Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 15.05.2019, Az.: 2 NB 363/18

Belegungsliste; CNW; Curricularanteil; Curricularnormwert; Deputatsreduzierung; Dienstleistungsexport; Gesamt-CNW; Humanmedizin; innerkapazitärer Anspruch; Kapazität patientenbezogene; kw-Vermerk; Lehrkrankenhaus; Patientenkapazität; proportionale Kürzung; Schwund; Schwundberechnung; Sommersemester 2018; Stellenstreichung; Teilstudienplatz; Vollstudienplatz; Vorklinik; Überbuchung; Überschreitung

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
15.05.2019
Aktenzeichen
2 NB 363/18
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2019, 70116
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 26.04.2018 - AZ: 8 C 86/18

Tenor:

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Göttingen - 8. Kammer - vom 26. April 2018 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5.000 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Durch Beschlüsse vom 26. April 2018, auf die wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und der Begründung Bezug genommen wird, hat das Verwaltungsgericht unter anderem den Antrag der Antragstellerin abgelehnt, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, sie vorläufig zum Studium der Humanmedizin im 1. Fachsemester auf einem Vollstudienplatz und hilfsweise auf einem Teilstudienplatz nach den Rechtsverhältnissen des Sommersemesters 2018 zuzulassen.

Das Verwaltungsgericht ist im streitgegenständlichen Semester für das 1. Fachsemester von einer Aufnahmekapazität von 144 Vollstudienplätzen und von 49 Teilstudienplätzen ausgegangen; dies entspricht den Festsetzungen der Verordnung über Zulassungszahlen für Studienplätze zum Wintersemester 2017/2018 und Sommersemester 2018 - ZZ-VO 2017/2018 - vom 17. Juni 2017 (Nds. GVBl. S. 2044 ff.).

Gegen den sie betreffenden Beschluss hat die Antragstellerin Beschwerde eingelegt.

II.

Die Beschwerde der Antragstellerin mit dem sinngemäß gestellten Beschwerdeantrag,

die Antragsgegnerin unter Abänderung des erstinstanzlichen Beschlusses im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, sie nach den Rechtsverhältnissen des Sommersemesters 2018 vorläufig zum Studium im Studiengang Humanmedizin, 1. Fachsemester auf einem Vollstudienplatz, hilfsweise auf einem Teilstudienplatz zuzulassen,

hat keinen Erfolg. Unter Berücksichtigung der von der Antragstellerin innerhalb der Frist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO dargelegten Gründe, die gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO den gerichtlichen Prüfungsumfang bestimmen, sind im 1. Fachsemester im Studiengang Humanmedizin im Sommersemester 2018 innerhalb und außerhalb der festgesetzten Kapazität weder weitere Vollstudienplätze (dazu 1.) noch weitere Teilstudienplätze (dazu 2.) vorhanden.

1. Auf der Grundlage des Beschwerdevorbringens ergeben sich keine weiteren Vollstudienplätze außerhalb (dazu 1.1) und innerhalb (dazu 1.2) der Kapazität.

1.1 Soweit sich die Antragstellerin gegen die Ermittlung der patientenbezogenen Kapazität nach § 17 Abs. 1 KapVO mit der Begründung wendet, dass die Lehrkrankenhäuser und -arztpraxen der Antragsgegnerin über mehr Patientenkapazität verfügten als vom Verwaltungsgericht angenommen, sodass die hierauf bezogene Studienplatzzahl von 27,1760 zu erhöhen sei, dringt sie nicht durch. Die Antragsgegnerin hat hiergegen zu Recht eingewandt, diese Institutionen seien in ihrer Entscheidung frei, in welchem Umfang sie die Anzahl der Kooperationsstunden und der zu betreuenden Studierenden auf der Grundlage der Patienteninanspruchnahme vertraglich in Ansatz bringen. Lediglich in diesem vertraglich vereinbarten Umfang ist die weitere Patientenkapazität zu berücksichtigen. Der Senat hat keinen Anlass zu zweifeln, dass der jeweils vertraglich vereinbarte Umfang mit den von der Antragsgegnerin in die Berechnung der Kapazität einbezogenen Werten übereinstimmt. Nach den von der Antragstellerin nicht in Abrede gestellten Ausführungen des Verwaltungsgerichts sind die ab dem Wintersemester 2016/2017 begonnenen Kooperationen als Kompensation der in einem Umfang von 26 Studienplätzen in Ansatz gebrachten bisherigen Kooperation mit dem Krankenhaus Lenglern erfolgt (vgl. hierzu auch Senatsbeschl. v. 28.3.2018 - 2 NB 860/17 -, juris Rn. 6 ff.). Ein Studienplatzbewerber hat lediglich Anspruch auf Ausschöpfung der vorhandenen Kapazität, nicht aber auf Schaffung neuer Kapazitäten. Aus dem Hinweis der Antragstellerin auf zwei Entscheidungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (Beschl. v. 28.7.2014 - 7 CE 14.10052 -, juris und v. 9.2.2017 - 7 CE 16.10317 -, juris) folgt nichts anderes (vgl. hierzu bereits Senatsbeschl. v. 28.3.2018 - 2 NB 860/17 -, juris Rn. 16).

1.2 Die Beschwerdeangriffe der Antragstellerin gegen die (innerkapazitäre) Belegung der Vollstudienplätze greifen nicht durch.

Die Antragsgegnerin hat in ihrer Beschwerdeerwiderung unter Vorlage der Immatrikulationsliste für die Vollstudienplätze ausgeführt, dass von den aufgeführten 164 Einschreibungen insgesamt zwölf nicht gezählt würden, sodass insgesamt 152 Studierende immatrikuliert seien. Die Vermutung der Antragstellerin, unter den eingeschriebenen Studierenden könnten sich „theoretisch“ solche befinden, die bereits das Physikum bestanden hätten, insbesondere gelte dies für die Studierenden mit der lfd. Nr. 44 und 103, geht ins Leere.

Zum einen müssten sich mit Blick auf die - zu berücksichtigenden (vgl. hierzu unten unter 3.) - Überbuchungen von acht Vollstudienplätzen hierunter mindestens neun Studierende mit bestandenem Physikum befinden; hierfür ist nichts ersichtlich. Zum anderen ist in der Rechtsprechung des Senats geklärt, dass die Antragsgegnerin dann, wenn in der Belegungsliste der Vollstudienplätze Studierende aufgeführt sind, die aufgrund eines Teilstudiums oder eines vorhergehenden anderen Studiums anrechenbare Leistungen oder sogar bereits das Physikum erworben haben und die daher keine Lehrleistungen des 1. Fachsemesters in Anspruch nehmen, die von dieser Personengruppe eingenommenen Vollstudienplätze als belegt zählen darf. Für die Frage, ob Studienplätze kapazitätswirksam belegt sind, ist es nicht von Relevanz, ob und inwieweit die auf ihnen geführten Studierenden tatsächlich Lehrleistungen des betreffenden Semesters in Anspruch nehmen. Es ist in diesem Zusammenhang unerheblich, ob der Studienplatzinhaber zuvor bereits als Inhaber eines Teilstudienplatzes im Studiengang Humanmedizin das erste (oder weitere) Fachsemester absolviert und gegebenenfalls Leistungsnachweise erworben hat. Gleiches gilt für Studierende, die als Zweitstudierende einen Studienplatz belegen, tatsächlich aber anrechenbare Studienleistungen aus einem Zahnmedizinstudium aufweisen dürften (vgl. Senatsbeschl. v. 9.9.2015 - 2 NB 368/14 -, juris). Denn die Hochschulen haben die Zulassungen durch die Stiftung für Hochschulzulassung umzusetzen (Art. 11 Abs. 4 des Staatsvertrags über die Errichtung einer gemeinsamen Einrichtung für Hochschulzulassung). Auch eine fehlerhafte Zulassung ist - vorbehaltlich ihrer Nichtigkeit - wirksam und eröffnet der Hochschule insoweit keinen Handlungsspielraum. Der Studienplatz ist infolge der Zulassung kapazitätswirksam besetzt. Eine etwaige Rechtsfehlerhaftigkeit der Zulassung ist dementsprechend nicht gegen die Hochschule, sondern gegen die Stiftung für Hochschulzulassung geltend zu machen (vgl. hierzu Senatsurt. v. 7.4.2016 - 2 LB 60/15 -, juris Rn. 92 m.w.N.).

2. Auf der Grundlage des Beschwerdevorbringens ergeben sich zudem keine weiteren Teilstudienplätze außerhalb (dazu 2.1) und innerhalb (dazu 2.2) der Kapazität.

2.1 Die Antragstellerin wendet ohne Erfolg ein, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht eine E 14-Stelle nicht berücksichtigt sowie die Deputatsreduzierungen akzeptiert. Gleiches gilt für ihre Kritik an dem Dienstleistungsexport in den Studiengang Zahnmedizin sowie der Überschreitung des Curricularnormwerts.

2.1.1 Die Nichtberücksichtigung der zum 31. August 2017 mit einem kw-Vermerk gestrichenen E 14-Stelle im Institut für Herz- und Kreislaufphysiologie (10 LVS) seitens des Verwaltungsgerichts greift die Antragstellerin zum einen mit der Begründung an, dass diese Stelle zum maßgeblichen Stichtag des 1. Februar 2017 noch nicht weggefallen und auch noch besetzt gewesen sei. Hiermit dringt sie nicht durch. Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 KapVO ist die jährliche Aufnahmekapazität zwar grundsätzlich auf der Grundlage der Daten eines Stichtages zu ermitteln, der nicht mehr als neun Monate vor Beginn des Berechnungszeitraumes liegt. Hiervon macht § 5 Abs. 1 Satz 2 KapVO aber dann eine Ausnahme, wenn im Zeitpunkt der Kapazitätsermittlung bereits wesentliche Änderungen von Daten bis zum Beginn des Berechnungszeitraums erkennbar sind. Der Wegfall einer - zudem mit einem kw-Vermerk versehenen - Stelle stellt ein derartiges wesentliches Datum dar. Diese Änderung war zum Beginn des Berechnungszeitraums am 1. Oktober 2017 absehbar.

Der weitere Einwand der Antragstellerin, die Antragsgegnerin habe im Rahmen ihres Strukturplans und in ihrem entsprechenden Beschluss vom 11. November 2015 der Forschung gegenüber der Lehre einen zu hohen Stellenwert beigemessen, sodass ihre Abwägungsentscheidung fehlerhaft sei, führt nicht zum Erfolg der Beschwerde. Das Verwaltungsgericht hat die Abwägung der widerstreitenden Interessen seitens der Antragsgegnerin unter Hinweis auf die Protokolle der Fakultätssitzung vom 8. Mai 2017 und der Vorstandssitzung vom 4. Juli 2017 als rechtsfehlerfrei angesehen. Dem hält die Antragstellerin mit der Begründung, die Antragsgegnerin messe der Forschung gegenüber der Lehre einen zu hohen Stellenwert bei, lediglich ein anderes, mögliches Ergebnis der aus ihrer Sicht richtigeren Abwägung der Interessen entgegen, ohne durchgreifende Fehler in der Abwägungsentscheidung der Antragsgegnerin aufzuzeigen.

2.1.2 Soweit die Antragstellerin die von dem Verwaltungsgericht akzeptierten Deputatsreduzierungen allgemein mit der Begründung angreift, es falle insgesamt auf, dass erhebliche Reduzierungen für Forschungsaufgaben vorgenommen worden seien und zu bemängeln sei, dass die Antragsgegnerin offensichtlich der Forschung gegenüber der Lehre Vorrang einräume, was im Hinblick auf Art. 12 GG und die gleichrangigen Aufgaben der Antragsgegnerin nicht gerechtfertigt sei, dringt sie nicht durch. Das Verwaltungsgericht hat im Einzelnen unter Verweis auf seine Rechtsprechung und die des Senats ausgeführt, dass und warum die von der Antragsgegnerin in Ansatz gebrachten Lehrdeputatsverminderungen in Höhe von 24 LVS nicht zu beanstanden seien. Die pauschale Kritik der Antragstellerin genügt bereits nicht dem Darlegungsgebot des
§ 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO.

Die von der Antragstellerin explizit angegriffene Deputatsreduzierung von Prof. Dr. D. ist ebenfalls frei von Rechtsfehlern. Der Senat hat in seinem das vorangegangene Wintersemester 2017/2018 betreffenden Beschluss vom 22. Januar 2019 (- 2 NB 1695/17 u.a. -, juris Rn. 1 ff.) ausgeführt, dass diese Deputatsreduzierung in einem Umfang von 2 LVS auf der Grundlage von § 15 der Verordnung über die Lehrverpflichtung an Hochschulen (Lehrverpflichtungsverordnung - LVVO -) vom 2. August 2007 (Nds. GVBl. S. 408) in der Fassung vom 4. August 2014 (Nds. GVBl. S. 235) gerechtfertigt ist. Hieran wird auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens der Antragstellerin festgehalten. Der Beschwerdeeinwand der Antragstellerin, es sei „sinnvoll“, diese Hochschullehrerin von „anderen Verwaltungstätigkeiten innerhalb der Universität“ zu entlasten, um ihr die Tätigkeit in der Wissenschaftsverwaltung der Deutschen Forschungsgemeinschaft zu ermöglichen, greift nicht durch. Abgesehen davon, dass nicht hinreichend deutlich wird, welche „anderen Verwaltungstätigkeiten“ die Antragstellerin im Blick hat, bietet die Lehrverpflichtungsverordnung der Hochschule die normative Grundlage für eine Deputatsreduzierung gerade der dort aufgeführten Tätigkeiten, sodass sich die Hochschule nicht auf etwaige alternative Möglichkeiten jenseits dieser Grundlage verweisen lassen muss.

2.1.3 Das Beschwerdevorbringen der Antragstellerin zu dem Dienstleistungsexport in den Studiengang Zahnmedizin führt ungeachtet der von der Antragsgegnerin angeführten Frage, ob die Antragstellerin insoweit dem Darlegungsgebot des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO genügt, ebenfalls nicht zu einem Erfolg der Beschwerde.

Der Senat hat zu dem von der Antragstellerin sinngemäß in Bezug genommenen Beschwerdevortrag anderer Antragsteller in vorangegangenen Beschwerdeverfahren ausgeführt, dass auch nach der Alternativberechnung auf der Grundlage des dortigen Beschwerdevorbringens - Ersetzung des sich aus dem Beispielstudienplan ergebenden Curricularanteils von 0,8666 durch den tatsächlichen Wert - ein weiterer Teilstudienplatz nicht zur Verfügung steht (vgl. hierzu zuletzt Senatsbeschl. v. 22.1.2019 - 2 NB 1695/17 u.a. -, juris Rn. 20 ff.). Bezogen auf das hier streitgegenständliche Semester ergibt sich die nachfolgende Alternativberechnung. Der Senat hält in diesem Zusammenhang an seiner von der Antragstellerin und dem Verwaltungsgericht infrage gestellten Rechtsprechung fest, dass bei der Berechnung des Dienstleistungsexports ein in der nachfragenden Lehreinheit auftretender Schwund nicht zu berücksichtigen ist.

Dienstleistungsexport Zahnmedizin: 34,1496 LVS (statt 34,6640 LVS)
gesamter Dienstleistungsexport: 55,1603 LVS
bereinigtes Lehrangebot: 346,8397 LVS (426 - 24 - 55,1603)
Anteil des bereinigten Lehrangebots : 317,3583 LVS
(346,8397 LVS x 0,9150)
jährliche Aufnahmekapazität Humanmedizin: 376,6864
(317,3583 LVS x 2 : 1,6850)
bei 288,1415 Vollstudienplätzen: 88,5449 Teilstudienplätze
Teilstudienplätze nach Schwund/Studienjahr: 98,2494 (88,5449 x 1,1096)

Danach ergäbe sich eine Studienplatzzahl für das streitgegenständliche Semester von (gerundet) wie festgesetzt lediglich 49 Teilstudienplätzen. Die Antragsgegnerin hat demgegenüber 55 Teilstudienplätze im 1. Fachsemester besetzt; hinzu kommen acht zu berücksichtigende überbuchte Vollstudienplätze. Diese Überbuchung von insgesamt 14 Studienplätzen muss die Antragstellerin gegen sich gelten lassen (vgl. dazu unten unter 3.).

2.1.4 Hinsichtlich der von der Antragstellerin in ihrer Beschwerdebegründung in pauschaler Weise angemahnten „Diskussion“ zur Überschreitung des CNW von 8,2 mit der Forderung, den Curricularanteil der Vorklinik proportional zu kürzen, verweist der Senat auf seine ständige Rechtsprechung. Hiernach kommt eine proportionale Kürzung des Eigenanteils der Vorklinik wegen Überschreitung des Gesamt-CNW im Studiengang Humanmedizin auch unter Berücksichtigung des Beschlusses des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. April 2017 - 6 C 36.16 - nicht in Betracht (vgl. zuletzt Senatsbeschl. v. 22.1.2019 - 2 NB 1695/17 u.a. -, juris Rn. 23 ff. m.w.N.; so auch VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 16.8.2018 - NC 9 S 2505/17 -, juris Rn. 4 ff. m.w.N.).

2.2 Hinsichtlich der innerhalb der festgesetzten Studienplatzkapazität belegten Teilstudienplätze hat sich die Antragstellerin lediglich auf ihr Beschwerdevorbringen zu den Vollstudienplätzen bezogen. Daher verweist der Senat auch insoweit auf seine obigen Ausführungen unter Ziffer 1.2, die hier entsprechend gelten.

3. Da sich mithin weder innerkapazitär noch außerkapazitär ein weiterer Voll- oder Teilstudienplatz zugunsten der Antragstellerin ergibt, kommt es auf die von ihr im weiteren Verlauf des Beschwerdeverfahrens thematisierte Rechtmäßigkeit der Überbuchungen nicht an. Gleichwohl merkt der Senat an, dass die von der Antragsgegnerin vorgenommene Überbuchung rechtsfehlerfrei erfolgt ist.

Überbuchungen sind nach der ständigen Rechtsprechung des Senats, die mit der anderweitigen obergerichtlichen Rechtsprechung in Einklang steht (vgl. etwa OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 5.3.2018 - OVG 5 NC 38.17 -, juris, Rn. 17; Bay. VGH, Beschl. v. 17.4.2014 - 7 CE 14.10046 -, juris, Rn. 9; OVG NRW, Beschl. v. 28.1.2013 - 13 B 971/12 -, juris, Rn. 4), grundsätzlich zulässig (Senatsbeschl. v. 19.3.2018 - 2 NB 2/18 -, juris Rn. 6). Nach § 5 Abs. 4 der Hochschul-Vergabeverordnung kann die Hochschule durch eine Überbuchung berücksichtigen, dass Studienplätze voraussichtlich nicht angenommen werden. Damit wird keine neue Kapazität erschlossen, sondern lediglich die in der Zulassungszahl erfasste Kapazität wirksam genutzt. Ob die Hochschule überbucht oder nachrücken lässt, ist keine Frage der verfassungsrechtlich gebotenen vollständigen Kapazitätsausnutzung, sondern richtet sich nach verwaltungsorganisatorischen Zweckmäßigkeitserwägungen. Es liegt im pflichtgemäßen Ermessen der Hochschule zu entscheiden, welcher der beiden Maßnahmen sie den Vorzug gibt. Überbuchungen zehren die vorhandene Kapazität auf. Für einen Zuteilungsanspruch des Studienplatzbewerbers müsste deshalb vom Gericht das Vorhandensein einer über die bereits vorgenommenen Überbuchungen hinaus bestehenden freien Kapazität festgestellt werden. Zwar kann eine Überbuchung infolge von Prognoseunsicherheiten dazu führen, dass mehr Studierende zugelassen werden als in der Zulassungszahlenverordnung vorgesehen, was die Chancen anderer Studienbewerber schmälert, im Wege eines gerichtlichen Eilverfahrens an einen Studienplatz zu gelangen. Das ist jedoch grundsätzlich nicht zu beanstanden. Wer sich für einen Platz unter den Begünstigten einer Überbuchung durch seine Rangziffer qualifiziert, braucht nicht hinter Eilantragstellern zurückzustehen, zumal ihm ebenfalls das Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG zur Seite steht (vgl. Senatsbeschl. v. 22.8.2013 - 2 NB 394/12 -, juris, Rdnr. 16 m.w.N.).

Eine Ausnahme mag dann gerechtfertigt sein, wenn das Instrument der Überbuchung "rechtsmissbräuchlich" gehandhabt wird, etwa um die tatsächlich vorhandenen Kapazitäten zu verschleiern oder um einen etwaigen "Anreiz" zur Führung von Prozessen, die eine verwaltungsgerichtliche Überprüfung festgesetzter Zulassungszahlen ermöglichen, zu konterkarieren. Führen Überbuchungen wiederholt zu deutlich mehr Zulassungen als der Zulassungszahlenverordnung entspricht, kann dies unter Umständen einen Hinweis darauf geben, dass die Hochschule ihre Kapazität grundsätzlich „willkürlich“ oder „unentschuldbar“ unrichtig ermittelt oder angibt. Da die Überbuchung allerdings auf einer Prognose über das Annahmeverhalten der Studierenden beruht, ist auch in diesem Zusammenhang zu beachten, dass die gerichtliche Überprüfung von Prognosen ihrem Wesen nach auf die Frage beschränkt ist, ob der Sachverhalt zutreffend ermittelt und der Prognose eine geeignete Methode zugrunde gelegt worden ist (vgl. BVerfG, Beschl. v. 16.12.1992 - 1 BvR 167/87 -, NVwZ 1993, 666und Beschl. v. 10.12.2009 - 1 BvR 3151/07 -, NVwZ 2010, 435).

Insoweit ist allerdings kein enger Maßstab anzulegen, denn eine großzügige Überbuchung ist "kapazitätsfreundlich" und verliert diese aus der Sicht der Studierwilligen positive Eigenschaft nicht dadurch, dass sie zu Verschiebungen der Zulassungsquoten zwischen der Gruppe der Bewerber mit "zulassungsnaher Qualifikation" einerseits und der Gruppe der Eilantragsteller andererseits führt. Bei der Einschätzung des Annahmeverhaltens der zugelassenen Bewerber darf deshalb Raum gelassen werden für Prognosefehler zugunsten von Studienbewerbern mit "zulassungsnaher Qualifikation". Für eine Argumentation mit mathematischen Scheingenauigkeiten ist in diesem Zusammenhang deshalb von vornherein kein Raum (vgl. hierzu Senatsbeschl. v. 20.2.2013 - 2 NB 386/12 -, juris, Rn. 23 f.). Es begegnet auch keinen durchgreifenden Bedenken, dass die Antragsgegnerin nicht zwischen der Vergabe der Studienplätze im Hauptverfahren und in den beiden Nachrückverfahren differenziert hat. Einer weiteren Sachaufklärung in dieser Frage bedarf es daher entgegen der Ansicht der Antragstellerin nicht.

Nach diesen Grundsätzen ist die vorgenommene Überbuchung auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens der Antragstellerin nicht als missbräuchlich zu beanstanden. Die Antragsgegnerin hat in ihrer Beschwerdeerwiderung zu Recht darauf hingewiesen, dass sie auf der Grundlage des Annahmeverhaltens der Studienplatzbewerber aus den Vorjahren bei den Vollstudienplätzen einen Überbuchungsfaktor von 1,2 und bei den Teilstudienplätzen einen solchen von 2,0 in Ansatz gebracht hat. Dass die Annahmequote bei den Vollstudienplätzen statt wie in den Vorjahren - dort im Mittel 92 % - im Sommersemester 2018 auf über 97 % anstieg, beeinträchtigt nach dem oben Gesagten die Rechtmäßigkeit der Überbuchung nicht. Entgegen der Ansicht der Antragstellerin ist die Antragsgegnerin insbesondere nicht gehalten, auf ein kleinteiliges vielfaches Nachrückverfahren auszuweichen, um garantiert nicht um einen Studienplatz zu überbuchen.

Nach der Rechtsprechung des Senats reduziert sich die Zahl der zur Verfügung stehenden Teilstudienplätze um die Zahl der überbuchten Vollstudienplätze (vgl. hierzu Senatsurt. v. 7.4.2016 - 2 LB 60/15 -, juris Rn. 136 ff. und Senatsbeschl. v. 27.2.2009 - 2 NB 154/08 -, juris Rn. 103ff.).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2 GKG.