Vergabekammer Lüneburg
Beschl. v. 03.02.2004, Az.: 203-VgK-41/2003
Bestehen eines Interesses an einem Auftrag als Voraussetzung für die Antragsbefugnis im Nachprüfungsverfahren; Zulässigkeit der Bewertung von Angeboten allein anhand des Kriteriums der Wirtschaftlichkeit; Zulässigkeit der Durchführung von Nachverhandlungen; Verletzung des Transparenzgebots durch Nichtdokumetation wichtiger Verfahrensschritte; Notwendigkeit der nachvollziehbaren Begründung von Prüfungsschritten und Entscheidungen im Vergabeverfahren; Unverzügliche Rüge eines Vergabefehlers gegenüber dem Anbieter als Voraussetzung für die Anrufung der Vergabekammer
Bibliographie
- Gericht
- VK Lüneburg
- Datum
- 03.02.2004
- Aktenzeichen
- 203-VgK-41/2003
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2004, 33736
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A
- § 97 Abs. 7 GWB
- § 114 Abs. 1 GWB
- § 13 VgV
- § 24 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A
Verfahrensgegenstand
VOL-Vergabeverfahren Lieferung einer Telekommunikationsanlage
In dem Nachprüfungsverfahren
hat die Vergabekammer bei der Bezirksregierung Lüneburg
durch
den Vorsitzenden RD Gause,
die hauptamtliche Beisitzerin xx Schulte und
den ehramtlichen Beisitzer RA Hintz
auf die mündliche Verhandlung vom 27.01.2004
beschlossen:
Tenor:
- 1.
Es wird festgestellt, dass die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt ist. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, das Vergabeverfahren aufzuheben und den streitbefangenen Auftrag nur nach erneuter Durchführung eines europaweiten Vergabeverfahrens zu vergeben und dabei die aus den Entscheidungsgründen ersichtliche Rechtsauffassung der Vergabekammer zu beachten. Dies gilt insbesondere auch für das streitbefangene Kapitel 2 "Fachbereich Feuerwehr der Stadt ... ".
- 2.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragsgegnerin.
- 3.
Die Kosten werden auf 2.819,-- EUR festgesetzt.
- 4.
Die Antragsgegnerin hat der Antragstellerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Die Zuziehung eines Rechtsanwalts durch die Antragstellerin war notwendig.
Begründung
I.
Die Antragsgegnerin und Vergabestelle hat mit Datum vom 07.03.2003 die Lieferung einer Telekommunikationsanlage sowohl für ihre Stadtverwaltung und die eigene Berufsfeuerwehr als auch - auf Grund einer entsprechenden Verwaltungsvereinbarung - für die Verwaltung des Landkreises ... im nichtoffenen Verfahren europaweit ausgeschrieben. Der Bekanntmachung war zu entnehmen, dass eine Unterteilung der zu erbringenden Leistungen in Lose nicht vorgesehen ist. Die Angebote sollten sich auf alle drei, als Kapitel 1 bis 3 bezeichnete Bereiche beziehen. Auf Seite 6 des Leistungsverzeichnisses vom 27.06.2003 war lediglich folgender Vorbehalt aufgenommen worden:
"Besondere Hinweise zur Preisgestaltung - Fachbereich Feuerwehr der Stadt ...
Der Fachbereich Feuerwehr der Stadt ... kann den Auftrag für seinen Teil (Kapitel 2) frühestens Anfang 2004 erteilen. Die Ausführung dieses Teils soll in den Jahren 2004 und 2005 erfolgen. Für den Fall, dass der Fachbereich Feuerwehr den Auftrag nicht erteilen kann, sind im Angebotsschreiben "EVM (L) Ang "die evtl. anfallenden Mehrkosten für Kapitel 1 und 3 anzugeben, die auf Grund eines verringerten Leistungsumfangs entstehen könnten."
Es wurde darauf hingewiesen, dass der Bieter den Nachweis zu erbringen hat, dass er in seiner Fachkunde und Zuverlässigkeit sowie seiner technischen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit den Anforderungen genügt, die an die Installation und den Betrieb der beschriebenen TK-Lösung gestellt werden. Zur Beurteilung der wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit wurde der Umsatz im Bereich TK der letzten drei Geschäftsjahre gefordert. Ferner war zur Beurteilung der technischen Leistungsfähigkeit gefordert
- eine Beschreibung der Unternehmensstruktur
- Benennung der für die Ausführung vorgesehenen Partnerunternehmen
- Referenzanlagen mit vergleichbarer Aufgabenstellung in vergleichbarer Größenordnung der letzten drei Geschäftsjahre mit Angabe von Auftraggeber, Auftragsart und -umfang sowie Ausführungszeitraum
- Darstellung des Servicenetzes, von dem Serviceleistungen, Ersatzlieferungen, Wartungsarbeiten und Gewährleistungserbringung erfolgen sollen.
Die Bewerber wurden darauf hingewiesen, dass mindestens drei und höchstens zehn Unternehmen zur Angebotsabgabe aufgefordert werden sollen.
Hinsichtlich der Zuschlagskriterien war darauf hingewiesen worden, dass das wirtschaftlich günstigste Angebot den Zuschlag erhalten soll in der Reihenfolge der Priorität: technische Lösung, Qualität und Funktion, Kaufpreis, Betriebskosten, Folgekosten, technische Beratung, Serviceleistung und Eigenpersonalaufwand.
Die Bieter wurden darauf hingewiesen, dass Nebenangebote/Alternativvorschläge zugelassen sind.
Das mit der Fachberatung beauftragte Büro empfahl der Antragsgegnerin von den 22 Bietern, die sich beworben hatten, sechs zur Abgabe eines Angebotes aufzufordern, darunter die Antragstellerin und die Beigeladene.
Auf Grund mehrerer Nachfragen einzelner Bieter informierte die Antragsgegnerin mit mindestens sechs Bieterrundschreiben alle Bewerber über den Inhalt der Fragen und ihre Antworten.
Bei der Verdingungsverhandlung am 26.08.2003 ergab sich, dass dem Verhandlungsleiter zum Eröffnungstermin 4 Angebote vorlagen. Es wurde festgehalten, dass die Beigeladene mit einer rechnerisch geprüften Nettoangebotssumme von 1.009.422,25 EUR das preisgünstigste Angebot abgegeben hatte. Ein Hinweis, dass sie auch ein Nebenangebot abgegeben hat, fehlt. Auf Seite 6 der EVM (L) Ang 233 wurde von der Beigeladenen nichts eingetragen. Die Antragstellerin bot die Leistungen für geprüfte 1.024.657,03 EUR netto an. Ferner hatte sie noch 8 Nebenangebote abgegeben.
Mit E-Mail vom 06.10.2003 bat die Antragsgegnerin die Beigeladene und die Antragstellerin um die Vorstellung ihrer Angebote. Sie wies darauf hin, welche Punkte schwerpunktmäßig vorgestellt werden sollen. Im Nachgang zu der Präsentation am 08.10.2003 bat die Antragsgegnerin die Beigeladene noch um die Beantwortung einiger wichtiger Fragen.
Die Antragstellerin übersandte der Antragsgegnerin im Nachgang zu ihrer Präsentation ebenfalls Präzisierungen und Nachträge zu ihrem Angebot.
Mit Schreiben vom 14.10.2003 bewertete das mit der Fachberatung beauftragte Büro die einzelnen Angebote und empfahl, der Beigeladenen den Zuschlag zu erteilen. Das Büro hielt fest, dass die Beigeladene ein Nebenangebot abgegeben habe, bei dem zusätzlich Mietpreisnachlässe bei bestehenden Systemen des Landkreises in Höhe von 143.497,20 EUR zzgl. MWSt angeboten wurden. Das Büro hielt das Angebot für auskömmlich.
Zum Angebot der Antragstellerin wurde vermerkt, dass sie mehrere Nebenangebote abgegeben habe, die teilweise nicht gewertet werden konnten, da sie nicht die Anforderungen erfüllten.
In einem Vergabeprotokoll der Antragsgegnerin vom 15.10.2003 über ein Gespräch mit der Beigeladenen und dem Landkreis wurde u.a. festgehalten, welche Leistungen in dem Angebotspreis enthalten sind und welche nicht. Soweit von der Antragsgegnerin zusätzliche Leistungen gewünscht wurden, wurde festgehalten, zu welchen Konditionen sie geliefert und montiert werden.
Mit Schreiben vom 16.10.2003 teilte die Beigeladene ihre Antwort zu den Themen
- Satin für den Landkreis
- Alternative Vertragsform - Miete - für den Landkreis
- Sonderkonditionen/Nachbestellungen
- Wartungspreise und
- Digitale Teilnehmer mit erhöhter Reichweite mit.
Zu diesem Schreiben legte die Beigeladene ein Angebot mit den entsprechenden Preisen vor.
Da die Antragsgegnerin noch Rückfragen hinsichtlich der Anschlüsse für digitale Teilnehmer über die Länge von 800 m hatte, stellte die Beigeladene 21.10.2003 klar, dass es sich bei den im Angebot aufgeführten Preisen um
- 1.
mtl. Mietkauf/5 Jahre
- 2.
Kaufpreis
- 3.
mtl. Servicepreis
handelt.
Einem mit Datum vom 16.10.2003 versehenen Vergabevermerk der Antragsgegnerin ist zu entnehmen, dass nach der Wertung der Angebote das Nebenangebot der Beigeladenen das günstigste Angebot mit einer Angebotssumme von 1.009.422,25 EUR netto sei. Ferner wurde festgehalten, dass das Kapitel 2 Berufsfeuerwehr nicht beauftragt werden soll. Nach der Herausnahme sei ebenfalls das Nebenangebot der Beigeladenen das günstigste Angebot mit einer Angebotssumme in Höhe von 575.457,95 EUR netto.
Ferner hält die Antragsgegnerin fest, dass die Zusammenstellung in den Bieterlisten sich auf die ausgeschriebene Wartungsalternative "Vollwartung" bezieht. In einer beigelegten Übersicht Stadt - Landkreis könne man erkennen, dass auch bei den anderen Wartungsalternativen "Depotwartung" und "Wartung ohne Endgeräte" das Nebenangebot der Beigeladenen am günstigsten sei.
Es wurde auch vermerkt, dass die Beigeladene und die Antragstellerin jeweils zu einer Präsentation ihrer technischen Lösungskonzepte und Anlagenkomponenten eingeladen waren. Am 15.10.2003 habe man ein Vergabegespräch mit der Beigeladenen geführt. Die technische Wertung habe ergeben, dass sowohl die Beigeladene als auch die Antragstellerin gute und technisch gleichwertige Angebote abgegeben haben mit leichten Vorteilen für die Beigeladene (z.B. bei der Anwendung des Active Dictionary Service). Ferner wurde festgehalten, dass bei der Wartungsalternative "Depotwartung" die Beigeladene ein sehr günstiges Angebot abgegeben habe. Nachdem die Bieterin im Vergabegespräch darauf hingewiesen worden sei, gab sie die Auskunft, dass sie dazu stehe und es für sie auskömmlich sei.
Auf Grund des Vergabevorschlags des Beratungsbüros solle auf Grund der wirtschaftlichen und technischen Wertung das Nebenangebot der Beigeladenen den Zuschlag erhalten. Auch wurde festgehalten, dass auf Grund des günstigen Angebots für die "Depotwartung" diese Wartungsvariante beauftragt werden solle. Die Auftragssumme ergäbe für Stadt und Landkreis zusammen 539.559,95 EUR. Sodann wurde festgehalten, dass Zuverlässigkeit und die Referenzen der Beigeladenen bei der Auswahl der Teilnehmer geprüft worden seien.
Abschließend wurde festgehalten, dass im Vorfeld der Ausschreibung zwischen Stadt und Landkreis vereinbart worden sei, dass das insgesamt günstigste Angebot ausgewählt werden solle und bei ungleicher Verteilung der Vorteile entsprechende Ausgleichszahlungen erfolgen sollen. Dieser Fall sei tatsächlich eingetreten. Das Angebot der Beigeladenen beinhalte für den Landkreis auf Grund günstiger Rückkaufbedingungen der Altanlage und der Entlassung aus dem bestehenden Mietvertrag erhebliche Vorteile. Durch eine Ausgleichszahlung vom Landkreis an die Stadt sollen diese Vorteile auch an die Stadt weitergegeben werden, so dass auch für die Stadt das Nebenangebot der Beigeladenen das günstigste werde.
Die Dezernentenkonferenz der Antragsgegnerin schloss sich am 16.10.2003 dem Vergabevorschlag an. Anschließend stimmte auch der Oberbürgermeister dem Vorschlag zu.
Das zuständige Rechnungsprüfungsamt der Antragsgegnerin bat mit Schreiben vom 06.11.2003 das Fachamt noch um die Beantwortung mehrerer Auffälligkeiten bzw. Fragen im Zusammenhang mit der beabsichtigten Vergabe, die das Fachamt am 24.11.2003 beantwortete.
Mit einer innerdienstlichen Mitteilung vom 18.11.2003 hielt das Fachamt der Antragsgegnerin fest, dass in Abänderung zur Dezernenten-Konferenz-Entscheidung der Vorschlag des Landkreises angenommen werden solle, an die Stadt eine Ausgleichszahlung in Höhe der Differenz zwischen den Kosten für den städtischen Anteil der Anlage von der Beigeladenen und der Antragstellerin (günstigste Bieterin für die Stadt) zu zahlen. Das Fachamt hält fest, dass dies ca. 40.000 EUR (plus MWSt) weniger seien, aber immer noch die günstigste Variante. Es wurde dabei auch vermerkt, dass die Antragsgegnerin bei dem Vorschlag für die Ausgleichszahlung immer noch von dem günstigen Preis für die Depotwartung profitiere. Sie erhalte ihre TK-Lösung, von der Beigeladenen (plus Ausgleich) auf fünf Jahre gerechnet, noch knapp 30.000 EUR günstiger als bei der Antragstellerin.
Die zuständigen RPÄ der Antragsgegnerin und des Landkreises stimmten mit Datum vom 03.12.2003 trotz einiger Prüfbemerkungen letztendlich dem Vergabevorschlag zu.
Mit Schreiben vom 10.12.2003 informierte die Antragsgegnerin die Antragstellerin, dass auf ihr Angebot der Zuschlag nicht erteilt werden könne, da sie nicht das wirtschaftlichste Angebot abgegeben habe.
Mit Schreiben vom 12.12.2003 rügte die Antragstellerin die Ablehnung ihres Angebotes. Zur Begründung bat sie, ihr Vorzüge, Merkmale und Eigenschaften des Angebotes der Beigeladenen zu erklären. Die allgemeine Aussage "es läge ein wirtschaftlicheres Angebot vor" ist ihrer Meinung nach nicht ausreichend.
Mit Schreiben vom 17.12.2003 erklärte die Antragsgegnerin der Antragstellerin, dass sie ihr keine näheren Erläuterungen gem. § 27a Nr. 2 VOL/A auf Grund der Wahrung von berechtigten Geschäftsinteressen machen könne.
Die Antragstellerin beantragte mit Schreiben vom 23.12.2003, eingegangen bei der Vergabekammer am selben Tage, die Einleitung des Nachprüfungsverfahrens. Zur Begründung führt sie aus, dass der Beigeladenen bei der Erstellung ihres Angebotes ein Fehler unterlaufen sein muss, da sie die Alternativposition "monatliche Wartung mit Endgeräten" deutlich billiger angeboten habe als die Alternativposition "monatliche Wartung ohne Endgeräte". Ihrer Meinung nach ist das Angebot der Beigeladenen für die "monatliche Wartung mit Endgeräten" nicht auskömmlich.
Ferner führt sie aus, dass aus Sicht des die Antragsgegnerin beratenden Büros offenkundig war, dass die Wartung für das Komplettsystem in jedem Fall teurer sein müsse als die Wartung ohne Endgeräte.
Die Antragstellerin bezieht sich auch auf ihr Rügeschreiben vom 12.12.2003, in dem sie die ihrer Meinung nach unzureichende Information nach § 13 VgV beanstandete.
Nach Durchführung der Akteneinsicht trägt die Antragstellerin ergänzend vor, dass die Antragsgegnerin es versäumt habe, das Vergabeverfahren ausreichend zu dokumentieren. Die Antragsgegnerin habe es z.B. versäumt, in dem Vergabevermerk festzuhalten, warum ihr Nebenangebot von der weiteren Wertung ausgeschlossen werde. Ferner habe die Antragsgegnerin es versäumt festzuhalten, weshalb das Kapitel 2 (FB Feuerwehr) nicht erteilt werden soll. Auch habe es die Antragsgegnerin versäumt zu dokumentieren, inwieweit die vorgegebenen Zuschlagskriterien - außer dem Preis - bei der Wertung berücksichtigt wurden. Besonders gravierend sei, dass das Kriterium der Folgekosten unberücksichtigt blieb. Es sei auch nicht dokumentiert worden, worin die leichten Vorteile für die Beigeladenen liegen sollen. Insoweit lägen Verstöße gegen die Dokumentationspflicht und das Transparentgebot vor.
Ferner verstoße die beabsichtigte Vergabe auch gegen das Gleichbehandlungsgebot. Die Antragsgegnerin habe zwar beide Bieter jeweils zu einer Präsentation eingeladen, jedoch anschließend nur mit der Beigeladenen ein Vergabegespräch geführt. Warum nicht auch sie zu einem Vergabegespräch eingeladen worden sei, sei nicht dokumentiert worden. Insoweit läge hier eine Ungleichbehandlung vor.
Auch habe die Antragsgegnerin mit der Beigeladenen verbotenerweise nachverhandelt. Entgegen den Vorgaben des § 24 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A habe sich die Antragsgegnerin nicht über den Angebotsinhalt aufklären lassen. Laut Vergabeprotokoll vom 16.10.2003 wurden laut Auffassung der Antragstellerin vielmehr umfängliche Verhandlungen über Preise und Änderungen der Angebote geführt. Ferner habe die Beigeladene erstmals in der Vergabeverhandlung eine Wartungsfreiheit für die ersten 12 Monate angeboten. Auch habe man offenbar über eine geänderte Preisstellung verhandelt. Im Leistungsverzeichnis war ein Angebot für 100 CTI-Lizenzen enthalten sowie der Preis für jede weitere 100 Stück. Schon aus dem Wortlaut "bei Bestellung von 1.300 Lizenzen" und "Projektpreis" ergebe sich, dass ein gegenüber dem ursprünglichen Angebot geänderter Preis angeboten wurde. Auch liege eine unzulässige Nachverhandlung darin, dass die Beigeladene für den für den "Nachkauf von Hard- und Software als Einzelbaugruppen nach 12 Monaten" einen Nachlass von 30 % auf ihren Listenpreis anbietet.
Ferner weist die Antragstellerin darauf hin, dass eine nachträgliche Änderung des Angebotes der Beigeladenen darin liege, dass sie für das NSM eine andere als die ausgeschriebene Software vorgesehen hat. Aus der Anfrage des beratenden Büros an die Beigeladene ergäbe sich, dass die Datenaufnahme nicht im Angebot der Beigeladenen enthalten sein sollte. Zusätzlich sollten nach Ansicht der Antragstellerin für "Datenimport und grafische Aufbereitung" pauschal 10.000 EUR berechnet werden. Dagegen sei im Vergabeprotokoll vom 16.10.2003 von diesem Pauschalbetrag keine Rede mehr.
Die Antragstellerin vertritt auch die Auffassung, dass die Antragsgegnerin keine eigene Entscheidung bei der Bewertung der Angebote durchgeführt habe. Der Vergabevorschlag sei vom beratenden Büro erstellt worden. Dem Vorschlag schloss sich der Fachdienst Hochbau an. Eine eigenständige Wertung der beiden Auftraggeber habe erkennbar nicht stattgefunden.
Soweit die Antragsgegnerin einen Erlass von Mietforderungen der Beigeladenen in Höhe von 143.497,20 EUR (netto) werte, sei dies unzulässig, Die von der Beigeladenen angebotene Mietgutschrift scheint für die - im Vergabevermerk nicht dokumentierte - interne Entscheidungsfindung nach Auffassung der Antragstellerin von erheblicher Bedeutung gewesen zu sein. Die Antragstellerin weist darauf hin, dass ohne Berücksichtigung dieser Mietgutschrift ihr Angebot auch nach Auffassung der Antragsgegnerin günstiger als das der Beigeladenen sei.
Die Antragstellerin beantragt,
der Antragsgegnerin aufzugeben, die Wertung ohne Berücksichtigung des Nebenangebotes des Bieters ... mit der Wartungsalternative "Endgeräte Depot" erneut durchzuführen,
die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin für notwendig zu erklären sowie der Vergabestelle die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung der Antragstellerin aufzuerlegen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag der Antragstellerin auf erneute Durchführung der Wertung zurückzuweisen.
Zur Begründung führt sie aus, dass das System "Vollwartung" zwar grundsätzlich kostenträchtiger sei als eine bloße "Depotwartung" und diese wiederum kostenträchtiger als eine "Wartung ohne Endgeräte". Ob und in welchem Maße es dabei jedoch signifikante Unterschiede im Preis gibt, hänge von der Struktur und Organisation der jeweiligen Serviceabteilung ab.
Die Antragsgegnerin räumt ein, dass es sein mag, dass der Beigeladenen bei der Kalkulation ein Fehler unterlaufen ist. Die Beigeladene habe aber ihr gegenüber erklärt, dass sie gleichwohl zu ihrem Angebot stehe, da sie ihren Fehler im Rahmen der Gesamtangebotssumme ausgleichen könne. Ferner weist die Antragsgegnerin darauf hin, dass auch bei einer Wertung der Grundposition "Vollwartung" das Angebot der Beigeladenen das günstigste sei.
Es liege beim Angebot der Beigeladenen auch kein offenbares Missverhältnis vom Preis zur Leistung und damit auch nicht die Voraussetzungen für die Anwendung des § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A vor. Die von der Antragsgegnerin vorgegebenen Alternativangebote würden nur Teilpreise darstellen, aber nicht Angebotsendpreise.
Ferner gehe die Antragstellerin auch fehl in der Annahme, dass sich das Nebenangebot der Beigeladenen auf die Depotwartung beziehe und daher ausschließbar wäre. Dieses Nebenangebot beziehe sich auf eine Alternative zum Kabelmanagementsystem.
Die Beigeladene stellt keine eigenen Anträge. Sie unterstützt das Vorbringen der Antragsgegnerin.
Wegen des übrigen Sachverhalts wird auf die Vergabeakte, die Schriftsätze der Beteiligten und das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 27.01.2004 verwiesen.
II.
Der Nachprüfungsantrag ist zulässig und begründet. Die Antragstellerin ist im Sinne der §§ 97 Abs. 7, 114 Abs. 1 GWB in ihren Rechten verletzt, weil die Antragsgegnerin in mehrfacher Hinsicht gegen das Transparenzgebot des § 97 Abs. 1 GWB verstoßen hat, indem sie es entgegen § 30 Abs. 1 VOL/A versäumt hat, wichtige Verfahrensschritte zu dokumentieren und ihre Prüfungen und Entscheidungen im Vergabeverfahren nachvollziehbar zu begründen. So ist anhand der Vergabeakte nicht nachvollziehbar, inwiefern die Antragsgegnerin bei der Wertung der Angebote die Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes anhand sämtlicher von ihr mit der Vergabebekanntmachung und der Aufforderung zur Abgabe eines Angebotes vorgegebenen Zuschlagskriterien durchgeführt hat. Dokumentiert ist lediglich eine intensive Auseinandersetzung mit den Angebotspreisen. Ferner ist weder eine Auseinandersetzung der Antragsgegnerin mit den Nebenangeboten der Antragstellerin noch die Begründung ihres Ausschlusses hinreichend dokumentiert. Schließlich hat die Antragsgegnerin auch die Nichtbeauftragung des Kapitels 2 - Berufsfeuerwehr - weder unter dem Gesichtspunkt einer Teilaufhebung gem. § 26 VOL/A noch unter dem Gesichtspunkt einer nicht zum Zuschlag gekommenen Bedarfsposition vergaberechtskonform entschieden und begründet.
1.
Der Nachprüfungsantrag ist zulässig. Bei der Antragsgegnerin wie auch bei dem von ihr als Vergabestelle im streitbefangenen Vergabeverfahren mitbetreuten Landkreis ... handelt es sich um Gebietskörperschaften und damit um öffentliche Auftraggeber im Sinne des § 98 Nr. 1 GWB. Der streitbefangene Auftrag übersteigt auch den für die Zuständigkeit der Vergabekammer maßgeblichen Schwellenwert gem. § 100 Abs. 1 GWB. Danach gilt der 4. Teil des GWB nur für solche Aufträge, die die Auftragswerte erreichen oder überschreiten, die durch Rechtsverordnung nach § 127 GWB festgelegt sind. Bei den ausgeschriebenen Leistungen handelt es sich um einen Lieferungs- und Dienstleistungsauftrag im Sinne des § 99 Abs. 1, Abs. 2 GWB, für den gem. § 2 Nr. 3 der am 01.02.2001 in Kraft getretenen Vergabeverordnung (VgV) vom 09.01.2001 ein Schwellenwert von 200.000,-- EUR gilt. Der Wert des ausgeschriebenen Auftrags überschreitet nach dem Ergebnis der Ausschreibung den für die Anrufung der Vergabekammer maßgeblichen Schwellenwert. Bereits das von der Antragsgegnerin ausweislich der Bieterliste vom 19.10.2003 als preisgünstigstes Angebot ermittelte Nebenangebot der Beigeladenen hat eine Angebotssumme von geprüften 1.170.929,81 EUR (brutto).
Die Antragstellerin ist auch antragsbefugt gem. § 107 Abs. 2 GWB, da sie als Bieterin ein Interesse am Auftrag hat und eine Verletzung von Rechten durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht, indem sie behauptet, dass die Antragsgegnerin ihre Nebenangebote zu Unrecht von der Wertung ausgeschlossen habe und stattdessen in vermeintlich vergaberechtswidriger Weise das Nebenangebot der Beigeladenen als wirtschaftlichstes Angebot ermittelt hat. Ferner habe die Antragsgegnerin in vergaberechtswidriger Weise entschieden, einen Auftrag für das ausgeschriebene Kapitel 2 - Berufsfeuerwehr - nicht zu erteilen. Voraussetzung für die Antragsbefugnis gem. § 107 Abs. 2 GWB ist, dass das Antrag stellende Unternehmen einen durch die behauptete Rechtsverletzung entstandenen oder drohenden Schaden darlegt. Dies bedeutet, dass die Antragstellerin diejenigen Umstände aufzeigen muss, aus denen sich schlüssig die Möglichkeit eines solchen Schadens ergibt (vgl. Boesen, Vergaberecht, § 107, Rn. 52). Die Antragstellerin hat ein entsprechendes Rechtsschutzbedürfnis dargelegt. Die diesbezüglichen Anforderungen oder die Darlegungslast dürfen nicht überspannt werden (vgl. Byok/Jaeger, Vergaberecht, § 107, Rn. 677). Das tatsächliche Vorliegen der Rechtsverletzung ist vielmehr eine Frage der Begründetheit (vgl. Vergabekammer Südbayern, Beschluss vom 13.12.1999 - 11/99). Der EuGH hat in seinem Urteil vom 19.06.2003 in der Rechtssache C-249/01 (vgl. dortigen amtlichen Leitsatz Nr. 2 und Rn. 23, 24 ff. der Entscheidungsgründe) zudem ausdrücklich festgestellt, dass es einem Bieter im Rahmen eines Nachprüfungsverfahrens ermöglicht werden muss, die Stichhaltigkeit des Ausschlussgrundes anzuzweifeln.
Die Antragstellerin ist auch ihrer Pflicht gem. § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB nachgekommen, vor Anrufung der Vergabekammer die behaupteten Verstöße gegen Vergabevorschriften bereits im Vergabeverfahren selbst gegenüber der Antragsgegnerin unverzüglich nach positiver Kenntnisnahme zu rügen. Die Antragsgegnerin hat die Antragstellerin mit Informationsschreiben gem. § 13 VgV vom 10.12.2003 darüber informiert, dass sie beabsichtigt, am 30.12.2003 den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen zu erteilen. Ferner teilte die Antragsgegnerin mit, dass das Angebot nicht auf Angebot der Antragstellerin erteilt werden könne, weil sie nicht das wirtschaftlichste Angebot abgegeben habe. Ihr Hauptangebot und ihr Nebenangebot seien nicht das wirtschaftlichste gewesen. Bereits mit Schriftsatz vom 12.12.2003 rügte die Antragstellerin die Entscheidung der Antragsgegnerin und forderte sie insbesondere auf, die Gründe der Ablehnung genauer darzulegen, um so die Antragstellerin in die Lage zu versetzen, die Erfolgsaussichten eines etwaigen Rechtsmittels abzuschätzen, und setzte der Antragsgegnerin dafür eine Frist bis zum 19.12.2003. Dabei solle sie insbesondere auch die Vorzüge, Merkmale und Eigenschaften des Angebotes der Beigeladenen erklären. Mit Schreiben vom 17.12.2003 erläuterte die Antragsgegnerin gegenüber der Antragstellerin noch einmal ihre Entscheidung und wies darauf hin, dass das Kapitel 2 (Berufsfeuerwehr) nicht beauftragt werden solle. Weitere bzw. nähere Erläuterungen könne sie gem. § 27 a Nr. 2 VOL/A auf Grund der Wahrung von berechtigten Geschäftsinteressen nicht machen. Mit Anwaltsschriftsatz vom 22.12.2003 vertiefte die Antragstellerin ihre bisherige Rüge und rügte erstmals insbesondere auch die Berücksichtigung des Angebotes der Beigeladenen für die Wartung mit Endgeräte-Depot. Dieses hätte nach Auffassung der Antragstellerin gem. § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A wegen Nichtangemessenheit des Preises ausgeschlossen werden müssen. Beide Rügen erfolgten unverzüglich im Sinne des§ 107 Abs. 3 Satz 1 GWB.
2.
Der Nachprüfungsantrag ist auch begründet, soweit er sich gegen die Angebotswertung an sich und den Ausschluss der Nebenangebote der Antragstellerin durch die Antragsgegnerin wendet. Die Antragsgegnerin hat gegen das Transparenzgebot gem. § 97 Abs. 1 GWB verstoßen, indem sie es versäumt hat, wichtige Verfahrensschritte in der Vergabeakte gem. § 30 Nr. 1 VOB/A zu dokumentieren. So ist anhand der Vergabeakte nicht nachvollziehbar, inwiefern die Auftraggeberin bei der Wertung der Angebote die Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes anhand sämtlicher von ihr mit der Vergabebekanntmachung und der Aufforderung zur Abgabe eines Angebotes vorgegebenen Zuschlagskriterien durchgeführt hat. Dokumentiert ist lediglich eine intensive Auseinandersetzung mit den Angebotspreisen (im Folgenden a)
Ferner hat die Antragsgegnerin zwar dokumentiert, dass sie sieben der acht Nebenangebote der Antragstellerin ausgeschlossen hat. Eine hinreichende Begründung des Ausschlusses, geschweige denn die notwendige Prüfung der Vergleichbarkeit und Gleichwertigkeit der Nebenangebote mit dem im Leistungsverzeichnis abgeforderten Hauptangebot ist indessen in der Vergabeakte nicht dokumentiert (im Folgenden b). Schließlich trägt die in der Vergabeakte dokumentierte Begründung für die Nichtvergabe des Kapitels 2 (Berufsfeuerwehr) diese Entscheidung weder unter dem Gesichtspunkt einer Teilaufhebung gem. § 26 VOL/A noch unter dem Gesichtspunkt einer entfallenen Bedarfs- oder Eventualposition (im Folgenden c).
a).
Die Antragsgegnerin hat es entgegen § 30 VOL/A versäumt, wichtige Verfahrensschritte zu dokumentieren, so dass insbesondere die Angebotswertung selbst nach Maßgabe der von der Antragsgegnerin mit der Bekanntmachung und der Aufforderung zur Abgabe des Angebotes vorgegebenen Zuschlagskriterien gemessen an den Anforderungen des Transparenzgebotes gem. § 97 Abs. 1 GWB nicht hinreichend nachvollziehbar sind. Die an einem Vergabeverfahren beteiligten Bieter haben gem. § 97 Abs. 7 GWB ein subjektives Recht auf ausreichendes Dokumentation des Vergabeverfahrens und insbesondere der wesentlichen Entscheidungen im Vergabeverfahren (vgl. OLG Brandenburg, Beschluss vom 03.08.1999, NZBau 2000, S. 44 ff. [OLG Brandenburg 03.08.1999 - 6 Verg 1/99]).
Gemäß § 30 Nr. 1 VOL/A ist über die Vergabe ein Vermerk zu fertigen, der die einzelnen Stufen des Verfahrens, die Maßnahmen, die Feststellung sowie die Begründung der einzelnen Entscheidungen enthält. Sinn dieser Bestimmung ist es, die Überprüfbarkeit der im Rahmen des Vergabeverfahrens getroffenen Feststellungen und Entscheidungen herbeizuführen (vgl. Franke/Grünhagen, VOB/A, § 30, Rn. 1, m.w.N.; Daub/Eberstein, VOL/A, 5. Auflage, § 8 Rn. 33). Der Anwendungsbereich des § 30 VOL/A wie auch - für den Baubereich - der identischen Regelung des § 30 Nr. 1 VOB/A erstreckt sich dabei sowohl auf den formalen Verfahrensverlauf als auch materiell auf die Maßnahmen, Feststellungen und Begründungen der einzelnen Entscheidungen. Der Vergabevermerk ist chronologisch zu fassen und muss sich dabei an der in der VOL/A vorgeschriebenen Reihenfolge orientieren (vgl. Beck'scher VOB-Kommentar, A § 30, Rn. 12). Zu den materiellen Entscheidungen zählen insbesondere die Entscheidungen, bei denen die Vergabestelle eine Ermessensentscheidung zu treffen hat, die Prüfung der Angebote, Angaben über Verhandlungen mit Bietern und deren Ergebnis sowie das Ergebnis der Wertung der Angebote (vgl. VK Sachsen, Beschluss vom 30.04.2001, Az.: 1/SVK/23-01). Ebenso sind im Vergabevermerk die Gründe für die Erteilung des Zuschlags auf das betreffende Angebot anzugeben. Es ist eine nach § 30 Nr. 1 VOL/A zwingende Pflicht des Auftraggebers, die Auswahlentscheidung als wesentliche Entscheidung in nachvollziehbarer Weise zu dokumentieren, um für den Bieter die erforderliche Überprüfbarkeit zu gewährleisten (vgl. OLG Brandenburg, Beschluss vom 08.03.1999, a.a.O.). Eine fehlende Dokumentation wesentlicher Schritte bis zur Vergabeentscheidung ist daher rechtsfehlerhaft und führt zu einer Nichtvollziehbarkeit der getroffenen Entscheidung. Daraus folgt, dass im Vermerk die Gründe so dezidiert festgehalten sind, dass auch einem Außenstehenden bei Kenntnis der Angebotsinhalte deutlich erkennbar und nachvollziehbar wird, warum gerade auf das betreffende Angebot der Zuschlag erteilt werden soll. Mängel in der Erkennbarkeit und in der Nachvollziehbarkeit in diesem Bereich gehen daher zu Lasten der Vergabestelle.
Zwar hat das von der Antragsgegnerin beauftragte Ingenieurbüro ausweislich der Vergabeakte eine Prüfung und Auswertung der Angebote vorgenommen und einen Vergabevorschlag gefertigt. Dieser Vermerk genügt jedoch nicht den Anforderungen des § 30 Nr. 1 VOB/A, da es nicht möglich ist, anhand der Angebotswertung und des Vergabevorschlags nachzuvollziehen, ob die Antragsgegnerin die Prüfung und Wertung der Angebote in einer den Anforderungen der VOL/A genügenden Weise durchgeführt hat. Systematisch vollzieht sich die Wertung gem. § 25 VOL/A in 4 Wertungsphasen, die allesamt zu dokumentieren sind:
- In der 1. Phase sind die auszuschließenden bzw. ausschließbaren Angebote zu ermitteln, ohne dass eine inhaltliche Wertung dieser Angebote vorzunehmen ist (§ 25 Nr. 1 VOL/A).
- In der 2. Phase ist die Eignung der verbliebenen Bieter im Hinblick auf die erforderliche Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit für die Erfüllung der vertraglichen Verpflichtung zu überprüfen (Nr. 2 Abs. 1).
- Die 3. Wertungsphase hingegen befasst sich mit der Überprüfung ungewöhnlich niedriger Angebote im Verhältnis zu der zu erbringenden Leistung (Nr. 2 Abs. 2 und Abs. 3).
- Die 4. und letzte Wertungsphase schließlich betrifft nur noch die Angebote, welche in die engere Wahl gekommen sind. Unter diesen ist das unter Berücksichtigung aller Umstände wirtschaftlichste Angebot zu ermitteln (§ 25 Nr. 3 VOL/A).
Die entscheidende 4. und letzte Wertungsphase, die Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes, ist nicht hinreichend dokumentiert. Aus dem in der Vergabeakte enthaltenen Vergabevorschlag des von der Antragsgegnerin beauftragten Ingenieurbüros vom 14.10.2003 wie auch aus dem Vergabevermerk der Antragsgegnerin vom 16.10.2003 wie auch der dem Vergabevorschlag beigefügten Bieterliste vom 19.10.2003 wird deutlich, dass sich das beauftragte Ingenieurbüro wie auch die Auftraggeberin insbesondere mit den Angebotspreisen auseinander gesetzt hat. Der niedrigste Angebotspreis allein ist jedoch gem.§ 25 Nr. 3 Satz 2 VOL/A für die Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes allein nicht entscheidend. Richtig ist, dass die einschlägigen Auftragsvergaberichtlinien der EU fast übereinstimmend festlegen, dass für die Auftragsvergabe grundsätzlich zwei Kriterien maßgebend sein dürfen. Der öffentliche Auftraggeber darf entweder den Anbieter auswählen, der den niedrigsten Preis anbietet, oder denjenigen Anbieter, der das wirtschaftlich günstigste Angebot abgegeben hat (vgl. Artikel 36 der Dienstleistungskoordinierungsrichtlinie RL 92/50/EWG, ABl. EG Nr. 1 209/1; Artikel 34 der Baukoordinierungsrichtlinie RL 93/37/EWG, ABl. EG Nr. 1 199/54; Artikel 26 der Lieferkoordinierungsrichtlinie RL 93/36/EWG, ABl. EG Nr. 1 199/1).
Der deutsche Gesetzgeber hat sich in § 97 Abs. 5 GWB jedoch zulässigerweise ausdrücklich dafür entschieden, dem Kriterium "wirtschaftlichstes Angebot" den Vorzug vor dem ebenfalls zulässigen Kriterium "niedrigster Preis" zu geben. Das deutsche Recht schließt damit nicht aus, dass die preisliche Beurteilung des Angebotes im Rahmen der Prüfung des wirtschaftlich günstigsten Angebotes eine maßgebliche Rolle spielt. Der Preis ist nach dem deutschen Vergaberecht vielmehr zwar regelmäßig das wichtigste, aber eben nicht das allein entscheidende Kriterium (vgl. Boesen, Vergaberecht, § 97 Rn. 144). Der Angebotspreis kann daher nur dann allein für das "wirtschaftlichste Angebot" entscheidend sein, wenn sämtliche anderen Wirtschaftlichkeitskriterien nachvollziehbar erwogen und verglichen worden sind und selbst dann eine Gleichwertigkeit der Angebote besteht und positiv festgestellt worden ist. Die Antragsgegnerin wollte ausweislich der Vergabebekanntmachung vom 07.03.2003 der Vorgabe des § 25 Nr. 3 Satz 2 VOL/A ausdrücklich Rechnung tragen. Sie hat in der Vergabebekanntmachung als Zuschlagskriterium nicht nur den niedrigsten Preis angekreuzt, sondern verbindlich bekannt gemacht, dass der Zuschlag auf das wirtschaftlich günstigste Angebot erteilt werden soll auf Grund der nachstehenden Kriterien in der Reihenfolge ihrer Priorität:
"1. Technische Lösung,
2. Qualität und Funktion, (erst)
3. Kaufpreis,
4. Betriebskosten,
5. Folgekosten,
6. Technische Beratung,
7. Serviceleistungen,
8. Eigenpersonalaufwand"
Dabei hatte sie zusätzlich angekreuzt:
"In der Reihenfolge ihrer Priorität - ja"
In ihrer Aufforderung zur Angebotsabgabe vom 27.06.2003 (Formblatt EVM (L) A EG hatte die Antragsgegnerin unter Nr. 5.3 noch einmal die gleichen Kriterien - hier ohne Angabe der Priorität - angekreuzt. Die Antragsgegnerin hat in der mündlichen Verhandlung vom 27.01.2004 eingeräumt, eine Dokumentation bezüglich der Angebotswertung anhand sämtlicher bekannt gemachten Zuschlagskriterien in der Vergabeakte nicht durchgeführt zu haben. Sie habe diese Kriterien jedoch, wie etwa Technische Lösung, Qualität, Funktion, Betriebskosten, Folgekosten, Technische Beratung, Serviceleistung und Eigenpersonalaufwand durchaus berücksichtigt. Sie hätten sich bei den gewerteten Angeboten aber nicht derart different dargestellt, dass sie Auswirkungen auf das Wirtschaftlichkeitsergebnis gehabt hätten. Vielmehr sei ein einheitlich hohes Niveau festgestellt worden, so dass letztendlich nur der Kaufpreis als einziges entscheidendes Zuschlagskriterium übrig geblieben sei. Die Tatsache, dass sie diese Kriterien insbesondere hinsichtlich der technischen Eigenschaften, Qualität und Funktion durchaus berücksichtigt habe, wird nach Auffassung der Antragsgegnerin im Vergabevermerk vom 16.10. deutlich. Dort heißt es:
"Die technische Wertung ergab, dass sowohl der Bieter ... (Beigeladene) als auch der Bieter ... (Antragstellerin) gute und technisch gleichwertige Angebote abgegeben haben mit leichten Vorteilen für die ... (z.B. bei der Anbindung des Active Directory Service)."
Gleichfalls habe sich das beauftragte Ingenieurbüro ausweislich des Vergabevorschlags vom 14.10.2003 mit den übrigen Zuschlagskriterien auseinander gesetzt. Diese seien ausweislich des Vermerks "Vorlage zur Dezernentenkonferenz am 16.10.2003" bei der Entscheidung berücksichtigt worden. Festzustellen ist jedoch, dass sich sowohl der Vergabevorschlag des Ingenieurbüros als auch die zitierten Vermerke der Antragsgegnerin nahezu ausschließlich mit den Kosten der Angebote und hier insbesondere mit den Kosten auf Basis des für den Zuschlag präferierten Angebotes der Beigeladenen auseinander setzen. Wenn die Antragstellerin tatsächlich im Rahmen der Wertung festgestellt hat, dass sich die in der Wertung verbliebenen Angebote hinsichtlich der übrigen Zuschlagskriterien, von denen sie zwei Kriterien, nämlich Technische Lösung und Qualität und Funktion gemäß ihrer Vergabebekanntmachung ausdrücklich sogar vorrangig gegenüber den Kriterien Kaufpreis, Betriebskosten und Folgekosten gesetzt hatte, nicht unterschieden, so hätte sie diese Erkenntnisse in der Vergabeakte in einem den Anforderungen des § 30 VOL/A genügenden Vergabevermerk dokumentieren müssen und darlegen müssen, warum sich im konkreten Fall das wirtschaftlichste Angebot letztlich ausschließlich über den Preis ermitteln ließ, weil die Angebote hinsichtlich der übrigen Zuschlagskriterien möglicherweise keine Unterschiede aufwiesen oder keine entsprechenden Rückschlüsse zuließen. Dies ist im vorliegenden Fall versäumt worden. Die Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes ist anhand der Vergabeakte unter Berücksichtigung der verbindlichen Festlegungen in der Vergabebekanntmachung und der Aufforderung zur Angebotsabgabe nicht nachvollziehbar. Der Angebotspreis kann nur dann allein für das "wirtschaftlichste Angebot" entscheidend sein, wenn sämtliche anderen bekannt gemachten Wirtschaftlichkeitskriterien nachvollziehbar erwogen und verglichen worden sind und selbst dann eine Gleichwertigkeit der Angebote besteht und positiv festgestellt worden ist. Die Antragsgegnerin hat die von ihr behauptete Gleichwertigkeit der Angebote auch nicht durch ihren schriftsätzlichen und mündlichen Vortrag schlüssig belegt, was allerdings auch dann einen dem Transparenzgebot des § 97 Abs. 1 GWB genügenden Vergabevermerk nicht entbehrlich machen würde.
Die Vergabeentscheidung ist somit nicht hinreichend nachvollziehbar und verletzt damit die Vorgaben des § 30 Nr. 1 VOL/A.
b)
Es ist ferner nicht ersichtlich und jedenfalls nicht hinreichend in der Vergabeakte dokumentiert, dass sich die Auftraggeberin mit den Nebenangeboten der Antragstellerin hinreichend auseinander gesetzt hat. Im Vergabevorschlag des beauftragten Ingenieurbüros ... vom 14.10.2003 heißt es dazu lediglich:
"... (Antragstellerin) hat mehrere Nebenangebote abgegeben.
1. Kabelmanagementsystem Nadis (gewertet)
2. CTI Wahlhilfe (erfüllt nicht die Anforderungen, wurde nicht gewertet)
3. 4 Nebenangebote für die BF (erfüllt nicht die Anforderungen, wurde nicht gewertet)."
Bei Nebenangeboten hat der Auftraggeber eine besonders eingehende und alle Vergabekriterien gewichtende und zueinander ins Verhältnis setzende, vergleichend abwägende Wertung durchzuführen. Es ist daher eine klare und in sich geschlossene übersichtliche und erschöpfende Beschreibung des Nebenangebotes durch den Bieter zwingend erforderlich. Dies geht so weit, dass in den Fällen, in denen ein Auftragnehmer die Gleichwertigkeit nicht nachweist, mit seinem Nebenangebot von der Wertung auszuschließen ist (vgl. Vergabekammer Nordbayern, Beschluss vom 25.03.2002, Az.: 320.VK-3194-06/02; BayObLG, Beschluss vom 21.11.2001, Az.: Verg 17/01, Vergabe News 4/2002, S. 28, 29). Dieser Verpflichtung des Gleichwertigkeitsnachweises des Bieters steht auf der anderen Seite die Pflicht des Auftraggebers gegenüber, die Gleichwertigkeit des Nebenangebotes zum ausgeschriebenen Hauptangebot gem. § 25 Nr. 4 VOL/A auch hinreichend zu prüfen und Prüfung und Ergebnis in einem den Anforderungen des § 30 Nr. 1 VOL/A genügenden Vermerk zu dokumentieren. Diesen Anforderungen genügt im vorliegenden Fall weder der Vergabevorschlag des beauftragten Ingenieurbüros vom 14.10.2003 noch der Vergabevermerk der Antragsgegnerin vom 17.10.2003. Anhand des von der Antragsgegnerin weitgehend akzeptierten Vergabevorschlags des Ingenieurbüros vom 14.10.2003 ist lediglich die Tatsache ersichtlich, dass ein Nebenangebot der Antragstellerin, bezüglich des Kabelmanagementsystems Nadis gewertet wurde, während das Nebenangebot bezüglich der CTI Wahlhilfe und die vier Nebenangebote für die Berufsfeuerwehr gewertet wurden, da sie vermeintlich nicht die Anforderungen erfüllen. Es ist daher anhand der Vergabeakte nicht nachvollziehbar, ob die Nebenangebote zu Recht ausgeschlossen wurden.
c)
Demgegenüber ist die Entscheidung zur Nichtbeauftragung des Kapitels 2 der streitbefangenen Ausschreibung (Berufsfeuerwehr) und ihre Beweggründe zwar in der Vergabeakte dokumentiert. Die Vergabekammer weist jedoch darauf hin, dass die im Vermerk "Vorlage zur Dezernentenkonferenz am 16.10.2003 dokumentierten Gründe für die Nichtbeauftragung dieser Entscheidung weder unter dem Gesichtspunkt einer Teilaufhebung noch unter dem Gesichtspunkt der Nichtbeauftragung einer Bedarfs- oder Eventualposition tragen. Die Antragsgegnerin hat die Nichtbeauftragung des Kapitels 2 (Berufsfeuerwehr) in dem genannten Vermerk wie folgt begründet:
"Die Firma ... hat in ihrem Nebenangebot für die Feuerwehr ein Notrufsystem angeboten, das wesentlich attraktiver ist als das ausgeschriebene Fabrikat Frequentis. Da das Angebot von ... deutlich teurer ist als andere, kommt es jedoch für einen Gesamtauftrag nicht in Frage. Daher soll die TK-Lösung und das Notrufsystem der Feuerwehr aus der Ausschreibung herausgenommen werden und nicht mit beauftragt werden. Dies ist möglich, da in den Vorbemerkungen ein derartiger Vorbehalt aufgeführt war."
Weiter heißt es:
"Die Feuerwehr beschafft ihren Teil selbst. Eine Anbindung der ...-Anlage an die Anlage der Firma ... (Beigeladene) ist weitestgehend ohne größeren Aufwand möglich."
Die Antragsgegnerin hatte sich also bezüglich des Kapitels 2 (Berufsfeuerwehr) für das Angebot des Bieters ... entschieden, konnte ihm aber auf Grund der Selbstbindung in den Verdingungsunterlagen nicht den Zuschlag erteilen, weil die Antragsgegnerin ausdrücklich nur Gesamtangebote, nicht aber Angebote auf einzelne Kapitel, sprich Lose zugelassen hat.
Gemäß § 26 VOL/A kann eine Ausschreibung - ganz oder teilweise - aufgehoben werden, wenn
- kein Angebot eingegangen ist, das den Ausschreibungsbedingungen entspricht,
- sich die Grundlagen der Ausschreibung wesentlich geändert haben,
- sie kein wirtschaftliches Ergebnis gehabt hat,
- andere schwer wiegende Gründe bestehen.
Derartige Gründe liegen ausweislich des Vermerks der Antragsgegnerin vom 16.10.2003 aber gar nicht vor. Die eigentlichen Beweggründe, nämlich die, dass die Antragsgegnerin das Angebot eines Bieters bevorzugt, weil es zwar deutlich teurer ist als andere, aber insgesamt für den Bereich Berufsfeuerwehr wesentlich attraktiver ist und damit möglicherweise auch insgesamt wirtschaftlicher ist, hätte die Antragsgegnerin möglicherweise zu Recht berücksichtigen können, wenn sie neben den Gesamtangeboten für alle drei Kapitel auch Angebote auf einzelne Kapitel zugelassen hätte. Da die Antragsgegnerin als Zuschlagskriterium nicht nur den niedrigsten Preis, sondern auch die Kriterien Technische Lösung, Qualität und Funktion, Betriebskosten, Folgekosten, Technische Beratung, Serviceleistungen und Eigenpersonalaufwand in ihrer Bekanntmachung festgelegt hatte und dabei die Kriterien Technische Lösung und Qualität und Funktion sogar vorrangig vor dem Kriterium Kaufpreis festgelegt hatte, wäre durchaus ein Wertungsergebnis denkbar gewesen, dass ein Angebot als das wirtschaftlichste ermittelt wird, das erheblich teurer ist als andere - wenn die Antragsgegnerin denn die Anwendung sämtlicher bekannt gemachter Kriterien nachvollziehbar in der Vergabeakte dokumentiert hätte. Dies hat sie jedoch, wie oben unter 2. a dargelegt, überhaupt nicht getan. Auch diesbezüglich ist daher ein schwer wiegender Verstoß gegen das Transparenzgebot gem.§ 97 Abs. 1 GWB festzustellen, da die Antragsgegnerin nicht hinreichend dokumentiert hat, warum die Angebote und Nebenangebote der übrigen Bieter nicht geeignet sind, den Zuschlag für das Kapitel 2 (Berufsfeuerwehr) zu erhalten. Gemäß § 26 Nr. 3 VOL/A aber sind im Kontext zu § 30, Nr. 1 VOL/A die Gründe für die Aufhebung der Ausschreibung in den Akten zu vermerken. Die Feststellung, man wolle dieses Kapitel nicht vergeben, damit die zur Antragsgegnerin gehörende Berufsfeuerwehr diesen Teilauftrag separat an einen im Vergabeverfahren unterlegenen Bieter vergeben kann, genügt diesen Anforderungen nicht.
Die Antragsgegnerin hat in der mündlichen Verhandlung vom 27.01.2004 erklärt, dass sie die Nichtbeauftragung des Kapitels Berufsfeuerwehr nicht als Teilaufhebung verstanden wissen wolle, sondern dass sie in der Aufforderung zur Angebotsabgabe vom 27.06.2003 ausdrücklich einen Vorbehalt dahingehend aufgenommen hat, dass der Auftrag für dieses Kapitel möglicherweise gar nicht erteilt wird. Auf Seite 6 des Leistungsverzeichnisses heißt es:
"Besondere Hinweise zur Preisgestaltung - Fachbereich Feuerwehr der Stadt ...
Der Fachbereich Feuerwehr der Stadt ... kann den Auftrag für seinen Teil (Kapitel 2) frühestens Anfang 2004 erteilen. Die Ausführung dieses Teils soll in den Jahren 2004 und 2005 erfolgen. Für den Fall, dass der Fachbereich Feuerwehr den Auftrag nicht erteilen kann, sind im Angebotsschreiben "EVM (L) Ang" die evtl. anfallenden Mehrkosten für Kapitel 1 und 3 anzugeben, die auf Grund eines verringerten Leistungsumfangs entstehen könnten."
Ungeachtet der Tatsache, dass dieser pauschale Vorbehalt von den Bietern im Vergabeverfahren nicht gerügt wurde, ist die von der Antragsgegnerin dokumentierte Begründung der Nichtbeauftragung selbst dann nicht mit dem Grundsatz der eindeutigen und erschöpfenden Leistungsbeschreibung gem. § 8 Nr. 1 Abs. 1 VOL/A vereinbar, wenn man das Kapitel 2 (Berufsfeuerwehr) als Bedarfs- oder Eventualposition werten will. Gemäß § 8 Nr. 1 Abs. 1 VOL/A ist die Leistung eindeutig und so erschöpfend zu beschreiben, dass alle Bewerber die Beschreibung im gleichen Sinne verstehen müssen und die Angebote miteinander verglichen werden können. Dementsprechend darf der öffentliche Auftraggeber im Leistungsverzeichnis nur ausnahmsweise Bedarfs- oder Eventualpositionen aufnehmen, wenn die Ausführung dieser Positionen bei Erstellung der Ausschreibungsunterlagen noch gar nicht feststeht. Sie werden dann nur im Falle des (noch nicht absehbaren) Bedarfs oder allgemein bei einer entsprechenden Willensbildung des Auftraggebers zusätzlich abgefragt. Angesichts der entstehenden Unwägbarkeiten für den Auftragnehmer darf sowohl von der Aufnahme von Bedarfs- / Eventualpositionen oder aber auch von Wahl-/Alternativpositionen, die immer dann in Betracht kommen, wenn Leistungen alternativ zur Ausführung kommen sollen, über die sich die Vergabestelle nicht im Klaren ist, nur äußerst zurückhaltend Gebrauch gemacht werden (vgl. Noch in: Müller-Wrede, VOL/A, § 8, Rn. 27, m.w.N.). Bedarfspositionen wie auch Wahl- oder Alternativpositionen verstoßen nicht generell gegen das Gebot der Eindeutigkeit von Leistungsbeschreibungen, solange sie sich in einem bestimmten Ausmaß bewegen. Sie dürfen nicht dazu dienen, mangelnde Planung zu ersetzen (vgl. Noch, a.a.O., Rn. 28). Nach der Rechtsprechung liegt die zulässige Grenze der Aufnahme von Wahl- oder Alternativpositionen im Verhältnis zu den Grundpositionen bei 10 % des Gesamtauftrages und ist bei den Bedarfs- oder Eventualpositionen eher noch geringer anzusetzen (vgl. OLG Saarbrücken, Beschluss vom 22.10.1999, Az.: 5 Verg 2/99; Noch, a.a.O., Rn. 29, m.w.N.). Diesen Anteil übersteigt das streitbefangene Kapitel 2 (Berufsfeuerwehr) im vorliegenden Fall deutlich. Dies wird bereits dadurch ersichtlich, dass ausweislich des in der Vergabeakte enthaltenen, als "Bieterliste" enthaltenen Preisspiegels vom 19.10. für das von der Antragsgegnerin favorisierte Nebenangebot der Beigeladenen eine Gesamtauftragssumme von 1.009.422,25 EUR ermittelt wurde. Ohne Berücksichtigung des Kapitels 2 Berufsfeuerwehr wurde ausweislich eines weiteren Preisspiegels vom gleichen Tage für dasselbe Nebenangebot eine Nettosumme von lediglich 575.457,95 EUR ermittelt.
Gemäß § 114 Abs. 1 GWB trifft die Vergabekammer die geeigneten Maßnahmen, um eine Rechtsverletzung zu beseitigen und eine Schädigung der betroffenen Interessen zu verhindern. Wegen der festgestellten Verstöße gegen das vergaberechtliche Transparenzgebot, die zumindest die in der Vergabeakte nicht dokumentierte Phase der Gleichwertigkeitsprüfung der Nebenangebote der Antragstellerin wie auch die Nichtberücksichtigung sämtlicher in der Vergabebekanntmachung genannten Zuschlagskriterien durchgehend prägen, kam eine Heilung der Vergaberechtsverstöße durch eine Verpflichtung der Antragsgegnerin zum Wiedereintritt in die Wertung nicht in Betracht. Die Antragsgegnerin war vielmehr zu verpflichten, das gesamte Vergabeverfahren aufzuheben und alle Auftragsgegenstände nur nach Durchführung eines erneuten europaweiten Vergabeverfahrens zu vergeben. Dabei steht es der Antragsgegnerin frei, künftig neben Gesamtangeboten auch Angebote auf Einzellose zuzulassen oder aber alle drei streitbefangenen Kapitel in separaten europaweiten Vergabeverfahren zu vergeben. Jedes Kapitel überschreitet für sich bereits den für ein europaweites Vergabeverfahren maßgeblichen Schwellenwert von 200.000,-- EUR gem. § 2 Nr. 3 der Vergabeverordnung (VgV) vom 11.02.2003. Aus diesem Grunde kommt es auch nicht etwa in Betracht, dass die Antragsgegnerin das Kapitel 2 (Berufsfeuerwehr) freihändig an den von ihr aus der Vergabeakte ersichtlichen bevorzugten Bieter vergibt. Eine solche freihändige Vergabe - im Verhandlungsverfahren ohne vorherige öffentliche Vergabebekanntmachung - käme nur unter den sehr engen Grenzen des § 3 a Nr. 2 VOL/A in Betracht, die vorliegend jedenfalls nicht ersichtlich sind.
III. Kosten
Die Kostenentscheidung folgt aus § 128 GWB. Nach Art. 7 Nr. 5 des 9. Euro-Einführungsgesetzes (BGBl. 58/2001 vom 14.11.2001, S. 2992 ff.) vom 10.11.2001 werden die DM-Angaben in § 128 GWB für die von der Vergabekammer festzusetzende Gebühr durch Angaben in Euro im Verhältnis 1 : 2 ersetzt, so dass die regelmäßige Mindestgebühr nunmehr 2.500 Euro, die Höchstgebühr 25.000 Euro bzw., in Ausnahmefällen, 50.000 Euro beträgt.
Es wird eine Gebühr in Höhe von 2.819,-- EUR gemäß § 128 Abs. 2 GWB festgesetzt.
Der zu Grunde zu legende Auftragswert beträgt nach dem Ergebnis der streitbefangenen Ausschreibung 1.077.333,25 EUR (netto). Dieser Betrag entspricht den Kosten nach dem Hauptangebot der Antragstellerin für den Gesamtauftrag und damit ihrem Interesse am Auftrag.
Die Gebührenermittlung erfolgt anhand einer Gebührentabelle des Bundeskartellamtes vom 09.02.1999 in der z. Zt. gültigen Fassung vom 01.01.2003. Hiernach wird der Mindestgebühr von 2.500 EUR (§ 128 (2) GWB) eine Ausschreibungssumme von bis zu 80.000 EUR zugeordnet und dem regelmäßigen Höchstwert von 25.000 EUR (§ 128 (2) GWB) eine Ausschreibungssumme von 70 Mio. EUR (höchste Summe der Nachprüfungsfälle 1996-1998) gegenüber gestellt. Bei einer Ausschreibungssumme von 1.077.333,25 EUR ergibt sich durch Interpolation eine Basisgebühr von 2.819,-- EUR.
Diese Gebühr schließt einen durchschnittlichen sachlichen und personellen Aufwand ein. Gutachterkosten und Kosten von Zeugenvernehmungen sind nicht angefallen.
Die im Tenor verfügte Kostentragungspflicht ergibt sich daraus, dass die Antragsgegnerin im Nachprüfungsverfahren i.S.d. § 128 Abs.3 Satz 1 GWB unterlegen ist.
Die Antragsgegnerin wird aufgefordert, den Betrag von 2.819,-- EUR unter Angabe des Aktenzeichens 203-VgK-41/2003 auf folgendes Konto zu überweisen:
XXX
Schulte
Hintz