültigen Nichtbestehens einer Prüfung.

Der Antragsteller war seit dem Wintersemester 2016/2017 bei der Beklagten im Studiengang Humanmedizin eingeschrieben und hatte einen Teilstudienplatz inne. Am 26. Juli 2018 bestand er die Prüfungsklausur im Fach Makroskopische Anatomie - wie zuvor am 13. Juli 2017 den ersten Versuch und am 27. Juli 2017 den ersten Wiederholungsversuch - im zweiten Wiederholungsversuch nicht. Den Widerspruch des Klägers gegen die letztere Prüfungsentscheidung wies die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 7. November 2018 zurück und versagte die Genehmigung seines beantragten Rücktritts von der Wiederholungsklausur am 26. Juli 2018 sowie die Annullierung der Wiederholungsprüfung aufgrund einer nachträglich geltend gemachten Erkrankung. Zugleich lehnte sie den Antrag des Antragstellers auf Beurlaubung für das Sommersemester 2018 ab. Hiergegen führt der Antragsteller das Klageverfahren 4 A 455/18, über das das Verwaltungsgericht bisher nicht entschieden hat.

Mit Schreiben vom 5. Dezember 2018 beantragte der Antragsteller die Feststellung der Nichtigkeit der Entscheidung über die erste am 27. Juli 2017 durchgeführte Wiederholungsprüfung. Zudem legte er gegen die erste Wiederholungsklausur Widerspruch ein und beantragte insoweit Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Hilfsweise beantragte er die Rücknahme der Entscheidung über das Nichtbestehen dieser Wiederholungsprüfung. Diese Anträge lehnte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 22. März 2019 ab und wies zugleich den Widerspruch des Antragstellers gegen die Bewertung der ersten Wiederholungsprüfung als unzulässig zurück. Hiergegen hat der Antragsteller mit Schreiben vom 1. April 2019 wiederum Widerspruch eingelegt und am 17. April 2019 hinsichtlich der Bewertung der ersten Wiederholungsprüfung Klage (4 A 56/19) erhoben, über die das Verwaltungsgericht ebenfalls noch nicht entschieden hat.

Mit Bescheid vom 14. Februar 2019 exmatrikulierte die Antragsgegnerin den Antragsteller nach vorheriger Anhörung unter Anordnung der sofortigen Vollziehung und Hinweis auf die endgültig nicht bestandene Prüfung in dem genannten Fach gemäß § 19 Abs. 6 Satz 2 NHG mit Wirkung zum 1. März 2019. Zur Begründung führte sie aus, für die Frage der Rechtmäßigkeit der Exmatrikulation sei nicht erforderlich, dass die Entscheidung über das endgültige Nichtbestehen einer Prüfung bestandskräftig oder sonst sofort vollziehbar sei. Gegebenenfalls bestehe für den Fall, dass dem Antragsteller gleichwohl noch zumindest ein weiterer Wiederholungsversuch in dem genannten Fach zustehe, ein Anspruch auf erneute Immatrikulation, ohne dass es einer erneuten Zulassung zum Studium der Humanmedizin bedürfe.

Hiergegen legte der Antragsteller mit Schreiben vom 20. und 23. Februar 2019 zunächst Widerspruch ein; inzwischen hat er am 27. Februar 2019 gegen den Exmatrikulationsbescheid der Antragsgegnerin Klage (4 A 36/19) erhoben, über die das Verwaltungsgericht noch nicht entschieden hat.

Den am 26. Februar 2019 gestellten Antrag des Antragstellers auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruches und einer (seinerzeit) eventuell nachfolgenden Anfechtungsklage gegen den Exmatrikulationsbescheid der Antragsgegnerin vom 14. Februar 2019 lehnte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 27. Februar 2019 - 4 B 34/19 - ab. Zur Begründung führte es im Wesentlichen an, der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes sei ungeachtet seiner Unzulässigkeit unbegründet. Die Antragsgegnerin habe das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung der Exmatrikulation in einer den formellen Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO genügenden Weise begründet. Der Exmatrikulationsbescheid der Antragsgegnerin sei auch in inhaltlicher Hinsicht rechtmäßig. Verfahrensfehler seien nicht gegeben, insbesondere habe die Antragsgegnerin den Antragsteller zuvor angehört. Die in § 19 Abs. 6 Satz 2 Nr. 2 b NHG i.V.m. § 6 Abs. 1 b Alt. 2 der Immatrikulationsordnung der Antragsgegnerin genannten Voraussetzungen für eine Exmatrikulation seien gegeben, da der Antragsteller die leistungsnachweispflichtige Lehrveranstaltung im Fach Makroskopische Anatomie in zweiten Wiederholungsversuch nicht bestanden habe und er in einem anderen Studiengang nicht eingeschrieben sei. Entgegen der Ansicht des Antragstellers sei die Bewertung der ersten Wiederholungsprüfung in diesem Fach nicht als nichtig anzusehen. Die Begrenzung in der Studienordnung auf drei Prüfungsversuche sei rechtsfehlerfrei. Die fehlende Bestandskraft des Bescheides der Antragsgegnerin vom 8. November 2018 stehe der Exmatrikulation des Antragstellers ebenso wenig entgegen wie die möglicherweise noch nicht bestandskräftige Entscheidung zu der ersten Wiederholungsklausur. Die Exmatrikulation setze die Rechtmäßigkeit oder Bestandskraft einer Prüfungsentscheidung nicht voraus, sondern knüpfe allein an das endgültige Nichtbestehen der Prüfung an.

Hiergegen führt der Antragsteller das vorliegende Beschwerdeverfahren. Den am 1. März 2019 gestellten Antrag des Antragstellers auf Abänderung des Beschlusses vom 27. Februar 2019 und Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage 4 A 36/19 hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 4. März 2019 - 4 B 37/19 - abgelehnt. Hiergegen führt der Antragsteller das Beschwerdeverfahren 2 ME 376/19.

II.

Die Beschwerde des Antragstellers mit dem Antrag,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 27. Februar 2019 - 4 B 34/19 - abzuändern und die aufschiebende Wirkung seiner Klage 4 A 36/19 gegen den Exmatrikulationsbescheid der Antragsgegnerin vom 14. Februar 2019 wiederherzustellen,

hat keinen Erfolg.

Das Verwaltungsgericht hat zu Recht ausgeführt, dass der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes unbegründet ist. Der Senat verweist zur Begründung zunächst auf den angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts, dessen Erwägungen er sich anschließt (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Das Beschwerdevorbringen des Antragstellers, auf das sich der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO bei seiner Nachprüfung zu beschränken hat, rechtfertigt kein anderes Ergebnis. Die Antragsgegnerin hat das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung der Exmatrikulation in einer den formellen Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO genügenden Weise begründet (dazu 1.). Der Exmatrikulationsbescheid der Antragsgegnerin erweist sich bei summarischer Prüfung als rechtmäßig, sodass das Interesse des Antragstellers hinter dem öffentlichen Interesse an der Vollziehung zurückzustehen hat (dazu 2.).

1. Nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung schriftlich zu begründen. Das mit dieser Vorschrift normierte Erfordernis einer schriftlichen Begründung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes soll neben der Information des Betroffenen und des mit einem eventuellen Aussetzungsantrag befassten Gerichts vor allem die Behörde selbst mit Blick auf Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG zwingen, sich des Ausnahmecharakters der Vollziehungsanordnung bewusst zu werden und die Frage des Sofortvollzuges besonders sorgfältig zu prüfen. Die Anforderungen an den erforderlichen Inhalt einer solchen Begründung dürfen hierbei nicht überspannt werden. Die Begründung muss einen bestimmten Mindestinhalt aufweisen. Dazu gehört insbesondere, dass sie sich - in aller Regel - nicht lediglich auf eine Wiederholung der den Verwaltungsakt tragenden Gründe, auf eine bloße Wiedergabe des Textes des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO oder auf lediglich formelhafte, abstrakte und letztlich inhaltsleere Wendungen, namentlich solche ohne erkennbaren Bezug zu dem konkreten Fall, beschränken darf. Demgegenüber verlangt § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO nicht, dass die für das besondere Vollzugsinteresse angeführten Gründe auch materiell überzeugen, also inhaltlich die getroffene Maßnahme rechtfertigen (NdsOVG, Beschl. v. 10.7.2017 - 11 MC 186/17 -, NdsVBl. 2017, 318, juris Rn. 17; OVG NRW, Beschl. v. 8.11.2016 - 8 B 1395/15 -, juris Rn. 8; Puttler, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 80 Rn. 96 ff., jeweils m. w. N.).

Gemessen daran ist die Begründung der Vollziehungsanordnung nicht zu beanstanden. Sie weist einen hinreichenden Bezug zum Einzelfall auf und erschöpft sich nicht in einer Wiederholung des Gesetzestextes. Die Antragsgegnerin hat zur Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung angeführt, das öffentliche Interesse am Sofortvollzug liege darin, Studienplätze in zulassungsbeschränkten Studiengängen denjenigen Bewerberinnen und Bewerbern zur Verfügung zu stellen, denen ein Abschluss in diesem Studiengang noch möglich sei. Diese Begründung genügt auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens des Antragstellers den sich aus § 80 Abs. 3 VwGO ergebenden Anforderungen.Dass die Einschätzung der Antragsgegnerin maßgeblich aus der vorherigen Begründung für die zu vollziehende Maßnahme selbst hergeleitet wird, liegt in der Natur der Sache und rechtfertigt im Hinblick auf das Begründungserfordernis des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang insbesondere, dass sich der Antragsteller nach seinem Beschwerdevorbringen bereits außerhalb der regulären Studienzeit eines Teilstudienplatzes befindet. Er nimmt jedenfalls Studienplatzkapazität in Anspruch. Unerheblich ist, ob der Teilstudienplatz unmittelbar nach Wirksamwerden der Exmatrikulation anderweitig vergeben wird. Gleiches gilt für den Beschwerdeeinwand des Antragstellers, die Antragsgegnerin riskiere eine kapazitätsüberschreitende Überlast, die sich nachteilig auf den Studienbetrieb im Studiengang Humanmedizin auswirken könne, wenn diese den freigewordenen Studienplatz anderweitig vergebe, er aber wieder immatrikuliert werden müsse.

2. Der Senat tritt der Ansicht des Verwaltungsgerichts bei, dass sich der Exmatrikulationsbescheid der Antragsgegnerin vom 14. Februar 2019 aller Voraussicht nach sowohl in formeller Hinsicht (dazu a) als auch materiell-rechtlich (dazu b) als rechtmäßig erweisen wird, sodass das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung das Interesse des Antragstellers, von der Vollziehung des Bescheides zunächst verschont zu werden, überwiegt.

a) Das Verwaltungsgericht hat zu Recht ausgeführt, dass Verfahrensfehler nicht ersichtlich sind, insbesondere hat die Antragsgegnerin den Antragsteller vorab in einer den Anforderungen der § 28 Abs. 1 VwVfG i.V.m. § 1 Abs. 1 NVwVfG genügenden Weise angehört. Der Antragsteller hat sich noch vor Erlass des Exmatrikulationsbescheides geäußert, im Übrigen ist ein etwaiger Anhörungsmangel unbeachtlich, weil er noch geheilt werden kann und ohne Einfluss auf die Entscheidung in der Sache geblieben ist. Das Beschwerdevorbringen des Antragstellers beschränkt sich auf die Rechtsbehauptung, die von der Antragsgegnerin eingeräumte Anhörungsfrist sei unangemessen kurz gewesen, ohne auf die übrigen Erwägungen des Verwaltungsgerichts einzugehen, und genügt daher bereits nicht dem Darlegungsgebot des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO.

b) Der Exmatrikulationsbescheid der Antragsgegnerin vom 14. Februar 2019 ist aller Voraussicht nach in materiell-rechtlicher Hinsicht rechtmäßig. Nach § 19 Abs. 6 Satz 2 Nr. 2b NHG hat die Exmatrikulation eines Studierenden zu erfolgen, wenn er eine Prüfung endgültig nicht bestanden hat und er in keinem weiteren Studiengang eingeschrieben ist. Diese Voraussetzungen liegen hier insgesamt vor. Der Antragsteller ist unstreitig in keinem weiteren Studiengang der Antragsgegnerin eingeschrieben. Auch das weitere Tatbestandsmerkmal des endgültigen Nichtbestehens einer Prüfung ist entgegen der Ansicht des Antragstellers erfüllt. Ein Ermessen auf der Rechtsfolgenseite ist der Antragsgegnerin in dieser Fallkonstellation nicht eingeräumt.

aa) Voraussetzung für das Tatbestandsmerkmal des endgültigen Nichtbestehens einer „Prüfung“ ist zum einen, dass es sich um eine Prüfung handelt, deren Nichtbestehen nach der Prüfungsordnung zum Verlust des Prüfungsanspruchs oder zum endgültigen Nichtbestehen führt (Griefingholt, in: Epping, NHG, 1. Aufl. 2016, § 19 Rn. 50 m.w.N.). Dieses Erfordernis ist hier gegeben. Der Antragsteller hat den nach § 2 Abs. 3 a Nr. 4 der Anlage 1 zur am 1. Oktober 2017 in Kraft getretenen Studienordnung für den Studiengang Medizin der Medizinischen Fakultät der Antragsgegnerin vom 27. März 2017 (Amtliche Mitteilung I der Antragsgegnerin v. 15.9.2018/Nr. 44 S. 1094) - Studienordnung 2017 (StO 2017) - in Verbindung mit der Anlage 1 I.4 zu § 2 ApprO für die Anmeldung zum ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung erforderlichen Leistungsnachweis im Fach Makroskopische Anatomie nicht erbracht, da er auch die zweite Wiederholungsprüfung und mithin gemäß § 13 Abs. 4 Satz 1 der Anlage 1 StO 2017 diese leistungsnachweispflichtige Lehrveranstaltung endgültig nicht bestanden hat.

Der Beschwerdeeinwand des Antragstellers, die Begrenzung in der Studienordnung der Antragsgegnerin auf insgesamt drei Prüfungsversuche sei rechtsfehlerhaft, greift nicht durch. Das Verwaltungsgericht hat im Einzelnen ausführlich dargelegt, dass und warum die in der Studienordnung normierte Begrenzung rechtmäßig ist. Diesen Erwägungen des Verwaltungsgerichts hält der Antragsteller - und das auch in nur pauschaler Weise - die Regelungen in Studienordnungen anderer Hochschulen entgegen, ohne sich in einer den Anforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO genügenden Weise (vgl. hierzu allgemein Guckelberger, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 146 Rn. 71 ff. m.w.N.) mit den Ausführungen des Verwaltungsgerichts auseinanderzusetzen. Ungeachtet dessen schließt sich der Senat auch in der Sache den Ausführungen des Verwaltungsgerichts an, dass jedenfalls mehr als zwei Wiederholungsversuche einer universitären Prüfung (verfassungs-)rechtlich nicht geboten sind (vgl. BVerwG, Beschl. v. 18.11.1985 - 7 B 11.85 -, NVwZ 1986, 1018, juris Rn. 5 ff., Beschl. v. 7.3.1991 - 7 B 178.90 -, juris Rn. 10 ff. und Beschl. v. 8.10.2013 - 6 PKH 7/13 u.a. -, juris Rn. 8). Hinsichtlich der Voraussetzungen und der Ausgestaltung der weiteren Prüfungswiederholung - und damit auch hinsichtlich der Anzahl weiterer Wiederholungsmöglichkeiten - hat die Hochschule als Normgeber einen weiten Ermessensspielraum (vgl. dazu Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 7. Aufl. 2018, Rn. 770 und BVerfG, Beschl. der 3. Kammer des 1. Senats v. 26.6.2015 - 1 BvR 2218/13 -, NVwZ 2015, 1444, juris). Einer Regelung dieser Frage im Niedersächsischen Hochschulgesetz bedarf es entgegen der Ansicht des Antragstellers nicht.

bb) Zum anderen muss diese Prüfung „endgültig nicht bestanden“ sein. In der Rechtsprechung des Senats ist für das niedersächsische Landesrecht geklärt, dass die Exmatrikulation bei - wie hier - dreimaligem Nichtbestehen eines Leistungsnachweises nicht die Rechtmäßigkeit und Bestandskraft des Prüfungsbescheides über das endgültige Nichtbestehen einer Prüfung voraussetzt. Die Exmatrikulation stellt vielmehr lediglich die Folgeentscheidung des Prüfungsbescheides dar, deren Rechtmäßigkeit allein an dessen Existenz, nicht dagegen an dessen Bestandskraft oder Rechtmäßigkeit anknüpft (Senatsurt. v. 14.11.2018 - 2 LB 50/17 -, juris Rn. 28; Senatsbeschl. v. 13.2.2018 - 2 LB 25/17 -). Daran ändert sich auch mit Blick auf einen etwaigen Anspruch des Prüflings auf Rücknahme der aus seiner Sicht rechtswidrigen Prüfungsentscheidung nichts.

Dieses Ergebnis ergibt sich - wie bereits das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt hat - neben dem Wortlaut aus der Systematik des § 19 Abs. 6 Satz 2 Nr. 2 NHG. Während nach Nr. 2 a und b dieser Vorschrift das „endgültige“ (Nicht-)Bestehen einer leistungsnachweispflichtigen Prüfung Voraussetzung für die Exmatrikulation ist, wird unter Nr. 2 c der Norm gefordert, dass die Rücknahme des Zulassungsbescheides „unanfechtbar oder sofort vollziehbar“ ist. Der niedersächsische Landesgesetzgeber hat in den einzelnen Sachverhaltsalternativen des (Nicht-)Bestehens einer Prüfung einerseits und der Rücknahme des Zulassungsbescheides andererseits daher bewusst zwischen dem rein tatsächlichen Vorgang (Nr. 2 a und b) und den juristischen Termini „Unanfechtbarkeit“ und „sofortige Vollziehbarkeit“ (Nr. 2 c) unterschieden. Das Merkmal der Endgültigkeit bezieht sich auf den Umstand, dass es mehrere Prüfungsversuche gibt, sodass alle nach der Studienordnung möglichen Prüfungsversuche mit einem negativen Ergebnis ausgeschöpft sein müssen. Und schließlich streiten Sinn und Zweck für diese Auslegung, weil nur so eine verhältnismäßige Zuordnung der betroffenen privaten und öffentlichen Interessen erreicht wird. Es besteht mit Blick auf die knappen Ausbildungsressourcen ein erhebliches öffentliches Interesse daran, dass ein erfolglos gebliebener Studierende nicht bis zum Abschluss eines unter Umständen langjährigen Prüfungsrechtsstreits zu Lasten anderer Studienbewerber die Ausbildungs- und Prüfungskapazität einer Hochschule in Anspruch nimmt. Den Interessen des Exmatrikulierten wird dadurch Rechnung getragen, dass er im Wege eines Folgenbeseitigungsanspruchs eine erneute Immatrikulation erreichen kann, wenn er in einem gegen das Nichtbestehen der Prüfung gerichteten gerichtlichen Verfahren Erfolg haben sollte (so auch BayVGH, Beschl. v. 3.2.2014 - 7 C 14.17 -, juris Rn. 2 und VGH BW, Beschl. v. 8.7.2008 - 9 S 442/08 -, VBlBW 2009, 24, juris Rn. 3 ff., jeweils m.w.N.; Griefingholt, in: Epping, NHG, 1. Aufl. 2016, § 19 Rn. 50; a.A. für das dortige Landesrecht ohne nähere Begründung Achelpöhler, in: BeckOK, HochschulR NRW, § 51 Rn. 8 und § 50 Rn. 7; Knopp, in: Neukirchen/Reußow/Schomburg, HmbHG, 1. Aufl. 2011, § 42 Rn. 7 a.E.; Topel (Albrecht), in: BbgHG, 2. Aufl. 2012, § 13 Rn. 40; anders wohl auch SächsOVG, Beschl. v. 11.6.2001 - 4 E 31/01 -, SächsVBl. 2002, 90, juris Rn. 4).

Daher ist es unerheblich, dass der Antragsteller gegen die erste und zweite Wiederholungsprüfung jeweils Klage erhoben hat und die hierauf bezogenen Prüfungsentscheidungen gegebenenfalls noch nicht bestandskräftig sind. Gleiches gilt für die von dem Antragsteller aufgeworfene Frage, ob er aufgrund einer Härtefallregelung einen Anspruch auf eine weitere Wiederholungsmöglichkeit hat.

(1) Der Beschwerdeeinwand des Antragstellers, ein eigenständiger Bescheid des zuständigen Prüfungsorgans über sein endgültiges Nichtbestehen der Prüfung in dem Fach Makroskopische Anatomie sei erforderlich, aber noch nicht erlassen worden, greift nicht durch. Das endgültige Nichtbestehen einer leistungsnachweispflichtigen Lehrveranstaltung setzt lediglich voraus, dass der Studierende auch im letzten ihm nach der maßgeblichen Studienordnung zustehenden Prüfungsversuch ein positives Prüfungsergebnis nicht erzielt hat und dies durch Verwaltungsakt festgestellt worden ist. Die Bewertung einer Klausur ist als Verwaltungsakt zu qualifizieren, wenn das Nichtbestehen dieser Klausur nach der Prüfungsordnung der Hochschule dazu führt, dass nunmehr ein Versuch weniger zum Bestehen zur Verfügung steht oder der Prüfungsanspruch ausgeschöpft ist (vgl. Senatsbeschl. v. 21.3.2019 - 2 ME 325/19 -, juris Rn. 9 f.). So liegt es hier. Gemäß § 6 Abs. 5 Satz 1 der Anlage 1 StO 2017 ist die Ausstellung eines Leistungsscheines zu versagen, wenn der Studierende unter anderem ohne Erfolg an der leistungsnachweispflichtigen Lehrveranstaltung teilgenommen hat. Nach Satz 2 dieser Norm verliert ein Studierender seinen Prüfungsanspruch für eine leistungsnachweispflichtige Lehrveranstaltung, wenn er eine Erfolgskontrolle insgesamt dreimal nicht bestanden hat. Satz 4 dieser Norm zieht hieraus die Konsequenz, dass eine Fortsetzung des Medizinstudiums an der Antragsgegnerin nicht mehr möglich ist, sodass nach Satz 5 die Voraussetzungen für eine Exmatrikulation vorliegen.

(2) Entgegen der Ansicht des Antragstellers sind die Bewertungen in den beiden Wiederholungsprüfungen in dem genannten Fach nicht nichtig im Sinne des § 44 Abs. 1 VwVfG i.V.m. § 1 Abs. 1 NVwVfG. Der Antragsteller leitet diese Rechtsfolge aus dem Umstand ab, dass die Antragsgegnerin sich bei der ersten Wiederholungsprüfung am 27. Juli 2017 nicht an die Vorgaben in der zu diesem Zeitpunkt maßgeblichen Studienordnung vom 27. September 2013 in der Fassung vom 28. September 2015 (Amtliche Mitteilungen I Nr. 47 v. 1.10.2015 S. 1401) - Studienordnung 2013 (StO 2013) - gehalten habe. Zudem vertritt er die Ansicht, dass die zweite Wiederholungsprüfung mit den beiden vorangegangenen Prüfungen eine untrennbare Einheit bilde mit der Folge, dass auch für diese Prüfung die Vorgaben der Studienordnung 2013 gelten würden. Damit dringt er nicht durch.

Richtig ist zwar, dass die Antragsgegnerin sich im Fall der am 27. Juli 2017 ausgegebenen ersten Wiederholungsprüfung nicht an die seinerzeit geltende Studienordnung 2013 gehalten hat. Denn entgegen § 12 Abs. 2 Satz 3 der Anlage 1 StO 2013 hatte diese Wiederholungsprüfung mit 40 Multiple Choice-Fragen eine andere Form als die Erstprüfung mit mündlich-praktischem Teil und 20 Multiple Choice-Fragen (vgl. hierzu Senatsurt. v. 23.1.2018 - 2 LB 60/17 -, BeckRS 2018, 2823). Nach den Ausführungen des Senats in seinem Urteil vom 23. Januar 2018 - 2 LB 60/17 - war dieser Verstoß der Antragsgegnerin zwar bereits seit längerem bekannt. Diese Kenntnis des Verfahrensfehlers seitens der Antragsgegnerin führt aber nicht zur Nichtigkeit der Prüfungsentscheidung vom 27. Juli 2017. Von der Nichtigkeit eines Verwaltungsaktes ist gemäß § 44 Abs. 1 VwVfG nur dann auszugehen, wenn er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umständen offensichtlich ist. Die Offensichtlichkeit muss sich mithin auf den Umstand des besonders schwerwiegenden Fehlers beziehen. An beiden Merkmalen fehlt es hier.

Besonders schwerwiegend sind nur solche Rechtsfehler, die mit der Rechtsordnung auf keinen Fall vereinbar sein können oder die für die Rechtsordnung schlechthin unerträglich sind. Zwar kann auch ein Verstoß gegen einfaches Recht diese Voraussetzungen erfüllen. Es reicht aber nicht aus, dass der Verwaltungsakt geltendem Recht widerspricht. Vielmehr muss es sich um eine über die einfache Rechtswidrigkeit hinausgehende qualifizierte Unvereinbarkeit mit der geltenden Rechtsordnung handeln. Die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Verwaltung müssen in so erheblichem Maße verletzt worden sein, dass von niemandem erwartet werden kann, den Verwaltungsakt als verbindlich anzuerkennen (vgl. hierzu Baumeister, in: Obermayer/Funke-Kaiser, VwVfG, 5. Aufl. 2018, § 44 Rn. 21 ff. m.w.N.). Hiervon kann nicht ausgegangen werden. Die Antragsgegnerin hatte sich in der Vergangenheit nur deshalb nicht an ihre eigenen Vorgaben in der Studienordnung gehalten, weil ihr für die Durchführung der Wiederholungsprüfungen in dem genannten Fach weder genügend Objekte noch genügend Lehrpersonal zur Verfügung standen. Aufgrund dieser nachvollziehbaren Sachlage hat sie inzwischen auch in zulässiger Weise ihre normative Grundlage an die seit langem bestehende Prüfungspraxis, der eine rational begründete und nachvollziehbare Notwendigkeit zugrunde lag und liegt, angepasst.

Darüber hinaus fehlt es an der zusätzlich zur besonderen Schwere des Fehlers erforderlichen Offensichtlichkeit dieses Fehlers und seiner Schwere. Hiernach ist erforderlich, dass die schwere Fehlerhaftigkeit des Verwaltungsaktes ohne weiteres ersichtlich ist, sie sich also geradezu aufdrängt. Der Betroffene muss sofort bestimmen können, ob er den Verwaltungsakt ohne das Risiko einer Sanktion missachten kann (Baumeister, in: Obermayer/Funke-Kaiser, VwVfG, 5. Aufl. 2018, § 44 Rn. 24 f. m.w.N.). Hiervon kann angesichts der über lange Jahre seitens zahlreicher Studierender unbeanstandet gebliebenen Prüfungspraxis der Antragsgegnerin nicht ausgegangen werden.

Soweit der Antragsteller in diesem Zusammenhang die nach der Studienordnung der Antragsgegnerin unterschiedlichen Bestehensgrenzen der Erstprüfung und der Wiederholungsprüfungen anführt, dringt er ebenfalls nicht durch. Der Senat hat mit Urteil vom 14. November 2018 (- 2 LB 50/17 -, juris Rn. 49 ff.) ausgeführt, dass sich die von der Antragsgegnerin getroffene Regelung der relativen Bestehensgrenze verbunden mit einer absoluten Untergrenze sowie die Gleitklausel für Wiederholungsprüfungen im Rahmen der ihr nach Art. 5 Abs. 3 GG zustehenden Hochschulautonomie bei der Bestimmung von Bestehensgrenzen für eine universitäre Prüfung bewegen und mithin rechtmäßig sind.

Die zweite Wiederholungsprüfung vom 26. Juli 2018 ist zudem nach den Maßstäben der Studienordnung 2017 zu beurteilen. Die Studierenden haben keinen Anspruch darauf, ihr Studium auf der Grundlage einer zu Beginn ihres Studiums bestehenden Studien- und Prüfungsordnung zu beenden; insoweit genießen sie daher in der Regel keinen Vertrauensschutz. Die Hochschule kann ihre Studien- und Prüfungsordnungen jederzeit auch mit dem Ziel einer Verschärfung der Voraussetzungen für den Prüfungserfolg ändern, sofern der Rahmen der gesetzlichen Ermächtigung nicht durchbrochen wird. Insbesondere bei studienbegleitenden Prüfungen sind Änderungen der Prüfungs- und Studienordnungen selbst dann grundsätzlich zulässig, wenn Studierende bereits nach der alten Ordnung Leistungen erbracht haben und sich nunmehr die Art einiger Prüfungsleistungen ändert. Vertrauensschutz genießen die Studierenden nur insoweit, als sie grundsätzlich davon ausgehen können, dass sich die ihr Studierverhalten bestimmenden Prüfungsbedingungen nicht so sehr zu ihrem Nachteil ändern, dass sie sich hierauf nicht mehr in zumutbarer Weise einstellen können, was umgekehrt für die Prüfungsbehörde bedingt, übermäßige, unzumutbare Benachteiligungen der Studierenden durch Übergangsregelungen zu vermeiden (Senatsbeschl. v. 19.9.2008 - 2 ME 90/08 -, juris Rn. 7). Dass diese Grenzen hier überschritten sein könnten, ist weder dargetan noch ersichtlich.

Eine etwaige fehlende Einführung des Antragstellers seitens der Antragsgegnerin in die E-Klausur für die zweite Wiederholungsprüfung würde ebenfalls nicht zur Nichtigkeit der auf diese Klausur bezogenen Prüfungsentscheidung führen, sondern hätte - wenn überhaupt - allenfalls dessen Rechtswidrigkeit zur Folge, zumal der Antragsteller diesen Verfahrensfehler vor Durchführung dieser Klausur hätte rügen müssen. Dass auch die Beantwortung von Prüfungsfragen am Computerbildschirm nach den maßgeblichen Prüfungsbestimmungen eine „schriftliche“ Prüfung darstellt und mithin ein Verstoß gegen Anlage 1 § 12 Abs. 2 Satz 3 StO 2017 nicht vorliegt, hat der Senat bereits in seinem Urteil vom 14. November 2018 (- 2 LB 50/17 -, juris Rn. 38 ff.) ausgeführt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes folgt aus §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).