Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 20.01.2000, Az.: 9 K 2148/99
Abfallbeseitigung; Abfallbeseitigungsgebühr; Abfallgebühr; Biotonne; Biotonnengebühr; Gebühr; Gebührenfähigkeit; Normenkontrollantrag; Normenkontrolle; Normenkontrollverfahren
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 20.01.2000
- Aktenzeichen
- 9 K 2148/99
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2000, 41960
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 47 VwGO
- § 5 Abs 3 S 1 KAG ND
- § 12 Abs 3 Nr 8b AbfG ND
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
1. Ein die Gebührenfähigkeit von Aufwendungen ausschließendes Vertretenmüssen im Sinne von § 12 Abs. 3 Nr. 8b NAbfG liegt vor, wenn der Entschluss die (letztlich fehlgeschlagene) Maßnahme durchzuführen, auf einer sachlich nicht vertretbaren Einschätzung der maßgeblichen Gesichtspunkte (hier: Prognose der zu erwartenden Müllmengen) beruht hat.
2. Die Erhebung einer einheitlichen Biotonnengebühr für alle Benutzer der Biotonne ist regelmäßig unzulässig.
3. Es bedarf der besonderen Rechtfertigung, wenn für gewerbliche oder industrielle Unternehmen ein wesentlich niedrigerer Gebührensatz als für private Haushalte vorgesehen wird.
4. Die Einführung einer Mindestgebühr nur für Grundstücke, die von ein oder zwei Personen bewohnt sind, ist gebührenrechtlich nicht möglich.
Tatbestand:
Der Antragsgegner schloss als abfallbeseitigungspflichtige Körperschaft mit einem Privatunternehmen, der EAM, eine Vereinbarung, in der sich die EAM zur Errichtung und zum Betrieb einer Versuchsanlage zur thermischen Abfallverwertung und der Antragsgegner zur Anlieferung von jährlich 100.000 t bzw. 75.000 t Abfall verpflichteten. Mehrere Jahre nach Abschluss des Vertrages kündigte der Antragsgegner die Vereinbarung, weil er sich außerstande sah, seinen Lieferverpflichtungen nachzukommen. Die an die EAM aufgrund eines Vergleichsvertrags gezahlte Entschädigung in Höhe von ca. 13,9 Mio. DM stellte der Antragsgegner auf der Kostenseite in seine Gebührenkalkulation ein. Mit dem Bau der Versuchsanlage ist nie begonnen worden.
Der zu Abfallbeseitigungsgebühren herangezogene Antragsteller macht im Wege der Normenkontrolle u.a. geltend, die gezahlte Entschädigung hätte nicht in die Gebührenkalkulation eingestellt werden dürfen. Ferner sei es unzulässig, dass der Antragsgegner bei allen Grundstückseigentümern, die an die Bioabfallbeseitigung angeschlossen seien, eine gleich hohe Bioabfallgebühr erhebe.
Der Normenkontrollantrag hatte Erfolg.
Entscheidungsgründe
Der Normenkontrollantrag ist begründet. Die angefochtenen Regelungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
1. Allerdings folgt die Begründetheit des Normenkontrollantrags entgegen der Ansicht des Antragstellers nicht bereits daraus, dass der Kreistag des Antragsgegners die Abfallgebührenkalkulation für 1999 ausweislich der Niederschrift über die Kreistagssitzung vom 18. Dezember 1998 lediglich "zur Kenntnis genommen" und damit weder die Kalkulation als solche noch die Fortgeltung des bisherigen Gebührensatzes ausdrücklich beschlossen hat. Das zuständige kommunale Rechtsetzungsorgan muss nur einen neuen bzw. geänderten Gebührensatz in Satzungsform beschließen und dabei die maßgebliche Gebührenkalkulation kennen, weil diese die Grundlage für die Entscheidung über den Gebührensatz bildet und das Rechtsetzungsorgan das ihm bei der Festlegung des Gebührensatzes zustehende Ermessen nur fehlerfrei ausüben kann, wenn es die Gründe für die Festlegung der, Gebührensatzobergrenze kennt (vgl. Lichtenfeld, in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand: Juli 1999, § 6 RdNrn. 728, 730 mit z. Nachw. a. d. Rspr.). Die vom Antragsteller angesprochene Beschlussfassung über die Gebührenkalkulation ist indessen nicht zusätzlich erforderlich, weil sie gegenüber der Entscheidung über den Gebührensatz bzw. dessen Fortgeltung keine eigenständige Bedeutung besitzt. Auch braucht eine unveränderte Beibehaltung des bisherigen Gebührensatzes nicht ausdrücklich in Satzungsform beschlossen zu werden. Es reicht vielmehr aus, dass sich das Rechtsetzungsorgan -- hier der Kreistag des Antragsgegners -- nach Kenntnisnahme von der Gebührenkalkulation für 1999 nicht veranlasst gesehen hat, für dieses Jahr neue Gebührensätze vorzusehen. Der vom Antragsteller zusätzlich angesprochene Umstand, dass die Kenntnisnahme am 18. Dezember 1998 erst nach der Beschlussfassung über die 1. Nachtragssatzung (ebenfalls am 18. Dezember 1998) erfolgt sei, ist rechtlich darüber hinaus auch deshalb ohne Belang, weil die 1. Nachtragssatzung keine ausdrückliche oder stillschweigende Regelung über den Gebührensatz enthält, es im Zusammenhang mit der Kenntnisnahme also nur um die Beibehaltung der gebührenrechtlichen Regelungen in der Ausgangssatzung vom 17. Oktober 1997 gehen konnte.
2. Die Abfallgebührensatzung des Antragsgegners ist auch nicht deshalb nichtig, weil der Gebührensatz, also der je Maßstabseinheit zu zahlende Geldbetrag (z.B. DM pro Liter Füllraum), nirgends ausdrücklich festgelegt wird. Nach § 2 Abs. 1 Satz 2 NKAG muss jede Gebührensatzung u.a. den Gebührensatz bestimmen. Eine solche Festlegung gehört im Interesse der Rechtssicherheit, der Rechtsgleichheit und der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung grundsätzlich zum zwingend regelungsbedürftigen Mindestinhalt einer jeden Abgabensatzung (vgl. Driehaus, in: Driehaus, aaO, § 2 RdNr. 50; Quaas, KStZ 1999, 141, 142 f.). Sie fehlt in der Abfallgebührensatzung des Antragsgegners, weil dort nirgends bestimmt wird, wieviel DM bei Haushalten und Unternehmen für einen Liter Füllraum beim Restabfallbehälter oder bei der Bio-Tonne zu zahlen sind. Dieser Mangel führt vorliegend allerdings deshalb nicht zur Unwirksamkeit der Satzung, weil sich der vom Antragsgegner zugrunde gelegte Gebührensatz auf der Grundlage von § 2 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 Satz 3 AGS ohne weiteres rechnerisch ermitteln lässt, indem man die vorgesehenen Geldbeträge durch den jeweils verfügbaren Füllraum ... teilt.
3. Der rechnerisch (auch) für 1999 geltende Gebührensatz (bei Haushalten für den Restabfallbehälter 3,53 DM pro Liter Füllraum) ist aber aus materiell-rechtlichen Gründen'fehlerhaft und daher nichtig. Denn er beruht auf einer Gebührenkalkulation, die einer rechtlichen Überprüfung nicht standhält, weil nicht gebührenfähige. Kosten angesetzt und teilweise fehlerhafte Maßstäbe angewendet worden sind.
a) Die Fehlerhaftigkeit der Gebührenkalkulation für 1999 folgt zunächst daraus, dass die an die EAM gezahlte Entschädigung von 13.918.400,94 DM auf der Aufwandsseite in die Gebührenkalkulation eingestellt worden ist, obwohl sie nicht zu den gebührenfähigen Kosten zählt.
Der Antragsgegner hat insoweit bereits gegen allgemeine Kalkulationsgrundsätze verstoßen. In der "Gebührenbedarfsberechnung Fuhrbetrieb/Hausmüllabfuhr 1999" sind als EAM-Abfindung unter "Vorschau 1998" 8.918.400,- DM berücksichtigt worden; bei der "Gebührenbedarfsberechnung Deponiebetrieb 1999" findet sich unter "Ergebnis 1997" eine -- in den vorhergehenden Gebührenbedarfsberechnungen nicht ausgewiesene -- Position "EAM-Abfindungszahlung" von 5 Mio. DM. Die kalkulationsmäßige Berücksichtigung der gezahlten Entschädigung erfolgte somit nicht für das hier allein entscheidungserhebliche Jahr 1999, sondern für die beiden Vorjahre. Diese Vorgehensweise ist rechtswidrig, weil die jeweils im Vorjahr für 1997 und 1998 erstellten Kalkulationen nicht im Nachhinein geändert bzw. durch erst später bekannt gewordene Aufwandspositionen ergänzt werden dürfen. Als für 1997 und 1998 kalkuliert wurde, mithin Ende 1996 bzw. Ende 1997, konnte nur die seinerzeit bekannte Kosten- und Einnahmesituation, nicht aber die erst Ende 1998 vereinbarte sowie gezahlte Entschädigung von 13.918.400,94 DM berücksichtigt werden. Letztere hätte -- ihre Gebührenfähigkeit unterstellt -- frühestens für 1999 und die Folgejahre in die Gebührenkalkulation eingestellt werden dürfen.
Die in Bezug auf 1997 und 1998 somit vorliegenden Kalkulationsfehler wirken sich auch auf das im vorliegenden Verfahren entscheidungserhebliche Jahr 1999 aus. Denn für die Entscheidung des Kreistages über die Höhe der Abfallbeseitigungsgebühr im Jahr 1999 war auch das Ergebnis der beiden Vorjahre von ausschlaggebender Bedeutung. Der Kreistag ist für 1997 und 1998 -- wie noch zu zeigen sein wird -- rechtsirrig zum Nachteil der Gebührenzahler von einer um 13.918.400,- DM geminderten Ertragssituation im Gebührenhaushalt ausgegangen. Damit konnte er das ihm bei seiner Entscheidung über den Gebührensatz für 1999 zustehende Ermessen nicht auf der Grundlage zutreffender Daten ausüben, was die Ungültigkeit des für 1999 zugrunde gelegten Gebührensatzes zur Folge hat (vgl. Lichtenfeld, aaO, § 6 RdNrn. 728, 731 m. z. Nachw.; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 22.10.1998 -- 2 S 399/97 --, KStZ 1999, 168 = ZKF 1999, 231 = VBlBW 1999, 219 [VGH Baden-Württemberg 26.10.1998 - 8 S 1848/98]; Beschl. v. 27.2.1996 -- 2 S 1407/94 --, VBlBW 1996, 382 = NVwZ-RR 1996, 593). Bei einer um 13.918.400,- DM verbesserten Ertragssituation in den Jahren 1997 und 1998 wäre es insbesondere naheliegend gewesen, eine spürbare Herabsetzung des Gebührensatzes zu beschließen.
b) Die nachträgliche Einstellung der gezahlten Entschädigung in die Gebührenkalkulationen für 1997 und 1998 und die damit verbundene Berücksichtigung eines entsprechenden Fehlbedarfs für 1999 sind nicht nur nach den anerkannten allgemeinen Kalkulationsgrundsätzen, sondern auch deshalb zu beanstanden, weil die materiell-rechtlichen Voraussetzungen, unter denen die Entschädigung in die Gebührenkalkulation eingestellt und damit auf die Gebührenschuldner umgelegt werden darf, nicht vorliegen:
aa) Dies folgt zunächst daraus, daß die Voraussetzungen, unter denen § 12 Abs. 3 Nr. 8 NAbfG eine Einstellung -- möglicherweise nur beim Erlass entsprechender satzungsrechtlicher Regelungen (vgl. 2 Abs. 1 Satz 1 NKAG) -- zulässt, nicht erfüllt sind:
(1) Gebührenfähig können nach § 12 Abs. 3 Nr. 8 NAbfG auch Aufwendungen für "Maßnahmen der Planung, Entwicklung und Untersuchung für nicht verwirklichte Abfallentsorgungsanlagen" sein. Die Vorschrift enthält -- in Verbindung mit § 12 Abs. 2 Satz 1 NAbfG -- für den Bereich des Abfallbeseitigungsgebührenrechts eine Konkretisierung sowie Ergänzung des durch § 5 Abs. 2 NKAG vorgegebenen betriebswirtschaftlichen Kostenbegriffs. Sie modifiziert gebührenrechtliche Grundsätze insoweit, als Kosten selbst dann als gebührenfähig angesehen werden, wenn sie zur Leistungserstellung nicht beigetragen haben und durch den laufenden Betrieb des Abfallbeseitigungssystems nicht hervorgerufen worden sind. Die Gebührenpflicht soll also entstehen, obwohl den Gebührenpflichtigen durch die nicht realisierte Planung ein Vorteil nicht erwachsen ist. Die darin liegende Abweichung von allgemeinen gebührenrechtlichen Grundsätzen ist sachgerecht und mit sonstigem Recht, insbesondere auch Art. 3 Abs. 1 GG, vereinbar, weil es unter bestimmten Voraussetzungen gerechtfertigt sein kann, die Kosten für eine (fehlgeschlagene) Planung, die der Fortentwicklung eines funktionierenden Abfallbeseitigungssystems dienen sollte, den individualisierbaren Benutzern des Systems aufzuerlegen, sie also nicht zu Lasten der Allgemeinheit aus allgemeinen Steuermitteln zu refinanzieren (vgl. insoweit auch VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 22.10.1998 -- 2 S 399/97 --, aaO).
(2) Bei der vom Antragsgegner geplanten Versuchsanlage zur thermischen Abfallverwertung handelt es sich um eine Abfallentsorgungsanlage im Sinne des § 12 Abs. 3 Nr. 8 NAbfG, weil sie nicht nur Versuchszwecken, sondern tatsächlich der Abfallbeseitigung (und zwar 100.000 t bzw. 75.000 t pro Jahr) dienen sollte. Bei der streitigen Entschädigung von 13.918.400,94 DM handelt es sich ferner um Aufwendungen im Sinne der Nr. 8. Denn es geht um Kosten für die Genehmigungsplanung, um Genehmigungsgebühren, um Ingenieurleistungen sowie um sonstige Leistungen Dritter, die ebenfalls einen Bezug zum Planungs- und Entwicklungsstadium haben. Dass der Betrag von 13.918.400,94 DM als Entschädigung bzw. Schadensersatz umschrieben worden ist, steht -- entgegen der Ansicht des Antragstellers -- der Tatbestandsmäßigkeit im Sinne von § 12 Abs. 3 Nr. 8 NAbfG nicht entgegen. Denn es kommt nicht auf die formale Bezeichnung oder den Rechtsgrund für die Aufwendungen, sondern darauf an, ob es sich -- was aus den dargelegten Gründen vorliegend der Fall ist -- der Sache nach letztlich um Aufwendungen für die Planung, Entwicklung und Untersuchung handelt.
(3) Die in § 12 Abs. 3 Nr. 8 NAbfG genannten Aufwendungen sind allerdings nur dann gebührenfähig, wenn ihre Höhe nicht außer Verhältnis zum üblichen Planungsaufwand steht (Nr.8a) und das Scheitern der Maßnahme vom öffentlichrechtlichen Entsorgungsträger nicht zu vertreten ist (Nr. 8b). Der Senat lässt offen, ob vorliegend eine Unverhältnismäßigkeit der Aufwendungen im Sinne der Nr. 8a gegeben ist; der vom Antragsgegner hilfsweise beantragten Beweiserhebung bedarf es nicht, weil es auf die unter Beweis gestellte Tatsache für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits somit nicht ankommt. Bei der an die EAM gezahlten Entschädigungssumme handelt es sich jedenfalls deshalb nicht um gebührenfähige Aufwendungen nach § 12 Abs. 3 Nr. 8 NAbfG, weil der Antragsgegner das Scheitern der geplanten Maßnahme, nämlich der Errichtung einer Versuchsanlage zur thermischen Abfallverwertung, im Sinne von Abs. 3 Nr. 8b "zu vertreten hat".
Das Scheitern einer Maßnahme ist vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger dann nicht zu vertreten, wenn dessen Entschluss, die Maßnahme durchzuführen, auf einer sachlich vertretbaren Einschätzung und Berücksichtigung aller maßgebenden Gesichtspunkte beruht hat. Vor allem der Bedarf für die geplante Entsorgungsanlage, deren Wirtschaftlichkeit sowie die zu beachtenden rechtlichen und tatsächlichen Vorgaben müssen vom Entsorgungspflichtigen in vertretbarer Weise ermittelt und bewertet worden sein (ähnlich VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 22.10.1998 -- 2 S 399/97 --, aaO). Ob diese Anforderungen gewahrt sind, richtet sich nach den Verhältnissen zu dem Zeitpunkt, als die Entscheidung zur Durchführung der Maßnahme getroffen wurde. Ein Vertretenmüssen kann ferner auch nachträglich dadurch herbeigeführt werden, dass der Entsorgungspflichtige eine zunächst vertretbar gewesene Maßnahme nicht rechtzeitig abbricht, wenn sich im Nachhinein die wesentliche Änderung maßgeblicher Gesichtspunkte herausstellt (übereinstimmend VGH Baden-Württemberg, aaO).
Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe hat der Antragsgegner es zu vertreten, dass die geplante Durchführung der Versuchsanlage gescheitert ist und der mit der EAM geschlossene Kooperationsvertrag nicht durchgeführt werden konnte. Hauptursache für das Scheitern war nicht die von den Verfahrensbeteiligten angesprochene Erkenntnis, dass ein Betrieb der geplanten Versuchsanlage jährlich sehr teuer werden (bei 100.000 t Abfall im Jahr 41,6 Mio. DM zuzüglich Mehrwertsteuer) und daher zu einer drastischen Gebührenerhöhung führen würde. Ursächlich war vielmehr vor allem, dass sich beim Antragsgegner die Erkenntnis durchgesetzt hatte, es würde bei weitem nicht möglich sein, die vertraglich eingegangene und erkennbar die Geschäftsgrundlage für den Kooperationsvertrag bildende Verpflichtung, in den ersten beiden Jahren jeweils 100.000 t Abfall und danach jährlich 75.000 t bei der Versuchsanlage anzuliefern, zu erfüllen, und dass ein wirtschaftlich sinnvoller Betrieb der Versuchsanlage deshalb von vornherein ausgeschlossen sein würde. Bei einer sorgfältigen Bewertung aller erkennbaren Umstände hätte der Antragsgegner -- sowohl vor Abschluss des Kooperationsvertrages als auch zu einem späteren Zeitpunkt, als der Vertrag möglicherweise noch ohne finanzielle Nachteile kündbar war -- ohne Weiteres bemerken müssen, dass ihm die Anlieferung von 100.000 bzw. 75.000 t Abfall jährlich bei weitem nicht möglich sein würde. Denn bereits seit 1990, also etwa vier Jahre vor Abschluss des Kooperationsvertrages, ist die im Entsorgungsgebiet des Antragsgegners anfallende Abfallmenge -- in Übereinstimmung mit der bundesweiten Entwicklung -- stetig gesunken (1990: 140.926 t, 1991: 115.805 t, 1992: 111.577 t, 1993: 89.494 t, 1994: 75.405 t, 1995: 59.367 t, 1996: 50.413 t, 1997: 47.815 t). Besonders stark und auffallend war der Rückgang gerade zu dem Zeitpunkt, als die Planungen für die Versuchsanlage voll im Gange waren und der Kooperationsvertrag vom 18. Juli 1994 vom Antragsgegner noch ohne gewichtige finanzielle Nachteile gekündigt werden konnte. So sanken die Abfallmengen von 1992 bis 1995 um fast die Hälfte, nämlich von 111.577 t auf 59.367 t. Spätestens zu dem Zeitpunkt, als der Antragsgegner im Jahr 1995 über eine Kündigung des Kooperationsvertrages ohne finanzielle Einbußen nachdachte (vgl. Protokoll des Kreisausschusses vom 13.11.1995 sowie Beschlussvorlage vom 7.11.1995), musste der Antragsgegner davon ausgehen, die eingegangenen Lieferverpflichtungen nicht erfüllen zu können und bei der erst für das Jahr 2000 vorgesehenen Inbetriebnahme allenfalls zur Anlieferung von 50.000 t jährlich in der Lage zu sein. Plausible Erklärungen dafür, weshalb er gleichwohl noch 1995 an den eingegangenen Lieferverpflichtungen festhielt, hat der Antragsgegner auch im vorliegenden Verfahren nicht gegeben. In der Sache nicht nachvollziehbar ist sein Einwand, für den Rückgang der Abfallmenge sei eine bei Abschluss des Kooperationsvertrages, also im Juli 1994, nicht absehbare Änderung der Rechtslage, nämlich des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes verantwortlich gewesen. Das Inkrafttreten dieses Gesetzes am 7. Oktober 1996 hat allenfalls in einem Teilbereich, nämlich bei den Abfällen aus Industrie- und Gewerbebetrieben, zu einer nennenswerten Verringerung der Abfallmengen geführt. Denn solche Abfälle dürfen seitdem unter bestimmten Voraussetzungen verschiedenen anderen Verwertungsverfahren zugeführt werden, sind also nicht mehr dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger zu überlassen (vgl. Queitsch, KStZ 1999, 21). Die Menge der Abfälle aus privaten Haushaltungen ist durch die Neufassung des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes indessen nicht spürbar verringert worden. Sie hatte sich bereits zuvor durch die -- auch in der Abfallentsorgungssatzung des Antragsgegners (vgl. § 5 Abs. 1) normierte und von weiten Kreisen der Bevölkerung immer stärker wahrgenommene -- Pflicht zur getrennten Überlassung der Abfälle drastisch reduziert; insoweit sind vor allem die Trennung von Altpapier und Altglas (ab Oktober 1989), die Einführung des gelben Sacks für Leichtverpackungen (ab August 1992) sowie die Einführung der Bio-Tonne im Jahr 1995 von Bedeutung. Der Rückgang bei den Abfallmengen aus privaten Haushaltungen fand also zu einem Zeitpunkt statt, als die hier in Rede stehende Novellierung des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes noch längst nicht in Kraft getreten war.
Dem Antragsgegner war das drastische Sinken der Müllmengen sowohl beim Vertragsabschluss als auch in der Folgezeit bekannt. Nach einem Vermerk vom 18. August 1993 ging er für 1994 von einer Abfallmenge von nur noch 71.000 t und für 1995 von nur noch 64.000 t aus. Für den Fall einer gesonderten Einsammlung kompostierbarer Abfälle rechnete er nur noch mit einem Restmüllaufkommen von jährlich 50.000 t für 1997, 45.000 t für 1998 und 40.000 t für 1999. Außerdem prognostizierte er eine Verringerung der Industrieabfälle. In einem Entwurf zu seinem Abfallwirtschaftskonzept ging er ausweislich eines Vermerks vom 21. Dezember 1995 von 40.000 t bis 60.000 t Restmüll jährlich aus.
Der Antragsgegner kann sich schließlich auch nicht erfolgreich darauf berufen, dass in einem Gutachten der EAM (Seite 3-17) für 1995 ein Abfallaufkommen von 75300 Tonnen prognostiziert worden sei. In diesem Betrag ist eine Position von "max: 16000" Tonnen für Klärschlamm enthalten, die keine realistische Planung wiedergibt, sondern nur für den -- später auch zu keinem Zeitpunkt eingetretenen -- Notfall vorgesehen ist, dass der Antragsgegner eventuell für den Klärschlamm entsorgungspflichtig werden könnte; eine solche rein vorsorglich eingestellte Position beeinflusst erkennbar nicht die Höhe des wahrscheinlich zu erwartenden Abfallaufkommens und muss daher bei dessen Ermittlung unberücksichtigt bleiben. Dann aber beläuft sich das von der EAM prognostizierte Abfallaufkommen "nur" noch auf 59.000 Tonnen, was genau der später eingetretenen tatsächlichen Entwicklung entspricht und sich im Wesentlichen mit den eigenen Vorhersagen in seinem Vermerk vom 18. August 1993 deckt.
Der Antragsgegner durfte nach alledem nicht davon ausgehen, er werde die vertraglich übernommenen Lieferverpflichtungen mittels der in seinem Kreisgebiet anfallenden Abfallmengen erfüllen können. Er konnte bei Vertragsabschluss ferner nicht berechtigterweise erwarten, dass er Dritte, insbesondere andere Landkreise für eine Beteiligung an der Versuchsanlage werde gewinnen können und von diesen Dritten zusätzlich angelieferte Abfallmengen einen wirtschaftlich sinnvollen Betrieb der Anlage gewährleisten würden. Denn verbindliche Zusagen Dritter oder vertragliche Vereinbarungen mit Dritten, die die Anlieferung bestimmter Abfallmengen vorsahen, lagen nicht vor und waren in absehbarer Zukunft auch nicht zu erwarten. Aus der zutage getretenen ablehnenden Haltung musste der Antragsgegner vielmehr folgern, dass eine Beteiligung Dritter schwierig werden würden, jedenfalls aber nicht hinreichend gesichert war. Bei dieser Ausgangslage durfte der Antragsgegner nicht darauf vertrauen, doch noch Dritte für das Projekt gewinnen zu können.
Auch das Verhalten des Antragsgegners bei der Abwicklung des Kooperationsvertrags spricht für die Annahme eines Vertretenmüssens. Die freiwillige Übernahme einer Verpflichtung zu einer Entschädigungszahlung von rd. 14. Mio. DM lässt sich nämlich -- auch im Blick auf das Gebot einer sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung -- nur damit erklären, dass der Antragsgegner selbst von seiner Verantwortung für das Scheitern des Kooperationsvertrages ausgegangen ist. Denn eine Verpflichtung zu einer Entschädigungszahlung hätte nicht bestanden, wenn dem Antragsgegner ein außerordentliches Kündigungsrecht zugestanden und er die Auflösung des Vertrages nicht zu vertreten gehabt hätte. Auch das Vorliegen eines Kündigungsgrundes hat der Antragsgegner indessen ausweislich eines von seinem Rechtsamt erstellten Gutachtens nicht angenommen. Danach verschaffte insbesondere der Rückgang der Abfallmengen keinen Kündigungsgrund.
bb) Die Voraussetzungen, unter den nach § 12 Abs. 3 Nr. 8 NAbfG Aufwendungen für nicht realisierte Maßnahmen ausnahmsweise gebührenfähig sein können, liegen somit nicht vor. Gegen eine Gebührenfähigkeit der freiwillig übernommenen Entschädigungsleistung würde -- bei Zugrundelegung des Vorbringens des Antragsgegners zum Vertretenmüssen -- ferner sprechen, dass der Antragsgegner dann nicht hinreichend deutlich gemacht hätte, weshalb es gleichwohl -- also trotz fehlenden Vertretenmüssens -- erforderlich gewesen ist, sich zu einer Entschädigungsleistung von rd. 14. Mio. DM zu verpflichten. Der Grundsatz der Erforderlichkeit begrenzt nach allgemeinen gebührenrechtlichen Grundsätzen (vgl. z.B. Urt. d. Sen. v. 24.6.1998 -- 9 L 2722/96 --, KStZ 1999, 172; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 22.10.1998 -- 2 S 399/97 --, aaO; Lichtenfeld, aaO, § 6 RdNr. 740) den Umfang der als gebührenfähig anzusehenden Kosten. Er beruht auf der Überlegung, dass eine sparsame und wirtschaftliche Haushaltsführung besonders dort geboten ist, wo das kommunale Handeln Gebührenpflichten auslöst und deshalb dazu führt, dass Dritte die Kosten letztlich zu übernehmen haben. Aufwendungen dürfen daher nur insoweit in die Gebührenkalkulation eingestellt werden, als sie notwendig und im Blick auf eine sachgerechte Aufgabenerfüllung unvermeidbar sind. Beim Fehlen eines Vertretenmüssens hinsichtlich der Vertragsauflösung wäre es weder dem Grunde noch der Höhe nach erforderlich gewesen, sich zu Entschädigungsleistungen von fast 14 Mio. DM zu verpflichten. Denn zumindest nach Aktenlage lässt sich weder dem Kooperationsvertrag noch allgemeinen Rechtsgrundsätzen entnehmen, dass der Antragsgegner auch dann eine Entschädigung zahlen muss, wenn er das Scheitern der Versuchsanlage und die Vertragsauflösung nicht zu verantworten hat. Gegen die Höhe des vereinbarten Entschädigungsbetrages bestehen zudem deshalb Bedenken, weil sich die Vertragsparteien in § 2 Abs. 4 des Abwicklungsvertrages für den Fall, dass ein Gericht die Einstellung der Entschädigungssumme in die Gebührenkalkulation beanstanden würde, zu Neuverhandlungen über die Höhe der Entschädigung bereiterklärt haben. Diese Vereinbarung legt die Annahme nahe, dass sich die Verhandlungspartner des Antragsgegners auch mit einer niedrigeren Entschädigung bereiterklärt hätten, wenn der Antragsgegner seinen Verhandlungsspielraum besser ausgeschöpft hätte.
c) Die Nichtigkeit des der Abfallgebührensatzung zugrunde liegenden Gebührensatzes folgt ferner daraus, dass der in § 2 Abs. 2 AGS für mit ein oder zwei Personen bewohnte Grundstücke vorgesehene Gebührenmaßstab unvereinbar mit höherrangigem Recht und daher unwirksam ist. Angesichts der insoweit bestehenden Fehlerhaftigkeit des Gebührenmaßstabs kann eine wirksame Gebührenkalkulation sowie Festlegung des Gebührensatzes nicht mehr erfolgen, weil der Schlüssel, nach dem die Kosten der Abfallbeseitigung auf die Gebührenschuldner verteilt werden, und damit zugleich die Umlegung der Kosten auf die jeweilige Maßstabseinheit falsch sind. Im Einzelnen ergibt sich die Fehlerhaftigkeit aus Folgendem:
§ 2 Abs. 2 AGS sieht für von ein oder zwei Personen bewohnte Grundstücke vor, dass bei der Benutzung eines 40 I-Restabfallbehälters -- abweichend von der hierfür in § 2 Abs. 1 AGS vorgesehenen Regelgebühr von 70,60 DM bzw. 141,20 DM -- eine Mindestgebühr von jährlich 139,50 DM bzw. 191,20 DM erhoben wird. Der Antragsgegner hat diese Sonderregelung erlassen, um bei den genannten Grundstücken eine angemessene Beteiligung an den Fixkosten, die insbesondere bei der Wertstoff-, Sperrmüll- und Schadstoffsammlung sowie bei der Verwaltung, Gebührenerhebung und Abfallberatung entstünden, zu erreichen. Diese Zielsetzung lässt sich indessen gebührenrechtlich nicht durch die Einführung einer Mindestgebühr realisieren. Letztere stellt nämlich eine verbrauchsbezogene und leistungsabhängige, der Vereinfachung des Heranziehungsverfahrens dienende Benutzungsgebühr dar, die sich am Maß der tatsächlichen Inanspruchnahme orientiert und bei bestimmten Gruppen von Gebührenpflichtigen eine durchschnittliche Mindestinanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung unterstellt (vgl. bereits Urteil des Senats vom 29.3.1995 -- 9 L 4417/94 --, NVwZ 1996, 289, 291f [VGH Bayern 20.07.1994 - 20 A 92/40087]). Um die Einführung einer solchen Gebühr geht es dem Antragsgegner indessen nicht, weil die Sonderregelung in § 2 Abs. 2 AGS keine leistungsbezogenen Kriterien aufstellen, insbesondere keinen Mindestverbrauch fingieren will. Der Antragsgegner hat sich vielmehr von der Erwägung leiten lassen, dass die von ein oder zwei Personen bewohnten Grundstücke bei einer Gebührenbemessung nach § 2 Abs. 1 (70,60 DM bzw. 141,20 DM) nicht angemessen an den Fixkosten des Abfallbeseitigungssystems beteiligt würden. Das gebührenrechtliche Instrument, um die Erzeuger geringer Abfallmengen an den unabhängig von der tatsächlichen Inanspruchnahme entstehenden Fixkosten angemessen zu beteiligen, besteht in der Grundgebühr, die in Bezug auf die Fixkosten oder eines Teils derselben gesondert kalkuliert und bei allen Gebührenpflichtigen nach einem gleichen Maßstab erhoben werden muss. Demgegenüber ist es nicht zulässig, nur bei bestimmten Gruppen (hier den von ein oder zwei Personen bewohnten Grundstücken) die Fixkosten gesondert und ohne eigenständigen Maßstab zusätzlich zu dem allgemein geltenden Gebührensatz zu berechnen.
d) Eine Unwirksamkeit des § 2 AGS liegt ferner insoweit vor, als nach dessen Abs. 3 für gewerbliche oder industrielle Unternehmen ein wesentlich niedrigerer Gebührensatz zugrunde gelegt wird als nach § 2 Abs. 1 AGS für private Haushalte. Während der Gebührensatz für private Haushalte 3,53 DM pro Liter Füllraum beträgt und daher z. B. ein 60 I-Restabfallbehälter 211,60 DM kostet (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 3 AGS), müssen gewerbliche oder industrielle Unternehmen einen Gebührensatz von nur 2,13 DM pro Liter Füllraum entrichten und daher z. B. für einen 60 I-Restabfallbehälter lediglich 127,80 DM bezahlen (vgl. § 2 Abs. 3 Satz 3 AGS). Diese Differenzierung bedeutet (ebenso wie die Einführung einer gesonderten Gebühr für den Bioabfallbehälter), dass innerhalb einer einheitlichen öffentlichen Einrichtung verschiedene Gebührensätze gebildet worden sind. Nach den zu § 5 NKAG allgemein (insbesondere für den Bereich der leitungsgebundenen Einrichtung) entwickelten gebührenrechtlichen Grundsätzen ist eine solche Vorgehensweise im Grundsatz unzulässig, weil die Bildung einer einheitlichen öffentlichen Einrichtung gerade zur Folge haben soll, dass alle Kosten gleichermaßen auf alle Beteiligten umgelegt werden und demzufolge ein für alle gleicher Gebührensatz gebildet wird. Wegen der Besonderheiten des Abfallbeseitigungsgebührenrechts (vor allem der Vielzahl und Komplexität der Leistungsbereiche sowie der spezialgesetzlichen Sonderregelungen im Nds. Abfallgesetz) beansprucht dieser Grundsatz für den Bereich der öffentlichen Einrichtung Abfallbeseitigung keine Gültigkeit. Bei ihm steht es im weiten Organisationsermessen der entsorgungspflichtigen Körperschaft, ob sie eine auf das gesamte Entsorgungssystem bezogene einheitliche Gebühr erhebt oder ob sie unterschiedliche Gebühren für einzelne Teilleistungsbereiche einführt (ebenso Quaas, KStZ 1999, 143, 152 unter Bezugnahme auf OVG Münster, Urteil vom 18.3.1996 in Städte- und Gemeinderat 1996, 337 und vom 1.7.1997, Städte- und Gemeinderat 1997, 282). Bei unterschiedlichen Gebührensätzen müssen -- um eine Gebührenerhebung entsprechend den gesetzlichen Anforderungen zu gewährleisten -- die Teilleistungsbereiche deutlich voneinander abgegrenzt sein und gesondert in Anspruch genommen werden können. Erheblich voneinander abweichende Gebührensätze dürfen nur gebildet werden, wenn auch die Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung Abfallbeseitigung in erheblichem Maße unterschiedlich ist. Hieran fehlt es -- jedenfalls unter den vorliegend gegebenen Umständen -- hinsichtlich der besonderen Behandlung der gewerblichen und industriellen Unternehmen. Es ist weder erkennbar noch hat der Antragsgegner in der mündlichen Verhandlung in nachvollziehbarer Art substantiiert dargetan, dass diese Unternehmen ins Gewicht fallende Teilleistungsbereiche nicht in Anspruch nehmen können und somit lediglich eine spürbar geringere Leistung erhalten; hierfür reicht es nicht aus, dass die Sperrmüll-, Schadstoff- und Wirtschaftssammlung "nicht vollständig" von gewerblichen und industriellen Unternehmen in Anspruch genommen werden könne. Nicht nachvollziehbar ist das weitere Vorbringen des Antragsgegners, dass die Inanspruchnahme dieser Sammlungen durch private Haushalte einen zusätzlichen Gebührenbedarf von rd. 5,2 Mio. DM verursacht. Auch den Gebührenbedarfsberechnungen für 1998 und 1999 lassen sich Anhaltspunkte zur Rechtfertigung dieser Annahme nicht entnehmen.
e) Der vom Antragsgegner für den Restabfallbehälter zugrunde gelegte Gebührensatz ist schließlich deshalb nichtig, weil er nur rein formell, nicht aber der Sache nach auf einer Gebührenkalkulation beruht. Eine Gebührenkalkulation dient der Ermittlung der zulässigen Gebührensatzobergrenze innerhalb des Kalkulationszeitraums. Da für jeden Kalkulationszeitraum in erheblichem Umfang andere Zahlen in die Kalkulation eingestellt werden, liegt es -- abgesehen von extremen Ausnahmefällen -- in der Natur der Sache, dass sich für jeden Zeitraum eine andere Gebührensatzobergrenze ergibt. Mit diesen Grundsätzen ist es unvereinbar, dass der -- einen jährlichen Kalkulationszeitraum zugrunde legende -- Antragsgegner am Jahresende (z.B. am 19.12.1997 und am 18.12.1998) jeweils für das folgende Jahr eine neue Gebührenkalkulation vorlegt, die zwar geändertes Zahlenmaterial aufweist, aber gleichwohl nicht zu erkennbaren Abweichungen in Bezug auf die Gebühr für einen 60 I-Restabfallbehälter bzw. den Preis pro Tonne führt. So ergeben sowohl die Gebührenkalkulation für 1999 als auch die Gebührenkalkulation für 1998 einen Preis für den 60 I-Behälter von 127,80 DM und 211,80 DM bzw. einen Preis pro Tonne von 45,70 DM und 298,- DM. Der Antragsgegner hat mithin ersichtlich die Gebührenkalkulation so ausgestaltet, dass sie einen zuvor bereits beschlossenen Gebührensatz lediglich quasi nachträglich rechtfertigen soll. Mit seinen Gebührenkalkulationen wird damit nicht originär eine Gebührensatzobergrenze für ein Kalenderjahr festgelegt.
4. Rechtswidrig ist ferner die in § 2 Abs. 1 Satz 3 Nr. 9, Abs. 3 Satz 3 Nr. 7 AGS enthaltene Regelung, wonach sich die jährliche Gebühr für den lediglich zur Verfügung gestellten 240 I-Bio-Abfallbehälter auf einheitlich 193,31 DM beläuft. Durch diese Vorschriften erhebt der Antragsgegner eine für alle Benutzer der Bio-Tonne gleich hohe Einheitsgebühr, ohne nach dem Umfang der Inanspruchnahme des Teilleistungsbereiches Bio-Abfallbeseitigung zu differenzieren. Entgegen der Ansicht des Antragsgegners vermag § 12 Abs. 4 NabfG eine solche Gleichbehandlung aller Gebührenpflichtigen nicht zu rechtfertigen:
§ 12 Abs. 4 NAbfG enthält eine Durchbrechung des -- wegen der Erforderlichkeit der Leistungsproportionalität -- an sich gebührenrechtlich bestehenden und in der Rechtsprechung anderer Obergerichte (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 4.2.1999 -- 12 C 13291/96 --, DVBl. 1999, 1669, 1670; Hess.VGH, Beschl. v. 27.4.1999 -- 5 N 3909/98 --, DVBl. 1999, 1669; VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 16.6.1999 -- 2 S 782/98; ebenso Quaas, KStZ 1999, 143) anerkannten Grundsatzes, dass bei der Bildung von Teilleistungsbereichen mit getrennten Gebührensätzen und Gebührenmaßstäben die jeweils in einem Teilleistungsbereich anfallenden Kosten nur diesem Bereich zugerechnet werden dürfen, dass also Kosten in einem Teilleistungsbereich nicht durch eine Erhöhung der Gebühr für einen anderen Teilleistungsbereich refinanziert werden können. § 12 Abs. 4 NAbfG lässt es demgegenüber zu, dass die Aufwendungen für die Entsorgung getrennt überlassener Abfälle einbezogen werden in die Aufwendungen für die Entsorgung ungetrennt überlassener Abfälle, insbesondere also des Restmülls. Die Vorschrift bezieht sich somit ausschließlich auf Fragen der Kostenzuordnung, indem sie es gestattet, Aufwendungen aus einem Teilleistungsbereich (hier u.a. der Bio-Abfallbeseitigung) einem anderen Teilleistungsbereich (hier der Restmüllbeseitigung) zuzuordnen. Die durch sie bewirkte Abweichung von gebührenrechtlichen Grundsätzen ist noch sachgerecht und daher mit höherrangigem Recht, insbesondere Art. 3 Abs. 1 GG, vereinbar, weil sie dem in § 12 Abs. 2 Satz 2 NAbfG normierten Ziel der Abfallvermeidung dienen soll (vgl. LT-Drucks. 12/2222, S. 13) und auch tatsächlich dient; denn der Anreiz zur Sortierung von Abfällen nimmt zu, wenn dem Gebührenpflichtigen für den getrennten Abfall keine oder niedrige Kosten entstehen. Die Verringerung der Abfallmengen ist ein so hochwertiges Rechtsgut, dass es die Durchbrechung gebührenrechtlicher Grundsätze rechtfertigt (zur Wirksamkeit des § 12 Abs. 4 NAbfG vgl. im Einzelnen das Urteil des Senats vom 30.4.1996 zu 9 K 526/96).
Wegen § 12 Abs. 4 NAbfG ist es somit im Grundsatz rechtlich nicht zu beanstanden, dass diejenigen Gebührenpflichtigen, die keine Bio-Tonne bezogen haben und sich folglich nicht an der öffentlichen Bio-Abfallbeseitigung beteiligen, gleichwohl dadurch mit einem Teil der Kosten für die Beseitigung des Bioabfalls belastet werden, dass der Antragsgegner diese Kosten nur teilweise über die Bio-Tonnen-Gebühr gemäß § 2 Abs. 1 Satz 3 Nr. 9, Abs. 3 Satz 3 Nr. 7 AGS abrechnet. § 12 Abs. 4 NAbfG rechtfertigt somit Quersubventionierungen zwischen einzelnen Leistungsbereichen, enthält aber keine Aussage zu den hier in Rede stehenden Fragen der Gebührengestaltung, insbesondere dazu, ob alle Benutzer einer Bio-Tonne für deren Inanspruchnahme zu einer gleich hohen Gebühr herangezogen werden dürfen. Dies ist zu verneinen:
Da der Antragsgegner nur einen Bio-Abfallbehälter mit einem Füllraum von 240 I zur Verfügung stellt und eine einheitliche Gebühr von 193,31 DM erhebt, wird bei der Teilleistung Bio-Abfallbeseitigung nicht dergestalt nach dem Umfang der Inanspruchnahme differenziert, dass diejenigen, die verhältnismäßig viel Bio-Abfall produzieren (große Familien, Besitzer von großen Gärten ohne eigene Kompostierung), gebührenmäßig stärker belastet werden als Gruppen von Gebührenpflichtigen, die -- wie z.B. Ein-Personen-Haushalte oder Gebührenpflichtige ohne Garten -- erfahrungsgemäß wenig Bio-Abfall entstehen lassen. Ferner wird kein Anreiz geschaffen (z.B. durch eine teilweise Eigenkompostierung), weniger Bio-Abfall zu erzeugen und auf diese Weise den öffentlichen Bereich der Bio-Abfallbeseitigung zu entlasten sowie Gebühren einzusparen. Diese beiden Folgen sind unvereinbar mit den auch hinsichtlich des Maßstabs für die Bioabfallgebühr geltenden Grundsätzen, dass die Gebührengestaltung Anreize zur Abfallvermeidung und Abfallverwertung bieten soll (vgl. § 12 Abs. 2 Satz 2 NAbfG; siehe insoweit auch Quaas, KStZ 1999, 143, 152) und die Höhe der Gebühr sich am Umfang der Inanspruchnahme auszurichten hat (vgl. § 5 Abs. 3 Satz 1 NKAG). Nach diesen rechtlichen Vorgaben, die oben zu § 2 Abs. 2 AGS bereits konkretisiert worden sind, müssen im Falle der Erhebung einer Bio-Tonnen-Gebühr zumindest grobe Differenzierungen hinsichtlich derjenigen Benutzergruppen vorgenommen werden, bei denen erhebliche Unterschiede im voraussichtlich zu erwartenden Umfang der Inanspruchnahme der Bio-Tonne bestehen (wie z.B. einerseits Ein-Personen-Haushalte ohne Gartenabfälle und andererseits große Familien mit Gartenabfällen). Dies bedeutet, dass zumindest drei unterschiedliche Bio-Tonnengrößen (bei unterschiedlich hohen Gebühren) verfügbar sein müssen. Beim Antragsgegner fehlt es sowohl an dem unterschiedlichen Behältervolumen als auch an einer differenzierenden Gebühr. Da die Regelungen in § 2 Abs. 1 Satz 3 Nr. 9, Abs. 3 Satz 3 Nr. 7 schon aus diesem Grunde nichtig sind, bedarf es keines weiteren Eingehens auf die von den Verfahrensbeteiligten ebenfalls angesprochenen Gesichtspunkte, ob für den Bio-Abfall zu große Behälter zur Verfügung gestellt worden sind und ob der Antragsgegner in Bezug auf den Bio-Abfall gebührenrechtlich zu beanstandende Verpflichtungen eingegangen ist.