Vergabekammer Lüneburg
Beschl. v. 14.05.2004, Az.: 203-VgK-13/2004
Ausschreibung von Entsorgungsdienstleistungen; Nachprüfungsantrag im Rahmen eines Vergabeverfahrens; Geltendmachung von Vergaberechtsverletzungen; Berücksichtigung des Aspektes der verbrauchten Leistungsfähigkeit durch Beteiligung an mehreren, parallel laufenden Vergabeverfahren; Prüfung der Eignung der Beigeladenen durch den Auftraggeber
Bibliographie
- Gericht
- VK Lüneburg
- Datum
- 14.05.2004
- Aktenzeichen
- 203-VgK-13/2004
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2004, 33753
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 97 Abs. 7 GWB
- § 114 Abs. 1 GWB
- § 25 Nr. 2 Abs. 2 VOL/A
- § 30 VOL/A
- § 13 VgV
Verfahrensgegenstand
Vergabeverfahren Entsorgungsdienstleistungen (Los 1) im Landkreis xxx
Tenor:
- 1.
Der Nachprüfungsantrag wird zurückgewiesen.
- 2.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin.
- 3.
Die Kosten werden auf 4.416,- EUR festgesetzt.
- 4.
Die Antragstellerin hat dem Auftraggeber und der Beigeladenen zu 1.) die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten zu erstatten. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes war sowohl für den Auftraggeber als auch für die Beigeladene zu 1.) notwendig.
Begründung
I.
Der Auftraggeber hat die Entsorgungsdienstleistungen mit Datum vom 30.10.2003 europaweit im offenen Verfahren ausgeschrieben. Die zu erbringende Leistung wurde in insgesamt drei Losen ausgeschrieben. Streitbefangen ist hier das Los 1 (Einsammlung von Restmüll und Biomüll, Transport zu einer Verwertungsanlage, Lagerung und Auslieferung von Behältern). Der Auftrag für das streitbefangene Los wurde für den Zeitraum 01.01.2005 bis 31.08.2008 mit einer Verlängerungsoption um bis zu 3,5 Jahre ausgeschrieben. Nebenangebote und Alternativvorschläge wurden ausdrücklich zugelassen.
Als Zuschlagskriterium wurde der niedrigste Preis benannt. Bereits mit der Vergabebekanntmachung wurden detailliert Eignungsnachweise verlangt wie Referenzen zum Nachweis, dass der Bieter ähnliche Leistungen bereits durchgeführt hat, als ausdrückliche Mindestanforderung für alle Lose die Anerkennung als Entsorgungsfachbetrieb oder vergleichbare Qualifikation, Unterlagen zur technischen Ausstattung des Unternehmens etc. Bietergemeinschaften sollten die geforderten Unterlagen für alle Mitglieder der Bietergemeinschaft vorlegen. Beim Einsatz von Nachunternehmern sollten Art und Umfang der durch Nachunternehmer auszuführenden Leistungen angegeben und die vorgesehenen Nachunternehmer benannt werden, die Eignung für den Leistungsbestandteil, den der Nachunternehmer angebotsmäßig übernehmen soll, war grundsätzlich ebenfalls für den Nachunternehmer nachzuweisen.
Hinsichtlich weiterer Hinweise wurde auf die Verdingungsunterlagen verwiesen. Mit der Vorbereitung und Begleitung des Vergabeverfahrens wurde das Büro xxx GmbH, xxx beauftragt.
Aufgrund mehrerer Anfragen und Rügen der Antragstellerin und anderer Bieter wurden insgesamt sieben Bieterrundschreiben versandt. Bei der Angebotseröffnung am 07.01.2004 ergab sich, dass die Antragstellerin für das Los 1 ein Hauptangebot eingereicht hatte. Die beigeladene Bietergemeinschaft zu 1 hatte für das Los 1 ein Hauptangebot und ein losübergreifendes Nebenangebot über alle drei Lose vorgelegt; die Beigeladene zu 2 hatte ebenfalls für das Los 1 ein Hauptangebot, losübergreifendes Nebenangebotüber die Lose 1 und 2 und ein losübergreifendes Nebenangebot über alle drei Lose abgegeben.
In der Vergabeakte ist ein ausführlicher, 44-seitiger Vergabevermerk vom 21.02.2004 bzw. 03.03.2004 enthalten. Das Ingenieurbüro und der Auftraggeber kamen zu dem Schluss, dass die Angebote der Antragstellerin und der beigeladenen Bietergemeinschaft zu 1 sowie der Beigeladenen zu 2 vollständig und wertbar sind.
Es wurde festgehalten, dass sowohl die Antragstellerin als auch die beigeladene Bietergemeinschaft zu 1 und die Beigeladene zu 2 ihre Eignung für den streitbefangenen Auftrag belegt haben.
Als wirtschaftlichstes Angebot für das Los 1 ermittelte das beauftragte Ingenieurbüro gemeinsam mit dem Auftraggeber das Hauptangebot der beigeladenen Bietergemeinschaft zu 1 mit einem Angebotspreis von 4.904.271 EUR über die gesamte Laufzeit vor dem Hauptangebot der Beigeladenen zu 2 mit einem Angebotspreis von 5.338.156 EUR und dem der Antragstellerin mit einem Angebotspreis über 6.070.053 EUR.
Der Kreisausschuss des Auftraggebers folgte der Empfehlung und entschied am 16.03.2004, den Zuschlag hinsichtlich des Loses 1 auf das Angebot der beigeladenen Bietergemeinschaft zu 1 zu erteilen.
Mit Schreiben vom 16.03.2004 informierte der Auftraggeber die Antragstellerin gem. § 13 VgV, dass er beabsichtige, bezüglich des Loses 1 auf das Angebot der beigeladenen Bietergemeinschaft zu 1 zu erteilen. Das Angebot der Antragstellerin für Los 1 sollte nicht berücksichtigt werden, weil sie jeweils nicht das wirtschaftlichste Angebot abgegeben habe. Es lag ein niedrigeres Angebot vor.
Mit Anwaltsschriftsatz vom 19.03.2004, eingegangen per Telefax beim Auftraggeber am selben Tage, rügte die Antragstellerin diese Entscheidung des Auftraggebers hinsichtlich des Loses 1. Sie äußerte die Vermutung, dass das Angebot der Beigeladenen preislich nicht angemessen sei. Zur Begründung verwies sie darauf, dass sie selbst ihr Angebot äußerst knapp kalkuliert habe und daher davon ausgehe, dass sie selbst das wirtschaftlichste Angebot abgegeben habe. Sie vertritt die Auffassung, dass das Angebot der beigeladenen Bietergemeinschaft zu 1 nicht berücksichtigt werden darf, da ein offenbares Missverhältnis zwischen Preis und Leistung vorliegt. Der Auftraggeber habe das Angebot wegen der Differenz zum teuersten Angebot auf seine Angemessenheit prüfen müssen. Ihrer Meinung nach sei das Angebot der beigeladenen Bietergemeinschaft zu 1 unauskömmlich, da es in einem offenkundigen Missverhältnis von Preis und Leistung stehe.
Ferner sprach die Antragstellerin der Beigeladenen zu 1 die erforderliche Fachkunde und Leistungsfähigkeit ab. Das Angebot der Beigeladenen dürfe gem. § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A nicht berücksichtigt werden. Die Beigeladene zu 1 sei nicht leistungsfähig. Der Fuhrpark der Beigeladenen sei für die Erfüllung des streitbefangenen Auftrags ausreichend. Die Bietergemeinschaft müsse ihrer Meinung nach erklären, dass sie in der Lage sei, sich rechtzeitig leistungsfähig zu machen, die Finanzierung zur Anschaffung etwaiger Fahrzeuge gesichert sei. Ihrer Meinung nach sei auch nicht zu erwarten, dass die Beigeladene fähig sei, mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln eine ordnungsgemäße Erbringung der in Los 1 ausgeschriebenen Leistung zu gewährleisten.
Mit Anwaltsschriftsatz vom 23.03.2004, eingegangen bei der Vergabekammer am selben Tage, hat die Antragstellerin die Vergabekammer angerufen. Zur Begründung ihres Nachprüfungsantrags verweist sie auf das Rügeschreiben vom 19.03.2004 sowie auf die vorangegangenen Rügeschreiben vom 02.12.2003, 29.12.2003 und 06.01.2004. Sie macht folgende Verstöße gegen Vergaberecht geltend, die sie nach Durchführung der Akteneinsicht ergänzt:
- Der Auftraggeber beabsichtige unter Verstoß gegen§ 25 Nr. 2 Abs. 2 VOL/A, den Zuschlag auf ein Angebot mit einem ungewöhnlich niedrigen Preis zu erteilen. Nach Auffassung der Antragstellerin hat der Auftraggeber Anlass, die Angemessenheit des von ihm für den Zuschlag favorisierten Nebenangebotes der Beigeladenen zu 1 gem. § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A zu überprüfen. Sie, die Antragstellerin, habe bereits sehr knapp kalkuliert. Ihre Kalkulation lasse keinen Spielraum für niedrigere Angebote. Insoweit sei zu besorgen, dass durch den offenbar angesetzten niedrigen Personaleinsatz im ausgeschriebenen Vertragsverhältnis partielle Schlechtleistungen und Risiken zu besorgen seien. Als Hinweis auf die Unauskömmlichkeit des Angebotes der beigeladenen Bietergemeinschaft vermutet die Antragstellerin, dass die Beigeladene z.B. von einem unrealistischen Abschreibungszeitraum für die einzusetzenden Fahrzeuge über 10 Jahre ausgegangen sein muss. Ferner kann sie sich die ihrer Meinung nach nicht zu bewältigenden durchschnittlichen Leerungen der Behälter von mehr als 1.000 am Tag vorstellen. Da ihrer Meinung nach der Angebotspreis unauskömmlich sei, könne eine Leistungserbringung durch die beigeladene Bietergemeinschaft zu 1 nicht gewährleistet werden.
- Die beigeladene Bietergemeinschaft zu 1 sei auch nicht geeignet, den Auftrag ordnungsgemäß durchzuführen. Sie verfüge auch nicht über die entsprechende Leistungsfähigkeit. Sie, die Antragstellerin, gehe davon aus, dass die Bietergemeinschaft sich nicht rechtzeitig leistungsfähig machen könne, also die Finanzierung zur Anschaffung etwaiger Fahrzeuge gesichert sei. Der Auftraggeber habe insbesondere nicht berücksichtigt, dass sich die für den streitbefangenen Auftrag erforderliche Leistungsfähigkeit verbraucht hat, weil die Beigeladene zu 1 sich aktuell an entsprechenden Vergabeverfahren von zwei anderen Landkreisen beteiligt. Dort werde die Beigeladene zu 1 die Zuschläge erhalten, wenn die bereits vorliegenden Beschlüsse der Vergabekammer in den dazu durchgeführten Nachprüfungsverfahren rechtskräftig werden.
- Auch der Beigeladenen zu 2 spricht die Antragstellerin die erforderliche Eignung ab, den Auftrag ordnungsgemäß durchzuführen. Sie vertritt die Auffassung, dass diese Beigeladene nicht über die erforderliche Fachkunde verfügt. Die Beigeladene habe selbst erst am 01.01.2004 mit der Durchführung einer vergleichbaren Leistung begonnen. Soweit auch der Auftraggeber auf die Referenz der Schwesterfirma verweise, müsse berücksichtigt werden, dass aus der Vergabeakte nicht ersichtlich sei, dass diese Firma von 1993 bis 2003 eine vergleichbare Leistung erbracht habe.
- Ferner habe die Beigeladene zu 2 in den Verdingungsunterlagen Änderungen vorgenommen, die zu einem Ausschluss der Nebenangebote geführt haben. Insoweit stellt sich aus Sicht der Antragstellerin die Frage, ob die Beigeladene nicht auch in ihrem Hauptangebot unzulässige Änderungen vorgenommen habe.
- Der Auftraggeber hätte ihrer Auffassung nach auch das Angebot der Beigeladenen zu 2 einer Auskömmlichkeitsprüfung gem. § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A unterziehen müssen, da der preisliche Abstand ihres Angebotes zur beigeladenen Bietergemeinschaft zu 1 24 % und zum Angebot der Beigeladenen zu 2 15 % beträgt.
- Die Verdingungsunterlagen verstoßen nach Auffassung der Antragstellerin gegen § 8 Nr. 1 Abs. 1 VOL/A und § 8 Nr. 1 Abs. 3 VOL/A. Die Leistung sei nicht so eindeutig und erschöpfend beschrieben, dass sämtliche Bewerber die Beschreibung im gleichen Sinne verstehen müssten und die Angebote miteinander verglichen werden können. Ferner würde dem Auftragnehmer für Umstände und Ereignisse, auf die er keinen Einfluss hat, ein ungewöhnliches Wagnis aufgebürdet werden. Dies ergebe sich daraus, dass der Auftraggeber in dem Leistungsverzeichnis z.B. auf das Straßennetz und die sich aus diesem ergebenden Schwierigkeiten hinweise. Ferner wolle sich der Auftraggeber vorbehalten, die Mindestlaufzeit des Vertrages für Los 1 zu verlängern, was dazu führen könne, dass Bieter bei der Kalkulation von der Gesamtvertragslaufzeit ausgehen und andere wiederum nur von den zunächst sichergestellten dreieinhalb Jahren.
Die Antragstellerin beantragt,
- 1.
festzustellen, dass die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt ist und den Auftraggeber zu verpflichten, erneut in die Angebotswertung einzutreten und diese nach Maßgabe der aus den Gründen ersichtlichen Auffassung der Vergabekammer durchzuführen.
- 2.
hilfsweise den Auftraggeber zu verpflichten, das Vergabeverfahren aufzuheben,
- 3.
hilfsweise andere geeignete Maßnahmen zu treffen,
- 4.
Akteneinsicht zu gewähren,
- 5.
dem Antragsgegner die Kosten des Nachprüfungsverfahrens aufzugeben,
- 6.
festzustellen, dass der Antragsgegner der Antragstellerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten zu erstatten hat,
- 7.
festzustellen, dass für die Antragstellerin die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war.
Der Auftraggeber beantragt,
- 1.
die Anträge abzuweisen,
- 2.
festzustellen, dass es für den Auftraggeber erforderlich war, einen Bevollmächtigten heranzuziehen.
Der Auftraggeber tritt den Behauptungen und Rechtsauffassungen der Antragstellerin entgegen. Der Nachprüfungsantrag bezüglich Los 1 sei unzulässig bzw. unbegründet.
Die beigeladene Bietergemeinschaft zu 1 besitze auch die erforderliche Eignung, um den Auftrag ordnungsgemäß durchzuführen. Der Auftraggeber verweist in diesem Zusammenhang auf die umfangreiche Eignungsprüfung im Kapitel 5.2.2 des Vergabevermerks vom 21.02./03.03.2004. Auch diesbezüglich sei der Vortrag der Antragstellerin substanzlos. Den Aspekt der sog. "verbrauchten Leistungsfähigkeit" habe der Auftraggeber schon deshalb nicht berücksichtigen dürfen, da weder zum Zeitpunkt der Wertung noch zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung sicher sei, dass die Beigeladene zu 1 die Zuschläge in den Ausschreibungen der von der Antragstellerin benannten anderen Landkreise auch tatsächlich erhalte. Im Übrigen bezweifelt der Auftraggeber, dass bei der Ausschreibung von Entsorgungsdienstleistungen, die - wie im vorliegenden Fall - nicht etwa durch Vorhalten von Deponiekapazitäten, sondern in erster Linie durch Sammelleistungen und damit den Aufbau einer entsprechenden Logistik und den Einsatz entsprechenden Know-hows geprägt sind, überhaupt eine "verbrauchte Leistungsfähigkeit" möglich ist. Regelmäßig würden die erforderlichen Mittel (wie Fahrzeuge etc.) erst nach Zuschlagserteilung und rechtzeitig zum Auftragsbeginn beschafft und das nötige Personal eingestellt, häufig sogar vom bisher beauftragten Unternehmen übernommen.
Die Behauptung der Antragstellerin, das Angebot der Beigeladenen zu 1 sei unauskömmlich, sei unsubstantiiert. Der Auftraggeber habe keine Veranlassung gehabt, das Angebot der Beigeladenen zu 1 zum streitbefangenen Los 1 einer Angemessenheitsprüfung gem. § 25 Nr. 2 Abs. 2 VOL/A zu unterziehen, weil keinerlei Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass dieses Angebot ungewöhnlich niedrig wäre. Zwischen dem favorisierten, auf Rang 1 stehenden Nebenangebot 3 der Beigeladenen zu 1 und dem auf Rang 3 liegenden Angebot der Antragstellerin betrage der Unterschied zwar ca. 24 %; es sei jedoch zu berücksichtigen, dass der Preisunterschied zu der auf Rang 2 liegenden Beigeladenen zu 2 lediglich 8,1 % betrage. Unter Berücksichtigung der allgemein üblichen Praxis, erst bei einer Abweichung von mehr als 10 % zum zweitplatzierten Bieter den Angebotspreis näher zu prüfen, habe der Auftraggeber keine Veranlassung für eine Nachfrage- und Plausibilitätsprüfung gesehen. Zudem führe die zur beigeladenen Bietergemeinschaft zu 1 gehörende Firma xxx entsprechende Leistungen im Nachbarkreis unter ähnlichen Bedingungen durch, sodass keine Veranlassung zu der Annahme bestehe, dass die Beigeladene mangels Kenntnis der besonderen Anforderungen falsch kalkuliert habe.
Auch die weiteren von der Antragstellerin vorgetragenen Vergabeverstöße entbehren aus Sicht des Auftraggebers jeglicher Grundlage. Soweit die Antragstellerin eine unzureichende Darstellung des Straßennetzes und mögliche Erschwernisse bei der Abfuhr moniere, weist der Auftraggeber darauf hin, dass sie diesen Punkt nicht rechtzeitig gerügt habe. Insoweit sei der Nachprüfungsantrag unzulässig. Der Auftraggeber merkt ergänzend an, dass die Antragstellerin als bisherige Entsorgerin sich geweigert habe, bei der Datenbeschaffung der Straßen mit Rückfahrerfordernis, mitzuwirken.
Die Beigeladene zu 1 beantragt,
- 1.
die Anträge abzuweisen
- 2.
festzustellen, dass es für die Beigeladene zu 1 erforderlich war, einen Bevollmächtigten hinzuzuziehen.
Die Beigeladene zu 1 unterstützt den Vortrag des Auftraggebers, den sie sich zu Eigen macht. Sie hält den Nachprüfungsantrag für teilweise unzulässig und insgesamt unbegründet. Ergänzend weist die Beigeladene darauf hin, dass sie ihrer Auffassung nach auch für die parallele Beauftragung in allen von der Antragstellerin angesprochenen Landkreisen, an deren Ausschreibungen sie sich beteiligt hat, geeignet ist. Sie sei in der Lage, sich die notwendigen Kredite zu beschaffen und die finanzielle Ausstattung zu erhalten, um die notwendigen Fahrzeuge zu beschaffen und ihr Personal aufzustocken. Dies habe sie mit ihrem Angebot auch ausdrücklich dargelegt und belegt.
Die Beigeladene zu 2 hat keinen eigenen Antrag gestellt. Sie hat an der mündlichen Verhandlung nicht teilgenommen. Sie ist jedoch mit Schriftsatz vom 05.05.2004 den Behauptungen der Antragstellerin entgegengetreten. Sie bekräftigt, dass sie für den streitbefangenen Auftrag geeignet sei. Dies ergebe sich zum einen aus einer nicht näher bezeichneten Entscheidung des Oberlandesgerichts Stuttgart in einem anderen Vergabeverfahren, wo die Eignung auch die Zulässigkeit der Referenz ihrer Tochtergesellschaft xxx GmbH bestätigt worden sei. Ferner habe sie aktuell den Zuschlag für den Landkreis xxx mit 200 000 Einwohnern für die Behältergestellung, Einführung eines Identsystems, Restmüllabfuhr und Sperrmüllabfuhr erhalten. Auch dort habe es keinerlei Beanstandungen an ihrer Fachkunde gegeben. Ihr Angebot sei entgegen der Auffassung der Antragstellerin auch auskömmlich, da sie zwar sehr eng kalkuliert habe, jedoch bei sechs Fahrzeugen für das Los 1 im Hauptangebot mit einer Rendite von 3 % gerechnet habe.
Wegen des übrigen Sachverhalts wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die Vergabeakte und das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 06.05.2004 verwiesen.
II.
Der Nachprüfungsantrag ist zulässig, aber unbegründet. Die Antragstellerin ist nicht in ihren Rechten gemäß §§ 97 Abs. 7, 114 Abs. 1 GWB verletzt. Die Entscheidung des Auftraggebers, den Zuschlag für das Streitverfahren im Los 1 auf das Angebot der Beigeladenen zu 1.) zu erteilen, ist vergaberechtlich nicht zu beanstanden. Der Auftraggeber war und ist nicht gehalten, das Angebot der Beigeladenen zu 1.) wegen mangelnder Leistungsfähigkeit auszuschließen. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin hat der Auftraggeber die Eignung der Beigeladenen zu 1 hinreichend geprüft und Prüfung und Entscheidung in einem den Anforderungen des § 30 VOL/A genügenden Vergabevermerk dokumentiert. Eine mangelnde Eignung ist für den Auftraggeber auch nicht unter dem Aspekt der sog. verbrauchten Leistungsfähigkeit einer möglichen Übernahme der Entsorgungstätigkeit in mehreren Landkreisen zu besorgen. Die Bildung der Bietergemeinschaft der Beigeladenen zu 1.) stellt auch keine unzulässige wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung im Sinne des § 1 GWB dar. Der Auftraggeber war ferner nicht gehalten, den von der Beigeladenen zu 1.) angebotenen Preis einer Angemessenheitsprüfung gemäß § 25 Nr. 2 Abs. 2 VOL/A zu unterziehen. Die Ausschreibungsunterlagen selbst verstoßen entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht gegen das Gebot der eindeutigen und erschöpfenden Leistungsbeschreibung gemäß § 8 Nr. 1 Abs. 1 VOL/A. Der Auftraggeber hat auch keine Veranlassung, das Angebot der Beigeladenen zu 2.), das preislich nach der Wertung des Auftraggebers auf Platz 2 rangiert, von der Angebotswertung auszuschließen.
1.
Der Nachprüfungsantrag ist zulässig. Bei dem Auftraggeber handelt es sich um eine Gebietskörperschaft und somit um einen öffentlichen Auftraggeber im Sinne des § 98 Nr. 1 GWB. Der streitbefangene Auftrag übersteigt auch den für die Zuständigkeit der Vergabekammer maßgeblichen Schwellenwert gemäß § 100 Abs. 1 GWB. Danach gilt der 4. Teil des GWB nur für solche Aufträge, die die Schwellenwerte erreichen oder überschreiten, die durch Rechtsverordnung nach § 127 GWB festgelegt sind. Bei den ausgeschriebenen Leistungen handelt es sich um einen Dienstleistungsauftrag betreffend die Sammlung und Entsorgung von Abfällen. Bereits der Wert des hier streitbefangenen Loses 1 - Einsammlung von Restmüll und Biomüll, Transport zu einer Verwertungsanlage, Lagerung und Auslieferung von Behältern für den Zeitraum 01.01.2005 bis 31.08.2008 - übersteigt deutlich den Schwellenwert von 200 000,00 EUR. Nach dem Ergebnis der streitbefangenen Ausschreibung betragen die Kosten bereits unter Zugrundelegung des vom Auftraggeber als niedrigstes Angebot ermittelten Angebotes der Beigeladenen 4.904.271,00 EUR brutto über die gesamte Vertragslaufzeit.
Die Antragstellerin ist auch antragsbefugt gemäß § 107 Abs. 2 GWB, da sie als Bieterin ein Interesse am Auftrag hat und eine Verletzung von Rechten durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht, indem sie behauptet, dass der Auftraggeber in vermeintlich vergaberechtswidriger Weise das Angebot der Beigeladenen zu 1.) als wirtschaftlichstes Angebot ermittelt hat, obwohl dieses Angebot nach Auffassung der Antragstellerin unter anderem mangels nachgewiesener Leistungsfähigkeit der Beigeladenen gemäß § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A von der Wertung auszuschließen sei. Zumindest aber habe der Auftraggeber versäumt, das Angebot der Beigeladenen zu 1.) einer Angemessenheitsprüfung zu unterziehen, obwohl der Auftraggeber nach Auffassung der Antragstellerin dazu Anlass hatte. Auch die Berücksichtigung des vom Auftraggeber als zweitwirtschaftlichstes Angebot ermittelten Angebotes der Beigeladenen zu 2.) sei vergaberechtlich unzulässig. Voraussetzung für die Antragsbefugnis gemäß § 107 Abs. 2 GWB ist, dass das antragstellende Unternehmen einen durch die behauptete Rechtsverletzung entstandenen oder drohenden Schaden darlegt. Das bedeutet, dass die Antragstellerin diejenigen Umstände aufzeigen muss, aus denen sich schlüssig die Möglichkeit eines solchen Schadens ergibt (vgl. Boesen, Vergaberecht, § 107 Rn. 52). Die Antragstellerin hat ein entsprechendes Rechtsschutzbedürfnis dargelegt. Die diesbezüglichen Anforderungen oder die Darlegungslast dürfen nichtüberspannt werden (vgl. Byok/Jaeger, Vergaberecht, § 107, Rn. 677). Das tatsächliche Vorliegen der Rechtsverletzung ist vielmehr eine Frage der Begründetheit (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 24.11.1999, Az.: 13 Verg 7/99).
Die Antragstellerin ist auch ihrer Pflicht gemäß § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB nachgekommen, vor Anrufung der Vergabekammer die behaupteten Verstöße gegen Vergabevorschriften bereits im Vergabeverfahren selbst gegenüber dem Auftraggeber unverzüglich nach positiver Kenntnisnahme zu rügen. Der Auftraggeber hat die Antragstellerin mit Informationsschreiben gemäß § 13 VgV vom 16.03.2004 darüber informiert, dass er beabsichtigt, den Zuschlag für das Los 1 am 31.03.2004 auf das Angebot der Beigeladenen zu 1.) zu erteilen. Auf das Hauptangebot der Antragstellerin könne der Zuschlag nicht erteilt werden, weil sie nicht das wirtschaftlichste Angebot abgegeben habe. Außerdem gab der Auftraggeber den niedrigsten und den höchsten Angebotspreis zu Los 1 an. Die Antragstellerin hat daraufhin mit Anwaltsschriftsatz vom 19.03.2004, beim Auftraggeber eingegangen am 23.03.2004, die Entscheidung des Auftraggebers gerügt. Neben pauschalen Hinweisen darauf, dass die Antragstellerin davon ausgeht, dass ihr eigenes Angebot das wirtschaftlichste Angebot sei, enthält das Rügeschreiben die Vermutung, dass das Angebot der Beigeladenen unangemessen sei, da bereits die Antragstellerin als derzeit mit den streitbefangenen Leistungen beauftragtes Unternehmen äußerst knapp kalkuliert habe. Offenbar habe der Auftraggeber nicht die erforderliche Angemessenheitsprüfung bezüglich des Angebotes der Beigeladenen vorgenommen. Ferner sei die Beigeladene zu 1.) für die ausgeschriebene Leistung nicht geeignet. Insbesondere fehle es an der erforderlichen Leistungsfähigkeit. Die geltend gemachten, vermeintlichen Vergaberechtsverletzungen sind hinreichend konkret und substantiiert gerügt worden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Anforderungen an die Substanz des Rügeschreibens nur an dem Umfang der Informationen gemessen werden können, die dem Antragsteller zur Verfügung steht. Bei der Vorschrift des § 107 Abs. 3 GWB handelt es sich um eine Präklusionsregel unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben. Der Bieter soll Vergabefehler nicht auf Vorrat sammeln. Die Rügepflicht des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB entsteht, sobald ein Bieter oder Bewerber im Vergabeverfahren einen vermeintlichen Fehler erkennt. Vorausgesetzt ist die positive Kenntnis des Anbieters von den Tatsachen. Werden beim Durcharbeiten des Leistungsverzeichnisses Ungenauigkeiten festgestellt, liegt bereits positive Kenntnis vor (vgl. Byok/Jaeger, Vergaberecht, § 107, Rn. 681). Ausreichend für die positive Kenntnis eines Mangels im Sinne von § 107 Abs. 3 GWB ist bereits das Wissen um einen Sachverhalt, der den Schluss auf die Verletzung vergaberechtlicher Bestimmungen erlaubt und es bei vernünftiger Betrachtung gerechtfertigt erscheinen lässt, das Vergabeverfahren als fehlerhaft zu beanstanden (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.08.2000, Az.: Verg 9/00). Im vorliegenden Fall betrifft die Rüge jedoch nicht die Festlegungen oder Bestandteile des Leistungsverzeichnisses. Sie betrifft ausschließlich den Wertungsvorgang selbst und die darauf folgende Entscheidung der Auftraggeber. Diesbezüglich beschränken sich die positiven Kenntnisse der Antragstellerin auf den Inhalt der Mitteilung gemäß § 13 VgV. Das Rügeschreiben der Antragstellerin vom 19.03.2004 genügt daher inhaltlich den Anforderungen des § 107 Abs. 3 GWB. Soweit die Antragstellerin ihre Vorwürfe hinsichtlich einer vermeintlich fehlenden Eignung der beigeladenen Bietergemeinschaft zu 1.) und des Unterlassens einer vermeintlich gebotenen Angemessenheitsprüfung des von der Beigeladenen angebotenen Preises erst im Zuge des Nachprüfungsverfahrens konkretisiert und vertieft hat, war eine weiter gehende Rüge entbehrlich, da der ihren Vorwürfen zugrunde liegende Sachverhalt für sie erst nach Akteneinsicht erkennbar gewesen ist (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 18.12.2003, Az.: 13 Verg 22/03). Soweit sich die Antragstellerin mit ihrem Nachprüfungsantrag darüber hinaus gegen die bereits aus den Verdingungsunterlagen ersichtliche, vermeintlich unzureichende Beschreibung der für die Kalkulation relevanten Straßenverhältnisse wendet, hat die Antragstellerin bereits im Zuge des Nachprüfungsverfahrens mit Schreiben vom 02.12.2003 eine entsprechende Rüge ausgesprochen und diese auch ausdrücklich als solche bezeichnet. Auch diese Rüge genügt inhaltlich den Anforderungen des § 107 Abs. 3 GWB und erfolgte unverzüglich nach positiver Kenntniserlangung. Soweit sich die Antragstellerin mit ihrem Nachprüfungsantrag auch gegen die Berücksichtigung des Angebotes der Beigeladenen zu 2.) wendet, hat die Antragstellerin die diesbezügliche positive Sachkenntnis erst aufgrund der Akteneinsicht im Zuge des Nachprüfungsverfahrens erlangt, sodass diesbezüglich eine Rüge entbehrlich war.
Nach alledem ist der Nachprüfungsantrag zulässig.
2.
Der Nachprüfungsantrag ist jedoch unbegründet. Die Antragstellerin ist nicht in ihren Rechten gem. §§ 97 Abs. 7, 114 Abs. 1 Satz 1 GWB verletzt. Der Auftraggeber hatte und hat keine Veranlassung, das Angebot der Beigeladenen wegen fehlender Eignung gem. § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A auszuschließen. Die vom Auftraggeber durchgeführte Eignungsüberprüfung genügt den vergaberechtlichen Anforderungen und ist in der Vergabeakte in einer den Anforderungen des § 30 VOL/A genügenden Weise dokumentiert (im Folgenden a). Das Angebot der Beigeladenen ist auch nicht gem. § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. f VOL/A in Verbindung mit § 2 Nr. 1 Abs. 2 VOL/A von der Wertung auszuschließen. Eine unzulässige, im Sinne des § 1 GWB wettbewerbsbeschränkende Bietergemeinschaft liegt nicht vor (im Folgenden b). Der Auftraggeber hatte entgegen der Auffassung der Antragstellerin angesichts des geringen Preisabstandes zum zweitplatzierten Angebot auch keinen Anlass, die Angemessenheit des Angebotspreises der Beigeladenen gem. § 25 Nr. 2 Abs. 2 VOL/A anzuzweifeln und zu überprüfen (im Folgenden c). Schließlich hat der Auftraggeber auch keine Veranlassung, dass von ihm preislich auf Rang 2 ermittelte Angebot der Beigeladenen zu 2 von der Wertung auszuschließen (im Folgenden d). Die Ausschreibungsunterlagen selbst verstoßen nicht gegen das Gebot der eindeutigen und erschöpfenden Leistungsbeschreibung gem. § 8 Nr. 1 Abs. 1 VOL/A. Der Auftraggeber war entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht gehalten, die für die Kalkulation zweifellos relevanten Straßenverhältnisse über die ihm zur Verfügung stehenden Informationen hinaus aufzuklären und in der Leistungsbeschreibung detaillierter und lückenlos darzustellen (im Folgenden e).
a)
Der Auftraggeber hat keinen Anlass, die Beigeladene zu 1 wegen mangelnder Eignung gem. § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A vom Vergabeverfahren auszuschließen. Auch ihre diesbezügliche, in der Vergabeakte dokumentierte Eignungsüberprüfung ist ausreichend und genügt den Anforderungen des § 30 VOL/A. Der Auftraggeber hatte und hat keine Veranlassung, die von ihm positiv bewertete Eignung der Beigeladenen zu 1 unter dem Gesichtspunkt einer "verbrauchten Leistungsfähigkeit" in Zweifel zu ziehen. Dies gilt selbst dann, wenn die Beigeladene zu 1 tatsächlich parallel oder zeitnah Aufträge von anderen von der Antragstellerin genannten Landkreisen erhält und durchführen muss. Ein Bieter ist leistungsfähig im Sinne des § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A, wenn er über das für die fach- und fristgerechte Ausführung erforderliche Personal und Gerät verfügt und in der Lage ist, seine Verbindlichkeiten zu erfüllen. Die Leistungsfähigkeit muss demnach in technischer und finanzieller Hinsicht gegeben sein (vgl. Kulartz, VOL/A, 5. Auflage, § 25, Rn. 34, m.w.N.). Der Auftraggeber hat ausweislich des in der Vergabeakte enthaltenen 44-seitigen Vergabevermerks vom 03.03.2004, aufgestellt durch das beauftragte Ingenieurbüro xxx am 21.02.2004 auf Seite 23 ff. unter Ziff. 5.2 ausführlich die Eignungsprüfung hinsichtlich der Beigeladenen zu 1 dokumentiert und ist dabei unter Ziff. 5.2.2 insbesondere auf die Eignung der zur Beigeladenen gehörenden Firma xxx eingegangen, die die Leistungen für das streitbefangene Los 1 nach dem Angebot der Beigeladenen im Wesentlichen erbringen soll. Der Auftraggeber hat dabei in erster Linie auf die positiven Referenzen der seit 1927 in der Müllabfuhr tätigen Firma xxx abgestellt und hervorgehoben, dass diese Firma seit 2001 in Arbeitsgemeinschaft mit einer anderen Firma die Abfallabfuhr (Haus-, Bio- und Gewerbemüllabfuhr) im Nachbarlandkreis xxx durchführt. Der Landkreis xxx habe schriftlich bestätigt, dass die Leistung "mit breiter Akzeptanz und hoher Zuverlässigkeit" und zu seiner vollen Zufriedenheit erbracht worden sei. Ferner führe die Firma xxx seit 01.01.2003 - ebenfalls in Arbeitsgemeinschaft mit anderen Firmen, jedoch hinsichtlich der Abfallsammlung alleinverantwortlich - die Abfuhr von Haus- und Biomüll im ebenfalls vom Auftraggeber benachbarten Landkreis xxx aus. Auch im dortigen Empfehlungsschreiben heißt es: "Rückblickend können wir bestätigen, dass die Firma den Start in hervorragender Weise gemeistert hat." Außerdem werde auch dort eine volle Zufriedenheit bescheinigt. Es ist angesichts der positiven Referenzen nicht zu beanstanden, dass der Auftraggeber die Eignung der Beigeladenen hinsichtlich Zuverlässigkeit, Leistungsfähigkeit und Fachkunde positiv bewertet hat, zumal die in den Referenzlandkreisen bereits erbrachten Leistungen der zur beigeladenen Bietergemeinschaft zu 1 gehörenden Firma xxx praktisch identisch mit den hier streitbefangenen Entsorgungsdienstleistungen sind. Auch die zum Nachweis ihrer Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit gem. § 7 Nr. 4 VOL/A von den Bietern geforderten Angaben und Belege hat die Beigeladene beigebracht. Grundsätzlich steht dem Auftraggeber bei der Bewertung der Eignung der Bieter ein weiter Ermessensspielraum zu. Dieser engt sich nur ein, wenn und soweit der Auftraggeber selbst dieses weite Ermessen durch die Angabe von Mindestvoraussetzungen einschränkt. Er ist dann an die Voraussetzungen gebunden und darf nicht nachträglich von ihnen abweichen (vgl. Vergabekammer Sachsen, Beschluss vom 06.05.2002, Az.: 1/SVK/034-02). Eine solche Mindestvoraussetzung hatte der Auftraggeber im vorliegenden Fall aber nur hinsichtlich der Zertifizierung als Entsorgungsfachbetrieb gesetzt. Diese Zertifizierung hat die Beigeladene belegt. Hinsichtlich der Prüfung und Bewertung der übrigen Eignungskriterien hat sich der Auftraggeber im Rahmen des ihm durch § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A und § 7 Nr. 4 VOL/A eingeräumten weiten Ermessens gehalten und Prüfung und Ergebnis der Eignungsüberprüfung in einem den Anforderungen des § 30 VOL/A genügenden ausführlichen Vergabevermerk dokumentiert.
Der Auftraggeber hat auch keinen Anlass, diese positiv bewertete Eignung der Beigeladenen zu 1 deswegen in Zweifel zu ziehen und ergänzend zu prüfen, weil die Beigeladene zu 1 sich parallel zum hier streitbefangenen Vergabeverfahren auch noch an Entsorgungsdienstleistungsausschreibungen von zwei weiteren Landkreisen beteiligt hat und dort möglicherweise den Zuschlag erhält. Zwar hat der Auftraggeber die Eignungsvoraussetzungen während der gesamten Dauer des Vergabeverfahrens im Auge zu behalten. Stellt er nach Abgabe eines Angebotes bis zum Zeitpunkt der Zuschlagserteilung noch Unzulänglichkeiten fest, so hat er einen solchen Bieter nach Kenntnisnahme ggf. auszuschließen. Letzteres kann z.B. der Fall sein, wenn er Mitteilung darüber erhält, dass der Betriebsleiter ausgeschieden ist und kein hinreichend fachkundiges Personal mehr vorhanden ist (vgl. Kulartz, a.a.O., § 25 Rn. 35, m.w.N.). Richtig ist auch, dass der Begriff der Leistungsfähigkeit auf den Betrieb des Bewerbers abstellt, und zwar in der Weise, dass geprüft wird, ob der Betrieb des Bewerbers aufgrund seines Umfangs, seiner Ausstattung sowie seiner Kapazitäten ausreichend ist, den konkret vergebenen Auftrag ohne Schwierigkeiten auszuführen (vgl. VK Münster, Beschluss vom 12.03.2003 - VK 02/03).
Der Auftraggeber hatte und hat jedoch entgegen der Auffassung der Antragstellerin keinen Anlass, den Aspekt einer "verbrauchten Leistungsfähigkeit" der Beigeladenen zu 1 deshalb zu besorgen, weil die Beigeladene sich neben dem hier streitbefangenen Vergabeverfahren auch parallel an den Entsorgungsdienstleistungsausschreibungen der Landkreise xxx und xxx beteiligt hat. Die generelle Berücksichtigung des Aspektes der verbrauchten Leistungsfähigkeit durch Beteiligung an mehreren, parallel laufenden Vergabeverfahren ist bereits zweifelhaft. Folgt man der Argumentation der Antragstellerin, so müsste jeder Auftraggeber die parallele Beteiligung eines Bieters an anderen Vergabeverfahren zum Anlass für Zweifel an der Leistungsfähigkeit des Bieters nehmen mit der Folge, dass der besagte Bieter in keinem der zeitlich parallel laufenden Vergabeverfahren den Zuschlag erhalten dürfte. Auch wäre eine Berücksichtigung des Engagements der Beigeladenen zu 1 in den noch nicht abgeschlossenen Vergabeverfahren der Landkreise xxx und xxx rein spekulativ. Zwar beabsichtigen beide Landkreise, der Beigeladenen zu 1 bzw. der zur Beigeladenen zu 1 gehörenden Firma xxx den Zuschlag in den Vergabeverfahren, die Gegenstand der Nachprüfungsverfahren 203-VgK-10/2004 und 203-VgK-11/2004 der Vergabekammer Lüneburg waren, zu erteilen. Die in den dortigen Nachprüfungsverfahren ergangenen Beschlüsse der Vergabekammer vom 26.04.2004 und 29.04.2004 waren jedoch weder zum Zeitpunkt der hier streitbefangenen Angebotswertung, noch zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung im Nachprüfungsverfahren oder der Beschlussfassung rechtskräftig. Eine Berücksichtigung von rein spekulativen Auslastungen des Bieters durch noch nicht erteilte Aufträge anderer Auftraggeber wäre durch das dem Auftraggeber durch § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A bei der Eignungsüberprüfung eingeräumte Ermessen nicht gedeckt und verstieße im Übrigen auch gegen das Transparenzgebot gem. § 97 Abs. 1 GWB und das Diskriminierungsverbot gem. § 97 Abs. 2 GWB.
Aber selbst wenn man mit der Antragstellerin unterstellt, dass eine Firma der beigeladenen Bietergemeinschaft zu 1 die Zuschläge in den genannten Landkreisen erhält, ist ein Verbrauch oder eine Erschöpfung der Leistungsfähigkeit der Beigeladenen zu 1 für den hier streitbefangenen Auftrag nicht zu besorgen. Dieser Aspekt kommt überhaupt nur in Betracht, soweit ausgeschriebene Dienstleistungen durch das Vorhalten technischer oder personeller Kapazitäten geprägt sind, die für den Bieter zum Zeitpunkt der Zuschlagserteilung und Beginn des Vertragszeitraumes nicht ohne weiteres zu beschaffen sind. Im Bereich der Entsorgungsdienstleistungen kann dies z.B. der Fall sein, wenn der Bieter Deponiekapazitäten einbringen muss, die er weder unmittelbar selbst noch über Verträge mit Deponiebetreibern nachweisen kann. Da Deponiekapazitäten nicht ohne weiteres beliebig und kurzfristig erweiterbar sind, kann dies dazu führen, dass ein Bieter sich mit zu vielen Aufträgen übernimmt und dass die Eignung eines Bieters trotz offensichtlich vorhandener Fachkunde und Zuverlässigkeit am Kriterium der Leistungsfähigkeit scheitert, weil ein wesentlicher Kapazitätsnachweis nicht erbracht werden kann. Dies ist im vorliegenden Fall jedoch unter keinem Gesichtspunkt zu befürchten. Ausgeschrieben wurde mit dem hier streitbefangenen Los die Einsammlung von Restmüll und Biomüll, der Transport zu einer Verwertungsanlage sowie die Lagerung und Auslieferung von Behältern. Es ist unstreitig, dass die Entsorgungsfachbetriebe für derartige Aufträge die erforderlichen Fahrzeuge erst dann beschaffen und das erforderliche Personal erst dann einstellen, wenn sie einen Zuschlag auch tatsächlich erhalten haben. Üblich ist in der Branche ferner ebenfalls, dass nach Möglichkeit zum Zeitpunkt des Beginns des ausgeschriebenen Vertragszeitraumes sowohl Personal als auch im Einzelfall Fahrzeuge und andere für die Logistik notwendige Ausstattung vom bisherigen Inhaber des Entsorgungsauftrags übernommen werden.
Eine "Kapazitätserschöpfung" hinsichtlich eines Entsorgungsauftrags betreffend die Sammlung, den Transport und die Behälterbewirtschaftung käme daher nur dann in Betracht, wenn ein Bieter nicht wirtschaftlich leistungsfähig ist. Der Auftraggeber hat auf Seite 24 des Vergabevermerks vom 03.03.2004 unter 5.2.1 jedoch ausreichend dargelegt, dass er die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der zur beigeladenen Bietergemeinschaft zu 1 gehörenden Firmen geprüft und in nicht zu beanstandener Weise positiv bewertet hat. Insbesondere ergibt sich aus der üblicherweise eingeholten Bewertung der Creditreform nichts Negatives über die Firmen der Beigeladenen. Beiden Firmen bescheinigt die Creditreform einen positiven Bewertungsindex. Es besteht angesichts der von der Beigeladenen mit dem Angebot vorgelegten Nachweise auch kein Zweifel daran, dass die Beigeladene zu 1 im Falle eines Zuschlages nicht die erforderlichen Bankkredite für notwendige Beschaffung der Fahrzeuge und den Aufbau der sonstigen Logistik erhalten würde. Im Übrigen ist eine gute Auftragslage durch weitere, parallele Aufträgeöffentlicher Auftraggeber der Kreditwürdigkeit eher förderlich als hinderlich. Auch insofern greift der Vorwurf einer "erschöpften Leistungsfähigkeit" im vorliegenden Falle nicht. Die Beigeladene zu 1 ist für den streitbefangenen Auftrag geeignet.
b)
Das Angebot der Beigeladenen ist auch nicht gem. § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. f VOL/A in Verbindung mit § 2 Nr. 1 Abs. 2 VOL/A von der Wertung auszuschließen. Die Antragstellerin vertritt die Auffassung, dass die Beigeladene zu 1 nicht hinreichend belegt habe, dass die Bildung dieser Bietergemeinschaft nicht als unzulässige wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung gegen § 1 GWB verstößt. Jedenfalls habe der Auftraggeber nicht hinreichend geprüft und dokumentiert, ob durch die Bildung der Bietergemeinschaft eine Wettbewerbsbeschränkung zu besorgen ist. Nach der aus dem Angebot der Beigeladenen ersichtlichen, innerhalb der Bietergemeinschaft vorgesehenen Arbeitsteilung soll die zur Beigeladenen zu 1 gehörende Firma xxx im Wesentlichen Leistungen des hier streitbefangenen Loses 1 übernehmen, während die Leistungen der Lose 2 (Altpapiererfassung und -verwertung) und 3 (Sperrmüllabfuhr und -verwertung) dergestalt erbracht werden sollen, dass die Firma xxx den Abfallsammelbetrieb und die ebenfalls zur Beigeladenen zu 1 gehörende Firma xxx die weitere Behandlung von Altpapier bzw. Sperrmüll sowie die Container-Transporteübernimmt. Der Auftraggeber hat sich im Vergabevermerk auf den Seiten 19, 20 unter Ziff. 4.2 ausdrücklich mit der Frage der kartellrechtlichen Zulässigkeit der am Vergabeverfahren beteiligten Bietergemeinschaften auseinander gesetzt. Zur beigeladenen Bietergemeinschaft zu 1 heißt es:
"Beide Unternehmen sind vergleichsweise klein. Der unternehmerische Schwerpunkt der Firma xxx liegt in der Abfallabfuhr; die Firma xxx soll in der Arbeitsgemeinschaft die Aufbereitung in der Sortieranlage (PPK/Sperrmüll) einschließlich der Containertransporte dorthin beisteuern. Außerdem wollen sich beide Firmen gegenseitig, z.B. durch Fahrzeuggestellung, unterstützen.
Wertung: Ein Zusammenschluss der beiden Unternehmen für diese Aufgabenstellung ist sofort nachvollziehbar... In keinem der beiden Fälle besteht Veranlassung, eine Bietergemeinschaft als unzulässig anzusehen."
Selbst wenn die zur Beigeladenen zu 1 gehörende Firma xxx geeignet ist, die Sammelleistungen und damit insbesondere maßgeblichen Leistungen des hier streitbefangenen Loses 1 auch allein zu erbringen, liegen im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte dafür vor, dass dem Entschluss zur Teilnahme am streitbefangenen Vergabeverfahren in Bietergemeinschaft mit der Firma xxx keine im Rahmen des zweckmäßig und kaufmännisch vernünftigen Handelns liegende Entscheidung zugrunde liegt (vgl. OLG Naumburg, Beschluss vom 20.12.2000, 1 Verg 10/00), weil beide Firmen der Bietergemeinschaft ihr arbeitsteiliges Handeln hinsichtlich der drei unterschiedlichen, zum ausgeschriebenen Entsorgungsauftrag gehörenden Lose mit ihrem Angebot dargelegt haben. Der Auftraggeber hat im streitbefangenen Vergabeverfahren keine Anhaltspunkte dafür, dass die Bildung der beigeladenen Bietergemeinschaft zu 1 ausnahmsweise unzulässig sein könnte (vgl. OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 27.06.2003, Az.: 11 Verg 2/03 = NZBau 1/2004, Seite 60 ff.). Es bleibt einem leistungsfähigen Bieterunternehmen im Übrigen grundsätzlich unbenommen, sich an einem Vergabeverfahren allein zu beteiligen oder die Leistung gemeinsam mit anderen Unternehmen im Rahmen einer Bietergemeinschaft anzubieten, um sich so entsprechende Kapazitäten freizuhalten. Eine gegen das Kartellverbot des § 1 GWB verstoßende Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs ist damit nicht verbunden (vgl. VK Lüneburg, Beschluss vom 10.02.2004, Az.: 203-VgK-43/2003).
c)
Der Auftraggeber hatte entgegen der Auffassung der Antragstellerin auch keine Veranlassung, die Angemessenheit des Angebotspreises der Beigeladenen zu 1.) in Frage zu stellen und das Angebot einer Angemessenheitsprüfung gemäß § 25 Nr. 2 Satz 2 VOL/A zu unterziehen. Gemäß dieser Vorschrift hat der Auftraggeber in den Fällen, in denen ihm Angebote im Verhältnis zu der zu erbringenden Leistung ungewöhnlich niedrig erscheinen, die Einzelposten dieser Angebote zu überprüfen und zu diesem Zwecke vom Bieter die erforderlichen Belege zu verlangen. Die Beigeladene zu 1.) hatte ausweislich des in der Vergabeakte enthaltenen Vergabevermerks vom 03.03.2004, aufgestellt durch das beauftragte Ingenieurbüro am 21.02.2004, für das hier streitbefangene Los 1 einen Preis von 4 904 271,00 EUR brutto über die gesamte ausgeschriebene Vertragslaufzeit angeboten. Dem folgte das Hauptangebot der Beigeladenen zu 2.) mit einem Angebotspreis von 5 338 156,00 EUR brutto und schließlich auf Rang 3 das Angebot der Antragstellerin mit einem Preis von 6 070 053,00 EUR brutto. Das erstplatzierte Angebot der Beigeladenen zu 1.) liegt damit lediglich 9 % unter dem zweiplatzierten Hauptangebot der Beigeladenen zu 2.). Der Auftraggeber hat daraufhin in der Vergabeakte auf Seite 18 zur Frage der Erforderlichkeit einer Angemessenheitsprüfung festgehalten:
"In keinem Fall wird also für den Abstand zwischen erstem und zweitem Angebot der Schwellenwert von 10 % erreicht, oberhalb dessen üblicherweise eine Preisprüfung für erforderlich erachtet wird; somit ist keine Preisüberprüfung durchzuführen."
Es ist nicht zu beanstanden, dass der Auftraggeber nicht von einem unangemessenen Angebot der Beigeladenen zu 1.) ausgegangen ist und angesichts einer Preisdifferenz von lediglich 9 % zum nächstgünstigeren Angebot der Beigeladenen zu 2.) von einer Prüfung der Angebotskalkulation abgesehen hat. Die Vorgabe des § 5 Abs. 1 des Niedersächsischen Landesvergabegesetzes vom 02.09.2002 (Nds. GVBl., S. 370), die insoweit die bis dahin geltende Vorgabe des gemeinsamen Erlasses des MW und des MI vom 27.09.2002 - 32-32573/2/25 - MBl. S. 685 - aufgegriffen und abgelöst hat, dass immer dann, wenn ein Angebot, auf das der Zuschlag erteilt werden könnte, um mindestens 10 v. H. vom nächsthöheren Angebot abweicht, die Vergabestelle die Kalkulation des Angebotes zu überprüfen hat, ist bei einem Preisabstand von lediglich 9 % zwischen dem erst- und zweitplatzierten Angebot nicht tangiert. Im Übrigen ist die Notwendigkeit einer zwingenden Angemessenheitsprüfung bei einer Abweichung von lediglich 10 % bei Dienstleistungen und Lieferleistungen im Gegensatz zur Situation bei den Baumaßnahmen gemäß VOB fragwürdig. Nach einem von den Landtagsfraktionen von CDU und F.D.P. in den Landtag eingebrachten Gesetzesentwurf vom 02.05.2003 zur Änderung des Niedersächsischen Landesvergabegesetzes soll dem § 1 des LVergabeG folgender Satz 2 angefügt werden: "Die §§ 3 bis 8 des Gesetzes gelten nur für die Vergabe von Bauleistungen." Das entsprechende Änderungsgesetz ist allerdings noch nicht in Kraft getreten, sodass nach dem Wortlaut des Landesvergabegesetzes - bislang - die Pflicht zur Angemessenheitsprüfung bereits ab einer Abweichung von 10 % auch für den Bereich der VOL/A gilt, wenngleich aus den Begründungen der Gesetzesentwürfe eher zu schließen ist, dass der Gesetzgeber bereits ursprünglich lediglich die VOB-Aufträge im Blick hatte. Dafür spricht hinsichtlich des § 5 LVergabeG auch, dass die 10 %-Grenze letztlich die entsprechende Regelung des gemeinsamen Erlasses des MW und des MI vom 27.09.2002 aufgreift, die ausdrücklich ebenfalls nur den VOB-Bereich regelte. Im VOB-Bereich, wo der Markt so gefestigt ist, dass größere Abweichungen nicht so häufig vorkommen wie im Dienstleistungsbereich gemäß VOL und sich diese der Vergabestelle nicht ohne weiteres erschließen, ist die 10 %-Grenze angemessen. Unabhängig davon ist von einem Missverhältnis zwischen Preis und Leistung nur dann auszugehen, wenn der Preis von den Erfahrungswerten wettbewerblicher Preisbildung so hoch abweicht, dass dies sofort ins Auge fällt. Ein beträchtlicher Preisabstand zwischen dem niedrigsten und dem nachfolgenden Angebot allein ist für sich genommen noch kein hinreichendes Merkmal dafür, dass der niedrige Preis auch im Verhältnis zu der zu erbringenden Leistung ungewöhnlich niedrig ist. Hinzu kommen müssen vielmehr Anhaltspunkte dafür, dass der Niedrigpreis wettbewerblich nicht begründet ist (vgl. Heiermann/Riedl/Rusam, VOB/A, § 25, Rn. 45 ff.; Kulartz, a.a.O., § 25, Rn. 40 ff., m.w.N.). Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Bieter mangels verbindlicher Kalkulationsregeln grundsätzlich in seiner Preisgestaltung frei bleibt. Deshalb ist für die Prüfung der Auskömmlichkeit des Angebotes nicht auf einzelne Positionen des Leistungsverzeichnisses, sondern auf den Gesamtpreis, die Endsumme des Angebotes, abzustellen. Auch ist ein öffentlicher Auftraggeber nicht verpflichtet, nur "auskömmliche" Angebote zu berücksichtigen (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 08.11.2001, Az.: 13 Verg 12/01, m.w.N.). Bei einem grundsätzlich leistungsfähigen Bieter kann es verschiedenste Gründe geben, im Einzelfall auch ein nicht auskömmliches oder jedenfalls sehr knapp kalkuliertes Angebot abzugeben. Derartige Angebote sind im Sinne des Wettbewerbs erwünscht, solange an der ordnungsgemäßen Durchführung der Arbeiten keine Zweifel bestehen.
Angesichts der Tatsache, dass die Abweichung zwischen dem erst- und zweitplatzierten Angebot lediglich 9 % beträgt, hat der Auftraggeber jedoch noch nicht einmal Anlass, die Angemessenheit des Angebotspreises zu bezweifeln. Der Auftraggeber hat sich daher im Rahmen an des ihm vergaberechtlich eingeräumten Ermessen gehalten, als er auf eine Überprüfung der Kalkulation gemäß § 25 Nr. 2 Abs. 2 VOL/A verzichtete.
c)
Soweit sich die Antragstellerin im Zuge des Nachprüfungsverfahrens auch gegen die Berücksichtigung des Hauptangebotes der Beigeladenen zu 2) in der Angebotswertung wendet, ist bereits fraglich, ob sie diesbezüglich überhaupt eine Schädigung ihrer Interessen im Sinne des § 114 Abs. 1 Satz 1 GWB geltend machen kann. Da nicht die Beigeladene zu 2.), die vom Auftraggeber preislich auf Rang 2 ermittelt wurde, sondern die Beigeladene zu 1.) den Zuschlag nach dem Willen des Auftraggebers erhalten soll, kommt eine Schädigung der Interessen der auf Platz 3 rangierenden Antragstellerin überhaupt nur dann in Betracht, wenn der Auftraggeber verpflichtet wäre, das Angebot der Beigeladenen zu 1.) auszuschließen, was jedoch, wie oben dargelegt, nicht der Fall ist. Die Frage einer möglichen Schädigung braucht vorliegend jedoch nicht entschieden zu werden, weil die Berücksichtigung des Hauptangebotes der Beigeladenen zu 2.) in der Angebotswertung entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht gegen Vergaberecht verstößt. Der Auftraggeber war und ist nicht gehalten, das Angebot der Beigeladenen zu 2.) wegen fehlender Eignung des Bieters gemäß § 25 Nr. 2 VOL/A von der Wertung auszuschließen. Der Auftraggeber hat auf den Seiten 28 bis 30 des Vergabevermerks vom 03.03.2004 unter Ziff. 5.3 ausführlich dokumentiert, dass er sowohl die allgemeine fachliche Eignung wie auch die besondere Eignung für die ausgeschriebenen Dienstleistungen auch für die Beigeladene zu 2.) ausführlich geprüft hat. Dabei ist nicht zu beanstanden, dass der Auftraggeber der Beigeladenen zu 2.) auch die Referenzen und das Know-how ihrer Schwesterfirma xxx GmbH, xxx, zugerechnet hat. Nur die Beigeladene zu 2.) wie auch die xxx GmbH stehen zu 100 % in Anteilseignerschaft der Unternehmensgruppe xxx (xxx GmbH). Die Beigeladene zu 2.) hat mit ihrem Angebot eine Erklärung der Schwesterfirma xxx GmbH vorgelegt, worin diese ausdrücklich erklärt, dass sie ihre bei der Durchführung von kommunalen Entsorgungsaufträgen erworbenen Kompetenzen in das Angebot der Beigeladenen zu 2.) eingebracht hat. Darüber hinaus hat sich die xxx GmbH verpflichtet, die Beigeladene zu 2.) nach Auftragserteilung einzuarbeiten und bei der Durchführung der Leistungen mit ihren Erfahrungen und Kenntnissen bei Bedarf auch personell zu begleiten. Da die Beigeladene zu 2.) im Auftragsfalle offensichtlich Zugriff auf die Erfahrungen und die Ausstattung der Schwesterfirma xxx GmbH gehabt hätte, hat der Auftraggeber die Kompetenzen der Schwesterfirma bei der Eignungsprüfung der Beigeladenen zu 2.) zu Recht berücksichtigt. Gehört ein Bieterunternehmen einem Konzernverbund oder einer Firmengruppe an, ist eine Berücksichtigung von finanziellen, materiellen und personellen Ressourcen anderer Unternehmen dieses Verbundes zumindest dann unbedenklich, wenn und soweit die Firmen dieser Gruppe als wirtschaftliche Einheit betrachtet werden können (vgl. EuGH, Beschluss vom 02.12.1999, EuZW 2000, S. 110 ff. - Holst Italia; NZBau 2000, S. 149, 150; VK Lüneburg, Beschluss vom 14.02.2003, Az.: 203-VgK-35/2002). Insbesondere für den Bereich der Referenzen ist anerkannt, dass ein Bieter auch auf die für ein Tochter- oder Schwesterunternehmen ausgestellten Referenzen zurückgreifen kann (vgl. 1. VK Bund, Beschluss vom 05.09.2001, Az.: VK 1-23/01). Der Auftraggeber hat sich daher im Rahmen des ihm gemäß § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A eingeräumten vergaberechtlichen Ermessens gehalten, als er die Eignung der Beigeladenen zu 2.) im Ergebnis seiner Eignungsüberprüfung positiv bewertet hat.
Entgegen der Auffassung der Antragstellerin war und ist der Auftraggeber auch nicht gehalten, die Angemessenheit des von der Beigeladenen zu 2.) angebotenen Preises gemäß § 25 Nr. 2 Abs. 2 VOL/A zuüberprüfen. Dies folgt bereits daraus, dass das Angebot der Beigeladenen zu 2.) nach dem Ergebnis der Angebotswertung nicht den Zuschlag erhalten soll. Die Angemessenheitsprüfung gemäß § 25 Nr. 2 Abs. 2 VOL/A dient aber ausdrücklich dem Verbot des § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A, wonach auf Angebote, deren Preise in offenbarem Missverhältnis zur Leistung stehen, der Zuschlag nicht erteilt werden darf. Der Preisabstand zwischen dem auf Platz 2 rangierenden Angebot der Beigeladenen zu 2.) und dem auf Platz 3 rangierenden Angebot der Antragstellerin in Höhe von ca. 15 % ist daher bereits deshalb unbeachtlich, weil die Beigeladene zu 2.) nach dem Ergebnis der Angebotswertung den Zuschlag gar nicht erhalten kann.
Auch ein Angebotsausschluss wegen vermeintlicher Änderungen an den Verdingungsunterlagen kommt für das in der Angebotswertung verbliebene Hauptangebot der Beigeladenen zu 2.) nicht in Betracht. Ausweislich Ziff. 3.4.1 (Seite 11) des Vergabevermerks hat der Auftraggeber die Nebenangebote NA 1 und NA 2 der Beigeladenen zu 2.) wegen Änderung der Verdingungsunterlagen ausgeschlossen, da sich aufgrund von Rundungsfehlern der Beigeladenen zu 2.) bei den Einheitspreisen insgesamt ein Grundentgelt ergab, welches über dem betreffenden Leistungsentgelt lag. Aus dem Hauptangebot der Beigeladenen zu 2.) sind dagegen keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass dort ebenfalls entsprechende Fehler aufgetreten sind. Es gibt daher keine Anhaltspunkte für eine Fehlkalkulation oder sonstige Änderungen an den Verdingungsunterlagen bezüglich des in der Wertung verbliebenen Hauptangebotes der Beigeladenen zu 2.).
d)
Die Verdingungsunterlagen selbst verstoßen entgegen der Auffassung der Antragstellerin auch nicht deshalb gegen das Gebot der eindeutigen und erschöpfenden Leistungsbeschreibung gemäß § 8 Nr. 1 Abs. 1 VOL/A, weil die für die Kalkulation durchaus relevanten Straßenverhältnisse unstreitig nicht erschöpfend vom Auftraggeber beschrieben wurden. Den Bietern wird durch die Unvollständigkeit der vom Auftraggeber ermittelten und den Bietern zur Verfügung gestellten Informationen auch kein ungewöhnliches Wagnis im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 3 VOL/A aufgebürdet. Der Auftraggeber hatte auf den Seiten 15 und 16 der Leistungsbeschreibung unter Ziff. 2.8 auf Besonderheiten und Erschwernisse der Abfuhr hingewiesen und unter anderem erklärt, dass es in der Regel zwar nicht erforderlich sei, dass Fahrzeuge rückwärts fahren müssten. Informationen hierüber seien dem Auftraggeber allerdings nicht zugänglich. Der Auftragnehmer habe damit zu rechnen, dass in wenigen Fällen (bis zu 100 Straßen) Rückwärtsfahren unvermeidlich sei. Ferner wurde auf spiel- und verkehrsberuhigte Straßen hingewiesen, auf Behinderungen in einzelnen Straßenzügen, die ein Befahren mit Standard-Sammelfahrzeugen nicht zuließen (lichte Höhe, lichte Breite, Kurvenradius). Ebenso könne es - wie anderswo auch - aufgrund von Straßenbaumaßnahmen, Märkten, Veranstaltungen etc. zu Einschränkungen des Lkw-Verkehrs kommen. Der Auftragnehmer müsse seine Aufgaben gleichwohl ohne Einschränkungen erfüllen. Er habe die örtlichen Verhältnisse in seiner Kalkulation zu berücksichtigen. Abschließend heißt es:
"Dem Bieter wird dringend empfohlen, die örtlichen Verhältnisse vor Abgabe eines Angebotes in Augenschein zu nehmen."
Es folgen Angaben zur Gesamtlänge des Straßennetzes, verbunden mit dem Hinweis auf geeignetes Kartenmaterial, das an Tankstellen, im Buchhandel usw. erhältlich sei und der Erklärung, dass die Angaben zum Straßennetz nur insoweit gemacht werden könnten, wie sie dem Auftraggeber aufgrund von Informationen des Kreisstraßenverkehrsamtes und der Gemeinden verfügbar seien. Die Vergabekammer teilt die Auffassung des Auftraggebers, dass die Pflicht zur eindeutigen und erschöpfenden Leistungsbeschreibung gemäß § 8 Nr. 1 Abs. 1 VOL/A nicht automatisch auch eine Pflicht zur lückenlosen, detaillierten Ermittlung und Wiedergabe der Straßenverhältnisse, insbesondere aller ständigen oder auch nur zeitlich begrenzten Hindernisse wie Sackgassenlagen, Baustellen und Veranstaltungen, beinhaltet. Die in den Verdingungsunterlagen enthaltenen Informationen, die nach der Darstellung des Auftraggebers ausdrücklich keinen Anspruch auf Vollständigkeit hatten, versetzen die fachkundigen Bieter in die Lage, sich über die für die Kalkulation relevante Verkehrsinfrastruktur innerhalb der für die Erstellung des Angebotes zur Verfügung stehenden Zeit ein ausreichendes Bild zu machen. Der Auftraggeber hat die ihm zur Verfügung stehenden diesbezüglichen Informationen den Bietern zugänglich gemacht. Zudem hat der Auftraggeber ergänzend geeignetes Kartenmaterial benannt und den Bietern empfohlen, sich ein eigenes Bild über die Verhältnisse vor Ort zu machen. Auch dies versetzt den Kalkulator eines Fachunternehmens in einer Branche, in der der Aufbau einer Logistik und die Berücksichtigung von vorhandener Infrastruktur zum Kernbereich gehören, in die Lage, ein realistisches Angebot abzugeben.
Der Auftraggeber hat die ihm zur Verfügung stehenden Informationsquellen über die Infrastruktur im Entsorgungsgebiet ausgeschöpft. Informationen seitens der Antragstellerin als bislang mit den streitbefangenen Entsorgungsdienstleistungen beauftragtem Unternehmen hat der Auftraggeber unstreitig nicht erhalten. Die Antragstellerin hat in der mündlichen Verhandlung erklärt, ihr sei zwar nicht bekannt, dass ein diesbezügliches Ansinnen des Auftraggebers zurückgewiesen wurde. Es sei aber richtig, dass sie, die Antragstellerin, entsprechende Anfragen eines anderen Landkreises zurückgewiesen habe, weil sie für derartige detaillierte Angaben nicht haften wolle. Die Antragstellerin hat die ablehnende Haltung damit erläutert, dass sie sich unter anderem dann den Vorwürfen der Konkurrenz ausgesetzt sehen könnte, sie hätte die Straßenverhältnisse bewusst schwieriger geschildert als sie sind, um so die anderen Bieter zur Kalkulation höherer Kosten zu veranlassen. Dem habe sie sich nicht aussetzen wollen. Die Vergabekammer vertritt die Auffassung, dass sich der bisherige Inhaber eines Auftrages gegen eine derartige Haftung dadurch schützen könnte, dass er alle Angaben dem Auftraggeber nach bisherigem besten Wissen macht, in seiner Erklärung aber den ausdrücklichen Vorbehalt aufnimmt, dass die Angaben ohne Gewähr erfolgen. Gesteht man dem bisherigen Inhaber des Auftrages aber zu, dass er keine Haftungsrisiken übernehmen will und deshalb von Angaben über die Straßenverhältnisse absieht, so kann er umgekehrt nicht unter Berufung auf § 8 Nr. 1 Abs. 1 VOL/A oder § 8 Nr. 1 Abs. 2 VOL/A geltend machen, der Auftraggeber habe dieörtlichen Verhältnisse nicht lückenlos beschrieben. Niemand, nicht einmal der Auftraggeber selbst, kennt die für die Müllabfuhr relevanten Besonderheiten der Straßen- und Verkehrsverhältnisse so gut wie das Unternehmen, das die Entsorgungsdienstleistungen aktuell in den letzten Jahren durchgeführt hat. Steht diese Informationsquelle dem Auftraggeber nicht zur Verfügung, so kann von ihm lediglich die Ausschöpfung der anderen ihm zur Verfügung stehenden Quellen verlangt werden. Dies aber hat der Auftraggeber getan. Er war nicht verpflichtet, im Vorfeld der Ausschreibung etwa ein umfangreiches fachliches Gutachten über die für die Abfallentsorgung relevanten Verkehrs- und Straßenverhältnisse einzuholen.
Auch im Übrigen ist das streitbefangene Vergabeverfahren vergaberechtlich nicht zu beanstanden. Der Nachprüfungsantrag war daher als unbegründet zurückzuweisen.
III. Kosten
Die Kostenentscheidung folgt aus § 128 GWB. Nach Art. 7 Nr. 5 des 9. Euro-Einführungsgesetzes (BGBl. 58/2001 vom 14.11.2001, S. 2992 ff.) vom 10.11.2001 werden die DM-Angaben in § 128 GWB für die von der Vergabekammer festzusetzende Gebühr durch Angaben in Euro im Verhältnis 1 : 2 ersetzt, sodass die regelmäßige Mindestgebühr nunmehr 2.500 Euro, die Höchstgebühr 25.000 Euro bzw., in Ausnahmefällen, 50.000 Euro beträgt.
Es wird eine Gebühr in Höhe von 4.416,- EUR gemäß § 128 Abs. 2 GWB festgesetzt.
Der zu Grunde zu legende Auftragswert beträgt nach dem Ergebnis der streitbefangenen Ausschreibung 6.070.053,- EUR. Dieser Betrag entspricht den Kosten nach dem Angebot der Antragstellerin für das Los 1 über die gesamte ausgeschriebene Vertragslaufzeit 01.01.2005 bis 31.08.2008 und damit ihrem Interesse am Auftrag.
Die Gebührenermittlung erfolgt anhand einer Gebührentabelle des Bundeskartellamtes vom 09.02.1999 in der z. Zt. gültigen Fassung vom 01.01.2003. Hiernach wird der Mindestgebühr von 2.500 EUR (§ 128 (2) GWB) eine Ausschreibungssumme von bis zu 80.000 EUR zugeordnet und dem regelmäßigen Höchstwert von 25.000 EUR (§ 128 (2) GWB) eine Ausschreibungssumme von 70 Mio. EUR (höchste Summe der Nachprüfungsfälle 1996 -1998) gegenübergestellt. Bei einer Ausschreibungssumme von 6.070.053,- EUR ergibt sich eine Gebühr von 4.416,- EUR.
Diese Gebühr schließt einen durchschnittlichen sachlichen und personellen Aufwand ein. Gutachterkosten oder Kosten durch Zeugenvernehmung in der mündlichen Verhandlung sind nicht angefallen.
Die im Tenor verfügte Kostentragungspflicht ergibt sich daraus, dass die Antragstellerin im Nachprüfungsverfahren i.S.d. § 128 Abs.3 Satz 1 GWB im vollen Umfang unterlegen ist.
Die Erstattungspflicht bezüglich der Kosten des Auftraggebers, die diesem zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstanden sind, folgt aus § 128 Abs. 4 GWB i.V.m. § 80 VwVfG. Danach war festzustellen, dass die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes durch den Auftraggeber im konkreten Verfahren erforderlich war. Auch wenn man von öffentlichen Auftraggebern grundsätzlich verlangen darf, dass sie über das notwendige personelle Know-how bezüglich der für eine Ausschreibung erforderlichen Rechtsgrundlagen, insbesondere der VOL/A und der VOB/A verfügen, bedurfte der Auftraggeber für eine angemessene Reaktion in der auch für einen erfahrenen öffentlichen Auftraggeber ungewohnten Situation eines vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahrens besonderen rechtskundigen Beistandes.
Nach den zu § 80 VwVfG geltenden Grundsätzen ist die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes dann notwendig, wenn sie vom Standpunkt eines verständigen Beteiligten für erforderlich gehalten werden durfte (BVerwGE 55, 299, 306). Dies ist nach der herrschenden Lehre nicht nur in schwierigen und umfangreichen Verfahren zu bejahen, sondern entspricht der Regel (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 7. Aufl., § 80, Rn. 45; Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 5. Aufl., § 80, Rn. 81). Dieser Grundsatz soll allerdings nur im Verhältnis des Bürgers zum Staat gelten. Zu Gunsten der Ausgangsbehörde im Verwaltungsverfahren wird demgegenüber die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten nur in besonders gelagerten Einzelfällen angenommen, da die Ausgangsbehörde in der Regel mit eigenem Fachpersonal so gut ausgestattet sein muss, dass sie ihre Verwaltungstätigkeit, zu der auch die Mitwirkung im Vorverfahren (Widerspruchsverfahren) gehört, ohne fremde Unterstützung ausführen kann. Diese für die Situation der Ausgangsbehörde in einem Widerspruchsverfahren zutreffende Auffassung kann jedoch nicht auf das vergaberechtliche Nachprüfungsverfahrenübertragen werden. Schon beim materiellen Vergaberecht handelt es sich um eine überdurchschnittlich komplizierte Materie, die nicht nur in kurzer Zeit zahlreiche Veränderungen und Neuregelungen erfahren hat, sondern auch durch komplexe gemeinschaftsrechtliche Fragen überlagert ist. Entscheidend aber ist, dass das Nachprüfungsverfahren gerichtsähnlich ausgebildet ist, die Beteiligten also auch prozessuale Kenntnisse haben müssen, um ihre Rechte umfassend zu wahren. Deshalb ist im vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren die nach § 80 VwVfG gebotene Rechtspraxis zur Erstattung der Rechtsanwaltskosten nicht übertragbar (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09.11.2001, Az.: Verg 1/01; OLG Stuttgart, Beschluss v. 19.07.2000, 2 Verg 4/00, NZBau 11/2000, S. 543 ff.). Denn durch seinen Charakter als gerichtsähnlich ausgestaltetes Verfahren unterscheidet sich das Vergabenachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer eben grundlegend von dem Widerspruchsverfahren nach der VwGO.
Kosten der Beigeladenen:
Die Kostenentscheidung hinsichtlich der Erstattungsfähigkeit der Kosten der Beigeladenen zu 1 folgt aus analoger Anwendung des § 162 Abs. 3 VwGO. Dort ist für das verwaltungsgerichtliche Verfahren geregelt, dass die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen nur erstattungsfähig sind, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt. Die analoge Anwendung dieser Vorschrift zu Gunsten eines obsiegenden Beigeladenen ist im Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer geboten (vgl. OLG Düsseldorf, NZBau 2000, S. 155, 158 [OLG Düsseldorf 12.01.2000 - Verg 3/99]; sowie OLG Düsseldorf, Beschluss v. 15.06.2000, Az.: Verg 6/00). Die für eine analoge Anwendung von Vorschriften erforderliche Regelungslücke ergibt sich daraus, dass gem. § 128 Abs. 4 Satz 2 lediglich geregelt wird: "Soweit ein Beteiligter im Verfahren unterliegt, hat er die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Auslagen des Antragsgegners zu tragen. § 80 des Verwaltungsverfahrensgesetzes und die entsprechenden Vorschriften der Verwaltungsverfahrensgesetze der Länder gelten entsprechend." Eine daraus folgende Ungleichbehandlung eines Beigeladenen gegenüber den anderen Beteiligten des Nachprüfungsverfahrens wäre jedoch nicht sachgerecht, zumal der Beigeladene schließlich gem. § 109 GWB deshalb den Beteiligten-Status erhält, weil "dessen Interessen durch die Entscheidung schwerwiegend berührt werden".
Einerseits darf daher zwar für den Antragsteller durch (mögliche) Beiladungen kein unkalkulierbares und damit abschreckendes Kostenrisiko entstehen. Andererseits dürfen aber auch Kosten des Beigeladenen nicht zu einer Waffenungleichheit zu seinen Lasten führen (vgl. Byok/Jaeger, Vergaberecht, § 128, Rn. 1034).
Unter Berücksichtigung dieser sachgerechten Grundsätze entspricht es im vorliegenden Fall der Billigkeit i. S. des hier analog anzuwendenden § 162 Abs. 3 VwGO, dass die unterlegene Antragstellerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung im Nachprüfungsverfahren erforderlichen Aufwendungen der Beigeladenen zu 1, zu denen auch die Kosten einer in einem derartig komplexen, nicht nur materielles Vergaberecht, sondern auch prozessuale Rechtsfragen berührenden Verfahren ohne weiteres erforderlichen Hinzuziehung eines Rechtsanwalts gehören, zu tragen hat.
Die Beigeladene zu 2 hat keinen Kostenantrag gestellt, war nicht anwaltlich vertreten und hat an der mündlichen Verhandlung nicht teilgenommen.
Die Antragstellerin wird aufgefordert, den Betrag von 4.416,- EUR unter Angabe des Kassenzeichens
xxx
auf folgendes Konto zu überweisen:
xxx.
Schulte
Dr. Pade