Vergabekammer Lüneburg
Beschl. v. 06.12.2004, Az.: 203-VgK-50/2004
Nachprüfung einer europaweiten Ausschreibung hinsichtlich der Planung und Ausführung von Hochwasserschutz im nichtoffenen Verfahren mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb; Relevanz staatlich vorgeschriebener Finanzierung durch Zwangsmitgliedschaft; Zusammenhang zwischen dem Selbstverwaltungsrecht und der Einstufung als öffentlicher Auftraggeber; Anforderungen an den Beherrschungsbegriff im Falle eines Trägers des öffentlichen Hochwasserschutzes und desöffentlichen Sturmflutschutzes; Anforderungen an die Dokumentation der Wertung und der Prüfungsergebnisse vor dem Hintergrund des Zwecks der Ex-Post-Transparenz; Maßstab der Vollständigkeitsprüfung und der Eignungsüberprüfung; Verwendung von Formblättern; Vorbehalt losweiser Vergabe
Bibliographie
- Gericht
- VK Lüneburg
- Datum
- 06.12.2004
- Aktenzeichen
- 203-VgK-50/2004
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2004, 35591
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- nachfolgend
- OLG Celle - 03.03.2005 - AZ: 13 Verg 21/04
Rechtsgrundlagen
- § 6 NDG
- § 9 NDG
- § 1 WVG
- § 22 WVG
- § 29 WVG
- § 1 AGWVG,NI
- § 97 Abs. 1 GWB
- § 97 Abs. 3 GWB
- § 97 Abs. 7 GWB
- § 98 Nr. 2 GWB
- § 114 Abs. 1 GWB
- § 4 Nr. 2, 3 VOB/A
- § 25 Nr. 3 Abs. 3 VOB/A
- § 30 VOB/A
- § 30 VOL/A
Verfahrensgegenstand
Vergabeverfahren Hochwasserschutz für ... und ... (Sielbauwerk, HWS-Wand und Schöpfwerk)
Der Auftraggeber schrieb mit EU-Vergabebekanntmachung die Planung und Ausführung des Hochwasserschutzes für ... europaweit im nichtoffenen Verfahren mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb aus. Zur Beurteilung der Leistungsfähigkeit sollten die Bewerber Nachweiseüber die Rechtslage ihres Unternehmens, die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit sowie über die technische Leistungsfähigkeit vorlegen. Der Auftraggeber informierte die Antragstellerin, dass ein wirtschaftlicheres Angebot vorläge. Hiergegen richtet sich der nach Ansicht der Vergabekammer zulässige, aber unbegründete Nachprüfungsantrag. Die Dokumentation der Wertung und der Prüfungsergebnisse genüge insgesamt noch den Anforderungen des§ 30 VOL/A. Die Tatsache, dass der Auftraggeber unter Verwendung von Vordrucken des Vergabehandbuchs des Bundes (VHB) auf der 1. Stufe der Angebotswertung nur die Prüfung der Vollständigkeit des Angebotes, insbesondere der geforderten Nachweise hinsichtlich des Angebotes der Beigeladenen, nicht aber der Antragstellerin dokumentiert habe, verletze die Antragstellerin nicht in ihren Rechten. Dies sei deswegen so, da ihr Angebot nicht ausgeschlossen, sondern gewertet worden sei. Der Auftraggeber sei auch zu Recht davon ausgegangen, dass er bei der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes gem. § 25 Nr. 3 Abs. 3 VOB/A mangels vorheriger Definition und Bekanntmachung von Zuschlagskriterien lediglich das Zuschlagskriterium des niedrigsten Preises berücksichtigen konnte.
In dem Nachprüfungsverfahren
hat die Vergabekammer bei der Bezirksregierung Lüneburg
durch
den Vorsitzenden RD Gause,
die hauptamtliche Beisitzerin BOAR'in Schulte und
den ehrenamtlichen Beisitzer Dipl.-Ing. Dierks
auf die mündliche Verhandlung vom 02.12.2004
beschlossen:
Tenor:
- 1.
Der Nachprüfungsantrag wird zurückgewiesen.
- 2.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin.
- 3.
Die Kosten werden auf 8.816,-- EUR festgesetzt.
- 4.
Die Antragstellerin hat dem Auftraggeber und der Beigeladenen die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten zu erstatten. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes war sowohl für den Auftraggeber als auch für die Beigeladene notwendig.
Gründe
I.
Der Auftraggeber hat mit EU-Vergabebekanntmachung die Planung und Ausführung des Hochwasserschutzes für ... und die ... europaweit im nichtoffenen Verfahren mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb# ausgeschrieben. Der Bekanntmachung war zu entnehmen, dass die zu erbringenden Leistungen in drei Lose aufgeteilt waren. Es wurde darauf hingewiesen, dass sich die Bieter um ein Los, mehrere Lose und alle Lose bewerben konnten. Nebenangebote und Alternativvorschläge sollten berücksichtigt werden.
Zur Beurteilung der Leistungsfähigkeit sollten die Bewerber Nachweise über die Rechtslage ihres Unternehmens, die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit sowie über die technische Leistungsfähigkeit vorlegen. Der Zuschlag sollte auf das wirtschaftlich günstigste Angebot auf Grund der in den Unterlagen genannten Kriterien erteilt werden. Weder in der Aufforderung zur Angebotsabgabe noch in den Verdingungsunterlagen wurden jedoch entgegen der Ankündigung in der Bekanntmachung ebenfalls keine Zuschlagskriterien genannt.
Einem Vermerk vom 18.08.2004 ist zu entnehmen, dass sich insgesamt 32 Firmen bzw. Firmengruppierungen um den Auftrag beworben hatten. Die Antragstellerin hatte sich als ... AG, ..., und als Bietergemeinschaft ... AG - Zweitniederlassung ... - um die Teilnahme beworben. Von diesen Bewerbern wurden 10 ausgewählt, darunter die Antragstellerin und die Beigeladene. Hinsichtlich der Gründe für die Nichtberücksichtigung der Firma ... AG, ..., wurde vermerkt: "Doppelbewerbung, an anderer Stelle berücksichtigt."
In der Aufforderung zur Abgabe eines Angebotes wurden die Bieter darauf hingewiesen, dass abweichend von Nr. 4.3 der Bewerbungsbedingungen bei Nebenangeboten gilt:
"ohne Abgabe Hauptangebot bzw. bei Verzicht auf Stoffpreisgleitung Stahl Ausschluss v. Wertung"
Bei der Verdingungsverhandlung am 28.09.2004 ergab sich, dass alle zehn Bieter, die zur Angebotsabgabe aufgefordert worden waren, auch ein Angebot abgegeben hatten. Es wurde dabei von Seiten des Auftraggebers vermerkt, dass die Antragstellerin die ausgeschriebenen Leistungen der drei Lose für insgesamt geprüfte 22.990.939,64 EUR angeboten hatte. Ferner wurde vermerkt, dass sie 5 Nebenangebote abgegeben hat. Die Beigeladene bot die Leistungen über die drei Lose für 21.916.860,04 EUR an. Sie hatte dazu noch 9 Nebenangebote eingereicht.
Sodann befindet sich in der Vergabeakte für jedes Los eine Zusammenstellung der geforderten Eignungsnachweise und der Kriterien für die Auftragserteilung. Dort sind als Kriterien für die Auftragserteilung jeweils vorweg der Preis und die Qualität genannt worden. Ob die Angebote den Anforderungen genügen, ist der Vergabeakte nicht zu entnehmen.
Es wird bei Los A vorgeschlagen, den Zuschlag, Los C, auf das Hauptangebot der Beigeladenen zu erteilen, da es das annehmbarste im Hinblick auf den Preis sei. Die geforderten Nachweise lägen vor. Inhaltlich identische Aussagen erfolgen auch zu den Losen B und C.
Ferner befindet sich ein umfangreicher Preisspiegel zu den einzelnen Angeboten in der Vergabeakte. Dabei wurde festgehalten, dass nach den Hauptangeboten unter Berücksichtigung der Preisnachlässe für
- Los A die Antragstellerin auf Rang 7 und die Beigeladene auf Rang 1,
- Los B die Antragstellerin auf Rang 1 und die Beigeladene auf Rang 2,
- Los C die Antragstellerin auf Rang 3 und die Beigeladene auf Rang 1 lagen.
Hinsichtlich der Prüfung und Wertung der Nebenangebote wurde zu den Nebenangeboten der Antragstellerin festgehalten, dass sie nicht gewertet werden konnten. Insoweit blieb es bei den Nettosummen der Hauptangebote der Antragstellerin, die das Los A mit 4.771.408,30 EUR, das Los B mit 5.583.703,18 EUR, das Los C mit 9.464.664,07 EUR und die Leistungenüber alle drei Lose mit 19.819.775,55 EUR bedient hatte. Preisänderungen durch die Kombination einzelner Lose ergaben sich nicht.
Hinsichtlich der Nebenangebote der Beigeladenen wurde vermerkt, dass lediglich das Nebenangebot "Los B, Nr. 2 - HWS-Mobilwand" gewertet werden könne, in dem sie statt der vorgesehenen hochziehbaren Verschlusstafeln eine mobile HWS-Wand BSH-I-100 System IBS" vorschlägt. Die Beigeladene führt aus, dass durch diese mobile HWS-Wand Leistungen im Wert von 1.983.640,73 EUR entfallen würden und andererseits zusätzliche Leistungen im Wert von 1.407.563,04 EUR zusätzlich erforderlich seien. Sie gibt an, dass sich Minderkosten in Höhe von 575.977,69 EUR ergeben.
In dem Vergabevermerk des beauftragten Ingenieurbüros wird festgehalten, dass das angebotene System technisch gleichwertig sei, da es im Hauptangebot im Bereich der Kirche als Wahlposition ausgeschrieben worden sei. Das Nebenangebot sei mit dem Hauptangebot vergleichbar. Die Gestaltung der HWS-Wand entspräche diesem ausgeschriebenen Entwurf mit Verblendung und Betonholm.
Bei der Prüfung der Einhaltung der anerkannten Regeln der Technik wird festgehalten, dass die angebotene Bauweise schon mehrfach erfolgreich eingesetzt wurde und entsprechende Unterlagen als Anlage vorlägen.
Hinsichtlich der vertragsrechtlichen Gleichwertigkeit des Nebenangebotes ergeben sich aus Sicht des beauftragten Ingenieurbüros keine vertragsrelevanten Einschränkungen oder Änderungen zum Hauptangebot. Grundlage des Nebenangebotes sei das Hauptangebot mit den geänderten Leistungen für die beweglichen Verschlüsse und die Anpassung der Verblenderflächen. Hauptabmessungen würden nicht verändert.
Bei der wirtschaftlichen Prüfung der Gleichwertigkeit wird festgehalten, dass sich ein Kostenvorteil durch den erheblich geringeren Unterhalt für Korrosionsschutz ergäbe und dass einfachere Hebelgeräte erforderlich seien. Unter dem Punkt Kostennachteil wurde festgehalten, dass ein Lagergebäude ca. 250 qm groß erforderlich sei mit einem Grundstücksanteil und ca. 10 Personen für den Aufbau in 1 - 2 Tagen gegenüber 3 - 4 Personen für den Aufbau mit Stahlelementen. Sodann hat das beauftragte Ingenieurbüro Unterhalts- und Betriebskosten aus seiner Sicht festgehalten und dabei festgestellt, dass diese bei dem Nebenangebot etwas geringer seien. Auf der anderen Seite würden aber noch zusätzliche Investitionskosten für das Lagergebäude und Grundstückskosten anfallen sowie für die Verbesserung der Oberfläche mit einer Eloxierung. Diese Kosten belaufen sich nach Ansicht des beauftragten Ingenieurbüros auf insgesamt 143.750,-- EUR.
Abschließend wird festgestellt: "Da die jährlichen Unterhalts- und Betriebskosten für das Nebenangebot niedriger ausfallen, werden für die Wertungssumme nur die Investitionskosten angesetzt." Dabei ergeben sich aus Sicht des beauftragten Ingenieurbüros Minderkosten von 432.227,76 EUR.
Sodann sind auch hier die Kosten für die Lose der einzelnen Hauptangebote und der wertbaren Nebenangebote festgehalten worden. Dabei ergab sich, dass die Beigeladene die Leistungen netto für das Los A für 3.957.999,49 EUR, für das Los B für 5.925.864,20 EUR abzüglich der Minderkosten in Höhe von 575.977,69 EUR (hier handelt es sich wohl um einen offensichtlichen Rechenfehler dahingehend, dass die vom Ingenieurbüro ermittelten Investitionskosten nicht berücksichtigt worden sind), für das Los C für 9.009.981,17 EUR und die Leistungen über alle drei Lose mit 18.317.867,17 EUR angeboten hatte. (Auch hier wurde der Rechenfehler nicht berücksichtigt.)
In der Vergabeakte ist ferner ein Protokoll über ein Bietergespräch enthalten, das am 06.10.2004 mit der Beigeladenen stattfand. Teilnehmer von Auftraggeberseite waren das beauftragte Ingenieurbüro und Vertreter des ... (Betriebsstelle), das die Ausschreibung als Projektbüro begleitet. Neben anderen Punkten ist in dem Protokoll festgehalten, dass die Ausführung des Nebenangebotes Nr. 2, Los B - HWS-Wand - analog dem Ausschreibungsentwurf erfolgt.
Das beauftragte Ingenieurbüro empfahl auf Grund der Ergebnisse und Auswertung der Ausschreibung, den Zuschlag auf die Beigeladene zu erteilen, da sie das wirtschaftlichste Angebot für die drei Lose abgegeben habe.
Dem Vergabevermerk vom 08.10.2004 des ..., Betriebsstelle ..., ist zu entnehmen, dass das beauftragte Ingenieurbüro die Angebote und Nebenangebote ausgewertet hat und das Ergebnis dem Auftraggeber vorgestellt wurde. Den Zuschlag sollte für alle drei Lose die Beigeladene erhalten, und zwar für das Los A zu 4.591.279,41 EUR, für das Los B zu 6.205.868,35 EUR und für das Los C zu 10.451.578,16 EUR. Ferner wurde vermerkt, dass der Auftraggeber dem Vergabevorschlag einstimmig zugestimmt habe.
Mit Schreiben vom 11.10.2004 informierte das ... - Betriebsstelle ... - die Bieter, deren Angebote nicht berücksichtigt werden sollten, dass ein wirtschaftlicheres Angebot vorläge. Mit Schreiben vom 12.10.2004 rügte die Antragstellerin die beabsichtigte Vergabe. Sie machte geltend, dass das Absageschreiben nicht den Anforderungen genüge, die gemäß § 13 VgV an Informationsschreiben gestellt werden. Mit Schreiben vom 14.10.2004 übersandte das zuständige ... (Betriebsstelle) der Antragstellerin eine Zusammenstellung der rechnerisch geprüften Angebotssummen. Ferner erklärte er, dass die Nebenangebote nicht gewertet werden konnten. Den Zuschlag für alle drei Lose sollte die Beigeladene erhalten, da sie eine funktionsgerechte Lösung der Bauaufgabe und das wirtschaftlichste Angebot vorgelegt habe.
Mit Schreiben vom 19.10.2004 rügte die Antragstellerin erneut die Entscheidung des Auftraggebers und erklärte, dass die Nebenangebote der Beigeladenen nicht für das Los B gewertet hätten dürfen. Da in den Ausschreibungsunterlagen keine Mindestanforderungen enthalten seien, könne der Zuschlag unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bayerischen Obersten Landesgerichtes und des Europäischen Gerichtshofes auf ein Nebenangebot nicht erfolgen. ImÜbrigen sei in den Vergabebedingungen der Baubeschreibung auf Seite 7 zu Los B vorgegeben:
"Nebenangebote und Änderungsvorschläge werden nicht gewertet, sofern sie folgenden Bedingungen nicht entsprechen:
Abmessungen und Höhenangaben der Bauwerke dürfen nicht verändert werden."
Da die Nebenangebote der Beigeladenen jedoch technische Nebenangebote seien, sei keine Gleichwertigkeit gegeben. Ferner vertritt die Antragstellerin in dem Rügeschreiben die Auffassung, dass ihre Nebenangebote zu Los C wertbar seien und diese zu einer gemeinsamen Vergabe der Lose B und C zu ihren Gunsten vorlägen.
Mit Schreiben vom 22.10.2004 ergänzt der bevollmächtigte Rechtsanwalt der Antragstellerin den bisherigen Schriftsatz und weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass der Auftraggeber bisher noch nicht die Bieter gemäß § 13 VgV entsprechend informiert habe.
Mit Schreiben vom 27.10.2004 informierte der Auftraggeber nochmals alle Bieter, deren Angebote nicht berücksichtigt werden sollten gemäß § 13 VgV und teilte der Antragstellerin mit, dass ein niedrigeres Hauptangebot vorläge. In einem zweiten Schreiben gemäß § 13 VgV, ebenfalls mit Datum vom 27.10.2004, teilte das ... (Betriebsstelle) der Antragstellerin mit, dass ein wirtschaftlicheres Nebenangebot vorläge.
Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 28.10.2004 beantragte die Antragstellerin die Einleitung eines Nachprüfverfahrens. Sie begründet ihren Antrag im Wesentlichen unter der Argumentation der Rügeschreiben gegenüber dem Auftraggeber.
Nach der eingeschränkten Akteneinsicht hat sie ihren Vortrag ergänzt. Soweit der Auftraggeber die Auffassung vertrete, dass die Nebenangebote der Beigeladenen doch wertbar sind, habe er jedenfalls keine ordnungsgemäße Wertung vorgenommen. Es ergäben sich bei dem Nebenangebot der Beigeladenen nicht nur rechnerische Unklarheiten, sondern der Auftraggeber habe seine Wertung auch nicht ausreichend dokumentiert.
Die Beigeladene habe bei ihrem Nebenangebot entgegen den Vorgaben auch eine Veränderung der Gestaltung durch die fehlenden Ansichtsflächen für die Stahlkonstruktion und des veränderten Rasters und der Ausbildung des Mauerwerks vorgenommen. Auch habe die Beigeladene für ihr Nebenangebot nicht alle geforderten Berechnungen und Unterlagen bei der Angebotsabgabe vorgelegt sowie die Abmessungen und Höhenangaben der Bauwerke verändert.
Das Nebenangebot der Beigeladenen sei auch nicht wertbar, da es die Vorgaben aus der Planfeststellung nicht einhält und die Gleichwertigkeit nicht nachgewiesen wurde.
Abschließend weist die Antragstellerin darauf hin, dass der Vergabeakte nicht zu entnehmen sei, dass eine ordnungsgemäße Dokumentation der Wertung des Angebotes der Beigeladenen überhaupt vorgenommen wurde.
Die Antragstellerin beantragt:
- 1.
die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens gemäß §§ 107 GWB wegen Verstoßes gegen Vergabevorschriften bei der Durchführung des Vergabeverfahrens Hochwasserschutz für ... und ..., Los A Sielbauwerk, Los B HWS-Wand, Los C Schöpfwerk;
- 2.
den Antragsgegner anzuweisen, eine Neubewertung der Angebote unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung der Vergabekammer vorzunehmen;
- 3.
dem Antragsgegner die Kosten des Verfahrens einschließlich der zum Zweck der entsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen der Antragstellerin aufzuerlegen;
- 4.
festzustellen, dass die Hinzuziehung von Verfahrensbevollmächtigen der Antragstellerin notwendig war,
Der Auftraggeber beantragt,
die Anträge zu Ziffer 1 - 5 zurückzuweisen,
die Hinzuziehung der Prozessbevollmächtigten des Auftraggebers für notwendig zu erklären
und der Antragstellerin die Kosten aufzuerlegen.
Er vertritt die Auffassung, dass der Nachprüfungsantrag bereits unzulässig sei, da von Seiten der Antragstellerin eine Doppelbewerbung vorliege. Sie habe sich sowohl mit ihrem Hauptsitz in ... als auch als Teil einer Bietergemeinschaft mit Ihrer Niederlassung in ... um die Teilnahme beworben.
Soweit die Antragstellerin die Vergabe unter Berücksichtigung des Nebenangebotes der Beigeladenen moniere, läge jedoch eine vergaberechtskonforme Wertung vor. Er habe Mindestanforderungen gestellt, die Änderungsvorschläge erfüllen müssen und bezeichnet, in welcher Art und Weise sie eingereicht werden können. Seiner Meinung nach entwertet die Forderung nach technischen Mindestanforderungen den Sinn und Zweck von Nebenangeboten völlig. Im Übrigen habe er auch diese Anforderungen durch Ziffer 1.9 des Leistungsverzeichnisses, Los B, erfüllt. Bei der Beschreibung der Baumaßnahme habe er bekannt gemacht, dass die städtebaulich/architektonische Gestaltung sowie das Raster der HWS-Wand nicht verändert werden dürfen. Auch habe er dort technische Anforderungen an Nebenangebote gestellt und darauf hingewiesen, wann Nebenangebote und Änderungsvorschläge nicht gewertet werden würden.
Der bevollmächtigte Rechtsanwalt des Auftraggebers legt ferner eine Kopie des Beschlusses seines Mandanten vom 25.11.2004 vor, in dem er eine Neubewertung der Gesamtvergabe vorgenommen hat. Daraus ergäben sich unter Berücksichtigung der Nachlässe folgende Gesamtnettosummen:
Antragstellerin: 19.819.775,55 EUR
Beigeladene: 18.893.844,86 EUR
Selbst wenn Nebenangebote der Antragstellerin wertbar wären, würde sich an der Reihenfolge nichts ändern.
Die Beigeladene beantragt,
- 1.
die Nachprüfungsanträge der Antragstellerin insgesamt zurückzuweisen,
hilfsweise,
den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin hinsichtlich Los A (Sielbauwerk) und hinsichtlich Los C (Schöpfbauwerk) zurückzuweisen und ihr die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen;
- 2.
festzustellen, dass die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes durch die Beigeladene notwendig und erforderlich war.
Die Beigeladene unterstützt das Vorbringen des Auftraggebers.
Sie hält den Nachprüfungsantrag ebenfalls für offensichtlich unbegründet, soweit die Antragstellerin die beabsichtigte Vergabe der Lose A und C angreift.
Hinsichtlich des Loses B habe der Nachprüfungsantrag ebenfalls keine Aussicht auf Erfolg. Auch sie vertritt die Auffassung, dass ihr Nebenangebot gewertet werden musste, da es den gestellten Anforderungen an Nebenangebote entsprach und im Vergleich zu dem vom Auftraggeber für das Hauptangebot vorgegebenen Amtsentwurf nicht nur eine gleichwertige, sondern sogar eine bessere Lösung für den Hochwasserschutz biete.
Zu den Schriftsätzen des Auftraggebers und der Beigeladenen hat die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 29.11.2004 Stellung genommen. Sie vertritt die Auffassung, dass durch die Doppelbewerbung keine wettbewerbsbeschränkende Abrede zu Lasten anderer Bieter vorliegt, da die Niederlassung ... sich zwar um die Teilnahme beworben habe, diese jedoch unstreitig nicht zur Angebotsabgabe aufgefordert worden sei.
Wegen des übrigen Sachverhalts wird auf die Vergabeakte, die Schriftsätze der Beteiligten und das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 02.12.2004 Bezug genommen.
II.
Der Nachprüfungsantrag ist zulässig, aber unbegründet. Die Antragstellerin ist nicht im Sinne der§§ 97 Abs. 7, 114 Abs. 1 GWB in ihren Rechten verletzt. Die Entscheidung des Auftraggebers, der Beigeladenen den Zuschlag für alle drei ausgeschriebenen Lose zu erteilen, ist vergaberechtlich nicht zu beanstanden. Die Dokumentation der Wertung und der Prüfungsergebnisse genügt insgesamt noch den Anforderungen des§ 30 VOL/A. Die Tatsache, dass der Auftraggeber unter Verwendung von Vordrucken des Vergabehandbuchs des Bundes (VHB) auf der 1. Stufe der Angebotswertung nur die Prüfung der Vollständigkeit des Angebotes, insbesondere der geforderten Nachweise hinsichtlich des Angebotes der Beigeladenen, nicht aber der Antragstellerin dokumentiert hat, verletzt die Antragstellerin nicht in ihren Rechten, da ihr Angebot nicht ausgeschlossen, sondern gewertet wurde. Der Auftraggeber war entgegen der Auffassung der Antragstellerin auch nicht gehalten, das Nebenangebot der Beigeladenen zu Los B (Hochwasserschutzwand) nicht zu berücksichtigen. Der Auftraggeber hat sich auch im Rahmen des ihm vergaberechtlich eingeräumten Ermessens gehalten, als er entschied, die Nebenangebote der Antragstellerin nicht zu berücksichtigen, weil diese wie auch die Nebenangebote anderer Bieter an terminliche Bedingungen geknüpft waren, deren Einhaltung der Auftraggeber im Zeitpunkt der Wertung noch nicht absehen konnte. Der Auftraggeber ist auch zu Recht davon ausgegangen, dass er bei der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes gem. § 25 Nr. 3 Abs. 3 VOB/A mangels vorheriger Definition und Bekanntmachung von Zuschlagskriterien lediglich das Zuschlagskriterium des niedrigsten Preises berücksichtigen konnte. Er ist daher im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass die Beigeladene für alle drei streitbefangenen Lose jeweils das wirtschaftlichste Angebot abgegeben hat.
1.
Der Nachprüfungsantrag ist zulässig. Bei dem Auftraggeber handelt es sich um einen Deichverband im Sinne des § 9 Niedersächsisches Deichgesetz (NDG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 23.02.2004 (Nds. GVBl. S. 83) und damit um einen Wasser- und Bodenverband im Sinne des § 1 Wasserverbandsgesetz (WVG) in der Rechtsform einer Körperschaft des öffentlichen Rechts. Er ist öffentlicher Auftraggeber im Sinne des § 98 Nr. 2 GWB. Er wurde zu dem besonderen Zweck gegründet, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nicht gewerblicher Art, nämlich den Hochwasserschutz zu gewährleisten, und unterliegt der Aufsicht des Landkreises ... und des Landes Niedersachsen und damit Gebietskörperschaften im Sinne des § 98 Nr. 1 GWB. Dies folgt aus § 30 NDG i.V.m.§ 1 des Niedersächsischen Ausführungsgesetzes zum WVG und§ 72 WVG. Der Einstufung als öffentlicher Auftraggeber im Sinne des § 98 Nr. 2 GWB steht auch nicht entgegen, dass die überwiegende Finanzierung des Deichverbandes nicht durch dieöffentliche Hand, sondern gem. §§ 6, 9 Abs. 8 NDG i.V.m. § 29 WVG durch die Beiträge der Mitglieder erfolgt. Die Vergabekammer vertritt ebenso wie im Falle der gesetzlichen Krankenkassen (vgl. VK Lüneburg, Beschluss v. 21.09.2004, Az.: 203-VgK-42/2004) entgegen der Rechtsprechung des BayObLG (vgl. Beschluss v. 24.05.2004, Az.: Verg 6/04) die Auffassung, dass zu berücksichtigen ist, dass es sich hier nicht etwa um freiwillige Mitgliedsbeiträge, sondern um eine durch Zwangsmitgliedschaft staatlich vorgeschriebene Finanzierung handelt. Der Deichpflichtige hat nicht die Wahl, ob er Mitglied des Deichverbandes wird. Er wird vielmehr als Deichpflichtiger gem. § 6 NDG i.V.m.§§ 22, 29 WVG kraft Gesetzes Mitglied des Deichverbandes. Die Beitragspflicht der dinglichen Verbandsmitglieder ruht als öffentliche Last auf den Grundstücken und Anlagen, mit denen die dinglichen Verbandsmitglieder an dem Verband teilnehmen. Auf die Tatsache, dass die Deichverbände auf Grund ihres Selbstverwaltungsrechtes gem. § 1 Abs. 2 Satz 1 WVG i.V.m. § 1 Niedersächsisches AGWVG keiner Fachaufsicht, sondern lediglich einer Rechtsaufsicht unterliegen, sind die Deichverbände, wovon auch der Auftraggeber im vorliegenden Fall selbst ausgeht, als öffentliche Auftraggeber im Sinne des § 98 Nr. 2 GWB einzustufen (vgl. Hinweise und Anmerkungen zum Beschluss des BayObLG v. 24.05.2004 in: Europakompakt, Nr. 8/2004, S. 124, 125). Da bei den Deichverbänden die Funktion als Träger desöffentlichen Hochwasserschutzes und des öffentlichen Sturmflutschutzes eindeutig im Mittelpunkt steht, dürfen an den Beherrschungsbegriff des § 98 Nr. 2 GWB keineüberhöhten Anforderungen gestellt werden.
Der streitbefangene Auftrag übersteigt auch den für die Zuständigkeit der Vergabekammer maßgeblichen Schwellenwert gem.§ 100 Abs. 1 GWB. Danach gilt der 4. Teil des GWB nur für solche Aufträge, die die Auftragswerte erreichen oderüberschreiten, die durch Rechtsverordnung nach § 127 GWB festgelegt sind. Bei den ausgeschriebenen Leistungen handelt es sich um einen Bauauftrag im Sinne des § 1 VOB/A. Für Bauaufträge gilt gem. § 2 Nr. 4 der am 01.02.2001 in Kraft getretenen Vergabeverordnung (VgV) vom 09.01.2001 ein Schwellenwert von 5 Mio. Euro. Werden Bauaufträge losweise ausgeschrieben, gilt gem. § 2 Nr. 7 VgV ein Schwellenwert von 1 Mio. Euro oder bei Losen unterhalb 1 Mio. Euro deren addierter Wert ab 20 % des Gesamtwertes aller Lose. Bereits auf der Grundlage des vom Auftraggeber als preislich niedrigstes Angebot ermittelten Angebots der Beigeladenen betragen die Gesamtkosten für die Lose A bis C 18.893.844,86 EUR netto. Der Wert des ausgeschriebenen Gesamtauftrags überschreitet damit deutlich den für die Anrufung der Vergabekammer maßgeblichen Schwellenwert.
Die Antragstellerin ist auch gem. § 107 Abs. 2 GWB antragsbefugt, da sie als Bieterin ein Interesse am Auftrag hat und eine Verletzung von Rechten durch die Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht, indem sie vorträgt, der Auftraggeber habe unter Verstoß gegen § 30 VOB/A und das vergaberechtliche Transparenzgebot gem. § 97 Abs. 1 GWB die Angebotswertung nicht hinreichend in der Vergabeakte dokumentiert. Ferner beabsichtige der Auftraggeber unter Verstoß gegen § 25 Nr. 3 Abs. 3 VOB/A, den Zuschlag nicht auf das wirtschaftlichste Angebot zu erteilen. Insbesondere zum streitbefangenen Los B habe sie selbst das wirtschaftlichste Angebot abgegeben. Mangels Definition und Bekanntmachung von Mindestbedingungen sei der Auftraggeber nicht berechtigt, das technische Nebenangebot der Beigeladenen zu Los B zu berücksichtigen. Die dort angebotene Lösung sei auch nicht gleichwertig. Voraussetzung für die Antragsbefugnis nach § 107 Abs. 2 GWB ist, dass das antragstellende Unternehmen einen durch die behauptete Rechtsverletzung entstandenen oder drohenden Schaden darlegt. Das bedeutet, dass der Antragsteller diejenigen Umstände aufzeigen muss, aus denen sich die Möglichkeit eines solchen Schadens ergibt. Die diesbezüglichen Anforderungen an die Darlegungslast dürfen aber nicht überspannt werden (vgl. Byok/Jaeger, VergabeR, § 107, Rn. 677). Die Antragstellerin hat ein entsprechendes Rechtsschutzbedürfnis dargelegt. Sie hat zumindest schlüssig vorgetragen, das sie bei aus ihrer Sicht vergaberechtskonformer Angebotswertung zumindest eine Chance auf den Zuschlag gehabt hätte. Es ist nicht erforderlich, dass die Antragstellerin auch schlüssig darlegt, dass sie bei vergabekonformem Verhalten des Auftraggebers den Zuschlag auch tatsächlich erhalten hätte (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss v. 13.04.1999, Az.: Verg 1/99, S. 24).
Die Antragstellerin ist auch ihrer Pflicht gem. § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB nachgekommen, vor Anrufung der Vergabekammer die behaupteten Verstöße gegen die Vergabevorschriften bereits im Vergabeverfahren selbst gegenüber dem Auftraggeber unverzüglich zu rügen. Bei der Vorschrift des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB handelt es sich um eine Präklusionsregel unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben. Der Bieter soll Vergabefehler nicht auf Vorrat sammeln. Die Rügepflicht des §107 Abs. 3 Satz 1 GWB entsteht, sobald ein Bieter oder Bewerber im Vergabeverfahren einen vermeintlichen Fehler erkennt. Vorausgesetzt ist die positive Kenntnis des Anbieters von den Tatsachen. Werden beim Durcharbeiten des Leistungsverzeichnisses Ungenauigkeiten festgestellt, liegt bereits positive Kenntnis vor (vgl. Byok/Jaeger, a.a.O., § 107, Rn. 681). Ausreichend für die positive Kenntnis eines Mangels im Sinne § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB ist bereits das Wissen um einen Sachverhalt, der den Schluss auf die Verletzung vergaberechtlicher Bestimmungen erlaubt und es bei vernünftiger Betrachtung gerechtfertigt erscheinen lässt, das Vergabeverfahren als fehlerhaft zu beanstanden (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss v. 22.08.2002, Az.: Verg 9/02). Unter Zugrundelegung dieses zutreffenden Maßstabes hat die Antragstellerin die vermeintlichen Vergaberechtsverstöße rechtzeitig gerügt. Erstmalig mit Schreiben vom 11.10.2004 hatte das ... (Betriebsstelle) im Auftrag des Auftraggebers die Antragstellerin darüber informiert, dass ihre Angebote nicht berücksichtigt werden sollten, weil ein wirtschaftlicheres Angebot vorläge. Bereits mit Schreiben vom 12.10.2004 hat die Antragstellerin diese Entscheidung des Auftraggebers gerügt.Über die Identität des für den Zuschlag vorgesehenen Bieters enthielt das Schreiben des Auftraggebers vom 11.10.2004 keine Angaben. Diese Information folgte erst mit Schreiben des Auftraggebers vom 14.10.2004, woraufhin die Antragstellerin mit Schreiben vom 19.10.2004 die Entscheidung des Auftraggebers erneut rügte und sich insbesondere gegen die Berücksichtigung des Nebenangebotes der Beigeladenen für das Los B wendete. Beide Rügen erfolgten unverzüglich im Sinne des§ 107 Abs. 3 Satz 1 GWB. Soweit sich die Antragstellerin erstmalig im Zuge des Nachprüfungsverfahrens gegen die vermeintlich unzureichende Dokumentation der Angebotswertung in der Vergabeakte wendet, war eine vorherige Rüge nicht möglich, da der Antragstellerin der diesbezügliche Sachverhalt erst auf Grund der Akteneinsicht im Nachprüfungsverfahren zugänglich war.
2.
Der Nachprüfungsantrag ist jedoch unbegründet. Die Antragstellerin ist nicht im Sinne der §§ 97, Abs. 7, 114 Abs. 1 GWB in ihren Rechten verletzt. Die in der Vergabeakte enthaltene Dokumentation der Angebotswertung genügt noch den Anforderungen an einen transparenten Vergabevermerk gem. § 30 VOB/A (im Folgenden a). Der Auftraggeber war entgegen der Auffassung der Antragstellerin auch nicht gehindert, das streitbefangene technische Nebenangebot der Beigeladenen zu Los B zu berücksichtigen. Der Berücksichtigung stehen weder eine fehlende Definition und Bekanntmachung von Mindestbedingungen im Sinne der Rechtsprechung des BayObLG noch das Erfordernis der Gleichwertigkeit der Leistungen entgegen (im Folgenden b). Der Auftraggeber ist auch zu Recht davon ausgegangen, dass er bei der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes gem. § 25 Nr. 3 Abs. 3 VOB/A mangels vorheriger Definition und Bekanntmachung von Zuschlagskriterien lediglich das Zuschlagskriterium "Niedrigster Angebotspreis" zu Grunde legen durfte. Die Ermittlung des niedrigsten Angebotspreises selbst ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Insbesondere hat der Auftraggeber entgegen der Auffassung der Antragstellerin auch die in den Angeboten zu Los A und C abgefragten Wartungsleistungen bei der Preisermittlung berücksichtigt (im Folgenden c).
a)
Die Antragstellerin ist entgegen ihrer Auffassung nicht durch Verstöße gegen die Dokumentationspflichten des§ 30 VOB/A in ihren Rechten verletzt. Vielmehr genügt die in der Vergabeakte enthaltene Dokumentation der Angebotswertung, die der Auftraggeber zum Teil unter Verwendung von Vordrucken des Vergabehandbuchs für die Durchführung von Bauaufgaben des Bundes im Zuständigkeitsbereich der Finanzbauverwaltungen (VHB), teilweise in Vermerkform und teilweise in Form von tabellarischen Preisgegenüberstellungen vorgenommen hat, noch den Anforderungen an einen transparenten Vergabevermerk im Sinne des § 30 VOB/A. Gemäß § 30 Nr. 1 VOB/A ist über die Vergabe ein Vermerk zu fertigen, der die einzelnen Stufen des Verfahrens, die Maßnahmen, die Festlegung sowie die Begründung der einzelnen Entscheidungen enthält. Diese Vorschrift dient - ebenso wie§ 30 VOL/A und § 18 VOF - in erster Linie der sog. Ex-Post-Transparenz und damit dem Transparenzgebot des § 97 Abs. 1 GWB. Der Weg zur Vergabeentscheidung soll vom Bieter nachvollzogen und auch kontrolliert werden können. Durch diese Vorschrift soll eine erleichterte Nachprüfung der Richtigkeit der getroffenen Feststellungen der jeweiligen Verfahren ermöglicht werden (vgl. Niebuhr/Kulartz/Kus/Portz, VergabeR, § 97, Rn. 101). Diese Ex-Post-Transparenz ist schließlich auch für einen effektiven Rechtsschutz erforderlich, sodass alle Entscheidungsschritte grundsätzlich zu dokumentieren sind und nicht erst nach Abschluss des Vergabeverfahrens vorliegen müssen (vgl. OLG Brandenburg, Beschluss v. 03.08.1999, NZBau 2000, S. 44 ff. [OLG Brandenburg 03.08.1999 - 6 Verg 1/99]). Dabei ist nicht notwendigerweise ein zusammenhängender Vergabevermerk zu fordern. § 30 VOB/A ist vielmehr dahingehend auszulegen, dass das Vergabeverfahren und alle wesentlichen Entscheidungen laufend und in nachvollziehbarer Weise zu dokumentieren sind (vgl. OLG Brandenburg, a.a.O.; VK Lüneburg, Beschluss v. 07.06.2004, Az.: 203-VgK-16/2004).
Zwar ist im vorliegenden Fall festzustellen, dass die vier Stufen der Angebotswertung in unterschiedlicher Intensität und Qualität in der Vergabeakte dokumentiert wurden. Während für die Prüfung und Wertung aller Nebenangebote der Bieter ausführliche Vermerke gefertigt wurden und die Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes anhand von ausführlichen, detaillierten rechnerischen Prüfungen der Angebotssummen in tabellarischer Form dokumentiert wurde, sind die Stufen 1 (Überprüfung der Vollständigkeit der Hauptangebote und insbesondere der geforderten Nachweise) und 2 (Eignungsüberprüfung) explizit nur hinsichtlich der vom Auftraggeber als wirtschaftlichste Angebote zu den streitbefangenen Losen A, B und C ermittelten Angebote der Beigeladenen dokumentiert. Der Auftraggeber hat sich zur Dokumentation der ersten beiden Wertungsstufen des Formblattes EFB-Verg 6 351.6 des Vergabehandbuch des Bundes (VHB) - Stand 01.04.2004 - bedient. Dort heißt es zu den Hauptangeboten der Beigeladenen lediglich:
"Die Eignung des Bieters wird bestätigt. Die geforderten Nachweise liegen vor."
Obgleich diese Form der Dokumentation der Vollständigkeitsprüfung und der Eignungsüberprüfungäußerst knapp ist, wird sie zum Teil im Schrifttum ausdrücklich empfohlen (vgl. Weyand, VergabeR, § 30 VOB/A, Rn. 4847, 4848). Die Verwendung der Formblätter Gewähr leiste eine vollständige und ordnungsgemäße Bearbeitung. Nach Auffassung der Vergabekammer können die Formblätter des VHB, dessen Verwendung im Erlasswege den Vergabestellen des Landes verbindlich vorgegeben und den kommunalen Auftraggebern empfohlen wurde, in erster Linie als "Checkliste" für ein ordnungsgemäßes Vergabeverfahren und einen aussagefähigen Vergabevermerk dienen. Zumindest, soweit in den einzelnen Wertungsstufen maßgebliche, für einen Bieter negative Entscheidungen gefällt werden und zu begründen sind, wie etwa Entscheidungenüber den Ausschluss von Angeboten wegen mangelnder Vollständigkeit oder mangelnder Eignung des Bieters, bedarf es ausführlicher, ergänzender Vermerke, um dem Transparenzgrundsatz des § 97 Abs. 1 GWB zu genügen. Der Auftraggeber hat in der mündlichen Verhandlung die vom ihm gewählte Form der Dokumentation dahingehend erläutert, dass er sowohl die Vollständigkeitsprüfung als auch die Eignungsprüfung für alle Angebote und Bieter durchgeführt habe. Er habe jedoch keine Positivliste geführt, sondern lediglich eine Negativliste. Nur wenn etwas gefehlt hätte, hätte er dies auch vermerkt. Dies sei aber nicht der Fall gewesen, da alle Angebote vollständig und ordnungsgemäß gewesen seien. Wenngleich dem Auftraggeber entgegenzuhalten ist, dass er dann wie im Falle der Angebote der Beigeladenen das positive Ergebnis seiner Prüfung der Vollständigkeit und Eignungsprüfung wenigstens kurz unter Verwendung eines Formblattes des VHB für alle Angebote hätte dokumentieren müssen, ist eine Verletzung von Rechten der Antragstellerin auf der Stufe der Vollständigkeitsprüfung und der Eignungsüberprüfung nicht ersichtlich, weil das Angebot der Antragstellerin wie auch die Angebote der übrigen Bieter nicht ausgeschlossen wurde und bei der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes berücksichtigt wurde. Für die streitbefangenen, vom Auftraggeber für den Zuschlag favorisierten Angebote der Beigeladenen sind beide Wertungsstufen unter Verwendung der Formblätter knapp, aber ausdrücklich dokumentiert. Eine Verpflichtung der Auftraggeberin, erneut in die Angebotswertung einzutreten und Vollständigkeitsprüfung und Eignungsprüfung auch für die Angebote der Antragstellerin und derübrigen Bieter ausdrücklich zu dokumentieren würde daher nichts an der bereits vom Auftraggeber positiv festgestellten Berücksichtigungsfähigkeit der Angebote der Beigeladenen ändern und hätte damit auch keine Auswirkungen auf die Zuschlagschancen der Antragstellerin. Die Dokumentation der Prüfung der Nebenangebote der Bieter wie auch der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes selbst sind hinreichend aussagefähig und transparent erfolgt. Eine Verletzung von Rechten der Antragstellerin durch Verstöße gegen die Dokumentationspflichten des § 30 VOB/A liegt daher nicht vor.
b)
Entgegen der Auffassung der Antragstellerin war der Auftraggeber vergaberechtlich auch nicht gehindert, das streitbefangene Nebenangebot der Beigeladenen "Los B, Nr. 2 - HWS-Mobilwand" bei der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes zu berücksichtigen. Soweit sich die Antragstellerin auf eine vermeintlich fehlende Definition und Bekanntmachung von Mindestbedingungen beruft, ist zunächst festzuhalten, dass das Erfordernis von Mindestanforderungen zur Wertbarkeit von Nebenangeboten in der Rechtsprechung nicht einheitlich beurteilt wird. Während das BayObLG in seinem Beschluss vom 22.06.2004, Az.: Verg 13/04, unter Berufung auf das Urteil des EuGH vom 16.10.2003 (= VergabeR 2004, S. 50) entschieden hat, dass ein zugelassenes Nebenangebot dann nicht gewertet werden kann, wenn der Auftraggeber weder in der Vergabebekanntmachung noch in den Verdingungsunterlagen die Mindestanforderungen erläutert hat, welche die Nebenangebote erfüllen müssen, hat die VK Schleswig-Holstein in ihrem Beschluss vom 03.11.2004, Az.: VK SH 28/04 (= IBR 12/2004, S. 715) das Erfordernis von technischen Mindestbedingungen für die Wertbarkeit von Nebenangeboten verneint. Ausreichend sei vielmehr, wenn der Auftraggeber nach den Ausschreibungsunterlagen fordert, dass Nebenangebote auf einer besonderen Anlage kenntlich gemacht werden, deutlich gekennzeichnet seien und eine eindeutige und erschöpfende Beschreibung enthalten müssen. Ferner müsse das Nebenangebot so beschaffen sein, dass es der Auftraggeber bei der Abgabe des Angebotes als gleichwertig beurteilen kann.
Die Vergabekammer teilt die Auffassung der VK Schleswig-Holstein, dass sich aus dem Urteil des EuGH vom 16.10.2003 (VergabeR 2004, S. 50 mit Anm. Opitz sowie Anm. Bultmann, ZfBR 2004, S. 88) das vom BayObLG statuierte restriktive Erfordernis der Definition und Bekanntmachung von technischen Mindestanforderungen als zwingende Voraussetzung für die Wertbarkeit von Nebenangeboten nicht ableiten lässt. Die Vergabekammer vertritt die Auffassung, dass eine transparente und den Anforderungen des Gleichheitsgrundsatzes genügende Wertung technischer Nebenangebote bereits dadurch gewährleistet wird, dass der Auftraggeber verpflichtet ist, in den Verdingungsunterlagen gem. § 9 Abs. 1 VOB/A die Leistung eindeutig und erschöpfend zu beschreiben und gem. § 9 Nr. 3 Abs. 1 VOB/A alle für eine einwandfreie Preisermittlung relevanten Umstände festzustellen und in den Verdingungsunterlagen anzugeben hat. Die damit zwingend vorgegebene Bekanntmachung und Definition von Eckpunkten des Auftragsgegenstandes bietet bereits eine hinreichende Grundlage der Wertbarkeit von Nebenangeboten, zumal der Bieter nach inzwischen einhelliger Rechtsprechung verpflichtet ist, die Gleichwertigkeit seiner Nebenangebote nachzuweisen.
Dies kann im vorliegenden Fall jedoch dahinstehen, weil der Auftraggeber im vorliegenden Fall auch unter Zugrundelegung der strengeren Anforderungen des BayObLG den Bietern technische Mindestanforderungen bekannt gemacht hat, an denen sich sowohl die Hauptangebote wie auch die Nebenangebote messen lassen müssen. Auf Seite 7 der Verdingungsunterlagen heißt es zu Los B:
"Nebenangebote und Änderungsvorschläge werden nicht gewertet, wenn sie nicht den folgenden Bedingungen entsprechen:
- Sämtliche Vertragsbedingungen müssen erfüllt werden, insbesondere Verdingungsunterlagen, technische Vorschriften, Normen und Lastangaben.
- Abmessungen und Höhenangaben der Bauwerke dürfen nicht verändert werden.
- Wartungs- und Unterhaltungsaufwand darf nicht erhöht werden.
- Die geforderten Materialqualitäten müssen eingehalten werden.
- Die geforderten Termine müssen eingehalten werden."
Der Auftraggeber ist daher nach keiner der in der Rechtsprechung vertretenen Auffassung gehindert, Nebenangebote zu werten. Im Übrigen dürfen die Anforderungen an die Rahmenbedingungen für die Berücksichtigung von Nebenangeboten nicht überspannt werden. Die Chance für öffentliche Auftraggeber, durchÄnderungsvorschläge und Nebenangebote Kenntnis von anderen, ihnen möglicherweise gar nicht bekannten Ausführungsvarianten zu erhalten (vgl. Hertwig in: Beck'scher VOB-Kommentar, § 10 VOB/A, Rn. 20) muss gewahrt bleiben. Gleiches gilt für die Chancen der Bieter, mit spezieller Sachkunde legale Wettbewerbsvorteile zu erzielen. Diese Chancen allein sind Sinn und Zweck von Nebenangeboten undÄnderungsvorschlägen.
Auch im Übrigen ist die Berücksichtigung des Nebenangebotes der Beigeladenen zu Los B nicht zu beanstanden. Der Auftraggeber hat sich mit dem Nebenangebot der Beigeladenen wie auch den Nebenangeboten der Antragstellerin und aller anderen Bieter in einer den Anforderungen der§§ 21 Nr. 3, 25 Nr. 5 VOB/A genügenden Weise auseinander gesetzt und die Prüfung und Wertung für jedes Nebenangebot gesondert in einem den Anforderungen des § 30 Abs. 1 VOB/A genügenden Vergabevermerk dokumentiert. Danach ist nicht zu beanstanden, dass der Auftraggeber das Nebenangebot Nr. 2 der Beigeladenen zu B, das die Installation einer mobilen Hochwasserschutz-Wand (HWS-Wand) vorsieht, wobei die mit dem Hauptangebot ausgeschriebenen beweglichen Verschlusstafeln durch Alu-Dammbalken ersetzt werden sollen, als gleichwertig beurteilt hat. In dem in der Vergabeakte enthaltenen, undatierten Vermerk über die Prüfung und Wertung der Nebenangebote hat der Auftraggeber nachvollziehbar dargelegt, dass die hier angebotene Bauweise schon mehrfach erfolgreich im Hochwasserschutz eingesetzt wurde, wie durch die dem Nebenangebot als Anlage beigefügten entsprechenden Unterlagen belegt sei. Das Nebenangebot erfülle daher die Einhaltung der anerkannten Regeln der Technik. Ferner enthalte das Nebenangebot keine vertragsrelevanten Einschränkungen oder Änderungen. Insbesondere würden auch die als Mindestbedingungen für die Wertbarkeit von Nebenangeboten vorgegebenen Hauptabmessungen nicht verändert. Schließlich hat der Auftraggeber auch die wirtschaftliche Gleichwertigkeit des Nebenangebotes der Beigeladenen geprüft und neben dem positiven Ergebnis der Minderkosten von 575.977,69 EUR auch die gegenüber der zum Hauptangebot ausgeschriebenen Bauvariante erhöhenden Investitionskosten in Höhe von 143.750,-- EUR zu Lasten dieses Nebenangebotes berücksichtigt. Diese zusätzlichen Kosten entstehen, weil bei der von der Beigeladenen angebotenen mobilen Lösung Kosten für ein Lagergebäude und entsprechende Grundstückskosten anfallen. Im Ergebnis bleibt eine Kostenminderung in Höhe von 432.227,76 EUR gegenüber dem Hauptangebot der Beigeladenen zu Los B. Auf Grund der vom Auftraggeber festgestellten Gleichwertigkeit dieses Nebenangebotes war der Auftraggeber nicht nur berechtigt, sondern sogar gehalten, dieses Nebenangebot und die damit verbundenen Minderkosten bei der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes zu berücksichtigen. Werden, wie im vorliegenden Fall, Nebenangebote grundsätzlich zugelassen, so sind nach allgemeiner Auffassung nur solche Nebenangebote oder Sondervorschläge unzulässig, bei denen die Bieter bei objektiver Betrachtung nicht damit rechnen durften, dass sie angeboten werden können. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn sie von verbindlichen Festlegungen in den Verdingungsunterlagen abweichen (vgl. VK Baden-Württemberg, Beschluss v. 22.10.2003, Az.: 1 VK 51/02; Beschluss v. 20.09.2001, Az.: 1 VK 26/01, m.w.N.). Im vorliegenden Fall konnten die miteinander im Wettbewerb stehenden Bieter nicht nur mit einem derartigen Nebenangebot rechnen. Sie mussten sogar damit rechnen, weil der Auftraggeber selbst in den Verdingungsunterlagen unter OZ 09.01.0080 für einen kleinen Abschnitt (Bereich Kirche) eine ähnliche Lösung für alle Bieter erkennbar als Wahlposition ausgeschrieben hatte. Darüber hinaus sind derartige mobile Lösungen unstreitig bereits im Bereich der Elbe und des Rheins zum Einsatz gekommen.
Es ist auch nicht zu beanstanden, dass der Auftraggeber solche Nebenangebote als nicht gleichwertig und daher nicht berücksichtigungsfähig gewertet hat, die eine Kostenminderung unter der Bedingung der Verkürzung von Bauzeiten oder Fristen in Aussicht stellten. So hat etwa die Antragstellerin mit ihrem Nebenangebot 1 zu Los A und C im Falle einer Bauzeitverkürzung der Lose A und C um 3,5 Monate Minderkosten in Höhe von 30.000 EUR für Los A und 20.000 EUR für Los C angeboten. Der Auftraggeber hat dazu in seinem in der Vergabeakte enthaltenen Vermerk über die Prüfung und Wertung der Nebenangebote festgehalten, dass die Bedingung der Antragstellerin, Ausführungsunterlagen innerhalb von 12 Tagen nach Auftragsvergabe zuübergeben, wegen des noch nicht abgeschlossenen Planfeststellungsverfahrens und der damit noch möglichen Entwurfsänderungen noch nicht vorausgesetzt werden könne. Da der Planfeststellungsbeschluss für die streitbefangenen Hochwasserschutzmaßnahmen noch nicht vorliegt und der Auftraggeber zulässigerweise beabsichtigt, mit den Baumaßnahmen auf der Grundlage einer Genehmigung des vorzeitigen Maßnahmebeginns zu beginnen, ist nicht zu beanstanden, dass der Auftraggeber möglichen Entwurfsänderungen auf Grund des Planfeststellungsbeschlusses Rechnung trägt und das Risiko der Einhaltbarkeit von Bauzeitverkürzungen nicht eingehen kann. Ebenso ist der Auftraggeber mit dem Nebenangebot Nr. 1 zu Los A der Beigeladenen verfahren, das ebenfalls das Risiko einer Bauzeitverschiebung durch Flutung bei niedrigeren Wasserständen bzw. längerer Stillstandszeit nicht hinreichend berücksichtigt. Auch die Wertung und Nichtberücksichtigung der übrigen Nebenangebote der Antragstellerin wie auch der anderen Bieter ist mit der in der Vergabeakte dokumentierten Begründung nachvollziehbar und nicht zu beanstanden. So führt das Nebenangebot NA 2 der Antragstellerin zu Los A, B und C ausdrücklich zu Mehrkosten. Die Lose NA 3 und NA 4 gehen von Pauschalierungen von Teilleistungen aus, was der Auftraggeber deshalb nicht akzeptiert hat, weil derartige Pauschalierungen bei Entwurfsänderungen infolge von Auflagen aus dem noch nicht vorliegenden Planfeststellungsbeschluss eine Neuverhandlung erforderlich machen. Das Angebot Nr. 5 der Antragstellerin schließlich beinhaltet Minderkosten in Höhe von 66.000 EUR unter der Bedingung, dass die Antragstellerin eine bislang nicht beteiligte Firma in die Bietergemeinschaft aufnehmen darf. Der Auftraggeber ist zu Recht davon ausgegangen, dass er eine derartige Erweiterung der Bietergemeinschaft nicht akzeptieren darf, weil über die wirtschaftliche und technische Leistungsfähigkeit dieser Firma keine Angaben entsprechend den Anforderungen aus dem Teilnahmewettbewerb vorliegen.
c)
Die Beigeladene hat für alle streitbefangenen Lose das wirtschaftlichste, weil preislich niedrigste Angebot abgegeben. Der Auftraggeber hat bei der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes gem.§ 25 Nr. 3 Abs. 3 VOB/A zu Recht den niedrigsten Angebotspreis als einziges Zuschlagskriterium zu Grunde gelegt. Eine Berücksichtigung weiterer Wirtschaftlichkeitskriterien wie etwa Ausführungsfrist, Betriebs- und Folgekosten, Rentabilität oder technischer Wert wäre nur dann mit dem Transparenzgrundsatz des§ 97 Abs. 1 GWB vereinbar gewesen, wenn der Auftraggeber diese Kriterien allen Bietern mit der Vergabebekanntmachung oder den Verdingungsunterlagen bekannt gemacht hätte. Gemäß § 25 a VOB/A dürfen bei der Wertung der Angebote nur Kriterien berücksichtigt werden, die in der Bekanntmachung oder in den Vergabeunterlagen genannt sind. Der Auftraggeber hat aber unstreitig überhaupt keine Zuschlagskriterien bekannt gemacht. In der Vergabebekanntmachung wurde darauf hingewiesen, dass der Zuschlag auf das wirtschaftlich günstigste Angebot auf Grund der in den Verdingungsunterlagen genannten Kriterien erteilt werden soll. Auch in den Verdingungsunterlagen wurden jedoch keine Zuschlagskriterien benannt. Zwar ist gem. § 97 Abs. 5 GWB und § 25 Nr. 3 Abs. 3 VOB/A der Zuschlag auf das unter Berücksichtigung aller Umstände wirtschaftlichste Angebot zu erteilen. Gemäß § 25 Nr. 3 Abs. 3 VOB/A ist der niedrigste Angebotspreis - grundsätzlich - allein nicht entscheidend. Die einschlägigen Auftragsvergaberichtlinien der EU legen übereinstimmend fest, dass für die Auftragsvergabe grundsätzlich zwei Kriterien maßgebend sein dürfen. Der öffentliche Auftraggeber darf entweder den Anbieter auswählen, der den niedrigsten Preis anbietet, oder denjenigen Anbieter, der das wirtschaftlich günstigste Angebot abgegeben hat (vgl. Artikel 36 der Dienstleistungskoordinierungsrichtlinie RL 92/50/EWG, ABl. EG Nr. 1 209/1; Artikel 34 der Baukoordinierungsrichtlinie RL 93/37/EWG, ABl. EG Nr. 1 199/54; Artikel 26 der Lieferkoordinierungsrichtlinie RL 93/36/EWG, ABl. EG Nr. 1 199/1).
Der deutsche Gesetzgeber hat sich in § 97 Abs. 5 GWB jedoch zulässigerweise ausdrücklich dafür entschieden, dem Kriterium "wirtschaftlichstes Angebot" den Vorzug vor dem ebenfalls zulässigen Kriterium "niedrigster Preis" zu geben. Das deutsche Recht schließt damit nicht aus, dass die preisliche Beurteilung des Angebotes im Rahmen der Prüfung des wirtschaftlich günstigsten Angebotes eine maßgebliche Rolle spielt. Der Preis ist nach dem deutschen Vergaberecht vielmehr regelmäßig das wichtigste, aber eben nicht das allein entscheidende Kriterium (vgl. Boesen, VergabeR, § 97, Rn. 144).
Werden wie im vorliegenden Fall den Bietern jedoch weder mit der Vergabebekanntmachung noch mit den Verdingungsunterlagen Zuschlagskriterien bekannt gemacht, ist das wirtschaftlichste Angebot allein auf der Grundlage des niedrigsten Angebotspreises zu ermitteln. Dies folgt bereits unmittelbar aus dem Transparenzgrundsatz gem. § 97 Abs. 1 GWB und aus§ 25 a VOB/A. In Rechtsprechung und Schrifttum hat sich die Auffassung durchgesetzt, dass in den Fällen, in denen der öffentliche Auftraggeber die Zuschlagskriterien nicht bekannt gemacht hat, nur der niedrigste Preis als Zuschlagskriterium angewendet werden darf (vgl. OLG Schleswig, VergabeR 2001, S. 214 ff.; Kulartz in: Niebuhr/Kulartz/Kus/Portz, VergabeR, § 97 GWB, Rn. 209; Noch in: Müller-Wrede, VOL/A, § 25, Rn. 139; Kulartz in: Daub/Eberstein, VOL/A, 5. Aufl., § 25, Rn. 43, m.w.N.; Heiermann/Riedl/Rusam, VOB, 10. Aufl., § 25 a VOL/A, Rn. 3). Der rechtliche Spielraum der Vergabestelle bei der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes ist immer dann überschritten, wenn Kriterien herangezogen werden, die zuvor in der Bekanntmachung oder den Vergabeunterlagen nicht genannt wurden. Soll also der Zuschlag auf das wirtschaftlich günstigste Angebot erfolgen, sind in den Verdingungsunterlagen oder der Bekanntmachung die Kriterien anzugeben, nach denen sich das wirtschaftlichste Angebot bemessen soll. Aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit, Vorhersehbarkeit und Transparenz des Vergabeverfahrens dürfen bei der Wertung von Angeboten nur Zuschlagskriterien zur Anwendung kommen, die zuvor in der Vergabebekanntmachung oder in den Verdingungsunterlagen bekannt gemacht worden sind, damit sich die interessierten Bieter darauf einstellen können (vgl. Kulartz in: Daub/Eberstein, a.a.O., Rn. 43). Unterlässt der Auftraggeber eine solche Bekanntmachung, kann er allgemeine Gesichtspunkte der Wirtschaftlichkeit bei der Wertung nicht mehr berücksichtigen. Der Zuschlag muss dann auf das Angebot mit dem niedrigsten Preis erteilt werden, andernfalls könnte der Auftraggeber durch die Berücksichtigung nicht bekannt gemachter Zuschlagskriterien im Rahmen der Wertung beliebigen Einfluss auf die Rangfolge der Angebote nehmen. Die EU-Vergaberichtlinien wollen aber eine Vergabe allein nach sachlichen und willkürfreien Kriterien sicherstellen. Mit diesem Zweck wäre eine Berücksichtigung erst nachträglich gebildeter, aus der Ausschreibung selbst nicht hervorgehender Kriterien unvereinbar.
Das mit der Durchführung und Begleitung des Vergabeverfahrens beauftragte Ingenieurbüro hat die Angebotspreise ordnungsgemäß geprüft und für alle drei Lose die Angebote der Beigeladenen als wirtschaftlichste, weil preislich niedrigste Angebote gewertet. Es ist daher nicht zu beanstanden, dass der Auftraggeber dem Vorschlag des das Vergabeverfahren als Projektbüro begleitenden ... (Betriebsstelle) vom 08.10.2004 gefolgt ist, den Zuschlag für alle drei Lose auf die Angebote der Beigeladenen zu erteilen.
Der Auftraggeber hat es entgegen der Auffassung der Antragstellerin auch nicht versäumt, bei der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes die Kosten für die von den Bietern zu erbringenden Wartungsdienstleistungen auf der Grundlage des mit Bieterrundschreiben vom 16.09.2004 den Bietern übersandten und von diesen akzeptierten Vertrages über die Inspektion und Wartung von technischen Anlagen und Einrichtungen zu berücksichtigen. Die entsprechenden Leistungspositionen, die nur bei den Losen A und C, nicht aber beim Los B anfallen, waren bereits ausdrücklich in den Verdingungsunterlagen enthalten und sind auch von allen Bietern bepreist worden. Die Preise sind daher ordnungsgemäß in die Wertung eingeflossen. So sind im Leistungsverzeichnis "Kurz- und Langtext zu Los C" unter Position 17.3.720 ausdrücklich die Kosten für die Wartung angesetzt. Dort heißt es:
"Komplette Anlagenausrüstung während der Gewährleistungszeit. Mit dieser Wartung muss die Anlagenausrüstung komplett mit Sicherheitsüberwachungsauftrag auf Funktion geprüft werden."
Eine entsprechende Preisposition ist dort ausdrücklich vorgesehen. Derartige Positionen durchziehen die gesamten Leistungsverzeichnisse für Los A und Los C.
Der beabsichtigte Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen ist daher nicht zu beanstanden. Die Antragstellerin hätte lediglich auf der Grundlage der in der Vergabeakte dokumentierten Angebotswertung mit ihrem Hauptangebot zu Los B den Zuschlag erhalten müssen, wenn das oben erörterte Nebenangebot Nr. 2 der Beigeladenen zu Los B nicht hätte berücksichtigt werden dürfen, was jedoch, wie dargelegt, nicht der Fall ist. auch hier hat die Beigeladene das wirtschaftlichste Angebot abgegeben.
Die Vergabekammer weist jedoch darauf hin, dass der Auftraggeber entgegen seiner Auffassung nicht berechtigt gewesen wäre, bei Nichtberücksichtigung des Nebenangebotes der Beigeladenen von einer losweisen Vergabe abzusehen und den Gesamtauftrag an die Beigeladene zu vergeben. Der Auftraggeber hatte im Zuge des Nachprüfungsverfahrens am 25.11.2004 einen entsprechenden Beschluss gefasst und diesen der Vergabekammer vorgelegt. Der Auftraggeber vertritt die Auffassung, dass es ihm ungeachtet der Tatsache, ob eine Einzellosvergabe in der Summe preiswerter wäre als die Gesamtvergabe, freisteht, ob er von seinem Vorbehalt einer losweisen Vergabe Gebrauch macht oder nicht. Dazu ist zunächst festzustellen, dass ein derartiger "Vorbehalt" gar nicht besteht. Die Bieter wurden mit der Vergabebekanntmachung vielmehr darauf hingewiesen, dass sie Angebote für alle Lose, ein Los oder mehrere Lose abgeben können. Der Auftraggeber hat damit ausdrücklich dem § 4 Nr. 2 und 3 VOB/A Rechnung getragen, wonach umfangreiche Bauleistungen möglichst in Lose geteilt und nach Losen vergeben werden sollen. Damit hat der Auftraggeber zugleich dem Gebot des § 97 Abs. 3 GWB entsprochen, wonach mittelständische Interessen vornehmlich durch Teilung der Aufträge in Fach- und Teillose angemessen zu berücksichtigen sind. Lässt der Auftraggeber daher auch Angebote auf Fach- und Teillose zu, ist er an diese Vorgabe gebunden. Ein Zuschlag auf ein Gesamtangebot ist nur dann möglich und geboten, wenn die Angebotswertung ergibt, dass es gegenüber der Summe der wirtschaftlichsten Angebote auf die einzelnen Lose das wirtschaftlichste Angebot ist. Auch bei dieser Gegenüberstellung darf ein öffentlicher Auftraggeber nur die Wirtschaftlichkeits- und Zuschlagskriterien berücksichtigen, die er den Bietern zuvor mit der Vergabebekanntmachung oder den Verdingungsunterlagen bekannt gemacht hat. Mangels Definition und Bekanntmachung von Zuschlagskriterien entscheidet im vorliegenden Fall daher auch hier allein der niedrigste Angebotspreis. An sich zulässige Wirtschaftlichkeitskriterien wie etwa ein niedrigerer Koordinierungsaufwand bei Gesamtvergaben kann nur dann berücksichtigt werden, wenn dieses Kriterium den Bietern bekannt gemacht wurde oder wenn es sich ausdrücklich im Angebotspreis niederschlägt.
Da die Beigeladene sowohl hinsichtlich aller Teillose wie auch hinsichtlich des Gesamtangebots das wirtschaftlichste Angebot abgegeben hat, ist die Vergabeentscheidung des Auftraggebers nicht zu beanstanden. Der Nachprüfungsantrag war daher zurückzuweisen.
III.
Kosten
Die Kostenentscheidung folgt aus § 128 GWB. Nach Art. 7 Nr. 5 des 9. Euro - Einführungsgesetzes (BGBl. 58/2001 vom 14.11.2001, S. 2992 ff.) vom 10.11.2001 werden die DM-Angaben in§ 128 GWB für die von der Vergabekammer festzusetzende Gebühr durch Angaben in Euro im Verhältnis 1 : 2 ersetzt, sodass die regelmäßige Mindestgebühr nunmehr 2.500 Euro, die Höchstgebühr 25.000 Euro bzw., in Ausnahmefällen, 50.000 Euro beträgt.
Es wird eine Gebühr in Höhe von 8.816,- EUR gemäß § 128 Abs. 2 GWB festgesetzt.
Der zu Grunde zu legende Auftragswert beträgt nach dem Ergebnis der streitbefangenen Ausschreibung 19.819.775,55 EUR netto. Dieser Betrag entspricht den Kosten nach dem Angebot der Antragstellerin für alle drei Lose und damit ihrem Interesse am Auftrag.
Die Gebührenermittlung erfolgt anhand einer Gebührentabelle des Bundeskartellamtes vom 09.02.1999 in der z. Zt. gültigen Fassung vom 01.01.2003. Hiernach wird der Mindestgebühr von 2.500 EUR (§ 128 (2) GWB) eine Ausschreibungssumme von bis zu 80.000 EUR zugeordnet und dem regelmäßigen Höchstwert von 25.000 EUR (§ 128 (2) GWB) eine Ausschreibungssumme von 70 Mio. EUR (höchste Summe der Nachprüfungsfälle 1996 -1998) gegenübergestellt. Bei einer Ausschreibungssumme von 19.819.775,55 EUR ergibt sich eine Gebühr von 8.816,- EUR.
Diese Gebühr schließt einen durchschnittlichen sachlichen und personellen Aufwand ein. Gutachterkosten oder Kosten durch Zeugenvernehmung in der mündlichen Verhandlung sind nicht angefallen.
Die im Tenor verfügte Kostentragungspflicht ergibt sich daraus, dass die Antragstellerin im Nachprüfungsverfahren i.S.d.§ 128 Abs.3 Satz 1 GWB im vollen Umfang unterlegen ist.
Die Erstattungspflicht bezüglich der Kosten des Auftraggebers, die diesem zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstanden sind, folgt aus § 128 Abs. 4 GWB i.V.m.§ 80 VwVfG. Danach war festzustellen, dass die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes durch den Auftraggeber im konkreten Verfahren erforderlich war. Auch wenn man von öffentlichen Auftraggebern grundsätzlich verlangen darf, dass sie über das notwendige personelle Know-how bezüglich der für eine Ausschreibung erforderlichen Rechtsgrundlagen, insbesondere der VOL/A und der VOB/A verfügen, bedurfte der Auftraggeber für eine angemessene Reaktion in der auch für einen erfahrenenöffentlichen Auftraggeber ungewohnten Situation eines vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahrens besonderen rechtskundigen Beistandes.
Nach den zu § 80 VwVfG geltenden Grundsätzen ist die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes dann notwendig, wenn sie vom Standpunkt eines verständigen Beteiligten für erforderlich gehalten werden durfte (BVerwGE 55, 299, 306). Dies ist nach der herrschenden Lehre nicht nur in schwierigen und umfangreichen Verfahren zu bejahen, sondern entspricht der Regel (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 7. Aufl., § 80, Rdn. 45; Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 5. Aufl., § 80, Rdn. 81). Dieser Grundsatz soll allerdings nur im Verhältnis des Bürgers zum Staat gelten. Zu Gunsten der Ausgangsbehörde im Verwaltungsverfahren wird demgegenüber die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten nur in besonders gelagerten Einzelfällen angenommen, da die Ausgangsbehörde in der Regel mit eigenem Fachpersonal so gut ausgestattet sein muss, dass sie ihre Verwaltungstätigkeit, zu der auch die Mitwirkung im Vorverfahren (Widerspruchsverfahren) gehört, ohne fremde Unterstützung ausführen kann. Diese für die Situation der Ausgangsbehörde in einem Widerspruchsverfahren zutreffende Auffassung kann jedoch nicht auf das vergaberechtliche Nachprüfungsverfahrenübertragen werden. Schon beim materiellen Vergaberecht handelt es sich um eine überdurchschnittlich komplizierte Materie, die nicht nur in kurzer Zeit zahlreiche Veränderungen und Neuregelungen erfahren hat, sondern auch durch komplexe gemeinschaftsrechtliche Fragen überlagert ist. Entscheidend aber ist, dass das Nachprüfungsverfahren gerichtsähnlich ausgebildet ist, die Beteiligten also auch prozessuale Kenntnisse haben müssen, um ihre Rechte umfassend zu wahren. Deshalb ist im vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren die nach § 80 VwVfG gebotene Rechtspraxis zur Erstattung der Rechtsanwaltskosten nicht übertragbar (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09.11.2001, Az.: Verg 1/01; OLG Stuttgart, Beschluss v. 19.07.2000, 2 Verg 4/00, NZBau 11/2000, S. 543 ff.). Denn durch seinen Charakter als gerichtsähnlich ausgestaltetes Verfahren unterscheidet sich das Vergabenachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer eben grundlegend von dem Widerspruchsverfahren nach der VwGO.
Kosten der Beigeladenen:
Die Kostenentscheidung hinsichtlich der Erstattungsfähigkeit der Kosten der Beigeladenen folgt aus analoger Anwendung des § 162 Abs. 3 VwGO. Dort ist für das verwaltungsgerichtliche Verfahren geregelt, dass die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen nur erstattungsfähig sind, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt. Die analoge Anwendung dieser Vorschrift zu Gunsten eines obsiegenden Beigeladenen ist im Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer geboten (vgl. OLG Düsseldorf, NZBau 2000, S. 155, 158 [OLG Düsseldorf 12.01.2000 - Verg 3/99]; sowie OLG Düsseldorf, Beschluss v. 15.06.2000, Az.: Verg 6/00). Die für eine analoge Anwendung von Vorschriften erforderliche Regelungslücke ergibt sich daraus, dass gem. § 128 Abs. 4 Satz 2 lediglich geregelt wird: "Soweit ein Beteiligter im Verfahren unterliegt, hat er die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Auslagen des Antragsgegners zu tragen. § 80 des Verwaltungsverfahrensgesetzes und die entsprechenden Vorschriften der Verwaltungsverfahrensgesetze der Länder gelten entsprechend." Eine daraus folgende Ungleichbehandlung eines Beigeladenen gegenüber den anderen Beteiligten des Nachprüfungsverfahrens wäre jedoch nicht sachgerecht, zumal der Beigeladene schließlich gem. § 109 GWB deshalb den Beteiligten-Status erhält, weil "dessen Interessen durch die Entscheidung schwer wiegend berührt werden".
Einerseits darf daher zwar für den Antragsteller durch (mögliche) Beiladungen kein unkalkulierbares und damit abschreckendes Kostenrisiko entstehen. Andererseits dürfen aber auch Kosten des Beigeladenen nicht zu einer Waffenungleichheit zu seinen Lasten führen (vgl. Byok/Jaeger, Vergaberecht, § 128, Rdnr. 1034).
Unter Berücksichtigung dieser sachgerechten Grundsätze entspricht es im vorliegenden Fall der Billigkeit i.S.d. hier analog anzuwendenden § 162 Abs. 3 VwGO, dass die unterlegene Antragstellerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung im Nachprüfungsverfahren erforderlichen Aufwendungen der Beigeladenen, zu denen auch die Kosten einer in einem derartig komplexen, nicht nur materielles Vergaberecht, sondern auch prozessuale Rechtsfragen berührenden Verfahren ohne weiteres erforderlichen Hinzuziehung eines Rechtsanwalts gehören, zu tragen hat.
Die Antragstellerin wird aufgefordert, den Betrag von 8.816,- EUR unter Angabe des Kassenzeichens auf folgendes Konto zuüberweisen:
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IV.
Rechtsbehelf
Gem. § 116 GWB kann gegen diese Entscheidung sofortige Beschwerde eingelegt werden. Diese ist beim Oberlandesgericht Celle, Schloßplatz 2, 29221 Celle, einzulegen. Die Beschwerde ist gem.§ 117 GWB binnen einer Notfrist von 2 Wochen nach Zustellung der Entscheidung einzulegen. Die sofortige Beschwerde ist gem. § 117 Abs. 2 GWB mit ihrer Einlegung zu begründen.
Schulte
Dierks