Vergabekammer Lüneburg
Beschl. v. 19.01.2004, Az.: 203-VgK-38/2003
Vergabenachprüfungsverfahren hinsichtlich eines Auftrages über die Lieferung von Testkits für die Untersuchung auf transmissible spongiforme Enzephalopathie (TSE) bei Rindern und Schafen (Massenuntersuchung); Antragsbefugnis im vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren; Anforderungen an die Unverzüglichkeit einer Rüge eines Vergabeverstoßes; Grundlagen des Entstehens der Rügepflicht; Kostenentscheidung hinsichtlich der Erstattungsfähigkeit der Kosten der Beigeladenen; Kostentragung im Vergabenachprüfungsverfahren
Bibliographie
- Gericht
- VK Lüneburg
- Datum
- 19.01.2004
- Aktenzeichen
- 203-VgK-38/2003
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2004, 33630
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 13 S. 5 VgV
- § 107 Abs. 3 S. 1 GWB
- § 128 Abs. 2 GWB
- § 98 Nr. 1 GWB
- § 162 Abs. 3 VwGO analog
- § 25 Nr. 1 Abs. 2 lit. a VOL/A
Verfahrensgegenstand
VOL-Vergabeverfahren "Lieferung von Testkits für die Untersuchung auf TSE bei Rindern und Schafen (Massenuntersuchung)"
Das Nachprüfungsverfahren betraf die Vergabe eines Auftrages über die Lieferung von Testkits für die Untersuchung auf transmissible spongiforme Enzephalopathie (TSE) bei Rindern und Schafen (Massenuntersuchung). Die Antragstellerin hatte mit ihrem Antrag nur teilweise Erfolg, da sie mit einem Teil ihres Vorbringens gegen die Angebotswertung mangels unverzüglicher Rüge präkludiert war. Soweit sich die Antragstellerin gegen die unter Verstoß gegen § 13 Satz 5 VgV (Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge) erfolgte vorzeitige Zuschlagserteilung auf das Angebot der Beigeladenen gewendet hatte, befand die Kammer den Nachprüfungsantrag als begründet. Insofern entspreche die ausgesprochene anteilige Kostentragungspflicht dem Verhältnis des Obsiegens und Unterliegens im Nachprüfungsverfahren. Die Entscheidung zur anteiligen Erstattungsfähigkeit der Kosten der Antragstellerin, die ihr zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstanden sind, stützte die Kammer auf § 128 Abs. 4 GWB (Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen) i.V.m. § 80 VwVfG (Verwaltungsverfahrensgesetz). Danach sei auf Antrag der Antragstellerin festzustellen, dass die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes durch die Antragstellerin im konkreten Verfahren erforderlich war. Auch wenn man von einer fachkundigen, erfahrenen Bieterin wie der Antragstellerin grundsätzlich verlangen dürfe, dass sie über das notwendige personelle Know-how bezüglich der für eine Ausschreibung erforderlichen Rechtsgrundlagen, insbesondere der VOL/A (Allgemeine Bestimmungen für die Vergabe von Leistungen) verfügt, bedurfte sie für eine angemessene Reaktion in der auch für einen erfahrenen Bieter ungewohnten Situation eines vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahrens besonderen rechtskundigen Beistandes. Im vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren sei die nach § 80 VwVfG gebotene Rechtspraxis zur Erstattung der Rechtsanwaltskosten nicht übertragbar. Denn durch seinen Charakter als gerichtsähnlich ausgestaltetes Verfahren unterscheide sich das Vergabenachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer eben grundlegend von dem Widerspruchsverfahren nach der VwGO (Verwaltungsgerichtsordnung). Die Kostenentscheidung hinsichtlich der Erstattungsfähigkeit der Kosten der Beigeladenen stützte die Kammer auf die analoge Anwendung des § 162 Abs. 3 VwGO, die zu Gunsten eines obsiegenden Beigeladenen im Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer geboten sei.
In dem Nachprüfungsverfahren
hat die Vergabekammer bei der Bezirksregierung Lüneburg
durch den Vorsitzenden RD Gause,
die hauptamtliche Beisitzerin ROAR'in Schulte und
den ehrenamtlichen Beisitzer BOR Weyer
auf die mündliche Verhandlung vom 19.01.2004
beschlossen:
Tenor:
- 1.
Es wird festgestellt, dass die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt ist. Der am 28.11.2003 vom Auftraggeber an die Beigeladene erteilte Zuschlag ist gem. § 13 Satz 4 VgV nichtig. Im Übrigen wird der Nachprüfungsantrag zurückgewiesen.
- 2.
Die Kosten des Verfahrens tragen der Auftraggeber und die Antragstellerin je zur Hälfte.
- 3.
Die Kosten werden auf 3.302,-- EUR festgesetzt.
- 4.
Der Auftraggeber hat der Antragstellerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten zu 1/2 zu erstatten. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes war für die Antragstellerin notwendig.
- 5.
Die Antragstellerin hat der Beigeladenen die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten zu 1/2 zu erstatten. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes war auch für die Beigeladene notwendig.
Begründung
I.
Der Auftraggeber beschloss, einen Auftrag über die Lieferung von Testkits für die Untersuchung auf TSE bei Rindern und Schafen (Massenuntersuchung) für den Zeitraum vom 01.12.2003 bis 30.11.2004 wegen des nicht offenen Verfahrens zu vergeben. Von einer Bekanntmachung der beabsichtigten Vergabe im Amtsblatt der EU gem. § 3 a Abs. 3 VOL/A sah der Auftraggeber ab, weil nach seinen Recherchen nur drei Bieterunternehmen für den Auftrag in Betracht kamen. Aus dem gleichen Grund fühlte sich der Auftraggeber nicht an die Mindestzahl von fünf Bietern gem. § 3 a Abs. 2 VOL/A gebunden. Die Beweggründe des Auftraggebers sind in einem in der Vergabeakte enthaltenen Vermerk vom 29.09.2003 dargelegt.
Mit Schreiben vom 30.09.2003 forderte der Auftraggeber die von ihm ermittelten drei Bieterunternehmen, darunter die Antragstellerin und die Beigeladene, auf, bis zum 30.10.2003 ein Angebot abzugeben. Die Zuschlagsfrist wurde auf den 15.11.2003 gesetzt. In den Verdingungsunterlagen teilte der Auftraggeber den Bietern mit, dass er für den Vertragszeitraum etwa 310.000 Proben prognostiziert. Diese Proben-/Untersuchungszahl stehe allerdings in direktem Zusammenhang mit dem Schlachttieraufkommen und Verbraucherverhalten und könne nur als reine Prognose betrachtet werden. Unter "Leistungsumfang" heißt es:
"a)
Testkitbeschreibung und -mindestanforderungDer Schnelltest (ELISA) zur Untersuchung auf TSE bei Rind und Schaf muss eine Zulassung für die EU und für Deutschland haben. Er muss folgende Voraussetzungen erfüllen bzw. Eigenschaften besitzen: validiert, robust, anwenderfreundlich, hohe Spezifität und Sensivität, Eignung zum Massenscreening, automatisierbar, gute und stabile Chargenqualität."
Ferner wurde die Möglichkeit einer Vertragsverlängerung über den ausgeschriebenen Zeitraum hinaus gem. § 3 a Nr. 2 Buchst. g VOL/A hingewiesen.
Alle drei Bieter gaben fristgerecht ein Angebot ab. Ausweislich eines in der Vergabeakte enthaltenen, als "Bieterliste" überschriebenen Preisspiegels gab die Antragstellerin mit einem Gesamtpreis für die prognostizierte Probenzahl von 2.588.500,-- EUR brutto (Preis je Probe 8,35 EUR inkl. Nebenkosten und Mehrwertsteuer) das preislich niedrigste Angebot ab. Unter Berücksichtigung aller Anforderungen und bekannt gemachten Zuschlagskriterien ermittelte der Auftraggeber ausweislich eines Vermerks vom 13.11.2003 gleichwohl das Angebot der Beigeladenen mit einem Gesamtpreis von 2.889.565,-- EUR brutto (Preis je Probe 9,05 EUR inkl. Nebenkosten und Mehrwertsteuer) als wirtschaftlichstes Angebot. Mit Informationsschreiben gem. § 13 VgV vom 26.11.2003 informierte der Auftraggeber die Antragstellerin darüber, dass auf ihr Angebot der Zuschlag nicht erteilt werde, da sie nicht das wirtschaftlichste Angebot abgegeben habe. Maßgeblich seien die in den Verdingungsunterlagen genannten Kriterien Technik, Folgekosten und Funktionalität, resultierend aus zusätzlichen Personalkosten und ggf. Sachkosten bei Doppelansatz. Ferner informierte der Auftraggeber darüber, dass beabsichtigt sei, (bereits) am 01.12.2003 den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen unter namentlicher Bezeichnung der Beigeladenen zu erteilen. Bereits mit Schreiben vom 28.11.2003, ohne die 14-Tagefrist gem. § 13 VgV abzuwarten, erteilte der Auftraggeber den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen. Mit Anwaltsschriftsatz vom 12.12.2003 rügte die Antragstellerin die Auftragsvergabe an die Beigeladene und beantragte, die Vollziehung des Auftrags bis zur abschließenden Entscheidung der Vergabekammer auszusetzen. Zur Begründung der Rüge verwies sie auf einen als Anlage beigefügten, parallel gestellten Antrag bei der zuständigen Vergabekammer. In der Vergabeakte ist die Anlage nicht enthalten. Das auf dem Postwege beim Auftraggeber eingegangene Rügeschreiben trägt den Eingangsstempel 17. Dezember 2003.
Mit Anwaltsschriftsatz vom 12.12.2003, eingegangen per Telefax am gleichen Tage, hat die Antragstellerin die zuständige Vergabekammer bei der Bezirksregierung Lüneburg und parallel, da vom Auftraggeber in unzutreffender Weise in der Aufforderung zur Angebotsabgabe angegeben, auch die Vergabekammer bei der OFD Hannover angerufen. Die Antragstellerin verweist auf die Verletzung des § 13 VgV durch die vorzeitige Zuschlagserteilung durch den Auftraggeber. Inhaltlich wendet sie sich gegen die Angebotswertung und Vergabeentscheidung des Auftraggebers. Die bei der Entscheidung berücksichtigten Personal- und Sachkosten seien als solche nicht als Zuschlagskriterien in der Aufforderung zur Angebotsabgabe aufgeführt. Die Aufforderung lasse gänzlich eine Auflistung der Zuschlagskriterien vermissen. Auch seien dort nicht die Kriterien Technik, Folgekosten, Funktionalität, Gestaltung und Ästhetik als solche aufgelistet. Der Gleichbehandlungsgrundsatz und der Transparenzgrundsatz seien nicht beachtet worden. Die Antragstellerin vertritt die Auffassung, sie habe mit dem parallel am gleichen Tage abgesetzten Schriftsatz die geltend gemachten Vergaberechtsverletzungen unverzüglich im Sinne des § 107 Abs. 3 GWB gerügt. Eine frühere Rüge sei der Antragstellerin nicht möglich gewesen. Die Antragstellerin habe das Informationsschreiben des Auftraggebers erst am 02.12.2003 tatsächlich erhalten. Ihr Rügeschreiben sei dem Auftraggeber bereits am 12.12.2003 per Fax übersandt worden, was sich aus dem vorgelegten Telefaxbericht ergebe. Die von der Rechtsprechung maximal zugestandene Rügefrist von 14 Tagen sei in jedem Fall gewahrt. Die Rüge sei 11 Tage nach Erhalt der Bieterinformation erfolgt. Zu berücksichtigen sei, dass sich die Antragstellerin vor Absetzung der Rüge mit ihrer Rechtsabteilung in Verbindung setzen musste, um das weitere Vorgehen abzustimmen und schließlich den Rechtsanwalt zu beauftragen. Im Übrigen sei die Rüge aber auch entbehrlich, da der Auftraggeber durch seine vorzeitige Zuschlagserteilung eindeutig und unmissverständlich erklärt habe, dass er sein Vergabeverhalten nicht ändern werde. Die Antragstellerin verweist auf die Rechtsprechung des OLG Stuttgart und des OLG Koblenz. Die Rüge sei angesichts des vorzeitigen Zuschlags von vornherein völlig aussichtslos gewesen. Deshalb entfalle hier die Rügeobliegenheit.
Die Antragstellerin verweist darauf, dass sie das preiswerteste Angebot abgegeben habe. Die Bedenken des Auftraggebers gegen den von der Antragstellerin angebotenen Test seien nicht begründet. Bei ihrem Test handle es sich um einen automatisierbaren Schnelltest. Sowohl hinsichtlich der Funktionalität des Tests als auch hinsichtlich der Zeitersparnis ergeben sich beim Test der Antragstellerin gegenüber dem Test der Beigeladenen keine Nachteile. Ein Ausschluss des Angebots der Antragstellerin gem. § 25 Nr. 1 Abs. 2 lit. a VOL/A wegen vermeintlichen Fehlens der geforderten Angaben und Erklärungen sei nicht erfolgt, so dass die diesbezüglichen Ausführungen des Auftraggebers irrelevant seien. Im Übrigen sei das Angebot der Antragstellerin entgegen der Auffassung des Auftraggebers auch vollständig gewesen. Die Vorlage eines Praxisberichtes aus Deutschland sei in der Leistungsbeschreibung nicht gefordert worden. Danach seien lediglich vorhandene Validierungsunterlagen und Praxisstudien mit einzureichen gewesen. Eine Evaluierungsstudie der Europäischen Union genüge daher den Anforderungen. Auch der vom Auftraggeber ins Feld geführte erhebliche Mehraufwand wird bestritten. Der Verweis auf etwaige Schwierigkeiten bei der Umstellung auf andere Tests sei vergaberechtlich irrelevant. Darin würde eine Ungleichbehandlung der übrigen Bieter zu Gunsten der Beigeladenen vorliegen. Diesen Schwierigkeiten hätte der Auftraggeber nach Auffassung der Antragstellerin durch Wahl eines Verhandlungsverfahrens ohne europaweite Bekanntmachung Rechnung tragen können, was der Auftraggeber aber gerade nicht getan habe. Daher müsse er sich an die Regeln für ein nicht offenes Verfahren und insbesondere an den Gleichbehandlungsgrundsatz halten. Im Übrigen wird gerügt, dass der in der Vergabeakte enthaltene Vergabevermerk nicht den Anforderungen des § 30 VOL/A genüge.
Die Antragstellerin beantragt:
- 1.
Es wird festgestellt, dass der Vertrag zwischen der Antragsgegnerin und der Firma xxx GmbH (Beigeladene) nichtig ist.
- 2.
Der Antragsgegnerin wird auferlegt, die Vollziehung des mit der Firma xxx GmbH geschlossenen Vertrages auszusetzen bis zum Abschluss des Nachprüfungsverfahrens.
- 3.
Die Antragsgegnerin wird angewiesen, erneut in die Angebotswertung einzutreten und diese unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer durchzuführen.
- 4.
Dem Antragsgegner werden die Kosten des Verfahrens einschließlich der Auslagen der Antragstellerin auferlegt.
- 5.
Es wird festgestellt, dass die Hinzuziehung des Bevollmächtigten der Antragstellerin erforderlich war.
Der Auftraggeber beantragt,
den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen.
Der Auftraggeber räumt den Verstoß gegen § 13 VgV ein, der mit Schreiben vom 28.11.2003 an die Beigeladene erteilte Zuschlag sei nichtig. Vor diesen Hintergrund werde der mit der Beigeladenen geschlossene Vertrag auch nicht vollzogen. Ein Anspruch auf erneute Bewertung der eingegangenen Angebote ergebe sich daraus für die Antragstellerin aber nicht. Die Wertung sei ordnungsgemäß § 25 VOL/A durchgeführt worden. Das Angebot der Antragstellerin habe bereits nicht die Mindestanforderungen erfüllt, die in einem detaillierten Anforderungsprofil den Bietern mit der Angebotsaufforderung mitgeteilt worden seien. So sei im Leistungsumfang ein Schnelltest gefordert worden, der automatisierbar sein sollte. Der von der Antragstellerin angebotene Test hingegen laufe manuell ab. Lediglich für die Probenaufbereitung habe die Antragstellerin angekündigt, ab Frühjahr 2004 für diesen Teilbereich ein automatisiertes Verfahren anzubieten, welches nach einer durch die EU und Deutschland erfolgten Zulassung dem Auftraggeber zur Verfügung gestellt werden könne. Demgegenüber wurde der von der Beigeladenen angebotene Test bereits zum Zeitpunkt der Angebotswertung automatisch durchgeführt. Insofern sei das Angebot der Antragstellerin in Bezug auf die geforderte Technik des Tests bereits nicht das wirtschaftlichste im Sinne des § 25 VOL/A. Dies sei der Antragstellerin im Informationsschreiben vom 26.11.2003 auch mitgeteilt worden. Auch die Funktionalität des von der Antragstellerin angebotenen Tests sei unterlegen. Mit dem Test der Antragstellerin können lediglich 44 Einzeltests pro Testplatte durchgeführt werden. Bei der Beigeladenen hingegen seien es bis zu 90 Einzeltests pro Testplatte. Da bei der Antragstellerin demgegenüber die doppelte Plattenzahl erforderlich sei, sei eine effektive automatische Abarbeitung bei Einsatz des vorhandenen Techniksystems auszuschließen, geschweige denn, es könne mit dem Test der Antragstellerin im Vergleich zum Test der Beigeladenen eine Zeitersparnis beim Test erzielt werden. Der Auftraggeber vertritt die Auffassung, dass er das Angebot der Antragstellerin auch bereits auf der 1. Wertungsstufe gem. § 25 Nr. 1 Abs. 2 lit. a VOL/A hätte ausschließen können, da das Angebot der Antragstellerin nicht die geforderten Angaben und Erklärungen enthalten habe. Zum einen seien nicht alle Einzelkomponenten des Tests mit Preisen versehen aufgeführt worden. Dazu gehöre begriffsnotwendig auch die Berechnung der jeweiligen Verbrauchsmaterialien, die bei Durchführung des Tests erforderlich sind. So aber sei eine konkrete Berechnung des Testpreises nur unvollständig möglich. Daher sei auf Grund der dicht beieinander liegenden Testpreise auch keine Aussage darüber möglich, ob der Test der Antragstellerin letztlich tatsächlich günstiger ist als der der Mitbieter. Des Weiteren seien dem Test auch nicht die erforderlichen, bei der Antragstellerin auch vorhandenen Praxisberichte beigefügt worden. Dies gelte für den bisherigen Einsatz des Tests in Deutschland. Lediglich eine Evaluierungsstudie der EU vom 08.07.1999 sei beigefügt worden.
Im Übrigen verweist der Auftraggeber darauf, dass der zurzeit in den Untersuchungseinrichtungen in xxx verwendete Test der Beigeladenen erheblich von dem angebotenen Test der Antragstellerin abweiche. Insofern würden bei einer Umstellung auf den Test der Antragstellerin auf Grund der Änderung des Untersuchungsverfahrens umfangreiche organisatorische/technische Änderungen in den Instituten notwendig. Darüber hinaus sei bei einer Änderung der Untersuchungsverfahren zumindest für einenÜbergangszeitraum die Sicherheit der Ergebnisse nicht gewährleistet, weil eine Einarbeitung in das jeweilige neue Testverfahren erforderlich werde. Der damit verbundene erhebliche Aufwand kann nach Auffassung des Auftraggebers nur dann in Kauf genommen werden, wenn sich der Test der Antragstellerin sowohl in technischer als auch in finanzieller Hinsicht als wirtschaftlicher erweise als der bislang verwendete Test. Dies sei aber vorliegend gerade nicht der Fall.
Die Beigeladene beantragt,
den Nachprüfungsantrag als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise: ihn als unbegründet zurückzuweisen.
Die Beigeladene unterstützt das Vorbringen des Auftraggebers und vertritt im Übrigen die Auffassung, dass die Antragstellerin mit ihrem Vorbringen präkludiert sei, weil sie den vermeintlichen Vergaberechtsverstoß nicht unverzüglich nach positiver Kenntnisnahme im laufenden Vergabeverfahren gegenüber dem Auftraggeber gerügt habe.
Wegen des übrigen Sachverhalts wird auf die Vergabeakte, die Schriftsätze der Beteiligten und das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 19.01.2004 verwiesen.
II.
Der Nachprüfungsantrag ist nur zulässig und begründet, soweit sich die Antragstellerin gegen den unter Verstoß gegen § 13 Satz 5 VgV bereits am 01.12.2003 und damit nur wenige Tage nach Absendung des Informationsschreibens des Auftraggebers vom 26.11.2003 erfolgten Zuschlag an die Beigeladene wendet. Nur insoweit ist die Antragstellerin in ihren Rechten im Sinne des § 114 Abs. 1 Satz 1 GWB und § 97 Abs. 7 GWB verletzt. Soweit sie sich dagegen gegen das ihr mit Informationsschreiben vom 26.11.2003 mitgeteilte Ergebnis der Angebotswertung, die zu Grunde gelegten Zuschlagskriterien und die dortige Begründung wendet, ist der Nachprüfungsantrag unzulässig. Die Antragstellerin hat die von ihr geltend gemachten vermeintlichen Vergaberechtsverstöße nicht unverzüglich im Sinne des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB gegenüber dem Auftraggeber gerügt.
1.
Der Antrag ist nur teilweise zulässig. Bei dem Auftraggeber handelt es sich um das Land xxx und damit um einen öffentlichen Auftraggeber im Sinne des § 98 Nr. 1 GWB. Der streitbefangene Auftrag übersteigt auch den für die Zuständigkeit der Vergabekammer maßgeblichen Schwellenwert gem. § 100 Abs. 1 GWB. Danach gilt der 4. Teil des GWB nur für solche Aufträge, die die Auftragswerte erreichen oder überschreiten, die durch Rechtsverordnung nach § 127 GWB festgelegt sind. Bei den ausgeschriebenen Leistungen handelt es sich um einen Lieferungsauftrag im Sinne des § 99 Abs. 1, Abs. 2 GWB, für den gem. § 2 Nr. 3 der am 01.02.2001 in Kraft getretenen Vergabeverordnung (VgV) vom 09.01.2001 ein Schwellenwert von 200.000,-- EUR gilt. Der Wert des ausgeschriebenen Auftrags überschreitet nach dem Ergebnis der Ausschreibung den für die Anrufung der Kammer maßgeblichen Schwellenwert. Der Auftraggeber hat ausweislich der Vergabeakte im streitbefangenen Vergabeverfahren drei Angebote mit Endsummen von 2.588.500,-- EUR bis 2.889.665,-- EUR inklusive Mehrwertsteuer erhalten.
Die Antragstellerin ist auch gem. § 107 Abs. 2 GWB antragsbefugt, da sie als Bieterin ein Interesse am Auftrag hat und ihre Verletzung von Rechten durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht, indem sie darauf hinweist, dass der Auftraggeber zu Unrecht das Angebot der Beigeladenen als wirtschaftlichstes Angebot ermittelt hat, obwohl die Antragstellerin selbst den niedrigsten Endpreis angeboten habe. Voraussetzung für die Antragsbefugnis gem. § 107 Abs. 2 ist, dass das antragstellende Unternehmen einen durch die behauptete Rechtsverletzung entstandenen oder drohenden Schaden darlegt. Dies bedeutet, dass die Antragstellerin diejenigen Umstände aufzeigen muss, aus denen sich schlüssig die Möglichkeit eines solchen Schadens ergibt (vgl. Boesen, Vergaberecht, § 107, Rn. 52). Die Antragstellerin hat ein entsprechendes Rechtsschutzbedürfnis dargelegt. Die diesbezüglichen Anforderungen oder die Darlegungslast dürfen nicht überspannt werden (vgl. Byok/Jaeger, Vergaberecht, § 107, Rn. 677). Das tatsächliche Vorliegen der Rechtsverletzung ist vielmehr eine Frage der Begründetheit (vgl. Vergabekammer Südbayern, Beschluss vom 13.12.1999 - 11/99).
Die Antragstellerin ist jedoch nicht ihrer Pflicht gem. § 107 Abs. 3 GWB nachgekommen, vor Anrufung der Vergabekammer die behaupteten Verstöße gegen die Vergabevorschriften bereits im Vergabeverfahren selbst gegenüber dem Auftraggeber unverzüglich zu rügen. Die Rüge war lediglich entbehrlich, soweit sie sich gegen die unter Verstoß gegen § 13 Satz 5 VgV erfolgte vorzeitige Zuschlagserteilung auf das Angebot der Beigeladenen vom 01.12.2003 wendet, weil die Antragstellerin davon erst nach Zuschlagserteilung Kenntnis erlangte. Das an die Antragstellerin gerichtete Informationsschreiben gem. § 13 VgV vom 26.11.2003 ist ausweislich des in der Vergabeakte enthaltenen handschriftlichen Vermerks des Auftraggebers auf dem Entwurf des Schreibens erst am 28.11.2003, einem Freitag, abgesandt worden. Die Antragstellerin hat glaubhaft dargelegt, dass dieses Informationsschreiben erst am Dienstag, den 02.12.2003, postalisch in ihrer Europazentrale in xxx eingegangen ist. Der schwer wiegende Vergaberechtsverstoß gegen § 13 VgV war zu diesem Zeitpunkt bereits erfolgt, die Nichtigkeitsfolge des § 13 Satz 6 VgV bereits eingetreten. Lediglich die Erfüllung dieses nichtigen Vertrages konnte ausgesetzt werden, was der Auftraggeber spätestens seit Zustellung des Nachprüfungsantrages durch die Vergabekammer auch unstreitig getan hat.
Hinsichtlich ihres weiter gehenden Nachprüfungsantrags, mit dem sich die Antragstellerin gegen die Angebotswertung des Auftraggebers und das Ergebnis dieser Wertung wendet, hat die Antragstellerin die vermeintlichen Vergaberechtsverstöße nicht unverzüglich im Sinne des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB gerügt, so dass der Vergabekammer eine materielleÜberprüfung dieser Angebotswertung mangels Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags verwehrt ist. Das Informationsschreiben des Auftraggebers gem. § 13 VgV vom 26.11.2003 ist nach eigenem Vortrag der Antragstellerin am Dienstag, den 02.12.2003, in ihrer Europazentrale in xxx, xxx, eingegangen. Seit diesem Zeitpunkt hat die Antragstellerin Kenntnis darüber erlangt, dass die Wertung des Auftraggebers zu dem Ergebnis geführt hat, dass der Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen erteilt werden soll und dass der Zuschlag nicht auf das Angebot der Antragstellerin erteilt werden könne, weil sie nicht das wirtschaftlichste Angebot gem. § 25 Nr. 3 VOL/A abgegeben habe. Der Auftraggeber hat diese Entscheidung zwar knapp - aber im Einklang mit der Rechtsprechung ausreichend - damit begründet, dass ein wirtschaftlicheres Hauptangebot vorliege und das Angebot der Antragstellerin insbesondere unter den genannten Kriterien Technik, Folgekosten und Funktionalität nicht das wirtschaftlichste gewesen ist, wobei die Bewertung hinsichtlich des Kriteriums Funktionalität aus "zusätzlichen Personalkosten und ggf. Sachkosten bei Doppelansatz" resultiere. Spätestens dieser Hinweis auf vermeintliche zusätzliche Personalkosten und Sachkosten bei einem vermeintlichen Doppelansatz hätte die Antragstellerin, die sowohl über die Anforderungen der knappen, aber von keinem Bieter gerügten Leistungsbeschreibung als auch über das von ihr angebotene Testverfahren auch ohne die Hinzuziehung anwaltlicher Beratung im Bilde war, veranlassen müssen, diese Entscheidung des Auftraggebers auch ohne anwaltliche Beratung zumindest zu hinterfragen und spätestens innerhalb einer Woche gegenüber dem Auftraggeber zu rügen. Die Antragstellerin hat jedoch erst am Freitag, den 12.12.2003, die Rüge mit Anwaltsschriftsatz um 19.23 Uhr und damit nach Geschäftsschluss an den Auftraggeber abgesandt, so dass die Rüge den Auftraggeber erst am Montag, den 15.12.2003, und damit 14 Tage nach Eingang des Informationsschreibens bei der Antragstellerin zugegangen ist (vgl. Palandt-Heinrichs, BGB, 62. Auflage, § 130, Rn. 7, 7 a, m.w.N.). Das Erfordernis der Unverzüglichkeit ist damit nicht gewahrt.
Bei der Vorschrift des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB handelt es sich um eine Präklusionsregel unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben. Der Bieter soll Vergabefehler nicht auf Vorrat sammeln. Die Rügepflicht des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB entsteht, sobald ein Bieter oder Bewerber im Vergabeverfahren einen vermeintlichen Fehler erkennt. Vorausgesetzt ist die positive Kenntnis des Anbieters von den Tatsachen. Werden etwa beim Durcharbeiten des Leistungsverzeichnisses Ungenauigkeiten festgestellt, liegt bereits positive Kenntnis vor (vgl. Byok/Jaeger, a.a.O., § 107, Rn. 681). Ausreichend für die positive Kenntnis eines Mangels im Sinne von § 107 Abs. 3 GWB ist bereits das Wissen um einen Sachverhalt, der den Schluss auf die Verletzung vergaberechtlicher Bestimmungen erlaubt und es bei vernünftiger Betrachtung gerechtfertigt erscheinen lässt, das Vergabeverfahren als fehlerhaft zu beanstanden (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.08.2002, Az.: Verg 9/00). Die Frage, ob eine Rüge noch unverzüglich nach positiver Kenntniserlangung erfolgt, hängt vom Einzelfall ab. Nach der Rechtsprechung muss die Rüge angesichts der kurzen Fristen, die im Vergaberecht allgemein gelten, grundsätzlich binnen ein bis drei Tagen erfolgen (vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom 18.09.2003, Az.: 1 Verg. 4/03; Bechtold, GWB, § 107, Rn. 2). Eine Rügefrist von zwei Wochen, die in der Rechtsprechung als Obergrenze anerkannt wird (vgl. OLG Düsseldorf, NZBau 2000, S. 45 ff. [OLG Düsseldorf 13.04.1999 - Verg 1/99]) kann einem Bieterunternehmen allenfalls dann zugestanden werden, wenn eine verständliche Abfassung der Rüge durch eine schwierige Sach- und/oder Rechtslage erschwert wird und die Inanspruchnahme fachkundiger Hilfe erfordert. Die Voraussetzungen für die Ausschöpfung der von der Rechtsprechung maximal zugestandenen Rügefrist liegen im vorliegenden Fall jedoch nicht vor.
Die Antragstellerin hat vorgetragen, dass ihr eine frühere Rüge nicht möglich gewesen sei. Sie vertritt die Auffassung, dass die Rechtsprechung des OLG Koblenz, nach der eine Rüge grundsätzlich innerhalb von ein bis drei Tagen nach Kenntnis vom Rechtsverstoß erfolgen muss, zu streng, weil rechtsschutzverkürzend sei und verweist auf eine entsprechende Kritik im Schrifttum (vgl. Dreher, in: Immenga/Mestmäcker, GWB, 3. Auflage, § 107, Rn. 39). Seit Eingang des Informationsschreibens am 02.12.2003 bis zur Versendung des Rügeschreibens am 12.12.2003 seien lediglich 11 Tage vergangen. Erst am 12.12.2003 sei der Rechtsanwalt von der Antragstellerin mit der Angelegenheit befasst worden. Das Verstreichen dieses Zeitraums sei auf betriebsinterne Abläufe der Antragstellerin zurückzuführen und insbesondere in der Tatsache begründet, dass sich der Regionalverkaufsleiter der Antragstellerin zuerst mit seiner Rechtsabteilung in Verbindung setzen musste, um das weitere Vorgehen abzustimmen und vor allem zu klären, ob ein Vorgehen in rechtlicher Hinsicht überhaupt in Betracht kommt und aussichtsreich ist. In der mündlichen Verhandlung hat die Antragstellerin erklärt, dass man wegen der falschen Adressierung des Informationsschreibens (richtige Straße, Hausnummer und Postleitzahl für die Europazentrale in xxx aber fälschlicherweise xxx als Adresse genannt) dieses Informationsschreiben nicht gleich einem konkreten Vergabeverfahren habe zuordnen können, so dass von daher schon geraume Zeit bis zur positiven Kenntnisnahme verstrichen sei. Dieser Fehler in der Adressierung des Informationsschreibens gem. § 13 VgV kann nach Überzeugung der Vergabekammer allerdings nur zu einer unwesentlichen Verzögerung der Kenntnisnahme der Rüge und dem Nachprüfungsantrag zu Grunde liegenden Sachverhalt geführt haben. Dies ergibt sich bereits daraus, dass das Informationsschreiben nach eigenem Vortrag der Antragstellerin unstreitig am 02.12.2003 korrekterweise in der Europazentrale der Antragstellerin in xxx und eben nicht in xxx, was falsch gewesen wäre, eingegangen ist. Die Probleme bei der Zuordnung dieses Schreibens zu einem konkreten Vergabeverfahren sind auch deshalb nicht nachvollziehbar, weil aus dem Informationsschreiben ausdrücklich der Auftraggeber und der Gegenstand der Ausschreibung, nämlich die Lieferung von Testkits für die Untersuchung auf TSE bei Rind und Schaf (Massenuntersuchung) hervorgegangen ist. Das Angebot der Antragstellerin ist ausweislich des in der Vergabeakte enthaltenen Originalangebotes auch unmittelbar in der Europazentrale der Antragstellerin, xxx, xxx, erstellt und von dort an die Auftraggeberin abgesandt worden.
Es ist daher davon auszugehen, dass das Informationsschreiben, wenn nicht gleich am 02.12.2003, so jedoch spätestens am nächsten Tag den zuständigen Mitarbeitern im Hause der Antragstellerin vorgelegen hat - dies nicht zuletzt auch angesichts des nicht unerheblichen Auftragsvolumens. Die Vergabekammer teilt die Auffassung der Antragstellerin, dass ihr als Bieter eine Erörterung der Angelegenheit mit der eigenen Rechtsabteilung über die Notwendigkeit und die Erfolgsaussichten einer Rüge zugestanden werden muss und dass von daher ein geringfügiges Überschreiten der vom OLG Koblenz als regelmäßige Rügefrist von ein bis drei Tagen nach positiver Kenntnisnahme zugestanden werden muss. Der Inhalt des Informationsschreibens warf indessen keine derartig komplizierten Sach- oder Rechtsfragen auf, dass die vorherige Befassung eines Rechtsanwalts vor Absetzung der Rüge erforderlich gewesen wäre. Wenn die Antragstellerin diesen Schritt gleichwohl für notwendig erachtete, war sie gehalten, den Rechtsanwalt unverzüglich mit der Angelegenheit zu befassen und nicht erst 11 Tage später, am 12.12.2003 zu beauftragen. Die Vergabekammer geht davon aus, dass die Antragstellerin nach Erhalt des Informationsschreibens am 02.12.2003 spätestens innerhalb einer Woche bis maximal 8 Tagen in der Lage gewesen ist, zu erfassen, dass ihr Angebot ausweislich der Begründung des Informationsschreibens wegen der Wirtschaftlichkeitskriterien Technik, Folgekosten und Funktionalität ausgeschlossen wurde, obwohl diese Wirtschaftlichkeits- und Zuschlagskriterien in den Verdingungsunterlagen nicht ausdrücklich genannt waren. Wenn diese Tatsache allein die Antragstellerin noch nicht zu einer sofortigen Rüge veranlasste, musste sie spätestens auf Grund der weiteren Erklärung in dem Informationsschreiben des Auftraggebers, nach der von "zusätzlichen Personalkosten und ggf. Sachkosten bei Doppelansatz" beim Angebot der Antragstellerin auszugehen sei, als fachkundiges Unternehmen veranlassen, unverzüglich eine Rüge an den Auftraggeber, die grundsätzlich formlos möglich ist und an die keine erhöhten Anforderungen gestellt werden, absetzen. Dies ist jedoch noch nicht einmal in telefonischer Form auch nur ansatzweise geschehen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass an den Inhalt einer Rüge nur sehr geringe Anforderungen gestellt werden. Weder muss sie ausdrücklich als solche bezeichnet werden, noch ist es erforderlich, mit ihr die verletzte Vergabevorschrift zu benennen. Sie muss aber den vermeintlichen Vergabeverstoß bezeichnen und die Aufforderung an die Vergabestelle enthalten, Abhilfe zu schaffen (vgl. Kullack in: Heiermann/Riedl/Rusam, VOB, 10. Auflage, § 107 GWB, Rn. 28, m.w.N.).
Unter Zugrundelegung dieses zutreffenden Maßstabs erfolgte die mit Anwaltsschriftsatz vom 12.12.2003 per Telefax am gleichen Tage, jedoch erst nach Geschäftsschluss versandte und frühestens am 15.12.2003 beim Auftraggeber eingegangene Rüge nicht unverzüglich im Sinne des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB. Hinzu kommt, dass die Telefax-Versendung der Rüge um 19.23 Uhr und damit nur 12 Minuten vor Stellung des Nachprüfungsantrages bei der Vergabekammer am 12.12.2003, ebenfalls per Telefax, erfolgte, so dass der Auftraggeber auf diese Rüge vor Einleitung des Nachprüfungsverfahrens faktisch gar nicht mehr reagieren konnte. Der Nachprüfungsantrag ist daher unzulässig, soweit er sich gegen die Angebotswertung und die Behandlung des Angebotes der Antragstellerin wendet. Lediglich bezüglich des Verstoßes gegen § 13 VgV ist der Antrag zulässig.
2.
Soweit sich die Antragstellerin gegen die unter Verstoß gegen § 13 Satz 5 VgV erfolgte vorzeitige Zuschlagserteilung auf das Angebot der Beigeladenen vom 01.12.2003 wendet, ist der Nachprüfungsantrag begründet. Die Antragstellerin ist insoweit in ihren Rechten gem. § 114 Abs. 1 Satz 1 GWB und § 97 Abs. 7 GWB verletzt. Sinn und Zweck der 14-Tagesfrist des § 13 VgV ist es, zu verhindern, dass ein öffentlicher Auftraggeber die im Vergabeverfahren nicht zum Zuge gekommenen Bieter durch unangekündigte Zuschlagserteilung vor vollendete Tatsachen stellt und somit an deren Möglichkeit, vom Primärrechtsschutz nach dem 4. Teil des GWB Gebrauch zu machen, hindert. Insoweit hatte die Vergabekammer festzustellen, dass die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt ist und dass der vorzeitig erteilte Zuschlag gem. § 13 Satz 6 VgV nichtig ist.
III. Kosten
Die Kostenentscheidung folgt aus § 128 GWB. Nach Art. 7 Nr. 5 des 9. Euro-Einführungsgesetzes (BGBl. 58/2001 vom 14.11.2001, S. 2992ff.) vom 10.11.2001 werden die DM-Angaben in § 128 GWB für die von der Vergabekammer festzusetzende Gebühr durch Angaben in Euro im Verhältnis 1 : 2 ersetzt, so dass die regelmäßige Mindestgebühr nunmehr 2.500 Euro, die Höchstgebühr 25.000 Euro bzw., in Ausnahmefällen, 50.000 Euro beträgt.
Es wird eine Gebühr in Höhe von 3.302,-- EUR gemäß § 128 Abs. 2 GWB festgesetzt.
Der zu Grunde zu legende Auftragswert für den streitbefangenen Gesamtauftrag beträgt nach dem Ergebnis der streitbefangenen Ausschreibung 2.588.500,-- EUR. Dieser Betrag entspricht den Kosten nach dem Angebot der Antragstellerin und damit ihrem Interesse am Auftrag.
Die Gebührenermittlung erfolgt anhand einer Gebührentabelle des Bundeskartellamtes vom 09.02.1999 in der z. Zt. gültigen Fassung vom 01.01.2003. Hiernach wird der Mindestgebühr von 2.500 EUR (§ 128 (2) GWB) eine Ausschreibungssumme von bis zu 80.000 EUR zugeordnet und dem regelmäßigen Höchstwert von 25.000 EUR (§ 128 (2) GWB) eine Ausschreibungssumme von 70 Mio. EUR (höchste Summe der Nachprüfungsfälle 1996 -1998) gegenübergestellt. Bei einer Ausschreibungssumme von 2.588.500,-- EUR ergibt sich durch Interpolation eine Basisgebühr von 3.302,-- EUR.
Diese Gebühr schließt einen durchschnittlichen sachlichen und personellen Aufwand ein. Gutachterkosten und Kosten von Zeugenvernehmungen sind nicht angefallen.
Die in Ziffer 2 des Tenors verfügte Aufteilung der Kosten auf die Antragstellerin und den Auftraggeber folgt aus § 128 Abs. 3 Satz 1 GWB. Danach hat ein Beteiligter, soweit er im Verfahren unterliegt, die Kosten zu tragen. Hier war zu berücksichtigen, dass der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin nur teilweise begründet war und diese nur durch den unter Verstoß gegen § 13 VgV erfolgten vorzeitigen Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen in ihren Rechten im Sinne des § 97 Abs. 7 verletzt ist. Dagegen war ihr Nachprüfungsantrag hinsichtlich ihres Hauptantrages zu 3, den Auftraggeber zum erneuten Eintritt in die Angebotswertung zu verpflichten, um so doch noch den Zuschlag erlangen zu können, erfolglos. Ihr Vorbringen gegen die Angebotswertung war mangels unverzüglicher Rüge präkludiert Die anteilige Kostentragungspflicht entspricht daher dem Verhältnis des Obsiegens und Unterliegens im Nachprüfungsverfahren (vgl. Beschluss des OLG Celle vom 06.06.2003, Az.: 13 Verg 5/03).
Die anteilige Erstattungspflicht bezüglich der Kosten der Antragstellerin, die dieser zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstanden sind, folgt aus § 128 Abs. 4 GWB i.V.m. § 80 VwVfG. Danach war auf Antrag der Antragstellerin festzustellen, dass die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes durch die Antragstellerin im konkreten Verfahren erforderlich war. Auch wenn man von einer fachkundigen, erfahrenen Bieterin wie der Antragstellerin grundsätzlich verlangen darf, dass sie über das notwendige personelle Know-how bezüglich der für eine Ausschreibung erforderlichen Rechtsgrundlagen, insbesondere der VOL/A verfügt, bedurfte sie für eine angemessene Reaktion in der auch für einen erfahrenen Bieter ungewohnten Situation eines vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahrens besonderen rechtskundigen Beistandes. Nach den zu § 80 VwVfG geltenden Grundsätzen ist die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes dann notwendig, wenn sie vom Standpunkt eines verständigen Beteiligten für erforderlich gehalten werden durfte (BVerwGE 55, 299, 306). Dies ist nach der herrschenden Lehre nicht nur in schwierigen und umfangreichen Verfahren zu bejahen, sondern entspricht der Regel (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 7. Aufl., § 80, Rdn. 45; Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 5. Aufl., § 80, Rdn. 81). Dieser Grundsatz soll allerdings nur im Verhältnis des Bürgers zum Staat gelten. Schon beim materiellen Vergaberecht handelt es sich um eine überdurchschnittlich komplizierte Materie, die nicht nur in kurzer Zeit zahlreiche Veränderungen und Neuregelungen erfahren hat, sondern auch durch komplexe gemeinschaftsrechtliche Fragen überlagert ist. Entscheidend aber ist, dass das Nachprüfungsverfahren gerichtsähnlich ausgebildet ist, die Beteiligten also auch prozessuale Kenntnisse haben müssen, um ihre Rechte umfassend zu wahren. Deshalb ist im vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren die nach § 80 VwVfG gebotene Rechtspraxis zur Erstattung der Rechtsanwaltskosten nicht übertragbar (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09.11.2001, Az.: Verg 1/01; OLG Stuttgart, Beschluss v. 19.07.2000, 2 Verg 4/00, NZBau 11/2000, S. 543 ff.). Denn durch seinen Charakter als gerichtsähnlich ausgestaltetes Verfahren unterscheidet sich das Vergabenachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer eben grundlegend von dem Widerspruchsverfahren nach der VwGO.
Angesichts der oben erörterten Tatsache, dass der Auftraggeber im Nachprüfungsverfahren teilweise unterlegen ist, hat er die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlichen Kosten der Antragstellerin zu 1/2 zu tragen. Dem Auftraggeber selbst sind keine Anwaltskosten entstanden.
Die Kostenentscheidung hinsichtlich der Erstattungsfähigkeit der Kosten der Beigeladenen folgt aus analoger Anwendung des § 162 Abs. 3 VwGO. Dort ist für das verwaltungsgerichtliche Verfahren geregelt, dass die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen nur erstattungsfähig sind, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt. Die analoge Anwendung dieser Vorschrift zu Gunsten eines obsiegenden Beigeladenen ist im Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer geboten (vgl. OLG Düsseldorf, NZBau 2000, S. 155, 158 [OLG Düsseldorf 12.01.2000 - Verg 3/99]; sowie OLG Düsseldorf, Beschluss v. 15.06.2000, Az.: Verg 6/00). Die für eine analoge Anwendung von Vorschriften erforderliche Regelungslücke ergibt sich daraus, dass gem. § 128 Abs. 4 Satz 2 lediglich geregelt wird: "Soweit ein Beteiligter im Verfahren unterliegt, hat er die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Auslagen des Antragsgegners zu tragen. § 80 des Verwaltungsverfahrensgesetzes und die entsprechenden Vorschriften der Verwaltungsverfahrensgesetze der Länder gelten entsprechend." Eine daraus folgende Ungleichbehandlung eines Beigeladenen gegenüber den anderen Beteiligten des Nachprüfungsverfahrens wäre jedoch nicht sachgerecht, zumal der Beigeladene schließlich gem. § 109 GWB deshalb den Beteiligten-Status erhält, weil "dessen Interessen durch die Entscheidung schwer wiegend berührt werden". Unter Berücksichtigung dieser sachgerechten Grundsätze entspricht es im vorliegenden Fall der Billigkeit i.S.d. hier analog anzuwendenden § 162 Abs. 3 VwGO, dass die Antragstellerin - soweit sie unterlegen ist - die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung im Nachprüfungsverfahren erforderlichen Aufwendungen der Beigeladenen, zu denen auch die Kosten eines durch die in einem derartig komplexen, nicht nur materielles Vergaberecht, sondern auch prozessuale Rechtsfragen berührenden Verfahren ohne weiteres erforderlichen Hinzuziehung eines Rechtsanwalts gehören, zu tragen hat.
Der Auftraggeber wird aufgefordert, den Betrag von 1.651,-- EURO unter Angabe des Kassenzeichens xxx auf folgendes Konto zu überweisen: xxx
Die Antragstellerin wird aufgefordert, den Betrag von 1.651,-- EURO unter Angabe des Kassenzeichens xxx auf folgendes Konto zu überweisen: xxx
Schulte
Weyer