Vergabekammer Lüneburg
Beschl. v. 21.01.2004, Az.: 203-VgK-42/2003
Vergabeverfahren zur Altpapiererfassung mittels Depotcontainern; Geltendmachung zurückgewiesener Rügen in späteren Vergabenachprüfungsverfahren; Materielle Rechtskraft von Beschlüssen der Vergabekammer; Beanstandung der Durchführung und des Ergebnisses der Preisprüfung; Anforderungen an die Antragsbefugnis im Nachprüfungsverfahren; Abweichung von den Verdingungsunterlagen zu Gunsten eines Bieters; Unterschreitung der verbindlich vorgegebenen Anzahl von Leerungen; Verstoß gegen den Transparentgrundsatz und den Gleichbehandlungsgrundsatz
Bibliographie
- Gericht
- VK Lüneburg
- Datum
- 21.01.2004
- Aktenzeichen
- 203-VgK-42/2003
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2004, 33631
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 97 Abs. 2 GWB
- § 98 Nr. 1 u. 2 GWB
- § 107 Abs. 2 GWB
- § 25 Nr. 2 Abs. 2 VOL/A
- § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A
- § 30 VOL/A
Verfahrensgegenstand
VOL-Vergabeverfahren Altpapiererfassung mittels Depotcontainern
In dem Nachprüfungsverfahren
hat die Vergabekammer bei der Bezirksregierung Lüneburg
durch
den Vorsitzenden RD Gause,
die hauptamtliche Beisitzerin BOAR'in Dipl.-Ing. Schulte und
den ehrenamtlichen Beisitzer BOR Weyer
ohne mündliche Verhandlung
beschlossen:
Tenor:
- 1.
Es wird festgestellt, dass die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt ist. Die Auftraggeberin wird verpflichtet, das Angebot der Beigeladenen gemäß § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A von der weiteren Wertung auszuschließen.
- 2.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Auftraggeberin.
- 3.
Die Kosten werden auf 2.714,-- Euro festgesetzt.
- 4.
Die Auftraggeberin hat der Antragstellerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten zu erstatten. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes war für die Antragstellerin notwendig.
Begründung
I.
Die Auftraggeberin hat mit Datum vom 10.06.2003 die Altpapiererfassung mittels Depotcontainern (Los 1), die Gestellung und Abfuhr von Großcontainern für die Vereinssammlung (Los 2) und die weitere Verwertung von Altpapier (Los 3) aus dem Landkreis xxx EU-weit für die Zeit vom 01.01.2004 bis zum 31.12.2007 im offenen Verfahren ausgeschrieben, nachdem sie mit Bekanntmachung vom 06.05.2003 vorab darüber informiert hatte. Streitbefangen ist hier nur das Los 1.
Der Bekanntmachung war zu entnehmen, dass die zu erbringenden Leistungen in Lose unterteilt waren. Es wurde darauf hingewiesen, dass Angebote für ein Los, mehrere Lose und für alle Lose abgegeben werden können. Nebenangebote und Alternativvorschläge sollten berücksichtigt werden. Losübergreifende Nebenangebote sind zulässig und erwünscht; in diesem Falle hat der Auftragnehmer das erfasste Altpapier direkt zu einer Anlage seiner Wahl zu fahren. Falls der Auftrag an eine Bietergemeinschaft vergeben werden sollte, muss sie gesamtschuldnerisch haften. Ferner hatten die Bietergemeinschaften die Gründe und Motive für ihre Zusammenarbeit darzulegen. Eine Bietergemeinschaft hat vor Zuschlagserteilung einen bevollmächtigten Vertreter zu benennen, der die Mitglieder gegenüber der Auftraggeberin rechtsverbindlich vertritt.
Es wurde darauf hingewiesen, dass Zuschlagskriterium allein der niedrigste Preis sein sollte.
Der Auftraggeber forderte von den Bietern mit dem Angebot zur Beurteilung, ob diese die wirtschaftlichen und technischen Mindestvoraussetzungen erfüllen, u.a. für das Los 1 ein gültiges Zertifikat als anerkannter Entsorgungsfachbetrieb.
Ferner forderte der Auftraggeber verschiedene Nachweise zur Rechtslage sowie zur wirtschaftlichen, finanziellen und technischen Leistungsfähigkeit der Bieter.
Abschließend wies die Auftraggeberin darauf hin, dass sie sich vorbehält, die Leistungen nach Los 1 selbst durchzuführen, wenn das wirtschaftlichste Angebot einen Betrag von 150.000 EUR/Jahr überschreitet.
Mit Schreiben vom 02.10.2003 rügte die Antragstellerin die beabsichtigte Vergabe an die Beigeladene und führt aus, dass die beabsichtigte Zuschlagserteilung auf das Hauptangebot der Beigeladenen nicht erteilt werden dürfe, da es nicht auskömmlich sei.
Die Antragstellerin hatte bereits gegen die ursprüngliche Wertung der Angebote die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens bei der Vergabekammer beantragt.
Mit rechtskräftigem Beschluss vom 07.11.2003, Az. 203-VgK-32/2003, wurde die Auftraggeberin verpflichtet, erneut in die Angebotswertung einzutreten und dabei u.a. die Angemessenheit des Angebotes der Beigeladenen und insbesondere die von ihr angesetzten Leerungen einer erneuten Prüfung zu unterziehen. Das Ergebnis dieserÜberprüfung sollte die Auftraggeberin in einem den Anforderungen des § 30 VOL/A genügenden Vergabevermerk dokumentieren.
Mit Datum vom 15.12.2003 ergänzte das von der Auftraggeberin beauftragte Ingenieurbüro seine ursprüngliche Angebotswertung und hielt fest, dass das Angebot der Beigeladenen mit 85 Leerungen je Fahrzeugeinsatz kalkuliert sei. Es stellte fest, dass die Beigeladene bei der Kalkulation von einer Leerungszahl von 29.620 (5 cbm-Behälter) p. a. ausgegangen ist. Auf die Abweichung von den laut Verdingungsunterlagen zumindest anfangs durchzuführenden 39.312 Leerungen p. a. wird im Vermerk nicht eingegangen. Ferner wird festgehalten, dass es sich um eine ambitionierte Kalkulation handelt, die zwar an einzelnen Punkten nicht alle Kosten berücksichtige, jedoch zu keiner Kostenunterdeckung führe. Die Kalkulation lasse seiner Meinung nach schon gar nicht auf ein "offenbares Missverhältnis zwischen Preis und Leistung" im Sinne des § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A schließen. Das Angebot sei daher voll zu werten. Gemeinsam mit der AWV kommt das beauftragte Ingenieurbüro zu dem Ergebnis, dass das Angebot der Beigeladenen das wirtschaftlichste sei.
Mit Informationsschreiben vom 16.12.2003 informierte die Auftraggeberin die Antragstellerin über das Ergebnis der Überprüfung des Angebotspreises der Beigeladenen. Sie teilte der Antragstellerin mit, dass sie bei der Überprüfung des Angebotspreises kein "offenbares Missverhältnis zwischen Preis und Leistung" feststellen konnte.
Mit Schreiben vom 17.12.2004 rügte die Antragstellerin erneut die beabsichtigte Vergabe auf das Hauptangebot der Beigeladenen und forderte die Auftraggeberin auf, das Angebot auszuschließen, da ihrer Meinung nach ein offenbares Missverhältnis zwischen Preis und Leistung vorliege.
Nachdem die Auftraggeberin die Rüge mit Schreiben vom 23.12.2003 beantwortete, hat die Antragstellerin mit Anwaltsschriftsatz ebenfalls vom 23.12.2003, eingegangen per Telefax am selben Tage, die Vergabekammer angerufen. Die Antragstellerin bezieht sich zunächst auf ihr Rügeschreiben an die Auftraggeberin.
Sie führt erneut aus, dass Ihrer Meinung nach die vorgesehene Vergabe des Loses 1 ein Verstoß gegen § 25 Nr. 2 Abs. 2 und 3 VOL/A darstelle, da es unauskömmlich und ungewöhnlich niedrig sei. Die zu erbringende Leistung könne man nicht für ca. 130.000 EUR erbringen. Ferner vertritt sie die Auffassung, dass die Angebotswertung der Auftraggeberin fehlerhaft sei.
Bei der von der Auftraggeberin als Obergrenze vorgenommenen Kostenschätzung von 150.000 EUR netto/a sei diese von einer unzutreffend niedrigen Anzahl von Leerungen der Depotcontainer ausgegangen, nämlich nur 71,25 % der in der Leistungsbeschreibung vorgegebenen Leerungsanzahl.
Ferner geht ihrer Meinung nach die Kostenschätzung unzutreffend davon aus, dass der Auftragnehmer lediglich ein Fahrzeug mit einem Mitarbeiter für die Auftragserbringung einsetzen werde. Sowohl sie, die Antragstellerin, als auch die Beigeladene hätten in der mündlichen Verhandlung in dem Verfahren 203-VgK-32/2003 erklärt, dass sie ihr Angebot so kalkuliert hätten, dass sie zwei Fahrzeuge für den Auftrag einsetzen.
Die Antragstellerin begründet auch ihre Auffassung, dass der von der Auftraggeberin angenommene Betrag von 150.000 EUR netto/a zu niedrig sei:
Die von der Auftraggeberin angenommenen Personalkosten seien zu niedrig angesetzt und müssten ihrer Meinung nach um weitere 20.000 EUR/a erhöht werden.
Die von der Auftraggeberin angenommene Anzahl der Entleerungen beruhe auf der Erfahrung von Entleerungen von Restmüllbehälter der Größe 1,1 cbm und nicht den "Mix" aus Behältern der Größen 1, 3, 5 und 6,5 cbm. Hinzu käme, dass eine angenommene Entleerung von 120 Behältern in 10 Stunden bedeuten würde, dass alle 5 Minuten ein Behälter zu entleeren sei. Dies sei jedoch nur dort möglich, wo die Behälter in einem engen räumlichen Zusammenhang stehen, z.B. bei der Restmüllabfuhr, nicht jedoch bei der Altpapiersammlung.
Im Übrigen hätte die Auftraggeberin bei der angesetzten Entleerungsleistung nicht berücksichtigt, dass nach der Leistungsbeschreibung zusätzliche Verpflichtungen bestehen, die weiteren Zeit- und Kostenaufwand verursachen. Hierzu gehöre z.B. neben den Containern stehendes Altpapier aufzunehmen und in die geleerten Behälter zu füllen und weitere Punkte.
Ferner habe die Auftraggeberin bei der Berechnung zusätzliche Kosten überhaupt nicht berücksichtigt, wie z.B. die Ausstattung der Fahrzeuge mit einem Ident-System.
Nach Durchführung der Akteneinsicht weist die Antragstellerin darauf hin, dass entgegen der ursprünglichen Leistungsbeschreibung - laut Vermerk der Auftraggeberin - nach der Kalkulation der Beigeladenen jetzt offenbar als Depotcontainer einheitlich 5 cbm-Umleerbehälter verwendet werden sollen und diese mittels Frontlader abzufahren sind. Dies verstoße gegen die Festlegungen des § 1 Abs. 1 Nr. 3 des Altpapierentsorgungsvertrages. Aus der Leistungsbeschreibung ergebe sich eindeutig, dass zu Vertragsbeginn die Depotcontaineranzahl und Größenverteilung dem Anhang 2 zu entsprechen haben. Dieser Anhang zählt eine Großzahl von Containerstellplätzen und die dort vorzuhaltenden Containertypen bzw. -größen auf. Die Größe 5,0 cbm sei hier absolut in der Minderzahl. Nur an einzelnen Standplätzen sollen solche Container vorgehalten werden. Die von der Beigeladenen beabsichtigte Auftragserfüllung verstoße damit zumindest bei Vertragsbeginn ganz massiv gegen die Vorgaben der Leistungsbeschreibung.
Selbst wenn die Leistungsbeschreibung die Möglichkeit zulasse, zu einem späteren Zeitpunkt die Behältergrößen zu ändern und die Größenverteilung der Behälter zu "optimieren", müsse davon ausgegangen werden, dass die Absicht der Beigeladenen, ausschließlich die Behältergröße 5,0 cbm einzusetzen, nicht der Leistungsbeschreibung entspricht. Die Optimierung setzte voraus, dass auf Grund anfänglicher Erfahrungen bei anderen Behältergrößen diese durch die Behältergröße 5,0 cbm ersetzt werden könne.
Ferner ergebe sich aus dem neuen Vergabevermerk, dass ein unzulässiger "Doppeleinsatz" eines Fahrzeuges vorgesehen sei. Die Beigeladene beabsichtige offenbar, den Auftrag unter Einsatz von "1,22" Fahrzeugen zu erfüllen. Diese Annahme sei offenbar auch tragende Prämisse für die Feststellung der Auftraggeberin, dass Preis und Leistung des Angebotes nicht in offenbarem Missverhältnis stünden. Soweit die Beigeladene beabsichtige, ein weiteres Fahrzeug in der Größenordnung von 0,22 einzusetzen, verstoße dieses ebenfalls gegen die Leistungsbeschreibung auf Seite 12 oben unter Ziffer 3.2 (11) letzter Satz. Aus dieser Beschreibung ergebe sich eindeutig, dass ein anteiliger Einsatz eines Fahrzeuges in der Größenordnung von 0,22 gegen zwingende Festlegungen der Leistungsbeschreibung verstoße, soweit das Fahrzeug noch anderweitig eingesetzt werde. Soweit die Beigeladene in der Kalkulation von einer Behälterleerung von 29.620 Behälterleerungen/a ausgehe, widerspreche auch diese Festlegung der Leistungsbeschreibung. Die Auftraggeberin habe die wöchentliche Anzahl der Leerungen mit 756 vorgegeben, was einer jährlichen Zahl von 39.312 Leerungen entspricht. Die Vergabekammer habe in den vorangegangenen Vergabeverfahren dazu festgestellt, dass der vorsichtige Hinweis auf Optimierungsmöglichkeiten nichts daran ändere, dass der Auftraggeber nach dem Leistungsverzeichnis zu dieser Leerungsanzahl verpflichtet sei. Unter Ziffer 3.2 (6) der Leistungsbeschreibung sei geregelt, dass kein einseitiges Recht des Auftragnehmers bestehe, eine Reduzierung der Leerungszahl vorzunehmen, geschweige denn ab Vertragsbeginn. Diese Reduzierung der Behälter oder Leerungszahl sei vielmehr an bestimmte materielle Voraussetzungen gebunden. Es handele sich auch nicht um eine Regelung einseitig in Richtung auf eine Reduzierung der Leerungszahl, sondern es sei sogar möglich, dass eine Erhöhung der Leerungshäufigkeit erforderlich werde. Aus alledem folgt, dass das Angebot der Beigeladenen, wenn es denn die stark reduzierten Leerungszahlen konkret zum Inhalt habe, bereits wegen unzulässigerÄnderung der Verdingungsunterlagen auszuschließen sei. Abschließend vertritt die Antragstellerin die Auffassung, dass hier eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes vorliege, da
- unzulässige Behältergrößen zum Einsatz kommen sollen
- offensichtlich ein Fahrzeug gleichzeitig für die Erbringung des Auftrages und für andere Tätigkeiten eingesetzt werden soll, was durch die Verdingungsunterlagen ausgeschlossen sei
- eine nach den Verdingungsunterlagen um 25 % zu niedrige Anzahl von Entleerungen durchgeführt werden soll.
Die Antragstellerin beantragt,
das Nachprüfungsverfahren einzuleiten und der Antragsgegnerin den Nachprüfungsantrag zuzustellen;
festzustellen, dass die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt ist;
der Antragsgegnerin zu untersagen, der Firma xxx den Zuschlag für das Los 1 der Ausschreibung über die Altpapierentsorgung der Antragsgegnerin zu erteilen;
hilfsweise
andere geeignete Maßnahmen zu treffen, um die Rechte der Antragstellerin zu wahren;
der Antragstellerin Einsicht in die Vergabeakte zu gewähren;
der Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens, einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin aufzuerlegen;
die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes durch die Antragstellerin für notwendig zu erklären.
Die Auftraggeberin beantragt,
den Antrag abzuweisen,
festzustellen, dass es für den Antragsgegner erforderlich war, einen Bevollmächtigten hinzuzuziehen.
Soweit die Antragstellerin die Auffassung vertritt, dass das Angebot des günstigsten Bieters zu Los 1 unauskömmlich und ungewöhnlich niedrig sei, weist die Auftraggeberin darauf hin, dass sie entsprechend den Vorgaben in dem Beschluss der Vergabekammer vom 07.11.2003 eine vertiefte Prüfung vorgenommen und das Ergebnis der Prüfung in einem entsprechenden Vermerk festgehalten habe.
Sie hält den Antrag bereits für unzulässig, da die gesetzlichen Anforderungen an die Begründung des Nachprüfungsantrages nicht erfüllt seien. Die Antragstellerin habe keine Anzeichen dafür vorgetragen, dass das Angebot der Beigeladenen wettbewerblich nicht begründet sei, sondern in Marktverdrängungsabsicht abgegeben wurde. Die Auftraggeberin hält ferner fest, dass sich die Antragstellerin aus ihrer Sicht im Wesentlichen vielmehr auf Ausführungen zu der in den Verdingungsunterlagen aufgeführten 150.000-Euro-Grenze und der dieser zu Grunde gelegten Preiskalkulation beschränke. Ihrer Meinung nach ist die 150.000-Euro-Grenze jedoch in dem Verfahren mit dem Aktenzeichen 203-VgK-32/2003 durch die Kammer bestandskräftig als bindend und zulässig erachtet worden. Die der Grenze zu Grunde gelegte Preiskalkulation ist daher ihrer Meinung nach nicht mehr Gegenstand dieses Verfahrens und lässt keine Rückschlüsse auf etwaige Verstöße gegen § 25 Nr. 2 Abs. 2 VOL/A zu, auf die sich die Antragstellerin berufen könne.
Die Auftraggeberin ist ferner der Auffassung, dass der Nachprüfungsantrag unbegründet ist, da sie nicht gehalten ist, das Angebot der Beigeladenen gemäß § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A auszuschließen. Entscheidungserheblich sei einzig, dass sie, die Auftraggeberin, eine den Anforderungen des § 25 Nr. 2 Abs. 2 i.V.m. § 30 VOL/A entsprechende Preisprüfung vorgenommen habe und auf Grund dieser das Angebot der Beigeladenen nicht hat ausschließen dürfen, geschweige denn müssen.
Nach Überprüfung der kalkulatorischen Ansätze für die Positionen entsprechend den Anforderungen des § 25 Nr. 2 Abs. 2 VOL/A sei sie zu dem Ergebnis gekommen, dass der Preis für das Angebot der Beigeladenen nicht in einem offenbaren Missverhältnis zur Leistung stehe. Die Plausibilitätsprüfung habe ergeben, dass zwar in einzelnen Positionen Unterdeckungen vorliegen, das Gesamtangebot jedoch insgesamt auskömmlich sei.
Ferner weist die Auftraggeberin zur Klarstellung darauf hin, dass sie bei der Kalkulation der 150.000 Euro-Grenze diese als Grenze für die Selbstvornahme zu Grunde gelegt habe.
Die Beigeladene hat keine Anträge gestellt.
Sie unterstützt den Vortrag der Auftraggeberin und erklärt, warum aus ihrer Sicht die von ihr angesetzte Anzahl der 29.620 Leerungen/Jahr ausreichend ist.
II.
Der Nachprüfungsantrag ist unzulässig, soweit die Antragstellerin ihren erneuten Nachprüfungsantrag auf Sachverhalte stützt, die bereits Gegenstand des rechtskräftigen Beschlusses der Vergabekammer vom 07.11.2003 gewesen sind, der im Zuge des vorangegangenen Nachprüfungsverfahrens 203-VgK-32/2003 zum streitbefangenen Vergabeverfahren ergangen ist und dort von der Vergabekammer als vergaberechtskonform, präkludiert oder zumindest nicht rechtsverletzend gewertet worden sind. Denn der Beschluss einer Vergabekammer entfaltet materielle Rechtskraft, so dass zurückgewiesene Rügen in späteren Vergabenachprüfungsverfahren derselben Beteiligten um dieselbe Vergabe grundsätzlich nicht mehr zu beachten sind (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 05.09.2003, Az.: 13 Verg 19/03). Soweit die Antragstellerin ihren Nachprüfungsantrag auf die seither bekannt gewordenen neuen Entwicklungen hinsichtlich der Preisprüfung stützt, ist der Nachprüfungsantrag zulässig und begründet. Die von der Beigeladenen vorgelegten Unterlagen sind von der Auftraggeberin zwar auf ihre Plausibilität hin geprüft worden. Sie hat jedoch nicht berücksichtigt, dass die von der Beigeladenen angesetzten Vordersätze - Behälterleerungen/Jahr - nicht mit der Leistungsbeschreibung übereinstimmen. Die Antragstellerin ist daher in ihren Rechten gem. §§ 97 Abs. 7, 114 Abs. 1 GWB verletzt.
1.
Der Antrag ist zulässig, soweit er sich auf Durchführung und Ergebnis der Preisprüfung stützt. Bei der Auftraggeberin handelt es sich um eine GmbH, die der Landkreis xxx als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger zur Durchführung der Abfallentsorgung in seinem Hoheitsgebiet gegründet hat. Die Auftraggeberin ist eine gemischtwirtschaftliche Gesellschaft, an der der Landkreis xxx 51 % und die xxx AG 49 % halten. Die Auftraggeberin ist damit öffentliche Auftraggeberin i. S. des § 98 Nr. 2 GWB in Form einer Gesellschaft des privaten Rechts, die zu dem besonderen Zweck gegründet wurde, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nicht-gewerblicher Art zu erfüllen und die vom Landkreis xxx und damit einer Gebietskörperschaft i. S. des § 98 Nr. 1 GWB beherrscht wird. Der streitbefangene Auftrag übersteigt auch den für die Zuständigkeit der Vergabekammer maßgeblichen Schwellenwert gem. § 100 Abs. 1 GWB. Danach gilt der 4. Teil des GWB nur für solche Aufträge, die die Auftragswerte erreichen oderüberschreiten, die durch Rechtsverordnung nach § 127 GWB festgelegt sind. Bei den ausgeschriebenen Leistungen handelt es sich um einen Dienstleistungsauftrag betreffend die Altpapiererfassung mittels Depotcontainern (Los 1) für die Zeit vom 01.01.2004 bis zum 31.12.2007 gem. § 99 Abs. 1, Abs. 4 GWB, für den gem. § 2 Nr. 3 der am 01.02.2001 in Kraft getretenen Vergabeverordnung (VgV) vom 09.01.2001 ein Schwellenwert von 200.000,-- Euro gilt. Dieser Wert wird bereits durch den Auftragswert des inzwischen nur noch streitbefangenen Loses 1 erreicht. Die Beigeladene hat für das Los 1 ein Hauptangebot mit einer Angebotssumme von 136.290,-- Euro/Jahr netto, die Antragstellerin ein Hauptangebot mit einer Angebotssumme von 187.284,-- Euro/Jahr netto abgegeben. Der Gesamtwert allein des streitbefangenen Loses 1 über die ausgeschriebene 4-jährige Vertragslaufzeit übersteigt nach dem Ergebnis der Ausschreibung damit deutlich den Schwellenwert von 200.000,-- Euro.
Die Antragstellerin ist entgegen der Auffassung der Auftraggeberin auch antragsbefugt i.S.d. § 107 Abs. 2 GWB, da sie als Bewerberin ein Interesse am Auftrag hat und die Verletzung von Rechten durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht, indem sie behauptet, die Auftraggeberin habe ihr Hauptangebot zu Unrecht bei der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes nicht berücksichtigt, weil sie sich zu Unrecht an die selbst gesetzte Grenze von 150.000,-- Euro gebunden fühle, die die Auftraggeberin im Übrigen auf Grund völlig irrealistischer Ansätze kalkuliert habe. Ferner beabsichtige die Auftraggeberin, den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen zu erteilen, obwohl der Angebotspreis unangemessen i.S.d. § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A sei.
Voraussetzung für die Antragsbefugnis gem. § 107 Abs. 2 GWB ist weiterhin, dass das antragstellende Unternehmen einen durch die behauptete Rechtsverletzung entstandenen oder drohenden Schaden darlegt. Das bedeutet, dass die Antragstellerin diejenigen Umstände aufzeigen muss, aus denen sich schlüssig die Möglichkeit eines solchen Schadens ergibt. Die diesbezüglichen Anforderungen oder die Darlegungslast dürfen nichtüberspannt werden (vgl. Byok/Jaeger, VergabeR, § 107, Rn. 677). Die Antragstellerin hat ein entsprechendes Rechtsschutzbedürfnis dargelegt.
Die Antragstellerin ist auch ihrer Pflicht gem. § 107 Abs. 3 GWB nachgekommen, vor Anrufung der Vergabekammer die behaupteten Verstöße gegen die Vergabevorschriften bereits im Vergabeverfahren selbst gegenüber dem Auftraggeber unverzüglich zu rügen. Die Antragstellerin hat erst auf Grund des Informationsschreibens vom 16.12.2003 gem. § 13 VgV von der Auftraggeberin erfahren, dass die Plausibilitätsprüfung des Hauptangebotes für das Los 1 zu dem Ergebnis geführt habe, dass das Angebot der Beigeladenen wirtschaftlich sei und es den Zuschlag erhalten soll. Bereits mit Schreiben vom 17.12.2003 hat die Antragstellerin die beabsichtigte Vergabe an die Beigeladene mit der Begründung gerügt, dass der Angebotspreis der Beigeladenen nicht auskömmlich und damit nicht angemessen sei.
2.
Der Nachprüfungsantrag ist auch begründet. Zwar ist die von der Auftraggeberin selbst gesetzte Kostengrenze von 150.000,-- Euro/a ungeachtet der nach wie vor bestehenden Zweifel an den von der Auftraggeberin zu Grunde gelegten Eckpunkten ihrer Kalkulation - mangels Rüge der aus den Verdingungsunterlagen eindeutig hervorgegangenen Vorgaben - im Ergebnis wirksam und für die Auftraggeberin bindend, wie die Vergabekammer in ihrem in dieser Sache ergangenen rechtskräftigen Beschluss vom 07.11.2003 bereits festgestellt hat. Auf Grund des Abstandes des von der Auftraggeberin für den Zuschlag favorisierten Angebotes der Beigeladenen zu den übrigen Hauptangeboten hatte die Vergabekammer jedoch der Auftraggeberin aufgegeben, erneut in die Angebotswertung einzutreten und dabei gem. § 25 Nr. 2 Abs. 2 VOL/A die Angemessenheit dieses im Vergleich zu den übrigen Angeboten deutlich niedrigeren Angebotspreises der Beigeladenen zu überprüfen, dabei die Rechtsauffassung der Vergabekammer zu beachten und Prüfung und Ergebnis der Prüfung in einem den Anforderungen des § 30 VOL/A genügenden Vergabevermerk zu dokumentieren. Die Auftraggeberin hat die entsprechende Plausibilitätsprüfung auch durchgeführt. Sie hat dabei jedoch ihre eigenen, in den Verdingungsunterlagen verbindlich festgelegten Vordersätze hinsichtlich der Zahl der Leerungen nicht berücksichtigt und zu Gunsten der Beigeladenen außer Acht gelassen, dass die Kalkulation um ca. 25 % von diesen Vorgaben nach unten abweicht, was sich zwangsläufig Kosten senkend und damit rangverbessernd auswirkt. Die Auftraggeberin hat sich damit zu Lasten der Antragstellerin nicht mehr im Rahmen des ihr durch § 25 Nr. 2 Abs. 2 VOL/A eingeräumten Ermessens gehalten. Sie hat damit sowohl gegen den Transparenzgrundsatz gemäß § 97 Abs. 1 GWB wie auch gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz gemäß § 97 Abs. 2 GWB verstoßen.
Soweit die Antragstellerin beanstandet, dass im Vergabevermerk festgehalten wurde, dass die Beigeladene bei der Kalkulation den Einsatz von einheitlichen 5 cbm-Behältern zu Grunde gelegt hat, ist dies unschädlich. Zwar hatte die Auftraggeberin unter Teil III, Ziffer 3.1 - Gestellung und Aufstellung - Abs. 6 wörtlich festgelegt:
"Die anfänglich aufzustellende Depotcontainerzahl und Größenverteilung ergibt sich aus Anhang 2. Der Auftragnehmer kann dieses System nach seinen Erfordernissen optimieren, wenn die optische Einheitlichkeit des Systems gewahrt bleibt. Der Auftraggeber weist jedoch darauf hin, dass die räumlichen Verhältnisse teilweise beengt sind; alle Risiken der Platzverhältnisse und Erreichbarkeit mit den Fahrzeugen hat bei abweichenden Systemen der Auftragnehmer zu tragen. Das je Standort aufzustellende Gesamtvolumen ist in diesem Falle mit dem Auftraggeber abzustimmen."
Bei Addition der Anzahl der einzelnen Behälter in den verschiedenen Größen lt. Anhang 2 zur Leistungsbeschreibung würde sich bei 166 Behältern der Größen 1,1; 3,0; 5,0 und 6,5 cbm eine durchschnittliche Behältergröße von 4,88 cbm ergeben. Ursache hierfür ist, dass die Auftraggeberin bisher 85 Behälter in der Größe von 6,5 cbm aufgestellt hat. Insoweit ist es im vorliegenden Fall unschädlich, im Rahmen der Plausibilitätsprüfung von einer durchschnittlichen Behältergröße von 5,0 cbm auszugehen, zumal nicht vorhersehbar ist, wie viel Behälter in welcher Größe in der Zukunft an den einzelnen Standorten aufzustellen sind.
Anders sieht es jedoch bei der Plausibilitätsprüfung der Leerung und Abfuhr aus. Wie die Vergabekammer in ihrem rechtskräftigen Beschluss bereits festgestellt hat, ist zentraler Ansatzpunkt der - in der Leistungsbeschreibung nicht erwähnten (!) - Erwartung der Auftraggeberin, weil die Behälter im Landkreis xxx teilweise sehr häufig geleert würden, dass eine Reduzierung der Anzahl der Leerungen pro Woche von zurzeit ca. 756 auf 520 möglich sei, was einer Verminderung der Leerungszahl auf 71,25 % entspricht.
Unter Teil III der Leistungsbeschreibung/Leistungsverzeichnis hat der Auftraggeber unter Ziffer 3.2 Abs. 4 wörtlich festgelegt:
"Der anfängliche Abholplan ergibt sich aus Anhang 2; sofern der Auftragnehmer andere Behältergrößen verwendet, hat er einen Abholplan aufzustellen und mit dem Auftraggeber abzustimmen."
Ferner heißt es unter Abs. 6 wörtlich:
"Der Auftragnehmer ist berechtigt, eine Reduzierung von Behälterzahlen und/oder Leerungen zu verlangen und in Abstimmung mit dem Auftraggeber durchzuführen, wenn der Quotient geleertes Volumen (cbm) / abgefahrene Masse (t) im vorherigen Quartal über den Wert von 28 cbm/t angestiegen ist. Analog kann der Auftraggeber eine Erhöhung der Behälterzahl und/oder Leerungshäufigkeit verlangen, wenn der genannte Quotient unter 23 cbm/t gefallen ist."
Aus diesen Vorgaben in der Leistungsbeschreibung ergibt sich, dass die Auftraggeberin selbst davon ausgegangen ist, dass sowohl die Auftragnehmerin als auch die Auftraggeberin erst bei Verlassen des vorgegebenen Korridors von 23 cbm - 28 cbm/t andere Behälter- und/oder Leerungszahlen in Abstimmung mit dem Vertragspartner verlangen kann.
Auf Seite 12 ihres rechtskräftigen Beschlusses vom 07.11.2004, Az. 203-VgK-32/2003 hatte die Vergabekammer bereits festgestellt:
"Der dort (in Teil III, Ziffer 3.2 Abs. 6) enthaltene vorsichtige Hinweis auf Optimierungsmöglichkeiten ändert nichts daran, dass der Auftragnehmer sich nach dem Leistungsverzeichnis grundsätzlich verpflichtet, sämtliche in Anhang 2 zur Leistungsbeschreibung (Standortliste PPK-Container im Landkreis xxx) detailliert aufgelisteten 756 Leerungen pro Woche durchzuführen. Maßstab für die Frage der Angemessenheit des Angebotes der Beigeladenen ist daher ausschließlich das Preisniveau der übrigen im Zuge der streitbefangenen Ausschreibung eingegangenen Hauptangebote."
Insoweit muss auch diese vorgegebene Gesamtzahl der Leerungen/Woche Grundlage der Kalkulation und damit Angemessenheit des Angebotes sein. Maßstab für die Frage der Angemessenheit des Angebotes der Beigeladenen ist daher nicht eine etwaige Prognose, die sich aus Erwartungen ergeben kann. Die Auftraggeberin durfte daher nicht, wie geschehen, von ihren eigenen Vorgaben (756 Leerungen/Woche = 39.312 Leerungen/Jahr) abweichen und die von der Beigeladenen angenommenen 29.620 Leerungen/Jahr (- 24,65 %) unbeanstandet übernehmen. Weder aus dem Nachtrag zum Vergabevermerk vom 15.12.2003 noch aus der von der Beigeladenen vorgelegten Kalkulation ergibt sich, wie sie zu der Annahme gekommen ist, dass der Ansatz von 29.620 Behälterleerungen im Jahr (entsprechend ~ 570 Behälterleerungen in der Woche) ausreichend sind. Erst recht gilt diese Annahme nicht für das erste Jahr des Auftrages.
Zwar erläutert die Beigeladene in ihrem Schriftsatz vom 22.01.2004 gegenüber der Vergabekammer ihre Kalkulation hinsichtlich der der Leerungszahl 29.620. Diese Angaben sind unter Berücksichtigung des Nachtrags zum Vergabevermerk jedoch nicht plausibel. Die Auftraggeberin geht auf Seite 3 unter 2.1.1 davon aus, dass nach Ablauf des ersten Quartals der Auftragnehmer nach Abs. 6 die Leerungen soweit reduzieren kann, dass je erfasster t nur noch 23 - 28 cbm zu leeren sind. Wörtlich hält die Auftraggeberin weiter fest:
"Demzufolge hat der AN - bei Einsatz von 5 cbm-Behältern - von 29.620 - 35.840 Leerungen pro Jahr auszugehen."
Bei der Ermittlung dieser Leerungszahl/Jahr wurde nur die Mindestzahl von 29.620 Behälterleerungen zu Grunde gelegt, ohne die 180 Leerungen für Pos. 2 zu addieren (siehe 2.1.2 der Vermerks vom 15.12.2003, erster Absatz), was bereits eine Mindestleerungszahl von 29.800 Leerungen ergäbe, wenn sich die Anzahl der Leerungen in dem von der Auftraggeberin erwarteten Korridor von 23 - 28 cbm/t bewegt. Zu dieser durchschnittlichen Leerungszahl sind noch die "Zusatzleerungen" aus den ersten Quartalen (Teil III der Leistungsbeschreibung/Leistungsverzeichnis, 3.2 Abs. 4 i.V.m. Anhang 2) zu Beginn des Auftrages anteilig zu addieren. Auch dies ist eindeutig bei der Prüfung der Plausibilität der zu Grunde gelegten Leerungszahl nicht berücksichtigt worden.
Trotz der eindeutigen Hinweise im oben zitierten rechtskräftigen Beschluss der Vergabekammer vom 07.11.2003 hat die Auftraggeberin sich nicht ausreichend mit der Frage der erforderlichen Mindestanzahl der Leerungen durch die Beigeladene und der dafür erforderliche Angebotspreis auseinander gesetzt. Sie hat vielmehr im letzten Vergabevermerk lediglich im Fazit festgehalten, dass es sich hier (bei 29.620 Leerungen/Jahr, Anmerkung der VgK) um eine ambitionierte Kalkulation handelt. Ferner hat die Auftraggeberin festgestellt, dass die Beigeladene in einzelnen Punkten nicht alle Kosten berücksichtigt habe.
Wenn diese Feststellung hinsichtlich der Auskömmlichkeit der Angebotes der Beigeladenen aus Sicht der Auftraggeberin bereits für 29.620 Leerungen/Jahr gilt, so ist schon für 29.800 Leerungen/Jahr + anteilige Zusatzleerungen aus den ersten Quartalen festzuhalten, dass beim Angebot der Beigeladenen ein Missverhältnis zwischen Angebotspreis und Leistung vorliegen muss.
Wegen der Nichtberücksichtigung von geforderten Leerungen und einer Leerungszahl, die sich um 25 % unterhalb der Leerungszahl zu Beginn des Auftrages befindet, ist das Angebot der Beigeladenen als unauskömmlich einzustufen. Ob es dabei zu der von der Beigeladenen bei ihrer Kalkulation zu Grunde gelegten und von der Auftraggeberin ungeprüft übernommenen, vermuteten Reduzierung der Leerungszahl um 25 % im Laufe des Vertragsverhältnisses überhaupt kommt, ist im Zeitpunkt der Angebotswertung wie auch jetzt völlig offen.
Wie die Auftraggeberin selbst in ihrem Schriftsatz vom 21.01.2004 darlegt, vermutet sie auf Grund von Erfahrungen in anderen Landkreisen, dass sich die Anzahl der erforderlichen Leerungen reduzieren lässt. Verlässliche Daten für ihren Einzugsbereich hat sie jedoch noch nicht. Auf Grund der in Teil III, Ziffer 3.2 Abs. 6 der Leistungsbeschreibung/Leistungsverzeichnis festgelegten Regelung will sich die Auftraggeberin ein Mitwirkungsrecht bei der standortbezogenen Bemessung von Leerungen sichern und über eine belastbare Datenquelle verfügen. Die Auftraggeberin hat in Teil III, Ziffer 3.2 Abs. 11 der Leistungsbeschreibung/Leistungsverzeichnis selbst festgelegt, dass der Auftragnehmer mittels eines Ident-Systems die Behälterkennung sowie das Leer- und Bruttogewicht der Container zu erfassen und zu dokumentieren habe. Aus dieser Anforderung ergibt sich, dass die Auftraggeberin die Entwicklung der beiden wesentlichen Kenngrößen - Masse je Container und Leerungsvolumen - fälschungssicher und automatisch erfasst haben wollte. Ihr ist also z. Zt. nicht bekannt, wie sich die Anzahl der Leerungen entwickeln wird.
Soweit die Beigeladene mit Schriftsatz vom 22.01.2004 hilfsweise versucht, darzulegen, dass ihr Angebot auch bei 39.312 Leerungen/Jahr auskömmlich sei, kann dem nicht gefolgt werden. Die Auftraggeberin hatte schon bei ihrer Preisprüfung festgehalten, dass es sich bei 29.620 das Leerungen/Jahr schon um ein ambitioniertes Angebot handelt. Wenn ein Angebotspreis von 136.290 EUR (4,60 EUR/Leerung) schon für eine Leerungszahl von 29.620 ambitioniert ist, dann kann dieser Preis bei einer Leerungszahl von 39.312 (3,47 EUR/Leerung) nicht mehr angemessen sein, zumal die Beigeladene ja unstreitig mit einer um 25 % niedrigeren Leerungszahl kalkuliert hat.
Unter Berücksichtigung der vorstehenden Feststellungen bewegt sich die Auftraggeberin nicht mehr im Rahmen des ihr von § 25 Nr. 2 Abs. 2 VOL/A eingeräumten Ermessens hinsichtlich der Plausibilität der von der Beigeladenen vorgelegten Kalkulation.
Gemäß § 114 GWB trifft die Vergabekammer die geeigneten Maßnahmen, um eine Rechtsverletzung zu beseitigen und eine Schädigung der betroffenen Interessen zu verhindern.
Wegen des unter II. 2. festgestellten schwer wiegenden Verstoßes gegen vergaberechtliche Bestimmungen ist es geboten, die Auftraggeberin zu verpflichten, das von ihr favorisierte Angebot der Beigeladenen wegen der nicht nachgewiesenen Angemessenheit gemäß § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A von der weiteren Wertung auszuschließen. Die Auftraggeberin muss jetzt mangels zuschlagfähigen Angebotes auf Grund ihrer Selbstbindung in der Bekanntmachung und den Verdingungsunterlagen das Vergabeverfahren bezüglich des streitbefangenen Loses 1 aufheben. Sie muss den Auftrag, wie angekündigt, selbst ausführen oder aber erneut ausschreiben. Eine Verpflichtung zum Wiedereintritt in die Angebotswertung und ggf. Erteilung des Zuschlags auf das Angebot der Antragstellerin kam dagegen wegen Überschreitens der allen Bietern in den Verdingungsunterlagen verbindlich bekannt gemachten Kostengrenze für die Selbstausführung nicht in Betracht.
III. Kosten
Die Kostenentscheidung folgt aus § 128 GWB. Nach Art. 7 Nr. 5 des 9. Euro - Einführungsgesetzes (BGBl. 58/2001 vom 14.11.2001, S. 2992 ff.) vom 10.11.2001 werden die DM-Angaben in § 128 GWB für die von der Vergabekammer festzusetzende Gebühr durch Angaben in Euro im Verhältnis 1 : 2 ersetzt, so dass die regelmäßige Mindestgebühr nunmehr 2.500 Euro, die Höchstgebühr 25.000 Euro bzw., in Ausnahmefällen, 50.000 Euro beträgt.
Es wird eine Gebühr in Höhe von 2.714,-- EUR gemäß § 128 Abs. 2 GWB festgesetzt.
Der zu Grunde zu legende Auftragswert für den streitbefangenen Gesamtauftrag beträgt nach dem Ergebnis der streitbefangenen Ausschreibung 749.136,-- EUR (netto). Dieser Betrag entspricht den Kosten nach dem Hauptangebot der Antragstellerin für das streitbefangene Los 1 über die gesamte ausgeschriebene 4-jährige Laufzeit und damit ihrem Interesse am Auftrag.
Die Gebührenermittlung erfolgt anhand einer Gebührentabelle des Bundeskartellamtes vom 09.02.1999 in der z. Zt. gültigen Fassung vom 01.01.2003. Hiernach wird der Mindestgebühr von 2.500,-- EUR (§ 128 (2) GWB) eine Ausschreibungssumme von bis zu 80.000,-- EUR zugeordnet und dem regelmäßigen Höchstwert von 25.000,-- EUR (§ 128 (2) GWB) eine Ausschreibungssumme von 70 Mio. EUR (höchste Summe der Nachprüfungsfälle 1996 -1998) gegenübergestellt. Bei einer Ausschreibungssumme von 749.136,-- EUR ergibt sich durch Interpolation eine Basisgebühr von 2.714,-- EUR.
Diese Gebühr schließt einen durchschnittlichen sachlichen und personellen Aufwand ein. Gutachterkosten und Kosten von Zeugenvernehmungen sind nicht angefallen.
Die im Tenor verfügte Kostentragungspflicht folgt aus § 128 Abs. 3 Satz 1 GWB. Danach hat ein Beteiligter, soweit er im Verfahren unterliegt, die Kosten zu tragen.
Die Erstattungspflicht bezüglich der Kosten der Antragstellerin, die dieser zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstanden sind, folgt aus § 128 Abs. 4 GWB i.V.m. § 80 VwVfG. Danach war auf Antrag der Antragstellerin festzustellen, dass die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes durch die Antragstellerin im konkreten Verfahren erforderlich war. Auch wenn man von einem fachkundigen, erfahrenen Bieter wie der Antragstellerin grundsätzlich verlangen darf, dass erüber das notwendige personelle Know-how bezüglich der für eine Ausschreibung erforderlichen Rechtsgrundlagen, insbesondere der VOL/A verfügt, bedurfte er für eine angemessene Reaktion in der auch für einen erfahrenen Bieter ungewohnten Situation eines vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahrens besonderen rechtskundigen Beistandes.
Nach den zu § 80 VwVfG geltenden Grundsätzen ist die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes dann notwendig, wenn sie vom Standpunkt eines verständigen Beteiligten für erforderlich gehalten werden durfte (BVerwGE 55, 299, 306). Dies ist nach der herrschenden Lehre nicht nur in schwierigen und umfangreichen Verfahren zu bejahen, sondern entspricht der Regel (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 7. Aufl., § 80, Rdn. 45; Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 5. Aufl., § 80, Rn. 81). Dieser Grundsatz soll allerdings nur im Verhältnis des Bürgers zum Staat gelten. Schon beim materiellen Vergaberecht handelt es sich um eine überdurchschnittlich komplizierte Materie, die nicht nur in kurzer Zeit zahlreiche Veränderungen und Neuregelungen erfahren hat, sondern auch durch komplexe gemeinschaftsrechtliche Fragen überlagert ist. Entscheidend aber ist, dass das Nachprüfungsverfahren gerichtsähnlich ausgebildet ist, die Beteiligten also auch prozessuale Kenntnisse haben müssen, um ihre Rechte umfassend zu wahren. Deshalb ist im vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren die nach § 80 VwVfG gebotene Rechtspraxis zur Erstattung der Rechtsanwaltskosten nicht übertragbar (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09.11.2001, Az.: Verg 1/01; OLG Stuttgart, Beschluss vom 19.07.2000, 2 Verg 4/00, NZBau 11/2000, S. 543 ff.). Denn durch seinen Charakter als gerichtsähnlich ausgestaltetes Verfahren unterscheidet sich das Vergabenachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer eben grundlegend von dem Widerspruchsverfahren nach der VwGO.
Angesichts der oben erörterten Tatsache, dass die Auftraggeberin im Nachprüfungsverfahren unterlegen ist, hat sie die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlichen Kosten der Antragstellerin zu tragen.
Die Auftraggeberin wird aufgefordert, den Betrag von 2.714,-- EURO unter Angabe des Kassenzeichens xxx auf folgendes Konto zu überweisen: xxx
Schulte
Weyer