Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 09.04.2015, Az.: 9 LC 248/13

Blockrandbebauung; Brandschutz; Durchfahrt; Eigentümeridentität; Erreichbarkeit; Gebäude geringer Höhe; Gebäude nicht geringer Höhe; Hinterliegergrundstück; Innenbereich; Mindestbreite; Straßenausbaubeitrag; Zufahrt; Zugänglichkeit

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
09.04.2015
Aktenzeichen
9 LC 248/13
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2015, 44994
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 19.06.2013 - AZ: 9 A 5260/12

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Ein Hinterliegergrundstück ist bei Eigentümeridentität mit dem Anliegergrundstück durch den Ausbau einer Straße im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 NKAG bevorteilt, wenn die Straße vom Hinterliegergrundstück aus dergestalt erreichbar ist, dass die bestimmungsgemäße Nutzung des Hinterliegergrundstücks unter Inanspruchnahme des Anliegergrundstücks über die ausgebaute Straße realisiert werden kann. Dies gilt auch dann, wenn das Hinterliegergrundstück seine primäre Erschließung durch eine andere Straße erhält.

2. Die Voraussetzungen für den Zugang zu einem bestimmungsgemäß zu Wohnzwecken genutzten Grundstück entsprechen im Straßenausbaubeitragsrecht denen, die bauordnungsrechtlich an die Zugänglichkeit eines Baugrundstücks zu stellen sind.

3. Die bauordnungsrechtliche Zugänglichkeit zur Ermöglichung einer bestimmungsgemäßen Nutzung eines Wohngrundstücks erfordert bei Gebäuden geringer Höhe im Sinne des § 2 Abs. 9 Satz 1 NBauO a.F. auch im Straßenausbaubeitragsrecht einen Zugang mit einer Mindestbreite von 1,25 m. Bei auf Hinterliegergrundstücken befindlichen Gebäuden nicht geringer Höhe ist zu verlangen, dass zu diesen von der ausgebauten Straße aus eine mindestens 3 m breite Zu oder Durchfahrt vorhanden ist.

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover - 9. Kammer - vom 19. Juni 2013 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen seine Heranziehung zum Straßenausbaubeitrag für den Ausbau der Erderstraße/Stockmannstraße im Stadtgebiet der Beklagten.

Er ist Eigentümer der im unbeplanten Innenbereich liegenden Grundstücke Otto-Wels-Straße B. und C.. Auf beiden Grundstücken stehen Wohnhäuser, die Teil einer viergeschossigen Blockrandbebauung entlang der Otto-Wels-Straße, der Erderstraße, der Stockmannstraße, des Köthnerholzwegs und der Ungerstraße sind.

Das Grundstück Otto-Wels-Straße C. grenzt mit seiner westlichen Seite an die Erderstraße und mit seiner südlichen Seite an die Otto-Wels-Straße. Es reicht in die von der Blockrandbebauung eingefasste Fläche. Dabei verengt es sich an einer Stelle auf eine Breite von 2,59 m. Es grenzt auf einer Breite von 3,40 m an den rückwärtigen Teil des ausschließlich (ebenfalls mit seiner südlichen Seite) an die Otto-Wels-Straße grenzenden Grundstücks Otto-Wels-Straße B., das nach Norden hin in die von der Blockrandbebauung eingefasste Fläche reicht. Innerhalb der Blockrandbebauung befindet sich zwischen beiden Grundstücken ein Zaun. Das Gebäude Otto-Wels-Straße C. hat zur Erderstraße hin eine in das Wohnhaus integrierte 2,35 m breite und 2,51 m hohe Zufahrt zum innerhalb der Blockrandbebauung liegenden Grundstücksteil. Die westliche Seite des Grundstücks Otto-Wels-Straße B. ist etwa 42 m von der Erderstraße entfernt. Jedes der vier Geschosse des auf dem Grundstück Otto-Wels-Straße B. befindlichen Gebäudes hat eine Höhe von etwa 3,50 m.

Ab dem Jahr 2007 ließ die Beklagte Teileinrichtungen des Straßenzugs Erderstraße / Stockmannstraße von der Limmerstraße bis zum Köthnerholzweg ausbauen. Die letzte Unternehmerrechnung ging ihr am 20. Februar 2009 zu.

Mit Bescheid vom 27. August 2012 zog die Beklagte den Kläger für das Grundstück Otto-Wels-Straße B. zu einem Straßenausbaubeitrag in Höhe von 3.274,96 EUR heran.

Mit seiner hiergegen gerichteten Klage hat der Kläger im Wesentlichen geltend gemacht, das Grundstück Otto-Wels-Straße B. habe keinen dem Brandschutz genügenden Zugang zur Erderstraße. Das Gebäude auf dem Grundstück sei von nicht geringer Höhe. Es könne durch die Zufahrt im Gebäude Otto-Wels-Straße C. nicht mit Rettungsfahrzeugen angefahren werden. Es sei ihm nicht zuzumuten, die Zufahrt zu verbreitern. Außerdem verenge sich das Grundstück Otto-Wels-Straße C. im rückwärtigen Bereich auf 2,59 m, ohne dass dort eine Verbreitung möglich sei.

Der Kläger hat beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 27. August 2012 aufzuheben.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Ansicht vertreten, das Grundstück Otto-Wels-Straße B. sei vom Straßenausbau bevorteilt. Für die bestimmungsgemäße Nutzung eines Hinterliegergrundstücks als Wohngrundstück genüge die fußläufige Erreichbarkeit. Eine solche sei von der Erderstraße aus durch die Zufahrt im Gebäude Otto-Wels-Straße C. gegeben. Nach § 5 Abs. 1 NBauO a.F. in Verbindung mit § 2 Abs. 1 DVNBauO a.F. genüge ein Zugang mit einer Mindestbreite von 1,25 m. Im Übrigen könne der Kläger eine von der Durchfahrt im Gebäude Otto-Wels-Straße C. weiterführende Zufahrt zum Grundstück Otto-Wels-Straße B. anlegen. Für viergeschossige Gebäude müssten dieselben Anforderungen gelten wie für Gebäude geringer Höhe, weil ein Grundstückseigentümer andernfalls durch einen „Aufbau“ eine Straßenausbaubeitragspflicht verhindern könne.

Das Verwaltungsgericht hat der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Voraussetzungen für den Zugang zu einem bestimmungsgemäß zu Wohnzwecken nutzbaren Grundstück entsprächen im Straßenausbaubeitragsrecht denen, die bauordnungsrechtlich an die Zugänglichkeit eines Baugrundstücks zu stellen seien. Bei Gebäuden geringer Höhe verlange die bauordnungsrechtliche Zugänglichkeit nach der Senatsrechtsprechung (9 LA 157/11) gemäß § 5 Abs. 1 NBauO a.F. in Verbindung mit § 2 Abs. 2 Satz 1 DVNBauO a.F. zwar lediglich einen Zugang mit einer Mindestbreite von 1,25 m. Im Zeitpunkt der Heranziehung habe es sich beim Gebäude Otto-Wels-Straße B. aber gemäß § 2 Abs. 9 Satz 1 NBauO a.F. um ein Gebäude nicht geringer Höhe gehandelt. Für die Zugänglichkeit solcher Gebäude verlange § 5 Abs. 1 NBauO a.F., dass das Grundstück so an einer mit Kraftfahrzeugen befahrbaren öffentlichen Verkehrsfläche liege oder einen solchen Zugang zu ihr haben müsse, dass der von der baulichen Anlage ausgehende Zu- und Abgangsverkehr und der für den Brandschutz erforderliche Einsatz von Feuerlösch- und Rettungsgeräten jederzeit ordnungsgemäß und ungehindert möglich seien. Nach § 6 Satz 2 NBauO a.F. müsse für den Einsatz der Feuerlösch- und Rettungsgeräte die erforderliche Bewegungsfreiheit und Sicherheit gewährleistet sein. § 2 Abs. 1 DVNBauO a.F. setze mindestens 3 m breite und 3,50 m hohe Zu- oder Durchfahrten voraus. Daran fehle es hier wegen der Verengung im rückwärtigen Bereich des Grundstücks Otto-Wels-Straße C..

Zur Begründung ihrer vom Verwaltungsgericht gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassenen Berufung macht die Beklagte im Wesentlichen geltend: Das Verwaltungsgericht habe die in der Senatsrechtsprechung (9 LA 157/11) entwickelten Grundsätze zu Erreichbarkeit von Wohngrundstücken überdehnt. Der Senat verlange eine Mindestbreite von 1,25 m für die Erreichbarkeit eines bestimmungsgemäß als Wohngrundstück genutzten Grundstücks, ohne nach Gebäuden geringer und nicht geringer Höhe zu unterscheiden. Auch habe sich der Senat bislang nicht dazu verhalten, ob auch im unbeplanten Innenbereich die bauordnungsrechtlichen Erreichbarkeitsregelungen anwendbar seien. Für einen besonderen wirtschaftlichen Vorteil im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 NKAG komme es nicht darauf an, ob das Gebäude so an einer mit Kraftfahrzeugen befahrbaren öffentlichen Verkehrsfläche liege oder einen solchen Zugang habe, dass der von der baulichen Anlage ausgehende Zu- und Abgangsverkehr und der für den Brandschutz erforderliche Einsatz von Feuerlösch- und Rettungsgeräten jederzeit ordnungsgemäß und ungehindert möglich seien.

Die Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage

abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er erwidert im Wesentlichen: Die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Unterscheidung nach Gebäudehöhen sei in der Senatsrechtsprechung (9 LA 157/11) angelegt. Die Entscheidung, welcher Zugang nach Art und Beschaffenheit möglich sein müsse, hänge von der Nutzbarkeit des Grundstücks ab. Die Anwendung der Grundsätze zur bauordnungsrechtlichen Erreichbarkeit auf Grundstücke im unbeplanten Innenbereich sei die notwendige Konsequenz aus der Übertragung der erschließungsbeitragsrechtlichen Grundsätze auf das Ausbaubeitragsrecht.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die Beiakten A und B verwiesen, die ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung der Beklagten, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§§ 125 Abs. 1 Satz 1, 101 Abs. 2 VwGO), ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klage des Klägers zu Recht stattgegeben. Der Straßenausbaubeitragsbescheid der Beklagten vom 27. August 2012 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§§ 125 Abs. 1 Satz 1, 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Der Bescheid beruht auf § 6 Abs. 1 Satz 1 NKAG in Verbindung mit § 1 der im Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht (20. Februar 2009) geltenden Satzung der Beklagten über die Erhebung von Beiträgen nach § 6 NKAG für straßenbauliche Maßnahmen in der Landeshauptstadt Hannover (Straßenausbaubeitragssatzung) vom 19. März 1992 (ABl. RegBez. Han. S. 258) in der Fassung der Änderungssatzung vom 21. März 2002 (ABl. RegBez. Han. S. 399) – SABS –. Danach erhebt die Beklagte, sofern Erschließungsbeiträge nicht erhoben werden können, zur Deckung ihres Aufwandes für die Herstellung, Anschaffung, Erweiterung, Verbesserung und Erneuerung ihrer Straßen, Wege, Plätze (öffentliche Einrichtungen) nach Maßgabe der Satzung Beiträge von den Grundstückseigentümern, denen die Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser öffentlichen Einrichtungen besondere wirtschaftliche Vorteile bietet.

Ein solcher Sondervorteil wird dem Kläger durch den Ausbau des Straßenzugs Erderstraße/Stockmannstraße im Hinblick auf sein Grundstück Otto-Wels-Straße B. nicht vermittelt.

Der Senat geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass ein Hinterliegergrundstück bei Eigentümeridentität mit dem Anliegergrundstück durch den Ausbau einer Straße dann im Sinne von § 6 Abs. 1 Satz 1 NKAG bevorteilt ist, wenn die Straße vom Hinterliegergrundstück aus dergestalt erreichbar ist, dass die bestimmungsgemäße Nutzung des Hinterliegergrundstücks unter Inanspruchnahme des Anliegergrundstücks über die ausgebaute Straße realisiert werden kann (Senatsurteil vom 23. März 2009 – 9 LC 320/07 – n.v.; Senatsbeschlüsse vom 29. November 2006 – 9 LA 342/04 – NVwZ-RR 2007, 342; vom 26. April 2007 – 9 LA 92/06 – NVwZ-RR 2008, 345 = NordÖR 2008, 45 [OVG Niedersachsen 26.04.2007 - 9 LA 92/06]; vom 16. Januar 2012 – 9 ME 135/11 – n.v.; vom 19. Juni 2014 – 9 LA 41/12 – n.v.).

Diese Rechtsprechung gilt nicht nur für Hinterliegergrundstücke, die auf die ausgebaute Straße angewiesen sind, weil sie nicht durch eine weitere Straße erschlossen werden. Sie greift auch in den Fällen, in denen Hinterliegergrundstücke zudem an eine andere Straße grenzen, und zwar selbst dann, wenn sie – wie hier – ihre primäre Erschließung über diese andere Straße erhalten (Senatsbeschluss vom 26. April 2007, a.a.O.).

Nach der Senatsrechtsprechung entsprechen die Voraussetzungen für den Zugang zu einem bestimmungsgemäß zu Wohnzwecken genutzten Grundstück im Straßenausbaubeitragsrecht denen, die bauordnungsrechtlich an die Zugänglichkeit eines Baugrundstücks zu stellen sind (vgl. Senatsbeschluss vom 9. November 2012 – 9 LA 157/11 – juris). Diese ergeben sich für den vorliegenden Fall aus den im Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht maßgeblichen §§ 5 und 6 der Niedersächsischen Bauordnung (NBauO) in der Fassung vom 10. Februar 2003 (NdsGVBl. S. 89) in Verbindung mit § 2 der Allgemeinen Durchführungsverordnung zur Niedersächsischen Bauordnung – DVNBauO – in der Fassung vom 22. Juli 2004 (NdsGVBl. S. 263) (vgl. Senatsbeschluss vom 9. November 2012, a.a.O.).

Dem steht nicht entgegen, dass es für die vorteilsrelevante Inanspruchnahmemöglichkeit gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 NKAG – anders als im Erschließungsbeitragsrecht – nicht darauf ankommt, ob die Straße einem Grundstück die verkehrsmäßige Erschließung in einer den baurechtlichen Erreichbarkeitsanforderungen genügenden Weise vermittelt und das Grundstück wegen der Straße bebaubar ist. Denn dies bedeutet nicht, dass die Anforderungen an die Erreichbarkeit eines nach seiner bestimmungsgemäßen Nutzung zu Wohnzwecken nutzbaren, also bebaubaren, Grundstücks losgelöst von den baurechtlichen Zugangsvoraussetzungen zu beurteilen wären. Soll das Grundstück bei der Verteilung des umlagefähigen Aufwands und bei der Heranziehung als bebaubares Wohngrundstück berücksichtigt werden, muss es auch wegen der ausgebauten Straße (weiterhin) baulich nutzbar sein (Senatsbeschluss vom 9. November 2012, a.a.O.). Dies hat der Senat entgegen der Annahme der Beklagten gerade für ein Grundstück im unbeplanten Innenbereich (§ 34 BauGB) entschieden (vgl. Senatsbeschluss vom 9. November 2002, a.a.O., Rn. 3 f.).

Das Grundstück Otto-Wels-Straße B. ist indes nicht gerade wegen der ausgebauten Straße (weiterhin) baulich nutzbar. Die bauordnungsrechtlich an die Zugänglichkeit des Grundstücks Otto-Wels-Straße B. zu stellenden Anforderungen sind mit der Zufahrt durch das Gebäude Otto-Wels-Straße C. nicht erfüllt:

Gemäß § 5 Abs. 1 NBauO in der oben genannten Fassung (a.F.) muss ein Baugrundstück so an einer mit Kraftfahrzeugen befahrbaren öffentlichen Verkehrsfläche liegen oder einen solchen Zugang zu ihr haben, dass der von der baulichen Anlage ausgehende Zu- und Abgangsverkehr und der für den Brandschutz erforderliche Einsatz von Feuerlösch- und Rettungsgeräten jederzeit ordnungsgemäß und ungehindert möglich sind. Gemäß § 6 Satz 2 NBauO a.F. muss für den Einsatz der Feuerlösch- und Rettungsgeräte die erforderliche Bewegungsfreiheit und Sicherheit gewährleistet sein.

Die DVNBauO stellt insoweit unterschiedliche Anforderungen je nachdem, ob es sich bei der baulichen Anlage um ein Gebäude geringer Höhe handelt – darunter fallen nach § 2 Abs. 9 Satz 1 NBauO a.F. solche Gebäude, in denen jeder Aufenthaltsraum mit seinem Fußboden um höchstens 7 m höher als die Stellen der Geländeoberfläche liegt, von denen aus er über Rettungsgeräte der Feuerwehr erreichbar ist – oder um ein Gebäude nicht geringer Höhe: Zu Gebäuden nicht geringer Höhe müssen nach § 2 Abs. 1 DVNBauO a.F. von öffentlichen Verkehrsflächen mindestens 3 m breite Zu- oder Durchfahrten vorhanden sein. Die lichte Höhe der Durchfahrten muss mindestens 3,50 m betragen. Zu Gebäuden geringer Höhe genügen gemäß § 2 Abs. 2 DVNBauO a.F. von öffentlichen Verkehrsflächen mindestens 1,25 m breite Zu- oder Durchgänge. Liegen diese Gebäude mehr als 50 m von öffentlichen Verkehrsflächen entfernt, so können an Stelle von Zu- oder Durchgängen Zu- oder Durchfahrten nach Absatz 1 verlangt werden. Die lichte Höhe der Durchgänge muss mindestens 2 m betragen; bei Türöffnungen und anderen geringfügigen Einengungen genügt eine lichte Breite von 1 m.

Diese unterschiedlichen Regelungen beruhen darauf, dass der Zu- und Abgangsverkehr einer baulichen Anlage – dieser beinhaltet u.a. den Verkehr der Benutzer, ihrer Besucher, der Müllabfuhr, der Post, der Möbelwagen, der Brennstofftransporter sowie der Feuerlösch- und Rettungsfahrzeuge – bei einem Gebäude nicht geringer Höhe in aller Regel intensiver ist als bei einem Gebäude geringer Höhe. Zudem kann in Notfällen ein Rettungsweg bei höheren Gebäuden länger ausfallen und der Einsatz größerer Rettungsfahrzeuge erforderlich sein.

Liegt ein mit einem Gebäude nicht geringer Höhe bebautes Grundstück nicht unmittelbar an einer mit Kraftfahrzeugen befahrbaren öffentlichen Straße, so muss es daher zu ihr einen befahrbaren „Zugang“ haben, der den beschriebenen Anforderungen genügt, Einen solchen Zugang bietet eine über private Flächen führende Wegeverbindung zwischen Baugrundstück und öffentlicher Straße, wenn sie so bemessen und trassiert ist, dass sie bei Bedarf auch von Fahrzeugen der Feuerwehr oder der Müllabfuhr ungehindert benutzt werden kann, also eine genügende Breite, ausreichende Radien in Kurven bzw. „um die Ecke“ und gegebenenfalls auch eine Wendemöglichkeit am Ende vorsieht (vgl. Große-Suchdorf, NBauO, 9. Aufl. 2013, § 4 Rn. 15). Demgegenüber genügen bei Gebäuden geringer Höhe als Zugang grundsätzlich auch Gehwege (Wohnwege) (vgl. Große-Suchsdorf, a.a.O., § 4 Rn. 17). Während es zudem bei Gebäuden geringer Höhe für ausreichend erachtet wird, dass die für eine schnelle Rettung und einen wirksamen Löschangriff benötigten Feuerlösch- und Rettungsgeräte vom Feuerwehr- bzw. Rettungsfahrzeug zur Einsatzstelle getragen werden, müssen diese Fahrzeuge bei höheren Gebäuden bis an die Einsatzstelle heranfahren können (vgl. Große-Suchsdorf, a.a.O., § 4 Rn. 48 und 55).

Ausgehend hiervon erfordert die bauordnungsrechtliche Zugänglichkeit zur Ermöglichung einer bestimmungsgemäßen Nutzung eines Wohngrundstücks bei Gebäuden geringer Höhe – wie der Senat bereits entschieden hat – auch im Straßenausbaubeitragsrecht einen Zugang mit einer Mindestbreite von 1,25 m (Senatsbeschluss vom 9. November 2012, a.a.O.). In Fortführung dieser Rechtsprechung ist bei auf Hinterliegergrundstücken befindlichen Gebäuden nicht geringer Höhe – auch im Straßenausbaubeitragsrecht – zu verlangen, dass zu diesen von der ausgebauten Straße aus eine mindestens 3 m breite Zu- oder Durchfahrt vorhanden ist. Würden auch für Gebäude nicht geringer Höhe – wie die Beklagte es für geboten hält – die bauordnungsrechtlichen Anforderungen für Gebäude geringer Höhe herangezogen, würde es an der erforderlichen gefahrlosen Erreichbarkeit gemäß der Wertung des Verordnungsgebers (s.o.) fehlen.

Nach Maßgabe dessen wies die Zuwegung zum Grundstück Otto-Wels-Straße B. im maßgeblichen Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht  durch die Zufahrt im Gebäude Otto-Wels-Straße C. nicht die erforderliche Mindestbreite auf. Denn auf dem Grundstück Otto-Wels-Straße B. befand sich ein Gebäude nicht geringer Höhe. Dieses verfügte über vier Vollgeschosse mit einer jeweiligen Höhe von etwa 3,50 m, so dass nicht jeder Aufenthaltsraum mit seinem Fußboden um höchstens 7 m höher als die Stellen der Geländeoberfläche lag, von denen aus er über Rettungsgeräte der Feuerwehr erreichbar war (§ 2 Abs. 9 Satz 1 NBauO a.F.). Damit ist nach § 2 Abs. 1 DVNBauO a.F. eine mindestens 3 m breite Zu- oder Durchfahrt erforderlich. Die Zuwegung zum Grundstück Otto-Wels-Straße B. durch die Zufahrt im Gebäude Otto-Wels-Straße C. weist diese Mindestbreite nicht auf. Sie ist nur 2,35 m breit. Selbst wenn es dem Kläger – was offen bleiben kann – zumutbar sein sollte, die Zufahrt zu verbreitern, wäre das Grundstück Otto-Wels-Straße B. durch die Zufahrt im Gebäude Otto-Wels-Straße C. nicht durchgängig auf einer Breite von mindestens 3 m erreichbar. Denn das Grundstück Otto-Wels-Straße C. ist im rückwärtigen Bereich an der verengten Stelle lediglich 2,60 m breit. Jedenfalls an dieser Stelle kann der Kläger selbst das Grundstück und damit die Zufahrt nicht verbreitern.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.