Vergabekammer Lüneburg
Beschl. v. 16.07.2004, Az.: 203-VgK-24/2004
Nachprüfungsantrag im Rahmen eines Vergabeverfahrens; Ausschreibung des Neubaus eines Verwaltungsgebäudes im nichtoffenen Verfahren mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb ; Ausübung maßgeblichen Einflusses auf das ausgeschriebene Bauvorhaben durch den öffentlichen Auftraggeber; Geltendmachung von Vergaberechtsverletzungen; Vornahme einer Gutschrift eines Restbuchwertes durch die Auftraggeberin im Zuge der Angebotswertung nach der Barwertmethode; Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes durch den öffentlichen Auftraggeber
Bibliographie
- Gericht
- VK Lüneburg
- Datum
- 16.07.2004
- Aktenzeichen
- 203-VgK-24/2004
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2004, 33754
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 97 Abs. 2 GWB
- § 97 Abs. 7 GWB
- § 99 Abs. 3 GWB
- § 100 Abs. 2 lit. h GWB
- § 114 Abs. 1 GWB
- § 1 VOB/A
- § 25 Nr. 3 Abs. 3 VOB/A
- § 27 Abs. 5 GWB
Verfahrensgegenstand
VOB-Vergabeverfahren Errichtung und entgeltliche Überlassung eines Verwaltungsgebäudes in xxx
Die Vergabekammer bei der Bezirksregierung Lüneburg hat
durch
den Vorsitzenden RD Gause,
die hauptamtliche Beisitzerin BOAR'in Schulte und
den ehrenamtlichen Beisitzer Dipl.-Ök. Brinkmann
auf die mündliche Verhandlung vom 07.07.2004
beschlossen:
Tenor:
- 1.
Es wird festgestellt, dass die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt ist. Die Auftraggeberin wird verpflichtet, erneut in die Angebotswertung einzutreten, über den Zuschlag unter Beachtung der aus der Begründung ersichtlichen Rechtsauffassung der Vergabekammer zu entscheiden und das von ihr favorisierte Nebenangebot der Beigeladenen zu 1 von der Wertung auszuschließen.
- 2.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Auftraggeberin.
- 3.
Die Kosten werden auf 3.500,-- EUR festgesetzt.
- 4.
Die Auftraggeberin hat der Antragstellerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten zu erstatten. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes war für die Antragstellerin notwendig.
Begründung
I.
Die Auftraggeberin hat mit Bekanntmachung vom 15.07.2002 den Neubau eines Verwaltungsgebäudes im nichtoffenen Verfahren mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb europaweit ausgeschrieben, nachdem sie mit Vorabinformation vom 22.05.2002 auf das beabsichtigte Vergabeverfahren hingewiesen hatte.
Die Bieter wurden darauf hingewiesen, dass sie zur Teilnahme am Wettbewerb Nachweise zur Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit bestimmte Angaben machen mussten.
Kriterien für die Auftragserteilung:
- 1.
Es können nur die Angebote gewertet werden, die die funktionalen und qualitativen Grundlagen der Ausschreibung erfüllen, andere Angebote sollten von der Wertung ausgeschlossen werden.
- 2.
Die Beurteilung der Angebotssummen sollte erfolgen auf
- a)
Miete inkl. Mietgleitklausel
- b)
Nebenkosten
- c)
Betriebskosten
- d)
Rückkauf nach 10, 15 und 20 Jahren
und Prüfung der Wirtschaftlichkeit im Gesamtzusammenhang der Punkte a) - d).
Nebenangebote waren zugelassen. Alternativstandorte mussten in dem in der Ausschreibung vorgeschriebenen Bereich (Kerngebiet) angeboten werden.
Ferner wurden die Bieter darauf aufmerksam gemacht, dass von den Bietern maximal 10 Bewerber zur Angebotsabgabe aufgefordert werden.
In einem Aktenvermerk der Auftraggeberin vom 25.04.2003 war von der beauftragten Ingenieurgesellschaft in der Vergabeakte festgehalten worden, dass Nebenangebote für Alternativstandorte (also Errichtung des Verwaltungsgebäudes nicht auf dem Stadthausgrundstück) als Hauptangebote zu bewerten sind.
Die Aufforderung zur Abgabe eines Angebotes wurde am 20.06.2003 an die ausgewählten Bewerber versandt. Darin wurden die Bieter zusätzlich darauf hingewiesen, dass den Zuschlag das wirtschaftlich günstigste Angebot bezüglich Qualität, Funktionalität, Nebenkosten/ Wirtschaftlichkeit, monatlicher Miete, Betriebskosten und Rückkauf 10/15/20 Jahre erhalten soll.
Mit Bieterrundschreiben vom 23.07.2003 informierte die beauftragte Ingenieurgesellschaft die Bieter über die Verlängerung des Submissionstermins und die detaillierte Wertung der vierten Wertungsstufe. Es sollte eine dynamische Ausgabenvergleichsrechnung über 20 Jahre für
- a)
Miete für 20 Jahre
- b)
Miete für 10 Jahre + Rückkaufswert nach 10 Jahren
- c)
Miete für 15 Jahre + Rückkaufswert nach 15 Jahren
- d)
Miete für 20 Jahre + Rückkaufswert nach 20 Jahren
erfolgen. Basis bei der Berechnung sollte ein Kalkulationszinssatz von 5,0 % sein. Es wurde darauf hingewiesen, dass das Angebot mit dem niedrigsten Kapitalwert (Ausgabebarwert) den Zuschlag erhalten soll.
Mit einem weiteren Bieterrundschreiben vom 26.08.2003 stellte die beauftragte Ingenieurgesellschaft gegenüber den Bietern klar, dass beim Angebot eines Neubaues gem. Beiblatt zu EVM (B) Ang, Seite 4, neben der Miete die Option Rückkauf eingeräumt und bepreist werden muss. Wörtlich heißt es weiter: "Wird dieser Forderung nicht nachgekommen, sind die Ausschreibungsbedingungen nicht erfüllt."
In weiteren Bieterrundschreiben informierte die das Projekt begleitende Ingenieurgesellschaft über die Antworten zu weiteren Fragen aus dem Bieterkreis.
Bei der Verdingungsverhandlung am 15.09.2003 ergab sich, dass von den 14 aufgeforderten Bewerbern 8 rechtzeitig ein Angebot abgegeben hatten. Dabei wurde festgehalten, dass u.a. bei der Beigeladenen zu 1 xxx im Gegensatz zu der Antragstellerin und der Beigeladenen zu 2 xxx keine Angebotssumme oder eine bestimmte Anzahl an Nebenangeboten vermerkt war. Bei ihr waren lediglich die Spalten monatl. Mietpreis, Nebenkosten/Jahr, Betriebskosten/Jahr und Rückkaufswerte nach 10, 15 und 20 Jahren ausgefüllt. Diese Spalten waren auch bei der Antragstellerin und der Beigeladenen zu 2 zusätzlich ausgefüllt worden.
Das Ergebnis der technischen Prüfung der Angebote ist nicht in der Vergabeakte dokumentiert.
Im Rahmen der finanzwirtschaftlichen Auswertung der Investorenausschreibung durch die von der beauftragten Ingenieurgesellschaft beauftragte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft wurde festgehalten, dass zunächst eine technische Prüfung der Angebote durch die Auftraggeberin und die das Verfahren begleitende Ingenieurgesellschaft erfolgte.
Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft hielt bei ihrer Auswertung fest, dass nach Auskunft der Stadt xxx bzw. der Ingenieurgesellschaft keiner der acht Bieter aus funktionalen und qualitativen Gründen auszuschließen ist. Sie habe daher alle acht Angebote finanzwirtschaftlich ausgewertet. Sie wies in ihrem Gutachten darauf hin, dass die Ausschreibung so ausgestaltet war, dass der Investor das Stadthausgrundstück erwerben oder ein eigenes Grundstück verwenden solle, darauf ein Verwaltungsgebäude gemäß den vorgegebenen funktionalen und qualitativen Vorgaben errichten und dieses der Auftraggeberin entgeltlich zur Nutzung überlassen solle. Ferner wies die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft unter Ziffer 20 darauf hin, dass der Investor im Angebot den monatlichen Mietpreis zu nennen habe. Auch mussten die Rückkaufswerte angegeben werden, da sich die Auftraggeberin vorbehalten wolle, die Immobilie während der Laufzeit des Mietvertrages vom Investor zurück erwerben zu können. Ferner führte sie unter Ziffer 20 wörtlich aus:
"Diese Rückkaufswerte waren für einen Termin nach 10, 15 und 20 Jahren nach Beginn der Nutzung durch die Stadt xxx zu nennen. Zur Analyse der Vorteilhaftigkeit war für jede Variante aus den Angeboten der Bieter eine Barwertberechnung durchzuführen. Somit im Modell a für eine Nutzung über 20 Jahre ohne Rückkauf, im Modell b für Miete über 10 Jahre und ein Rückkauf nach 10 Jahren, im Modell c für Miete über 15 Jahre und Rückkauf nach 15 Jahren und für Modell d für Miete über 20 Jahre und Rückkauf nach 20 Jahren."
Auch wies die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft unter Ziffer 25 darauf hin, dass lediglich die Beigeladene zu 1 xxx ein eigenes, bereits vorhandenes Grundstück verwendet, die Antragstellerin und die Beigeladene xxx keinen zivilrechtlichen Erwerb des Grundstückes vorsehen, sondern die Einräumung eines Nutzungsrechtes an den Bieter für die Laufzeit des Vertrages (20 Jahre). Außerdem wurde festgehalten, dass in den Angeboten der Antragstellerin und der Beigeladenen xxx die Nutzungsrechtüberlassung des städtischen Grundstückes als unentgeltlich vorgesehen ist.
Es wurde ferner festgehalten, dass dieses Nutzungsrecht bei zwei weiteren Bietern entgeltlich übertragen werden soll - zu dem Preis, zu dem in den anderen Modellen das Grundstück veräußert werden soll (1,28 Mio. EUR). Der Preis beruht auf einer Ermittlung des Katasteramtes.
Unter Ziffer 26 wurde festgehalten:
"Im Ergebnis bedeutet dies, dass in 26 Berechnungen die Barwerte unter Ansatz einer anfänglichen Zahlung des Bieters an die Stadt xxx in Höhe von TEUR 1.280 ermittelt worden sind. Da ein solcher Geldzufluss für die Wirtschaftlichkeit des Neubaus für die Stadt xxx eine wichtige Bedeutung hat, ist diese Position neben der Miete und den Rückkaufswerten in die Berechnungen mit einzubeziehen. Dies ist auch deshalb notwendig, weil gemäß dem Vorstehenden die Angebote bezüglich dieses Sachverhaltes unterschiedlich ausgestaltet sind. Die anfängliche Zahlung wird für die Berechnung einheitlich auf den 01.01.2006 angenommen."
Ferner hält die beauftragte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft unter Ziffer 27 fest:
"Im Hinblick auf die oben dargelegte grundsätzliche Veränderlichkeit der monatlichen Zahlung haben wir gemäß den Angeboten des Bieters xxx (Beigeladene zu 1) und zwei weiteren Bietern unter Anwendung der Mietanpassungsklausel gerechnet, die Antragstellerin und die Beigeladene xxx und zwei weitere Bieter unter Berücksichtigung einer Zinsanpassung. Die Bieter xxx (Antragstellerin) und xxx (Beigeladene zu 2) und zwei weitere Bieter haben dabei für die Varianten b bis d ein Leasingmodell vorgesehen."
Als Ergebnis der Auswertung der Angebote hielt die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft bei dem Angebot der Beigeladenen xxx unter Ziffer 29 fest, dass die Besonderheit hier die Verwendung eines eigenen Grundstückes ist. Die Berechnung erfolgte unter Berücksichtigung der Mietanpassungsklausel.
Im Ergebnis der Auswertung der Angebote erläuterte die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft zunächst das verwendete Beurteilungsverfahren und die finanzwirtschaftliche Berechnung der Angebote. Dabei wies sie noch mal besonders auf die verwendeten Angaben aus den Angeboten hin und hielt im Ergebnis fest, dass unter Berücksichtigung ihrer vorhergehenden Ausführungen ein Bieter, der zwischenzeitlich in Konkurs gegangen ist, in allen 4 Modellen mit dem Modell a - Miete für 20 Jahre - das wirtschaftlichste Angebot abgegeben hat. Dieser Bieter weise für alle 4 Angebotsmodelle den günstigsten Barwert auf. Zum Angebot der Beigeladenen zu 1 xxx wurde festgehalten, dass sie im Modell a das zweitwirtschaftlichste Angebot vorgelegt hat, ein weiterer Bieter, der nicht in diesem Nachprüfungsverfahren beteiligt ist, in den Modellen b und c zweitwirtschaftlichste Angebote und die Antragstellerin im Modell d - Miete für 20 Jahre und Rückkaufswert nach 20 Jahren - das zweitwirtschaftlichste Angebot vorgelegt hat.
Mit Datum vom 17.11.2003 fertigte die beauftragte Ingenieurgesellschaft den Vergabevorschlag. Sie führte darin unter anderem aus, welche Kriterien sie in der 4. Wertungsstufe angesetzt habe. Wörtlich heißt es weiter:
"Die Berechnung des niedrigsten Kapitalwertes (Ausgabebarwert) wurde durch die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft mit Datum vom 07.11.2003 in einem Gutachten bestätigt. Die Berechnung des Ausgabebarwertes ist ein finanzmathematisch anerkanntes Berechnungsverfahren. Auf der Grundlage dieses Verfahrens werden die Angebote vergleichbar gemacht, da für alle Angebote gleiche Bewertungsmaßstäbe gelten."
Ferner führt sie aus, dass das günstigste Angebot (gemäß Übersichtstabelle Finanzwirtschaftlicher Vergleich) das Modell a Miete für 20 Jahre von einem Bieter sei (der inzwischen insolvent ist) und dessen Angebot mit 10.054.052,95 EUR endet. Das nächstfolgende Angebot, ebenfalls Modell a, von der Bieterin xxx (Beigeladene zu 1) ende mit 10.875.879,99 EUR und bedeute Mehrkosten in Höhe von 821.827,04 EUR. Ferner wurde vermerkt, dass bei der Beigeladenen xxx die Auftraggeberin Eigentümerin des sog. Stadthausgrundstückes bleibe, da diese Beigeladene ihr eigenes Grundstück verwertet. Wenn innerhalb der vereinbarten Mietvertragslaufzeit durch die Stadt xxx kein Ankaufsrecht ausgeübt werde, verbleibe nach Ablauf der 20 Jahre das Grundstück und die aufstehende Immobilie im Eigentum der Beigeladenen xxx. Abschließend empfahl die beauftragte Ingenieurgesellschaft auf der Grundlage des Ergebnisses der Ausschreibung mit der (inzwischen insolventen) Firma Gespräche über die Ausfertigung eines Mietvertrages zu führen, der das Modell a "Miete für 20 Jahre" beinhalte, mit dem Ziel, dieser Firma den Zuschlag zu erteilen.
In einer Verwaltungsvorlage wurde dem Verwaltungsausschuss der Auftraggeberin empfohlen, das Angebot der (inzwischen insolventen) Firma anzunehmen und mit ihr einen Miet-/Leasingvertrag für die Errichtung eines Verwaltungsgebäudes abzuschließen. Zur Begründung wurde u.a. erklärt:
" Hervorzuheben ist, dass mit dem Hauptangebot der (inzwischen insolventen) Firma für das Stadthausgelände die Zahlung von 1,28 Mio. EUR für eine Nutzung des stadteigenen Grundstückes verbunden ist. Darüber hinaus bleibt die Stadt xxx über die gesamte Bau- und Finanzierungsdauer zivilrechtlich Eigentümerin der Immobilie. Es sind dann nach 20 Jahren für den Erwerb/Rückkauf des Grundstückes keine Finanzmittel seitens der Stadt mehr bereitzustellen."
In der nicht-öffentlichen Sitzung des Verwaltungsausschusses vom 09.12.2003 wurde einstimmig beschlossen, der (inzwischen insolventen) Firma den Zuschlag zu erteilen.
In einem weiteren Schreiben vom 20.01.04 teilte die beauftragte Ingenieurgesellschaft der Auftraggeberin mit, dass diese Firma einen Insolvenzantrag gestellt habe. Sie wies darauf hin, dass nach der Barwertmethode (finanztechnische Auswertung) die Beigeladene xxx mit dem Modell a "Miete für 20 Jahre" auf dem 1. Platz ist. Sie empfiehlt angebotsaufklärende Gespräche mit dem Ziel zu führen, dieser Firma den Zuschlag zu erteilen. Mit Datum vom 23.01.2004 benachrichtigte die Auftraggeberin die Bieter gemäß § 13 VgV darüber, dass beabsichtigt sei, den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen xxx zu erteilen.
Nach erfolgloser Rüge beantragte die Antragstellerin mit Schreiben vom 05.02.2004, Eingang per Telefax bei der Vergabekammer am selben Tage, die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens.
Mit rechtskräftigem Beschluss vom 08.03.2004, Az.: 203-VgK-03/2004, hat die Vergabekammer festgestellt, dass die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt ist. Die Auftraggeberin wurde verpflichtet, erneut in die Angebotswertung einzutreten und diese unter Beachtung der aus der Begründung ersichtlichen Rechtsauffassung der Vergabekammer hinsichtlich der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes erneut durchzuführen. Sie hatte dabei zur Herstellung der Vergleichbarkeit der Variante a (Miete) zu den drei parallel ausgeschriebenen Mietkaufvarianten b, c und d auch für die Angebote zur Variante a zu berücksichtigen, ob und ggf. zu welchem Preis ihr am Ende der 20-jährigen Vertragslaufzeit der Erwerb des Eigentums am zu errichtenden Verwaltungsgebäude nebst Grundstück ermöglicht wird. Dabei waren auch die Nebenangebote der Antragstellerin und der Beigeladenen zu 2 zu berücksichtigen.
Die Auftraggeberin ist daraufhin erneut in die Angebotswertung eingetreten. Ob und ggf. mit welchem Ergebnis die Angebote technisch geprüft wurden, ist in der Vergabeakte trotz des Hinweises der Vergabekammer auf Seite 3, Abs. 5 des o. g. Beschlusses nicht dokumentiert. Insbesondere wurde nicht dokumentiert, dass geprüft wurde, ob das Angebot der Beigeladenen zu 1 gleichwertig ist. Festgehalten wurde, dass es Mängel in der Funktionalität enthielt. Von der beauftragten Ingenieurgesellschaft wurde mit Datum vom 17.11.2003 eine Vergabeempfehlung ausgesprochen. Zum Angebot der Beigeladenen zu 1, Fa. xxx heißt es dort:
" Kerngebiet möglich - Von Geschäftshaus ist in der Ausschreibung nicht ausgegangen worden."
Weiter wurde u.a. unter dem Kriterium Funktionalität festgehalten, dass die Antragstellerin sich an die Vorlage gehalten hat. Zum Angebot der Beigeladenen zu 1 wurde u.a. festgehalten, dass sie als Einzige das Gebäude nicht auf dem Stadthausgrundstück geplant hat. Unter dem Kriterium Funktionalität wurde vermerkt, dass im Wesentlichen das Raumprogramm erfüllt; die Zuordnung der FG geändert (mit Mängeln) ist. Zum Angebot der Beigeladenen zu 2 wurde unter dem Kriterium Funktionalität u.a. festgehalten: im Wesentlichen erfüllt, Höhenversatz KG geändert.
Bei allen drei Angeboten wurde abschließend festgehalten, dass die Kriterien erfüllt sind.
Die Auftraggeberin hat in einem in der Vergabeakte enthaltenen Vermerk vom 18.03.2004 festgehalten, dass sie die Restwerte nach 20 Jahren wie folgt ermittelt: Beim steuerlichen Buchwert (Immobilienabschreibung) werden ausschließlich die Herstellungskosten über die Laufzeit abgeschrieben werden. Gleichzeitig wurde die beauftragte Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft gebeten, dabei zu berücksichtigen, dass beim Angebot der Beigeladenen zu 1 das Stadthausgrundstück mit 1,28 Mio. Euro als Geldzufluss per 01.07.2004 festgelegt wird. Ferner sollte die beauftragte Ingenieurgesellschaft von den noch im Verfahren verbliebenen Bietern Folgendes abfragen:
- 1
Kalkulationsnachweis inkl. der Herstellungskosten des Gebäudes
- 2
Angaben zum maßgeblichen Referenzzinssatz (Zinsbindung bis zum 01.01.2006)
- 3
Eventuell entstehende Kosten für Zwischenfinanzierung für die Auftraggeberin (bezieht sich auf den Zeitraum Baubeginn bis Bezugsfähigkeit)
Die Antragstellerin verweist in ihrem Antwortschreiben vom 23.03.2004 hinsichtlich des Kalkulationsnachweises auf das "Beiblatt zum EVM (B) Ang". Ferner erklärt sie, dass ein weiterer Kalkulationsnachweis nicht Gegenstand der Ausschreibung gewesen sei und daher dies für sie nicht akzeptabel ist. Hinsichtlich des maßgeblichen Referenzzinssatzes weist sie darauf hin, dass Grundlage der Kalkulation ein per 30.07.2004 refinanzierter Zinssatz von 4,35% sei. Der endgültige Zinssatz werde jedoch erst bei Mietbeginn festgelegt. Abschließend weist die Antragstellerin darauf hin, dass die Kosten für die Zwischenfinanzierung bereits in den Gesamtinvestitionskosten enthalten seien. Eine Offenlegung sei ebenfalls nicht Bestandteil der Ausschreibung gewesen.
Die Beigeladene zu 1 erklärt, dass sich die Herstellungskosten auf ca. 7.850.000,00 Euro belaufen. Bezüglich der weiteren Fragen gehe sie davon aus, dass diese Fragen von den anderen Bietern zu beantworten seien, da diese sich die Hintertür der nachträglichen Berechnung offen gehalten hätten. Sie hingegen habe kein Gesamtmietangebot unterbreitet.
Die Angaben der Beigeladenen zu 2 sind inhaltlich mit denen der Antragstellerin identisch.
In einem Aktenvermerk, der von der beauftragten Wirtschafts- und Steuerberatungsgesellschaft am 29.03.2004 gefertigt wurde, wertete diese die Antwortschreiben wie folgt aus:
"1.
Die Beigeladene zu 1 wurde abweichend zu der bisherigen Vorgehensweise in den Modellen a - d dahingehend neu berechnet, dass in der Hauptvariante ein Geldzufluss aus dem anderweitigen Verkauf des Stadthausgrundstückes in Höhe von 1,28 Mio. Euro eingerechnet wurde. Der Geldzufluss wurde dabei auf den 01.01.2007 unterstellt. In einer weiteren Variante wurde der uns von Herrn xxx am 24.03.2004 telefonisch durchgegebene vom Gutachterausschuss der Stadt xxx ermittelte Wert in Höhe von 1,63 Mio. Euro angesetzt.2.
Bei der Antragstellerin und der Beigeladenen zu 2 wurde in Modell a jeweils der unentgeltliche Gebäudezugang nach 20 Jahren Mietzeit in Höhe von 4,4 Mio. Euro angesetzt. Dabei handelt es sich um den steuerlichen Restbuchwert. Dieser ergibt sich aus den ursprünglichen Herstellungskosten abzüglich planmäßiger linearer Abschreibung gem. § 7 Abs. 4 EStG in Höhe von 3 % p. a. Die Gebäudeherstellungskosten gehen bei diesen Bietern aus dem ursprünglichen Angebot und dem aktuellen Antwortschreiben nicht exakt hervor. Zur Vergleichbarmachung ist es unseres Erachtens jedoch sachgerecht, einheitliche Herstellungskosten anzusetzen. Dies entspricht der unterstellten technischen Gleichwertigkeit der jeweiligen Bauvorhaben. Die Wirtschaftlichkeit im Sinne der Angebotsbewertung für die Auftraggeberin kann somit nicht davon abhängen, welcher Bieter "günstiger" oder "ungünstiger" baut. Der Wert von 11 Mio. Euro ist aus den vorhandenen Informationen abgeleitet und als großzügig im Sinne der Nutzungsrechtsangebote zu bezeichnen, denn höhere Herstellungskosten bewirken einen niedrigeren Barwert."
In einem Aktenvermerk/Protokoll vom 31.03.2004 wird sodann von der beauftragten Ingenieurgesellschaft die finanztechnische Auswertung der beauftragten Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft vom 26.03.2004 erläutert. Es wird wörtlich festgehalten:
"Hierbei sind die Herstellungskosten für alle Bieter auf 11 Mio. Euro angesetzt (dies entspricht auch dem Wert der Eigenbaukalkulation). Von den angeschriebenen Bietern sind keine Angaben über die reinen Herstellungskosten getätigt worden. Die Erstellungskosten gemäß Angebot beinhalten auch Nebenkosten, die nicht für die Ermittlung des Gebäuderestwertes nach 20 Jahren zugrunde gelegt werden dürfen.
Grundstückswert: auf Basis gemäß Ausschreibung 1,28 Mio. Euro.
Die Zinsbindung ist aus dem ersten Rechengang übernommen worden, da diese von der Vergabekammer bestätigt wurde.
Die Beteiligten sind sich darüber einig, dass die von der xxx angenommenen Basisausgangswerte als richtig zu bewerten sind ...
Daraus ergibt sich, dass der günstigste Bieter, xxx, nach dem Modell a "Miete für 20 Jahre" verbleibt. Die Abstände zum Zweitbietenden haben sich jedoch gegenüber der ersten Berechnung zwar verkürzt, sind jedoch immer noch deutlich genug."
In der Vergabeempfehlung der beauftragten Ingenieurgesellschaft vom 05.04.2004 wurde unter anderem festgehalten, dass man mit Schreiben vom 19.03.2004 die Bieter schriftlich aufgefordert habe, angebotsaufklärende Angaben zu machen. Wörtlich wurde sodann festgehalten:
"Auf Basis der Antwortschreiben wurden folgende Parameter für die Neuberechnung festgelegt:
- Grundstückswert Stadthaus (gemäß Ausschreibung) 1,28 Mio. Euro
- Erstellungskosten Gebäude 11 Mio. Euro
- Restwert (40 % der Erstellungskosten) 4,4 Mio. Euro (errechnet 3 % Abschreibung p. a. = 60 % nach 20 Jahren)."
Die Ingenieurgesellschaft kam erneut zu dem Ergebnis, dass der günstigste Bieter die Beigeladene zu 1 in der Variante a - Miete für 20 Jahre - mit einem errechneten Barwert von 9.688.173,28 EUR sei. Die Ingenieurgesellschaft empfiehlt, mit ihr erneut Gespräche zu führen. Der Verwaltungsausschuss der Auftraggeber beschloss am 06.04.2004 mit 17 Ja- und einer Neinstimme:
Das wirtschaftlichste Angebot für den Neubau eines Verwaltungsgebäudes auf der Grundlage der Investorenausschreibung ist von dem Bieter xxx, xxx, in der Variante A (Miete für 20 Jahre) abgegeben worden. Auf der Grundlage dieses Angebotes ist der Zuschlag auf den Bieter xxx zu erteilen."
Mit Informationsschreiben gemäß § 13 VgV vom 08.04.2004 informierte die beauftragte Ingenieurgesellschaft u.a. die Antragstellerin und die Beigeladene zu 2, dass ihre Angebote nicht berücksichtigt werden sollen, da ein wirtschaftlicheres Hauptangebot vorläge. Ihnen wurde auch mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen zu 1 zu erteilen.
Mit Schreiben vom 14.04.2004 rügte die Antragstellerin die Entscheidung und führte aus, dass nach dem ihr vorliegenden Submissionsergebnis die Beigeladene xxx ein wesentlich höheres Angebot (ohne wirtschaftliche und technische Nebenangebote) abgegeben habe und somit auf Rang 3 läge. Ferner bat sie um ausführliche Erläuterung, warum das Angebot der Beigeladenen zu 1 wirtschaftlicher sein solle als ihr Angebot.
Mit Schreiben vom 19.04.2004 wies die beauftragte Ingenieurgesellschaft darauf hin, dass man aufgrund des Beschlusses der Vergabekammer in der Bewertung der Angebote zwei Punkte geändert habe. Einerseits habe man bei der Barwertberechnung für das Angebot der Beigeladenen zu 1 den Verkaufserlös für das stadteigene Grundstück mit 1,28 Mio. EUR berücksichtigt und andererseits die Barwerte der Angebote, bei denen das Gebäude nach 20-jähriger Mietzeit ohne Entgelt überlassen werden soll, um den Restwert des Gebäudes reduziert.
Mit Schreiben vom 20.04.2004, Eingang per Telefax bei der Vergabekammer am selben Tage, beantragte die Antragstellerin die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens. Sie bezieht sich zunächst inhaltlich auf ihr Rügeschreiben vom 14.04.2004 und führt ferner aus, dass aus ihrer Sicht nicht nachvollziehbar sei, dass die Beigeladene xxx im Modell "a" aufgrund der Auswertung vor ihrem Angebot liege.
Für sie sei die vorgenommene Berechnung der beauftragten Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft nicht nachvollziehbar. Unter Berücksichtigung deren Erläuterungen könne nach ihrem Verständnis sich die Aussage nur auf die Modelle mit einer Laufzeit von 20 Jahren und einem automatischen Besitzübergang am Ende dieser Laufzeit beziehen.
Das Angebot der Beigeladenen zu 1 könne nicht berücksichtigt worden sein, da kein automatischer Übergang des Gebäudes zum Wert 0,00 EUR vorgesehen sei, sondern lediglich ein 20-jähriger Mietvertrag. Die Beigeladene zu 1 habe selbst kein Angebot abgegeben, bei dem diese Prämisse gegeben sei. Somit sei eine Vergleichbarkeit nicht möglich.
Darüber hinaus sei für sie nicht ersichtlich, ob die Barwerte ihrer Angebote bzgl. der Einschätzung des Zinsänderungsrisikos auf Basis einer 5- oder 10-jährigen Zinsbindung und der damit verbundenen Ratenanpassung kalkuliert wurden.
Ferner führt sie aus, dass sie jetzt Informationen erhalten habe, aus denen sich ergäbe, dass die Beigeladene zu 1 entgegen der Aufgabenstellung der Ausschreibung ein Büro- und Geschäftshaus plane.
Nach Durchführung der Akteneinsicht am 13.05.2004 führt die Antragstellerin ergänzend aus, dass der Entwurf der Beigeladenen zu 1 ihrer Meinung nach nicht den zwingenden Vorgaben der Verdingungsunterlagen entspricht. Schon in der Vergabebekanntmachung sei unter Ziffer 3 b) bei Art und Umfang der Arbeiten "Verwaltungsgebäude" und "Erstellung und Betrieb eines Verwaltungsgebäudes zur Nutzung der Stadt xxx" angegeben. Diese Vorgabe finde ihren nahtlose Fortsetzung in der eigentlichen Baubeschreibung. Zu Ziffer 1.0.2. sei u.a. dargelegt, dass eine Mischung von städtischen Verwaltungs- und anderen Nutzungen auf einer Geschossebene daher nicht zulässig sei.
Entgegen den eigenen Vorgaben solle nun bei dem Entwurf der Beigeladenen zu 1 eine gleichzeitige Nutzung und somit eine Mischung von städtischen Verwaltungs- und anderen, z.B. gewerblichen Nutzungen auf einer Geschossebene stattfinden. Diese verstoße gegen die elementaren Mindestanforderungen, wie sie in der Baubeschreibung noch einmal konkret vorgetragen worden seien.
Würde die Auftraggeberin einen derartigen Entwurf hinsichtlich seiner funktionalen Ausgestaltung werten, würden andere Bieter diskriminiert und ungleich behandelt werden.
Selbst wenn man die grundsätzliche Wertbarkeit des Angebotes der Beigeladenen zu 1 annehmen wolle, sei gleichwohl dieses Angebot nicht wertbar, da die Variante a (Miete) nicht die Mindestanforderungen erfülle, die in der Vergabebekanntmachung und den Ausschreibungsunterlagen genannt worden sind.
Bereits in dem rechtskräftigen o. g. Beschluss der Vergabekammer sei festgestellt worden, dass in den ursprünglichen Verdingungsunterlagen die Ausschreibung von vier Varianten (inkl. einer reinen Mietvariante) nicht vorgesehen sei. Da das Angebot der Beigeladenen zu 1 ein reines Mietangebot darstelle, welches eine Rückkaufoption nicht enthalte, erfülle es die Mindestanforderung, Rückkauf nach 10, 15 oder 20 Jahren nicht. Da die Auftraggeberin dies nicht bei der erneut vorgelegten Wertung beachtet habe, sei diese schon aus diesem Grund vergaberechtswidrig.
Unter Beachtung der o. g. Entscheidung der Vergabekammer könne festgehalten werden, da das Angebot der Beigeladenen zu 1 keinen Rückkaufswert enthalte, sei dieses Angebot mit den anderen nicht vergleichbar, da für eine Mietvariante kein "hypothetischer" Rückkaufswert zu ermitteln sei und demgemäß eine Vergleichbarkeit der Variante a (Miete) mit den drei Mietkaufvarianten nicht gegeben sei.
Die Kalkulationsgrundlage für ein reines Mietzinsangebot sei eine gänzlich andere als für ein Leasingangebot (Mietkauf). So enthalte das Mietzinsangebot generell keine Tilgungsanteile, die sich positiv zu Gunsten des Auftraggebers hinsichtlich eines späteren Rückkaufswertes auswirken. Da es aber allein in der Kompetenz des Bieters liege, etwaige Tilgungsansätze im Rahmen eines Mietkaufangebots zu kalkulieren, können zur Herstellung der Vergleichbarkeit nicht irgendwelche, von jeder Kalkulation losgelöste Rückkaufswerte, die gar nicht Bestandteil des Angebotes seien und auch nicht sein können, angesetzt werden.
Im Übrigen können auch nicht ergänzende Angaben der Beigeladenen zu 1 im Hinblick auf mögliche Rückkaufswerte im Rahmen der Mietvarianten berücksichtigt werden, da jedes Angebot aus sich heraus verständlich sein müsse. Die Ergänzung des Angebots um etwaige Rückkaufswerte durch den betroffenen Bieter stelle einen Verstoß gegen das Verbot der Nachverhandlung dar.
Die Antragstellerin weist auch vorsorglich darauf hin, dass auch die neuerliche Wertung vergaberechtswidrig sei, da unzutreffende Alternativberechnungen im Hinblick auf die Ermittlung des tatsächlichen Barwertes der Angebote und insbesondere des Angebots der Beigeladenen zu 1 in der Variante a (Miete) herangezogen wurden.
Vom Verfahren her habe die Auftraggeberin bei ihr vom ermittelten Barwert der Mietraten den Barwert des steuerlichen Restbuchwerts in Höhe von 4,4, Mio. EUR (BW entspricht ca. 1,6 Mio. EUR) in Abzug gebracht. D. h. es wurde hier lediglich der Restwert ihres Angebots und nicht der von der Beigeladenen zu 1 in ihrem Hauptangebot genannte mögliche Ankaufspreis in Höhe von 9,7 Mio. EUR betrachtet. Diese Vorgehensweise sei nicht statthaft.
Sodann stellt die Antragstellerin eine eigene alternative Vergleichsberechnung auf, aus der sich ergibt, dass bei der Variante a (Miete) bei der Beigeladenen zu 1 nicht nur der Verkaufserlös abzurechnen, sondern auch der Restwert zu addieren sei. Im Gegenzug müsse bei ihrem Angebot der Abzug des Barwertes des fiktiven steuerlichen Restbuchwertes entfallen.
Die Antragstellerin beantragt:
- 1.
Es wird festgestellt, dass die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt ist.
- 2.
Die Auftraggeberin wird verpflichtet, den Zuschlag auf das Angebot des Bieters xxx (Antragstellerin) zu erteilen;
hilfsweise: Es wird festgestellt, dass die Wertung des Angebotes des Bieters xxx in allen Varianten vergaberechtswidrig ist und das Angebot daher von der weiteren Wertung auszuschließen ist.
- 3.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Auftraggeberin.
- 4.
Es wird festgestellt, dass die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung auf Seiten der Antragstellerin notwendig ist.
Die Auftraggeberin beantragt,
den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen.
Sie vertritt die Auffassung, dass der wesentliche Vortrag präkludiert ist.
Dies beträfe insbesondere die Ausgestaltung des Angebots der Beigeladenen zu 2. Die Antragstellerin hätte bereits im ersten Verfahren vor der Vergabekammer Akteneinsicht erhalten und von dem Entwurf Kenntnis erlangt. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hätte sie ihre Auffassung in das Verfahren einbringen müssen, es finde eine unzulässige "Vermischung" zwischen gewerblicher und Verwaltungsnutzung statt.
Sie verweist erneut auf das Schreiben der beauftragten Ingenieurgesellschaft vom 23.07.2003, in dem diese vier Angebotsvarianten ausdrücklich festgelegt habe. Daran ändere das Beiblatt Seite 4 nichts.
Ferner führt sie aus, dass die beauftragte Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft die Vorgaben des Beschlusses der Vergabekammer umgesetzt habe, sodass sich keinerlei Zweifel mehr an der Richtigkeit ergeben. Zur Begründung verweist sie insbesondere auf die ihrer Meinung nach klaren Ausführungen des Gutachtens, die sie sich zu Eigen mache.
Soweit die Antragstellerin davon ausgehe, dass Mietzinsangebote generell keine Tilgungsanteile enthalten, sei dies unzutreffend. Durch die von der Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft gewählte Vorgehensweise der Barwertentlastung um die Vermögensvorteile bei den Nutzungsmodellen sei jedoch eine Vergleichbarkeit hergestellt.
Zu der Feststellung der Antragstellerin, dass die Beigeladene ein Büro- und Geschäftshaus plane, führt die Auftraggeberin aus, dass in der Tat der Entwurf der Beigeladenen zu 1 an der westlichen Gebäudeseite zwei Ladenflächen enthalte. Diese Ladenflächen seien jedoch vollständig unabhängig von der Nutzung und dem Betrieb des Verwaltungsgebäudes und hätten nichts mit ihm zu tun. Insbesondere die Erschließung der Ladenflächen, die Ver- und Entsorgung sowie die Anlieferung und Parkraumsituation erfolge über vollständig separate Zugänge und Flächen an der westlichen Gebäudeseite und stehe auch funktional mit dem Verwaltungsgebäude nicht in Zusammenhang. Personen, die den Verwaltungsteil betreten, könnten nicht die gewerbliche Nutzung erreichen, ohne einen erheblichen "Umweg" außen um das Gebäude herum in Kauf zu nehmen. Es bestehen daher aus ihrer Sicht keine Bedenken, das Angebot der Beigeladenen zu 1 zu werten.
Die Beigeladene zu 1 schließt sich dem Antrag der Auftraggeberin an. Sie unterstützt den Vortrag der Auftraggeberin.
Die Beigeladene zu 2 stellt in diesem Verfahren keinen eigenen Antrag. Sie hat ihrerseits einen eigenen Nachprüfungsantrag gestellt und verweist inhaltlich auf ihren Vortrag im anhängigen Parallelverfahren 203-VgK-25/2004.
II.
Der Nachprüfungsantrag ist zulässig und begründet. Die Antragstellerin ist im Sinne der §§ 97 Abs. 7, 114 Abs. 1 GWB in ihren Rechten verletzt. Die Auftraggeberin ist der Vorgabe der Vergabekammer im Ausgangsbeschluss vom 08.03.2004, Az.: 203-VgK-03/2004, bei der erneuten Wertung nur teilweise nachgekommen. Sie hat zu Lasten der Antragstellerin gegen das Gleichbehandlungsgebot gem. § 97 Abs. 2 GWB verstoßen, indem sie in der 4. Wertungsstufe bei der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes gem. § 25 Nr. 3 Abs. 3 VOB/A für eine nachträglich im Wege der Bieterinformation eingeführte reine Mietvariante beim favorisierten Alternativangebot der Beigeladenen zu 1 nur die monatliche Miete zuzüglich Nebenkosten berücksichtigt hat, den von der Beigeladenen zu 1 angebotenen Rückkaufswert von 9.700.000 EUR dagegen völlig unberücksichtigt gelassen hat. Die Berücksichtigung des Rückkaufswertes bzw. der Frage, ob und ggf. zu welchen Kosten die Auftraggeberin nach Ablauf des ausgeschriebenen Vertragszeitraums Besitz und Eigentum am zu errichtenden Verwaltungsgebäude erlangen könnte, war aber nach den Verdingungsunterlagen für alle ausgeschriebenen Varianten zwingend zu berücksichtigendes Zuschlagskriterium im Sinne des § 25 a VOB/A. Im Unterschied zum Angebot der Beigeladenen zu 1 geht das Nebenangebot B der Antragstellerin von einem Leasingmodell mit Elementen eines Abzahlungskaufs aus, in dem über den gesamten ausgeschriebenen Zeitraum von 20 Jahren von der Auftraggeberin nicht nur ein Mietzins zu entrichten ist, sondern in der monatlichen Belastung bereits die Tilgung der Investitionskosten enthalten ist, sodass die Auftraggeberin am Ende des Vertragszeitraums ohne weitere Zahlung einer Ablösesumme das Eigentum des auf dem Grundstück der Auftraggeberin errichteten Verwaltungsgebäudes erlangt. Da Nebenangebote hinsichtlich der Finanzierungsmodelle ausdrücklich erwünscht waren, ist eine isolierte Betrachtung der monatlichen Belastung nicht geeignet, die Vergleichbarkeit der Angebote im Rahmen dieser Parallelausschreibung herzustellen. Die Auftraggeberin wird dem wirtschaftlichen Vorteil der kostenfreien Eigentumsübertragung am Ende der 20-jährigen Vertragslaufzeit bei den Nebenangeboten der Antragstellerin und der Beigeladenen zu 2 auch nicht dadurch hinreichend gerecht, dass sie den Wert des zu errichtenden Verwaltungsgebäudes bei der Wirtschaftlichkeitsberechnung - lediglich - in Höhe eines kalkulatorischen Restbuchwertes von 4,4 Mio. EUR (bei 11 Mio. EUR Erstellungskosten) berücksichtigt hat.
Ferner hat die Auftraggeberin das Angebot der Beigeladenen zu 1 ausweislich der Vergabeakte ohne weiteres als Hauptangebot akzeptiert, obwohl es in Abweichung von dem mit den Verdingungsunterlagen vorgegebenen Entwurf von einer parallelen Nutzung als Gewerbegebäude und Verwaltungsgebäude ausgeht. Da eine Mischnutzung nach den Verdingungsunterlagen ausdrücklich ausgeschlossen war, ist das Angebot der Beigeladenen zu 1 mangels Gleichwertigkeit i.S.d. § 21 Nr. 2 VOB/A gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b VOB/A von der Wertung auszuschließen.
1.
Der Nachprüfungsantrag ist zulässig. Bei der Auftraggeberin handelt es sich um eine Gebietskörperschaft und damit um eine öffentliche Auftraggeberin im Sinne des § 98 Nr. 1 GWB. Der streitbefangene Auftrag übersteigt auch den für die Zuständigkeit der Vergabekammer maßgeblichen Schwellenwert gem. § 100 Abs. 1 GWB. Danach gilt der 4. Teil des GWB nur für solche Aufträge, die die Auftragswerte erreichen oder überschreiten, die durch Rechtsverordnung nach § 127 GWB festgelegt sind. Bei den streitbefangenen, parallel ausgeschriebenen Mietkaufvarianten handelt es sich um einen Bauauftrag im Sinne des § 99 Abs. 3 GWB und damit um Bauleistungen im Sinne des § 1 VOB/A, da hier Bauleistungen durch Dritte gemäß den vom Auftraggeber genannten Erfordernissen ausgeschrieben wurden. In diesen Fällen baut ein öffentlicher Auftraggeber zwar nicht selbst, lässt aber für seine Zwecke bauen. Daher sind derartige Bauträger-, Mietkauf- oder Leasingverträge nach Maßgabe der Basis- und a-Paragrafen der VOB/A zu vergeben (vgl. Rusam in: Heiermann/Riedl/Rusam, VOB, 10. Auflage, § 1 a, Rn. 9). Dabei ist nicht zwingend erforderlich, dass der "Dritte" im Sinne des § 99 Abs. 3 GWB auch eigenes wirtschaftliches Risiko trägt. "Nach den Erfordernissen des Auftraggebers" heißt, dass der öffentliche Auftraggeber mindestens maßgeblichen Einfluss auf das Bauvorhaben ausübt (vgl. Marx in Beck'scher VOB-Kommentar, § 99 GWB, Rn. 28, m.w.N.). Dies ist vorliegend der Fall, da das Verwaltungsgebäude nach dem Bedarf und den Vorgaben der Auftraggeberin errichtet werden soll. Der Einstufung der ausgeschriebenen Leistungen als Bauleistungen steht auch nicht entgegen, dass die Auftraggeberin im Zuge des Vergabeverfahrens nunmehr die Beauftragung einer reinen Mietvariante favorisiert. Zwar unterliegen gem. § 100 Abs. 2 lit. h GWB Aufträge über Erwerb oder Mietverhältnisse über oder Rechte an Grundstücken oder vorhandenen Gebäuden oder anderem unbeweglichen Vermögen ungeachtet ihrer Finanzierung nicht dem vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren. Hier ist jedoch zu berücksichtigen, dass Gegenstand des Vergabeverfahrens nicht ein vorhandenes, sondern ein nach den Vorgaben der Auftraggeberin zu errichtendes Verwaltungsgebäude ist. Ferner hatten die Bieter nach den Verdingungsunterlagen für alle Varianten gem. Ziffer 5.3 des Aufforderungsschreibens zur Abgabe eines Angebotes vom 20.06.2003 und dem in den Verdingungsunterlagen vorgegebenen Beiblatt zu EVM (B) Ang die Rückkaufkosten nach 10, 15 und 20 Jahren anzugeben, worauf die Auftraggeberin die Antragstellerin mit Bieterinformationsschreiben vom 26.08.2003 durch das von ihr beauftragte Ingenieurbüro xxx noch mal ausdrücklich hingewiesen hat. Dort heißt es: "Beim Angebot eines Neubaus muss gemäß Beiblatt zu EVM (B) Ang, Seite 4, neben der Miete die Option Rückkauf eingeräumt und bepreist werden. Wird dieser Forderung nicht nachgekommen, sind die Ausschreibungsbedingungen nicht erfüllt." Der Ausnahmetatbestand gem. § 100 Abs. 2 lit. h GWB greift daher im vorliegenden Fall nicht, da es sich um eine parallele Ausschreibung verschiedener, § 99 Abs. 3 GWB unterfallender Mietkaufvarianten und damit um einen Bauauftrag handelt. Für Bauaufträge gilt gem. § 2 Nr. 4 der am 01.02.2001 in Kraft getretenen Vergabeverordnung (VgV) vom 09.01.2001 ein Schwellenwert von 5 Mio. Euro. Nach dem Ergebnis der streitbefangenen Ausschreibung übersteigt der Wert der ausgeschriebenen Maßnahmen deutlich diesen Schwellenwert. Bereits für das von ihr favorisierte Angebot der Beigeladenen 1 zur Variante a (Miete für 20 Jahre) hat die Auftraggeberin einen Gesamtauftragswert von 9.688.183,28 EUR ermittelt. Das Vergabeverfahren ist damit einer Nachprüfung durch die Vergabekammer zugänglich.
Die Antragstellerin ist gem. § 107 Abs. 2 GWB antragsbefugt, da sie als Bieterin ein Interesse am Auftrag hat und eine Verletzung von Rechten durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht, indem sie vorträgt, die Auftraggeberin habe insbesondere ihre Nebenangebote (Leasingmodell) nicht vergaberechtsgemäß berücksichtigt und beabsichtige, vergaberechtswidrig den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen zu 1 zu erteilen, obwohl diese nicht das wirtschaftlichste Angebot im Sinne des § 25 Nr. 3 Abs. 3 VOB/A abgegeben habe. Voraussetzung für die Antragsbefugnis gem. § 107 Abs. 2 GWB ist, dass das antragstellende Unternehmen einen durch die behauptete Rechtsverletzung entstandenen oder drohenden Schaden darlegt. Das bedeutet, dass der Antragsteller diejenigen Umstände aufzeigen muss, aus denen sich schlüssig die Möglichkeit eines solchen Schadens ergibt (vgl. Boesen, Vergaberecht, § 107, Rn. 52). Die Antragstellerin hat ein entsprechendes Rechtsschutzbedürfnis dargelegt. Sie hat schlüssig dargelegt, dass sie zumindest mit ihren Nebenangeboten eine Aussicht auf Erhalt des Zuschlags gehabt hätte, wenn die Auftraggeberin die Angebotswertung ohne die von der Antragstellerin geltend gemachten, vermeintlichen Vergaberechtsverstöße durchgeführt und insbesondere die Frage des Eigentumserwerbs nach Ablauf des ausgeschriebenen Vertragsverhältnisses hinreichend berücksichtigt hätte.
Die Antragstellerin ist auch ihrer Pflicht gem. § 107 Abs. 3 GWB nachgekommen, die im Zuge des Nachprüfungsverfahrens geltend gemachten Vergaberechtsverstöße vor Anrufung der Vergabekammer bereits im Vergabeverfahren selbst gegenüber der Auftraggeberin unverzüglich nach positiver Kenntnisnahme zu rügen. Die Auftraggeberin hat die Antragstellerin wie auch die übrigen Bieter mit Schreiben vom 08.04.2004, eingegangen bei der Antragstellerin laut Eingangsstempel am 13.04.2004, gem. § 13 VgV darüber informiert, dass auch nach erneuter Wertung beabsichtigt sei, den Zuschlag auf das Hauptangebot der Beigeladenen zu 1 zu erteilen. Die Antragstellerin hat daraufhin diese Entscheidung der Auftraggeberin bereits mit Schreiben vom 14.04.2004 gerügt und insbesondere geltend gemacht, dass die Beigeladene zu 1 nach dem vorliegenden Submissionsergebnis ein wesentlich höheres Angebot (ohne wirtschaftliche und technische Nebenangebote) abgegeben habe und somit lediglich auf Rang 3 läge. Ferner bat sie um ausführliche Erläuterung der Entscheidung und behielt sich eine weitere Stellungnahme vor. Diese Rüge erfolgte unverzüglich nach positiver Kenntnisnahme im Sinne des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB.
Entgegen der Auffassung der Auftraggeberin ist der Nachprüfungsantrag aber auch nicht hinsichtlich des von der Antragstellerin erstmals im Zuge dieses zweiten Nachprüfungsverfahrens geltend gemachten Vorwurfs präkludiert, das Angebot der Beigeladenen zu 1 weiche von zwingenden Vorgaben der Verdingungsunterlagen ab, weil es eine ausdrücklich von der Auftraggeberin nicht zugelassene Mischung von gewerblicher Nutzung und Verwaltungsnutzung vorsehe und deshalb ausgeschlossen werden müsse. Die Antragsstellerin hat nach eigenem Bekunden von diesem Sachverhalt erstmals aufgrund eines telefonischen Hinweises am 29.04.2004 positive Kenntnis erlangt und dies mit Schriftsatz vom 30.04.2004 erstmalig angefochten. Nach Durchführung der Akteneinsicht im laufenden Nachprüfungsverfahren am 13.05.2004 hat sie ihren diesbezüglichen Vortrag mit Schriftsatz vom 24.05.2004 vertieft und ihre Auffassung erläutert, dass das Angebot der Beigeladenen zu 1 ausgeschlossen werden müsse. Entgegen der Auffassung der Auftraggeberin kann nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit unterstellt werden, dass die Antragstellerin bereits im Zuge des 1. Nachprüfungsverfahrens positive Kenntnis von der auf Basis des Angebotes der Beigeladenen vorgesehenen Doppelnutzung des künftigen Gebäudes erlangt hat. Eine bloße Erkennbarkeit aber reicht für die Präklusion nach § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB nicht aus. Bei dieser Vorschrift handelt es sich um eine Präklusionsregel unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben. Der Bieter soll Vergabefehler nicht auf Vorrat sammeln. Die Rügepflicht des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB entsteht, sobald ein Bieter oder Bewerber im Vergabeverfahren einen vermeintlichen Fehler erkennt. Vorausgesetzt ist positive Kenntnis des Anbieters von den Tatsachen. Werden beim Durcharbeiten des Leistungsverzeichnisses Ungenauigkeiten festgestellt, liegt bereits positive Kenntnis vor (vgl. Byok/Jaeger, a.a.O., § 107 Rn. 681). Ausreichend für die positive Kenntnis eines Mangels im Sinne von 107 Abs. 3 GWB ist bereits das Wissen um einen Sachverhalt, der den Schluss auf die Verletzung vergaberechtlicher Bestimmungen erlaubt und es bei vernünftiger Betrachtung gerechtfertigt erscheinen lässt, das Vergabeverfahren als fehlerhaft zu beanstanden (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss v. 22.08.2002, Az.: Verg 9/02). Unter Zugrundelegung dieses zutreffenden Maßstabs weist die Auftraggeberin zwar zu Recht darauf hin, das der Sachverhalt für die Antragstellerin bereits aufgrund der Akteneinsicht im ersten Nachprüfungsverfahren zum Az.: 203-VgK-03/2004 grundsätzlich erkennbar war. Denn die Antragstellerin hatte zwar auch dort das Angebot der Beigeladenen nicht einsehen dürfen. Eine Beschreibung des Angebots der Beigeladenen zu 1 war jedoch als Anlage der Vergabeempfehlung der beauftragten Ingenieurgesellschaft xxx vom 17.11.2004 beigefügt, die die Antragstellerin bereits im Zuge der ersten Akteneinsicht eingesehen hatte. Dort heißt es unter Ziffer 1.1:
"Im Gebiet zwischen . . . soll in xxx ein Büro- und Geschäftshaus mit Tiefgarage errichtet werden."
Weiter heißt es unter Ziffer 2.1 zur Art des Gebäudes:
"4-geschossiges Büro- und Geschäftshaus mit einem Staffelgeschoss und Tiefgarage. Die Hauptnutzung ist das Verwaltungszentrum der Stadt xxx."
Als Stellungnahme dazu enthält die Vergabeempfehlung lediglich die Anmerkungen "OK!" und "Kerngebiet möglich. Von Geschäftshaus ist in der Ausschreibung nicht ausgegangen worden." Irgendwelche Schlussfolgerungen aus dieser festgestellten Abweichung oder eine abschließende technische Prüfung überhaupt aber ist in der Vergabeakte nicht dokumentiert, worauf die Vergabekammer bereits in dem im ersten Nachprüfungsverfahren ergangenen Beschluss vom 08.03.2004 ausdrücklich hingewiesen hat. In der Gesamtübersicht zur Angebotsauswertung heißt es in der Spalte "Kriterien erfüllt" wie bei allen anderen gewerteten Angeboten auch lediglich: "ja". Angesichts der nicht dokumentierten technischen Auseinandersetzung mit den Angeboten ist durchaus nicht auszuschließen, dass die Antragstellerin trotz Akteneinsicht im ersten Nachprüfungsverfahren noch keine positive Kenntnis von den nunmehr angefochtenen Abweichungen des Entwurfs der Beigeladenen zu 1 von den Vorgaben der Verdingungsunterlagen erlangt hatte. Auch der Beigeladenen zu 2 und der Vergabekammer selbst war diese Abweichung, die von keinem Beteiligten im Zuge des ersten Nachprüfungsverfahren angesprochen wurde, nicht aufgefallen. Eine bloße Erkennbarkeit eines vermeintlichen Vergaberechtsverstoßes aber reicht für eine Präklusion gemäß § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB nicht aus. Auch diesbezüglich ist der Nachprüfungsantrag daher zulässig.
2.
Der Nachprüfungsantrag ist auch begründet. Die Auftraggeberin hat zu Lasten der Antragstellerin gegen das Gleichbehandlungsgebot gem. § 97 Abs. 2 GWB verstoßen, indem sie nicht hinreichend berücksichtigt hat, dass sie beim Nebenangebot B der Antragstellerin nach einer Mietzeit von 20 Jahren unentgeltlich Eigentümerin des Verwaltungsgebäudes wird, während sie auf der Grundlage des Angebotes der Beigeladenen zu 1 für einen Mietvertrag mit 20-jähriger Laufzeit nur gegen Zahlung eines verbindlich angebotenen Rückkaufswertes von 9.700.000,-- EUR Eigentümerin des Verwaltungsgebäudes werden kann. Die von der Auftraggeberin im Zuge der Angebotswertung nach der Barwertmethode vorgenommene Gutschrift eines Restbuchwertes von lediglich 4,4 Mio. Euro am Ende der Vertragslaufzeit zu Gunsten des Angebotes der Antragstellerin ist nicht geeignet, die Vergleichbarkeit der Angebote herzustellen (im Folgenden a). Darüber hinaus hat die Auftraggeberin das ausdrücklich als "technisches Nebenangebot ohne Abgabe eines Hauptangebotes" bezeichnete Angebot der Beigeladenen zu 1 als Hauptangebot akzeptiert, obwohl es in Abweichung von dem mit den Verdingungsunterlagen vorgegebenen Entwurf von einer parallelen Nutzung als Gewerbegebäude und Verwaltungsgebäude ausgeht. Die Auftraggeberin war gehalten, das Angebot der Beigeladenen zu 1 mangels Gleichwertigkeit im Sinne des § 21 Nr. 2 VOB/A gem. § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b VOB/A von der Wertung auszuschließen, da sie eine Mischnutzung nach Ziffer 1.0.2 - Struktur des Verwaltungsgebäudes - der Verdingungsunterlagen ausdrücklich ausgeschlossen hatte (im Folgenden b).
a)
Die Auftraggeberin hat im Zuge der erneuten Wertung der Angebote bei der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes gem. § 27 Abs. 5 GWB und § 25 Abs. 3 Satz 2 VOB/A nicht hinreichend die Vorgaben der Vergabekammer im rechtskräftigen Beschluss vom 08.03.2004 zum Ausgangsverfahren 203-VgK-03/2004 beachtet. Die Vergabekammer hatte die Auftraggeberin ausdrücklich verpflichtet, erneut in die Angebotswertung einzutreten und diese unter Beachtung der aus der Begründung ersichtlichen Rechtsauffassung der Vergabekammer hinsichtlich der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes erneut durchzuführen. Sie hatte dabei zur Herstellung der Vergleichbarkeit der Variante a (Miete) zu den drei parallel ausgeschriebenen Mietkaufvarianten b, c und d auch für die Angebote zu Variante a zu berücksichtigen, ob und ggf. zu welchem Preis ihr am Ende der 20-jährigen Vertragslaufzeit der Erwerb des Eigentums am zu errichtenden Verwaltungsgebäude nebst Grundstück ermöglicht wird. Dabei hatte die Auftraggeberin auch die Nebenangebote der Antragstellerin und der Beigeladenen zu 2 zu berücksichtigen. Zur Begründung hat die Vergabekammer im Ausgangsbeschluss unter anderem darauf hingewiesen, dass eine derartige Neuberechnung zur Vergleichbarmachung der unterschiedlichen Angebotsvarianten erforderlich ist. Ein Vergabeverfahren muss so angelegt sein, dass die Angebotswertung in der 4. Stufe tatsächlich auch nur zu einem wirtschaftlichsten Angebot führt und dem Auftraggeber nicht die Möglichkeit eröffnet, unter mehreren wirtschaftlichsten Angeboten nicht vergleichbarer Art zu wählen. Die Vergabekammer hat dabei auch dem Umstand Rechnung getragen, dass auf der Grundlage der Verdingungsunterlagen zwar bereits zweifelhaft ist, dass die Auftraggeberin tatsächlich, wovon sie ausgeht, vier Varianten - Modelle a bis d - ausgeschrieben hat, weil aus dem in den Verdingungsunterlagen enthaltenen, den Bietern für die Angebotserstellung verbindlich vorgegebenen Beiblatt zu EVM (B) Ang sich vielmehr lediglich drei Mietkaufvarianten mit einer monatlichen Grundmiete zuzüglich Nebenkosten mit optionalem Rückkauf nach 10, 15 oder 20 Jahren ergeben. Andererseits war für die Bieter jedoch aufgrund des Bieterrundschreibens vom 23.07.2003 ersichtlich, dass die Auftraggeberin nicht von lediglich drei parallel ausgeschriebenen Mietvertragszeiträumen mit Rückkaufoption ausging, sondern darüber hinaus an einem reinen Mietvertrag über 20 Jahre ohne Rückkaufoption interessiert war. Dort hieß es erstmals:
"Dynamische Ausgaben Vergleichsberechnung über 20 Jahre für a Miete für 20 Jahre, b Miete für 10 Jahre + Rückkaufswert nach 10 Jahren, c Miete für 15 Jahre + Rückkaufswert nach 15 Jahren, d Miete für 20 Jahre + Rückkaufswert nach 20 Jahren. Basis für die Berechnung ist: Kalkulationszinssatz: 5 %, Bewertungsstichtag: 01.07.2005. Der Zuschlag wird auf das Angebot mit dem niedrigsten Kapitalwert (Ausgabebarwert) erteilt."
Diese erstmalig mit Bieterrundschreiben vom 23.07.2003 ausdrücklich abgefragte reine Mietvariante ist von keinem Bieter gerügt worden. Die Vergabekammer hat im Ausgangsbeschluss jedoch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Auftraggeberin bei der Neubewertung auch hinsichtlich des von ihr nunmehr favorisierten reinen Nutzungsüberlassungsmodells nach Variante a Vergleichbarmachung der Angebote nicht nur die monatliche Belastung, sondern auch die Kosten eines Eigentumserwerbs nach Ablauf der Vertragsdauer von 20 Jahren berücksichtigen muss. Denn eine Ermittlung des niedrigsten Barwertes dahingehend, dass lediglich die Summe der monatlichen Mietbelastung über den Zeitraum von 20 Jahren zugrunde gelegt wird, bevorzugt von vornherein das nach den Verdingungsunterlagen ursprünglich nicht vorgesehene reine Mietmodell a, da ein reines Mietmodell keinerlei Tilgungskomponente beinhaltet, während alle anderen abgefragten Angebotsvarianten und insbesondere auch die als zulässige Nebenangebote unterbreiteten Leasingmodelle der Antragstellerin und der Beigeladenen zu 2 in ihrem Nutzungsentgelt auch eine Tilgungskomponente einkalkuliert haben, was beim Nebenangebot B der Antragstellerin und auch beim Nebenangebot B der Beigeladenen zu 2 sogar zu einer kostenfreien Eigentumsübertragung am Ende der 20-jährigen Vertragslaufzeit führt. Die zwingende Berücksichtigung der Kosten des Eigentumserwerbs am Ende der Vertragslaufzeit ergibt sich aber auch aus den ausdrücklichen Festlegungen der Auftraggeberin in ihrem Bieterrundschreiben vom 26.08.2003. Dort hat sie die Bieter ausdrücklich darauf hingewiesen, dass beim Angebot gemäß Beiblatt zu EVM (B) Ang, Seite 4, neben der Miete die Option Rückkauf eingeräumt und bepreist werden muss. Wörtlich heißt es dort weiter:
"Wird dieser Forderung nicht nachgekommen, sind die Ausschreibungsbedingungen nicht erfüllt."
Angesichts dieser eindeutigen Selbstbindung hinsichtlich der Berücksichtigung der Kosten eines Eigentumserwerbs am Ende der Vertragslaufzeit und der Vorgaben der Vergabekammer im Beschluss vom 08.03.2004 wäre es für die Auftraggeberin nahe liegend gewesen, bei der Neubewertung neben den monatlichen Mietkosten, den Nebenkosten und den Betriebskosten über die gesamte Vertragslaufzeit unter Zugrundelegung der von der Auftraggeberin gewählten Barwertmethode bei allen Angeboten auch den von allen Bietern verbindlich angebotenen Rückkaufswert für die Rückerwerbsoption nach 20 Jahren zu berücksichtigen. Dies sind bei dem von der Auftraggeberin favorisierten Angebot der Beigeladenen zu 1 9.700.000,-- EUR und bei den streitbefangenen Nebenangeboten B der Antragstellerin und der Beigeladenen 0 EUR. Dies hat die Auftraggeberin jedoch nicht getan. Sie hat zwar entsprechend der Vorgabe der Vergabekammer im Beschluss vom 08.03.2004 zu Gunsten des Angebotes der Beigeladenen zu 1 berücksichtigt, dass sie ihr für das ausgeschriebene Hauptangebot vorgesehene Stadtgrundstück anderweitig verwerten kann, da die Beigeladene zu 1 das Verwaltungsgebäude auf einem eigenen Grundstück errichten will. Sie hat deshalb dem Angebot der Beigeladenen zu 1 den vom Gutachterausschuss der Katasterverwaltung ermittelten Wert für das Stadtgrundstück von 1,28 Mio. Euro zu Recht kostenmindernd gutgeschrieben. Sie hat jedoch auf der anderen Seite den von der Beigeladenen zu 1 für einen Rückkauf nach 20-jähriger Vertragslaufzeit angebotenen Rückkaufspreis von 9.700.000,-- EUR bei ihrer Bewertung völlig außer Acht gelassen. Sie hat vielmehr ausweislich des in der Vergabeakte enthaltenen, von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft xxx GmbH für die beauftragte Ingenieurgesellschaft xxx und die Auftraggeberin erstellten Nachtragsberichts über die finanzwirtschaftliche Auswertung der Investorenausschreibung für den Neubau eines Verwaltungsgebäudes der Stadt xxx die kostenfreie Eigentumsübertragung am Ende der 20-jährigen Vertragslaufzeit bei den Leasingangeboten (Nebenangebote B) der Antragstellerin und der Beigeladenen zu 2 kostenmindernd dadurch berücksichtigt, dass sie einen kalkulatorischen steuerlichen Restbuchwert in Höhe von 4,4 Mio. Euro von den Kosten auf der Grundlage der Nebenangebote der Antragstellerin und der Beigeladenen abzogen hat. Wörtlich heißt es auf Seite 8 des Nachtragsberichtes unter Ziffer 20:
"Dieser Vermögensvorteil ist aus heutiger Sicht zu bewerten. In Abstimmung mit der Stadt xxx wurde hierfür der steuerliche Restbuchwert herangezogen. Die Gebäudeherstellungskosten wurden dabei mit 11 Mio. Euro geschätzt. Die Gebäudeherstellungskosten gehen aus den Angeboten der Bieter und auch aus ihren Antwortschreiben auf entsprechende Anfragen vom 22. und 23.03.2004 nicht eindeutig hervor. Sie sind deshalb aus den insgesamt vorhandenen Informationen abgeleitet und großzügig ermittelt worden, denn höhere Herstellungskosten bewirken einen niedrigeren Barwert. Der Wert von 11 Mio. Euro deckt sich auch weitgehend mit den Herstellungskostenermittlungen der Stadt xxx. Er wird in gleicher Höhe für beide betroffenen Bieter 13 und 14 (Antragstellerin und Beigeladene zu 2 angesetzt, da die Wirtschaftlichkeit im Sinne der Angebotsbewertung für die Stadt xxx bezüglich der unentgeltlichen Gebäudeüberlassung nach 20 Jahren bei der vorhandenen technischen Gleichwertigkeit nicht davon abhängen kann, welcher Bieter "günstiger" oder "ungünstiger" baut. Die Abschreibung erfolgt mit dem steuerlich vorgesehenen planmäßigen linearen Abschreibungssatz in Höhe von 3 % p. a., sodass nach 20 Jahren ein steuerlicher Restbuchwert in Höhe von 4,4 Mio. Euro verbleibt. Dieser wird per 31.12.2025 als Wertzufluss für die Stadt xxx somit barwertmindernd bei Bieter 13 und 14 in Modell a einbezogen."
Der auf Seiten der Auftraggeberin in der mündlichen Verhandlung anwesende Mitarbeiter der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft hat auf Vorhalt der Vergabekammer, dass die Ermittlung des Restbuchwertes zwar eine steuerrechtlich zulässige Abschreibungsmethode ist, die Auftraggeberin am Ende der 20-jährigen Vertragslaufzeit jedoch realistischerweise nicht davon ausgehen kann, für lediglich 4,4 Mio. Euro ein entsprechendes Verwaltungsgebäude bauen oder erwerben zu können, entgegengehalten, dass die steuerliche Restbuchwertmethode die einzig belastbare und objektive Prognose des zukünftigen Wertes einer Immobilie ermögliche. Auf die Frage der Vergabekammer, warum man nicht einen prognostizierten Verkehrswert zugrunde legen könne, der regelmäßig wesentlich höher sei als der steuerliche Restbuchwert, hat der Vertreter der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft darauf hingewiesen, dass dies eine sehr vage Prognose sei und nicht exakt festgestellt werden könne, welchen Wert das Gebäude voraussichtlich in 20 Jahren habe. Man könne nicht von allgemeinen Erfahrungswerten ausgehen, sondern müsse alle Umstände dieses konkreten Gebäudes berücksichtigen. Die Auftraggeberin hat darüber hinaus darauf hingewiesen, dass es durchaus nicht sicher sei, dass es für sie positiv wäre, nach 20 Jahren ein derart großes Gebäudes zu haben, weil derzeit nicht absehbar sei, ob in 20 Jahren noch ein Bedarf dafür bestehe. Im Übrigen bringe dieses große Gebäude auch Unterhaltungslasten mit sich. Ferner sei es möglich, dass die Verwaltung drastisch verkleinert werde oder dass Mitarbeiter anderweitig untergebracht werden, etwa auf Telearbeitsplätzen. Diesen Ausführungen hat die Antragstellerin indessen zu Recht entgegengehalten, dass auch die steuerliche Restbuchwertmethode lediglich eine Prognose darstelle.
Dies kann jedoch im Ergebnis dahinstehen. Tatsache ist, dass die Auftraggeberin bei der Bewertung der Angebote durch die Wahl der Restbuchwertmethode den Nebenangeboten der Antragstellerin und der Beigeladenen nur den geringsten Gebäudewert am Ende der 20-jährigen Vertragslaufzeit gutgeschrieben hat, wodurch rechnerisch einwandfrei von unstrittigen Neubaukosten von 11 Mio. Euro lediglich ein Restbuchwert von 4,4 Mio. Euro zu Gunsten der Nebenangebote der Antragstellerin und der Beigeladenen zu 2 verbleibt. Erheblich höher ist der anzusetzende Restwert des streitbefangenen Verwaltungsgebäudes zum Vergleich dann, wenn man die Wertermittlungsvorschriften der Katasterverwaltung zugrunde legt und auf die Wertminderung wegen Alters abstellt. Gemäß § 23 Abs. 1 der Verordnung über Grundsätze für die Ermittlung der Verkehrswerte von Grundstücken (Wertermittlungsverordnung-WertV v. 06.12.1988 (BGBl. I 1988, 2209), zuletzt geändert durch Artikel 3 des Bau- und Raumordnungsgesetzes vom 18.08.1997 (BGBl. I 1997, 2081) bestimmt sich die Wertminderung wegen Alters nach dem Verhältnis der Restnutzungsdauer zur Gesamtnutzungsdauer der baulichen Anlagen; sie ist in einem Vomhundertsatz des Herstellungswertes auszudrücken. Bei der Bestimmung der Wertminderung kann je nach Art und Nutzung der baulichen Anlagen von einer gleichmäßigen oder von einer mit zunehmendem Alter sich verändernden Wertminderung ausgegangen werden. Nach der veröffentlichten Tabelle zur Berechnung der Wertminderung wegen Alters von Gebäuden nach Ross in v. H. des Herstellungswertes gemäß Anlage 6 der Wertermittlungs-Richtlinien 1976/96 (vgl. Kleiber, Wertermittlungs-Richtlinien und Normalherstellungskosten 1995, 6. Aufl., S. 80, 115 ff.) ist die durchschnittliche prozentuale Wertminderung in Abhängigkeit von der üblichen Gesamtnutzungsdauer (GND) in Jahren und der Restnutzungsdauer in Jahren ablesbar. Dabei ist für Verwaltungsgebäude von einer Gesamtnutzungsdauer von 50 - 80 Jahren auszugehen (vgl. Kleiber, a.a.O., S. 318, 321). Für das streitbefangene Verwaltungsgebäude ergibt sich nach dieser Tabelle unter Zugrundelegung einer 80-jährigen Gesamtnutzungsdauer nach Ablauf von 20 Jahren und einer verbleibenden Restnutzungsdauer von 60 Jahren eine Wertminderung von lediglich 16 %, sodass von den von der Auftraggeberin zugrunde gelegten Neuherstellungskosten von 11 Mio. Euro noch ein Restwert von 9.240.000,-- EUR verbleibt. Unter Zugrundelegung der niedrigsten Gesamtnutzungsdauer von 50 Jahren ergibt sich eine Wertminderung von 28 %, sodass immer noch ein Restwert von 7.920.000,-- EUR verbleibt. Der Auftraggeberin ist zuzustimmen, dass auch diese Methode keine sichere Prognose erlaubt, welchen Marktwert das zu errichtende Verwaltungsgebäude nach Ablauf von 20 Jahren tatsächlich erzielen wird. Gleiches gilt jedoch aber eben auch für die von ihr gewählte Methode des steuerlichen Restbuchwertes. Deutlich wird durch die Gegenüberstellung der beiden Methoden aber, dass bereits die Wahl der Methode deutliche und bestimmende Auswirkungen auf das Rangverhältnis der Angebote bei der Wirtschaftlichkeitsermittlung hat. Bei Zugrundelegung der Tabelle zur Berechnung der Wertminderung wegen Alters läge das Nebenangebot B der Antragstellerin wegen des den von der Auftraggeberin ermittelten Restbuchwert von 4,4 Mio. Euro weit übersteigenden Restwertes ohne weiteres auf Rang 1.
Dies kann jedoch im Ergebnis dahinstehen. Die Auftraggeberin war weder darauf angewiesen, sich zur Ermittlung des Rückkaufswertes bei den einzelnen Angeboten einer Abschreibungs- oder Wertminderungsberechnungsmethode zu bedienen, noch war sie zu einer solchen Verfahrensweise befugt. Die Auftraggeberin hatte vielmehr für sich und die Bieter verbindlich bereits in den Verdingungsunterlagen und zuletzt mit Bieterrundschreiben vom 26.08.2003 ausdrücklich festgelegt, dass beim Angebot gemäß Beiblatt zu EVM (B) Ang, Seite 4, neben der Miete die Option Rückkauf eingeräumt und bepreist werden muss. Wörtlich heißt es dort weiter: "Wird dieser Forderung nicht nachgekommen, sind die Ausschreibungsbedingungen nicht erfüllt." Die Auftraggeberin war und ist daher gehalten, zur Herstellung der Vergleichbarkeit der unterschiedlichen Angebotsvarianten bei der Beigeladenen zu 1 den verbindlich angebotenen Rückkaufswert von 9.700.000,-- EUR nach Ablauf der 20-jährigen Nutzungsdauer kostenerhöhend anzusetzen, während sie bei den Nebenangeboten B der Antragstellerin und der Beigeladenen zu 2 von einem Rückkaufswert von 0 EUR ausgehen muss. Dies führt auf der Grundlage des von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft xxx GmbH für die xxx Ingenieurgesellschaft und die Auftraggeberin erstellten Nachtragsberichtes über die finanzwirtschaftliche Auswertung der Investorenausschreibung für den Neubau eines Verwaltungsgebäudes der Stadt xxx ohne weiteres dazu, dass das Nebenangebot B der Antragstellerin auf Platz 1 vor dem Angebot der Beigeladenen zu 1 rangiert.
b)
Das Nebenangebot B der Antragstellerin ist auf der Grundlage der erneuten Angebotswertung der Auftraggeberin aber darüber hinaus auch deshalb das wirtschaftlichste Angebot, weil das von der Auftraggeberin favorisierte Angebot der Beigeladenen zu 1 vom 10.09.2003, das diese ausdrücklich als technisches Nebenangebot ohne Abgabe eines Hauptangebotes bezeichnet hat, aufgrund der beabsichtigten Mischung einer gewerblichen Nutzung und der Verwaltungsnutzung von einer wesentlichen Festlegung der Verdingungsunterlagen abweicht und deshalb im Ergebnis gem. § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. d VOB/A und § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b VOB/A i.V.m. § 21 Nr. 1 Abs. 2 VOB/A von der Wertung auszuschließen ist. Die Auftraggeberin hat sich ausweislich der Vergabeakte mit dem Nebenangebot der Beigeladenen zu 1 nicht in einer den Anforderungen der §§ 21 Nr. 3, 25 Nr. 5 VOB/A genügenden Weise auseinander gesetzt. Sie hat vielmehr das Nebenangebot der Beigeladenen sogar als Hauptangebot akzeptiert, ohne sich mit den von ihr selbst festgestellten Abweichungen des Angebotes von den Verdingungsunterlagen auseinander zu setzen und Prüfung und Ergebnis der Prüfung in einer den Anforderungen des § 30 Abs. 1 VOB/A genügenden Weise in der Vergabeakte zu dokumentieren. Die von der Auftraggeberin beauftragte Ingenieurgesellschaft xxx hatte in ihrer Vergabeempfehlung vom 17.11.2003 zum Angebot der Beigeladenen zu 1 unter Ziffer 1.1 ausdrücklich festgestellt:
"Lage
Im Gebiet zwischen xxx Straße, xxxweg und xxxstraße soll in xxx ein Büro- und Geschäftshaus mit Tiefgarage errichtet werden. Als Standort ist das Grundstück xxx Straße / Ecke xxx ausgewählt worden."
Als Stellungnahme enthält die Vergabeempfehlung lediglich den Vermerk:
"Kerngebiet möglich - von Geschäftshaus ist in der Ausschreibung nicht ausgegangen worden."
Eine Auseinandersetzung mit oder gar Schlussfolgerungen aus dieser festgestellten Abweichung von den Verdingungsunterlagen sind in der Vergabeakte nicht dokumentiert. Unter 2.1 des Vermerks hat die Ingenieurgesellschaft zur Nutzung des Gebäudes als viergeschossiges Büro- und Geschäftshaus lediglich angemerkt:
"o.K.!" In der tabellarischen Übersicht zur Angebotsauswertung wurde die Rubrik "Kriterien erfüllt" bei allen Bietern mit "Ja" beantwortet. Entgegen der Auffassung der Auftraggeberin war sie nicht berechtigt, das Nebenangebot der Beigeladenen zu 1 bei der weiteren Wertung zu berücksichtigen.
Gemäß § 25 Nr. 5 VOB/A sind Änderungsvorschläge und Nebenangebote zu werten, es sei denn, der Auftraggeber hat sie in der Bekanntmachung oder in den Vergabeunterlagen nicht zugelassen. Die Kriterien der Wertung des Nebenangebotes ergeben sich wie bei einem Hauptangebot aus § 25 Nr. 3 VOB/A. Unzulässig ist es, wenn der Auftraggeber ein Nebenangebot berücksichtigt, das nicht gleichwertig zu den Hauptangeboten ist. Insbesondere können sich aus der Leistungsbeschreibung ausdrücklich oder im Wege der Auslegung Mindestanforderungen an Nebenangebote ergeben (vgl. Brinker/Ohler in: Beck'scher VOB-Kommentar, § 25 VOB/A, Rn. 142, 143 m.w.N.). Nebenangebote, die diesen Kriterien nicht entsprechen oder diese abändern, sind nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. d VOB/A auszuschließen. Nach diesen Verdingungsunterlagen waren Nebenangebote im streitbefangenen Vergabeverfahren zwar ausdrücklich zugelassen. Nach allgemeiner Ansicht sind jedoch solche Nebenangebote oder Sondervorschläge, bei denen die Bieter bei objektiver Betrachtung nicht damit rechnen konnten, dass sie angeboten werden durften, unzulässig. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn sie von verbindlichen Festlegungen in den Verdingungsunterlagen abweichen (vgl. VK Baden-Württemberg, Beschluss v. 22.10.2003, Az.: 1 VK 51/02; Beschluss v. 20.09.2001, Az.: 1 VK 26/01, m.w.N.). Unter Zugrundelegung dieses zutreffenden Maßstabs war das streitbefangene Nebenangebot der Beigeladenen zu 1 nicht wertbar, da sich die Bieter im Wettbewerb nicht auf ein derartiges Nebenangebot einstellen konnten oder durften. In der Einführung der Verdingungsunterlagen hatte die Auftraggeberin unter Ziffer 1.0.2 zur Struktur des Verwaltungsgebäudes verbindlich vorgegeben:
"Die Funktionen und die Nutzungen des neuen Verwaltungsgebäudes müssen für Bürger und Besucher der Stadt xxx nach außen und im Innenbereich eindeutig erkennbar sein. Es wird erwartet, dass das Selbstverständnis und Leitbild der Stadt xxx als moderne bürgerorientierte Verwaltung einer selbstbewussten historischen Hansestadt durch die städtebauliche und architektonische Gestaltung zum Ausdruck kommt. Eine Mischung von städtischen Verwaltungs- und anderen, z.B. gewerblichen Nutzungen auf einer Geschossebene sind daher nicht zulässig (Hervorhebung durch die Vergabekammer). Auszuschließen ist es auch, dass die städtischen Gebäudeverkehrsflächen als Erschließungswege für andere Gebäudeteile genutzt werden."
Das Angebot der Beigeladenen zu 1 sieht ausweislich des beigefügten Entwurfs demgegenüber aber eine gleichzeitige Nutzung des Gebäudes als Gewerbegebäude für die Ansiedlung eines Supermarktes und als Verwaltungsgebäude auf einer Ebene vor. Gewährleistet ist lediglich eine getrennte Erschließung und eine funktionale Trennung beider Gebäudebereiche. Funktional sind Gebäudebereiche lediglich über Notausgänge und Passagen verbunden. Gleichwohl kann der Auffassung der Auftraggeberin, hier liege keine Mischnutzung im Sinne des Ausschlusses in den Verdingungsunterlagen vor, nicht gefolgt werden. Die Auftraggeberin hat im Zuge des Nachprüfungsverfahrens und auch insbesondere in der mündlichen Verhandlung die Auffassung vertreten, dass eine klassische Mischnutzung immer auch mit einer räumlichen Durchmischung von gewerblicher Nutzung und Verwaltungsbüros einhergehen müsse. Dies sei auch für die fachkundigen Bieter erkennbar gewesen, da es dafür in anderen Städten zahllose Beispiele von anderen Verwaltungsgebäuden gibt. Die Antragstellerin vertritt demgegenüber die Auffassung, dass es mit den in der Ausschreibung und den Verdingungsunterlagen definierten Mindestanforderungen an die Funktionalität des Bauwerks, die auch gem. Ziffer 5.3 der Aufforderung zur Abgabe eines Angebotes (EVM (B) A EG 211 EG) konkret als Zuschlagskriterium benannt ist, nicht zu vereinbaren ist, dass in dem gesamten Gebäude eine ca. 1300 qm große Supermarktfläche integriert ist, zumal sich die gesamte gewerbliche Fläche in der Erdgeschossetage befindet, die nach dem Entwurf der Beigeladenen zu 1 mit einem Anteil von 50 % bis 60 % auch für die gleichzeitige Unterbringung von Verwaltungseinheiten vorgesehen ist. Die Vergabekammer teilt die Auffassung der Antragstellerin, dass der ausdrückliche Ausschluss einer Mischung von städtischen Verwaltungs- und anderen, z.B. gewerblichen Nutzungen auf einer Geschossebene aus dem Empfängerhorizont der Bieter zu beurteilen ist. Danach mussten die Bieter auf der Grundlage der Verdingungsunterlagen davon ausgehen, dass jegliche Mischnutzung zumindest auf einer Geschossebene von der Auftraggeberin nicht akzeptiert werden würde. Auf die Frage, ob diese Mischung in Form einer räumlich getrennten Anlage auf einer Geschossebene oder, wie die Auftraggeber diese Bedingung nunmehr verstanden wissen will, in Form einer echten räumlichen Durchmischung auf einer Ebene erfolgt, kam es nach dem Wortlaut der Verdingungsunterlagen erkennbar nicht an. Die miteinander konkurrierenden Bieter durften sich darauf verlassen, dass sie nicht mit einem Nebenangebot konfrontiert werden würden, das entgegen der ausdrücklichen Bedingung in den Verdingungsunterlagen von einer Mischung gewerblicher Nutzung und städtischer Verwaltungsnutzung auf einer Geschossebene - in welcher Ausgestaltung auch immer - ausgeht. Auch wenn ein Nebenangebot seiner Natur nach von der Leistungsbeschreibung abweichen darf, hat es doch eine in der Ausschreibung als K.O.-Bedingung vorgegebene Mindestanforderung zu übernehmen (vgl. OLG Jena, Beschluss v. 18.03.2004, Az.: 6 Verg 1/04, zitiert nach VERIS). Die Abweichung von der Mindestbedingung wirkt sich im vorliegenden Fall auch nicht unerheblich aus. Eine Mischnutzung bietet dem Investor über die gesamte Vertragslaufzeit ungleich bessere Renditemöglichkeiten, da der durch den Verwaltungstrakt veranlasste Publikumsverkehr zugleich einen attraktiven Standortfaktor für einen Supermarkt oder eine sonstige gewerbliche Nutzung darstellt. Ein derartig betriebswirtschaftlich nachvollziehbares und schlüssiges Konzept war aber durch den Ausschluss jeglicher Mischnutzung auf einer Geschossebene in den Verdingungsunterlagen zwingend ausgeschlossen.
Das Angebot der Beigeladenen zu 1 ist daher gem. § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. d VOB/A und gem. § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b VOB/A i.V.m. § 25 Nr. 1 Abs. 2 VOB/A von der Angebotswertung auszuschließen.
Gemäß § 114 GWB trifft die Vergabekammer die geeigneten Maßnahmen, um eine Rechtsverletzung zu beseitigen und eine Schädigung der betroffenen Interessen zu verhindern. Wegen der festgestellten Verstöße gegen das vergaberechtliche Gleichbehandlungsgebot ist es erforderlich, die Auftraggeberin nach Maßgabe des Tenors zu Ziffer 1 zu verpflichten, erneut in die Angebotswertung einzutreten, unter Beachtung der aus der Begründung ersichtlichen Rechtsauffassung der Vergabekammer über den Zuschlag zu entscheiden und das von ihr favorisierte Angebot der Beigeladenen zu 1 von der Angebotswertung auszuschließen. Unter Beachtung dieser Vorgaben und auf der Grundlage der in der Vergabeakte dokumentierten Auswertung der Auftraggeberin im Übrigen ist das wirtschaftlichste Angebot i.S.d. § 25 Nr. 3 Abs. 3 VOB/A das Nebenangebot B der Antragstellerin, gefolgt vom Nebenangebot B der Beigeladenen zu 2.
III. Kosten
Die Kostenentscheidung folgt aus § 128 GWB. Nach Art. 7 Nr. 5 des 9. Euro-Einführungsgesetzes (BGBl. 58/2001 vom 14.11.2001, S. 2992 ff.) vom 10.11.2001 werden die DM-Angaben in § 128 GWB für die von der Vergabekammer festzusetzende Gebühr durch Angaben in Euro im Verhältnis 1 : 2 ersetzt, sodass die regelmäßige Mindestgebühr nunmehr 2.500 Euro, die Höchstgebühr 25.000 Euro bzw., in Ausnahmefällen, 50.000 Euro beträgt.
Es wird eine Gebühr in Höhe von 3.500,-- EUR gemäß § 128 Abs. 2 GWB festgesetzt.
Der zu Grunde zu legende Auftragswert beträgt nach dem Ergebnis der streitbefangenen Ausschreibung 11.559.928,23,-- EUR. Dieser Betrag entspricht den von der Auftraggeberin ermittelten Kosten nach dem niedrigsten Angebot der Antragstellerin (ohne Abzug eines steuerlichen Restbuchwertes) und damit ihrem Interesse am Auftrag.
Die Gebührenermittlung erfolgt anhand einer Gebührentabelle des Bundeskartellamtes vom 09.02.1999 in der z. Zt. gültigen Fassung vom 01.01.2003. Hiernach wird der Mindestgebühr von 2.500 EUR (§ 128 (2) GWB) eine Ausschreibungssumme von bis zu 80.000 EUR zugeordnet und dem regelmäßigen Höchstwert von 25.000 EUR (§ 128 (2) GWB) eine Ausschreibungssumme von 70 Mio. EUR (höchste Summe der Nachprüfungsfälle 1996 -1998) gegenübergestellt. Bei einer Ausschreibungssumme von 11.559.928,23,-- EUR ergibt sich durch Interpolation eine Basisgebühr von 6.173,-- EUR. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass das streitbefangene Vergabeverfahren zugleich auch Gegenstand des auf Antrag der Beigeladenen zu 2) parallel eingeleiteten Nachprüfungsverfahrens 203-VgK-25/2004 ist, die mündliche Verhandlung für beide Verfahren in einem gemeinsamen Termin stattfinden konnte und auch der sonstige Aufwand der Vergabekammer insbesondere hinsichtlich der Abfassung der Beschlüsse sich auf beide Verfahren verteilt, hat die Vergabekammer die Gebühr gemäß § 128 Abs. 2 Satz 2, 2. Hs. GWB aus Gründen der Billigkeit auf 3.500,-- EUR ermäßigt.
Diese Gebühr schließt einen durchschnittlichen sachlichen und personellen Aufwand ein. Gutachterkosten und Kosten von Zeugenvernehmungen sind nicht angefallen.
Die im Tenor verfügte Kostentragungspflicht ergibt sich daraus, dass die Auftraggeberin im Nachprüfungsverfahren i.S.d. § 128 Abs.3 Satz 1 GWB unterlegen ist.
Die Erstattungspflicht bezüglich der Kosten der Antragstellerin, die dieser zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstanden sind, folgt aus § 128 Abs. 4 GWB i.V.m. § 80 VwVfG. Danach war auf Antrag der Antragstellerin festzustellen, dass die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes durch die Antragstellerin im konkreten Verfahren erforderlich war. Auch wenn man von einem fachkundigen, erfahrenen Bieter wie der Antragstellerin grundsätzlich verlangen darf, dass er über das notwendige personelle Know-how bezüglich der für eine Ausschreibung erforderlichen Rechtsgrundlagen, insbesondere der VOB/A verfügt, bedurfte er für eine angemessene Reaktion in der auch für einen erfahrenen Bieter ungewohnten Situation eines vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahrens besonderen rechtskundigen Beistandes.
Nach den zu § 80 VwVfG geltenden Grundsätzen ist die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes dann notwendig, wenn sie vom Standpunkt eines verständigen Beteiligten für erforderlich gehalten werden durfte (BVerwGE 55, 299, 306) [BVerwG 10.04.1978 - 6 C 27/77]. Dies ist nach der herrschenden Lehre nicht nur in schwierigen und umfangreichen Verfahren zu bejahen, sondern entspricht der Regel (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 7. Aufl., § 80, Rn. 45; Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 5. Aufl., § 80, Rn. 81). Dieser Grundsatz soll allerdings nur im Verhältnis des Bürgers zum Staat gelten. Schon beim materiellen Vergaberecht handelt es sich um eine überdurchschnittlich komplizierte Materie, die nicht nur in kurzer Zeit zahlreiche Veränderungen und Neuregelungen erfahren hat, sondern auch durch komplexe gemeinschaftsrechtliche Fragen überlagert ist. Entscheidend aber ist, dass das Nachprüfungsverfahren gerichtsähnlich ausgebildet ist, die Beteiligten also auch prozessuale Kenntnisse haben müssen, um ihre Rechte umfassend zu wahren. Deshalb ist im vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren die nach § 80 VwVfG gebotene Rechtspraxis zur Erstattung der Rechtsanwaltskosten nicht übertragbar (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09.11.2001, Az.: Verg 1/01; OLG Stuttgart, Beschluss v. 19.07.2000, 2 Verg 4/00, NZBau 11/2000, S. 543 ff.). Denn durch seinen Charakter als gerichtsähnlich ausgestaltetes Verfahren unterscheidet sich das Vergabenachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer eben grundlegend von dem Widerspruchsverfahren nach der VwGO.
Angesichts der oben erörterten Tatsache, dass die Auftraggeberin im Nachprüfungsverfahren unterlegen ist, hat sie die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlichen Kosten der Antragstellerin zu tragen.
Die Auftraggeberin wird aufgefordert, den Betrag von 3.500,-- EUR unter Angabe des Kassenzeichens
xxx
auf folgendes Konto zu überweisen:
xxx
Brinkmann,
Frau Schulte, hauptamtliche Beisitzerin, kann nicht selbst unterschreiben, weil sie Urlaub hat