Vergabekammer Lüneburg
Beschl. v. 06.09.2004, Az.: 203-VgK-39/2004
Voraussetzungen für eine vergaberechtswidrige Doppelmandatschaft im Sinne des § 16 Abs. 1 Nr. 2 Vergabeverordnung (VgV); Verletzung des Diskriminierungsverbotes bei Bestehen des Anscheins der Parteilichkeit einer am Vergabeverfahren beteiligten natürlichen Person; Zulässigkeit und Notwendigkeit der Einschaltung eines fachkundigen Dritten für eine ordnungsgemäße Vorbereitung und Durchführung des Vergabeverfahrens; Ausschluss eines Angebots vom Vergabeverfahren auf Grund des fehlenden Nachweises der Fachkunde, der Leistungsfähigkeit und der Zuverlässigkeit des Bieters; Ermessenspielraum der Vergabestelle in Bezug auf die Bewertung der Eignung der Bieter; Unmissverständliche Verdeutlichung der Folgen der Nichterbringung der geforderten Nachweise in den Verdingungsunterlagen gegenüber dem Bieter als Vorazussetzung für eine Ermessensreduzierung auf Null; Ausschluss eines Angebots wegen des Fehlens wesentlicher Preisangaben; Anforderungen an die Verpflichtung des öffentlichen Auftraggebers zur Zuschlagserteilung durch eine gerichtliche Entscheidung
Bibliographie
- Gericht
- VK Lüneburg
- Datum
- 06.09.2004
- Aktenzeichen
- 203-VgK-39/2004
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2004, 33917
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 25 Nr. 1 Abs. 2 VOL/A
- § 25 Nr. 1 Abs. 1 VOL/A
- § 21 Nr. 1 Abs. 1 VOL/A
- § 24 VOL/A
- § 23 Nr. 2 VOL/A
- § 16 Abs. 1 Nr. 2 VgV
- § 6 VOL/A
- § 7 Nr. 4 VOL/A
- § 30 VOL/A
- § 97 Abs. 7 GWB
- § 114 Abs. 1 GWB
- § 98 Nr. 1 GWB
- § 100 Abs. 1 GWB
- § 107 Abs. 2 GWB
- § 107 Abs. 3 S. 1 GWB
- § 127 GWB
- § 13 VgV
- § 2 Nr. 3 VgV
Verfahrensgegenstand
Vergabeverfahren Sammlung und Transport von Restmüll, Biomüll und Sperrmüll
Die Vergabekammer hat
bei der Bezirksregierung Lüneburg
durch
den Vorsitzenden RD Gause,
die hauptamtliche Beisitzerin BOAR'in Schulte und
den ehrenamtlichen Beisitzer BOR Weyer
auf die mündliche Verhandlung vom 31.08.2004
beschlossen:
Tenor:
- 1.
Der Nachprüfungsantrag wird zurückgewiesen.
- 2.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin.
- 3.
Die Kosten werden auf 11.390,-- EUR festgesetzt.
- 4.
Die Antragstellerin hat dem Auftraggeber die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten zu erstatten. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes war für den Auftraggeber notwendig.
Begründung
I.
Der Auftraggeber hat die Entsorgungsdienstleistungen mit Datum vom 19.04.2004 europaweit im offenen Verfahren ausgeschrieben. Die zu erbringende Leistung wurde in insgesamt drei Regionallosen ausgeschrieben. Der Auftrag wurde für den Zeitraum 01.01.2005 bis 31.12.2012 mit einer Verlängerungsoption um 5 Jahre ausgeschrieben. Nebenangebote und Alternativvorschläge wurden zugelassen.
Bereits mit der Vergabebekanntmachung wurden detailliert Bedingungen für die Teilnahme am Wettbewerb bekannt gegeben.
- Hinsichtlich der Nachweise der wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit waren als Mindestanforderung die Bilanzen der letzten drei abgeschlossenen Geschäftsjahre der Bieter gefordert. Ferner sollten sie Unbedenklichkeitsbescheinigungen des Finanzamtes, der Sozialversicherungsträger und der Berufsgenossenschaft vorlegen.
- Hinsichtlich der technischen Leistungsfähigkeit waren als Mindestanforderungen genannt:
Aktuelle Nachweise der Fachkunde des Betriebsleiters oder des für die Ausführung vorgesehenen Verantwortlichen; Referenzen und Anerkennung als Entsorgungsfachbetrieb für Sammlung und Transport. Bei Nebenangeboten sollten weitere Nachweise vorgelegt werden. - Weitere Anforderungen waren:
Darstellung der technischen Ausstattung des Betriebes; Beschreibung der Fahrzeuge und Container, die eingesetzt werden sollen; Beschreibung und Darstellung des für die Leistungserbringung vorgesehenen Personals; Ablaufplan der Sammlung und des Transportes zu den vorgegebenen Sammelstellen. Hierbei wurde auf die Besonderheit des Transportes mit der Bahn hingewiesen.
Der Zuschlag sollte auf das wirtschaftlich günstigste Angebot bezüglich der Kriterien Preis (80%), technischer Wert (10%) und Betriebserfahrung (10%) erteilt werden.
Auf Grund mehrerer Anfragen und Rügen der Bieter wurden insgesamt acht Bieterrundschreiben versandt.
Bei der Angebotseröffnung am 14.06.2004 ergab sich, dass von den insgesamt 33 Firmen, die die Angebotsunterlagen angefordert hatten, sieben Bieter ein Angebot eingereicht hatten. Die Antragstellerin hatte alle drei Lose bedient und noch fünf Nebenangebote eingereicht. Die Beigeladene zu 1 hatte die ersten beiden Regionallose bedient und zwei Nebenangebote eingereicht. Die Beigeladene zu 2 hatte nur das dritte Regionallos bedient.
In der Vergabeakte ist ein ausführlicher, 81-seitiger Vergabevermerk vom 02.07.2004 enthalten. Dort hielt der Auftraggeber hinsichtlich des Angebotes der Antragstellerin fest, dass das Angebot der Antragstellerin in der ersten Wertungsstufe nach § 25 Nr. 1 Abs. 2 VOL/A auszuschließen sei, da zwei Mitglieder der Bietergemeinschaft nur die Bilanzen für zwei abgeschlossene Geschäftsjahre vorgelegt hätten. Wörtlich hielt der Auftraggeber fest:
"Da eine Nachforderung für die als Mindestanforderung statuierten Bieterangaben nicht zulässig ist, muss der Ausschluss dieses Bieters erfolgen."
Insgesamt wurden in der ersten Wertungsstufe von sieben Bietern vier von der weiteren Wertung ausgeschlossen, da die vorgelegten Nachweise nach den Feststellungen des Auftraggebers nicht die Mindestanforderungen erfüllten.
Der Auftraggeber hat die Angebote aller sieben Bieter rechnerisch geprüft. Dabei wurde festgehalten, dass die Antragstellerin rechnerisch richtig angeboten habe; ihr jedoch bei der Berechnung der gesetzlichen Mehrwertsteuer für das Regionallos Nord ein Rundungsfehler unterlaufen sei. Zum Angebot der Beigeladenen zu 1 wurde festgestellt, dass rechnerisch richtig angeboten wurde. Zum Angebot der Beigeladenen zu 2 wurde festgehalten, dass bei der Ermittlung des Gesamtpreises aus dem Vordersatz und dem Einheitspreis für das angebotene Regionallos Süd bei allen Positionen falsch gerechnet wurde. Wörtlich wurde u.a. festgehalten:
"Die korrekt ermittelten Rechenergebnisse sind jeweils exakt 1/12 der von der Bieterin eingetragenen Summen. Bei Position 7 wurde, obwohl die Spalte "Einzelpreis" gesperrt war, ein Pauschalpreis pro Monat angegeben. In der Spalte "Gesamtpreis" ist exakt das Zwölffache des Einzelpreises pro Monat angegeben. Die Bieterin hat somit offensichtlich und eindeutig generell in der Spalte "Gesamtpreis" nicht wie gefordert den Preis pro Monat, sondern den Preis pro Jahr angegeben."
Der Auftraggeber stellte fest, dass die Differenz zwischen dem niedrigsten und zweitniedrigsten Angebot bei den Losen Mitte und Süd mehr als 10% beträgt. Da ihm die Angebote ungewöhnlich niedrig schienen, hat er die Auskömmlichkeit der Angebote geprüft.
Der 12-seitige Vermerk über die Prüfung der Auskömmlichkeit der Angebote der beiden Beigeladenen ist separat als Unterlage beigefügt worden. Den Unterlagen ist zu entnehmen, dass der Auftraggeber die beiden Bieter aufforderte, ihre Kalkulationsgrundlagen vorzulegen. Ferner lud er beide Bieter zu Gesprächen gemäß § 24 VOL/A ein, um sich die Auskömmlichkeit der Angebote erläutern zu lassen. Das Ergebnis dieser Gespräche wurde protokolliert und von den Beteiligten unterzeichnet. Der Auftraggeber kam in dem Vermerk zur Auskömmlichkeitsprüfung zu dem Schluss, dass die Angebote der beiden Beigeladenen zwar knapp, aber auskömmlich kalkuliert seien. Insoweit stände einer Vergabe an die beiden Firmen nichts entgegen.
Der Auftraggeber ermittelte sodann das wirtschaftlichste Angebot aller sieben Bieter unter Beachtung seiner Wertungskriterien. Dabei ergab sich, dass die Beigeladene zu 1 für die Lose Nord und Mitte auf Rang 1 und die Antragstellerin jeweils auf Rang 3 lag. Für das Los Süd lag die Beigeladene zu 2 auf Rang 1 und die Antragstellerin auf Rang 2. Es wurde vorgeschlagen, für die Regionallose Nord und Mitte der Beigeladenen zu 1 den Zuschlag zu erteilen und für das Regionallos Süd der Beigeladenen zu 2. Der Kreistag des Auftraggebers folgte der Empfehlung und entschied am 05.07.2004, die Zuschläge den beiden Beigeladenen zu erteilen.
Mit Schreiben vom 05.07.2004 informierte der Auftraggeber die Antragstellerin gem. § 13 VgV, dass er beabsichtige, bezüglich der Regionallose Nord und Mitte auf die Angebote der Beigeladenen zu 1 zu erteilen, bezüglich des Regionalloses Süd auf das Angebot der Beigeladenen zu 2. Die Angebote der Antragstellerin sollten nicht berücksichtigt werden, da ihre Angebote wegen fehlender Mindestanforderungen auszuschließen gewesen seien. Er teilte der Antragstellerin mit, dass die von ihr vorgelegten Bilanzen für zwei Mitglieder der Bietergemeinschaft für ein Jahr nicht den Anforderungen der §§ 242, 265 und 266 HGB genügen.
Mit Anwaltsschriftsatz vom 08.07.2004, eingegangen per Telefax beim Auftraggeber am selben Tage, rügte die Antragstellerin diese Entscheidung des Auftraggebers. Sie äußerte die Vermutung, dass die Angebote der beiden Beigeladenen nicht auskömmlich seien. Ferner äußerte sie die Vermutung, dass der Ausschluss aus formalen Gründen unzulässig sei, der Auftraggeber die Angebote bereits wirtschaftlich gewertet und damit die dritte Stufe der Wertung betreten habe. Im Übrigen habe sie für alle drei beteiligten Bieterfirmen die Bilanzen der letzten drei Jahre entsprechend den Vorgaben in Ziffer 1.14.1 Nr. 1 der Ausschreibungsunterlagen vorgelegt.
Nachdem der Auftraggeber mit Schreiben vom 08.07.2004 auf die Rüge geantwortet hatte, hat die Antragstellerin mit Anwaltsschriftsatz vom 08.07.2004, eingegangen bei der Vergabekammer am selben Tage, die Vergabekammer angerufen. Sie begründet ihren Nachprüfungsantrag im Wesentlichen unter Zugrundelegung ihrer Argumente in dem Rügeschreiben gegenüber dem Auftraggeber.
Sie macht folgende Verstöße gegen Vergaberecht geltend, die sie nach Durchführung der Akteneinsicht ergänzt hat:
- Zunächst moniert die Antragstellerin, wie im Rügeschreiben vom 08.07.2004, dass ihr Angebot zu Unrecht ausgeschlossen wurde. Sie habe die geforderten Bilanzen der letzten drei Jahre vorgelegt.
- Der Auftraggeber beabsichtige unter Verstoß gegen§ 25 Nr. 2 Abs. 2 VOL/A, den Zuschlag auf ein Angebot mit einem ungewöhnlich niedrigen Preis zu erteilen. Nach Auffassung der Antragstellerin hat der Auftraggeber Anlass, die Angemessenheit der von ihm für den Zuschlag favorisierten Angebote der beiden Beigeladenen gem. § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A zu überprüfen.
- Hinsichtlich des Regionalloses Süd hatte die Beigeladene zu 2 ausweislich des Vergabevermerks für die Sperrmüllabfuhr einen monatlichen Pauschalpreis anzugeben. Entgegen dieser klaren Aussage habe diese Beigeladene an Stelle dieses Monatspauschalpreises offenbar einen weit überhöhten Pauschalpreis eingetragen. Aus dem Vergabevermerk ergäbe sich unter Ziffer 6, dass bei Position 7 die Beigeladene offensichtlich in der Spalte "Gesamtpreis" nicht wie gefordert, den Preis pro Monat sondern pro Jahr angegeben habe. Der Auftraggeber habe insoweit die von der Beigeladenen zu 2 fehlerhaft angegebenen Zahlen "ausgelegt". Dieses sei umso vergaberechtswidriger, da sich der Auftraggeber ihr gegenüber erlaubt habe, zwei Bilanzen auf einem einzigen Blatt Papier nicht anzuerkennen. Es läge damit ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des § 97 Abs. 2 GWB vor.
Soweit der Auftraggeber lt. seinem Vergabevermerk die vage Zusage bezüglich der Einhaltung der E4-Norm für die Fahrzeuge der Beigeladenen akzeptiere, weist die Antragstellerin darauf hin, dass es den Beigeladenen nicht gelingen werde, ab dem 01.01.2005 Fahrzeuge mit Motoren einzusetzen, die die Euro 4- Norm erfüllen. Sie verweist dazu auf Auskünfte führender Nutzfahrzeughersteller. Damit seien die Angaben der Beigeladenen unzutreffend und nicht wertbar.
Es sei aus ihrer Sicht auch nicht nachvollziehbar, warum der Auftraggeber bei der Beigeladenen zu 2 das Abfuhr- und Servicepersonal jeweils mit 100 % gewertet habe und ihr Personal nur mit 95 %, da sich beide Angebote in diesem Punkt nicht unterschieden. Insoweit sei die Wertung an dieser Stelle falsch. Beide Angebote hätten gleich hoch bewertet werden müssen.
- Hinsichtlich der Regionallose Mitte und Nord stellt sich aus Sicht der Antragstellerin ein ähnliches Bild dar. Auch hier habe der Auftraggeber gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen.
- Der Auftraggeber habe in seinem Vergabevermerk festgehalten, dass der von der Beigeladenen zu 1 vorgesehene Nachunternehmereinsatz der Firma xxx zulässig sei, da es sich bei den von der Firma durchzuführenden Nachtransporten um eine Nebenleistung handeln soll, die zulässig sei und genehmigt werde. Diese Feststellung decke sich nicht mit der Antwort des Auftraggebers vom 01.06.2004 auf ein Rügeschreiben, in dem er unter IV auf Seite 7 darauf hingewiesen habe, wann Nachunternehmerleistungen zulässig seien und wann nicht.
Der Auftraggeber habe auch durch seine Ausschreibungsunterlagen auf Seite 11 unter Ziffer 1.13.5 festgelegt, dass der Bieter die angebotenen Leistungen zur Sammlung und zum Transport von Rest-, Bio- und Sperrmüll grundsätzlich im eigenen Betrieb mit eigenem Personal und Gerät auszuführen hat. Der von der Beigeladenen zu 1 vorgesehene Nachunternehmereinsatz sei unzulässig und demnach vergaberechtswidrig gewertet worden.
Ferner habe der Auftraggeber die Überprüfung der Leistungsfähigkeit der Beigeladenen zu 1 fehlerhaft durchgeführt, indem er festgestellt habe, dass die Fahrzeuge, sofern sie nicht neu angeschafft würden, als auftragsbezogen einsetzbar zu werten seien. Da es eine solche Wertung bei keinem anderen Bieter gegeben habe, läge auch hier ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz vor.
Hinsichtlich der Beteiligung der vom Auftraggeber verfahrensbevollmächtigten Rechtsanwaltskanzlei schon während des Ausschreibungsverfahrens vertritt die Antragstellerin die Auffassung, dass diese zum ausgeschlossenen Personenkreis gemäß § 16 VgV gehöre. Diese Kanzlei sei bereits in der Vorbereitungsphase für das anhängige Vergabeverfahren bis zum Frühjahr 2004 noch als "Hausanwalt" der Beigeladenen zu 1 tätig gewesen und habe diese bei anhängigen Verfahren vor der Vergabekammer Lüneburg vertreten.
Die Antragstellerin beantragt,
- 1.
die Bieter xxx (Beigeladene zu 2) für das Los Süd und xxx (Beigeladene zu 1) für die Lose Mitte und Nord von der Wertung auszuschließen und den Antragsgegner zu verpflichten, der Antragstellerin den Zuschlag zu erteilen,
- 2.
hilfsweise, die Ausschreibung aufzuheben
- 3.
die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für die Antragstellerin für notwendig zu erklären,
- 4.
die Kosten des Verfahrens dem Antragsgegner aufzuerlegen.
Der Auftraggeber beantragt,
- 1.
den Antrag abzuweisen,
- 2.
festzustellen, dass es für den Auftraggeber erforderlich war, einen Bevollmächtigten hinzuzuziehen.
Der Auftraggeber tritt den Behauptungen und Rechtsauffassungen der Antragstellerin entgegen. Der Nachprüfungsantrag sei unzulässig bzw. unbegründet.
Der Nachprüfungsantrag sei unzulässig, da die Antragstellerin nicht darlegen könne, dass ihr ein Schaden entstanden sei oder zu entstehen drohe. Ihr Ausschluss sei erfolgt, da ihr Angebot auf Grund der fehlenden Erfüllung der Mindestanforderungen nicht gewertet werden durfte. Selbst wenn der Ausschluss rückgängig gemacht würde, hätte sie keine Chance auf Erteilung des Zuschlages, da sie nicht das wirtschaftlichste Angebot für eins der drei Regionallose eingereicht habe.
Unabhängig von der fehlenden Zulässigkeit des Antrages ist er aus Sicht des Auftraggebers auch unbegründet.
Da die Antragstellerin nicht die Bilanzen der letzten drei abgeschlossenen Geschäftsjahre vorgelegt habe, habe er das Angebot ausschließen müssen. Die Forderung der Vorlage dieser Bilanzen sei eine Mindestanforderung gewesen, von der er unter Berücksichtigung des Gleichbehandlungsgrundsatzes nicht nachträglich abweichen durfte.
Auch ist aus Sicht des Auftraggebers eine Prüfung des wirtschaftlich günstigsten Angebotes vorgenommen worden. Er verweist insoweit auf die ausführlichen Anmerkungen im Vergabevermerk. Ferner seien die Angebote der beiden Beigeladenen nicht wegen mangelnder Auskömmlichkeit auszuschließen gewesen. Der Auftraggeber verweist insoweit auf seine umfangreiche Preisprüfung, die er in der Vergabeakte dokumentiert habe.
Hinsichtlich des monatlichen Pauschalpreises beim Regionallos Süd bestätigt der Auftraggeber, dass die Beigeladene zu 2 in der Spalte "Gesamtpreis" nicht den monatlichen Gesamtpreis eingetragen hat, sondern einen Jahrespreis. Er weist aber darauf hin, dass die Beigeladene zu 2 in der Spalte "Einzelpreis" den Einzelpreis pro Monat angegeben habe. Zusammen mit dem Vordersatz (Anzahl), der Leistungsbeschreibung (Gegenstand) und dem Preis pro Monat (Einzelpreis) sei ein eindeutiges und zweifelfreies Angebot vorgelegt worden.
Soweit die Antragstellerin geltend mache, dass der Einsatz von Euro 4-Norm Fahrzeugen zum Auftragsbeginn nicht möglich sei, weist der Auftraggeber darauf hin, dass der Einsatz von Euro 4-Norm Fahrzeugen ein bei den übrigen Wertungskriterien zu wertender Umstand sei. Er habe nicht überprüft, woher der Bieter die entsprechenden Fahrzeuge beschaffen will und wann sie einsatzbereit seien. Er erwarte vielmehr die Ausführung einer vertraglich geschuldeten Leistung und werde diese gegenüber dem späteren Auftragnehmer durchsetzen. ImÜbrigen gebe die Beigeladene zu 2 an, die Leistung mit Neufahrzeugen, die die Euro 4-Norm erfüllen, zu erbringen. Die Antragstellerin dagegen habe lediglich angegeben, sie plane, fehlende Fahrzeuge neu anzuschaffen.
Hinsichtlich der Regionallose Mitte und Nord könne der Antragstellerin ebenfalls nicht gefolgt werden, wenn sie den Ausschluss der Angebote der Beigeladenen zu 1 fordere. Soweit die Antragstellerin geltend mache, dass bei der Beigeladenen zu 1 ein Nachunternehmereinsatz zugelassen würde, der nach den Ausschreibungsunterlagen ausgeschlossen sei, handele es sich um eine Nebenleistung, da die Beigeladene plane, den Nachunternehmer für den Nachtransport verfüllter Behälter außerhalb der Einsammlung einzusetzen. Insoweit umfasse diese Leistung daher lediglich den Transport bereits verfüllter Behälter.
Soweit die Antragstellerin die unterschiedliche Gewichtung des einzusetzenden Personals moniert, weist der Auftraggeber darauf hin, dass die Beigeladene zu 1 zugesichert habe, Abfuhrpersonal einzusetzen, welchesüber entsprechende Erfahrung verfüge. Dabei habe sie die bisherigen Mitarbeiter namentlich genannt und die Betriebszugehörigkeit angegeben.
Hinsichtlich der nicht erfolgten Wertung der Nebenangebote zur Sperrmüllsortierung verweist der Auftraggeber erneut auf die fehlende Erfüllung von Mindestanforderungen, die dazu geführt hätten, dass auch die Nebenangebote nicht gewertet wurden.
Der Bevollmächtigte des Auftraggebers räumt ein, dass er die Beigeladene zu 1 in anderen Nachprüfungsverfahren, auch noch 2004, vertreten hat. Er weist jedoch darauf hin, dass er dies stets auf der Grundlage einzelner, jeweils gesonderter Mandate getan hat. Weder im streitbefangenen Vergabeverfahren selbst noch in diesem Nachprüfungsverfahren habe er die Beigeladene zu 1 beraten oder den Auftraggeber zu Gunsten der Beigeladenen zu 1 beraten.
Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.
Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die Vergabeakte und das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 31.08.2004 Bezug genommen.
II.
Der Nachprüfungsantrag ist zulässig, aber unbegründet. Die Antragstellerin ist nicht im Sinne der§§ 97 Abs. 7, 114 Abs. 1 GWB in ihren Rechten verletzt. Die juristische Begleitung des Vergabeverfahrens auf Seiten des Auftraggebers durch die Rechtsanwaltskanzlei Dr. xxx pp. verstößt nicht gegen die Regelung des § 16 Abs. 1 Nr. 2 VgV. Auch hat der Auftraggeber das Angebot der Antragstellerin zu Recht gem. § 25 Nr. 1 Abs. 2 lit. a VOL/A i.V.m. § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 1 VOL/A von der Angebotswertung ausgeschlossen, weil die Antragstellerin nicht, wie in den Verdingungsunterlagen ausdrücklich gefordert, für alle Mitglieder der Bietergemeinschaft die Bilanzen für die letzten drei abgeschlossenen Geschäftsjahre vorgelegt hat. Da es sich bei dieser Forderung in den Verdingungsunterlagen ausdrücklich um eine Mindestbedingung handelte, deren Nichterfüllung zum zwingenden Ausschluss führen werde, war der Auftraggeber entgegen der Auffassung der Antragstellerin auch weder verpflichtet noch berechtigt, vor Entscheidung über den Angebotsausschluss die fehlende Bilanz im Wege der Angebotsaufklärung nach § 24 VOL/A nachzufordern.
1.
Der Nachprüfungsantrag ist zulässig. Bei dem Auftraggeber handelt es sich um eine Gebietskörperschaft und somit um einen öffentlichen Auftraggeber im Sinne des § 98 Nr. 1 GWB. Der streitbefangene Auftragübersteigt auch den für die Zuständigkeit der Vergabekammer maßgeblichen Schwellenwert gem. § 100 Abs. 1 GWB. Danach gilt der 4. Teil des GWB nur für solche Aufträge, die die Schwellenwerte erreichen oderüberschreiten, die durch Rechtsverordnung nach § 127 GWB festgelegt sind. Bei den ausgeschriebenen Leistungen handelt es sich um einen Dienstleistungsauftrag betreffend die Sammlung und den Transport von Restmüll, Biomüll und Sperrmüll. Bereits unter Zugrundelegung der vom Auftraggeber als preislich niedrigste Angebote ermittelten Angebote der Beigeladenen zu 1 (für die Regionallose Nord und Mitte) und der Beigeladenen zu 2 (für das Regionallos Süd) übersteigt der Auftragswert deutlich den hier gem. § 2 Nr. 3 VgV maßgeblichen Schwellenwert von 200.000,-- EUR. Bereits die Monatskosten für alle drei Lose liegen unter Zugrundelegung der niedrigsten Angebote bei 228.390,-- EUR.
Die Antragstellerin ist auch antragsbefugt gem. § 107 Abs. 2 GWB, da sei als Bieterin ein Interesse am Auftrag hat und eine Verletzung von Rechten durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht, indem sie behauptet, dass der Auftraggeber in vermeintlich vergaberechtswidriger Weise ihr Angebot von der Angebotswertung wegen vermeintlicher Nichterfüllung von Mindestbedingungen ausgeschlossen hat, obwohl sie ihrer Auffassung nach ihrem Angebot sämtliche geforderten Angaben und Belege beigefügt hat. Zumindest aber sei der Auftraggeber verpflichtet gewesen, vor Entscheidung über den Angebotsausschluss vermeintlich fehlende Bilanzen der Mitglieder der Bietergemeinschaft der Antragstellerin nachzufordern. Die Voraussetzungen für eine Selbstbindung des Auftraggebers und eine entsprechende Ermessensreduzierung zu Gunsten eines Angebotsausschlusses lägen nicht vor. Im Übrigen verstoße die juristische Begleitung des Auftraggebers durch die verfahrensbevollmächtigte Anwaltskanzlei auf Grund einer Doppelmandatschaft gegen die Vorschrift des § 16 VgV. Voraussetzung für die Antragsbefugnis nach § 107 Abs. 2 GWB ist, dass das antragstellende Unternehmen einen durch die behauptete Rechtsverletzung entstandenen oder drohenden Schaden darlegt. Das bedeutet, dass der Antragsteller diejenigen Umstände aufzeigen muss, aus denen sich schlüssig die Möglichkeit eines solchen Schadens ergibt. Die diesbezüglichen Anforderungen oder die Darlegungslast dürfen nicht überspannt werden (vgl. Byok/Jaeger, VergabeR, § 107, Rn. 677). Die Antragstellerin hat ein entsprechendes Rechtsschutzbedürfnis dargelegt. Sie hat zumindest schlüssig vorgetragen, dass sie bei Berücksichtigung ihres Angebotes und aus ihrer Sicht vergaberechtskonformer Angebotswertung und insbesondere auch der Nichtberücksichtigung des Angebotes der Beigeladenen zu 1 zumindest eine bessere Chance auf den Zuschlag gehabt hätte. Es ist nicht erforderlich, dass die Antragstellerin auch schlüssig darlegt, dass sie bei vergabekonformem Verhalten des Auftraggebers den Zuschlag auch tatsächlich erhalten hätte (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss v. 13.04.1999, Az.: Verg 1/99, Seite 24). Das tatsächliche Vorliegen der Rechtsverletzung ist vielmehr eine Frage der Begründetheit (vgl. Vergabekammer Südbayern, Beschluss v. 13.12.1999 - 11/99). Der EuGH hat in seinem Urteil vom 19.06.2003 in der Rechtssache C-249/01 (vgl. dortigen amtlichen Leitsatz Nr. 2 und Randnummern 23, 24 ff. der Entscheidungsgründe) zudem ausdrücklich festgestellt, dass es einem Bieter im Rahmen eines Nachprüfungsverfahrens ermöglicht werden muss, die Stichhaltigkeit des Ausschlussgrundes anzuzweifeln. Ein Absprechen dieser Antragsbefugnis kommt daher auch dann nicht in Betracht, wenn die Vergabekammer zu dem Schluss gelangt, dass das Angebot der Antragstellerin zu Recht ausgeschlossen wurde oder auszuschließen ist.
Die Antragsbefugnis der Antragstellerin ist nach Aktenlage lediglich insofern nicht gegeben, soweit die Antragstellerin mit ihrem Antrag zu 1 nicht nur den Ausschluss des Angebotes der Beigeladenen zu 1 beantragt, sondern darüber hinaus konkret beantragt, den Auftraggeber zu verpflichten, den Zuschlag auf das Angebot der Antragstellerin zu erteilen. Nur in sehr seltenen Ausnahmefällen, in denen unzweifelhaft feststeht, dass die Erteilung des Zuschlags an den Antragsteller unter Beachtung aller Wertungs-, Beurteilungs- und Ermessensspielräume die einzige rechtmäßig Maßnahme ist, kann die direkte Anweisung an den Auftraggeber in Betracht kommen, dem Antragsteller den Zuschlag zu erteilen. Dem Auftraggeber stehen in den einzelnen Prüfungsstadien des Vergabeverfahrens mannigfache Wertungs-, Beurteilungs- und Ermessensspielräume zu. Daher sind die Vergabekammer und auch das OLG in aller Regel gehindert, sich an die Stelle des Auftraggebers zu setzen und diesen anzuweisen, dem Antragsteller den Zuschlag zu erteilen (vgl. Jaeger, VergabeR, § 123 GWB, Rn. 851; OLG Düsseldorf, Beschluss v. 10.05.2000, Az.: Verg 5/00).Üblicherweise genügt daher die Verpflichtung zum Wiedereintritt in die Wertung unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer (vgl. VK Lüneburg, Beschluss v. 15.07.2003, Az.: 203-VgK-14/2003). Weder das Vorbringen der Antragstellerin noch die Vergabeakte bieten Anhaltspunkte dafür, dass ausnahmsweise eine direkte Anweisung an den Auftraggeber in Betracht kommt, der Antragstellerin den Zuschlag zu erteilen. Die Antragsformulierung lässt die oben dargelegte grundsätzliche Antragsbefugnis der Antragstellerin imÜbrigen jedoch unberührt. Darüber hinaus ist die Vergabekammer gem. § 114 Abs. 1 Satz 2 GWB bei ihrer Entscheidung nicht an die Anträge der Beteiligten gebunden und kann auch unabhängig davon auf die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens einwirken.
Die Antragstellerin ist auch ihrer Pflicht gem. § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB nachgekommen, vor Anrufung der Vergabekammer die behaupteten Verstöße gegen Vergabevorschriften bereits im Vergabeverfahren selbst gegenüber dem Auftraggeber unverzüglich zu rügen. Mit Schreiben vom 05.07.2004, eingegangen bei der Antragstellerin am 06.07.2004, hat der Auftraggeber der Antragstellerin gem. § 13 VgV mitgeteilt, dass er beabsichtige, den Zuschlag für die Regionallose Nord und Mitte auf das Angebot der Beigeladenen zu 1 und den Zuschlag für das Regionallos Süd auf das Angebot der Beigeladenen zu 2 zu erteilen. Das Angebot der Antragstellerin habe nicht berücksichtigt werden können, da es auf Grund von fehlenden Mindestanforderungen gem. Ziffer 1.14.2 Nr. 1 i.V.m. Ziffer 1.8 der Ausschreibungsunterlagen auszuschließen gewesen sei, weil nicht jedes Mitglied der Bietergemeinschaft der Antragstellerin die Bilanzen der letzten drei abgeschlossenen Geschäftsjahre vorgelegt habe. Dabei begründete der Auftraggeber in seinem Informationsschreiben diese Entscheidung näher unter Hinweis auf die §§ 242, 265 und 266 HGB. Ferner habe die Antragstellerin auch nicht das wirtschaftlichste Angebot abgegeben, da ihre Angebotspreise für alle Lose jeweils höher als die Angebotspreise der Beigeladenen seien. Die Antragstellerin hat daraufhin diese Entscheidung des Auftraggebers bereits mit Anwaltsschriftsatz vom 08.07.2004 ausdrücklich gerügt. Neben dem pauschalen Vorwurf, die Angebote der für den Zuschlag favorisierten Beigeladenen seien nicht auskömmlich, zumindest aber sei die Angemessenheit ihrer Angebotspreise nicht geprüft worden, rügte die Antragstellerin ausdrücklich den Ausschluss ihres Angebotes. Ein Ausschluss, gestützt auf formelle Gründe, sei dem Auftraggeber schon deshalb verwehrt, weil er auch die Angebote der Antragstellerin wirtschaftlich gewertet habe und somit bereits in die 3. Stufe der Wertung eingetreten sei. Im Übrigen habe sie die Bilanzen der letzten drei abgeschlossenen Geschäftsjahre vorgelegt. Da zwischen Eingang des Informationsschreibens bei der Antragstellerin und Absetzung des Rügeschreibens lediglich zwei Tage lagen, erfolgte die Rüge vom 08.07.2004 unverzüglich nach positiver Kenntnisnahme im Sinne des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB. Bei dieser Vorschrift handelt es sich um eine Präklusionsregel unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben. Der Bieter soll Vergabefehler nicht auf Vorrat sammeln. Die Rügepflicht des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB entsteht, sobald ein Bieter oder Bewerber im Vergabeverfahren einen vermeintlichen Fehler erkennt. Vorausgesetzt ist die positive Kenntnis des Anbieters von den Tatsachen. Ausreichend für die positive Kenntnis eines Mangels im Sinne von § 107 Abs. 3 GWB ist bereits das Wissen um einen Sachverhalt, der den Schluss auf die Verletzung vergaberechtlicher Bestimmungen erlaubt und es bei vernünftiger Betrachtung gerechtfertigt erscheinen lässt, das Vergabeverfahren als fehlerhaft zu beanstanden (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss v. 22.08.2002, Az.: Verg 9/02). Unter Zugrundelegung dieses zutreffenden Maßstabes hat die Antragstellerin die Nichtberücksichtigung ihres Angebotes unverzüglich gerügt.
Soweit sich die Antragstellerin im Zuge des Nachprüfungsverfahrens darüber hinaus auch unter Berufung auf § 16 VgV gegen die vermeintliche Doppelmandatschaft des Verfahrensbevollmächtigten des Auftraggebers und die Berücksichtigung des Angebotes der Beigeladenen zu 1 wendet, war eine Rüge entbehrlich, da sie von dem diesbezüglich geltend gemachten Sachverhalt erst auf Grund der im Nachprüfungsverfahren gewährten Akteneinsicht Kenntnis erlangt hat.
2.
Der Nachprüfungsantrag ist jedoch unbegründet. Die Antragstellerin ist nicht im Sinne der §§ 97 Abs. 7, 114 Abs. 1 GWB in ihren Rechten verletzt. Die juristische Begleitung des Vergabeverfahrens durch die verfahrensbevollmächtigte Rechtsanwaltskanzlei ist nicht als vergaberechtswidrige Doppelmandatschaft im Sinne des § 16 Abs. 1 Nr. 2 VgV zu beanstanden (im Folgenden a). Der Auftraggeber hat das Angebot der Antragstellerin zu Recht gem. § 25 Nr: 1 Abs. 2 lit. a VOL/A i.V.m. § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 1 VOL/A von der Angebotswertung ausgeschlossen, weil die zur Bietergemeinschaft der Antragstellerin gehörenden Firmen in ihrem Angebot nicht die nach den Verdingungsunterlagen ausdrücklich als Mindestbedingung geforderten Bilanzen für die letzten drei abgeschlossenen Geschäftsjahre beigefügt hatten (im Folgenden b). Der Auftraggeber war entgegen der Auffassung der Antragstellerin auch nicht gehalten, die Angebote der Beigeladenen zu 1 und der Beigeladenen zu 2 von der Angebotswertung auszuschließen (im Folgenden c).
a)
Die juristische Begleitung des Vergabeverfahrens auf Seiten des Auftraggebers durch die auch in diesem Nachprüfungsverfahren für den Auftraggeber verfahrensbevollmächtigte Rechtsanwaltskanzlei xxx verstößt ungeachtet der Tatsache, dass diese Kanzlei außerhalb des hier streitbefangenen Vergabeverfahrens mehrere Mandate für die Beigeladene zu 1 wahrgenommen hat, nicht gegen das Verbot der Mitwirkung als voreingenommen geltender Personen gem. § 16 Abs. 1 Nr. 2 VgV. Gemäß § 16 Abs. 1 VgV dürfen unter anderem als Beauftragter oder als Mitarbeiter eines Beauftragten eines Auftraggebers bei Entscheidungen in einem Vergabeverfahren für einen Auftraggeber als voreingenommen geltende natürliche Personen nicht mitwirken, soweit sie in diesem Verfahren einen Bieter oder Bewerber beraten oder sonst unterstützen oder als gesetzlicher Vertreter oder nur in dem Vergabeverfahren vertreten. Diese Regelung ist eine Konkretisierung des mit dem vergaberechtlichen Gleichbehandlungsgebot in engem Zusammenhang stehenden Neutralitätsgebot. Der das gesamte Vergaberecht bestimmende Gleichbehandlungsgrundsatz erfordert es sicherzustellen, dass für den Auftraggeber nur Personen tätig werden, deren Interessen weder mit denen eines Bieters noch mit den Interessen eines Beauftragten des Bieters verknüpft sind. Als voreingenommen in diesem Sinne gelten der Bieter und der Bewerber, die ihn in diesem Verfahren vertretenden oder beratenden Personen (§ 16 Abs. 1 Nr. 1 und 2 VgV) sowie deren nähere Verwandte (§ 16 Abs. 2 VgV). Bei diesen Personen wird unwiderleglich vermutet, dass sie voreingenommen sind. Sie können nicht "neutral" sein (vgl. Marx in: Müller-Wrede, VOL/A, § 17 VgV, Rn. 1 ff.). Der Neutralitätsgrundsatz als Ausfluss des Gleichbehandlungsgrundsatzes gem. § 97 Abs. 2 GWB bindet die öffentliche Hand auch dann, wenn es um die Auftragsvergabe in privatrechtlichen Formen geht.
Die Vergabekammer teilt jedoch nicht die Auffassung der Antragstellerin, dass bereits der "Anschein" einer Doppelmandatschaft und damit eines Verstoßes gegen die Vergabebestimmungen zu einer Verletzung des Diskriminierungsverbotes führt. Die Vergabekammer hat in dieser Konsequenz bereits vor In-Kraft-Treten der Vergabeverordnung für den Fall der Besorgnis einer Doppelmandatschaft von an Vergabeverfahren beteiligten natürlichen Personen entschieden, dass sie im Gegensatz etwa zur Entscheidung des OLG Brandenburg (Beschluss v. 03.08.1999 - 6 Verg 1/99 - NVwZ 1999 Seite 1242 ff. - Flughafen BBI) nicht die Auffassung teilt, dass eine Verletzung des Diskriminierungsverbotes bereits vorliegt, wenn lediglich ein "böser Schein" der Parteilichkeit einer am Vergabeverfahren beteiligten natürlichen Person vorliegt. Vielmehr bedürfe es konkreter Umstände, die eine Parteilichkeit besorgen lassen (vgl. VK Lüneburg, Beschluss v. 24.07.2000, Az.: 203-VgK-8/2000; Beschluss v. 27.09.2000, Az.: 203-VgK-10/2000). Auch der Gesetzgeber hat bei der Regelung des Ausschlusses von als voreingenommen geltenden natürlichen Personen gem. § 16 VgV nicht den "bösen Schein" für ausreichend erachtet, sondern er geht vom Erfordernis eines tatsächlichen Interessenkonflikts und einer konkreten Auswirkung der Tätigkeiten der betroffenen Personen auf die Entscheidungen in dem Vergabeverfahren aus.
Unter Zugrundelegung dieses Maßstabs ist die juristische Begleitung des Vergabeverfahrens durch die vom Auftraggeber beauftragte Rechtsanwaltskanzlei, die den Auftraggeber auch in diesem Nachprüfungsverfahren als Verfahrensbevollmächtigte vertritt, vergaberechtlich nicht zu beanstanden. Der Sachverhalt bietet vielmehr keine konkreten Anhaltspunkte für die von der Antragstellerin geltend gemachte Doppelmandatschaft im Sinne des § 16 Abs. 1 Nr. 2 VgV. Unstreitig hat die Rechtsanwaltkanzlei Dr. xxx die Beigeladene zu 1, die nach der Angebotswertung des Auftraggebers den Zuschlag für die Regionallose Nord und Mitte erhalten soll, sowie ein Tochterunternehmen der Beigeladenen zu 1 in mehreren Nachprüfungsverfahren anwaltlich vertreten. Einige dieser Mandate hat die Anwaltskanzlei ebenfalls unstreitig in zeitlicher Überschneidung mit den Vorbereitungen und der Durchführung des hier streitbefangenen Vergabeverfahrens durchgeführt. So hat die Kanzlei die Beigeladene zu 1 unter anderem auch im Jahre 2004 in mehreren vor der VK Lüneburg anhängigen Nachprüfungsverfahren als Verfahrensbevollmächtigte vertreten, zuletzt in den Verfahren 203-VgK-10/2004 (Beschluss v. 26.04.2004), 203-VgK-11/2004 (Beschluss v. 29.04.2004) und 203-VgK-13/2004 (Beschluss v. 14.05.2004). Die Anwaltskanzlei ist jedoch dem Vorhalt der Antragstellerin entgegengetreten, sie sei "Hausanwalt" der Beigeladenen zu 1. Sie werde auch nicht etwa auf der Grundlage eines Rahmenvertrages für die Beigeladene zu 1 tätig. Vielmehr habe es sich stets um Einzelmandate auf der Grundlage von entsprechenden gesonderten und begrenzten Vollmachten gehandelt. Die Beauftragung der Rechtsanwaltskanzlei xxx mit der Begleitung des hier streitbefangenen, konkreten Vergabeverfahrens wäre daher nur dann vergaberechtlich zu beanstanden, wenn die Kanzlei die Beigeladene zu 1 auch in diesem Vergabeverfahren in irgendeiner Weise beraten hätte. Dazu hat die Antragstellerin aber weder substantiiert vorgetragen noch bietet die umfangreiche Dokumentation des Vergabeverfahrens in der der Vergabekammer vorliegenden Vergabeakte irgendeinen konkreten Anhaltspunkt für eine solche Doppelmandatschaft.
Es ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass es für einen Auftraggeber zulässig und häufig unumgänglich ist, sich die notwendigen Kenntnisse für eine ordnungsgemäße Vorbereitung und Durchführung eines Vergabeverfahrens durch die Einschaltung eines fachkundigen Dritten zu verschaffen, sofern die Auftraggeber nicht selbst personell über das notwendige Know-how verfügen (vgl. OLG Celle, Beschluss v. 18.12.2003, Az.: 13 Verg 22/03, m.w.N.). Üblich ist daher in vielen Fällen die Beauftragung eines externen Ingenieurbüros im Rahmen der HOAI, die Hinzuziehung eines Sachverständigen im Sinne des § 6 VOL/A oder aber eben, wie im vorliegenden Fall, die Konsultation einer unter anderem auf Vergaberecht spezialisierten Rechtsanwaltskanzlei. Der Auftraggeber muss lediglich sicherstellen, dass der herangezogene Dritte weder unmittelbar noch mittelbar an der Vergabe beteiligt ist. Es dürfen also im Einzelfall keine Umstände vorliegen, auf Grund derer der Dritte dazu neigen kann, die mit der Vergabe zusammenhängenden Fragen nicht frei von subjektiven Interessen zu betrachten (vgl. OLG Rostock, Beschluss v. 29.09.1999 - 17 W (Verg) 1/99; Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, VergabeR 2002, Seite 649; Daub/Eberstein, VOL/A, 5. Aufl., § 6 Rn. 19; Müller-Wrede, VOL/A, § 6 VOL/A, Rn. 15, m.w.N.). Der Auftraggeber hat sicherzustellen, dass nicht einzelne Angebote bei der Vergabeentscheidung auf Grund eigener wirtschaftlicher Interessen der bei der Vergabe einbezogenen sachkundigen Personen bevorzugt werden. Dafür bietet der vorliegende Sachverhalt indessen keine Anhaltspunkte. Der Wortlaut des § 16 VgV ("... soweit sie in diesem Verfahren ...") lässt sich darüber hinaus nach Auffassung der Vergabekammer nur dahingehend auslegen, dass nur solche Personen als voreingenommen im Sinne dieser Vorschrift gelten können, die in ein und demselben Vergabeverfahren sowohl auf Seiten des Auftraggebers wie auch auf Seiten eines in diesem Vergabeverfahren beteiligten Bieters tätig werden. Diesbezüglichen Mutmaßungen der Antragstellerin ist die vom Auftraggeber verfahrensbevollmächtigte Rechtsanwaltskanzlei nicht nur entschieden entgegengetreten. Der Sachverhalt bietet vielmehr auch keine Anhaltspunkte für eine derartige Doppelmandatschaft. Es verstößt aber weder gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz noch gegen das Diskriminierungsverbot noch gegen das Transparenzgebot nach § 97 Abs. 1 und 2 GWB, § 2 Nr. 2 VOL/A und damit auch nicht gegen § 16 VgV, wenn die Vergabestelle im Vergabeverfahren durch einen Rechtsanwalt vertreten wird, der für einen Bieter in anderen Verfahren Mandate wahrgenommen hat, sofern - wie im vorliegenden Fall - die Wahrnehmung dieser Mandate ohne Einfluss auf die Mitwirkung auf Seiten eines Auftraggebers in einem anderen Verfahren ist (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss v. 24.03.2000, Az.: 2 Verg 2/99). Darüber hinaus bietet die Vergabeakte entgegen der Vermutung der Antragstellerin keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Ausschluss des Angebotes der Antragstellerin auf die Beratung der ihrer Auffassung nach vermeintlich befangenen Rechtsanwaltskanzlei zurückzuführen ist. Vielmehr ist der Auftraggeber selbst, wie im Folgenden auszuführen ist, zu Recht davon ausgegangen, dass das Angebot der Antragstellerin wegen Nichterfüllung von Mindestanforderungen in den Verdingungsunterlagen gem. § 25 Nr. 1 Abs. 2 lit. a VOL/A i.V.m. § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 1 VOL/A von der Angebotswertung auszuschließen war.
b)
Der Auftraggeber hat das Angebot der Antragstellerin zu Recht gem. § 25 Nr. 1 Abs. 2 lit. a VOL/A i.V.m. § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 1 VOL/A von der Angebotswertung ausgeschlossen, weil die Antragstellerin nicht, wie in den Verdingungsunterlagen ausdrücklich gefordert, für alle Mitglieder der Bietergemeinschaft die Bilanzen für die letzten drei abgeschlossenen Geschäftsjahre vorgelegt hat. Gemäß § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A sind bei der Auswahl der Angebote, die für den Zuschlag in Betracht kommen, nur Bieter zu berücksichtigen, die für die Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen die erforderliche Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit besitzen. Zum Nachweis ihrer Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit können gem. § 7 Nr. 4 VOL/A von den Bietern entsprechende Angaben gefordert werden, soweit es durch den Gegenstand des Auftrags gerechtfertigt ist. Grundsätzlich steht dem Auftraggeber bei der Bewertung der Eignung der Bieter ein weiter Ermessensspielraum zu. Dieser engt sich jedoch dann ein, wenn der Auftraggeber selbst dieses weite Ermessen durch Angabe von Mindestvoraussetzungen einschränkt. Er ist dann an die Voraussetzungen gebunden und darf nicht nachträglich von ihnen abweichen (vgl. Vergabekammer Sachsen, Beschluss v. 06.05.2002, Az.: 1/SVK/034-02). Das Setzen von Mindestvoraussetzungen ist ihm grundsätzlich nicht verwehrt (BayObLG, Beschluss v. 20.12.1999, Az.: 8/99, BauR 2000, S. 558, 560). Es ist daher nicht zu beanstanden, wenn der Auftraggeber, wie im vorliegenden Fall, im Rahmen der Eignungsprüfung für die Beurteilung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Bieter maßgeblich auf die Vorlage von aktuellen Bilanzen dieser Unternehmen abstellt.
Gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 2 lit. a VOL/A können Angebote, die nicht die geforderten Angaben und Erklärungen im Sinne des § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 1 VOL/A enthalten, von der Wertung ausgeschlossen werden. Es handelt sich hier somit im Gegensatz zum Katalog der zwingenden Ausschlussgründe gem. § 25 Nr. 1 VOL/A grundsätzlich um einen fakultativen Ausschlussgrund, der die Entscheidung über den Ausschluss in das Ermessen des Auftraggebers stellt. Legt der Auftraggeber allerdings derartige Anforderungen an Angaben und Erklärungen in den Verdingungsunterlagen ausdrücklich als Mindestbedingungen fest, schränkt er seinen Ermessensspielraum bewusst von vornherein ein, sodass es zu einer Ermessensreduzierung auf Null zu Lasten des Angebotes kommen kann, das die entsprechenden Mindestanforderungen nicht erfüllt. Das OLG Celle hat mit Beschluss vom 11.03.2004, Az.: 13 Verg 3/2004, zur Frage der Ermessensreduzierung beim fakultativen Ausschluss eines Angebotes gem. § 25 Nr. 1 Abs. 2 lit. a VOL/A wegen unvollständiger Eignungsnachweise (dort: Referenzen) allerdings betont, dass ein zwingender Angebotsausschluss und eine - zumindest im Bereich der VOL/A - damit verbundene Ermessensreduzierung auf Null nur dann gegeben ist, wenn der Auftraggeber die Folge eines zwangsläufigen Ausschlusses bei Nichterbringung der geforderten Nachweise für die Bieter unmissverständlich in den Verdingungsunterlagen zum Ausdruck gebracht hat. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall jedoch erfüllt. Der Auftraggeber hatte unter Ziffer 1.8 seiner Leistungsbeschreibung (S. 8, 9) die Bieter ausdrücklich auf den Ausschluss von Angeboten von der Wertung hingewiesen und ausdrücklich zwischen nachforderbaren Erklärungen und Mindestanforderungen, die zum zwangsläufigen Angebotsausschluss führen sollten, unterschieden. Dort heißt es auf Seite 9:
"Soweit die Erklärungen in Nr. 2.1 nicht enthalten und die Erklärungen auch nicht innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach Aufforderung durch den Auftraggeber vorliegen, werden die Angebote von der Wertung ausgeschlossen...
Ebenfalls von der Wertung ausgeschlossen werden Angebote, die Nachweise und Bescheinigungen nach Nr. 1.14.2 (Mindestanforderungen) nicht enthalten."
Unter Nr. 1.14 (Bieterangaben) heißt es auf Seite 14:
"Die unter Nr. 1.14.2 genannten Bieterangaben sind Mindestanforderungen, die zwingend mit dem Angebot vorzulegen sind." (Hervorhebung durch die Vergabekammer)
Unter Ziffer 1.14.2, der überschrieben ist mit "Nachweise zur Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit als Mindestanforderungen" heißt es:
"1. Bilanzen der letzten drei abgeschlossenen Geschäftsjahre des Bieters."
Der Auftraggeber hat auf Nachfrage in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass er diese Nachweise von den Bietern in den Verdingungsunterlagen als Mindestanforderungen im vollen Bewusstsein aufgenommen hat, dass insoweit das Ermessen des Auftraggebers selbst beschränkt bzw. auf Null reduziert wird. Er hat ferner darauf hingewiesen, dass es ihm nicht unbedingt darauf angekommen sei, tatsächlich auch eine Bilanz des Geschäftsjahres 2003 zwingend vorgelegt zu bekommen. Vielmehr sollte es sich ausdrücklich um die Bilanzen der letzten drei vom jeweiligen Bieter bereits abgeschlossenen Geschäftsjahre handeln, d. h. es wäre dem Bieter durchaus möglich gewesen, falls er das Geschäftsjahr 2003 noch nicht abgeschlossen hatte, dafür die Bilanzen der Geschäftsjahre 2000, 2001 und 2002 vorzulegen. Diese Mindestanforderung hat die Antragstellerin ausweislich des in der Vergabeakte enthaltenen Angebotes jedoch nicht erfüllt. Sie hätte für jedes zur Bietergemeinschaft der Antragstellerin gehörende Unternehmen je drei Bilanzen für je drei aufeinander folgende Geschäftsjahre vorlegen müssen. Die Antragstellerin hat vielmehr für die zur Bietergemeinschaft gehörende xxx GmbH lediglich die Bilanz zum 31.12.2001 und die Bilanz zum 31.12.2002 vorgelegt. Für die zur Bietergemeinschaft gehörende xxx GmbH & Co. KG hat sie lediglich die Bilanz zum 31.12.2002 und die Bilanz zum 31.12.2003 und damit ebenfalls lediglich zwei Bilanzen vorgelegt. Die jeweils fehlende dritte Bilanz wird entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht dadurch ersetzt, dass in der Bilanz 2001 der Firma xxx auch die Vorjahreszahlen für 2000 angegeben sind und in der Bilanz 2002 für die Firma xxx die Vorjahreszahlen zum 31.12.2001. Die Angaben der entsprechenden Vorjahreszahlen des Vorjahres sind vielmehr zwingender Bestandteil einer vollständigen Bilanz. Zu Recht weist der Auftraggeber darauf hin, dass eine komplette Bilanz die Aktiva, Passiva und die jeweiligen Vorjahresdaten ausweisen muss. Darauf musste der Auftraggeber die Antragstellerin entgegen ihrer Auffassung nicht etwa in den Verdingungsunterlagen hinweisen, dieser Mindestgehalt folgt vielmehr unmittelbar aus § 265 Abs. 2 Satz 1 HGB. Dort ist geregelt:
"In der Bilanz sowie in der Gewinn- und Verlustrechnung ist zu jedem Posten der entsprechende Betrag des vorhergehenden Geschäftsjahres anzugeben."
Die Antragstellerin hat damit bereits für zwei der drei zur Bietergemeinschaft gehörenden Firmen die Mindestanforderung hinsichtlich der zwingend mit dem Angebot vorzulegenden Bilanzen der letzten drei abgeschlossenen Geschäftsjahre nicht erfüllt. Für die dritte zur Bietergemeinschaft der Antragstellerin gehörenden Firma, der xxx GmbH, wurden zwar drei Bilanzen, nämlich für die Geschäftsjahre 2001, 2002 und 2003 vorgelegt. Auch diese Bilanzen entsprechen jedoch nicht den Vorgaben des § 265 Abs. 2 Satz 1 HGB, da diese Bilanzen nicht die Beträge des vorhergehenden Geschäftsjahres enthalten.
Auf Grund der Nichterfüllung der ausdrücklich im Sinne der oben zitierten Rechtsprechung als Mindestanforderung formulierten Nachweispflichten hat sich das dem Auftraggeber grundsätzlich nach § 25 Nr. 1 Abs. 2 lit. a VOL/A eingeräumte vergaberechtliche Ermessen, ob er bei Nichtvorlage der geforderten Abgaben und Erklärungen ein Angebot ausschließt, durch Selbstbindung des Auftraggebers in den Verdingungsunterlagen auf Null reduziert. Der Auftraggeber ist daher zu Recht davon ausgegangen, dass er das Angebot der Antragstellerin ausschließen muss. Er war entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht befugt, die fehlenden Bilanzen etwa im Wege einer Aufklärungsverhandlung nach § 24 Nr. 1 Abs. 1 VOL/A nachzufordern. Aus den Formulierungen der Verdingungsunterlagen ergab sich für die Bieter vielmehr unmissverständlich, dass dann, wenn ausdrücklich als Mindestanforderungen bezeichnete Nachweise zur Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit nicht mit dem Angebot vorgelegt werden würden, dies den automatischen Angebotsausschluss zur Folge haben würde.
c)
Auch im Übrigen ist die Antragstellerin nicht in ihren Rechten verletzt. Insbesondere hat der Auftraggeber entgegen der Auffassung der Antragstellerin durch die Berücksichtigung des Angebotes der Beigeladenen zu 1 nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz gem. § 97 Abs. 2 GWB verstoßen. Der Auftraggeber war vielmehr weder gehalten noch berechtigt, das Angebot der Beigeladenen zu 1 gem. § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. d oder § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. d oder § 25 Nr. 1 Abs. 2 lit. a VOL/A wegen Abweichens von zwingenden Bedingungen der Verdingungsunterlagen von der Wertung auszuschließen. Die Beigeladene zu 1 hat vielmehr die Bedingungen der Verdingungsunterlagen mit ihrem Angebot vorbehaltlos und rechtswirksam anerkannt. Die ihrem Angebot vom 12.06.2004 unter "Register 3", Nr. 10 beigefügte Nachunternehmererklärung beinhaltet keinerlei Abänderung von Festlegungen der Verdingungsunterlagen im Sinne des § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. d VOL/A i.V.m. § 21 Nr. 1 Abs. 3 VOL/A. Dort hatte die Antragstellerin unter Hinweis auf Nr. 1.13.5 der Verdingungsunterlagen (Unterauftragnehmer, Nachunternehmer) erklärt:
"Unter der Voraussetzung, dass der Landkreis xxx als Auftraggeber den Nachtransport verfüllter Behälter als Nebenleistung zur Vergabe an Nachunternehmer zulässt, ist vorgesehen, die Firma xxx für solche Containertransporte außerhalb der Einsammlung von Hausmüll, Biomüll und Sperrmüll einzusetzen."
Unter Nr. 1.13.5 (S. 11) der Leistungsbeschreibung hatte der Auftraggeber festgelegt, dass der Bieter die angebotenen Leistungen zur Sammlung und zum Transport von Rest-, Bio- und Sperrmüll grundsätzlich im eigenen Betrieb und mit eigenem Personal und Gerät auszuführen hat. Die Weitergabe von Nebenleistungen an Nachunternehmer bedürfe der vorherigen, schriftlichen Zustimmung durch den Auftraggeber. Ein Anspruch auf Zustimmung bestehe nicht. In einem Bieterrundschreiben vom 01.06.2004 hatte der Auftraggeber unter IV (S. 7, 9) diese Festlegung gem. Nr. 1.13.5 der Leistungsbeschreibung dahingehend erläutert, dass der Auftragnehmer die Leistungen des Auftrages grundsätzlich im eigenen Betrieb ausführen solle, nur für Nebenleistungen dürften Nachunternehmer beauftragt werden. Der Auftraggeber wolle mit dieser Anordnung erreichen, dass der Auftragnehmer die Kernbereiche der Entsorgungsleistung, wie z.B. die Abfuhrleistung der MGB 40-240-Behälter, selbst erbringt. Nur für Nebenleistungen wie z.B. die Verteilung des Abfuhrkalenders dürften Nachunternehmer eingesetzt werden. Hauptleistung sei daher die Abfuhrleistung an sich, Nebenleistungen sämtliche Leistungen, die gegenüber der Abfuhrleistung nur eine untergeordnete Rolle spielen. Beabsichtige der Bieter, Nebenleistungen von Nachunternehmen ausführen zu lassen, dann gelte Ziffer 1.13.5 Abs. 3. Er müsse also Art und Umfang der beabsichtigten, durch Nachunternehmer auszuführenden Leistung angeben. Es kann dahingestellt bleiben, ob es sich bei den im Angebot der Beigeladenen zu 1 angesprochenen Nachtransporten, also den Transport der verfüllten Sammelbehälter vom Sammelplatz zur Entsorgungsanlage, um eine Hauptleistungspflicht, oder aber, wie der Auftraggeber und die Beigeladene zu 1 vorgetragen haben, lediglich um eine Nebenleistungspflicht handelt. Die Beigeladene zu 1 hat den diesbezüglichen Nachunternehmereinsatz nach ihrem Angebot ausdrücklich nur unter der Voraussetzung vorgesehen, dass der Auftraggeber diesen ebenfalls als Nebenleistung einstuft und zulässt. Eine von den Festlegungen der Verdingungsunterlagen abweichende Bedingung, sie werde die mit anzubietenden Nachtransporte nur über einen Nachunternehmer anbieten, ist damit nicht verbunden. Vielmehr durfte und darf der Unternehmer angesichts dieser eindeutigen Formulierung davon ausgehen, dass die Beigeladene zu 1 diese Leistung im eigenen Betrieb erbringen wird, wenn der Auftraggeber den Nachtransport nicht als Nebenleistung einstuft und deshalb einer Untervergabe nicht zustimmt.
Der Auftraggeber ist auch nicht gehalten, das Angebot der Beigeladenen zu 2 wegen fehlender Preisangaben auszuschließen. Nach den Verdingungsunterlagen und nach den Erläuterungen des Auftraggebers im Bieterrundschreiben vom 08.06.2004 war auch für die Sperrmüllabfuhr ein monatlicher Pauschalpreis anzugeben. Diesen Monatspreis hatte die Beigeladene zu 2 nicht, wie vorgesehen, in der Spalte "Gesamtpreis" eingetragen, sondern stattdessen in der für diese Position gesperrten Spalte "Einzelpreis". In der Spalte "Gesamtpreis" hatte die Beigeladene zu 2 dagegen überflüssigerweise die exakt zwölffache Summe und damit den Jahrespreis angegeben, obwohl danach nicht gefragt war. Dies hat der Auftraggeber selbst ausweislich seines Vergabevermerks (Seite 55 = Blatt 734 der Vergabeakte) festgestellt und bewertet. Dort heißt es unter Ziffer 6:
"Firma xxx (Beigeladene zu 2): Bei der Ermittlung des Gesamtpreises aus dem Vordersatz und dem Einheitspreis wurde für das angebotene Regionallos Süd bei allen Positionen falsch gerechnet. Die korrekten Ergebnisse wurden errechnet und in Grün in die Angebotsblätter eingetragen. Die korrekt ermittelten Rechenergebnisse sind jeweils exakt 1/12 der von der Bieterin eingetragenen Summen. Bei Pos. 7 wurde, obwohl die Spalte "Einzelpreis" gesperrt war, ein Pauschalpreis pro Monat angegeben. In der Spalte "Gesamtpreis" ist exakt das Zwölffache des Einzelpreises pro Monat angegeben. Die Bieterin hat somit offensichtlich und eindeutig generell in der Spalte "Gesamtpreis" nicht wie gefordert den Preis pro Monat, sondern den Preis pro Jahr angegeben."
Gemäß § 21 Nr. 1 Abs. 1 VOL/A müssen die Angebote der Bieter die Preise enthalten. Gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. a VOL/A müssen Angebote ausgeschlossen werden, für deren Wertung wesentliche Preisangaben fehlen. Hiermit wird eine gewisse Bagatellschwelle aufgestellt, die in Vermeidung einesübertriebenen Formalismus den Anwendungsbereich der harten Sanktion eines zwingenden Angebotsausschlusses schmälern soll und die Wesentlichkeit für die Angebotswertung zum höchsten Prinzip erhebt (vgl. Noch in: Müller-Wrede, VOL/A, 1. Aufl., § 25, Rn. 14, 16, m.w.N.). Das Merkmal der Wesentlichkeit kann erfüllt sein, wenn z.B. die Angabe der Einheitspreise völlig fehlt und es hierauf im Rahmen der vergleichenden Wertung in erheblichem Maße ankommt. Das Fehlen von einzelnen Zwischensummen führt in der Regel dagegen nicht dazu, dass das Angebot ausgeschlossen werden muss. Maßstab für das Merkmal der Wesentlichkeit ist, ob die Preise und damit das gesamte Angebot nachvollziehbar sind. Ist es nachvollziehbar und kann eine vergleichende Wertung mit anderen Angeboten stattfinden, so wäre ein Ausschluss unstatthaft (vgl. Noch, a.a.O., Rn. 15; OLG Celle, Beschluss v. 18.12.2003, Az.: 13 Verg 22/03). Die Vergabekammer teilt die Auffassung der Vergabekammer Sachsen (vgl. Beschluss v. 10.08.2001, Az.: 1/SVK/74-01), dass ein Angebot dann nicht zwingend als unvollständig ausgeschlossen werden muss, wenn der fehlende Betrag in der Zwischen- und Endsumme des Angebotes enthalten ist und auch sonst keine Möglichkeiten für Manipulationen des Bieters bestehen. Im vorliegenden Fall fehlt der geforderte Einheitspreis in Form des monatlichen Pauschalpreises nicht einmal, er wurde vielmehr lediglich in einer falschen Zeile eingetragen und ergibt sich für alle Positionen ohne weiteres rechnerisch aus dem eingetragenen Jahrespreis. Das Angebot der Beigeladenen zu 2 ist daher trotz dieses Fehlers und trotz der an sich überflüssigen Angabe des Jahrespreises eindeutig und bietet keinen Ansatzpunkt für Manipulationen des Bieters. Der Auftraggeber konnte bei der rechnerischen Prüfung gem. § 23 Nr. 2 VOL/A - wie geschehen - den geforderten Monatspreis ohne weiteres aus den Eintragungen des Bieters im Angebot selbst rechnerisch ermitteln. Er ist diesbezüglich nicht etwa in Nachverhandlungen mit der Beigeladenen zu 2 eingetreten, was gem. § 24 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A auch vergaberechtswidrig gewesen wäre. Vor diesem Hintergrund liegen die Voraussetzungen für einen zwingenden Ausschluss des Angebotes der Beigeladenen zu 2 gem. § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. a VOL/A nicht vor.
Der Auftraggeber hat die Angebote der Beigeladenen anhand der bekannt gemachten Zuschlagskriterien Preis (80%), technischer Wert (10%) und Betriebserfahrung (10%) ermittelt und Wertung und Ergebnis in allen Wertungsstufen in einem den Anforderungen des § 30 VOL/A genügenden Vergabevermerk transparent dokumentiert. Einem Zuschlag auf die Angebote der Beigeladenen stehen insbesondere auch keine unangemessen niedrigen Preise i.S.d. § 95 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A entgegen. Entgegen der Vermutung der Antragstellerin hat der Auftraggeber das Angebot der Beigeladenen zu 1 für das Regionallos Mitte und das Angebot der Beigeladenen zu 2 für das Regionallos Süd einer ausführlichen Angemessenheitsprüfung gemäß § 25 Nr. 2 Abs. 2 VOL/A unterzogen, weil der Preisabstand zwischen Mindestbieter und dem jeweils nächsten Bieter in beiden Fällen mehr als 10 % betrug (§ 5 Abs. 1 LandesvergabeG). DieseÜberprüfung hat der Auftraggeber nachvollziehbar in einem gesonderten 12-seitigen Vermerk dokumentiert, der dem Vergabevermerk als Anlage 2 (Bl. 766 ff. d. Vergabeakte) beigefügt ist. Er hat sich dabei im Rahmen des ihm durch § 25 Nr. 2 Abs. 2 VOL/A eingeräumten Ermessens gehalten, als er die Preise im Ergebnis zwar als knapp, aber dennoch auskömmlich bewertet hat.
Auch im Übrigen ist das Vergabeverfahren nicht zu beanstanden. Der Nachprüfungsantrag war daher als unbegründet zurückzuweisen.
III. Kosten
Die Kostenentscheidung folgt aus § 128 GWB. Nach Art. 7 Nr. 5 des 9. Euro - Einführungs-
gesetzes (BGBl. 58/2001 vom 14.11.2001, S. 2992 ff.) vom 10.11.2001 werden die DM-Angaben in § 128 GWB für die von der Vergabekammer festzusetzende Gebühr durch Angaben in Euro im Verhältnis 1 : 2 ersetzt, sodass die regelmäßige Mindestgebühr nunmehr 2.500 Euro, die Höchstgebühr 25.000 Euro bzw., in Ausnahmefällen, 50.000 Euro beträgt.
Es wird eine Gebühr in Höhe von 11.390,-- EUR gemäß § 128 Abs. 2 GWB festgesetzt.
Der zu Grunde zu legende Auftragswert beträgt nach dem Ergebnis der streitbefangenen Ausschreibung 27.862.039,68 EUR. Dieser Betrag entspricht den Kosten nach dem Angebot der Antragstellerin für alle drei Regionallose über die gesamte ausgeschriebene Vertragslaufzeit 01.01.2005 bis 31.12.2012 auf der Grundlage der vom Auftraggeber ermittelten Angebotsendsummen mit wertbaren Nachlässen (290.229,38 EUR/Monat X 12 Monate X 8 Jahre; Bl. 738 d. Vergabeakte) und damit ihrem Interesse am Auftrag.
Die Gebührenermittlung erfolgt anhand einer Gebührentabelle des Bundeskartellamtes vom 09.02.1999 in der z. Zt. gültigen Fassung vom 01.01.2003. Hiernach wird der Mindestgebühr von 2.500,-- EUR (§ 128 (2) GWB) eine Ausschreibungssumme von bis zu 80.000,-- EUR zugeordnet und dem regelmäßigen Höchstwert von 25.000,-- EUR (§ 128 (2) GWB) eine Ausschreibungssumme von 70 Mio. EUR (höchste Summe der Nachprüfungsfälle 1996 -1998) gegenübergestellt. Bei einer Ausschreibungssumme von 27.862.039,68 EUR ergibt sich eine Gebühr von 11.390,-- EUR.
Diese Gebühr schließt einen durchschnittlichen sachlichen und personellen Aufwand ein. Gutachterkosten oder Kosten durch Zeugenvernehmung in der mündlichen Verhandlung sind nicht angefallen.
Die im Tenor verfügte Kostentragungspflicht ergibt sich daraus, dass die Antragstellerin im Nachprüfungsverfahren i.S.d. § 128 Abs. 3 Satz 1 GWB im vollen Umfang unterlegen ist.
Die Erstattungspflicht bezüglich der Kosten des Auftraggebers, die diesem zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstanden sind, folgt aus § 128 Abs. 4 GWB i.V.m. § 80 VwVfG. Danach war festzustellen, dass die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes durch den Auftraggeber im konkreten Verfahren erforderlich war. Auch wenn man von öffentlichen Auftraggebern grundsätzlich verlangen darf, dass sie über das notwendige personelle Know-how bezüglich der für eine Ausschreibung erforderlichen Rechtsgrundlagen, insbesondere der VOL/A und der VOB/A verfügen, bedurfte der Auftraggeber für eine angemessene Reaktion in der auch für einen erfahrenen öffentlichen Auftraggeber ungewohnten Situation eines vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahrens besonderen rechtskundigen Beistandes.
Nach den zu § 80 VwVfG geltenden Grundsätzen ist die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes dann notwendig, wenn sie vom Standpunkt eines verständigen Beteiligten für erforderlich gehalten werden durfte (BVerwGE 55, 299, 306). Dies ist nach der herrschenden Lehre nicht nur in schwierigen und umfangreichen Verfahren zu bejahen, sondern entspricht der Regel (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 7. Aufl., § 80, Rdn. 45; Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 5. Aufl., § 80, Rdn. 81). Dieser Grundsatz soll allerdings nur im Verhältnis des Bürgers zum Staat gelten. Zu Gunsten der Ausgangsbehörde im Verwaltungsverfahren wird demgegenüber die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten nur in besonders gelagerten Einzelfällen angenommen, da die Ausgangsbehörde in der Regel mit eigenem Fachpersonal so gut ausgestattet sein muss, dass sie ihre Verwaltungstätigkeit, zu der auch die Mitwirkung im Vorverfahren (Widerspruchsverfahren) gehört, ohne fremde Unterstützung ausführen kann. Diese für die Situation der Ausgangsbehörde in einem Widerspruchsverfahren zutreffende Auffassung kann jedoch nicht auf das vergaberechtliche Nachprüfungsverfahrenübertragen werden. Schon beim materiellen Vergaberecht handelt es sich um eine überdurchschnittlich komplizierte Materie, die nicht nur in kurzer Zeit zahlreiche Veränderungen und Neuregelungen erfahren hat, sondern auch durch komplexe gemeinschaftsrechtliche Fragen überlagert ist. Entscheidend aber ist, dass das Nachprüfungsverfahren gerichtsähnlich ausgebildet ist, die Beteiligten also auch prozessuale Kenntnisse haben müssen, um ihre Rechte umfassend zu wahren. Deshalb ist im vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren die nach § 80 VwVfG gebotene Rechtspraxis zur Erstattung der Rechtsanwaltskosten nicht übertragbar (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09.11.2001, Az.: Verg 1/01; OLG Stuttgart, Beschluss v. 19.07.2000, 2 Verg 4/00, NZBau 11/2000, S. 543 ff.). Denn durch seinen Charakter als gerichtsähnlich ausgestaltetes Verfahren unterscheidet sich das Vergabenachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer eben grundlegend von dem Widerspruchsverfahren nach der VwGO.
Die Antragstellerin wird aufgefordert, den Betrag von 11.390,-- EUR unter Angabe des Kassenzeichens xxx zu überweisen
Schulte,
Weyer