Vergabekammer Lüneburg
Beschl. v. 18.11.2004, Az.: 203-VgK-49/2004
Anforderungen an die Dokumentation des Vergabeverfahrens und der darin getroffenen Entscheidungen; Voraussetzungen für einen dem Transparenzgebot genügenden Vergabevermerk über die Auswertung und Bewertung von Angeboten und die dazu geführten Verhandlungsgespräche; Umfang und Inhalt des Transparenzgebots des § 97 Abs. 1 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB); Sinn und Zweck des Transparenzgebotes im Vergabeverfaren; Maßgebliche Kriterien für die Bestimmung des Auftragswertes im Sinne des § 2 Nr. 3 Vergabeverordnung (VgV); Voraussetzungen für die Unverzüglichkeit der Rüge von Vergaberechtsverstößen nach § 107 Abs. 3 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB)
Bibliographie
- Gericht
- VK Lüneburg
- Datum
- 18.11.2004
- Aktenzeichen
- 203-VgK-49/2004
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2004, 33635
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 97 Abs. 1 GWB
- § 18 VOF
- § 98 Nr. 2 GWB
- § 100 Abs. 1 GWB
- § 127 GWB
- § 1 VOF
- § 2 Nr. 3 VgV
- § 3 Abs. 10 VgV
- § 4 Abs. 1 VOF
- § 107 Abs. 2 GWB
- § 107 Abs. 3 GWB
- § 10 VOF
- § 13 Abs. 3 VOF
Verfahrensgegenstand
VOF-Verfahren zur Vergabe der Dienstleistungen von Architektur- und Ingenieurbüros sowie Planungsleistungen für die Erweiterung des ...-Hallenbades in ... um eine Sauna
Das Nachprüfungsverfahren betraf die Vergabe von Dienstleistungen an Architektur- und Ingenieurbüros sowie planungsbezogene Leistungen für die Erweiterungen eines Hallenbades um eine Sauna. Die Vergabekammer nahm hier einen Verstoß gegen das Transparenzgebot gemäß § 97 Abs. 1 GWB (Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen) an. Die Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes war von der Auftraggeberin nicht in einer dem Transparenzgebot genügenden Weise dokumentiert worden, da nach den Feststellungen der Kammer die Vergabeakte keinen den Anforderungen des § 18 VOF (Verdingungsordnung für freiberufliche Leistungen) entsprechenden Vergabevermerk über die Auswertung und Bewertung der Angebote der Bewerber enthält, die die Auftraggeberin aus dem Bieterkreis für Verhandlungsgespräche ausgewählt hat. Während die Auswertung des Teilnahmewettbewerbs, das Ergebnis des Präqualifikationsverfahrens und damit die Reduzierung des Bewerberkreises auf die fünf zu einem ersten Verhandlungsgespräch aufgeforderten Bewerber nachvollziehbar in der Vergabeakte dokumentiert waren, war die Punktevergabe bei der Bewertung dieser Verhandlungsgespräche auf Grundlage der gesonderten Bewertungsmatrix in der Vergabeakte überhaupt nicht näher erläutert. Der Transparenzgrundsatz umfasse jedoch nicht nur die vergaberechtlichen Vorgaben bezüglich der Bekanntmachungspflichten der öffentlichen Auftraggeber hinsichtlich ihrer Vorhaben und ihrer Bedingungen und der nachgefragten Leistungen, sondern auch die vergaberechtlichen Vorschriften, die in erster Linie der Ex-Post-Transparenz dienen, wie z.B. § 18 VOF, § 30 VOB/A (Allgemeine Bestimmungen für die Vergabe von Bauleistungen) und § 30 VOL/A (Allgemeine Bestimmungen für die Vergabe von Leistungen). Diese Vorschriften seien dahingehend auszulegen, dass das Vergabeverfahren und alle wesentlichen Entscheidungen laufend und in nachvollziehbarer Weise zu dokumentieren sind. Eine diesen Anforderungen entsprechende Dokumentation finde sich in der Vergabeakte jedoch nicht.
In dem Nachprüfungsverfahren
hat die Vergabekammer bei der Bezirksregierung Lüneburg
durch
den Vorsitzenden RD Gause,
die hauptamtliche Beisitzerin BOAR'in Schulte und
den ehrenamtlichen Beisitzer Dipl.-Ök. Brinkmann
mit Zustimmung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung
beschlossen:
Tenor:
- 1.
Es wird festgestellt, dass die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt ist. Die Auftraggeberin wird verpflichtet, erneut in die Bewertung der Angebote einzutreten, diese auf der Grundlage der bereits durchgeführten Verhandlungsgespräche vom 04.10.2004 und unter Berücksichtigung der aus den Entscheidungsgründen ersichtlichen Auffassung der Vergabekammer erneut durchzuführen und Wertung und Ergebnis in einem den Anforderungen des § 18 VOF genügenden Vergabevermerk festzuhalten. Dabei ist insbesondere die Punktevergabe anhand der der Wertung der schriftlichen Angebote und zugrunde gelegten Matrix und damit auch das Ergebnis der Angebotswertung zu begründen und zu dokumentieren.
Im Übrigen wird der Nachprüfungsantrag zurückgewiesen.
- 2.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Auftraggeberin zu 2/3 und die Antragstellerin zu 1/3.
- 3.
Die Kosten werden auf 2.500,-- EUR festgesetzt.
- 4.
Die Auftraggeberin hat der Antragstellerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen zu 2/3 zu erstatten. Die Antragstellerin hat der Auftraggeberin und der Beigeladenen die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen zu 1/3 zu erstatten. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts war für alle drei Beteiligten notwendig.
Begründung
I.
Die Auftraggeberin hat mit Vergabebekanntmachung vom 31.07.2004 die Vergabe von Dienstleistungen von Architektur- und Ingenieurbüros sowie planungsbezogene Leistungen für die Erweiterung eines Hallenbades um eine Sauna europaweit im Verhandlungsverfahren nach vorheriger Vergabebekanntmachung gemäß VOF ausgeschrieben. Den Bietern wurde mitgeteilt, dass die gesamten Baukosten für den Neubau der Sauna auf 1.700.000,-- EUR begrenzt sind. Nebenangebote und Alternativvorschläge sollten berücksichtigt werden. Bietergemeinschaften wurden zugelassen. Zum Nachweis der wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit wurden die Bieter auf die Nachweise nach § 12 Abs. 1 lit. a - c VOF sowie eine steuerliche Unbedenklichkeitsbescheinigung verwiesen. Zum Nachweis der technischen Leistungsfähigkeit wurde auf die Nachweise gem. § 13 Abs. 2 lit. b - d VOF verwiesen und Nachweise über Erfahrungen im Sauna-Badebetrieb (Referenzobjekte) verlangt.
Ferner wurden in der Vergabebekanntmachung nachfolgende Zuschlagskriterien in der Reihenfolge ihrer Priorität benannt. Danach sollte der Zuschlag erteilt werden auf das wirtschaftlich günstigste Angebot bezüglich der nachstehenden Kriterien:
- 1.
Erfahrung im Bau von Sauna-Badebetrieben von Kommunen bis 25.000 Einwohner;
- 2.
Erfahrung in der betriebswirtschaftlichen Optimierung von Sauna-Landschaften in Kombination mit Schwimmbädern;
- 3.
Honorarermittlung im Rahmen der HOAI;
- 4.
Gesamteindruck der Präsentation.
Eine Bewertungsmatrix oder die konkrete Gewichtung der Zuschlagskriterien wurde den Bietern nicht mitgeteilt. Schlusstermin für den Eingang der Teilnahmeanträge war der 07.09.2004. Die Auftraggeberin erklärte in der Bekanntmachung, dass mindestens drei Unternehmen zur Angebotsabgabe aufgefordert werden sollen. Mit der fachlichen Vorbereitung und Begleitung der Ausschreibung hatte die Auftraggeberin die ..., ... und Partner ... gesellschaft mbH, und den Architekten ..., ..., beauftragt. Letzterer wurde den Bietern in der Vergabebekanntmachung auch als Ansprechpartner für nähere Auskünfte benannt. Auf die Vergabebekanntmachung bewarben sich fristgemäß 17 Planungsbüros für die Teilnahme am Verhandlungsverfahren, darunter die Antragstellerin und die Beigeladene. Die Auswertung des Teilnahmewettbewerbs ist in einem detaillierten, 14-seitigen Vermerk der Auftraggeberin vom 27.09.2004 dokumentiert. Als Anlagen I und II beigefügt sind zwei Matrices, von denen die erste die Vollständigkeitsprüfung, insbesondere die Prüfung der Beibringung der Eignungsnachweise, dokumentiert. Bei der Anlage II handelt es sich um eine Auswahlmatrix zur Auswahl der nicht zu Verhandlungen einzuladenden Bewerber aus dem Kreis qualifizierter Bewerber, in der für 12 Bewerber die fachliche Qualifikation hinsichtlich der Erfahrungen bei den Objekten Sauna, Kombination von Sauna- und Badebetrieben und Sauna- und Schwimmbadbau in Kommunen bis 25.000 Einwohner mit Punkten bewertet wurden. Allen drei Objekten hatte die Auftraggeberin ein gleichmäßiges Gewicht von 20 von 60 erreichbaren Punkten (33 %) zugemessen. Die Beigeladene erzielte 60 Punkte, die Antragstellerin 45 Punkte. Als Ergebnis des Präqualifikationsverfahrens forderte die Auftraggeberin fünf Bewerber, darunter die Antragstellerin und die Beigeladene, zu Verhandlungen nach § 10 VOF auf. Die Verhandlungsgespräche mit den fünf Bewerbern fanden am 04.10.2004 im Hause der Auftraggeberin statt. Inhalt und Verlauf der Verhandlungsgespräche sind für jeden Bewerber getrennt in entsprechenden Vermerken vom gleichen Tage in der Vergabeakte dokumentiert. Aus einem ebenfalls in der Vergabeakte enthaltenen Vermerk vom 05.10.2004, unterschrieben vom Geschäftsführer der Auftraggeberin über die Bewertung und Empfehlung an die Vergabestelle geht hervor, dass unter Hinweis auf eine anliegende Bewertungsmatrix empfohlen wurde, die Beigeladene und einen weiteren, an diesem Nachprüfungsverfahren nicht beteiligten Bewerber zu einem zweiten Verhandlungsgespräch am 06.10.2004 einzuladen. Anwesend bei dieser Bewertung waren der Aufsichtsratsvorsitzende, der stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende, ein Mitglied des Aufsichtsrates und der Geschäftsführer der Auftraggeberin sowie die mit der Begleitung des Vergabeverfahrens beauftragte ...gesellschaft und der ebenfalls beauftragte Architekt. Die anliegende Bewertungsmatrix gibt die Gewichtung der Zuschlagskriterien sowie die von den zunächst fünf für die Verhandlungen ausgewählten Bewerber erreichten Punkte wieder. Die Beigeladene erzielte, ebenso wie der zweite, für das zweite Verhandlungsgespräch ausgewählte Bewerber mit 76 von 100 erreichbaren Punkten die höchste Punktzahl, während die Antragstellerin mit 55 Punkten auf Platz 4 rangierte. Das höchste Gewicht wurde dem Kriterium "Erfahrung in der betriebswirtschaftlichen Optimierung von Sauna-Landschaften in Kombination mit Schwimmbädern" in Höhe von 24 % zugemessen. Zu diesem Kriterium erhielten alle fünf Bewerber die gleiche Punktzahl 10. Mit dem geringsten Gewicht wurde das Zuschlagskriterium "Präsentation" gewichtet, das mit 10 % in die Gesamtwertung mit einfloss. Dort erzielte die Beigeladene 8 Punkte, die Antragstellerin lediglich 1 Punkt. Auch bei den übrigen Zuschlagskriterien erzielte die Antragstellerin weniger Punkte als die Beigeladene, mit Ausnahme des Kriteriums Honorarermittlung im Rahmen der HOAI, wo die Antragstellerin 12 Punkte erzielte, während die Beigeladene lediglich 10 Punkte erhielt.
Ausweislich eines in der Vergabeakte enthaltenen Auszuges aus dem Protokoll der Sitzung des Aufsichtsrates der Auftraggeberin vom 06.10.2004 stellten die Beigeladene und der zweite, punktgleich bewertete Bewerber im Rahmen des zweiten Verhandlungsgesprächs dem Aufsichtsrat ihre Büros und ihre Kompetenz im Saunabau vor. Die Aufsichtsratssitzung schloss mit dem Beschluss, den ausgeschriebenen Generalplanungsvertrag mit der Beigeladenen abzuschließen.
Mit Schreiben vom 06.10.2004 informierte die von der Auftraggeberin beauftragte ... und ... die Antragstellerin unter Bezugnahme auf das Verhandlungsgespräch vom 04.10.2004 darüber, dass die Auswahl anhand der in der amtlichen Bekanntmachung angegebenen Auswahlkriterien ergeben habe, dass die Bewerbung der Antragstellerin, insbesondere bei dem Kriterium Erfahrung im kombinierten Sauna- und Schwimmbadbau in Kommunen bis 25.000 Einwohner schwächer bewertet worden sei. Erfolgreiche Bewerber könnten noch nicht benannt werden, da sich die Vergabestelle noch nicht endgültig entschieden habe. Mit Anwaltsschriftsatz vom 15.10.2004 rügte die Antragstellerin die Entscheidung der Auftraggeberin, sie nicht zu einem weiteren Bewerbungsgespräch einzuladen. Sie gehe insbesondere davon aus, dass die zu dem weiteren Verhandlungsgespräch eingeladenen Bewerber nicht die erforderliche Eignung für die ausgeschriebenen vertraglichen Verpflichtungen hätten. Es sei davon auszugehen, dass die in den Ausschreibungsunterlagen geforderten Nachweise nicht oder zumindest nicht vollständig gelegt wurden. Ferner sei davon auszugehen, dass die ausgewählten Bewerber nicht leistungsfähig seien. Erstmalig rügte die Antragstellerin eine Intransparenz des Vergabeverfahrens durch unzureichende Angabe der Entscheidungskriterien. Die Auftraggeberin habe versäumt, die Wichtung der Entscheidungskriterien anzugeben. Die Beschreibung der Leistung und damit die Angebotsunterlagen seien nicht eindeutig gewesen. Zwingende Angaben hinsichtlich der Festlegung der anrechenbaren Kosten und der Honorarzone, der die gewünschte Leistung in Abhängigkeit von den Planungsanforderungen zuzuordnen ist, sowie die Leistungsphasen, deren Vergabe beabsichtigt ist. Sie, die Antragstellerin, gehe davon aus, dass sie und nicht die anderen Bewerber das wirtschaftlich günstigste Angebot abgegeben haben. Ferner rügte die Antragstellerin das Informationsschreiben der Auftraggeberin vom 06.10.2004, dieses entspreche nicht den Vorgaben des § 13 VgV, weil es keine Auskunft über den Namen des Bieters, dessen Angebot angenommen werden soll, gebe und die Antragstellerin insbesondere auch nicht das Informationsschreiben nachvollziehen könne, welche konkreten Erwägungen für die Vergabestelle bei der Nichtberücksichtigung ihres Angebotes ausschlaggebend waren.
Unstreitig hat die Auftraggeberin der Antragstellerin erst mit Schreiben vom 08.11.2004 mitgeteilt, dass sie beabsichtige, den streitbefangenen Auftrag an die Beigeladene zu erteilen.
Mit Anwaltsschriftsatz vom 22.10.2004, eingegangen per Fax am gleichen Tage, hat die Antragstellerin die Vergabekammer angerufen. Sie macht die bereits im Rügeschreiben dargelegten Vergaberechtsverletzungen geltend. Darüber hinaus geht sie davon aus, dass die Vergabe im vorliegenden Fall nicht unter ausschließlicher Verantwortung der Vergabestelle erfolgt sei, sondern faktisch von der beauftragten ...gesellschaft getroffen worden sei. Dies verstoße gegen § 4 Abs. 1 VOF und das Wettbewerbsprinzip des § 97 Abs. 1 GWB.
Die Antragstellerin vertritt die Auffassung, dass ihre Rüge vom 15.10.2004 unverzüglich im Sinne des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB erfolgt ist. Die Voraussetzungen des § 107 Abs. 3 Satz 2 GWB lägen nicht vor, weil die gerügten Verstöße nicht aus der Bekanntmachung erkennbar gewesen seien. Nach erfolgter Akteneinsicht im Rahmen des Nachprüfungsverfahrens hat die Antragstellerin ihr Vorbringen mit Schriftsatz vom 10.11.2004 vertieft.
Die Antragstellerin beantragt,
- 1.
eine Neubewertung der Angebote unter Berücksichtigung entsprechender Maßgaben der Vergabekammer anzuordnen,
- 2.
hilfsweise andere geeignete Maßnahmen zu treffen, um die von der Vergabekammer festgestellten Verstöße zu beseitigen,
- 3.
der Antragsgegnerin die Kosten des Nachprüfungsverfahrens aufzugeben,
- 4.
festzustellen, dass die Antragsgegnerin der Antragstellerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten zu erstatten hat,
- 5.
festzustellen, dass für die Antragstellerin die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war.
Die Auftraggeberin beantragt,
- 1.
den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen,
- 2.
der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen,
- 3.
festzustellen, dass die Hinzuziehung der Bevollmächtigten der Auftraggeberin notwendig ist.
Die Auftraggeberin hält den Nachprüfungsantrag für unzulässig. Dies folge zum anderen daraus, dass der Schwellenwert nicht erreicht sei. Die Auftraggeberin habe zwar die streitbefangenen Leistungen europaweit ausgeschrieben. Das von ihr letztlich zu zahlende Architektenhonorar werde jedoch unterhalb 200.000,-- EUR liegen. Zum anderen folge die Unzulässigkeit daraus, dass die Antragstellerin mit ihrem Vorbringen gem. § 107 Abs. 3 GWB präkludiert sei. Die Antragstellerin habe die von ihr behaupteten Vergabeverstöße nicht unverzüglich im Sinne des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB gerügt. Soweit sie vermeintliche Verstöße gegen den Transparenzgrundsatz geltend mache, seien die entsprechenden Sachverhalte für die Antragstellerin zudem aus der Vergabebekanntmachung erkennbar gewesen, so dass sich die Präklusion auch aus § 107 Abs. 3 Satz 2 GWB ergebe. Dies gelte insbesondere auch für den Vorwurf, dass den Bewerbern die Gewichtung der Zuschlagskriterien nicht bekannt gemacht wurde. Im Übrigen sei der Nachprüfungsantrag aber auch unbegründet. Die Antragstellerin behaupte "ins Blaue hinein", dass die übrigen zu Verhandlungsgesprächen eingeladenen Bewerber nicht geeignet seien, ohne dies mit konkreten Anhaltspunkten zu belegen. Sowohl die Angebotsunterlagen an sich als auch insbesondere die Entscheidungskriterien seien von der Auftraggeberin transparent dargelegt worden. Sie habe die Kriterien, wie von der VOF gefordert, in der Reihenfolge ihrer Bedeutung bereits in der Vergabebekanntmachung benannt. Die Auftraggeberin sei nicht verpflichtet gewesen, den Bewerbern die konkrete prozentuale Gewichtung mitzuteilen. Die Bewerber seien auch ohne weiteres in der Lage gewesen, ihr Honorar auf der Grundlage der HOAI zu kalkulieren. Dies folge bereits daraus, dass die Auftraggeberin in der Vergabebekanntmachung die Baukosten mit maximal 1,7 Mio. Euro beziffert habe. Aus den in der Vergabeakte enthaltenen Vermerken und der Bewertungsmatrix sei ersichtlich, dass die Auftraggeberin die Angebotswertung ordnungsgemäß auf der Grundlage aller bekannt gemachten Zuschlagskriterien durchgeführt habe. Die Beigeladene, nicht die Antragstellerin habe das wirtschaftlichste Angebot abgegeben. Die Antragstellerin habe auch nicht darlegen können, welcher Schaden ihr aus dem vermeintlich unzureichenden Informationsschreiben gem. § 13 VgV entstanden sei oder drohen sollte. Da die Auftraggeberin den Auftrag noch nicht erteilt hat, komme es auf eine Abgrenzung zwischen einem unvollständigen und einem fehlerhaften Informationsschreiben nicht an. Schließlich weist die Auftraggeberin auch den Vorwurf zurück, die Auftraggeberin habe die maßgeblichen Entscheidungen im Vergabeverfahren nicht selbst getroffen. Vielmehr seien alle wesentlichen Entscheidungen, insbesondere die Bewertung der einzelnen Bieter betreffend, ausschließlich von der Vergabestelle getroffen worden.
Die Beigeladene beantragt,
- 1.
den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin zurückzuweisen und ihr die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen,
- 2.
festzustellen, dass die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts durch die Beigeladene notwendig und erforderlich war.
Die Beigeladene unterstützt das Vorbringen der Auftraggeberin. Sie vertritt ebenfalls die Auffassung, dass die Antragstellerin mit ihrem Nachprüfungsantrag gem. § 107 Abs. 3 GWB präkludiert sei. Der Nachprüfungsantrag sei auch unbegründet. Die Antragstellerin sei nicht in ihren Rechten verletzt. Weder sei ein Verstoß gegen das Transparenzgebot erkennbar noch sei die Angebotswertung der Auftraggeberin zu beanstanden. Insgesamt seien die erhobenen Vorwürfe der Antragstellerin unsubstantiiert.
Alle Beteiligten haben einer Entscheidung nach Aktenlage ohne mündliche Verhandlung gem. § 112 Abs. 1 Satz 2 GWB zugestimmt. Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf die Vergabeakte und die Schriftsätze der Beteiligten verwiesen.
II.
Der Nachprüfungsantrag ist nur teilweise zulässig. Er ist unzulässig, soweit sich die Antragstellerin gegen vermeintliche Mängel der Ausschreibungsunterlagen und insbesondere die Nichtbekanntgabe der konkreten Gewichtung der Zuschlagskriterien an die Bewerber wendet, weil sie die vermeintlichen Vergaberechtsverstöße nicht unverzüglich nach positiver Kenntnisnahme gerügt hat. Soweit der Nachprüfungsantrag zulässig ist, ist er teilweise begründet. Die Auftraggeberin hat gegen das Transparenzgebot gem. § 97 Abs. 1 GWB verstoßen, da die Vergabeakte keinen den Anforderungen des § 18 VOF entsprechenden Vergabevermerk über die Auswertung und Bewertung der Angebote der Antragstellerin, der Beigeladenen und der übrigen drei Bewerber enthält, die die Auftraggeberin aus dem Bieterkreis für Verhandlungsgespräche ausgewählt hat. Während die Auswertung des Teilnahmewettbewerbs, das Ergebnis des Präqualifikationsverfahrens und damit die Reduzierung des Bewerberkreises auf die fünf zu einem ersten Verhandlungsgespräch aufgeforderten Bewerber nachvollziehbar in der Vergabeakte dokumentiert sind, ist die Punktevergabe bei der Bewertung dieser Verhandlungsgespräche auf Grundlage der gesonderten Bewertungsmatrix in der Vergabeakte überhaupt nicht näher erläutert. Damit ist die Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes nicht in einer dem Transparenzgrundsatz genügenden Weise dokumentiert. Im Übrigen ist der Nachprüfungsantrag dagegen unbegründet. Der vermutungsweise vorgetragene Vorhalt der Antragstellerin, die übrigen ausgewählten Bewerber seien für den streitbefangenen Auftrag nicht geeignet, ist unsubstantiiert. Die Dokumentation in der Vergabeakte widerlegt auch die Vermutung der Antragstellerin, das Vergabeverfahren sei unter Verstoß gegen § 4 Abs. 1 VOF und das Wettbewerbsprinzip des § 97 Abs. 1 GWB nicht unter ausschließlicher Verantwortung der Vergabestelle erfolgt.
1.
Der Nachprüfungsantrag ist teilweise zulässig. Bei der Auftraggeberin handelt es sich um die in der Rechtsform einer GmbH organisierten Stadtwerke der Stadt ... und damit um eine juristische Person des privaten Rechts, die zu dem besonderen Zweck gegründet wurde, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nicht gewerblicher Art zu erfüllen. Sie steht in hundertprozentiger Trägerschaft der Stadt ... und ist damit ein öffentlicher Auftraggeber im Sinne des § 98 Nr. 2 GWB. Einer Nachprüfung des streitbefangenen Vergabeverfahrens durch die Vergabekammer steht entgegen der Auffassung der Auftraggeberin auch nicht die Regelung des § 100 Abs. 1 GWB entgegen. Danach gilt der 4. Teil des GWB nur für solche Aufträge, die die Auftragswerte erreichen oder überschreiten, die durch Rechtsverordnung nach § 127 GWB festgelegt sind. Bei den ausgeschriebenen Leistungen handelt es sich um Dienstleistungen von Architektur- und Ingenieurbüros sowie planungsbezogene Leistungen für die Erweiterungen eines Hallenbades um eine Sauna und damit um freiberufliche Dienstleistungen im Sinne des § 1 VOF. Es handelt sich daher um einen Dienstleistungsauftrag, für den gem. § 2 Nr. 3 der am 01.02.2001 in Kraft getretenen Vergabeverordnung (VgV) vom 09.01.2001 ein Schwellenwert von 200.000,-- EUR gilt. Für die Frage, ob ein Auftrag den erforderlichen Schwellenwert erreicht oder überschreitet, ist der geschätzte Auftragswert ohne Mehrwertsteuer maßgebend (vgl. Boesen, VergabeR, § 100 GWB, Rn. 18). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Schätzung des Auftragswertes ist gem. § 3 Abs. 10 VgV der Tag der Absendung der Bekanntmachung der beabsichtigten Auftragsvergabe oder die sonstige Einleitung des Vergabeverfahrens. Wichtigster Aspekt dabei ist, dass die Fixierung des Schwellenwertes das Ergebnis einer seriösen Prognose ist, die der Auftraggeber vor Einleitung des Vergabeverfahrens zu machen hat. Es kommt nicht auf den Auftragswert im Zeitpunkt des Vertragsschlusses an. Der tatsächliche Wert des Auftrags kann nach dem Ergebnis des Vergabeverfahrens höher oder niedriger liegen, ohne dass dies am Schwellenwert etwas ändert (vgl. Marx in: Müller-Wrede, Kommentar zur VOL/A, § 3 VgV, Rn. 3). Die Feststellung des Auftragswertes erfordert im Einzelfall vom Auftraggeber eine ernsthafte Prognose über den zu erwartenden Auftragswert. Wie hoch der Wert tatsächlich sein wird, kann naturgemäß kein Auftraggeber im Vorfeld der Ausschreibung sagen. Durch die Verfahrensregeln soll der Wettbewerb um den konkreten Auftrag erst in Gang gesetzt und das wirtschaftlichste Angebot erst gefunden werden. Es ist aber nicht so, dass die Anwendung der Regeln für ein europaweites Vergabeverfahren nachträglich wieder entfällt, wenn sich herausstellt, dass der wirkliche Auftrag am Ende die EG-Schwellenwerte nicht erreicht (vgl. Marx in: Beck'scher VOB-Kommentar, § 100 GWB, Rn. 7). Im vorliegenden Fall ist die Auftraggeberin ausweislich der Ausführungen unter Ziffer 1.1 des Vermerks über die Durchführung und Auswertung des Präqualifikationsverfahrens vom 27.09.2004 in nicht zu beanstandender Weise davon ausgegangen, dass die ausgeschriebenen Planungsleistungen einen Wert von über 200.000,-- EUR haben. Diese Schätzung war auch nicht irrealistisch, da die Auftraggeberin ausweislich der Vergabebekanntmachung vom 31.07.2004 von Gesamtbaukosten von bis zu 1,7 Mio. Euro ausgegangen ist. Angesichts dieser Baukostensumme war es durchaus möglich, dass das nach der HOAI zu bemessende Entgelt für die streitbefangenen Planungsleistungen den Schwellenwert von 200.000,-- EUR überschreiten würde. Dies wäre zumindest dann eingetreten, wenn und soweit die Bieter für die Generalplanungsleistungen in den jeweils einschlägigen Honorarzonen bei ihrer Kalkulation überwiegend mittlere oder gar obere Ansätze zugrunde gelegt hätten, was die Auftraggeberin bei der ex ante Ermittlung der voraussichtlichen Kosten des streitbefangenen Auftrags eben nicht einschätzen konnte. Das Vergabeverfahren ist daher ungeachtet der Tatsache, dass einige der Angebote unterhalb des Schwellenwertes liegen, einer Nachprüfung durch die Vergabekammer zugänglich.
Die Antragstellerin ist auch gem. § 107 Abs. 2 GWB antragsbefugt, da sie als Bewerberin im Verhandlungsverfahren ein Interesse am Auftrag hat und eine Verletzung von Rechten durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht, indem sie behauptet, die Auftraggeberin habe in mehrfacher Hinsicht gegen das Transparenzgebot verstoßen. Insbesondere sei nicht nachvollziehbar, welche konkreten Erwägungen für die Vergabestelle bei der Nichtberücksichtigung des Angebotes der Antragstellerin ausschlaggebend waren. Sie gehe nach wie vor davon aus, dass sie selbst und nicht die anderen Bewerber das wirtschaftlich günstigste Angebot abgegeben hätte. Die Antragstellerin hat damit ein Rechtsschutzbedürfnis im Sinne des § 107 Abs. 2 GWB dargelegt. Diesbezügliche Anforderungen an die Darlegungslast dürfen nicht überspannt werden (vgl. Byok/Jaeger, VergabeR, § 107, Rn. 677). Eine über die Schlüssigkeit hinausgehende Darstellung des Rechtsschutzbedürfnisses ist nicht erforderlich. Das tatsächliche Vorliegen der Rechtsverletzung ist vielmehr eine Frage der Begründetheit (vgl. Vergabekammer Südbayern, Beschluss v. 13.12.1999 - Az.: 11/99).
Die Antragstellerin ist aber nur teilweise ihrer Verpflichtung gem. § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB nachgekommen, die von ihr geltend gemachten Vergaberechtsverstöße vor Stellung des Nachprüfungsantrages unverzüglich gegenüber der Auftraggeberin zu rügen. Die mit Anwaltsschriftsatz vom 15.10.2004 erhobene Rüge erfolgte nicht unverzüglich, soweit sich die Antragstellerin mit diesem Schreiben erstmalig gegen die Nichtoffenlegung der Gewichtung der Zuschlagskriterien durch die Auftraggeberin sowie sonstige vermeintliche Mängel der Transparenz der Angebotsunterlagen wie etwa Angaben zur Festlegung der anrechenbaren Kosten, der Honorarzone und der Leistungsphasen wendet. Bei der Vorschrift des § 107 Abs. 3 GWB handelt es sich um eine Präklusionsregel unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben. Ein Anbieter soll Vergabefehler nicht auf Vorrat sammeln. Die Rügepflicht des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB entsteht, sobald ein Bieter oder Bewerber im Vergabeverfahren einen vermeintlichen Fehler erkennt. Voraussetzung ist dabei die positive Kenntnis des Anbieters von den Tatsachen. Werden beim Durcharbeiten des Leistungsverzeichnisses Ungenauigkeiten festgestellt, liegt positive Kenntnis vor (vgl. Byok/Jaeger, VergabeR, § 107, Rn. 681). "Kenntnis" im Sinne des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB ist gegeben, wenn ein Bieter oder Bewerber auf Grund des Verhaltens des Auftraggebers oder einer Festlegung in den Verdingungsunterlagen - ohne dies rechtlich fundiert begründen zu können - von einem Vergabefehler ausgeht. Nach der Rechtsprechung (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss v. 22.08.2000, Az.: Verg 9/00) ist für die Kenntnis das Wissen um einen Sachverhalt ausreichend, der den Schluss erlaubt und es bei vernünftiger Betrachtung gerechtfertigt erscheinen lässt, das Vergabeverfahren als fehlerhaft zu beanstanden. Unter Zugrundelegung dieses zutreffenden Maßstabs kann sich die Antragstellerin nicht mehr auf eine vermeintlich mangelhafte Vergabebekanntmachung oder mangelhafte Verdingungsunterlagen berufen. Spätestens im Zuge des mit ihr geführten Verhandlungsgesprächs vom 04.10.2004 wäre die Antragstellerin in der Lage gewesen, die mangelnde Offenlegung der Gewichtung der Zuschlagskriterien oder gar einer kompletten Bewertungsmatrix gegenüber der Auftraggeberin zu rügen oder wenigstens entsprechende Fragen an die Auftraggeberin zu richten. Gleiches gilt für die weiteren von der Antragstellerin nunmehr geltend gemachten, vermeintlichen Mängel der Leistungsbeschreibung wie etwa fehlende Angaben zur Festlegung der anrechenbaren Kosten, der maßgeblichen Honorarzone und der Leistungsphasen, deren Vergabe beabsichtigt ist. Soweit die Antragstellerin diesbezügliche Informationen für ihre Kalkulation vermisst hatte, war sie ohne weiteres in der Lage, dies gegenüber der Auftraggeberin zu rügen oder durch konkrete Fragen aufzuklären. Einer anwaltlichen Beratung bedurfte es dazu nicht.
Unverzüglich gerügt hat die Antragstellerin dagegen die ihr erstmals mit Schreiben vom 06.10.2004, eingegangen bei der Antragstellerin am 07.10.2004, bekannt gemachte Entscheidung der Auftraggeberin, mit ihr das Verhandlungsverfahren nicht mehr weiterzuführen, weil ihre Bewerbung, insbesondere bei dem Kriterium Erfahrung im kombinierten Sauna- und Schwimmbadbau in Kommunen bis 25.000 Einwohner schwächer bewertet worden sei. Insbesondere auf Grund der Tatsache, dass die Auftraggeberin nach eigenem Bekunden der Antragstellerin im Schriftsatz vom 06.10.2004 den erfolgreichen Bewerber noch nicht benennen konnte, ist der Antragstellerin zuzugestehen, dass sie vor Absetzung der Rüge anwaltlichen Rat einholte. Die mit Anwaltsschriftsatz vom 15.10.2004 erhobene Rüge erfolgte insoweit noch unverzüglich im Sinne des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB.
2.
Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin ist begründet, soweit sie eine Verletzung des Transparenzgebotes gem. § 97 GWB im Zuge der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes durch die Auftraggeberin geltend macht. Die Auftraggeberin hat gegen das Transparenzgebot verstoßen, weil die Vergabeakte keinen den Anforderungen des § 18 VOF genügenden Vergabevermerk über die Angebote der fünf in die engere Wahl genommenen Bewerber auf der Grundlage der entscheidenden Verhandlungsgespräche vom 04.10.2004 enthält. Während die Auswertung des Teilnahmewettbewerbs die in diesem Rahmen vorgenommene erste Reduzierung des Bewerberkreises in einem in der Vergabeakte enthaltenen Vermerk vom 27.09.2004 nachvollziehbar dokumentiert ist, sind die Verhandlungsgespräche vom 04.10.2004 zumindest hinsichtlich der Antragstellerin und der Beigeladenen nur inhaltlich, nicht aber wertend dokumentiert. Aus der in der Vergabeakte enthaltenen Bewertungsmatrix lässt sich zwar rechnerisch der von den fünf Bewerbern erzielte Punktestand für alle bekannt gemachten Zuschlagskriterien nachvollziehen. Eine Begründung für die unterschiedliche Punktevergabe enthält die Vergabeakte jedoch nicht (im Folgenden a). Im Übrigen ist der Nachprüfungsantrag dagegen unbegründet. Die vermutungsweise geäußerte Auffassung der Antragstellerin, die anderen von der Auftraggeberin in die engere Wahl genommenen Bewerber seien nicht geeignet, ist unsubstantiiert und wird durch keinerlei Anhaltspunkte in der Vergabeakte gestützt. Auch wird der Vorwurf der Antragstellerin, das Vergabeverfahren sei unter Verstoß gegen § 4 Abs. 1 VOF nicht unter ausschließlicher Verantwortung der Vergabestelle erfolgt, durch die Dokumentation in der Vergabeakte widerlegt (im Folgenden b).
a)
Die Auftraggeberin hat gegen das vergaberechtliche Transparenzgebot des § 97 Abs. 1 GWB verstoßen, weil die Vergabeakte hinsichtlich der entscheidenden Wertung der Angebote auf Basis der Verhandlungsgespräche vom 04.10.2004 mit der Antragstellerin, der Beigeladenen und der übrigen drei im Verhandlungsverfahren in die engere Auswahl genommenen Bewerber keine den Anforderungen des § 18 VOF genügende Dokumentation und damit keinen ausreichenden Vergabevermerk enthält. Nach § 97 Abs. 1 GWB beschaffen öffentliche Auftraggeber Waren, Bau- und Dienstleistungen im Wettbewerb und im Wege transparenter Vergabeverfahren. Das in dieser Vorschrift niedergelegte Transparenzgebot ist eines der tragenden Grundsätze des Vergaberechts. Der Grundsatz der Vergabe in transparenten Vergabeverfahren dient unmittelbar der Verwirklichung des Wettbewerbsgedankens (vgl. Hailbronner in: Byok/Jaeger, VergabeR, § 97 GWB, Rn. 135, m.w.N.). Die Transparenz des Verfahrens dient insbesondere der Gleichbehandlung der Bieter und dem Schutz vor staatlicher Willkür. Teilnahme- und Publizitätsvorschriften der Richtlinien, die die Transparenz der öffentlichen Beschaffungsmärkte sicherstellen sollen, sind dementsprechend von besonderer Rechtsqualität. Sie sind mehr als formale Ordnungsprinzipien. Nach der Entscheidung des EuGH vom 20.09.1988 in der Rechtssache 31/87 ("Beentjes") begründen die Teilnahme- und Publizitätsvorschriften deshalb subjektive Rechte der Bieterunternehmen. Der Transparenzgrundsatz umfasst nicht nur die vergaberechtlichen Vorgaben bezüglich der Bekanntmachungspflichten der öffentlichen Auftraggeber hinsichtlich ihrer Vorhaben und ihrer Bedingungen und der nachgefragten Leistungen. Er erfasst auch die vergaberechtlichen Vorschriften, die in erster Linie der Ex-Post-Transparenz dienen, wie z.B. § 18 VOF, § 30 VOB/A oder § 30 VOL/A. Der Weg zur Vergabeentscheidung soll vom Bieter nachvollzogen und auch kontrolliert werden können. Durch diese Vorschrift soll eine erleichterte Nachprüfung der Richtigkeit der getroffenen Feststellungen und der jeweiligen Verfahren ermöglicht werden (vgl. Niebuhr/Kulartz/Kus/Portz, VergabeR, § 97, Rn. 101). Diese Ex-Post-Transparenz ist schließlich auch für einen effektiven Rechtsschutz erforderlich, so dass alle Entscheidungsschritte grundsätzlich zu dokumentieren sind und nicht erst nach Abschluss des Vergabeverfahrens vorliegen müssen (vgl. OLG Brandenburg, Beschluss v. 03.08.1999, NZBau 2000, S. 44 ff.). § 18 VOF verpflichtet den Auftraggeber, einen Vergabevermerk zu fertigen, der "die einzelnen Stufen des Verfahrens, die Maßnahmen, die Feststellung sowie die Begründung der einzelnen Entscheidungen enthält".
Selbst wenn in zeitlicher Hinsicht ein (Gesamt-)Vergabevermerk insgesamt erst nach der endgültigen Vergabeentscheidung fertig gestellt werden kann, ist es zur Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes erforderlich, dass der Auftraggeber wesentliche Zwischenentscheidungen bereits vor der Zuschlagsentscheidung nachvollziehbar und zeitnah dokumentiert (vgl. Ingenstau/Korbion, VOB, 14. Aufl., § 30 VOB/A, Rn. 3, m.w.N.). Insbesondere wenn es sich wie im vorliegenden Fall um ein Verhandlungsverfahren handelt, ist nicht notwendigerweise ein zusammenhängender Vergabevermerk zu fordern. (§ 18 VOF ist aber wie § 30 VOB/A und § 30 VOL/A dahingehend auszulegen, dass das Vergabeverfahren und alle wesentlichen Entscheidungen laufend und in nachvollziehbarer Weise zu dokumentieren sind (vgl. OLG Brandenburg, a.a.O.). Die im streitbefangenen Vergabeverfahren wesentliche Bewertung der fünf Verhandlungsgespräche vom 04.10.2004 sowie die darauf maßgeblich basierende Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes anhand der bekannt gemachten Zuschlagskriterien hat die Auftraggeberin nicht diesen Anforderungen entsprechend in der Vergabeakte dokumentiert.
Die Auftraggeberin hat das Verhandlungsverfahren in grundsätzlich nicht zu beanstandender Weise zweistufig durchgeführt. Einem vorgeschalteten Teilnahmewettbewerb, an dem sich 17 Planungsbüros beteiligten, folgte die schriftliche Einladung an fünf ausgewählte Büros zu Verhandlungsgesprächen gem. § 10 VOF. Die entsprechenden Verhandlungsgespräche vom 04.10.2004 sind in fünf gesonderten Vermerken dokumentiert. Diese geben im Wesentlichen jedoch nur den Verlauf und den Inhalt der Verhandlungsgespräche wieder. Zumindest hinsichtlich der Antragstellerin und der von der Auftraggeberin für den Zuschlag favorisierten Beigeladenen enthalten sie jedoch keine hinreichend aussagekräftigen wertenden Feststellungen. Diesbezüglich ist dem Vermerk über das Gespräch mit der Beigeladenen lediglich zu entnehmen, dass die Vergabestelle übereinstimmend einen positiven Eindruck von dem Bewerber und seiner Leistungsfähigkeit hat gewinnen können. Der Vermerk über das Gespräch mit der Antragstellerin enthält sich dagegen sich dagegen jeglicher positiver oder negativer Wertung. Auch aus dem Vermerk zur "Bewertung und Empfehlung an die Vergabestelle" vom 05.10.2004, der mit der Empfehlung schließt, die Beigeladene und einen weiteren Bewerber zu einem zweiten Verhandlungsgespräch einzuladen, ist lediglich zu entnehmen, dass diese Empfehlung des Geschäftsführers und der zur Vergabeentscheidung berufenen Mitglieder des Aufsichtsrates der Auftraggeberin auf eine anliegende Bewertungsmatrix und die dort festgehaltenen Punktewerte als gemeinsames Ergebnis des Vergabeausschusses erfolgte. Diese Bewertungsmatrix vom 04.10.2004 enthält, wie § 13 Abs. 3 VOF dies vorschreibt, alle Zuschlagskriterien, die die Auftraggeberin den Bewerbern mit der Vergabebekanntmachung bekannt gemacht hat, in der Reihenfolge der ihnen zuerkannten Bedeutung. Darüber hinaus gibt sie Auskunft über das prozentuale Gewicht, das die Auftraggeberin den einzelnen Kriterien intern zugemessen hat, und die von den Bewerbern für jedes einzelne Zuschlagskriterium erzielten Punkte. Aus dieser Übersicht ist zwar rechnerischnachvollziehbar, dass die Antragstellerin mit 55 von 100 maximal erreichbaren Gesamtpunkten lediglich den 3. Rang belegte, während die Beigeladene mit 76 Punkten punktgleich mit einem weiteren Bewerber Rang 1 erreicht hat. Irgendeine - auch nur stichwortartige - Begründung dieser Punkteverteilung geht aus der Vergabeakte jedoch nicht hervor.
Eine derartige Bewertungsmatrix ist durchaus sinnvoll und kann einen ausführlichen Wertungs- und Entscheidungsvermerk in der Vergabeakte ergänzen und präzisieren. Sie kann einen Vergabevermerk jedoch nicht völlig ersetzen. Vielmehr muss in der Vergabeakte im Interesse einer Ex-Post-Transparenz wenigstens kurz erläutert werden, warum welcher Bieter für welches Kriterium welche Punkte erzielt hat. Die kriterienbezogene Angabe der erzielten Punkte und ihre Addition allein ist nicht ausreichend. Unter Zugrundelegung dieses Maßstabs ist das Vergabeverfahren in der Stufe der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes auf Grundlage der mit den fünf in die engere Wahl genommenen Bewerber geführten Verhandlungsgespräche vom 04.10.2004 nicht ausreichend dokumentiert. So ist insbesondere nicht nachvollziehbar, warum die Antragstellerin beim Kriterium "Gesamteindruck der Präsentation" nur einen Punkt erzielt hat, während die Beigeladene 8 Punkte erzielt hat. Gleiches gilt für den Punkteunterschied für das Kriterium Erfahrungen in der Kombination von Sauna- und Badebetrieben (Qualität der Projekte/Nachweise), dem Kriterium Erfahrung im Saunabau, wo die Antragstellerin jeweils 10 Punkte gegenüber 16 Punkten der Beigeladenen erzielte, und dem Kriterium Erfahrung in Kommunen bis 25.000 Einwohner, wo die Antragstellerin der Beigeladenen mit 12 zu 16 Punkten unterlag. Eine Begründung der aus dieser Bewertungsmatrix ersichtlichen Punktevergabe fehlt in der Vergabeakte. Die Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes ist daher nicht hinreichend nachvollziehbar.
Die Auftraggeberin ist daher gehalten, erneut in die Angebotswertung einzutreten, die Bewertung der fünf ausgewählten Angebote auf Basis der Verhandlungsgespräche vom 04.10.2004 unter Zugrundelegung der in der Matrix aufgeführten und bekannt gemachten Zuschlagskriterien und der in der Matrix festgelegten Gewichtung erneut durchzuführen und Wertung und Punktevergabe nebst Begründung in einem den Anforderungen des § 18 VOF genügenden Vergabevermerk in der Vergabeakte zu dokumentieren.
b)
Im Übrigen ist der Nachprüfungsantrag jedoch unbegründet. Die ausdrücklich lediglich auf Vermutungen gestützte Auffassung der Antragstellerin, dass die Beigeladenen und der andere zu einem zweiten Verhandlungsgespräch eingeladene Bewerber nicht die erforderliche Eignung für die ausgeschriebenen vertraglichen Verpflichtungen hätten, ist unsubstantiiert und wird durch die ordnungsgemäß in der Vergabeakte dokumentierte Auswertung des Teilnahmewettbewerbs vom 27.09.2004 widerlegt. Ebenfalls widerlegt die Vergabeakte den Vorwurf der Antragstellerin, das Vergabeverfahren sei unter Verstoß gegen § 4 Abs. 1 VOF und das Wettbewerbsprinzip des § 97 Abs. 1 GWB nicht unter ausschließlicher Verantwortung der Vergabestelle durchgeführt worden. Aus den in der Vergabeakte enthaltenen Vermerken ist vielmehr ersichtlich, dass sowohl die Auswertung des Teilnahmewettbewerbs wie auch die Führung der Verhandlungsgespräche unter Federführung des Geschäftsführers der Auftraggeberin erfolgte. Die Vermerke tragen sämtlich die Unterschrift dieses Geschäftsführers. Ferner ist aus den Vermerken über die Verhandlungsgespräche vom 04.10.2004 ersichtlich, dass diese auf Seiten der Auftraggeberin vom Geschäftsführer und von einem Vergabeausschuss, bestehend aus dem Aufsichtsratsvorsitzenden, dem stellvertretenden Aufsichtsratsvorsitzenden und einem weiteren Mitglied des Aufsichtsrates der Auftraggeberin, geführt wurden, während die beauftragte ...gesellschaft und der als Sachverständige beauftragte Diplom-Ingenieur ausdrücklich lediglich als Berater mitgewirkt haben. Schließlich enthält die Vergabeakte auch ein Protokoll der Sitzung des Aufsichtsrates der Auftraggeberin vom 06.10.2004, in der die Entscheidung gefällt wurde, der Beigeladenen den Zuschlag zu erteilen. Die Antragstellerin ist auch nicht durch das den Anforderungen des § 13 VgV nicht genügende Informationsschreiben der Auftraggeberin vom 06.10.2004 in ihren Rechten verletzt. Zwar wäre die Auftraggeberin angesichts der ebenfalls am 06.10.2004 getroffenen Entscheidung des Aufsichtsrates durchaus in der Lage gewesen, spätestens am nächsten Tag den nicht erfolgreichen Bewerbern mitzuteilen, mit welchem Wettbewerber der streitbefangene Dienstleistungsvertrag abgeschlossen werden soll. Dieser Mangel ist jedoch durch das Informationsschreiben der Auftraggeberin vom 08.11.2004 geheilt worden. Darüber hinaus hat die zunächst unzureichend erfolgte Information im hier konkreten Fall nicht dazu geführt, dass die Antragstellerin an der Erhebung der Rüge oder der Stellung des Nachprüfungsantrages gehindert wurde.
Gemäß § 114 GWB trifft die Vergabekammer die geeigneten Maßnahmen, um eine Rechtsverletzung zu beseitigen und eine Schädigung der betroffenen Interessen zu verhindern. Wegen des unter 2 a festgestellten Verstoßes gegen das vergaberechtliche Transparenzgebot ist es geboten, die Auftraggeberin zu verpflichten, erneut in die Angebotswertung einzutreten und diese unter Beachtung der aus den Entscheidungsgründen ersichtlichen Rechtsauffassung der Vergabekammer neu durchzuführen. Die Auftraggeberin ist daher gehalten, die Punktewertung auf der Grundlage der durchgeführten Verhandlungsgespräche vom 04.10.2004 erneut vorzunehmen und Wertung und Ergebnisse in einem den Anforderungen des § 13 genügenden Vergabevermerk in der Vergabeakte zu dokumentieren. Dabei sind die bekannt gemachten Zuschlagskriterien mit der in der Bewertungsmatrix festgelegten Gewichtung zugrunde zu legen. Die Vergabekammer weist darauf hin, dass auch nach der erneuten Angebotswertung die Bieter wiederum gem. § 13 VgV zu informieren sind. Eine Aufhebung des Vergabeverfahrens war dagegen nicht erforderlich. Im Übrigen war der Nachprüfungsantrag aus den o. g. Gründen als unzulässig bzw. unbegründet zurückzuweisen.
III. Kosten
Die Kostenentscheidung folgt aus § 128 GWB. Nach Art 7 Nr. 5 des 9. Euro - Einführungsgesetzes (BGBl. 58/2001 vom 14.11.2001, S. 2992ff.) vom 10.11.2001 werden die DM-Angaben in § 128 GWB für die von der Vergabekammer festzusetzende Gebühr durch Angaben in Euro im Verhältnis 1 : 2 ersetzt, so dass die regelmäßige Mindestgebühr nunmehr 2.500 Euro, die Höchstgebühr 25.000 Euro bzw., in Ausnahmefällen, 50.000 Euro beträgt.
Es wird die gesetzliche Mindestgebühr in Höhe von 2.500 EUR gemäß § 128 Abs. 2 GWB festgesetzt.
Diese Gebühr schließt einen durchschnittlichen sachlichen und personellen Aufwand ein. Gutachterkosten und Kosten durch eine Zeugenvernehmung o. ä. sind nicht angefallen.
Die in Ziffer 2 des Tenors verfügte Aufteilung der Kosten auf die Antragstellerin und den Auftraggeber folgt aus § 128 Abs. 3 Satz 1 GWB. Danach hat ein Beteiligter, soweit er im Verfahren unterliegt, die Kosten zu tragen. Hier war zu berücksichtigen, dass der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin nur zum Teil begründet war und diese nur durch die nicht ausreichende Begründung der Punktevergabe bei der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes in ihren Rechten im Sinne des § 97 Abs. 7 verletzt ist. Im Übrigen ist der Nachprüfungsantrag dagegen unzulässig oder unbegründet. Die anteilige Kostentragungspflicht entspricht daher dem Verhältnis des Obsiegens und Unterliegens im Nachprüfungsverfahren (vgl. Beschluss des OLG Celle vom 06.06.2003, Az.: 13 Verg 5/03).
Gemäß § 128 Abs. 4 GWB i.V.m. § 80 Abs. 2 VwVfG in entsprechender Anwendung war auf Antrag der Antragstellerin gem. Ziffer 4 des Tenors auszusprechen, dass die Zuziehung eines Rechtsanwalts durch die Antragstellerin im Nachprüfungsverfahren notwendig war. Das folgt daraus, dass die Antragstellerin ungeachtet der Tatsache, dass das GWB für das Nachprüfungsverfahren 1. Instanz vor der Vergabekammer keine rechtsanwaltliche Vertretung vorschreibt, gleichwohl wegen der Komplexität des Vergaberechts und des das Nachprüfungsverfahren regelnden Verfahrensrechts einerseits sowie auch der Komplexität des konkreten streitbefangenen Vergabeverfahrens rechtsanwaltlicher Beratung und Begleitung bedurfte.
Der Kostenanspruch ist wegen des teilweise Unterliegens der Antragstellerin jedoch auf 2/3 zu begrenzen.
Die anteilige Erstattungspflicht der Antragstellerin bezüglich der Kosten der Auftraggeberin, die dieser zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstanden sind, folgt aus § 128 Abs. 4 GWB i.V.m. § 80 VwVfG. Danach war festzustellen, dass die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes auch für die Auftraggeberin im konkreten Verfahren erforderlich war. Auch wenn man von öffentlichen Auftraggebern grundsätzlich verlangen darf, dass sie über das notwendige personelle Know-how bezüglich der für eine Ausschreibung erforderlichen Rechtsgrundlagen, insbesondere der VOL/A und der VOB/A verfügen, bedurfte sie für eine angemessene Reaktion in der auch für einen erfahrenen öffentlichen Auftraggeber ungewohnten Situation eines vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahrens besonderen rechtskundigen Beistandes.
Nach den zu § 80 VwVfG geltenden Grundsätzen ist die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes dann notwendig, wenn sie vom Standpunkt eines verständigen Beteiligten für erforderlich gehalten werden durfte (BVerwGE 55, 299, 306) [BVerwG 10.04.1978 - 6 C 27/77]. Dies ist nach der herrschenden Lehre nicht nur in schwierigen und umfangreichen Verfahren zu bejahen, sondern entspricht der Regel (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 7. Aufl., § 80, Rdn. 45; Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 5. Aufl., § 80, Rdn. 81). Dieser Grundsatz soll allerdings nur im Verhältnis des Bürgers zum Staat gelten. Zu Gunsten der Ausgangsbehörde im Verwaltungsverfahren wird demgegenüber die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten nur in besonders gelagerten Einzelfällen angenommen, da die Ausgangsbehörde in der Regel mit eigenem Fachpersonal so gut ausgestattet sein muss, dass sie ihre Verwaltungstätigkeit, zu der auch die Mitwirkung im Vorverfahren (Widerspruchsverfahren) gehört, ohne fremde Unterstützung ausführen kann.
Diese für die Situation der Ausgangsbehörde in einem Widerspruchsverfahren zutreffende Auffassung kann jedoch nicht auf das vergaberechtliche Nachprüfungsverfahren übertragen werden. Schon beim materiellen Vergaberecht handelt es sich um eine überdurchschnittlich komplizierte Materie, die nicht nur in kurzer Zeit zahlreiche Veränderungen und Neuregelungen erfahren hat, sondern auch durch komplexe gemeinschaftsrechtliche Fragen überlagert ist. Entscheidend aber ist, dass das Nachprüfungsverfahren gerichtsähnlich ausgebildet ist, die Beteiligten also auch prozessuale Kenntnisse haben müssen, um ihre Rechte umfassend zu wahren. Deshalb ist im vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren die nach § 80 VwVfG gebotene Rechtspraxis zur Erstattung der Rechtsanwaltskosten nicht übertragbar (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09.11.2001, Az.: Verg 1/01; OLG Stuttgart, Beschluss v. 19.07.2000, 2 Verg 4/00, NZBau 11/2000, S. 543 ff.). Denn durch seinen Charakter als gerichtsähnlich ausgestaltetes Verfahren unterscheidet sich das Vergabenachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer eben grundlegend von dem Widerspruchsverfahren nach der VwGO.
Die Kostenentscheidung hinsichtlich der Erstattungsfähigkeit der Kosten der Beigeladenen folgt aus analoger Anwendung des § 162 Abs. 3 VwGO. Dort ist für das verwaltungsgerichtliche Verfahren geregelt, dass die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen nur erstattungsfähig sind, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt. Die analoge Anwendung dieser Vorschrift zu Gunsten eines obsiegenden Beigeladenen ist im Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer geboten (vgl. OLG Düsseldorf, NZBau 2000, S. 155, 158; sowie OLG Düsseldorf, Beschluss v. 15.06.2000, Az.: Verg 6/00). Die für eine analoge Anwendung von Vorschriften erforderliche Regelungslücke ergibt sich daraus, dass gem. § 128 Abs. 4 Satz 2 lediglich geregelt wird:
"Soweit ein Beteiligter im Verfahren unterliegt, hat er die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Auslagen des Antragsgegners zu tragen. § 80 des Verwaltungsverfahrensgesetzes und die entsprechenden Vorschriften der Verwaltungsverfahrensgesetze der Länder gelten entsprechend."
Eine daraus folgende Ungleichbehandlung eines Beigeladenen gegenüber den anderen Beteiligten des Nachprüfungsverfahrens wäre jedoch nicht sachgerecht, zumal der Beigeladene schließlich gem. § 109 GWB deshalb den Beteiligten-Status erhält, weil "dessen Interessen durch die Entscheidung schwer wiegend berührt werden".
Einerseits darf daher zwar für den Antragsteller durch (mögliche) Beiladungen kein unkalkulierbares und damit abschreckendes Kostenrisiko entstehen. Andererseits dürfen aber auch Kosten des Beigeladenen nicht zu einer Waffenungleichheit zu seinen Lasten führen (vgl. Byok/Jaeger, Vergaberecht, § 128, Rdnr. 1034).
Der Kostenerstattungsanspruch der Beigeladenen ist entsprechend dem Kostenerstattungsanspruch der Auftraggeberin auf 1/3 begrenzt.
Die Auftraggeberin wird aufgefordert, den Betrag von 1.666,-- EURO unter Angabe des Kassenzeichens ... auf folgendes Konto zu überweisen: ... Die Antragstellerin wird aufgefordert, den Betrag von 833,-- EURO unter Angabe des Kassenzeichens ... auf folgendes Konto zu überweisen: ...
Schulte
Brinkmann