Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 13.05.2019, Az.: 11 LA 389/18
Befristung; Bestandsspielhalle; glücksspielrechtliche Erlaubnis; Spielhalle
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 13.05.2019
- Aktenzeichen
- 11 LA 389/18
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2019, 70111
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG - 13.06.2018 - AZ: 7 A 2976/17
Rechtsgrundlagen
- Art 3 Abs 1 GG
- § 24 GlüStV
- § 24 Abs 1 GlüStV
- § 24 Abs 2 S 2 GlüStV
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
1. Eine glücksspielrechtliche Erlaubnis für den Betrieb einer Spielhalle ist nach § 24 Abs. 2 Satz 2 GlüStV zu befristen. Die Dauer der Befristung liegt im Ermessen der zuständigen Behörde.
2. Die Behörde kann sich hinsichtlich der Länge der Frist an der Geltungsdauer des Glücksspielstaatsvertrages orientieren.
Tenor:
Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts Oldenburg - Einzelrichter der 7. Kammer - vom 13. Juni 2018 wird abgelehnt.
Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 15.000 EUR festgesetzt.
Gründe
Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts hat keinen Erfolg.
Die Klägerin betreibt am Standort „C. Straße 110/D. straße“ im Stadtgebiet der Beklagten zwei im baulichen Verbund stehende Spielhallen (Halle 1 und Halle 2), für die ihr gewerberechtliche Erlaubnisse nach § 33 i GewO erteilt worden sind. Mit Schreiben vom 30. November 2015 beantragte die Klägerin für beide Spielhallen die Erteilung von glücksspielrechtlichen Erlaubnissen nach § 24 Abs. 1 Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV) und stellte Befreiungsanträge nach § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV. Eine Auswahl zwischen den Spielhallen nahm die Klägerin nicht vor. Bei dem von der Beklagten am 21. Juli 2016 durchgeführten Losverfahren entfiel das Los auf die Spielhalle 2 (C. Straße/D. straße). Die Beklagte erteilte der Klägerin mit Bescheid vom 29. März 2017 für die Spielhalle 2 (C. Straße 110/D. straße) eine bis zum 30. Juni 2021 befristete glücksspielrechtliche Erlaubnis. Die Klägerin hat am 28. April 2017 gegen diesen Bescheid im Hinblick auf die Befristung Klage erhoben und beantragt, die Erlaubnis mindestens bis zum 30. Juni 2026 zu befristen. Mit dem angefochtenen Gerichtsbescheid hat das Verwaltungsgericht die von der Klägerin erhobene Klage abgewiesen.
Die von der Klägerin gegen das Urteil vorgetragenen Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2 und Nr. 3 VwGO rechtfertigen nicht die Zulassung der Berufung.
1. Die Begründung des Zulassungsantrages ist nicht geeignet, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO aufzuzeigen.
Ernstliche Zweifel sind nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dann gegeben, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird. Dafür ist nicht erforderlich, dass bei der im Zulassungsverfahren allein möglichen summarischen Überprüfung der Erfolg des Rechtsmittels wahrscheinlicher ist als der Misserfolg (vgl. hierzu BVerfG, Beschl. v. 21.12.2009 - 1 BvR 812/09 -, NJW 2010, 1062, juris, Rn. 16, m.w.N.). Weiter liegen ernstliche Zweifel an der Richtigkeit eines Urteils dann nicht vor, wenn lediglich einzelne Rechtssätze, tatsächliche oder unterlassene Feststellungen zu Zweifeln Anlass geben, das Urteil aber im Ergebnis aus anderen Gründen offensichtlich richtig ist (BVerwG, Beschl. v. 10.3.2004 - 7 AV 4/03 -, DVBl. 2004, 838). Danach ist es der Klägerin mit der Begründung ihres Zulassungsantrages nicht gelungen, erhebliche Tatsachenfeststellungen oder einen die Entscheidung tragenden Rechtssatz mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage zu stellen.
Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Befristung der der Klägerin mit Bescheid vom 29. März 2017 für die Spielhalle 2 (C. Straße 110/D. straße) erteilten glücksspielrechtlichen Erlaubnis bis zum 30. Juni 2021 rechtlich nicht zu beanstanden ist. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erteilung einer mindestens bis zum 30. Juni 2026 befristeten glücksspielrechtlichen Erlaubnis für diese Spielhalle.
Nach § 24 Abs. 2 Satz 2 des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland vom 15. Dezember 2011 (Nds. GVBl. 2012, 190, 196) - GlüStV - ist die glückspielrechtliche Erlaubnis für die Errichtung und den Betrieb einer Spielhalle nach § 24 Abs. 1 GlüStV zu befristen. Die Dauer der Befristung liegt im Ermessen der zuständigen Behörde. Diese Regelung sichert die staatliche Kontroll- und Überwachungsmöglichkeit bei der Genehmigung von Glücksspielangeboten. Sie eröffnet der zuständigen Behörde umfassende Kontrollmöglichkeiten unter Berücksichtigung der Entwicklung des Betriebs und seines Umfelds während der Geltungsdauer der Erlaubnis sowie etwaiger neuerer Erkenntnisse zur Spielsuchtprävention aus der Evaluation der geltenden Regelungen und der örtlichen Entwicklung seit Erteilung der Ersterlaubnis. Die Befristung ist geeignet, den Zweck umfassender Kontrolle zu fördern, und ist auch mit Blick auf das Betreiberrisiko, nach Ablauf der Erlaubnis möglicherweise keine Nachfolgeerlaubnis zu erhalten, verhältnismäßig. Dies gilt jedenfalls dann, wenn von der Befugnis zur Befristung angemessen Gebrauch gemacht wird und die Geltungszeiträume der glücksspielrechtlichen Erlaubnis dementsprechend gestaltet werden (vgl. Bayerischer VGH, Beschl. v. 26.3.2014 - 22 ZB 14.221 -, juris, Rn. 20). Dass der Beklagten bei der Entscheidung, die der Klägerin mit Bescheid vom 29. März 2017 erteilte glücksspielrechtliche Erlaubnis bis zum 30. Juni 2021 zu befristen, Ermessensfehler unterlaufen sein könnten, ergibt sich aus der Begründung des Zulassungsantrags nicht.
Die Beklagte hat sich ausweislich der Begründung des angefochtenen Bescheides, die sie zulässigerweise nach § 114 Satz 2 VwGO im verwaltungsgerichtlichen Verfahren mit Schriftsatz vom 20. September 2017 ergänzt hat, hinsichtlich der Länge der Frist an der Geltungsdauer des Glücksspielstaatsvertrages orientiert. Dabei handelt es sich entgegen der Auffassung der Klägerin um einen sachgerechten Gesichtspunkt. Nach § 35 Abs. 2 Satz 1 GlüStV tritt der Glücksspielstaatsvertrag am 30. Juni 2021 außer Kraft, wenn nicht das Fortgelten beschlossen wird. Dass der Glücksspielstaatsvertrag im Falle seines Außerkrafttretens als landesgesetzliche Regelung weitergilt, ist - anders als zum Beispiel in Rheinland-Pfalz nach § 21 Abs. 5 Satz 2 LGlüG - nach den gesetzlichen Bestimmungen in Niedersachsen nicht vorgesehen. Die Beklagte hat zu Recht darauf hingewiesen, dass derzeit nicht ersichtlich sei, inwieweit im Bereich der Spielhallen ab dem 1. Juli 2021 Neuregelungen in Kraft treten werden. Durch die Befristung wird sichergestellt, dass etwaige Neuregelungen effektiv umgesetzt werden können. Das Vorbringen der Klägerin, nach anderen landesgesetzlichen Regelungen sei unabhängig von der Geltungsdauer des Glücksspielstaatsvertrages eine maximale Befristung von 15 Jahren vorgesehen, führt zu keiner anderen Beurteilung. In Niedersachsen gibt es eine entsprechende Regelung nicht. Soweit das Niedersächsische Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr mit E-Mail vom 10. Oktober 2016 die ursprünglich mit E-Mail vom 15. Mai 2013 ausgesprochene Empfehlung, Erlaubnisse nach § 24 Abs. 2 Satz 1 GlüStV längstens bis zum 30. Juni 2021 zu befristen, dahingehend geändert hat, dass nunmehr eine Befristung der Erlaubnis auf zehn Jahre empfohlen wird, bindet diese Empfehlung die Beklagte nicht.
Zudem hat die Beklagte zu Recht berücksichtigt, dass sie im Zeitpunkt der Erlaubniserteilung an die Klägerin bereits 16 glücksspielrechtliche Erlaubnisse an Bestandsspielhallen, die nicht einer Abstandskonkurrenz unterlagen oder zu den Verbundspielhallen zu rechnen waren, mit einer Befristung bis zum 30. Juni 2021 entsprechend der Empfehlung des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr vom 15. Mai 2013 erteilt hatte. Ihre Erwägung, unter dem Gesichtspunkt des allgemeinen Gleichheitssatzes nach Art. 3 Abs. 1 GG sei es nicht gerechtfertigt, die im Rahmen eines Losverfahrens obsiegenden Spielhallenbetreiber - wie die Klägerin - besser zu stellen als die Betreiber von Bestandsspielhallen, denen bereits bis zum 30. Juni 2021 befristete glücksspielrechtliche Erlaubnisse erteilt worden waren, ist sachgerecht. Bestandsspielhallen wie die der Klägerin galten gemäß § 29 Abs. 4 Satz 2 GlüStV bis zum Ablauf von fünf Jahren nach Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages und somit bis zum 30. Juni 2017 als mit §§ 24 und 25 GlüStV vereinbar. Eine glücksspielrechtliche Erlaubnis nach § 24 Abs. 1 Satz 1 GlüStV ist für den Betrieb dieser Spielhallen erst seit dem 1. Juli 2017 erforderlich. Da die Klägerin somit während der Übergangsfrist bis zum 30. Juni 2017 - ebenso wie die Betreiber der anderen Bestandsspielhallen - ihre Spielhallen betreiben konnte, ohne im Besitz einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis zu sein, gilt die mit Bescheid vom 29. März 2017 erteilte Erlaubnis auch erst ab dem 1. Juli 2017. Durch die einheitliche Befristung der für Bestandsspielhallen erteilten Erlaubnisse auf den 30. Juni 2021 hat die Beklagte dem Gleichbehandlungsgrundsatz daher in nicht zu beanstandender Weise Rechnung getragen.
2. Die Berufung kann weiter nicht nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zugelassen werden.
Die Darlegung besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten im Sinne dieser Vorschrift erfordert, dass der Rechtsmittelführer näher ausführt, dass und warum die Rechtssache in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht signifikant vom Spektrum der in verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu entscheidenden Streitfälle abweicht. Zur Darlegung dieser besonderen Schwierigkeiten hat der Rechtsmittelführer daher darzutun, hinsichtlich welcher aufgrund der erstinstanzlichen Entscheidung auftretenden Fragen sich besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten ergeben sollen und worin die aus seiner Sicht vorliegende besondere tatsächliche oder rechtliche Problematik im Einzelnen bestehen soll (Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 124 a, Rn. 210). Daran fehlt es hier.
Nach den Ausführungen unter 1. zum Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils nach § 124 Abs. 2 Nr.1 VwGO weist die Rechtssache keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf, die die Durchführung eines Berufungsverfahrens erfordern.
3. Die Berufung ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen.
Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache nur dann zu, wenn sie in rechtlicher oder tatsächlicher Hinsicht eine Frage aufwirft, die im Rechtsmittelzug entscheidungserheblich und fallübergreifender Klärung zugänglich ist sowie im Interesse der Rechtseinheit oder der Fortentwicklung des Rechts geklärt werden muss. Der Zulassungsantrag muss eine konkrete Frage aufwerfen, deren Entscheidungserheblichkeit erkennen lassen und (zumindest) einen Hinweis auf den Grund enthalten, der das Vorliegen der grundsätzlichen Bedeutung rechtfertigen soll (W.-R. Schenke, in: Kopp/ Schenke, VwGO, 24. Aufl. 2018, § 124, Rn.10, m.w.N.). Diesen Anforderungen genügt die Begründung der Rüge nicht.
Die Klägerin hat die Frage aufgeworfen,
„ob in denjenigen Fällen, in denen das jeweilige Gesetz zur Ausführung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland nicht vorgibt, wie lange die Befristung einer Spielhallenerlaubnis gem. § 24 Abs. 2 Satz 2 GlüStV zu erfolgen hat, für die Befristung lediglich das Datum des Außerkrafttretens des GlüStV, d.h. der 20.06.2021, herangezogen werden darf“.
Diese Frage kann nicht zur Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache führen, weil sie so, wie sie gestellt worden ist, aus der maßgeblichen Sicht des Verwaltungsgerichts nicht entscheidungserheblich ist und nicht verallgemeinerungsfähig beantwortet werden kann.
Wie zum Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO unter 1. dargelegt worden ist, ist die glückspielrechtliche Erlaubnis nach § 24 Abs. 1 GlüStV zu befristen, wobei die Dauer der Befristung im Ermessen der zuständigen Behörde liegt. Eine solche Ermessensentscheidung über die Befristung der der Klägerin erteilten glücksspielrechtlichen Erlaubnis hat die Beklagte getroffen und sich dabei in nicht zu beanstandender Weise hinsichtlich der Länge der Frist an der Geltungsdauer des Glücksspielstaatsvertrages orientiert. Dabei handelt es sich um einen sachgerechten Gesichtspunkt, der, wie sich aus den Ausführungen unter 1. ergibt, im Hinblick auf die von der Beklagten bereits erteilten und ebenfalls bis zum 30. Juni 2021 befristeten Erlaubnisse für Bestandsspielhallen aus den von ihr zutreffend dargestellten Gründen auch dem Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG angemessen Rechnung trägt. Insofern hängt die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der von der Beklagten vorgenommenen Befristung auf den 30. Juni 2021 maßgeblich von den Umständen des vorliegenden Einzelfalls und den von der Beklagten im Rahmen ihrer Ermessensausübung dazu angestellten Erwägungen ab. Die von der Klägerin formulierte Frage würde sich daher in einem Berufungsverfahren so nicht stellen und wäre wegen der bei der Ermessensausübung im jeweiligen Einzelfall zu beachtenden Besonderheiten einer grundsätzlichen Klärung auch nicht zugänglich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.