Vergabekammer Lüneburg
Beschl. v. 29.04.2004, Az.: 203-VgK-11/2004
Ausschreibung von Entsorgungsdienstleistungen im Rahmen eines Vergabeverfahrens; Rechtmäßigkeit der Einschaltung von Dritten in das Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge ; Dokumentation der Plausibilitätsprüfung des Angebotspreises der Beigeladenen; Rückgriff eines Bieters auf die für ein Tochterunternehmen oder Schwesterunternehmen ausgestellten Referenzen; Vergaberechtliche Eignungsprüfung eines Bieters
Bibliographie
- Gericht
- VK Lüneburg
- Datum
- 29.04.2004
- Aktenzeichen
- 203-VgK-11/2004
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2004, 33912
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 97 Abs. 7 GWB
- § 107 Abs. 2 GWB
- § 114 Abs. 1 GWB
- § 13 VgV
- § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A
- § 30 VOL/A
- § 80 VwVfG
Verfahrensgegenstand
Vergabeverfahren Entsorgungsdienstleistungen (Los 1) im Landkreis ...
In dem Nachprüfungsverfahren
hat die Vergabekammer bei der Bezirksregierung Lüneburg
durch
den Vorsitzenden RD Gause,
die hauptamtliche Beisitzerin BOAR'in Schulte und
den ehrenamtlichen Beisitzer Fachbereichsleiter Senger
auf die mündliche Verhandlung vom 21.04.2004
beschlossen:
Tenor:
- 1.
Der Nachprüfungsantrag wird zurückgewiesen.
- 2.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin.
- 3.
Die Kosten werden auf 5.663,- EUR festgesetzt.
- 4.
Die Antragstellerin hat dem Auftraggeber und der Beigeladenen die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten zu erstatten. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes war sowohl für den Auftraggeber als auch für die Beigeladene notwendig.
Begründung
I.
Der Auftraggeber hat gemeinsam mit dem Landkreis ... verschiedene Entsorgungsdienstleistungen europaweit im offenen Verfahren ausgeschrieben. Die Bekanntmachung im Amtsblatt der EU erfolgte am 20.09.2003. Diese Bekanntmachung wurde mit einer weiteren Bekanntmachung vom 26.09.2003 hinsichtlich der Frist für den Erhalt der Ausschreibungsunterlagen und zusätzlicher Unterlagen sowie hinsichtlich der Auftragsdauer bzw. der Fristen für die Durchführung des Auftrages korrigiert. Die Leistung wurde in insgesamt acht Losen ausgeschrieben. Streitbefangen ist hier das Los 1 Behälterabfuhr und Inselentsorgung Landkreis ... betreffend Behälterabfuhr Restmüll (23.000 t/a) und Biomüll (22.000 t/a) auf dem Festland, als Eventualposition unter Einsatz eines Ident-Systems, den Behälterdienst auf dem Festland sowie die Inselentsorgung ... mit Behälterabfuhr (Restmüll und Sperrmüllfraktion, Behälterdienst und Betriebsführung der Umschlagstation ... mit Umschlag der abgefahrenen und angenommenen Abfälle inklusive Transport zum Festland bzw. (bezüglich Restmüll und Grünabfällen) zum Abfallwirtschaftszentrum .... Der Auftrag für das streitbefangene Los wurde für den Zeitraum 01.01.2005 (Festland) bzw. 01.01.2007 (...) bis 31.12.2010 ausgeschrieben. Nebenangebote und Alternativvorschläge wurden ausdrücklich zugelassen.
Als Zuschlagskriterium wurde der niedrigste Preis benannt. Bereits mit der Vergabebekanntmachung wurden detailliert Eignungsnachweise verlangt wie Referenzen zum Nachweis, dass der Bieter ähnliche Leistungen bereits durchgeführt hat, als ausdrückliche Mindestanforderung für alle Lose die Anerkennung als Entsorgungsfachbetrieb oder vergleichbare Qualifikation, Unterlagen zur technischen Ausstattung des Unternehmens etc. Bietergemeinschaften sollten die geforderten Unterlagen für alle Mitglieder der Bietergemeinschaft vorlegen. Beim Einsatz von Nachunternehmern sollten Art und Umfang der durch Nachunternehmer auszuführenden Leistungen angegeben und die vorgesehenen Nachunternehmer benannt werden, die Eignung für den Leistungsbestandteil, den der Nachunternehmer angebotsmäßig übernehmen soll, war grundsätzlich ebenfalls für den Nachunternehmer nachzuweisen. Für das streitbefangene Los 1 war zusätzlich anzugeben bzw. vorzulegen eine Beschreibung der organisatorischen und technischen Abläufe zur Erfüllung der Dienstleistung, Angaben zum als Wahlposition vorgesehenen Ident-System (Komponenten, Hersteller). Jeder Hersteller musste für den von ihm verantworteten Teilleistungsbereich Erfahrungen und Referenzen vorweisen. Hinsichtlich weiterer Hinweise wurde auf die Verdingungsunterlagen verwiesen. Mit der Vorbereitung und Begleitung des Vergabeverfahrens wurde das Büro ... GmbH, ... (im Folgenden: Ingenieurbüro) beauftragt. Aufgrund mehrerer Bieteranfragen und Rügen wurden insgesamt vier Bieterrundschreiben versandt. Bis zum Ablauf der mit Bieterrundschreiben Nr. 2 vom 14.11.2003 verlängerten Angebotsfrist (17.12.2003) gingen Angebote von insgesamt sieben Bieterunternehmen ein. Hinsichtlich des hier streitbefangenen Loses 1 gab die antragstellende Bietergemeinschaft ein Hauptangebot ab. Die Beigeladene beteiligte sich ebenfalls mit einem Hauptangebot sowie mit einem losübergreifenden Nebenangebot. In der Vergabeakte ist ein ausführlicher, 45-seitiger Vergabevermerk vom 24.02.2004 enthalten. Das Ingenieurbüro und der Auftraggeber kamen zu dem Schluss, dass die Angebote der Antragstellerin und der Beigeladenen vollständig und wertbar sind und dass sowohl die Antragstellerin wie auch die Beigeladene ihre Eignung für den streitbefangenen Auftrag belegt haben. Als wirtschaftlichstes Angebot für das Los 1 ermittelte der Auftraggeber das Hauptangebot der Beigeladenen mit einem Preis von 7.639.304,-- EUR brutto/a. Auf Rang 2 folgte das Angebot der Antragstellerin mit einem Preis von 9.967.437,-- EUR/a brutto. Im Vergabevermerk ist vermerkt, dass das Angebot der Beigeladenen wegen des Preisabstandes zum nächsthöheren Angebot der Antragstellerin (30 %) einer Preisprüfung unterzogen werden muss. Über die Preisprüfung (Lose 1 bis 6) ist ein gesonderter, 29-seitiger Vermerk des beauftragten Ingenieurbüros vom 24.02.2004 in der Vergabeakte enthalten. Der Auftraggeber folgte der Empfehlung des Ingenieurbüros und entschied, den Zuschlag auf das Hauptangebot der Beigeladenen zum Los 1 zu erteilen. Mit Schreiben vom 02.03.2004 informierte der Auftraggeber die Antragstellerin gem. § 13 VgV, dass er beabsichtige, bezüglich des Loses 1 den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen am 17.03.2004 zu erteilen. Das Angebot der Antragstellerin für Los 1 solle nicht berücksichtigt werden, weil sie nicht das wirtschaftlichste Angebot abgegeben habe. Es liege ein niedrigeres Hauptangebot vor.
Mit Anwaltsschriftsatz vom 08.03.2004, eingegangen beim Auftraggeber per Fax am gleichen Tage (20:28 Uhr), rügte die Antragstellerin diese Entscheidung des Auftraggebers. Sie äußerte die Vermutung, dass das Angebot der Beigeladenen preislich nicht angemessen sei. Zur Begründung verwies sie darauf, dass sie selbst ihr Angebot äußerst knapp kalkuliert habe. Außerdem verwies sie auf den Preisabstand des Angebotes der Beigeladenen mit einem Preis von 7.639.304,-- EUR/a zum höchsten Angebotspreis von 15.474.289,-- EUR/a. Das Angebot der Beigeladenen hätte daher nach Auffassung der Antragstellerin auf seine Angemessenheit geprüft werden müssen, was der Auftraggeber aber nicht im ausreichenden Maße getan habe. Die Unauskömmlichkeit des von der Beigeladenen angebotenen Preises ergebe sich bereits aus dem Vergabevermerk, wo der Auftraggeber selbst festgestellt habe, dass die Beigeladene in fast jeder Hinsicht knapp rechne. Der Vermerk zur preislichen Angemessenheitsprüfung genüge nicht den Anforderungen des § 30 VOL/A.
Ferner sprach die Antragstellerin der Beigeladenen die erforderliche Fachkunde und Leistungsfähigkeit ab. Das Angebot der Beigeladenen dürfe gem. § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A nicht berücksichtigt werden. Sie, die Antragstellerin, gehe davon aus, dass die Beigeladene den Nachweis nicht habe führen können, dass sie, wie vom Auftraggeber in den Verdingungsunterlagen gefordert, ähnliche Leistungen bereits durchgeführt habe. Die Beigeladene sei auch nicht leistungsfähig. Weder Fuhrpark noch Mitarbeiterstamm des Unternehmens der Beigeladenen seien für die Erfüllung des streitbefangenen Auftrags ausreichend.
Bereits mit Schreiben vom 20.10.2003, 07.11.2003 und 03.12.2003 hatte die Antragstellerin verschiedene Punkte einzelner Lose und der Gesamtausschreibung gerügt.
Mit Anwaltsschriftsatz vom 10.03.2004, eingegangen bei der Vergabekammer per Telefax am gleichen Tage (22:07 Uhr), hat die Antragstellerin die Vergabekammer angerufen. Zur Begründung ihres Nachprüfungsantrags verweist sie auf das Rügeschreiben vom 08.03.2004 sowie auf die vorangegangenen Rügeschreiben vom 20.10., 07.11. und 03.12.2003, soweit diese die Ausschreibung an sich oder das streitbefangene Los 1 betreffen. Sie macht folgende Verstöße gegen Vergaberecht geltend:
- Der Auftraggeber beabsichtige unter Verstoß gegen§ 25 Nr. 2 Abs. 2 VOL/A, den Zuschlag auf ein Angebot mit einem ungewöhnlich niedrigen Preis zu erteilen. Der Auftraggeber habe zwar hinsichtlich des Loses 1 erkannt, dass er Anlass hatte, die Angemessenheit des von ihm für den Zuschlag favorisierten Angebotes der Beigeladenen gem. § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A zu überprüfen. DieÜberprüfung sei jedoch nicht im erforderlichen Maße erfolgt. Auch der diesbezügliche Vermerk in der Vergabeakte genüge nicht den Anforderungen des § 30 VOL/A. Das Angebot der Beigeladenen könne nur spekulativ sein. Das eigene Angebot der Antragstellerin basiere auf Kalkulationsgrundlagen, die auf den derzeitigen Entsorger im Landkreis ... zurückgehen. Dabei habe sie, die Antragstellerin, bereits einen durch Leistungssteigerung und Kostenreduzierung zu erzielenden Preisnachlass auf die derzeitigen Preise in Höhe von ca. 30 % einkalkuliert. Jedes niedrigere Angebot sei insoweit unauskömmlich. Von den insgesamt sechs Leistungspositionen des Loses 1 habe die Beigeladene insbesondere die Kosten für die die Inselentsorgung betreffenden Positionen 4, 5 und 6 nicht realistisch kalkuliert.
- Die Beigeladene sei auch nicht geeignet. Sie besitze weder die erforderliche Fachkunde noch eine entsprechende Leistungsfähigkeit. Sie, die Antragstellerin, gehe davon aus, dass die Beigeladene den Nachweis nicht habe führen können, dass sie ähnliche Leistungen bereits durchgeführt habe. Die Beigeladene sei auch nicht leistungsfähig. Weder der zur Verfügung stehende Fuhrpark noch der vorhandene Mitarbeiterstamm reichten aus, um eine ordnungsgemäße Leistungserbringung zu Gewähr leisten. Angesichts des von der zur Beigeladenen erreichten Umsatzes in den Jahren 2002 und 2003 sei auch nicht davon auszugehen, dass sie über genügend finanziellen Rückhalt verfüge, um die Anschaffung entsprechender Fahrzeuge rechtzeitig zum Vertragsbeginn finanzieren zu können.
- Die Verdingungsunterlagen verstoßen nach Auffassung der Antragstellerin gegen § 8 Nr. 1 Abs. 1 VOL/A und § 8 Nr. 1 Abs. 3 VOL/A. Die Leistung sei nicht so eindeutig und erschöpfend beschrieben, dass sämtliche Bewerber die Beschreibung im gleichen Sinne verstehen müssten und die Angebote miteinander verglichen werden können. Ferner würde dem Auftragnehmer für Umstände und Ereignisse, auf die er keinen Einfluss hat, ein ungewöhnliches Wagnis aufgebürdet werden. Dies ergebe sich daraus, dass in der Ausschreibung (Teil V Entsorgungsvertrag, Seite 12) geregelt ist, dass der Vertrag auf drei Jahre (nach Änderung im Bieterrundschreiben Nr. 1 nunmehr sechs Jahre) abgeschlossen wird. Er verlängert sich um bis zu vier Jahre, wenn dem Auftragnehmer bis 18 Monate vor Ablauf keine Kündigung zugeht. Diese Verlängerungsklausel sei einseitig und nicht verlässlich kalkulierbar, da nur der Auftraggeber zur Verlängerung des Vertrages berechtigt ist.
Dadurch, dass der Auftraggeber die Einführung des Ident-Systems als Eventualposition ausgeschrieben hat, habe er ebenfalls gegen das Prinzip der eindeutigen und erschöpfenden Leistungsbeschreibung verstoßen. Auch sei die Beschreibung der für die Kalkulation wichtigen Straßenverhältnisse (S. 14 von 70, Teil III der Leistungsbeschreibung/Leistungsverzeichnis Landkreis ...) unzureichend. Es werde lediglich pauschal auf bestehende Schwierigkeiten wie verkehrsberuhigte Straßen und Sackgassen hingewiesen. Demgegenüber fehle jedoch eine abschließende Aufzählung der Schwierigkeiten, die sich aus dem Straßennetz ergeben könnten. Es bestehe daher die Gefahr, dass vor allem ortsunkundige Bieter falsche Kalkulationen anstellen, da ihnen die tatsächlichen Risiken nicht bewusst seien. Dies gelte auch hinsichtlich der vorhandenen und zu leerenden Kleinbehälter. Auf Seite 10 von 70 Teil III der Leistungsbeschreibung/Leistungsverzeichnis Landkreis ... gebe der Auftraggeber nur bekannt, dass von den Kleinbehältern auf dem Festland gemeindebezogen nur die Gesamtzahl und das veranlagte Volumen bekannt sind. Die Antragstellerin weist darauf hin, dass nur ihr als bisherigem Entsorgungsunternehmen bekannt sei, wie sich die Behältergrößen verteilen. Soweit die anderen Bieter andere Kalkulationsunterlagen angenommen hätten, seien die ermittelten Preise nicht mehr vergleichbar.
Nach Durchführung der Akteneinsicht hat die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 07.04.2004 ihren Vortrag ergänzt. Sie vertritt die Auffassung, dass der Auftraggeber das streitbefangene Vergabeverfahren insgesamt nicht mit einer vergaberechtskonformen Prüfung und Wertung abgeschlossen hat. Die Prüfung und Eignung der Beigeladenen sei ausweislich des Vergabevermerks nicht ausreichend erfolgt. Bei der Prüfung der finanziellen Leistungsfähigkeit sei der beigeladenen Firma ... die finanzielle Leistungsfähigkeit eines anderen zur Firmengruppe gehörenden Unternehmens, nämlich der ... GmbH zugerechnet worden, was vergaberechtswidrig sei. Auch die Bürgschaftserklärung der ... Versicherung sei nicht aussagekräftig. Zumindest hinsichtlich der Eignungsüberprüfung entspreche der Vergabevermerk nicht den Anforderungen des § 30 VOL/A. Hinsichtlich der ihrer Auffassung nach vergaberechtswidrigen Zurechnung der Leistungsfähigkeit von anderen Unternehmen einer zum Bieter gehörenden Firmengruppe verweist die Antragstellerin auf den Beschluss der VK Münster vom 14.10.1999, Az.: VK 1/99, und auf den Beschluss des OLG Naumburg vom 09.09.2003, Az.: 1 Verg 5/03. Im Übrigen bezweifelt die Antragstellerin, dass die im Vergabevermerk als "Firmengruppe" betitelten Unternehmen tatsächlich über dieselben Gesellschafter verfügen. Bei dem Einsatz von Mitteln der Firmengruppe handelt es sich nach Auffassung der Antragstellerin vielmehr um einen Nachunternehmereinsatz. Diesbezüglich habe die Beigeladene aber nicht die nach den Verdingungsunterlagen erforderlichen Nachweise erbracht. Die Beigeladene sei außerdem gem. § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. f VOL/A vom Vergabeverfahren auszuschließen, weil sie sich wettbewerbsbeschränkend verhalten habe. Dies ergebe sich daraus, dass die Beigeladene sich nicht nur der Sach- und Personalmittel ihres eigenen Unternehmens bediene, sondern ebenfalls auf die mit ihr im Konzern verbundenen Unternehmen zurückgreife. Aus dem Vergabevermerk gehe auch nicht hervor, warum der Auftraggeber dem Vorschlag des Ingenieurbüros gefolgt ist. Vielmehr sei ausweislich eines hausinternen Schreibens des Landkreises ... (Auftraggeber) vom 02.03.2004 nicht nur die rechnerische Prüfung, sondern auch die Wertung selbst durch das Ingenieurbüro erfolgt. Somit habe der Auftraggeber das ihm im Rahmen der Wertung eingeräumte vergaberechtliche Ermessen offenbar nicht ausgeübt. Dadurch habe er gegen § 2 Nr. 3 VOL/A verstoßen, wonach die Leistungen unter ausschließlicher Verantwortung der Vergabestellen zu vergeben sind. Es reiche nicht aus, den Vergabevorschlag des beauftragten Ingenieurbüros lediglich gegenzuzeichnen.
Der Auftraggeber habe mit der Beigeladenen Nachverhandlungen geführt, die nicht durch § 24 VOL/A gedeckt seien. Ein Bietergespräch dürfe nicht erst die Voraussetzungen für das Vorliegen der Bietereignung schaffen.
Die Antragstellerin beantragt,
- 1.
festzustellen, dass die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt ist und den Auftraggeber zu verpflichten, erneut in die Angebotswertung einzutreten, diese unter Beachtung der aus den Entscheidungsgründen ersichtlichen Rechtsauffassung der Vergabekammer erneut durchzuführen und in einer den Anforderungen des § 30 VOL/A genügenden Weise in der Vergabeakte zu dokumentieren,
- 2.
hilfsweise:
den Auftraggeber zu verpflichten, das Vergabeverfahren aufzuheben,
- 3.
dem Antragsgegner die Kosten des Nachprüfungsverfahrens aufzugeben,
hilfsweise:
der Antragsgegner trägt die Kosten insoweit, als der Antragsteller sich veranlasst sehen durfte, den Nachprüfungsantrag zu stellen bzw. nach erfolgter Akteneinsicht aufrecht zu erhalten,
- 4.
festzustellen, dass der Antragsgegner der Antragstellerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten zu erstatten hat,
- 5.
festzustellen, dass für die Antragstellerin die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war.
Der Auftraggeber beantragt,
- 1.
den Antrag abzuweisen,
- 2.
festzustellen, dass es für den Auftraggeber erforderlich war, einen Bevollmächtigten hinzuzuziehen.
Der Auftraggeber tritt den Behauptungen und Rechtsauffassungen der Antragstellerin entgegen. Der Nachprüfungsantrag sei unzulässig, soweit eine vermeintliche Unauskömmlichkeit des Angebotes der Beigeladenen und ihre fehlende Eignung geltend gemacht wird. Die von der Antragstellerin in diesem Verfahren erhobene Rüge vom 08.03.2004 sei ausdrücklich nur namens und im Auftrag der zur Beigeladenen gehörenden Firma ... erhoben worden. Nur diesbezüglich habe sich der jetzige Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin in der Rüge legitimiert und entsprechende Vollmacht versichert. Für das zweite Unternehmen der Bietergemeinschaft, die Müllbetriebe ..., sei der Verfahrensbevollmächtigte nicht legitimiert gewesen. Im Übrigen sei der Nachprüfungsantrag auch unbegründet.
Die Behauptung der Antragstellerin, das Angebot der Beigeladenen sei unauskömmlich, sei unsubstantiiert. Der Auftraggeber habe die Angemessenheit des von der Beigeladenen angebotenen Preises gem. § 25 Nr. 2 Abs. 2 VOL/A geprüft. Der Auftraggeber verweist auf den diesbezüglichen ausführlichen Vermerk in der Vergabeakte. Dieser enthalte alle wesentlichen Schritte und Ergebnisse der vorgenommenen Plausibilitätsprüfung und genüge daher den Anforderungen des § 30 VOL/A. Als Anlage enthalte der Vergabevermerk vom 25.02.2004 einen detaillierten und umfassenden Preisprüfungsvermerk des beratenden Ingenieurbüros. Anhaltspunkte für eine Unauskömmlichkeit oder gar Unangemessenheit habe dieseÜberprüfung nicht gegeben. Vielmehr habe die Beigeladene die ihr vergaberechtlich eingeräumten kalkulatorischen Spielräume genutzt. Im Übrigen verweist der Auftraggeber auf die Rechtsprechung des OLG Celle und der VK Lüneburg. Zur Wertung von vermeintlich unauskömmlichen Angeboten bestünden im Übrigen keine Zweifel an der ordnungsgemäßen Leistungserbringung zu angebotenen Preis. Die Beigeladene habe von ihren bisherigen Auftraggebern beste Referenzen erhalten.
Die Beigeladene besitze auch die erforderliche Fachkunde und Leistungsfähigkeit und sei daher zur Leistungserbringung geeignet. Bereits im Landkreis ... hatte sie eine Behälterabfuhr durchzuführen. Aktuell hat sie einen Auftrag des Landkreises ... betreffend einer Behälterabfuhr erhalten, so dass die technischeÄhnlichkeit der Aufträge mit dem streitbefangenen Auftrag nach Los 1 gegeben sei. Der Vortrag der Antragstellerin sei daher auch diesbezüglich unsubstantiiert. Der Auftraggeber verweist in diesem Zusammenhang auf die umfangreiche Eignungsprüfung im Kapitel 5.1 / 5.2 des Vergabevermerks. Kern der Leistung sei die Behälterabfuhr. Solche Leistungen aber habe die Beigeladene bereits erbracht. Im Übrigen seien die Referenzanforderungen in den Verdingungsunterlagen nicht als Mindestanforderung zu qualifizieren. Der Auftraggeber verweist diesbezüglich auf den Beschluss des OLG Celle vom 11.03.2004, Az.: 13 Verg 3/04. Es sei ohne Belang, dass die Beigeladene für den Jahreszeitraum 2002 keine Referenz beigebracht habe. Ein Bieter verliere seine Fachkunde nicht dadurch, dass er ein Jahr lang keine kommunalen Aufträge erbracht habe. Auch von einer mangelnden Leistungsfähigkeit der Beigeladenen könne nicht die Rede sein. Auch diesbezüglich verweist der Auftraggeber auf die Eignungsprüfung im Kapitel 5.1 / 5.2 des Vergabevermerks. Der Vortrag hinsichtlich des vermeintlich unzureichenden Fuhrparks der Beigeladenen sei bereits unschlüssig, weil die Antragstellerin nach eigenem Angebot lediglich den Einsatz von fünf Seitenladern plane, obwohl sie nunmehr den Einsatz von sieben Seitenladern für erforderlich halte. Ein Bieterunternehmen sei hinsichtlich des einzusetzenden Materials und des Personals nicht auf vorhandene freie Kapazitäten beschränkt. Es müsse sich die notwendigen zusätzlichen Fahrzeuge und das notwendige Personal auch nicht beschaffen, bevor der Bieter weiß, ob er überhaupt den Auftrag erhält. Es komme lediglich darauf an, dass er zum Vertragsbeginn die notwendigen Mitarbeiter und Mittel habe. Diesbezüglich bestünden bei der Beigeladenen keine Zweifel. Es sei insbesondere nicht zu bezweifeln, dass die Beigeladene ggf. Kredite für die Finanzierung neuer Fahrzeuge beschaffen könnte. Dem Auftraggeber läge im Rahmen des Vergabeverfahrens eine Erklärung der ... Versicherung vor, worin bestätigt wird, dass die Versicherung im Auftragsfalle eine Bürgschaft in der vertraglich verlangten Höhe stellen werde. Es bestünden daher keine Zweifel an der finanziellen Leistungsfähigkeit der Beigeladenen.
Die von der Antragstellerin angefochtene einseitige Verlängerungsoption stelle kein unzumutbares Wagnis im Sinne des § 8 Nr. 1 Abs. 2 VOL/A dar. Der Auftraggeber verweist diesbezüglich auf den Beschluss des OLG Celle vom 14.12.2001, Az.: 13 Verg 13/01, sowie auf die erstinstanzliche Entscheidung der VK Lüneburg vom 12.11.2001, Az.: 203-VgK-19/2001 (S. 19). Der Auftraggeber habe im Übrigen mit Bieterrundschreiben Nr. 1 alle Bieter gleichermaßen darauf hingewiesen, dass Kalkulationsgrundlage die grundsätzlich festgelegte Leistungszeit sei. Somit bestünden keine Anhaltspunkte für "verschiedene Kalkulationsmöglichkeiten". Auch die Hinweise der Antragstellerin hinsichtlich einer vermeintlich unzureichenden Beschreibung der Straßenverhältnisse und der dortigen Schwierigkeiten wie Sackgassen und verkehrsberuhigte Straßen seien nicht gerügt worden. Ein Schreiben der Antragstellerin vom 20.10.2003 enthalte lediglich den Vorwurf der unzureichenden Beschreibung der Straßenlängen in Wangerland. Auch diesbezüglich sei der Antrag unzulässig. Im Übrigen weist der Auftraggeber darauf hin, dass die entsprechenden Daten deshalb fehlten, weil - anders als in anderen Ausschreibungen üblich - die derzeit tätigen Entsorger (mithin die Antragstellerin) jede Mitwirkung an der Datenbeschaffung verweigert hätten. Vom Auftraggeber könne nicht verlangt werden, Informationen darzustellen, die er nicht ermitteln kann. Soweit sich die Antragstellerin gegen die vermeintlich unzureichende Darstellung der tatsächlichen Leerungszahlen der 1,1 cbm-Behälter auf dem Festland und auf ... wendet, verweist der Auftraggeber darauf, dass in Anhang 4 bzw. Anhang 5 der Verdingungsunterlagen alle verfügbaren Informationen mitgeteilt worden seien. Zuzüglich sei im Bieterrundschreiben Nr. 2 unter Ziffer 18 auf die Unterschiede zwischen theoretischen Leerungen und tatsächlichen Leerungen hingewiesen worden. Die Sperrmüllmengen seien in Anhang 2 jeweils für 1999 bis 2002 angegeben worden. Sie enthalten einen unbekannten Anteil angenommenen Sperrmülls, weil die Umschlaganlageüber keine Waage verfüge, so dass die Menge aus der Abrufabfuhr nicht separat ermittelt werden könne. Gleichwohl bezeichne die Gesamtmenge (inkl. Annahme) eine Obergrenze des abzufahrenden Sperrmülls, so dass der sachkundige Bieter in der Lage sei, hieraus seine Schlüsse bezüglich der Menge je Abfuhr zu ziehen.
Soweit sich die Antragstellerin gegen die ausgeschriebene Form einer zwei- bzw. vierwöchentlichen Restmüllabfuhr wendet, vertritt der Auftraggeber die Auffassung, dass die entsprechende Satzungsänderung zwar Auswirkungen auf die Entwicklung von Mengen- und Leerungszahlen haben kann und dies wiederum Auswirkungen auf den Auftragnehmer hat, da er Ressourcen einzurichten und vorzuhalten hat, die er ggf. zukünftig nicht mehr braucht. Den Belangen des Auftragnehmers sei aber dadurch Rechnung getragen worden, dass bis zu 50 % des Entgeltes ausdrücklich mengenunabhängig als Grundentgelt gezahlt werden. Somit könne der Auftragnehmer problemlos seine fixen Kosten in das Grundentgelt einkalkulieren.
Die Beigeladene beantragt,
den Nachprüfungsantrag abzuweisen und festzustellen, dass die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes für die Beigeladene erforderlich war.
Sie unterstützt das Vorbringen des Auftraggebers und ist der Auffassung, dass der Nachprüfungsantrag teilweise unzulässig und insgesamt unbegründet ist. Hinsichtlich der vermeintlichen Unauskömmlichkeit des Angebotes der Beigeladenen, ihrer vermeintlich fehlenden Eignung der geltend gemachten Verstöße gegen § 8 Nr. 1 Abs. 1 VOL/A bezüglich angeblich unzureichender Angaben hinsichtlich Behälterzahlen, Ident-System und Straßenverhältnisse, Angaben zum Kfz-Betrieb und zur touristischen Nutzung der Insel ... und der nunmehr angefochtenen Verlängerungsoption fehle es bereits an einer wirksamen Rüge gemäß § 107 Abs. 3 GWB. Insgesamt sei der Nachprüfungsantrag unbegründet. Das Angebot der Beigeladenen sei nicht unauskömmlich. Dies habe der Auftraggeber aufgrund einer nicht zu beanstandenden Plausibilitätsprüfung ausdrücklich festgestellt. ImÜbrigen weist die Beigeladene darauf hin, dass nach der Rechtsprechung selbst unterpreisige Angebote nur dann ausgeschlossen werden können, wenn diese Angebote unter Einstandspreis in der zielgerichteten Absicht abgegeben werden oder hierdurch zumindest die Gefahr begründet wird, dass ein oder mehrere bestimmte Wettbewerber nicht nur aus einer einzelnen Auftragsvergabe, sondern ganz vom Markt verdrängt werden. Dafür aber böte das Angebot der Beigeladenen keinerlei Anhaltspunkte. Die Beigeladene habe auch ihre Eignung für den streitbefangenen Auftrag hinreichend belegt. Sie verfüge sowohl über die erforderliche Fachkunde wie auch die erforderliche Leistungsfähigkeit. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin könne im Rahmen der Leistungsfähigkeit auch auf die Firmengruppe, der die Beigeladene angehört, abgestellt werden. Die Beigeladene verweist auf das Urteil des EuGH vom 02.12.1999 (NZBau 2000, S. 149 ff., 150). Die Beigeladene könne bei Bedarf auf die personellen bzw. sachlichen Kapazitäten eines anderen der Firmengruppe ... zugehörigen Unternehmens zurückgreifen. Die Firma ... GmbH und die Firma ... verfügten über denselben Inhaber bzw. Gesellschafter und Geschäftsführer, nämlich Herrn ... . Der Zugriff auf diese zur Firmengruppe gehörenden Unternehmen sei nicht als Nachunternehmereinsatz zu werten, da durch diese Unternehmen keine Teilleistungen erbracht werden sollten, sondern lediglich - sofern notwendig - personelle oder sachliche Ressourcen zur Verfügung gestellt werden sollen. Bloße Zulieferer fallen jedoch nicht unter den Begriff des Nachunternehmers. Der Auftraggeber habe auch nicht gegen § 24 VOL/A verstoßen. Das Bietergespräch vom 03.02.2004 habe lediglich der inhaltlichen Aufklärung gedient. Es habe nicht dazu gedient, fehlende Angaben der Beigeladenen zu ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit im Angebot nachzuholen.
Wegen des übrigen Sachverhalts wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die Vergabeakte und das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 21.04.2004 verwiesen.
II.
Der Nachprüfungsantrag ist zulässig, aber unbegründet. Die Antragstellerin ist nicht in ihren Rechten gem. §§ 97 Abs. 7, 114 Abs. 1 GWB verletzt. Die Mitwirkung des Ingenieurbüros ... im Vergabeverfahren hat sich ausweislich der Vergabeakte entgegen der Auffassung der Antragstellerin im Rahmen des vergaberechtlich Zulässigen gehalten. Der Auftraggeber hat dadurch nicht gegen den Grundsatz des § 2 Nr. 3 VOL/A verstoßen, Leistungen unter ausschließlicher Verantwortung der Vergabestelle zu vergeben. Der Auftraggeber war und ist auch nicht gehalten, das Angebot der Beigeladenen wegen fehlender Eignung gem. § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A auszuschließen. Die Eignungsüberprüfung der Beigeladenen selbst ist in der Vergabeakte im Sinne des § 30 VOL/A hinreichend dokumentiert. Darüber hinaus hat der Auftraggeber die nach seiner Auffassung gebotene Prüfung der Angemessenheit des von der Beigeladenen angebotenen Preises gem. § 25 Nr. 2 Abs. 2 VOL/A ausreichend geprüft und Prüfung und Ergebnis in einem den Anforderungen des§ 30 VOL/A genügenden Vermerk in der Vergabeakte dokumentiert. Der Auftraggeber war und ist nicht gehalten, das Angebot der Beigeladenen gem. § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A auszuschließen.
1.
Der Nachprüfungsantrag ist zulässig. Bei dem Auftraggeber handelt es sich um eine Gebietskörperschaft und somit um einen öffentlichen Auftraggeber im Sinne des § 98 Nr. 1 GWB. Der streitbefangene Auftragübersteigt auch den für die Zuständigkeit der Vergabekammer maßgeblichen Schwellenwert gem. § 100 Abs. 1 GWB. Danach gilt der 4. Teil des GWB nur für solche Aufträge, die die Auftragswerte erreichen oderüberschreiten, die durch Rechtsverordnung nach § 127 GWB festgelegt sind. Bei den ausgeschriebenen Leistungen handelt es sich um einen Dienstleistungsauftrag betreffend die Entsorgung von Abfällen. Bereits der Wert des hier streitbefangenen Loses 1 - Behälterabfuhr und Inselentsorgung Landkreis ...x betreffend Behälterabfuhr Restmüll und Biomüll auf dem Festland, Behälterdienst auf dem Festland sowie Inselentsorgung ... mit Behälterabfuhr pp. - für den Zeitraum 01.01.2005 (Festland) bzw. 01.01.2007 (...) bis zum 31.12.2010 übersteigt deutlich den Schwellenwert von 200.000,-- EUR. Nach dem Ergebnis der streitbefangenen Ausschreibung betragen die Kosten bereits unter Zugrundelegung des vom Auftraggeber als niedrigstes Angebot ermittelten Angebotes der Beigeladenen 7.639.304,-- EUR über die gesamte Vertragslaufzeit.
Die Antragstellerin ist auch antragsbefugt gem. § 107 Abs. 2 GWB, da sie als Bieterin ein Interesse am Auftrag hat und eine Verletzung von Rechten durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht, indem sie behauptet, dass der Auftraggeber in vermeintlich vergaberechtswidriger Weise das Nebenangebot 3 der Beigeladenen als wirtschaftlichstes Angebot ermittelt hat, obwohl dieses Angebot nach Auffassung der Antragstellerin unter anderem mangels Eignung der Beigeladenen gem. § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A und wegen unangemessen niedrigen Angebotspreises gem. § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A auszuschließen sei. Voraussetzung für die Antragsbefugnis gem. § 107 Abs. 2 GWB ist, dass das antragstellende Unternehmen einen durch die behauptete Rechtsverletzung entstandenen oder drohenden Schaden darlegt. Das bedeutet, dass die Antragstellerin diejenigen Umstände aufzeigen muss, aus denen sich schlüssig die Möglichkeit eines solchen Schadens ergibt (vgl. Boesen, Vergaberecht, § 107, Rn. 52). Die Antragstellerin hat ein entsprechendes Rechtsschutzbedürfnis dargelegt. Die diesbezüglichen Anforderungen oder die Darlegungslast dürfen nichtüberspannt werden (vgl. Byok/Jaeger, Vergaberecht, § 107, Rn. 677). Das tatsächliche Vorliegen der Rechtsverletzung ist vielmehr eine Frage der Begründetheit (vgl. OLG Celle, Beschluss v. 24.11.1999, Az. 13 Verg 7/99).
Die Antragstellerin ist auch ihrer Pflicht gem. § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB nachgekommen, vor Anrufung der Vergabekammer die behaupteten Verstöße gegen Vergabevorschriften bereits im Vergabeverfahren selbst gegenüber dem Auftraggeber unverzüglich nach positiver Kenntnisnahme zu rügen. Der Auftraggeber hat die Antragstellerin mit Informationsschreiben gem. § 13 VgV vom 02.03.2004 darüber informiert, dass er beabsichtigt, den Zuschlag für das Los 1 am 17.03.2004 auf das Hauptangebot der Beigeladenen zu erteilen. Auf das Hauptangebot der Antragstellerin zu Los 1 könne der Zuschlag nicht erteilt werden, weil sie nicht das wirtschaftlichste Angebot abgegeben habe. Außerdem gab der Auftraggeber den niedrigsten und den höchsten Angebotspreis zu Los 1 an. Die Antragstellerin hat daraufhin mit Anwaltsschriftsatz vom 08.03.2004, per Fax eingegangen beim Auftraggeber am gleichen Tage, die Entscheidung des Auftraggebers gerügt. Neben pauschalen Hinweisen darauf, dass die Antragstellerin davon ausgeht, dass ihr eigenes Angebot das wirtschaftlichste Angebot sei, enthält das Rügeschreiben die Vermutung, dass das Angebot der Beigeladenen unangemessen sei, da bereits die Antragstellerin als derzeit mit den streitbefangenen Leistungen beauftragtes Unternehmen äußerst knapp, wenn auch noch auskömmlich kalkuliert habe. Offenbar hätte der Auftraggeber nicht die erforderliche Angemessenheitsprüfung bezüglich des Angebotes der Beigeladenen vorgenommen. Ferner sei die Beigeladene für die ausgeschriebenen Leistungen nicht geeignet. Die geltend gemachten, vermeintlichen Vergaberechtsverletzungen sind hinreichend konkret und substantiiert gerügt worden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Anforderungen an die Substanz des Rügeschreibens nur an dem Umfang der Information gemessen werden können, die dem Antragsteller zur Verfügung steht. Bei der Vorschrift des § 107 Abs. 3 GWB handelt es sich um eine Präklusionsregel unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben. Der Bieter soll Vergabefehler nicht auf Vorrat sammeln. Die Rügepflicht des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB entsteht, sobald ein Bieter oder Bewerber im Vergabeverfahren einen vermeintlichen Fehler erkennt. Vorausgesetzt ist die positive Kenntnis des Anbieters von den Tatsachen. Werden beim Durcharbeiten des Leistungsverzeichnisses Ungenauigkeiten festgestellt, liegt bereits positive Kenntnis vor (vgl. Byok/Jaeger, Vergaberecht, § 107, Rn. 681). Ausreichend für die positive Kenntnis eines Mangels im Sinne von § 107 Abs. 3 GWB ist bereits das Wissen um einen Sachverhalt, der den Schluss auf die Verletzung vergaberechtlicher Bestimmungen erlaubt und es bei vernünftiger Betrachtung gerechtfertigt erscheinen lässt, das Vergabeverfahren als fehlerhaft zu beanstanden (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss v. 22.08.2000, Az.: Verg 9/00). Im vorliegenden Fall betrifft die Rüge jedoch nicht Festlegungen oder Bestandteile des Leistungsverzeichnisses. Sie betrifft ausschließlich den Wertungsvorgang selbst und die darauf folgende Entscheidung der Auftraggeber. Diesbezüglich beschränken sich die positiven Kenntnisse der Antragstellerin auf den Inhalt der Mitteilung gem. § 13 VgV. Das Rügeschreiben der Antragstellerin vom 08.03.2004 genügt daher inhaltlich den Anforderungen des§ 107 Abs. 3 GWB. Soweit der Auftraggeber geltend macht, die Rüge der Antragstellerin sei deshalb unwirksam, weil der mit der Rüge beauftragte Rechtsanwalt sich in seinem Rügeschreiben lediglich auf eine Bevollmächtigung der zur antragstellenden Bietergemeinschaft gehörenden Firma ..., nicht aber auf die ebenfalls zur Bietergemeinschaft gehörende Firma Müllbetriebe ... GmbH bezogen hat, vertritt die Vergabekammer die Auffassung, dass die Firma ... im Innenverhältnis der antragstellenden Bietergemeinschaft berechtigt war, das Rügeschreiben in Auftrag zu geben. Dies folgt daraus, dass die Firma ... unstreitig federführend mit der Beteiligung am Vergabeverfahren durch die Müllbetriebe ... GmbH beauftragt wurde. Die Absetzung einer Rüge gem. § 107 Abs. 3 GWB muss aber ausdrücklich vor Stellung eines Nachprüfungsantrages und damit Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens erfolgen und ist somit ein Geschäft des laufenden Vergabeverfahrens. Im Übrigen ist auch der Auftraggeber selbst ausweislich der Vergabeakte davon ausgegangen, dass es sich bei dem Rügeschreiben der Rechtsanwälte ... vom 08.03.2004 um eine Rüge der Bietergemeinschaft ... handelte. In der Vergabeakte sind keine diesbezüglichen Zweifel dokumentiert. Solche Zweifel mussten beim Auftraggeber auch nicht aufkommen, da sich die ... am hier streitbefangenen Los 1 eben ausschließlich in Bietergemeinschaft mit den Müllbetrieben ... beteiligt hat.
Soweit die Antragstellerin ihre Vorwürfe hinsichtlich einer vermeintlich fehlenden Eignung der beigeladenen Bietergemeinschaft und des Unterlassens einer vermeintlich gebotenen Angemessenheitsprüfung des von der Beigeladenen angebotenen Preises erst im Zuge des Nachprüfungsverfahrens konkretisiert und vertieft hat, war eine weiter gehende Rüge entbehrlich, da der ihren Vorwürfen zu Grunde liegende Sachverhalt für sie erst nach Akteneinsicht erkennbar gewesen ist (vgl. OLG Celle, Beschluss v. 18.12.2003, Az.: 13 Verg 22/03). Soweit sich die Antragstellerin mit ihrem Nachprüfungsantrag (Stand: mündliche Verhandlung vom 21.04.2004) darüber hinaus gegen die bereits aus den Verdingungsunterlagen ersichtliche einseitige Vertragsverlängerungsoption zu Gunsten des Auftraggebers und die vermeintlich unzureichende Beschreibung der für die Kalkulation relevanten Straßenverhältnisse wendet, hat die Antragstellerin bereits im Zuge des Nachprüfungsverfahrens mit Schreiben vom 20.10.2003, 07.12.2003 und 03.12.2003 verschiedene Rügen ausgesprochen und diese auch ausdrücklich als solche bezeichnet. Auch diese genügen inhaltlich den Anforderungen des § 107 Abs. 3 GWB und erfolgten unverzüglich nach positiver Kenntniserlangung.
Nach alledem ist der Nachprüfungsantrag zulässig.
2.
Der Nachprüfungsantrag ist jedoch unbegründet. Die Antragstellerin ist nicht in ihren Rechten gem. §§ 97 Abs. 7, 114 Abs. 1 GWB verletzt. Der Auftraggeber hat die Angebotswertung entgegen der Auffassung der Antragstellerin gem. § 25 VOL/A in sämtlichen Wertungsstufungen in nicht zu beanstandender Weise durchgeführt und in einer den Anforderungen des § 30 VOL/A genügenden Weise in der Vergabeakte dokumentiert. Der Auftraggeber hat entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht gegen den Grundsatz der Leistungsvergabe unter ausschließlicher Verantwortung der Vergabestelle gem. § 2 Nr. 3 VOL/A verstoßen. Begleitung und Mitwirkung des von dem Auftraggeber beauftragten Ingenieurbüros ... im Vergabeverfahren hielten sich im Rahmen einer vergaberechtlich zulässigen Beauftragung gem. HOAI und beinhalteten keine Delegation von Entscheidungsbefugnissen (im Folgenden a). Der Auftraggeber hatte und hat auch keine Veranlassung, das Angebot der Beigeladenen wegen fehlender Eignung gem. § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A auszuschließen. Die vom Auftraggeber durchgeführte Eignungsüberprüfung genügt den vergaberechtlichen Anforderungen und ist in der Vergabeakte nachvollziehbar dokumentiert (im Folgenden b). Der Auftraggeber hat ferner die angesichts des deutlichen Minderpreises von ca. 30 % des vom Auftraggeber als wirtschaftlichstes Angebot ermittelten Hauptangebotes der Beigeladenen gegenüber dem auf Rang 2 ermittelten nächstniedrigeren Angebot der Antragstellerin notwendige Prüfung der Angemessenheit dieses Angebotes gem. § 25 Nr. 2 Abs. 2 VOL/A in vergaberechtmäßiger Weise vorgenommen und Prüfung und Ergebnis hinreichend in der Vergabeakte dokumentiert. Es ist nicht zu beanstanden, dass er die Angemessenheit im Ergebnis bejaht und das Angebot nicht gem. § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A ausgeschlossen hat (im Folgenden c). Die Ausschreibungsunterlagen selbst verstoßen weder aufgrund der einseitigen Vertragsverlängerungsoption zu Gunsten des Auftraggebers noch hinsichtlich der von der Antragstellerin geltend gemachten, vermeintlich unzureichenden Beschreibung der Straßenverhältnisse gegen das Gebot der eindeutigen und erschöpfenden Leistungsbeschreibung gem. § 8 Nr. 1 Abs. 1 VOL/A. Dem Auftraggeber wird auch kein ungewöhnliches Wagnis im Sinne des § 8 Nr. 1 Abs. 3 VOL/A aufgebürdet (im Folgenden d).
a)
Der Auftraggeber hat entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht gegen seine Verpflichtung gem. § 2 Nr. 3 VOL/A, § 97 GWB verstoßen, die Vergabeentscheidung selbst, unter ausschließlicher Verantwortung der Vergabestelle zu treffen. Die Beauftragung des Ingenieurbüros ... mit der Begleitung des Vergabeverfahrens und der Vorbereitung der Entscheidungen des Auftraggebers hielt sich im vergaberechtlich zulässigen Rahmen. In der Vergabeakte ist dokumentiert, dass der Auftraggeber nicht unter Verstoß gegen § 2 Nr. 3 VOL/A Entscheidungsbefugnisse auf das Ingenieurbüro delegiert hat. Vielmehr hat er die notwendigen Entscheidungen selbst getroffen. Dabei beschränkte sich die Mitwirkung des Auftraggebers entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht auf eine lediglich formale Befassung mit dem Auswertungsergebnis des Ingenieurbüros dahingehend, dass der Auftraggeber den vom Ingenieurbüro verfassten, 45-seitigen Vergabevermerk vom 24.02.2004 am 25.02.2004 gegengezeichnet hat. In Rechtsprechung und Schrifttum ist nicht umstritten, dass Dritte grundsätzlich in das Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge eingeschaltet werden können (vgl. Dreher, Versicherungsdienstleistungen und Vergaberecht, Versicherungsrecht VersR 16/2000, S. 666 ff., m.w.N.). Dem steht nicht entgegen, dass der Auftraggeber gem. § 2 Nr. 3 VOL/A verpflichtet ist, Leistungen "unter ausschließlicher Verantwortung der Vergabestellen" zu vergeben. Die Einschaltung eines fachkundigen Dritten kann vielmehr geboten sein, damit sich der Auftraggeber in die Lage versetzt, eine eindeutige und erschöpfende Leistungsbeschreibung im Sinne von § 8 Nr. 1 Abs. 1 und Abs. 2 VOL/A vorlegen zu können. Der Auftraggeber ist nicht verpflichtet, das erforderliche personelle Know-how selbst in der Weise ständig oder auch nur zeitweise vorzuhalten, dass er entsprechende Fachkräfte beschäftigt. Kann die Vergabestelle diese Aufgabe daher ganz oder teilweise nicht leisten, ist sie nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet, einen fachkundigen Dritten damit zu betrauen. Bei Bauvorhaben übernimmt in der Regel ein planender Ingenieur oder Architekt derartige Aufgaben. Zumindest hinsichtlich der Erstellung der Verdingungsunterlagen kann für die Vergabe von Dienstleistungen nichts anderes gelten. Auch die Betrauung eines Ingenieurbüros mit der Vorbereitung der im Vergabeverfahren zu treffenden Entscheidungen des Auftraggebers ist vergaberechtlich nicht zu beanstanden. Richtig ist, dass der Auftraggeber die ihm vergaberechtlich eingeräumten und auferlegten Entscheidungsbefugnisse und -pflichten nicht auf ein Ingenieurbüro delegieren kann. Dies hat der Auftraggeber vorliegend ausweislich der Vergabeakte jedoch auch nicht getan. Der Auftraggeber hat in der mündlichen Verhandlung vom 21.04.2004 erklärt, dass das Ingenieurbüro die Prüfungen der Angebote in allen Stufen zwar durchgeführt habe. Die entsprechenden Entwürfe des Vermerks im jeweiligen Stand seien jedoch mehrfach mit dem Auftraggeber erörtert worden. Der Auftraggeber habe sodann, bevor er diesen Vergabevermerk unterzeichnet habe, die Angebotswertung verwaltungsintern einer weiteren Prüfung unterzogen. Dies wird belegt durch die Vergabeakte. Diese enthält im Ordner Teil 3 einen Auszug aus der Sonderniederschrift zu der Niederschrift über die Sitzung des Kreisausschusses des Landkreises ... (Auftraggeber) vom 01.03.2004. Dort wird die Erörterung der Angebotswertung und der Beschlussvorlagen der Verwaltung wieder gegeben und die Entscheidung des Verwaltungsausschusses zu den einzelnen Losen dokumentiert. Zu Los 1 heißt es:
" Der Auftrag für das Los 1 (Rest- und Bioabfallabfuhr einschließlich komplette Entsorgung der ... ...) wird an die Firma ..., ..., vergeben. Die Verwaltung wird ermächtigt, entsprechend § 13 Vergabeverordnung die Bieterinformation zu versenden und nach Ablauf der 14-Tage-Frist den Zuschlag zu erteilen."
Der Kreistag des Auftraggebers hatte den Kreisausschuss am 15.12.2003 ermächtigt, über die Zuschläge im Vergabeverfahren zu entscheiden. Damit hat das zuständige politische Gremium des Auftraggebers auf der Grundlage entsprechender Vorlagen der Verwaltung über die Vergabe entschieden.
Zuvor hatte der Fachbereich 12 des Auftraggebers das dortige Rechnungsprüfungsamt um Stellungnahme zur Vergabeprüfung und zur beabsichtigten Zuschlagserteilung gebeten. Mit Schreiben vom 02.03.2004 erklärte das RPA, dass gegen die beabsichtigten Vergaben auf die einzelnen Lose keine Bedenken bestehen. Die maßgeblichen Entscheidungen im streitbefangenen Vergabeverfahren sind damit, wie § 2 Nr. 3 VOL/A es fordert, unter ausschließlicher Verantwortung des Auftraggebers getroffen worden. Auch die Bieterinformationen gem. § 13 VgV vom 02.03.2004 erfolgten ausweislich der Vergabeakte unmittelbar durch den Auftraggeber, vertreten durch den Landrat. Dem steht nicht entgegen, dass der Auftraggeber mit seiner Entscheidung im Ergebnis der rechnerischen Prüfung und den Vorschlägen des Ingenieurbüros gefolgt ist.
b)
Der Auftraggeber hatte und hat auch keine Veranlassung, das Angebot der Beigeladenen wegen fehlender Eignung gem. § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A auszuschließen. Die Antragstellerin hat in der mündlichen Verhandlung an ihrem zuvor schriftsätzlich geäußerten Vortrag, die Beigeladene könne die erforderlichen Referenzen über die Erbringung ähnlicher Leistungen nicht für den gesamten geforderten Zeitraum beibringen, ausdrücklich nicht mehr festgehalten. Die Antragstellerin vertritt jedoch die Auffassung, dass in der Vergabeakte jedenfalls nicht dokumentiert sei, dass der Auftraggeber die Eignung der Beigeladenen hinreichend überprüft habe. Der Auftraggeber sei insbesondere gebotenen Zweifeln an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit nicht nachgegangen und habe der beigeladenen Firma ... unzulässigerweise die Leistungsfähigkeit anderer Firmen des Geschäftsführers ... vergaberechtswidrig zugerechnet. Der Auftraggeber hat in der mündlichen Verhandlung demgegenüber erklärt, dass er zwar in der Tat zunächst Zweifel an der Eignung der Beigeladenen gehabt habe. Er, der Auftraggeber, habe deshalb die in der Vergabeakte dokumentierte Eignungsüberprüfung der Beigeladenen vorgenommen. Angesichts des Auftragsumfangs des Loses 1 bedeute die dort beabsichtigte Bezuschlagung des Angebotes der Beigeladenen nahezu eine Verdoppelung des Umsatzes der Firma ... diesbezüglich. Deshalb sei man im Rahmen der Aufklärungsverhandlungen nach § 24 VOL/A an das beigeladene Unternehmen ... herangetreten und habe um Belege insbesondere für die finanzielle Leistungsfähigkeit des Unternehmens gebeten. Die Firma ... habe sodann die Umsatzzahlen vorgelegt und eine Bürgschaftserklärung der ... Versicherung für den Fall der Zuschlagserteilung beigebracht. Darüber hinaus habe der Auftraggeber eine Abfrage bei der Creditreform über die Beigeladene und die Übrigen zur Firmengruppe ... gehörenden Unternehmen gemacht, wodurch sich die von der Beigeladenen beigebrachten Unterlagen bestätigt hätten. Im Anschluss an dieses Aufklärungsgespräch habe er keinen Anlass mehr gehabt, die Eignung der Beigeladenen weiter zu bezweifeln. Selbst ohne Beibringung der Bürgschaftserklärung hätte er seiner Auffassung nach die finanzielle Leistungsfähigkeit der Beigeladenen positiv bewerten müssen.
Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist die in der Vergabeakte dokumentierte Eignungsüberprüfung der Beigeladenen nicht zu beanstanden. Der in der Vergabeakte enthaltene, ausführliche Vergabevermerk vom 24./25.02.2004 erhält auf Seite 27 bis 29 eine ausführlichere Auseinandersetzung mit der Eignung der beigeladenen Firma .... Für die Beigeladene wird sowohl die als Mindestanforderung ausdrücklich geforderte Anerkennung als Entsorgungsfachbetrieb positiv festgestellt wie auch auf Referenzen der Firma ... hinsichtlich der Abfuhr von 1,1 cbm-Depotcontainern im Landkreis ..., im Landkreis ... und im Stadtgebiet ... hingewiesen, so dass der Auftraggeber im Ergebnis in nachvollziehbarer und nicht zu beanstandender Weise die Fachkunde und technische Leistungsfähigkeit der Beigeladenen bejaht hat. Es kann nach Auffassung der Vergabekammer dahingestellt sein, ob der Auftraggeberüberhaupt Anlass hatte, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Beigeladenen angesichts der ihr vorliegenden positiven Referenzen über offensichtlich vergleichbare Leistungen in Frage zu stellen. Der Auftraggeber hat die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der beigeladenen Firma ... im Rahmen der Eignung für das Los 1 aus den vom Auftraggeber genannten Gründen geprüft und Prüfung und Ergebnis unter Nr. 5.2 (S. 27 - 29) ausführlich im Vergabevermerk dokumentiert. Dabei ist entgegen der Auffassung der Antragstellerin weder die Berücksichtigung der Bürgschaftserklärung der xxxx Versicherung für den Fall einer Zuschlagserteilung noch die Berücksichtigung der Umsätze der Übrigen zur Firmengruppe ... (= Geschäftsführer der Firma ...) gehörenden Unternehmen ... GmbH und ... zu beanstanden. Gehört ein Bieterunternehmen einem Konzernverbund oder einer Firmengruppe an, ist eine Berücksichtigung von finanziellen, materiellen und personellen Ressourcen anderer Unternehmen dieses Verbundes zumindest dann unbedenklich, wenn und soweit die Firmen dieser Gruppe als wirtschaftliche Einheit betrachtet werden können (vgl. EuGH, Beschluss v. 02.12.1999, EuZW 2000, S. 110 ff. - Holst Italia; NZBau 2000, S. 149, 150; VK Lüneburg, Beschluss v. 14.02.2003, Az.: 203-VgK-35/2002). Für den Bereich der Referenzen ist anerkannt, dass ein Bieter auch auf die für ein Tochter- oder Schwesterunternehmen ausgestellten Referenzen zurückgreifen kann, sofern dieses mit ihm personell weitgehend identisch ist (vgl. 1. VK Bund, Beschluss v. 05.09.2001, Az.: VK 1-23/01). Aber auch die Berücksichtigung von verbundenen Unternehmen hinsichtlich der finanziellen Leistungsfähigkeit ist im vorliegenden Fall deshalb unproblematisch, weil der Inhaber der zur beigeladenen Bietergemeinschaft gehörenden Einzelfirma ...x, Herr ..., gleichzeitig Inhaber der Einzelfirma ... und Geschäftsführer und Inhaber der ... GmbH ist. Es ist nicht zu beanstanden, dass der Auftraggeber den von der Firma ... im Rahmen des Bietergesprächs vom 03.02.2004 nachgewiesenen Jahresumsatz der Firmengruppe, jedenfalls soweit er durch die Firmen des Herrn ... erwirtschaftet wurde, berücksichtigt hat. Insofern lag und liegt eine wirtschaftliche Einheit vor.
Es ist daher nicht zu beanstanden, dass der Auftraggeber im Ergebnis seiner Eignungsüberprüfung die Eignung der Beigeladenen positiv bewertet hat. Gemäß § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A sind bei der Auswahl der Angebote, die für den Zuschlag in Betracht kommen, nur Bieter zu berücksichtigen, die für die Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen die erforderliche Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit besitzen. Zum Nachweis ihrer Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit können gem. § 7 Nr. 4 VOL/A von den Bietern entsprechende Angaben gefordert werden, soweit es durch den Gegenstand des Auftrags gerechtfertigt ist. Grundsätzlich steht dem Auftraggeber bei der Bewertung der Eignung der Bieter ein weiter Ermessensspielraum zu. Dieser engt sich nur ein, wenn und soweit der Auftraggeber selbst dieses weite Ermessen durch die Angabe von Mindestvoraussetzungen einschränkt. Er ist dann an die Voraussetzungen gebunden und darf nicht nachträglich von ihnen abweichen (vgl. Vergabekammer Sachsen, Beschluss v. 06.05.2002, Az.: 1/SVK/034-02). Eine solche Mindestvoraussetzung hatte der Auftraggeber im vorliegenden Fall aber nur hinsichtlich der Zertifizierung als Entsorgungsbetrieb gesetzt. Diese Zertifizierung hatte die Beigeladene belegt. Hinsichtlich der Prüfung und Bewertung der übrigen Eignungskriterien hat sich der Auftraggeber im Rahmen des ihm durch § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A und § 7 Nr. 4 VOL/A eingeräumten weiten Ermessens gehalten und Prüfung und Ergebnis der Eignungsüberprüfung in einem den Anforderungen des § 30 VOL/A genügenden ausführlichen Vergabevermerk dokumentiert.
Der Auftraggeber hat sich bei der Aufklärung der Eignung der zur beigeladenen Firma ... ausweislich des in der Vergabeakte enthaltenen Protokolls vom 05.02.2004über das Bietergespräch vom 03.02.2004, das im Kreishaus des mit der Auftragsvergabe federführend betrauten Landkreises ... (Auftraggeber) unter Anwesenheit des dortigen Landrats stattfand, auch im Rahmen des § 24 Nr. 1 Abs. 1 VOL/A gehalten. Nach dieser Vorschrift darf nach Öffnung der Angebote bis zur Zuschlagserteilung mit den Bietern über ihre Angebote nur verhandelt werden, um Zweifel über Angebote oder die Bieter zu beheben. Die im Protokoll festgehaltenen Punkte belegen eindeutig diese vergaberechtsgemäße Aufklärungsabsicht des Auftraggebers. Das Protokoll wie auch die übrige Vergabeakte enthalten keine Anhaltspunkte, dass darüber hinaus zwischen dem Bieter und dem Auftraggeber andere, gegen § 24 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A verstoßende Verhandlungen - etwa über Änderungen der Angebote oder Preise - stattgefunden hätten.
c)
Der Auftraggeber hat im Vergabevermerk vom 24./25.02.2004 und in dem als Anlage beigefügten 29-seitigen Vermerk über die Preisprüfung zur Angebotsauswertung des beauftragten Ingenieurbüros ... vom 24.02.2004 auch hinreichend im Sinne des § 30 VOB/A dokumentiert, dass er gem. § 25 Nr. 2 Abs. 2 VOL/A das von ihm mit einem Abstand von 30 % zum nächstniedrigeren Angebot als wirtschaftlichstes ermittelte Angebot der Beigeladenen einer Prüfung hinsichtlich der Angemessenheit und Plausibilität unterzogen hat. Bei einem derartigen Preisunterschied darf ein Auftraggeber gem. § 25 Nr. 2 Abs. 2 VOL/A den Zuschlag nicht ohne jegliche Prüfung der Angemessenheit des Preises erteilen. Zur Beachtung dieser Vorgabe regelt § 5 Abs. 1 des Niedersächsischen Landesvergabegesetzes vom 02.09.2002 (Nds. GVBl. S. 370), dass immer dann, wenn ein Angebot, auf das der Zuschlag erteilt werden könnte, um mindestens 10 v. H. vom nächsthöheren Angebot abweicht, die Vergabestelle die Kalkulation des Angebots zu überprüfen hat. Nach einem von den Landtagsfraktionen der CDU und FDP in den Landtag eingebrachten Gesetzesentwurf vom 02.05.2003 zur Änderung des Niedersächsischen Landesvergabegesetzes soll dem § 1 des LVergabeG allerdings folgender Satz 2 angefügt werden:
"Die §§ 3 bis 8 dieses Gesetzes gelten nur für Vergabe von Bauleistungen."
Das entsprechende Änderungsgesetz ist noch nicht in Kraft getreten, so dass nach dem Wortlaut des Landesvergabegesetzes - bislang - die Pflicht zur Angemessenheitsprüfung bereits ab einer Abweichung von 10 % auch für den Bereich der VOL/A gilt, wenngleich aus den Begründungen der Gesetzentwürfe eher zu schließen ist, dass der Gesetzgeber bereits ursprünglich lediglich die VOB-Aufträge im Blick hatte.
Dies ist im vorliegenden Fall jedoch unerheblich. Der Auftraggeber hatte angesichts der erheblichen Abweichung von 30 % ohnehin Anlass, den von der Beigeladenen zum streitbefangenen Los 1 angebotenen Preis hinsichtlich seiner Angemessenheit zu überprüfen. Dies hat der Auftraggeber entgegen der Auffassung der Antragstellerin jedoch auch in nicht zu beanstandender Weise getan. Gemäß § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A darf auf Angebote, deren Preise in offenbarem Missverhältnis zur Leistung stehen, der Zuschlag nicht erteilt werden. Von einem solchen Missverhältnis zwischen Preis und Leistung ist jedoch nur dann auszugehen, wenn der Preis von den Erfahrungswerten wettbewerblicher Preisbildung so grob abweicht, dass dies sofort ins Auge fällt. Ein beträchtlicher Preisabstand zwischen dem niedrigsten und den nachfolgenden Angeboten allein ist für sich genommen noch kein hinreichendes Merkmal dafür, dass der niedrige Preis auch im Verhältnis zur zu erbringenden Leistung ungewöhnlich niedrig ist. Hinzukommen müssen vielmehr Anhaltspunkte dafür, dass der Niedrigpreis wettbewerblich nicht begründet ist (vgl. Heiermann/Riedl/Rusam, VOB/A, § 25, Rn. 45 ff.; Kulartz, VOL/A, 5. Aufl., § 25 Rn. 40 ff., m.w.N.). Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Bieter mangels verbindlicher Kalkulationsregeln grundsätzlich in seiner Preisgestaltung frei bleibt. Deshalb ist für die Prüfung der Auskömmlichkeit des Angebotes nicht auf einzelne Positionen des Leistungsverzeichnisses, sondern auf den Gesamtpreis, die Endsumme des Angebotes abzustellen. Auch ist ein öffentlicher Auftraggeber nicht verpflichtet, nur "auskömmliche" Angebote zu berücksichtigen (vgl. OLG Celle, Beschluss v. 08.11.2001, Az.: 13 Verg 12/01, m.w.N.). Bei einem grundsätzlich leistungsfähigen Bieter kann es verschiedenste Gründe geben, im Einzelfall auch ein nicht auskömmliches oder jedenfalls sehr knapp kalkuliertes Angebot abzugeben. Derartige Angebote sind im Sinne eines Wettbewerbs erwünscht, solange an der ordnungsgemäßen Durchführung der Arbeiten keine Zweifel bestehen. Der Auftraggeber musste daher angesichts des erheblichen Preisabstandes die Angemessenheit des von der Beigeladenen angebotenen Preises gem. § 25 Nr. 2 Abs. 2 VOL/A überprüfen, dabei von der Beigeladenen die erforderlichen Belege anfordern und berücksichtigen und Prüfung und Ergebnis in einem den Anforderungen des § 30 VOL/A genügenden Vermerk in der Vergabeakte dokumentieren.
Ausweislich der Vergabeakte hat der Auftraggeber diese gebotene Plausibilitätsprüfung ausführlich durchgeführt. Als Ergebnis ihrer Preisprüfung hat der Auftraggeber auf Seite 27, 28 des Vermerks über die Preisüberprüfung zur Angebotsauswertung, aufgestellt vom beauftragten Ingenieurbüro ... am 24.02.2004, nach ausführlich dokumentierter Auseinandersetzung mit dem Hauptangebot der Beigeladenen als Fazit unter 7.1 festgehalten, dass die Beigeladene zwar in jeder Hinsicht knapp rechne, und zwar mit hohen, aber glaubhaft gemachten Leistungswerten, überwiegend normalen, teilweise (Containerfahrzeug) etwas zu niedrigen Fahrzeugkosten, mit niedrigen Personalkosten, die zwar niedriger als die der Antragstellerin, aber in ähnlicher Höhe wie aus anderen Ausschreibungen bekannt veranschlagt wurden sowie mit Aufschlägen für Verwaltung, Vertrieb, Wagnis und Gewinn, die verglichen mit anderen Ausschreibungen normal bzw. eher großzügig sind, aber wiederum deutlich nach unten abweichen. Dabei seien aber nur an wenigen Punkten Ansätze gewählt worden, welche aus gutachterlicher Sicht als zu niedrig erscheinen. Mit üblichen Ansätzen gerechnet ergäben sich Mehrkosten von 32.600,-- EUR jährlich. Dem stünden aber an wenigen anderen Stellen auch sehr konservative Ansätze gegenüber, wie z.B. bei der Kalkulation der Behälterausstattung mit Transpondern. Würde dort stattdessen der Kostenansatz der Konkurrenz angesetzt, ergäben sich Minderkosten von 196.000,-- EUR. Konservativ kalkuliert habe die Beigeladene auch beim Inselnachtransport. Dort würden sich nach Auffassung des Ingenieurbüros unter Zugrundelegung der tatsächlichen Angebotspreise der Reederei Minderkosten von 12.000,-- EUR/a ergeben. Damit würden sich schon rechnerisch die zu niedrigen Ansätze beim Wechselbehältertransport und die ausgesprochen konservativen Ansätze bei der Behälterausstattung und dem Inseltransport zu null saldieren. Hinzu komme, dass sich aus dem von der Beigeladenen kalkulierten Aufschlag von 23 % und einer Angebotssumme von jährlich 1,7 Mio. EUR ein Gesamtdeckungsbeitrag von 323.000,-- EUR jährlich ergebe. Das Ingenieurbüro ... und der Auftraggeber vertreten die Auffassung, dass darin genügend "Pufferkapazität" gesehen werden könne, um den einen oder anderen optimistischen Ansatz der Beigeladenen bei der Kalkulation auszugleichen.
Der Auftraggeber hat somit die nach § 25 Nr. 2 Abs. 2 VOL/A gebotene Plausibilitätsprüfung des Angebotspreises der Beigeladenen nicht nur ausführlich dokumentiert. Sie hat sich entgegen der Auffassung der Antragstellerin auch im Rahmen des ihr nach § 25 Nr. 2 Abs. 2 und Abs. 3 VOL/A eingeräumten vergaberechtlichen Ermessens gehalten, als sie zu dem Schluss gelangte, dass das Angebot der Beigeladenen nicht im offensichtlichen Missverhältnis von Preis und Leistung steht und deshalb nicht auszuschließen ist. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin hatte der Auftraggeber keinen Anlass zur Besorgnis, ob die Beigeladene die ausgeschriebenen Arbeiten zu Los 1 mit dem angebotenen Preis nicht über die gesamte Vertragslaufzeit ordnungsgemäß würde durchführen können. Erst recht hatte er nicht zu besorgen, dass die Beigeladene den niedrigen Angebotspreis in der Absicht einer Marktverdrängung zu Lasten der übrigen Bieter abgegeben hätte.
Die vom Auftraggeber durchgeführte Angemessenheitsprüfung der niedrigen Angebote gem. § 25 Nr. 3 Abs. 2 VOB/A ist somit nicht zu beanstanden. Dem Auftraggeber ist es daher nicht gem. § 25 Nr. 3 Abs. 1 VOB/A verwehrt, den Zuschlag auf das von ihr favorisierte Hauptangebot der Beigeladenen zu Los 1 zu erteilen.
d)
Die Ausschreibungsunterlagen selbst verstoßen weder aufgrund der einseitigen Vertragsverlängerungsoption zu Gunsten des Auftraggebers noch hinsichtlich der von der Antragstellerin geltend gemachten, vermeintlich unzureichenden Beschreibung der Straßenverhältnisse gegen das Gebot der eindeutigen und erschöpfenden Leistungsbeschreibung gem. § 8 Nr. 1 Abs. 1 VOL/A. Dem Auftragnehmer wird entgegen der Auffassung der Antragstellerin auch kein ungewöhnliches Wagnis im Sinne des § 8 Nr. 1 Abs. 3 VOL/A aufgebürdet. Bei der Laufzeitregelung des § 19 Abs. 3 des Entsorgungsvertrages (Teil V der Verdingungsunterlagen, S. 12) handelt es sich nicht um eine unbestimmte Klausel. Dort hieß es ursprünglich:
"Der Vertrag mit dem Landkreis ... läuft bis zum 31.12.2008, mit dem Landkreis ... bis zum 31.12.2009. Er verlängert sich um bis zu vier Jahre, es sei denn, der Auftraggeber kündigt; eine Kündigung ist jeweils zum Quartalsende mit einer Frist von 18 Monaten möglich."
Die Antragstellerin hatte die Verlängerungsklausel mit Schreiben vom 20.10.2003 gerügt und um Klarstellung gebeten, wie eine solche Verlängerung in angemessener Weise die Interessen beider Vertragsparteien berücksichtigen könnte. Der Auftraggeber hat darauf mit Bieterrundschreiben Nr. 1 vom 30.10.2003 reagiert und auf Seite 18, 19 unter Nr. 59 den § 19 Abs. 3 des Entsorgungsvertrages wie folgt neu gefasst:
"Der Vertrag läuft bis zum 31.12.2010. Er verlängert sich um weitere vier Jahre, sofern er nicht vom Auftraggeber vorher gekündigt wird. Der Auftraggeber kann den Vertrag erstmals zum 31.12.2010 unter Einhaltung einer Frist von 18 Monaten kündigen. Danach ist eine Kündigung des Auftraggebers jeweils zum Quartalsende unter Einhaltung einer Frist von 18 Monaten möglich. Das Recht zur außerordentlichen Kündigung bleibt unberührt."
Ferner wies der Auftraggeber die Bieter im Bieterrundschreiben darauf hin, dass er ein ungewöhnliches Wagnis für die Bieter nicht sehe. Kalkulationsgrundlage für den Bieter sei grundsätzlich die festgelegte Leistungszeit.
Der Vertrag enthält somit eine einseitige, einmalige Verlängerungsoption zu Gunsten des Auftraggebers. Diese ist hinreichend bestimmt, da hinsichtlich Laufzeit und Anzahl eindeutig begrenzt. Da sich der Auftraggeber verpflichtet, die Vertragsverlängerung resp. die Kündigung jeweils zum Quartalsende mit einer Frist von 18 Monaten auszusprechen, wird der Auftragnehmer auch nicht unangemessen benachteiligt (vgl. OLG Celle, Beschluss v. 14.12.2001, Az.: 13 Verg 13/01; VK Lüneburg, Beschluss v. 12.11.2001, Az.: 203-VgK-19/2001). Ein fachkundiges Entsorgungsunternehmen ist durch diese ausreichend bemessene Kündigungsfrist in der Lage, hinsichtlich der Auslastung seiner Kapazitäten entsprechend zu disponieren. Die Verlängerungsklausel enthält kein für die Bieterunternehmen unkalkulierbares, ungewöhnliches Wagnis.
Auch soweit sich die Antragstellerin gegen eine vermeintlich unzureichende Beschreibung der Straßenverhältnisse und der dortigen Schwierigkeiten wie Sackgassen und verkehrsberuhigte Straßen und die Hinweise auf die Schwierigkeiten eines Seitenladerbetriebs in solchen Gebieten wendet, liegt ein Verstoß gegen das Gebot der eindeutigen und erschöpften Leistungsbeschreibung gem. § 8 Nr. 1 Abs. 1 VOL/A und die Pflicht zur Feststellung und Angabe aller die Kalkulation beeinflussenden Umstände gem. § 8 Nr. 1 Abs. 2 VOL/A nicht vor. Die von der Antragstellerin bemängelten Angaben unter 2.3.5 der Leistungsbeschreibung Landkreis ... (Teil III, S. 14) i. V. mit den im Anhang 7 dargestellten Informationen zur Länge des Straßennetzes versetzen die fachkundigen Bieter in die Lage, sich über die für die Kalkulation relevante Verkehrsinfrastruktur innerhalb der für die Erstellung des Angebots zur Verfügung stehenden Zeit ein ausreichendes Bild zu machen. Der Auftraggeber hat die ihm zur Verfügung stehenden diesbezüglichen Informationen den Bietern zugänglich gemacht und dabei unter anderem auch auf das elektronische Informationssystem (GIS) zurückgegriffen, was den Stand der Technik in diesem Bereich darstellt. Zudem hat der Auftraggeber ergänzend geeignetes Kartenmaterial benannt und den Bietern empfohlen, sich ein eigenes Bild über die Verhältnisse vor Ort zu machen. Auch dies versetzt den Kalkulator eines Fachunternehmens in einer Branche, in der der Aufbau einer Logistik und die Berücksichtigung von vorhandener Infrastruktur zum Kernbereich gehören, in die Lage, ein realistisches Angebot abzugeben. Der Auftraggeber hat die ihm zur Verfügung stehenden
Informationsquellen über die Infrastruktur im Entsorgungsgebiet ausgeschöpft. Darüber noch hinausgehende Anforderungen stellt § 8 Nr. 1 Abs. 2 VOL/A nicht.
Gleiches gilt für die unter Nr. 2.4.1 der Leistungsbeschreibung (Teil III Seite 15) dargestellten Besonderheiten der Abfallentsorgung auf der Insel Wangerooge hinsichtlich der Beschränkungen des Kfz-Betriebes und der touristischen Nutzung der Insel.
Auch im Übrigen ist die Leistungsbeschreibung nicht zu beanstanden. Sich gleichwohl bei einer derart komplexen Ausschreibung ergebende Anfragen und Rügen der Bieter hat der Auftraggeber gegenüber allen Bietern mit insgesamt 4 Bieterrundschreiben umgehend und ausreichend i.S.d. § 17 Nr. 6 VOL/A beantwortet.
Der Nachprüfungsantrag war daher als unbegründet zurückzuweisen.
III. Kosten
Die Kostenentscheidung folgt aus § 128 GWB. Nach Art. 7 Nr. 5 des 9. Euro-Einführungsgesetzes (BGBl. 58/2001 vom 14.11.2001, S. 2992 ff.) vom 10.11.2001 werden die DM-Angaben in § 128 GWB für die von der Vergabekammer festzusetzende Gebühr durch Angaben in Euro im Verhältnis 1 : 2 ersetzt, so dass die regelmäßige Mindestgebühr nunmehr 2.500 Euro, die Höchstgebühr 25.000 Euro bzw., in Ausnahmefällen, 50.000 Euro beträgt.
Es wird eine Gebühr in Höhe von 5.663,- EUR gemäß § 128 Abs. 2 GWB festgesetzt.
Der zu Grunde zu legende Auftragswert beträgt nach dem Ergebnis der streitbefangenen Ausschreibung 9.967.437,- EUR. Dieser Betrag entspricht den Kosten nach dem Angebot der Antragstellerin für das Los 1 über die gesamte ausgeschriebene Vertragslaufzeit 01.01.2005 (Festland) bzw. 01.01.2007 (...) bis 31.12.2010 und damit ihrem Interesse am Auftrag.
Die Gebührenermittlung erfolgt anhand einer Gebührentabelle des Bundeskartellamtes vom 09.02.1999 in der z. Zt. gültigen Fassung vom 01.01.2003. Hiernach wird der Mindestgebühr von 2.500 EUR (§ 128 (2) GWB) eine Ausschreibungssumme von bis zu 80.000 EUR zugeordnet und dem regelmäßigen Höchstwert von 25.000 EUR (§ 128 (2) GWB) eine Ausschreibungssumme von 70 Mio. EUR (höchste Summe der Nachprüfungsfälle 1996-1998) gegenübergestellt. Bei einer Ausschreibungssumme von 9.967.437,- EUR ergibt sich eine Gebühr von 5.663,- EUR.
Diese Gebühr schließt einen durchschnittlichen sachlichen und personellen Aufwand ein. Gutachterkosten oder Kosten durch Zeugenvernehmung in der mündlichen Verhandlung sind nicht angefallen.
Die im Tenor verfügte Kostentragungspflicht ergibt sich daraus, dass die Antragstellerin im Nachprüfungsverfahren i.S.d. § 128 Abs.3 Satz 1 GWB im vollen Umfang unterlegen ist. Für die hilfsweise von der Antragstellerin beantragte Kostenquotelung war daher kein Raum.
Die Erstattungspflicht bezüglich der Kosten des Auftraggebers, die diesem zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstanden sind, folgt aus § 128 Abs. 4 GWB i.V.m. § 80 VwVfG. Danach war festzustellen, dass die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes durch den Auftraggeber im konkreten Verfahren erforderlich war. Auch wenn man von öffentlichen Auftraggebern grundsätzlich verlangen darf, dass sie über das notwendige personelle Know-how bezüglich der für eine Ausschreibung erforderlichen Rechtsgrundlagen, insbesondere der VOL/A und der VOB/A verfügen, bedurfte der Auftraggeber für eine angemessene Reaktion in der auch für einen erfahrenen öffentlichen Auftraggeber ungewohnten Situation eines vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahrens besonderen rechtskundigen Beistandes.
Nach den zu § 80 VwVfG geltenden Grundsätzen ist die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes dann notwendig, wenn sie vom Standpunkt eines verständigen Beteiligten für erforderlich gehalten werden durfte (BVerwGE 55, 299, 306). Dies ist nach der herrschenden Lehre nicht nur in schwierigen und umfangreichen Verfahren zu bejahen, sondern entspricht der Regel (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 7. Aufl., § 80, Rdn. 45; Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 5. Aufl., § 80, Rdn. 81). Dieser Grundsatz soll allerdings nur im Verhältnis des Bürgers zum Staat gelten. Zu Gunsten der Ausgangsbehörde im Verwaltungsverfahren wird demgegenüber die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten nur in besonders gelagerten Einzelfällen angenommen, da die Ausgangsbehörde in der Regel mit eigenem Fachpersonal so gut ausgestattet sein muss, dass sie ihre Verwaltungstätigkeit, zu der auch die Mitwirkung im Vorverfahren (Widerspruchsverfahren) gehört, ohne fremde Unterstützung ausführen kann. Diese für die Situation der Ausgangsbehörde in einem Widerspruchsverfahren zutreffende Auffassung kann jedoch nicht auf das vergaberechtliche Nachprüfungsverfahrenübertragen werden. Schon beim materiellen Vergaberecht handelt es sich um eine überdurchschnittlich komplizierte Materie, die nicht nur in kurzer Zeit zahlreiche Veränderungen und Neuregelungen erfahren hat, sondern auch durch komplexe gemeinschaftsrechtliche Fragen überlagert ist. Entscheidend aber ist, dass das Nachprüfungsverfahren gerichtsähnlich ausgebildet ist, die Beteiligten also auch prozessuale Kenntnisse haben müssen, um ihre Rechte umfassend zu wahren. Deshalb ist im vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren die nach § 80 VwVfG gebotene Rechtspraxis zur Erstattung der Rechtsanwaltskosten nicht übertragbar (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09.11.2001, Az.: Verg 1/01; OLG Stuttgart, Beschluss v. 19.07.2000, 2 Verg 4/00, NZBau 11/2000, S. 543 ff.). Denn durch seinen Charakter als gerichtsähnlich ausgestaltetes Verfahren unterscheidet sich das Vergabenachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer eben grundlegend von dem Widerspruchsverfahren nach der VwGO.
Kosten der Beigeladenen:
Die Kostenentscheidung hinsichtlich der Erstattungsfähigkeit der Kosten der Beigeladenen folgt aus analoger Anwendung des § 162 Abs. 3 VwGO. Dort ist für das verwaltungsgerichtliche Verfahren geregelt, dass die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen nur erstattungsfähig sind, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt. Die analoge Anwendung dieser Vorschrift zu Gunsten eines obsiegenden Beigeladenen ist im Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer geboten (vgl. OLG Düsseldorf, NZBau 2000, S. 155, 158; sowie OLG Düsseldorf, Beschluss v. 15.06.2000, Az.: Verg 6/00). Die für eine analoge Anwendung von Vorschriften erforderliche Regelungslücke ergibt sich daraus, dass gem. § 128 Abs. 4 Satz 2 lediglich geregelt wird: "Soweit ein Beteiligter im Verfahren unterliegt, hat er die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Auslagen des Antragsgegners zu tragen. § 80 des Verwaltungsverfahrensgesetzes und die entsprechenden Vorschriften der Verwaltungsverfahrensgesetze der Länder gelten entsprechend." Eine daraus folgende Ungleichbehandlung eines Beigeladenen gegenüber den anderen Beteiligten des Nachprüfungsverfahrens wäre jedoch nicht sachgerecht, zumal der Beigeladene schließlich gem. § 109 GWB deshalb den Beteiligten-Status erhält, weil "dessen Interessen durch die Entscheidung schwer wiegend berührt werden".
Einerseits darf daher zwar für den Antragsteller durch (mögliche) Beiladungen kein unkalkulierbares und damit abschreckendes Kostenrisiko entstehen. Andererseits dürfen aber auch Kosten des Beigeladenen nicht zu einer Waffenungleichheit zu seinen Lasten führen (vgl. Byok/Jaeger, Vergaberecht, § 128, Rdn. 1034).
Unter Berücksichtigung dieser sachgerechten Grundsätze entspricht es im vorliegenden Fall der Billigkeit i.S.d. hier analog anzuwendenden § 162 Abs. 3 VwGO, dass die unterlegene Antragstellerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung im Nachprüfungsverfahren erforderlichen Aufwendungen der Beigeladenen, zu denen auch die Kosten einer in einem derartig komplexen, nicht nur materielles Vergaberecht, sondern auch prozessuale Rechtsfragen berührenden Verfahren ohne weiteres erforderlichen Hinzuziehung eines Rechtsanwalts gehören, zu tragen hat.
Die Antragstellerin wird aufgefordert, den Betrag von 5.663,- EUR unter Angabe des Kassenzeichens... auf folgendes Konto zu überweisen:
xxx
Schulte
Senger