Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 17.05.2019, Az.: 2 ME 469/19

Betriebswirt; einschlägige Berufstätigkeit; Fachschule; Fachschule Betriebswirtschaft; Nichtschülerprüfung; Prüfung für Nichtschüler

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
17.05.2019
Aktenzeichen
2 ME 469/19
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2019, 69748
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 16.05.2019 - AZ: 6 B 2416/19

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Zur vorläufigen Zulassung eines ehemaligen Zeitsoldaten der Bundeswehr zur Nichtschülerprüfung zum staatlich geprüften Betriebswirt

Tenor:

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Hannover - Einzelrichter der 6. Kammer - vom 16. Mai 2019 wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 7.500 EUR festgesetzt.

Gründe

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den erstinstanzlichen Beschluss, mit welchem das Verwaltungsgericht die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet hat, den Antragsteller vorläufig zu den Terminen der Nichtschülerprüfung am 20./22./24. Mai 2019 sowie am 17. Juni 2019 mit dem Abschlussziel „Staatlich geprüfter Betriebswirt“ zuzulassen, hat keinen Erfolg.

Das Verwaltungsgericht hat zur Begründung des angefochtenen Beschlusses im Wesentlichen ausgeführt, dass sich die Erfolgsaussichten des Rechtsstreits als offen darstellten. Es bestehe zumindest eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür, dass dem Antragsteller ein Anspruch auf Zulassung zur Abschlussprüfung nach § 18 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über berufsbildende Schulen (BbS-VO) zustehe. Im Hinblick auf die hierfür erforderliche Erfüllung der Aufnahmevoraussetzungen der Fachschule verfüge der Kläger zwar weder über eine erfolgreich abgeschlossene für die Fachrichtung einschlägige Ausbildung nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a der Anlage 8 BbS-VO, noch weise er gemäß Buchst. c dieser Vorschrift eine einschlägige Berufstätigkeit von sieben Jahren auf. Es bestehe aber eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür, dass dem Antragsteller ein Zulassungsanspruch nach § 3 Abs. 13 der Anlage 8 BbS-VO zukomme. Dafür, dass der Antragsteller nach seinem bisherigen beruflichen und schulischen Bildungsweg eine erfolgreiche Mitarbeit in der Fachschule erwarten lasse, bestünden hinreichende Anhaltspunkte. Eine Interessenabwägung erlaube den Erlass der einstweiligen Anordnung. Dem Antragsteller drohten durch die Versagung der vorläufigen Zulassung zur Prüfung erhebliche Nachteile den durch Verlust von Prüfungswissen. Gewichtige entgegenstehende Interessen der Antragsgegnerin seien nicht vorgetragen und nicht ersichtlich.

Diese Ausführungen des Verwaltungsgerichts stellt die Antragsgegnerin mit ihrem Vorbringen im Beschwerdeverfahren, auf dessen Überprüfung sich der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO zu beschränken hat, nicht durchgreifend in Frage.

Soweit die Antragsgegnerin meint, die Ausnahmeregelung in § 3 Abs. 13 der Anlage 8 BbS-VO könne lediglich bei der Aufnahme in die Fachschule, nicht aber über § 18 Abs. 1 Satz 1 BbS-VO auch bei der Zulassung von Nichtschülern zur Abschlussprüfung herangezogen werden, ist dem Senat eine abschließende Beurteilung dieser Rechtsfrage bei der im Rahmen des Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nur möglichen summarischen Prüfung verwehrt. Eine Anwendbarkeit des § 3 Abs. 13 Anlage 8 BbS-VO in der vorliegenden Konstellation erscheint dem Senat mit dem Verwaltungsgericht aber jedenfalls als möglich. Die Vorschrift des § 18 Abs. 1 Satz 1 BbS-VO verlangt für eine Zulassung von Nichtschülern zur Abschlussprüfung die (hypothetische) Erfüllung der Aufnahmevoraussetzungen des zugrundeliegenden Bildungslehrgangs. Da die hier maßgeblichen Voraussetzungen für die Aufnahme in die Fachschule in § 3 der Anlage 8 BbS-VO geregelt sind, erscheint es nicht ausgeschlossen, dass in der vorliegenden Konstellation neben den allgemeinen in Absatz 1 dieser Vorschrift geregelten Aufnahmevoraussetzungen auch die Ausnahmevorschrift des Absatz 13 anzuwenden ist, worauf sich der Antragsteller hier beruft.

Entgegen dem Beschwerdevorbringen geht der Senat bei summarischer Prüfung davon aus, dass bei einer unterstellten Anwendbarkeit des § 3 Abs. 13 Anlage 8 BbS-VO im Rahmen der Prüfung des § 18 Abs. 1 Satz 1 BbS-VO dessen Voraussetzungen voraussichtlich vorliegen. Im Falle einer hypothetischen Aufnahme in die zweijährige Fachschule Betriebswirtschaft geht der Senat nach den vorliegenden Unterlagen davon aus, dass der Kläger aufgrund seines bisherigen beruflichen und schulischen Bildungsweges eine erfolgreiche Mitarbeit in der Fachschule erwarten lässt. Dies gründet sich zunächst darauf, dass er von der in § 3 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c Anlage 8 BbS-VO für eine Regelaufnahme in die Fachschule vorausgesetzten einschlägigen Berufstätigkeit von sieben Jahren durch seine Tätigkeit bei der Bundeswehr als Transportoffizier der Streitkräfte im Zeitraum vom 1. November 2012 bis zum 13. Juni 2016 jedenfalls einen Teilzeitraum von etwa dreieinhalb Jahren einschlägiger Berufstätigkeit erfüllt. Warum die Antragsgegnerin in ihrer Beschwerde den bisherigen beruflichen Bildungsweg des Antragstellers für nicht einschlägig erachtet, erschließt sich angesichts der Angabe in der Bescheinigung der Bundeswehr vom 23. April 2019, wonach die Tätigkeit des Antragstellers mit dem Zivilberuf Kaufmann für Speditions- und Logistikdienstleistungen vergleichbar gewesen ist, nicht. Im Hinblick auf eine zu erwartende erfolgreiche Mitarbeit in der Fachschule kommt hinzu, dass der Antragsteller bei der Bundeswehrfachschule die Abschlussprüfung im Fachhochschulreifelehrgang in der Fachrichtung Wirtschaft am 7. Juni 2018 mit der Gesamtnote „gut“ (2,0) bestanden hat. Des Weiteren hat der Antragsteller auch im Rahmen seiner seit dem 18. Juni 2018 verfolgten einjährigen Ausbildung mit dem Bildungsziel „Staatlich geprüfter Betriebswirt“ bei der Fachschule für Wirtschaft - FHM Akademie gGmbH nach der vorgelegten Bescheinigung vom 30. Januar 2019 im ersten Halbjahr sehr gute Leistungen gezeigt und die Durchschnittsnote 1,6 erhalten.

Angesichts der vorstehend wiedergegebenen bisherigen Leistungen des Antragstellers geht der Senat davon aus, dass der Antragsteller bei einer Anwendbarkeit von § 3 Abs. 13 der Anlage 8 BbS-VO auch die weitere gemäß § 18 Abs. 1 Satz 1 BbS-VO für eine Zulassung zur Abschlussprüfung als Nichtschüler erforderliche Voraussetzung erfüllt, wonach der Erwerb von Kenntnissen und Fähigkeiten, die dem Ziel des Bildungsganges entsprechen, dargelegt worden sein muss. Dies gilt insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass die derzeit von dem Kläger absolvierte Ausbildung bei einem privaten Anbieter ausdrücklich der Vorbereitung auf die Abschlussprüfung zum staatlich geprüften Betriebswirt dient, zu der der Antragsteller zugelassen werden möchte.

Die übrigen Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur Interessensabwägung zugunsten des Antragstellers hat die Antragsgegnerin mit ihrem lediglich pauschalen Beschwerdevorbringen nicht substantiiert in Frage gestellt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 36.3 und Nr. 1.5 Satz 1 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit - Fassung 2013 - (NordÖR 2014,11).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).