Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 19.10.2021, Az.: 4 KN 174/17

ABA; Abwägung; Abwägungsfehler; Anflugverfahren; Auslegung, erneute; Auslegung, öffentliche; Ausnahme; Bekanntmachung; Benehmen; Betretensrecht; Betretensverbot; Brutvogel; Bundeswehr; Darstellung, zeichnerische; Einvernehmen; FFH-Gebiet; Fliegerhorst; Flugbeschränkungsgebiet; Flugverfahren; Flugverkehr; Flugzeug; Flüsterbrenner; Forstwirtschaft; Freiballon; Gastvogel; Geltungsbereich, räumlicher; Gesamtunwirksamkeit; Gleitschirm; Handtorfstich; Heißluftballon; Helikopter; Hängegleiter; IBA; Jahresfrist; Karte; Kleinaviatik; Landung; Luftfahrzeug, bemanntes; Luftfahrzeug, unbemanntes; Luftverkehr; Mindestflughöhe; Modellflug; Moor; Pufferzone; Ramsar-Konvention; Rastplatz; Rüge; Segelflugzeug; Sichtflugregeln; Start; Störung, erhebliche; Thermik; Torfabbau; Ultraleichtflugzeug; Verbot; Vereinbarung, vertragliche; Verfahrensfehler; Verhältnismäßigkeit; Vertragsnaturschutz; Vogelart, wertbestimmend; Vogelschutzgebiet, faktisches; Zugvogel

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
19.10.2021
Aktenzeichen
4 KN 174/17
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2021, 70979
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Die Rüge eines Verfahrensfehlers gemäß § 14 Abs. 7 NAGBNatSchG kann auch im Rahmen eines Normenkontrollverfahrens erhoben werden. Die Jahresfrist ist in diesem Fall nur gewahrt, wenn das Vorbringen rechtzeitig auch bei der Behörde, an die die Rüge zu adressieren ist, eingeht. Der Eingang bei Gericht innerhalb der Frist genügt nicht.

2. Nach § 14 Abs. 4 Satz 1 NAGBNatSchG muss neben der Außengrenze des Schutzgebiets jedenfalls dann zusätzlich auch der Geltungsbereich einer einzelnen Vorschrift, insbesondere eines Gebots oder Verbots, in der Karte dargestellt werden, wenn der Geltungsbereich der Vorschrift - erstens - nicht deckungsgleich mit der Gesamtfläche des Schutzgebiets ist und - zweitens - flächenbezogen und unbeweglich ist.

3. Aus § 23 Abs. 2 Satz 2 BNatSchG ergibt sich, dass es verboten ist, ein Naturschutzgebiet aufzusuchen, solange und soweit der zuständige Normgeber dies in der Naturschutzgebietsverordnung nicht erlaubt. Es besteht keine rechtliche Verpflichtung, Naturschutzgebiete der Allgemeinheit zugänglich zu machen.

4. Zur Rechtmäßigkeit des vollständigen Verbots der Forstwirtschaft in einem Naturschutzgebiet.

5. Zur Vereinbarkeit von in einer Naturschutzgebietsverordnung geregelten Beschränkungen des Luftverkehrs mit höherrangigem Recht.

Tenor:

1.) § 4 Abs. 4 Nr. 7 der Verordnung über das Naturschutzgebiet „Totes Moor“ in den Städten Neustadt a. Rbge. und Wunstorf, Region Hannover, ist unwirksam, soweit es darin heißt „und außerhalb in einer Zone von 500 m Breite um das NSG herum“.

2.) § 4 Abs. 4 Nr. 7 der Verordnung über das Naturschutzgebiet „Totes Moor“ in den Städten Neustadt a. Rbge. und Wunstorf, Region Hannover, ist unwirksam, soweit für den Luftraum, der über dem Naturschutzgebiet, aber nicht über dem Europäischen Vogelschutzgebiet V42 „Steinhuder Meer“ liegt, eine Mindestflughöhe von mehr als 150 m über dem Boden oder Wasser festgesetzt wird.

3.) § 5 Abs. 2 der Verordnung über das Naturschutzgebiet „Totes Moor“ in den Städten Neustadt a. Rbge. und Wunstorf, Region Hannover, ist unwirksam, soweit es darin heißt „im Einvernehmen mit der Naturschutzbehörde“.

4.) Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens tragen der Antragsteller zu 90% und die Antragsgegnerin zu 10%.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen in Bezug auf die Entscheidungsformel in der Hauptsache zu 2.). Ferner wird die Revision zugelassen, soweit die Entscheidungsformel in der Hauptsache zu 4.) die Regelung in § 4 Abs. 4 Nr. 7 der Verordnung über das Naturschutzgebiet „Totes Moor“ in den Städten Neustadt a. Rbge. und Wunstorf, Region Hannover betrifft.

Im Übrigen wird die Revision nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Antragsteller wendet sich gegen die von der Antragsgegnerin erlassene Verordnung über das Naturschutzgebiet „Totes Moor“ in den Städten Neustadt a. Rbge. und Wunstorf, Region Hannover.

Diese Naturschutzgebietsverordnung wurde von der Regionsversammlung der Antragsgegnerin am 3. Mai 2016 beschlossen. Bekannt gemacht wurde sie im Gemeinsamen Amtsblatt für die Region Hannover und die Landeshauptstadt Hannover Nr. 20 vom 26. Mai 2016 und erneut in der Ausgabe Nr. 19 vom 9. Mai 2018.

Das Naturschutzgebiet ist 3,179 ha groß (§ 1 Abs. 6 Satz 1 VO) und umfasst ca. 10,5 % der Wasserfläche und den ost-nordöstlichen Uferbereich des Steinhuder Meeres, des größten Binnengewässers Niedersachsens. Ferner gehört zum Schutzgebiet ein im Vergleich zur unter Schutz gestellten Wasserfläche erheblich größerer Landbereich östlich und nordöstlich vom Steinhuder Meer; den größten Teil dieser Flächen nimmt das namensgebende „Tote Moor“ ein, bei dem es sich mit einer Größe von ca. 2.300 ha um das größte Hochmoor in der Region Hannover handelt (vgl. § 2 Abs. 2 VO). Teilweise waren die Land- und Wasserbereiche, die im Naturschutzgebiet liegen, bereits in drei frühere Naturschutzgebiete („Ostufer Steinhuder Meer“, „Wulveskuhlen“ und „Wunstorfer Moor“) einbezogen.

Die gesamte Wasserfläche des Steinhuder Meeres und auch Teile der Landfläche des Naturschutzgebiets gehören zum FFH-Gebiet 094 „Steinhuder Meer (mit Randbereichen)“ und zum Vogelschutzgebiet V42 „Steinhuder Meer“; innerhalb des Naturschutzgebiets sind diese beiden europäischen Schutzgebiete räumlich deckungsgleich. Das Steinhuder Meer ist außerdem ein „Feuchtgebiet internationaler Bedeutung“ entsprechend des Abkommens über Feuchtgebiete, insbesondere als Lebensraum für Wasser- und Watvögel von internationaler Bedeutung vom 2. Februar 1971 (BGBl. II Nr. 40, 1976 – sog. Ramsar-Konvention).

Die Formulierung der allgemeinen Schutzzwecke für das Naturschutzgebiet in § 3 Abs. 1 VO orientiert sich am Wortlaut von § 23 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 BNatSchG. Zu den besonderen Schutzzwecken gehören gemäß § 3 Abs. 2 VO: Erhalt und Entwicklung der Hochmoorlandschaft sowie des Moorkörpers als Kohlenstoffsenke, Renaturierung der Moorfläche auf den noch verbliebenen Torfabbauflächen und Wiederherstellung hochmoortypischer Standortverhältnisse (Nrn. 1 bis 4); Erhalt und Entwicklung einer eigendynamischen Waldsukzession, soweit es mit der Hochmoorentwicklung im Einklang steht (Nr. 5); Erhalt und Entwicklung als Kernfläche für den Biotopverbund von nationaler Bedeutung (Nr. 6); Erhalt und Entwicklung großflächig unzerschnittener, ungenutzter und ungestörter Bereiche als Rückzugsraum für störungsempfindliche Arten (Nr. 7); Erhalt und Entwicklung von Trockenheiden und Binnendünen (Nr. 8); Erhalt und Entwicklung artenreichen und extensiv genutzten Grünlandes (Nr. 9); Erhalt und Entwicklung ungestörter großflächiger Wasser-, Verlandungs- und Röhrichtflächen als Brut-, Nahrungs- und Ruheplätze für Brut- und Rastvögel (Nr. 10). Die Erhaltungsziele für den Teil des Naturschutzgebiets, der Bestandteil der beiden Natura 2000-Gebiete ist, ergeben sich aus § 3 Abs. 3 i. V. m. Anlagen 3 bis 5 VO.

§ 4 VO enthält die im Naturschutzgebiet geltenden Verbote. Unter anderem sind die folgenden Tätigkeiten verboten: das Naturschutzgebiet, einschließlich der Wasserfläche, außerhalb der von der Unteren Naturschutzbehörde gekennzeichneten Wege zu betreten (Abs. 3); im Naturschutzgebiet und außerhalb in einer Zone von 500 m Breite um das Naturschutzgebiet herum unbemannte Luftfahrzeuge zu betreiben sowie mit bemannten Luftfahrzeugen zu starten, eine Mindestflughöhe von 600 m zu unterschreiten oder zu landen – hiervon unbeschadet bleiben die Abweichungsmöglichkeiten insbesondere auch der Bundeswehr nach § 30 LuftVG (Abs. 4 Nr. 7); die Forstwirtschaft (Abs. 4 Nr. 11).

In § 5 VO sind Freistellungen von den Verboten des § 4 VO geregelt. Dazu zählen u. a. gemäß Abs. 1 Nr. 1 die Nutzung und Unterhaltung der bestehenden rechtmäßigen Anlagen und Einrichtungen in der bisherigen Art und im bisherigen Umfang, sofern sich nicht aus den Ziffern 3 bis 10 Abweichungen oder Einschränkungen ergeben, sowie gemäß Abs. 1 Nr. 10 ausschließlich die bei Inkrafttreten dieser Verordnung bestandskräftig genehmigte industrielle Torfgewinnung. Nach § 5 Abs. 2 VO sind ferner in dem Natura 2000-Gebiet Pläne und Projekte freigestellt, die auf Grund einer im Einvernehmen mit der Naturschutzbehörde erteilten Ausnahme nach § 34 Abs. 3 bis 5 BNatSchG zulässig sind. Aus § 5 Abs. 3 VO ergeben sich Vorgaben, unter denen die ordnungsgemäße landwirtschaftliche Bodennutzung nach guter fachlicher Praxis von den Verboten freigestellt ist.

Ferner regelt § 6 Abs. 1 VO, dass die dort im einzelnen benannten Handlungen im Naturschutzgebiet der vorherigen Erlaubnis der Naturschutzbehörde bedürfen. Dazu zählt u. a. in der Gemarkung Neustadt am Rübenberge, Flur 32, die kleinflächige Entnahme von Torf im Handtorfstich (Nr. 4). Nach § 6 Abs. 2 Satz 1 VO ist die Erlaubnis, unbeschadet anderer Rechtsvorschriften, auf Antrag zu erteilen, sofern die beabsichtigte Maßnahme den Schutzzweck dieser Verordnung nicht gefährdet. Die Erlaubnis kann mit Nebenbestimmungen versehen werden (Satz 2).

Der Antragsteller ist Eigentümer von mehreren Flächen im Schutzgebiet, von denen er eine zur Grünlandbewirtschaftung an einen Landwirt verpachtet hat. Außerdem ist er Eigner eines im Steinhuder Meer liegenden Segelboots und Mitglied des am Steinhuder Meer ansässigen Segelclubs, der Antragsteller in dem vom Senat mit Beschluss vom 7. Juni 2017 abgetrennten Verfahren 4 KN 190/17 ist. Ferner vermieten der Antragsteller und seine Frau Ferienhäuser und Ferienwohnungen in Steinhude.

Der Antragsteller hat am 24. Mai 2017 den Normenkontrollantrag gestellt. Zu dessen Begründung trägt er vor:

Er sei antragsbefugt als Eigentümer von im Schutzgebiet liegenden und somit von den Verboten betroffenen Flächen. Ferner ergebe sich die Antragsbefugnis aus Art. 2 Abs. 1 GG sowie aus Art. 12 und Art. 14 GG, soweit er selbst bzw. seine Feriengäste von dem Verbot zur Nutzung der Wasserfläche des Schutzgebiets betroffen sei(en). Die Verordnung sei formell rechtswidrig. Die Auslegung des Verordnungsentwurfs habe nicht die erforderliche Anstoßwirkung gehabt, da die in § 4 Abs. 4 Nr. 7 VO geregelte Verbotszone von 500 m Breite um das Naturschutzgebiet herum nicht in den zum Entwurf gehörenden Karten eingezeichnet gewesen sei; dies führe auch zu einem Abwägungsfehler. Da die Antragsgegnerin diese Verbotszone auch in die endgültigen Fassungen der Karten, die Bestandteil der Verordnung geworden seien, nicht eingezeichnet habe, liege außerdem ein Verstoß gegen § 14 Abs. 4 Satz 1 NAGBNatSchG vor. Zudem hätte es auch deshalb einer erneuten Auslegung des Verordnungsentwurfs bedurft, weil der Text von § 4 Abs. 4 Nr. 7 VO nach der Auslegung nachträglich noch geändert worden sei. Die Verordnung sei auch materiell rechtswidrig. Das gelte zunächst, soweit im Vergleich zum früheren Rechtszustand ein weiterer Teil des Steinhuder Meers unter Naturschutz gestellt worden sei und deshalb nicht mehr für den Wassersport genutzt werden dürfe. Es fehle an einer Begründung für die Vorverlagerung der Schutzgebietsgrenze, zumal sich die lokale Vogelpopulation bereits vor dem Inkrafttreten der neuen Naturschutzgebietsverordnung deutlich positiv entwickelt habe. Außerdem beruhe die Grenzziehung auf einer Begutachtung von Störreizen und Störwirkungen für die lokale Avifauna, die die F. durchgeführt habe. Die F. sei aber wirtschaftlich abhängig von der Antragsgegnerin. Außerdem werde die erforderliche fachliche Qualifikation der an dem Gutachten beteiligten Personen mit Nichtwissen bestritten. Ferner seien bei der Beobachtung von Störreizen für die Vögel auch erhebliche Fehler gemacht worden. Außerdem sei die Schutzgebietsausweisung nicht verhältnismäßig, da mildere Mittel wie etwa der in § 32 Abs. 4 BNatSchG vorgesehene Vertragsnaturschutz nicht in Betracht gezogen worden seien; auch dies begründe zudem einen Abwägungsfehler. Das in § 4 Abs. 4 Nr. 11 VO geregelte vollständige Verbot der Forstwirtschaft stelle einen unverhältnismäßigen Eingriff in das Eigentumsgrundrecht dar. Ein weiterer Abwägungsfehler folge daraus, dass für den traditionellen Handtorfstich gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 4 VO ein Erlaubnisvorbehalt bestehe, während der industrielle Torfabbau, der zu einer erheblichen nachteiligen Veränderung des Bodens und zu Störungen für die Fauna führe, unter den in § 5 Abs. 1 Nr. 10 VO geregelten Voraussetzungen von den Verboten der Verordnung freigestellt sei. Zudem fehle der Antragsgegnerin die rechtliche Befugnis, eine den Luftverkehr beschränkende Verbotsregelung, wie sie in § 4 Abs. 4 Nr. 7 VO enthalten sei, zu regeln.

Der Antragsteller beantragt,

die Verordnung über das Naturschutzgebiet „Totes Moor“ in den Städten Neustadt a. Rbge. und Wunstorf, Region Hannover, vom 13. Mai 2016 für unwirksam zu erklären.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen,

und trägt zur ihrer Rechtsverteidigung vor:

Die Verordnung sei formell rechtmäßig. Die Auslegung des Verordnungsentwurfs habe die erforderliche Anstoßwirkung gehabt. Im Wortlaut von § 4 Abs. 4 Nr. 7 VO werde die 500 m-Zone außerhalb des Schutzgebiets, in dem die Verbotsregelung auch gelte, klar beschrieben, so dass allen potenziell Betroffenen die Möglichkeit offen gestanden habe, dazu Stellung zu nehmen. Die fehlende Einzeichnung der 500 m-Zone in die zur Verordnung gehörenden Karten führe auch nicht zu einem Verstoß gegen § 14 Abs. 4 Satz 1 NAGBNatSchG, da diese Vorschrift sich nur auf den eigentlichen Geltungsbereich eines Schutzgebiets beziehe. Zudem ergebe sich bereits aus § 22 Abs. 1 Satz 3 Halbs. 2 BNatSchG, dass in den Schutz auch die notwendige Umgebung einbezogen werden kann, ohne dass dies von der Darstellung in Karten abhängig gemacht werde. Ferner habe die nachträgliche Aufnahme des Hinweises auf § 30 LuftVG in den Text von § 4 Abs. 4 Nr. 7 VO keine erneute Auslegung des Verordnungsentwurfs erforderlich gemacht, denn es handele sich dabei nur um eine Klarstellung über die ohnehin bestehende Rechtslage ohne eigenständigen Regelungsgehalt. Die Verordnung sei auch in materieller Hinsicht mit höherrangigem Recht vereinbar. Die Ausweitung der unter Naturschutz gestellten Bereiche des Steinhuder Meeres gegenüber dem früheren Rechtszustand sei nur marginal. Insgesamt seien lediglich 10,5 % der Wasserfläche in das Schutzgebiet einbezogen worden; somit stünden fast 90 % weiterhin für den Wassersport und zum Baden zur Verfügung. Die Wasserfläche des Steinhuder Meeres sei sowohl Bestandteil des FFH-Gebiets als auch des Europäischen Vogelschutzgebiets. Dies erfordere die Schaffung von geschützten Ruhezonen auf dem Wasser für Enten und andere Wasservögel, zumal die bisherigen Störungen durch den Wassersport dazu geführt hätten, dass die Zahlen der wertbestimmenden Arten, die im Sommer auf dem Steinhuder Meer leben, gesunken seien. Der Antragsteller habe grundsätzlich keinen Anspruch darauf, dass in einem europäischen Schutzgebiet günstige Voraussetzungen für die Ausübung von Freizeitsportarten wie Segeln, Baden oder Angeln geschaffen würden. Das vollständige Verbot der Forstwirtschaft im Naturschutzgebiet sei erforderlich zur Entwicklung ungenutzter Naturwälder sowie von störungsempfindlichen Vogelarten. Mit diesen Schutzzwecken sei selbst eine nur geringfügige forstwirtschaftliche Nutzung von Waldgrundstücken zur Holzentnahme für den Eigenbedarf nicht vereinbar. Denn damit seien die regelmäßige Reduzierung des Altholzbestandes sowie Störungen verbunden, die mit dem Anlegen von Forstwegen, Rückewegen, Lagerplätzen, mit der Nutzung von Motorsägen und mit dem Holztransport zwangsläufig einhergingen. Für die mit Bäumen bestockten Flächen im Eigentum des Antragstellers komme hinzu, dass sie sich aufgrund des dort vorhandenen Moorbodens für eine gewerbliche Forstnutzung nicht eignen würden. Die in § 4 Abs. 4 Nr. 7 VO geregelten Beschränkungen für den Luftverkehr dienten der Verwirklichung des europäischen Habitatschutzrechts und seien daher unionsrechtlich geboten. Das Naturschutzgebiet und das Vogelschutzgebiet besäßen international eine hohe Bedeutung für den Schutz von Rastvögeln, was sich auch daran zeige, dass es sich beim Steinhuder Meer um eins von landesweit nur acht Gebieten gemäß der Ramsar-Konvention handele. Der Schutz eines derartigen Kernbereichs des weltweiten Vogelschutzes vor Störungen, die auch vom Luftverkehr ausgingen, sei naturschutzfachlich und -rechtlich zwingend erforderlich. Es bestünden auch keine Kompetenzbedenken, da die untere Naturschutzbehörde für die Verwirklichung des Habitatschutzes zuständig sei und die effektive Durchsetzung des europäischen Habitat- und Vogelschutzes sicherzustellen habe. Das deutsche Recht weise diese Aufgabe auch nicht einem anderen Verwaltungsträger zu. Hinsichtlich des industriellen Torfabbaus trage die Freistellung in § 5 Abs. 1 Nr. 10 VO lediglich dem Bestandsschutzinteresse bei bereits bestandskräftig genehmigten Vorhaben Rechnung, während neue Abbauvorhaben generell verboten seien. Durch den Erlaubnisvorbehalt in § 6 Abs. 1 Nr. 4 VO werde das Interesse von Grundstückseigentümern an einer kleinflächigen Entnahme von Torf ausreichend berücksichtigt. Soweit der Antragsteller Abwägungsfehler rüge, ergebe sich aus dem naturschutzrechtlichen Abwägungsgebot des § 2 Abs. 3 BNatSchG kein subjektives Recht auf gerechte Abwägung privater Belange. Im Übrigen sei die konkrete Abwägungsentscheidung auch fehlerfrei erfolgt. Die Sicherung des Gebets durch Vertragsnaturschutz sei allein aufgrund der Gebietsgröße und der großen Zahl von Nutzern, Besuchern und Eigentümern nicht in Betracht gekommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die im Verfahren 4 KN 292/16 beigezogenen Verwaltungsvorgänge und weiteren Unterlagen der Antragsgegnerin verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Der Normenkontrollantrag des Antragstellers ist zulässig, aber nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

A) Der Antrag ist statthaft, weil die angegriffene Verordnung der Antragsgegnerin nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i. V. m. § 75 NJG der Normenkontrolle durch das Oberverwaltungsgericht unterliegt.

Der Antrag erfüllt auch die übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen. Er ist insbesondere innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Verordnung und damit innerhalb der Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO gestellt worden.

Der Antragsteller ist überdies antragsbefugt. Soweit er Eigentümer von im Geltungsbereich der Landschaftsschutzgebietsverordnung liegenden Grundstücken ist, kann er geltend machen, durch die Bestimmungen der Verordnung, die die Grundstücksnutzung einschränken, in eigenen Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Dabei kommt es nicht darauf an, ob er in der Vergangenheit die durch die Verordnung eingeschränkten oder sogar gänzlich verbotenen Grundstücksnutzungen ausgeübt hat und in welchem Maße sich die in seinem Eigentum stehenden Flächen für die verbotenen Nutzungen überhaupt eignen.

Außerdem ist – was auch von der Antragsgegnerin nicht mehr in Frage gestellt wird – der Antragsteller Eigentümer sämtlicher der von ihm im Verfahren angegebenen Grundstücke. Zwar ist bei einzelnen dieser Grundstücke noch seine Mutter als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen. Aber der Antragsteller hat Belege darüber vorgelegt, dass er testamentarischer Erbe seiner bereits verstorbenen Mutter und somit Grundstückseigentümer geworden ist.

Zudem ergibt sich die Antragsbefugnis auch daraus, dass der Antragsteller Mitglied des Yachtclubs, der das vom vorliegenden Verfahren abgetrennte Normenkontrollverfahren 4 KN 190/17 betreibt, und Eigner eines im Steinhuder Meer liegenden Segelboots ist. Damit ist er von dem sich aus der Verordnung ergebenden Verbot betroffen, den Teil der Seefläche, der zum Schutzgebiet gehört, für Wassersport und Erholung zu nutzen (näher dazu unten B)II.3.b). Deshalb kommt eine Verletzung der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) des Antragstellers in Betracht, die jede Form menschlichen Handelns unabhängig von ihrem Gewicht für die Persönlichkeitsentfaltung umfasst (vgl. BVerfG, Beschl. v. 6.6.1989 - 1 BvR 921/85 -, juris Rn. 62 m.w.N.), also auch das Segeln. Da der Antragsteller den Segelsport auch gerade auf dem Steinhuder Meer regelmäßig betreibt, ist er von dem Verbot auch unmittelbar betroffen. Es handelt sich bei ihm hinsichtlich des Verbots daher nicht um eine beliebige Person, die durch das in § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO bezweckte Verbot der Popularklage von der Antragstellung ausgeschlossen sein soll (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.5.2000 - 6 CN 3.99 -, juris Rn. 26; Senatsurt. v. 2.11.2010 - 4 KN 109/10 -, juris Rn. 20). An dem Bestehen der Antragsbefugnis ändert es auch nichts, dass sich das Verbot aufgrund der Abgrenzung des Schutzgebiets nur auf ca. 10,5 % der Gesamtfläche des Steinhuder Meeres bezieht und der Antragsteller den Segelsport somit noch auf der übrigen, weit größeren Fläche des Gewässers ausüben kann. Denn seine allgemeine Handlungsfreiheit wird zumindest für den Teil der Wasserfläche, der zum Naturschutzgebiet gehört, durch das Verbot eingeschränkt. Daher ist eine Verletzung in dem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG zumindest möglich.

B) Der demnach zulässige Normenkontrollantrag ist jedoch nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

I. Die angegriffene Verordnung ist nicht wegen formeller Mängel insgesamt unwirksam (1. und 2.). Unwirksam ist allerdings das Verbot in § 4 Abs. 4 Nr. 7 VO, soweit sein Geltungsbereich außerhalb des Schutzgebiets liegt (3.).

1. Die Verordnung ist nicht deshalb insgesamt unwirksam, weil die Antragsgegnerin nach der Auslegung des Verordnungsentwurfs noch Änderungen am Text der Verordnung vorgenommen, von einer anschließenden erneuten Auslegung des Entwurfs aber abgesehen hat.

Gemäß § 22 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG in der vom 8. September 2015 bis zum 26. Juni 2020 und somit auch im Zeitpunkt der hier in Rede stehenden Unterschutzstellung geltenden Fassung richten sich Form und Verfahren der Unterschutzstellung, die Beachtlichkeit von Form- und Verfahrensfehlern und die Möglichkeit ihrer Behebung sowie die Fortgeltung bestehender Erklärungen zum geschützten Teil von Natur und Landschaft nach Landesrecht. Aus dem Niedersächsischen Ausführungsgesetz zum Bundesnaturschutzgesetz (NAGBNatSchG) ergibt sich für den vorliegenden Fall nicht, dass das Unterbleiben einer erneuten Auslegung des Verordnungsentwurfs einen rechtserheblichen Verfahrensfehler darstellt.

a) Es bedurfte zunächst nicht deshalb einer erneuten Auslegung des Verordnungsentwurfs, weil die Antragsgegnerin erst nach der Auslegung den Wortlaut von § 4 Abs. 4 Nr. 7 VO um die abschließende Wendung „- hiervon unbeschadet bleiben die Abweichungsmöglichkeiten insbesondere auch der Bundeswehr nach § 30 LuftVG“ ergänzt hat.

aa) Das Niedersächsische Ausführungsgesetz zum Bundesnaturschutzgesetz regelt zwar in § 14 Abs. 2 Satz 1 NAGBNatSchG eine Pflicht zur öffentlichen Auslegung des Verordnungsentwurfs, trifft aber keine Bestimmungen über eine erneute Auslegung von Verordnungsentwürfen nach deren Änderung, obwohl die Änderung derartiger Entwürfe nach der Durchführung des Auslegungsverfahrens durchaus üblich und nicht selten auch erforderlich ist. Daher besteht kein Grund zur Annahme, dass jede Änderung eines Verordnungsentwurfs den Verordnungsgeber zur Durchführung eines neuen Beteiligungsverfahrens verpflichtet. Eine solche Verpflichtung besteht vielmehr nur, wenn die Änderung des Verordnungsentwurfs wesentlich ist (Nds. OVG, Urt. v. 9.11.2000 - 3 K 3042/00 -, juris Rn. 14). Denn nur dann verlangen rechtsstaatliche Grundsätze, die von der Ausweisung des Schutzgebiets Betroffenen nochmals nach § 14 Abs. 1 und 2 NAGBNatSchG zu beteiligen. Ob eine wesentliche Änderung vorliegt, beurteilt sich danach, ob der Entwurf der Schutzerklärung nach der Durchführung des Auslegungsverfahrens räumlich oder sachlich erheblich erweitert worden ist (Hendrischke in: Schlacke, GK-BNatSchG, 2. Aufl. 2017, § 22 Rn. 35). Ist das nicht der Fall und sind bei einer wertenden Betrachtung der Gesamtheit der Schutzbestimmungen nur unwesentliche Randkorrekturen vorgenommen worden, liegt eine unwesentliche Änderung vor, die eine nochmalige Beteiligung der Betroffenen sachlich nicht gebietet und daher keine erneute Auslegung erforderlich macht (zum Ganzen: Senatsurt. v. 19.4.2018 - 4 KN 368/15 -, juris Rn. 69).

Bei Anwendung dieses Maßstabs war hier eine erneute Auslegung wegen der nachträglichen Änderung des Entwurfs von § 4 Abs. 4 Nr. 7 VO ersichtlich nicht erforderlich. Die nach der Auslegung hinzugefügte textliche Ergänzung „- hiervon unbeschadet bleiben die Abweichungsmöglichkeiten insbesondere auch der Bundeswehr nach § 30 LuftVG“ diente, wie sich schon dem Wortlaut ohne weiteres entnehmen lässt, nicht der sachlichen Erweiterung des Verbots, sondern im Gegenteil zur Verdeutlichung seiner rechtlichen Grenzen. Dies wird auch durch die Erläuterungen zu der Verordnung bestätigt, die Bestandteil der Beschlussvorlage für die Entscheidung der Regionsversammlung über den Erlass der Verordnung waren (Beschlussdrucksache 2866 (III) BDs, abrufbar unter: https://ris.hannit.de/public/vo020?VOLFDNR=1003605&refresh=false). Gemäß diesen Erläuterungen hatte die nachträgliche textliche Ergänzung lediglich klarstellende Funktion, um Sonderrechte, die für die Bundeswehr und andere öffentliche Stellen im Rahmen der Erfüllung hoheitlicher Aufgaben bestehen, hervorzuheben (Anlage 6 zur Beschlussdrucksache 2866 (III) BDs, pdf-Dokument „Erläuterungen“, S. 5; abrufbar unter: https://ris.hannit.de/public/vo020?0--anlagenHeaderPanel-attachmentsList-5-attachment-link&VOLFDNR=1003605&refresh=false).

bb) Darüber hinaus würde ein etwaiger Verstoß gegen § 14 Abs. 2 Satz 1 NAGBNatSchG wegen der unterbliebenen erneuten Auslegung auch aufgrund der Fehlerfolgenregelung des § 14 Abs. 7 NAGBNatSchG nicht zur Unwirksamkeit von § 4 Abs. 4 Nr. 7 VO oder gar der gesamten Verordnung führen.

Nach § 14 Abs. 7 NAGBNatSchG ist eine Verletzung der Vorschriften des § 14 Abs. 1 bis 3 NAGBNatSchG unbeachtlich, wenn sie nicht innerhalb einer Frist von einem Jahr nach der Verkündung der Verordnung schriftlich unter Angabe des Sachverhalts, der die Verletzung begründen soll, bei der erlassenden Naturschutzbehörde geltend gemacht wird. An der danach erforderlichen fristgemäßen Geltendmachung des Verfahrensmangels bei der Antragsgegnerin fehlt es hier. Aus den Verwaltungsvorgängen ergeben sich ebenso wenig wie aus dem Vorbringen der Beteiligten Hinweise darauf, dass der Antragsteller oder ein Dritter eine entsprechende Rüge unmittelbar bei der Antragsgegnerin eingelegt hat.

Soweit der Antragsteller den Rechtsverstoß im Rahmen des beim Senat anhängigen gerichtlichen Verfahrens gerügt hat, fehlt es jedenfalls an der erforderlichen Geltendmachung innerhalb der gesetzlichen Jahresfrist. Die Rüge gemäß § 14 Abs. 7 NAGBNatSchG kann zwar auch im Rahmen eines Normenkontrollverfahrens geltend gemacht werden. Die Jahresfrist ist aber auch in diesem Fall nur gewahrt, wenn das Vorbringen rechtzeitig auch bei der Behörde, an die die Rüge zu adressieren ist, eingegangen ist. Der Eingang bei Gericht genügt nicht (vgl. zu der Frist für die Geltendmachung der Verletzung von Vorschriften nach § 215 Abs. 1 BauGB: BVerwG, Beschl. v. 21.8.2018 - 4 BN 44.17 -, juris Rn. 4 m.w.N.). Daran fehlt es hier. Die angegriffene Verordnung ist von der Antragsgegnerin erstmalig am 26. Mai 2016 im Gemeinsamen Amtsblatt für die Region Hannover und die Landeshauptstadt Hannover bekannt gemacht worden, so dass die Rügefrist am 26. Mai 2017 abgelaufen ist. Der Antragsteller hat den hier in Rede stehenden Verfahrensfehler aber erstmalig in seinem Schriftsatz vom 19. September 2018, also mehr als ein Jahr nach Fristablauf geltend gemacht.

b) Entsprechendes folgt aus der Unbeachtlichkeitsregelung des § 14 Abs. 7 VO auch, soweit die Antragsgegnerin nach der Auslegung des Verordnungsentwurfs noch das Verbot der Forstwirtschaft (§ 4 Abs. 4 Nr. 11 VO) in den Verordnungsentwurf aufgenommen hat, ohne dies zum Anlass für eine erneute Auslegung zu nehmen. Denn auch diesbezüglich ist ein etwaiger Verstoß gegen § 14 Abs. 2 Satz 1 NAGBNatSchG jedenfalls nicht innerhalb der Jahresfrist schriftlich bei der Antragsgegnerin gerügt worden. Weder der Antragsteller noch Dritte haben eine entsprechende Rüge erhoben.

Der Senat weist aber zur Klarstellung darauf hin, dass aus seiner Sicht Einiges dafürspricht, dass es wegen der nachträglichen Aufnahme des Verbots der Forstwirtschaft in den Verordnungsentwurf einer erneuten Auslegung bedurft hätte. Da es für dieses Verbot zuvor im Verordnungsentwurf keine ausdrückliche Entsprechung gab, ist es zunächst einmal naheliegend, dass der Entwurf der Schutzerklärung durch die Aufnahme des Verbots sachlich erheblich erweitert worden ist. Für die Erheblichkeit der sachlichen Erweiterung spricht insbesondere, dass das Verbot in seinem Geltungsanspruch nicht durch eine Freistellungsregelung oder einen Erlaubnisvorbehalt abgemildert wird und daher ein vollständiges Verbot der Forstwirtschaft im gesamten Schutzgebiet darstellt. Die von der Verwaltung der Antragsgegnerin in den Erläuterungen zu der Verordnung geäußerte Rechtsansicht, dass das Verbot im ursprünglichen Entwurf der Verordnung bereits „implizit“ enthalten und eine erneute Auslegung daher nicht notwendig gewesen sei, ist für den Senat jedenfalls nicht ohne weiteres nachvollziehbar. Ein hinreichend bestimmtes (generelles) Verbot der Forstwirtschaft dürfte sich insbesondere nicht bereits aus § 4 Abs. 1 des Verordnungsentwurfs, der Gegenstand der Auslegung gewesen ist, ergeben haben. Danach sind vorbehaltlich der nach § 5 des Verordnungsentwurfs freigestellten und nach § 6 des Verordnungsentwurfs unter Erlaubnisvorbehalt gestellten Handlungen gemäß § 23 Abs. 2 BNatSchG alle Handlungen verboten, die zu einer Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung des NSG oder seiner Bestandteile oder zu einer nachhaltigen Störung führen können. Weder § 4 des Verordnungsentwurfs zu den vorgesehenen Verboten noch insbesondere § 5 des Verordnungsentwurfs zu den vorgesehenen Freistellungen und § 6 des Verordnungsentwurfs zu den vorgesehenen Erlaubnisvorbehalten enthalten jedoch die für ein (generelles) Verbot der Forstwirtschaft erforderliche Konkretisierung „nach Maßgabe näherer Bestimmungen“ im Sinne des § 23 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG.

2. Soweit der Antragsgegnerin bei der ursprünglichen Verkündung der Verordnung im Jahr 2016 dadurch ein sinnentstellender Fehler unterlaufen ist, dass sie in § 5 Abs. 3 VO vor den abschließenden Worten „auf den in der Karte (Anlage 1 a) entsprechend dargestellten Flächen“ den im ausgefertigten Original enthaltenen Zeilenumbruch weggelassen hat, führt auch dies nicht zur Unwirksamkeit der gesamten Verordnung oder (was ohnehin naheliegender wäre) auch nur des § 5 Abs. 3 VO. Denn der formelle Fehler ist jedenfalls dadurch geheilt worden, dass die Antragsgegnerin die Verordnung in der Ausgabe 2018 Nr. 19 des Gemeinsamen Amtsblatts für die Region Hannover und die Landeshauptstadt Hannover erneut bekannt gemacht hat. Einer erneuten Durchführung sämtlicher Verfahrensschritte, die für die Aufstellung der Verordnung rechtlich vorgesehen sind, bedurfte es für diese Fehlerheilung nicht (vgl. dazu: Senatsurt. v. 19.4.2018 - 4 KN 258/17 -, juris Rn. 43 m.w.N.).

3. Allerdings ist § 4 Abs. 4 Nr. 7 VO wegen eines Verstoßes gegen Anforderungen, die § 14 NAGBNatSchG für die formelle Rechtmäßigkeit einer Schutzgebietsverordnung aufstellt, unwirksam, soweit sich die in diesem Verbot geregelten Beschränkungen für das Betreiben von bemannten und unbemannten Luftfahrzeugen auf eine Zone von 500 m Breite um das Naturschutzgebiet herum bezieht.

a) Anders als der Antragsteller meint, ergibt sich dies aber nicht bereits aus § 14 Abs. 2 Satz 1 NAGBNatSchG.

Der Antragsteller macht geltend, dass die Auslegung des Verordnungsentwurfs deshalb nicht rechtmäßig erfolgt sei, weil der außerhalb des Naturschutzgebiets liegende Teil des Geltungsbereichs von § 4 Abs. 4 Nr. 7 VO nicht in die als Teil des Entwurfs ausgelegten Karten eingezeichnet und deshalb für die potentiell von der Norm Betroffenen nicht erkennbar gewesen sei. Die Auslegung des Entwurfs habe daher insoweit die von § 14 Abs. 2 NAGBNatSchG bezweckte Anstoßwirkung (vgl. dazu: Senatsurt. v. 26.3.2021 - 4 KN 129/18 -, juris Rn. 33) nicht erfüllen können.

Ob dieser Argumentation zu folgen ist, kann der Senat offenlassen. Dagegen spricht allerdings, dass die fehlende Einzeichnung der Verbotszone in die von der Antragsgegnerin als Bestandteil der Verordnung beschlossene endgültige Fassung der Karten bereits zu einem Verstoß gegen § 14 Abs. 4 Satz 1 NAGBNatSchG führt (näher dazu sogleich unter b). Daher erscheint es im Ergebnis als überflüssige rechtliche Doppelung, zusätzlich noch einen Verstoß gegen § 14 Abs. 2 Satz 1 NAGBNatSchG anzunehmen, wenn der entsprechende Fehler bereits in den als Teil des Entwurfs ausgelegten Karten enthalten war.

Dies kann aber dahinstehen. Denn jedenfalls ist auch in dieser Hinsicht ein etwaiger Verstoß gegen § 14 Abs. 2 Satz 1 NAGBNatSchG gemäß § 14 Abs. 7 NAGBNatSchG unbeachtlich, weil er nicht innerhalb eines Jahres nach der am 26. Mai 2016 erfolgten (erstmaligen) Verkündung der Verordnung schriftlich bei der Antragsgegnerin geltend gemacht worden ist. Die entsprechende Rüge haben der Antragsteller und der Segelclub, der im Verfahren 4 KN 190/17 Antragsteller ist, zwar bereits in der am 24. Mai 2017 als Telefax beim Oberverwaltungsgericht eingegangenen gemeinsamen Antragsschrift erhoben, also noch vor dem Ablauf der Jahresfrist am 26. Mai 2017. Entscheidend für die Einhaltung der Rügefrist ist aber, wie der Senat oben bereits ausgeführt hat, der Zeitpunkt, zu dem dieser Schriftsatz bei der Antragsgegnerin eingegangen ist. Dies war, wie sich aus dem von der Antragsgegnerin abgegebenen Empfangsbekenntnis ergibt, erst am 30. Mai 2017 und somit nach Ablauf der Frist der Fall.

b) Es führt aber zu einem Verstoß gegen § 14 Abs. 4 Satz 1 NAGBNatSchG, dass (auch) in der endgültigen Fassung der Verordnung der außerhalb des Schutzgebiets liegende Anwendungsbereich von § 4 Abs. 4 Nr. 7 VO nicht in den zur Verordnung gehörenden Karten eingezeichnet ist. Dieser Rechtsfehler unterliegt auch nicht der Unbeachtlichkeitsregelung in § 14 Abs. 7 NAGBNatSchG, die sich ausdrücklich nur auf die Absätze 1 bis 3 des § 14 NAGBNatSchG bezieht.

Gemäß § 14 Abs. 4 Satz 1 NAGBNatSchG werden der geschützte Teil von Natur und Landschaft und der Geltungsbereich von Vorschriften in der Verordnung zeichnerisch in Karten bestimmt. Zweck dieser Vorschrift ist es, den sich aus den rechtsstaatlichen Geboten der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit ergebenden Anforderungen an die Eindeutigkeit und Nachprüfbarkeit des räumlichen Geltungsbereichs einer Schutzverordnung Rechnung zu tragen (vgl. Agena, in: Blum/Agena, Niedersächsisches Naturschutzrecht, Stand 18. EL April 2021, § 14 Rn. 36). Die zweifelsfreie Bestimmbarkeit der Grenzen des Schutzgebietes anhand der verwendeten Karten ist daher ein unabdingbares Wirksamkeitserfordernis für die Unterschutzstellung (vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 14.8.1990 - 3 L 103/89 -, juris Rn. 3). Die zeichnerische Darstellung muss es ermöglichen, die Grenzen des Schutzgebietes sowie den Geltungsbereich spezieller Vorschriften grundstücksgenau zu ermitteln (vgl. Agena, in: Blum/Agena, a. a. O., § 14 Rn. 37; zum Ganzen: Senatsurt. v. 20.7.2021 - 4 KN 257/18 -, juris Rn. 66).

Nach Sinn und Zweck des § 14 Abs. 4 Satz 1 NAGBNatSchG muss neben der Außengrenze des Schutzgebiets jedenfalls dann zusätzlich auch der Geltungsbereich einer einzelnen Vorschrift, insbesondere eines Gebots oder Verbots, in der Karte dargestellt werden, wenn kumulativ die folgenden beiden Voraussetzungen vorliegen: Erstens bedarf es der gesonderten Darstellung des Geltungsbereichs einer Vorschrift nur dann, wenn dieser nicht deckungsgleich mit der Gesamtfläche des Schutzgebiets ist. Zweitens erfordert die hinreichende Bestimmtheit eines Gebots oder Verbots eine zeichnerische Darstellung, wenn der Geltungsbereich der Vorschrift flächenbezogen und unbeweglich ist. Knüpft ein Gebot oder Verbot dagegen tatbestandlich an ein einzelnes Objekt oder Landschaftselement an, dass auch ohne Eintragung in die Karte für den Betrachter ohne weiteres im Naturraum erkennbar ist, erscheint eine zeichnerische Darstellung des Geltungsbereichs der Vorschrift aus Gründen der Bestimmtheit nicht unbedingt notwendig. Bei Vorschriften, die sich nicht auf eine feststehende Fläche, sondern auf bestimmte Pflanzenarten, Biotoptypen oder andere natürliche Gegebenheiten beziehen, kann der Geltungsbereich zudem einer natürlichen Dynamik unterliegen, die im Laufe der Zeit zu Abweichungen von der per se unveränderlichen Darstellung in der Karte führt.

Bei Anwendung dieses Maßstabs hätte es im vorliegenden Fall einer zeichnerischen Darstellung des in § 4 Abs. 4 Nr. 7 VO normierten Geltungsbereichs des Verbots bedurft, soweit es sich auf eine Zone von 500 m Breite um das Naturschutzgebiet herum bezieht. Denn dieser unbewegliche, flächenbezogene Anwendungsbereich des Verbots ist nicht deckungsgleich mit der Gesamtfläche des Schutzgebiets.

Dass der betroffene Geltungsbereich des Verbots außerhalb des Schutzgebiets liegt, ändert hieran nichts. Vielmehr entspricht im Gegenteil gerade in diesem Fall die Darstellung in der Karte dem Zweck der Rechtsklarheit, Eindeutigkeit und Nachprüfbarkeit, dem § 14 Abs. 4 Satz 1 NAGBNatSchG dient. Denn die in der Karte dargestellten Außengrenzen des Gebiets lassen den Anwendungsbereich des Verbots gerade nicht erkennen. Hinzu kommt, dass die Normadressaten nicht unbedingt damit rechnen, dass eine Schutzgebietsverordnung ein Verbot enthält, dass sich auf eine Fläche außerhalb des Gebiets bezieht. Die optisch sichtbare Eintragung in die Karte dient in dieser Konstellation somit in besonderem Maße der Rechtsklarheit.

Ebenfalls genügt es nicht, dass der außerhalb des Schutzgebiets liegende Geltungsbereich des Verbots im Wortlaut des § 4 Abs. 4 Nr. 7 VO („und außerhalb in einer Zone von 500 m Breite um das NSG herum“) textlich beschrieben wird. Zwar lässt sich anhand dieser Formulierung der Anwendungsbereich des Verbots abschließend bestimmen und kann für den Betrachter der zur Verordnung gehörenden Karten auch mit Hilfe eines Lineals und des zur Kartenlegende gehörenden Maßstabbandes nachvollzogen werden. § 14 Abs. 4 Satz 1 NAGBNatSchG verlangt aber ausdrücklich eine zeichnerische Bestimmung in der Karte. Diese Entscheidung des Landesgesetzgebers ist verbindlich und verlangt zur Herstellung der Rechtsklarheit eine Darstellung des Geltungsbereichs in der Karte selbst.

Demnach ist § 4 Abs. 4 Nr. 7 VO hinsichtlich der Wendung „und außerhalb in einer Zone von 500 m Breite um das NSG herum“ wegen eines Verstoßes gegen § 14 Abs. 4 Satz 1 NAGBNatSchG unwirksam.

c) Dies führt aber nur zur Teilunwirksamkeit des Verbots für den Anwendungsbereich außerhalb des Naturschutzgebiets. Für den übrigen Geltungsbereich, der deckungsgleich mit der Gesamtfläche des Naturschutzgebiets ist, wird der Vorgabe des § 14 Abs. 4 Satz 1 NAGBNatSchG dadurch Genüge getan, dass die Außengrenze des Schutzgebiets in allen drei zur Verordnung gehörenden Karten eingezeichnet ist und § 1 Abs. 3 Satz 2 VO hierzu bestimmt, dass die äußere Seite der Linie die Grenze ist. Damit ist zugleich auch der Anwendungsbereich des Verbots, soweit es aufrecht erhalten bleibt, zeichnerisch klar bestimmt.

II. Die Verordnung ist materiell rechtswidrig und daher unwirksam, soweit es einzelne Regelungsbestandteile von § 4 Abs. 4 Nr. 7 VO und § 5 Abs. 2 VO betrifft. Im Übrigen ist die Verordnung in materiell-rechtlicher Hinsicht aber mit höherrangigem Recht vereinbar.

1. Die Antragsgegnerin ist befugt gewesen, die in den Geltungsbereich der Verordnung einbezogenen Landschaftsflächen zum Naturschutzgebiet zu erklären. Denn die dafür erforderlichen gesetzlichen Voraussetzungen liegen vor.

Nach § 16 Abs. 1 NAGBNatSchG kann die Naturschutzbehörde Gebiete im Sinne des § 23 Abs. 1 BNatSchG durch Verordnung als Naturschutzgebiete festsetzen. Wie sich aus § 3 Abs. 1 VO ersehen lässt, hat die Antragsgegnerin die Verordnung auf alle drei in § 23 Abs. 1 BNatSchG genannten Schutzzwecke gestützt. Die dort gesetzlich normierten Voraussetzungen für die Festsetzung eines Naturschutzgebiets sind für den in das Schutzgebiet einbezogenen Landschaftsbereich erfüllt. Dieser ist im Sinne von § 23 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 BNatSchG schutzwürdig und schutzbedürftig.

a) Die unter Naturschutz gestellten Flächen sind schutzwürdig im Sinne von § 23 Abs. 1 BNatSchG.

aa) Nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG kann ein Naturschutzgebiet festgesetzt werden zur Erhaltung, Entwicklung oder Wiederherstellung von Lebensstätten, Biotopen oder Lebensgemeinschaften bestimmter wildlebender Tier- oder Pflanzenarten. Diese Voraussetzungen sind hier ohne jeden Zweifel im gesamten Schutzgebiet erfüllt.

(1) Die Schutzwürdigkeit ergibt sich bereits aus der Beschreibung des Gebietscharakters in § 2 VO klar und deutlich:

Im Schutzgebiet liegt zunächst das namensgebende Tote Moor, das mit ca. 2.300 ha größte Hochmoor in der Region Hannover; es ist u. a. durch naturnahe, offene Hochmoorlebensräume gekennzeichnet und bietet vielen spezialisierten Lebensgemeinschaften und Arten einen Lebensraum (vgl. 2 Abs. 2 Satz 1 VO). Wie eine Karte in dem von der Antragsgegnerin in Auftrag gegebenen Schutzwürdigkeitsgutachten zeigt (Beiakte 6 im Verfahren 4 KN 292/16, S. 39), erstreckt sich das Moor über weite Teile des Naturschutzgebiets. Ausgenommen sind davon nur die im Süden und Südwesten des Gebiets liegenden Großenheidorner Wiesen, die in das Schutzgebiet einbezogene Wasserfläche des Steinhuder Meers sowie einzelne kleinere Flächen in Randbereichen des Gebiets.

Im Norden und Westen des Schutzgebiets liegen überwiegend trockene Standorte der Sandgeest, die eine hohe Vielfalt an Arten und Lebensräumen mit zum Teil hervorragend ausgeprägten Sandheiden und Sand-Trockenrasen zeigen. Diese Lebensräume beherbergen als einmalige Besonderheit alle in Niedersachsen vorkommenden Reptilienarten in zum Teil großen Beständen (vgl. § 2 Abs. 3 VO). Außerdem stocken im Norden und Osten des Schutzgebiets teils gut ausgeprägte naturnahe Laubwälder auf mittleren und trockenen Standorten (§ 2 Abs. 4 VO).

Südlich des Toten Moores erstreckt sich eine weitgehend offene Grünlandniederung (die bereits erwähnten Großenheidorner Wiesen), die Lebensraum für eine artenreiche Lebensgemeinschaft, etwa für eine Vielzahl von gefährdeten Vogel- und Heuschreckenarten bietet; eingestreute Gewässer bieten Amphibien Laichmöglichkeiten (§ 2 Abs. 5 VO).

Ferner sind die unter Schutz gestellte Wasserfläche des Steinhuder Meeres sowie die dort gelegenen Sandbänke bedeutende Ruhe- und Nahrungsflächen für Brut- und Rastvögel. In den störungsarmen Uferflächen brüten zahlreiche Vogelarten (§ 2 Abs. 6 Sätze 2 und 3 VO). Dieser Uferbereich zeichnet sich durch einen naturnahen Übergang in ausgedehnte Niedermoor- und Röhrichtflächen aus, die landseitig in Sumpfgebüsche und Bruchwälder übergehen (§ 2 Abs. 6 Satz 1 VO).

Aufgrund dieser ungewöhnlich hohen Vielfalt von Lebensräumen und Arten ist es ohne weiteres nachvollziehbar, dass die Antragsgegnerin dem Schutzgebiet gemäß § 2 Abs. 7 VO eine besondere Qualität und Einzigartigkeit gerade durch die Verzahnung all dieser Biotopkomplexe in einem weitgehend unzerschnittenen und durch viele kleinflächig wechselnde Standortfaktoren geprägten Lebensraumkomplex in einem großflächigen Gebiet am Rande des größten niedersächsischen Binnengewässers beimisst. Gleiches gilt im Hinblick darauf, dass sie das Naturschutzgebiet ferner als Kernfläche des Biotopverbundes mit nationaler Bedeutung bewertet (vgl. § 2 Abs. 8 VO).

(2) Zudem gehören größere Teilbereiche des Schutzgebiets zum FFH-Gebiet 094 „Steinhuder Meer (mit Randbereichen)“ und zum Vogelschutzgebiet V42 „Steinhuder Meer“. Wertbestimmend für die FFH-Gebietsflächen sind die beiden prioritären Lebensraumtypen „7110 – Lebende Hochmoore“ und „91D0 – Moorwälder“, sieben weitere Lebensraumtypen sowie sechs Tierarten (vgl. Anlagen 3 und 4 VO). Für das Vogelschutzgebiet sind 7 Vogelarten und 13 Zugvogelarten als Brut- oder Gastvögel wertbestimmend (vgl. Anlage 5 VO).

(3) Die herausgehobene Bedeutung, die das Gebiet gerade für den Vogelschutz hat, wird zudem durch weitere Gebietsauswahlprozesse bestätigt:

Die Flächen des Naturschutzgebiets sind Bestandteil des Important Bird and Biodiversity Area (IBA) NI049 „Steinhuder Meer“. Das gilt auch für den nördlichen Teil des Naturschutzgebiets, der nicht innerhalb des Europäischen Vogelschutzgebiets liegt (siehe die Karte zu den Grenzen der einzelnen in Niedersachsen liegenden IBA; abrufbar unter: https://bergenhusen.nabu.de/imperia/md/nabu/images/nabu/einrichtungen/bergenhusen/projekte/iba/laender/iba_ni.pdf). Aufgrund der hervorgehobenen Bedeutung, die den Verzeichnissen über die einzelnen IBA als naturschutzfachliches Erkenntnismittel in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesverwaltungsgerichts beigemessen wird (vgl. dazu: Senatsurt. v. 21.5.2019 - 4 KN 141/17 -, juris Rn. 50 m.w.N.), rechtfertigt dies grundsätzlich die Annahme der Schutzwürdigkeit im Sinne von § 23 BNatSchG (ebenso zu § 26 BNatSchG: Senatsurt. v. 21.5.2019, a.a.O.).

Hinzu kommt, dass das Steinhuder Meer auf der Grundlage des von der Bundesrepublik Deutschland ratifizierten völkerrechtlichen Abkommens über Feuchtgebiete, insbesondere als Lebensraum für Wasser- und Watvögel von internationaler Bedeutung vom 2. Februar 1971 (BGBl. II Nr. 40, 1976; sog. Ramsar-Konvention) als Feuchtgebiet von internationaler Bedeutung ausgewählt worden ist.

Außerdem ist das Steinhuder Meer von einer gemeinsamen Arbeitsgruppe des Bundesamtes für Naturschutz und des Deutschen Aero Clubs e.V. in Zusammenarbeit mit den Vogelschutzwarten der Länder als sogenanntes Aircraft relevant Bird Area (ABA – Gebietsnr. 134) bestimmt worden, was zur Folge hat, dass dort die Empfehlung gilt, in der Zeit von September bis Mai eine Mindestflughöhe von 600 m über Grund nicht zu unterschreiten. Voraussetzung für die Auswahl als ABA ist ein hohes Vogelaufkommen während der Rast- und Zugzeiten oder das Vorkommen von auf Luftfahrzeuge störsensibel reagierenden Großvogelarten und -gruppen (vgl. dazu die Informationen des BfN, abrufbar unter: https://www.bfn.de/projektsteckbriefe/luftsport-und-naturschutz).

(4) Schließlich hat die Antragsgegnerin zur Vorbereitung der Gebietsausweisung in einem externen Gutachten die Schutzwürdigkeit des Gebiets untersuchen lassen (Beiakte 6 im Verfahren 4 KN 292/16). In diesem Schutzwürdigkeitsgutachten sind anhand naturschutzfachlicher Kriterien Bereiche von geringer, mittlerer sowie hoher und sehr hoher Schutzwürdigkeit unterschieden worden und aus dieser Differenzierung Vorschläge für die konkrete Gebietsabgrenzung abgeleitet worden (Schutzwürdigkeitsgutachten, Beiakte 6 zu 4 KN 292/16, S. 38-39, 44-46 sowie Anlage Karte 2 „Biotoptypen-Bewertung“), an denen sich die Antragsgegnerin im Folgenden orientiert hat.

Im Übrigen wird die große naturschutzfachliche Bedeutung des Naturschutzgebiets weder vom Antragsteller noch von den Antragstellern in den anderen beim Senat anhängigen Normenkontrollverfahren in Frage gestellt.

bb) Aufgrund der in § 2 VO beschriebenen außergewöhnlichen Vielfalt an Arten und Biotoptypen sowie ihrer engen Verzahnung in einem weitgehend unzerschnittenen, großflächigen Gebiet und wegen des im Gebiet liegenden größten Hochmoores der Region Hannover geht der Senat im Übrigen davon aus, dass das Gebiet auch aus wissenschaftlichen und naturgeschichtlichen Gründen sowie aufgrund seiner besonderen Eigenart gemäß § 23 Abs. 1 Nrn. 2 und 3 BNatSchG schutzwürdig ist. Im Hinblick darauf, dass die drei in § 23 Abs. 1 BNatSchG aufgezählten Schutzgründe nicht kumulativ, sondern nur alternativ vorliegen müssen, um die Unterschutzstellung zu rechtfertigen (vgl. Appel in: Frenz/D., BNatSchG, 3. Auf. 2021, § 23 Rn. 14; Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, 3. Aufl. 2021, § 22 Rn. 11), kommt es allerdings nicht darauf an, ob für sämtliche Flächen des Gebiets auch die gesetzlichen Schutzzwecke gemäß § 23 Abs. 1 Nrn. 2 und 3 BNatSchG gegeben sind. Denn der Senat hat nach dem oben Gesagten keinerlei Zweifel daran, dass zumindest die Schutzwürdigkeit gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG für das gesamte Naturschutzgebiet zu bejahen ist.

b) Das unter Schutz gestellte Gebiet ist auch schutzbedürftig.

aa) Da eine Ausweisung als Naturschutzgebiet ihren Zweck nur dann erfüllen kann, wenn sie vorbeugend auch mögliche Gefahren ausschließt, genügt es für die Annahme einer Schutzbedürftigkeit, dass Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Schutzgüter, die eine Ausweisung des Naturschutzgebiets rechtfertigen, ohne die Unterschutzstellung abstrakt gefährdet wären; einer konkreten Gefahrensituation bedarf es hingegen nicht (vgl. BVerwG, Beschl. v. 16.6.1988 - 4 B 102.88 -, NVwZ 1988, 1020; Senatsurt. v. 2.7.2019 - 4 KN 298/15 -; v. 19.4.2018 - 4 KN 343/15 -; v. 19.7.2017 - 4 KN 29/15 -; Nds. OVG, Urt. v. 8.7.2004 - 8 KN 34/02 -). Eine danach ausreichende abstrakte Gefährdung ist hier zweifelsohne gegeben. Denn es liegt auf der Hand, dass die besonders hohe naturschutzfachliche Qualität des Gebiets, seine wissenschaftliche und naturgeschichtliche Bedeutung und die besondere Vielfalt der Landschaft durch verschiedene Nutzungen beeinträchtigt werden könnten.

bb) Das gilt namentlich auch, soweit die Antragsgegnerin durch die angegriffene Verordnung im nordöstlichen Bereich des Steinhuder Meeres nunmehr einen etwas größeren Teil der Wasserfläche unter Naturschutz gestellt hat (insgesamt ca. 10,5% der Wasserfläche des Sees) als es zur Zeit der Geltung der früheren Naturschutzgebietsgebietsverordnung „Ostufer Steinhuder Meer“ der Fall gewesen ist (seinerzeit ca. 8% der Wasserfläche).

Die Einwände des Antragstellers gegen die Schutzgebietsabgrenzung auf der Wasserfläche greifen nicht durch. Er trägt hierzu der Sache nach vor, es gebe keinen ausreichenden Beleg dafür, dass die Vorverlagerung der Gebietsgrenze zum Schutz der lokalen Avifauna vor Störungen erforderlich gewesen sei. Insbesondere stelle eine von der F. zur Vorbereitung der Schutzgebietsausweisung erstellte sachverständige Stellungnahme („Untersuchungen zur Avifauna am Ostufer des Steinhuder Meeres und die Bewertung von Störreizen, Störwirkungen und Meideverhalten“, 2014, siehe letzte Abteilung der Beiakte 7 im Verfahren 4 KN 292/16) hierfür keinen geeigneten Beleg dar, denn diese Stellungnahme sei aus mehreren Gründen fehlerhaft und daher nicht hinreichend aussagekräftig.

Zweifel an der Schutzbedürftigkeit ergeben sich aus diesem Vorbringen nicht. Für eine rechtmäßige Vorverlagerung der Schutzgebietsgrenze ist nicht erforderlich, dass in der Vergangenheit die Wassersportnutzung der nunmehr zusätzlich unter Schutz gestellten Wasserfläche zu konkreten Störungen für die örtliche Avifauna geführt hat. Auf den Nachweis konkreter Störungen oder auch nur einer konkreten Gefahr von Störungen kommt es nicht entscheidend an. Für die Schutzbedürftigkeit der zusätzlich unter Schutz gestellten Wasserfläche genügt vielmehr – wie ausgeführt – eine abstrakte Gefährdung der Schutzzwecke der Verordnung in diesem Bereich.

Für den Senat steht außer Frage, dass die Einbeziehung der Wasserflächen zur Abwehr einer abstrakten Gefährdung der Schutzwecke der Verordnung, insbesondere der in Anlage 5 VO genannten Erhaltungsziele für die wertbestimmenden Vogelarten des Europäischen Vogelschutzgebiets erforderlich war und nach wie vor ist. Das nordöstliche Ufer des Steinhuder Meeres, das ebenso wie die gesamte Wasserfläche des Sees innerhalb des Europäischen Vogelschutzgebiets liegt, hat samt den vorgelagerten Sandbänken und Flachwasserbereichen eine hervorragende, internationale Bedeutung als Rast- und Rückzugsraum für störungsempfindliche Gastvögel (vgl. Schutzwürdigkeitsgutachten, Beiakte 6 zu 4 KN 292/16, S. 23 f., 38). Nicht erst durch die oben erwähnte gutachterliche Stellungnahme der F., sondern bereits in früheren Untersuchungen aus den 1980er Jahren ist auf Störungen des Gastvogelgeschehens durch den Bootsverkehr und andere Wassersportaktivitäten hingewiesen und eine wasserseitige Vorverlagerung der Grenze des Naturschutzgebiets um 300 bis 400 m gefordert worden (vgl. Schutzwürdigkeitsgutachten, a.a.O., S. 24; F., Untersuchungen zur Avifauna am Ostufer des Steinhuder Meeres (…), a.a.O., S. 31 f. – jeweils mit Quellenangaben). Diese Forderung ist aus Sicht des Senats anhand der naturschutzfachlichen Erkenntnisse, die sich aus den Verwaltungsvorgängen der Antragsgegnerin ergeben, auch nachvollziehbar. So hat z. B. der zu den wertbestimmenden Gastvogelarten im Vogelschutzgebiet gehörende Kormoran, der ganzjährig häufig im Schutzgebiet anzutreffen ist und dabei auch regelmäßig die Sandbänke und Flachwasserzonen am Ostufer nutzt (vgl. Schutzwürdigkeitsgutachten, a.a.O., S. 22), im Rahmen einer 2007 durchgeführten Untersuchung am Steinhuder Meer bei Annäherungen von Segel- und Motorbooten eine Fluchtdistanz von bis zu 600 m gezeigt (vgl. F., Literaturrecherche zur Bewertung von Störreizen und Störwirkungen auf Wasservögel am Steinhuder Meer, 2013, vorletzte Abteilung der Beiakte 7 zu 4 KN 292/16, S. 11 mit Quellenangabe).

Außerdem haben die Vertreter der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung erläutert, dass die in der Verordnung geregelte Grenze des Naturschutzgebiets auf der Wasserfläche des Steinhuder Meeres bereits einen Kompromiss zwischen den Belangen des Vogelschutzes und den Nutzungsinteressen der Wassersportler darstellt und hinter dem im Schutzwürdigkeitsgutachten enthaltenen Vorschlag für die Grenzziehung daher noch zurückbleibt. Deshalb wäre es aus Sicht des Senats auch rechtmäßig gewesen, die unter Naturschutzgebiet gestellte Wasserfläche des Steinhuder Meeres noch weiter auszudehnen.

2. Auch von dem durch § 23 Abs. 1 BNatSchG auf der Rechtsfolgenseite eröffneten Normsetzungsermessen hat die Antragsgegnerin in rechtsfehlerfreier Weise Gebrauch gemacht.

a) Liegen – wie hier – die Voraussetzungen für eine Unterschutzstellung von Teilen von Natur und Landschaft vor, so hat die Naturschutzbehörde grundsätzlich einen Handlungsspielraum, ob und wie sie das schutzwürdige und schutzbedürftige Gebiet unter Schutz stellt (Senatsurt. v. 30.10.2017 - 4 KN 275/17 - m.w.N.; vgl. BVerwG, Beschl. v. 29.1.2007 - 7 B 68.06 -). Dieser Grundsatz findet allerdings nach § 32 Abs. 2 BNatSchG hinsichtlich des „Ob“ einer Unterschutzstellung eine Einschränkung, wonach die in die Liste nach Art. 4 Abs. 2 UAbs. 3 der Richtlinie 92/43/EWG (FFH-Richtlinie) aufgenommenen Gebiete nach Maßgabe des Art. 4 Abs. 4 dieser Richtlinie und die nach Art. 4 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2009/147/EG (Vogelschutzrichtlinie) benannten Gebiete entsprechend den jeweiligen Erhaltungszielen zu geschützten Teilen von Natur und Landschaft im Sinne des § 20 Abs. 2 BNatSchG zu erklären sind. Damit hat für den Teil des Naturschutzgebiets, der zum FFH-Gebiet und zum europäischen Vogelschutzgebiet gehört, die Pflicht zu einer Unterschutzstellung bestanden (vgl. Senatsurt. v. 2.9.2019 - 4 KN 298/15 -, v. 30.10.2017 - 4 KN 275/17 - m.w.N. u. v. 2.5.2017 - 4 KN 318/13 - u. - 4 KN 319/13 -). Im Übrigen verbleibt der Naturschutzbehörde bei der Entscheidung darüber, wie das Gebiet unter Schutz gestellt wird, aber ein Handlungsspielraum, der in erster Linie durch eine nach Maßgabe des naturschutzrechtlichen Abwägungsgebots im Sinne des § 2 Abs. 3 BNatSchG erfolgende, dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verpflichtete Würdigung der sich gegenüberstehenden Interessen des Naturschutzes und der Landschaftspflege auf der einen und der Nutzungsinteressen der Grundeigentümer und der übrigen Beteiligten auf der anderen Seite geprägt ist (Senatsurt. v. 2.9.2019 - 4 KN 298/15 -, v. 30.10.2017 - 4 KN 275/17 -, v. 29.11.2016 - 4 KN 93/14 -, v. 20.1.2016 - 4 KN 15/14 - u. v. 1.4.2008 - 4 KN 57/07 -; Nds. OVG, Urt. v. 24.8.2001 - 8 KN 209/01 - u. Urt. v. 6.11.2002 - 8 KN 231/01 -, ferner BVerwG, Beschl. v. 20.12.2017 - 4 BN 8.17 -, BVerwG, Beschl. v. 29.1.2007 - 7 B 68/06 - u. Beschl. v. 16.6.1988 - 4 B 102/88 -, NVwZ 1988, 1020).

Allerdings folgt aus diesem rechtlichen Handlungsspielraum nicht, dass eine unzureichende Ermittlung und Zusammenstellung der bei der Abwägung zu berücksichtigenden Umstände allein die Nichtigkeit einer Schutzgebietsverordnung nach sich zieht (Senatsurt. v. 30.10.2017 - 4 KN 275/17 -, v. 29.11.2016 - 4 KN 93/14 - u. v. 1.4.2008 - 4 KN 57/07 -, Senatsbeschl. v. 30.8.2016 - 4 LA 352/15 -; Nds. OVG, Urt. v. 25.9.2003 - 8 KN 2072/01 -, v. 24.8.2001 - 8 KN 209/01 - u. v. 14.12.2000 - 3 K 4802/99 -), weil die Anforderungen, die an die Rechtmäßigkeit planerischer Entscheidungen gestellt werden (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 7.7.1978 - 4 C 79.76 u.a. -, BVerwGE 56, 110, 122 f., m.w.N.), für naturschutzrechtliche Schutzgebietsverordnungen nicht gelten. Denn die dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verpflichtete Würdigung der sich gegenüberstehenden Interessen, die bei Vorliegen der Voraussetzungen für den Erlass einer Landschaftsschutzgebietsverordnung den Handlungsspielraum der Naturschutzbehörde prägt (BVerwG, Beschl. v. 16.6.1988 - 4 B 102.88 -), ist – auch wenn sie als „Abwägung“ bezeichnet wird – mit der Abwägung aller in Betracht kommenden Belange bei einer Planungsentscheidung nicht identisch (BVerwG, Beschl. v. 20.12.2017 - 4 BN 8.17 -, Beschl. v. 16.6.1988 – 4 B 102.88 -; Senatsurt. v. 1.4.2008 - 4 KN 57/07 -; Nds. OVG, Urt. v. 24.8.2001 - 8 KN 209/01 - u. Urt. v. 14.12.2000 - 3 K 4802/99 -). Daher kommt es bei der gerichtlichen Kontrolle einer Schutzgebietsverordnung lediglich darauf an, ob die aufgrund der Abwägung getroffene Entscheidung über die Unterschutzstellung des Gebiets und die Verbote im Ergebnis zu beanstanden sind (BVerwG, Beschl. v. 20.12.2017 - 4 BN 8.17 -; Senatsurt. v. 30.10.2017 - 4 KN 275/17 -, v. 29.11.2016 - 4 KN 93/14 - und v. 1.4.2008 - 4 KN 57/07 -, Senatsbeschl. v. 30.8.2016 - 4 LA 352/15 -; Nds. OVG, Urt. v. 24.8.2001 - 8 KN 209/01 - u. Urt. v. 14.12.2000 - 3 K 4802/99 -).

Entsprechend kann sich der Antragsteller nicht mit Erfolg darauf berufen, dass der Antragsgegnerin bei der Entscheidung über die Unterschutzstellung Abwägungsfehler unterlaufen seien. Auch sonst ist die Ermessensentscheidung der Antragsgegnerin für die Unterschutzstellung des Gebiets nicht zu beanstanden.

b) Insbesondere spricht gegen die Verhältnismäßigkeit der von der Antragsgegnerin vorgenommenen Würdigung der sich gegenüberstehenden Interessen des Naturschutzes auf der einen und der Nutzungsinteressen der Grundeigentümer auf der anderen Seite nicht, das § 32 Abs. 4 BNatSchG als „milderes Mittel“ gegenüber einer Schutzgebietsfestsetzung auch die Möglichkeit von vertraglichen Vereinbarungen regelt.

§ 32 Abs. 4 BNatSchG erlaubt es nur dann, von der Unterschutzstellung abzusehen, wenn durch vertragliche Vereinbarungen ein gleichwertiger Schutz gewährleistet ist. Gleichwertig bedeutet, dass zwar die rechtlichen Mittel verschieden, das tatsächliche Schutzniveau aber gleich ist, wobei Bezugspunkt der Gleichwertigkeit die unionsrechtlichen Anforderungen an den Schutz der Natura 2000-Gebiete sind (vgl. Möckel, in: Schlacke, GK-BNatSchG, 2. Aufl. 2017, § 32 Rn. 88; Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, 3. Aufl. 2021, § 32 Rn. 51, 74). Gegen die Gleichwertigkeit vertraglicher Vereinbarungen für den Schutz von Natura 2000-Gebieten gegenüber normativen Schutzgebietsausweisungen bestehen aber grundlegende Bedenken, insbesondere wegen der fehlenden Verbindlichkeit von Verträgen gegenüber Dritten (vgl. Möckel, a.a.O., Rn. 93; Schumacher/Fischer-Hüftle, a.a.O., Rn. 75). Es liegt im Übrigen auf der Hand, dass die Möglichkeit, Natura 2000-Gebiete durch Verträge mit den Grundeigentümern zu schützen, - wenn überhaupt - vornehmlich bei Gebieten mit einer überschaubaren Anzahl an Grundeigentümern in Betracht kommt und überdies zwingend die Kooperationsbereitschaft der Grundstückseigentümer voraussetzt (zum Ganzen: Senatsurt. v. 30.10.2017 - 4 KN 275/17 -, juris Rn. 109).

Dass es hier an diesen Voraussetzungen für einen gleichwertigen Gebietsschutz durch vertragliche Vereinbarungen fehlt, steht für den Senat außer Zweifel. Dafür sprechen nicht nur die Größe des Gebiets und eine entsprechend hohe Zahl von Grundeigentümern, mit denen die Antragsgegnerin zu einer vertraglichen Übereinkunft kommen müsste. Hinzu kommt, dass das Schutzgebiet nicht nur von den Grundeigentümern genutzt wird, da das Steinhuder Meer als Wassersportgebiet und als Erholungs- und Urlaubsregion auch auswärtige Gäste anzieht. Dadurch vergrößert sich der Kreis der Personen, gegenüber denen die Schutzzwecke und Erhaltungsziele des Naturschutzgebiets rechtlich abgesichert werden müssen, nochmals erheblich.

c) Im Übrigen ist auch die geringfügige Ausweitung der unter Naturschutz gestellten Wasserfläche des Steinhuder Meeres gegenüber dem früheren Rechtszustand verhältnismäßig. Dies gilt schon deshalb, weil die unter Naturschutz gestellte Wasserfläche im Vergleich zum Rechtsregime der früheren Naturschutzgebietsverordnung „Ostufer Steinhuder Meer“ nur geringfügig von ca. 8% auf etwa 10,5% der gesamten Wasserfläche des Sees angewachsen ist. Somit bleiben ersichtlich noch in ausreichendem Umfang Wasserflächen für Sport und Erholung zugänglich, mögen auch die in das Schutzgebiet einbezogenen unverschlammten Flachwasserbereiche im nordöstlichen Bereich des Steinhuder Meeres hierfür besonders reizvoll gewesen sein.

3. Die Regelungen über Verbote (§ 4 VO), Freistellungen (§ 5 VO) und Erlaubnisvorbehalte (§ 6 VO) sind in weiten Teilen ebenfalls mit höherrangigem Recht vereinbar und damit rechtmäßig. Anderes gilt nur für einzelne Satzteile von § 4 Abs. 4 Nr. 7 VO (siehe dazu 4.) sowie von § 5 Abs. 2 VO (siehe dazu 5.).

a) § 4 Abs. 1 Satz 1 VO steht mit § 23 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG in Einklang, wonach alle Handlungen verboten sind, die zu einer Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung des Naturschutzgebiets oder seiner Bestandteile oder zu einer nachhaltigen Störung führen können. Entsprechendes gilt für § 4 Abs. 2 VO, der für den Teil des Schutzgebiets, der Natura 2000-Gebiet ist, die gesetzliche Vorgabe des § 33 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG wiedergibt, wonach alle Veränderungen und Störungen, die zu einer erheblichen Beeinträchtigung eines Natura 2000-Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen können, unzulässig sind.

b) § 4 Abs. 3 VO regelt für das Naturschutzgebiet ein Betretensverbot außerhalb der in der Karte gemäß Anlage 1 b VO gekennzeichneten Wege. Dies betrifft nicht nur die Landflächen des Schutzgebiets. Darüber hinaus ist es auch verboten, sich auf der in das Naturschutzgebiet einbezogenen Wasserfläche des Steinhuder Meeres aufzuhalten, also dort z. B. zu segeln oder zu schwimmen. Denn gemäß § 4 Abs. 3 VO gilt das Betretensverbot ausdrücklich auch für die Wasserfläche im Schutzgebiet. Von einem „Betreten“ im Wortsinne kann dort außerhalb der begehbaren Flachwasserbereiche (durch die sogar ein in die Karte gemäß Anlage 1 b VO eingezeichneter kurzer Weg führt) zwar nicht die Rede sein (vgl. zum Begriff des „Betretens“: Blum/Agena, Nds. Naturschutzrecht, Stand: 18. EL 2021, § 16 Rn. 92). Jedoch ergibt sich aus den Erläuterungen zu der Verordnung, dass sich der Anwendungsbereich des § 4 Abs. 3 VO nicht auf die zu Fuß begehbaren Grundflächen beschränken soll. Danach beinhaltet das „Betreten“ im Sinne des § 4 Abs. 3 VO grundsätzlich jede Fortbewegungsart, u. a. Fahren, Reiten und Schwimmen (a.a.O., S. 4).

Diese Regelung ist mit höherrangigem Recht vereinbar. Soweit es die begehbaren Teile des Naturschutzgebiets betrifft, ergibt sich dies aus § 16 Abs. 2 Satz 1 NAGBNatSchG. Danach darf das Naturschutzgebiet nicht außerhalb der Wege betreten werden. Nach § 16 Abs. 2 Satz 2 NAGBNatSchG kann die Verordnung zwar Ausnahmen von dem Betretensverbot gemäß Satz 1 zuzulassen, soweit es der Schutzzweck erfordert oder erlaubt. Die Regelung derartiger Ausnahmen liegt aber im Normsetzungsermessen der Naturschutzbehörde, wie die Formulierung als Kann-Vorschrift verdeutlicht. Ein Rechtsanspruch auf die Aufnahme von ausgeweiteten Betretensmöglichkeiten in die Verordnung ergibt sich aus § 16 Abs. 2 Satz 2 NAGBNatSchG nicht.

Hinsichtlich der tieferen Wasserbereiche ist es allerdings fraglich, ob das Verbot insoweit ebenfalls auf § 16 Abs. 2 Satz 1 NAGBNatSchG gestützt werden kann. Der Wortlaut der Norm („nicht außerhalb der Wege betreten“) legt es jedenfalls nahe, dass sich ihr Anwendungsbereich auf Landflächen und darüber hinaus höchstens noch auf sehr flache und damit „begehbare“ Gewässer beschränkt. Ob ebenso wie bei der ähnlich formulierten Regelung des § 4 Abs. 3 VO andere Auslegungsmethoden für eine erweiternde Auslegung sprechen, die über den Wortlaut hinausgeht, kann aber offenbleiben.

Denn selbst bei einem eng am Wortlaut orientierten Verständnis von § 16 Abs. 2 Satz 1 NAGBNatSchG ergibt sich die Rechtmäßigkeit des Verbots zum Aufenthalt auf den tieferen Wasserbereichen zumindest aus der allgemeinen Regelung in § 23 Abs. 2 Satz 2 BNatSchG, deren Konkretisierung § 16 Abs. 2 Satz 1 NAGBNatSchG dient (vgl. zu letzterem: Blum/Agena, a.a.O., Rn. 90). Nach § 23 Abs. 2 Satz 2 BNatSchG können Naturschutzgebiete der Allgemeinheit zugänglich gemacht werden, soweit es der Schutzzweck erlaubt. Aus dieser Norm, die als lex specialis das sich aus anderen Vorschriften (§ 59 Abs. 1 BNatSchG, § 14 BWaldG, § 23 NWaldLG) ergebende Jedermannsrecht zum Betreten der freien Landschaft und des Waldes verdrängt (Appel in: Frenz/D., BNatSchG, 3. Aufl. 2021, § 23 Rn. 46; Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, 3. Aufl. 2021, § 23 § 23 Rn. 61), ist abzuleiten, dass Naturschutzgebiete grundsätzlich nicht der Bevölkerung zur Erholung zur Verfügung stehen (Gellermann in: Landmann/Rohmer, UmwR, Stand: 95. EL 2021, § 23 BNatSchG Rn. 23). Daher folgt aus § 23 Abs. 2 Satz 2 BNatSchG, der ebenso wie § 16 Abs. 2 Satz 2 NAGBNatSchG als Kann-Regelung formuliert ist, keine Verpflichtung, Naturschutzgebiete der Allgemeinheit zugänglich zu machen, soweit es der Schutzzweck erlaubt, und entsprechend auch kein Rechtsanspruch des Einzelnen hierauf (Appel, a.a.O., Rn. 47; Schumacher/Fischer-Hüftle, a.a.O.). Die Regelung normiert damit ein „Verbot mit Erlaubnisvorbehalt“ (Appel, a.a.O.). Das heißt, dass es nach § 23 Abs. 2 Satz 2 BNatSchG verboten ist, ein Naturschutzgebiet aufzusuchen, solange und soweit der zuständige Normgeber dies in der Naturschutzgebietsverordnung nicht erlaubt. Entsprechend wäre es in Ermangelung einer Regelung, wie sie die Antragsgegnerin in § 4 Abs. 3 VO getroffen hat, bereits kraft Gesetzes verboten, sich auf der Wasserfläche des Steinhuder Meeres aufzuhalten, die zum Naturschutzgebiet gehört.

c) Die weiteren in § 4 Abs. 4 Nrn. 1 bis 6 und 8 bis 11 VO näher bezeichneten Verbote sind ebenfalls nicht zu beanstanden.

aa) § 4 Abs. 4 VO enthält insoweit die nach § 23 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG gebotene „Maßgabe näherer Bestimmungen“ zu den Handlungsverboten. Durch die Verwendung des Begriffs „insbesondere“ wird zum Ausdruck gebracht, dass die Aufzählung in den einzelnen Nummern der beispielhaften Konkretisierung des allgemeinen Verbots nach § 4 Abs. 1 VO dient. Hierdurch wird der Normadressat in die Lage versetzt, sein Verhalten an dem allgemeinen Verbot nach § 23 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG und § 4 Abs. 1 VO auszurichten (Senatsurt. v. 29.11.2016 - 4 KN 93/14 -, juris Rn. 74).

Im Übrigen hat der Senat keine Zweifel, dass die nach § 4 Abs. 4 Nrn. 1 bis 6, 8 bis 11 VO verbotenen Handlungen solche im Sinne von § 23 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG sind. Eine verbotene Handlung in diesem Sinne setzt dabei nicht voraus, dass sie tatsächlich zu einer Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung des Naturschutzgebiets oder seiner Bestandteile oder zu einer nachhaltigen Störung führt. Das Verbot ist vielmehr schon dann gerechtfertigt, wenn die Möglichkeit besteht, dass die Handlungen solche Folgen haben können, diese also nicht gänzlich außerhalb des Möglichen liegen (Senatsurt. v. 3.11.2020 - 4 KN 214/17 -, juris Rn. 46 u. v. 4.3.2020 - 4 KN 226/17 -, juris Rn. 45; Frenz/D., BNatSchG, 3. Aufl. 2021, § 23 Rn. 37; Schlacke, GK-BNatSchG, 2. Aufl. 2017, § 23 Rn. 31). Diese Voraussetzung ist in Bezug auf die in § 4 Abs. 4 Nr. 1 bis 6, 8 bis 10 VO enthaltenen Verbote, zu denen der Antragsteller auch nichts vorgetragen hat, ohne Weiteres zu bejahen.

bb) Gleiches gilt auch für das in § 4 Abs. 4 Nr. 11 VO geregelte Verbot der Forstwirtschaft, von dem der Antragsteller als Waldeigentümer betroffen ist. Es liegt auf der Hand, dass das Fällen von Bäumen zu einer Beschädigung oder Veränderung des Naturschutzgebiets oder seiner Bestandteile führen kann. Das gilt insbesondere auch deshalb, weil gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 5 VO Erhalt und Entwicklung einer „eigendynamischen“, also nicht von Menschenhand gesteuerten Waldsukzession zu den Schutzzwecken der Verordnung gehören, soweit es mit der Hochmoorentwicklung in Einklang steht. Außerdem kann die forstwirtschaftliche Nutzung wegen des mit dem Holzeinschlag verbundenen Lärms und wegen des Einsatzes von schwerem Gerät für den Abtransport auch zu einer nachhaltigen Störung führen, zumal nach § 3 Abs. 2 Nr. 7 VO Erhalt und Entwicklung großflächig unzerschnittener, ungenutzter und ungestörter Bereiche als Rückzugsraum für störungsempfindliche Arten ausdrücklich zu den besonderen Schutzzwecken der Verordnung gehören.

Das Verbot der Forstwirtschaft, das im gesamten Schutzgebiet uneingeschränkt gilt, weil es nicht durch eine Freistellung oder einen Erlaubnisvorbehalt relativiert wird, ist auch verhältnismäßig. Die Vorschrift betrifft in erster Linie Waldflächen auf Moorböden, bei denen der Holzertrag ohnehin wegen der vergleichsweise niedrigen Baumhöhen geringer ist und daher eine forstwirtschaftliche Nutzung im Haupterwerb kaum in Betracht kommt. Das gilt auch für das Eigentum des Antragstellers, der seine Waldfläche bisher nach seinen eigenen Angaben noch nicht einmal zum Holzeinschlag für den Eigenbedarf genutzt hat. Für Waldflächen mit derart ungünstigen Standortbedingungen ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt, dass ein repressives Verbot der forstwirtschaftlichen Nutzung verhältnismäßig ist (BVerwG, Urt. v. 5.2.2009 - 7 CN 1.08 -, juris Rn. 40).

Allerdings finden sich vornehmlich an den Rändern des Schutzgebiets auch Waldflächen auf trockeneren Standorten, die daher für die Forstwirtschaft besser geeignet sind. Den Beiakten lässt sich aber entnehmen, dass die Antragsgegnerin insoweit für die Verhältnismäßigkeit des Verbots dadurch gesorgt hat, dass sie die entsprechenden Flächen entweder bei der Gebietsabgrenzung nicht in das Schutzgebiet einbezogen hat oder durch Kauf oder Tausch erworben hat. Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass diese Maßnahmen nur lückenhaft durchgeführt worden sind und daher einzelne Waldeigentümer von dem Verbot unverhältnismäßig hart belastet werden.

d) Im Übrigen wird die Verhältnismäßigkeit der in der Verordnung geregelten Verbote auch dadurch gewahrt, dass in den §§ 5 und 6 VO weitreichende Freistellungsregelungen und Erlaubnisvorbehalte geregelt sind.

Insbesondere der in § 6 Abs. 1 Nr. 4 VO geregelte Erlaubnisvorbehalt für die kleinflächige Entnahme von Torf im Handtorfstich ist rechtmäßig, von dem der Antragsteller als Flächeneigentümer betroffen ist. Das präventive Verbot wird durch die auf Erhalt, Entwicklung und Renaturierung der Hochmoorflächen im Schutzgebiet gerichteten besonderen Schutzzwecke gestützt (vgl. § 3 Abs. 2 Nrn. 1 bis 4 VO), denen die Entnahme von Torf und die damit verbundene Verringerung, Lockerung und Durchlüftung des Moorkörpers ersichtlich abträglich ist. Die Verhältnismäßigkeit wird schon durch den Erlaubnisvorbehalt gewahrt. Gemäß § 6 Abs. 2 VOG ist die Erlaubnis, unbeschadet anderer Rechtsvorschriften, auf Antrag zu erteilen, sofern die beabsichtigte Maßnahme den Schutzzweck der Verordnung nicht gefährdet.

Soweit der Antragsteller sinngemäß eine Benachteiligung des genehmigungspflichtigen kleinflächigen Handtorfstichs gegenüber der im Vergleich dazu deutlich naturschädlicheren industriellen Torfgewinnung geltend macht, führt dieses Vorbringen nicht auf einen Verstoß gegen höherrangiges Recht. Die vom Antragsteller in diesem Zusammenhang gerügte Norm des § 5 Abs. 1 Nr. 10 VO stellt „ausschließlich die bei Inkrafttreten dieser Verordnung bestandskräftig genehmigte industrielle Torfgewinnung“ von den Verboten der Verordnung frei. Mit diesem eng begrenzten Geltungsbereich dient die Freistellungsregelung lediglich der Gewährleistung des rechtsstaatlich gebotenen Vertrauensschutzes in den Fällen, in denen für den gewerblichen Torfabbau bereits eine bestandskräftige Genehmigung vorliegt. Eine sachlich nicht begründete und daher gleichheitswidrige Bevorzugung gegenüber der nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 VO genehmigungspflichtigen kleinflächigen Torfentnahme vermag der Senat daher nicht zu erkennen. Im Übrigen laufen die befristeten Genehmigungen für den industriellen Torfabbau nach Auskunft der Antragsgegnerin bis zum Jahr 2030 auch nach und nach aus. Sie stehen daher auch der Verwirklichung der Schutzzwecke und Erhaltungsziele im Naturschutzgebiet mittel- und langfristig nicht entgegen.

e) Die in den vom Senat als rechtmäßig angesehenen Verboten der Verordnung liegenden Beschränkungen der Eigentums- und Nutzungsrechte des Antragstellers und anderer Personen verstoßen ferner nicht gegen Art. 14 GG, weil sie sich als verfassungsrechtlich unbedenkliche Bestimmungen von Inhalt und Schranken des Eigentums im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG erweisen. Wenn die natürlichen oder landschaftsräumlichen Gegebenheiten eines Grundstücks im Interesse der Allgemeinheit erhaltenswert sind und des Schutzes bedürfen, so ergibt sich daraus eine immanente, dem Grundstück selbst anhaftende Beschränkung der Eigentümerbefugnisse, die durch natur- und landschaftsschutzrechtliche Regelungen – wie die Verordnung der Antragsgegnerin – lediglich nachgezeichnet wird (Senatsurt. v. 30.10.2017 - 4 KN 275/17 -, v. 29.11.2016 - 4 KN 93/14 - u. v. 1.4.2007 - 4 KN 57/07 -; ferner BVerwG, Urt. v. 24.6.1993 - 7 C 26.92 -, m.w.N.). Regelungen des Naturschutzes, die die Nutzung von Grundstücken aus Gründen des Natur- und Landschaftsschutzes beschränken, sind daher keine Enteignungen im Sinne des Art. 14 Abs. 3 GG, sondern Bestimmungen von Inhalt und Schranken des Eigentums, die als Ausdruck der Sozialpflichtigkeit des Eigentums grundsätzlich hinzunehmen sind (vgl. BVerwG, Urt. v. 31.1.2001 - 6 CN 2.00 -; Beschl. v. 18. 7.1997 - 4 BN 5.97 -). Als unzumutbare Beschränkungen der Eigentümerbefugnisse erweisen sie sich erst dann, wenn nicht genügend Raum für einen privatnützigen Gebrauch des Eigentums oder eine Verfügung über den Eigentumsgegenstand verbleibt oder wenn eine Nutzung, die bisher ausgeübt worden ist oder sich nach der Lage der Dinge objektiv anbietet, ohne jeglichen Ausgleich unterbunden wird (vgl. BVerwG, Beschl. v. 17.1.2000 - 6 BN 2.99 -, Beschl. v. 18.7.1997, a.a.O.). Das ist hier jedoch nicht der Fall. Insbesondere wird, soweit von dem vollständigen Verbot der Forstwirtschaft in § 4 Abs. 4 Nr. 11 VO die Waldfläche des Antragstellers betroffen ist, nicht eine Nutzung verboten, die er bisher ausgeübt hat. Denn der Antragsteller hat seine Waldfläche bisher nach seinen eigenen Angaben noch nicht einmal zum Holzeinschlag für den Eigenbedarf genutzt. Da die Waldfläche sich auf Torfboden befindet und die Standortbedingungen somit nicht günstig sind, kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass sich eine forstwirtschaftliche Nutzung der Fläche objektiv anbietet (vgl. zur Verhältnismäßigkeit des Verbots bei derartigen Standortbedingungen: BVerwG, Urt. v. 5.2.2009 - 7 CN 1.08 -, juris Rn. 40). Und in den Fällen, in denen es durch die Verbote dennoch zu unzumutbaren Belastungen des jeweiligen Nutzungsberechtigten kommt, besteht nach § 5 Abs. 1 VO i. V. m. § 67 BNatSchG und § 41 NAGBNatSchG im Einzelfall die Möglichkeit, eine Befreiung von dem jeweiligen Verbot zu beantragen. Zur Realisierung von Plänen und Projekten enthält § 5 Abs. 2 VO unter Bezugnahme auf § 34 Abs. 3 bis 5 BNatSchG eine Befreiungsmöglichkeit. Schließlich ist, sollte eine Befreiung im Einzelfall nicht in Betracht kommen, unter den Voraussetzungen des § 68 Abs. 1 BNatSchG eine Entschädigung in Geld zu leisten.

4. Das in § 4 Abs. 4 Nr. 7 VO geregelte Verbot, unbemannte Luftfahrzeuge zu betreiben sowie mit bemannten Luftfahrzeugen zu starten, eine Mindestflughöhe von 600 m zu unterschreiten oder zu landen, ist nicht nur aus formellen Gründen unwirksam, soweit es sich auf die Zone von 500 m Breite um das Schutzgebiet herum bezieht (siehe oben B.I.3.). Darüber hinaus ist das Verbot in materiell-rechtlicher Hinsicht auch unwirksam, soweit es für bemannte Luftfahrzeuge in dem Teil des Luftraums, der innerhalb des Naturschutzgebiets, aber außerhalb des Europäischen Vogelschutzgebiets liegt, eine Mindestflughöhe von mehr als 150 m über dem Boden oder Wasser vorgibt. Im Übrigen ist das Verbot aber materiell-rechtlich mit höherrangigem Recht vereinbar.

a) Vorbehaltlich der Vorgaben, die sich aus dem europäischen Vogelschutz- und Habitatschutzrecht ergeben (dazu b), ist die Antragsgegnerin nicht befugt, ein Flugverbot für bemannte Luftfahrzeuge oberhalb einer Mindestflughöhe von mehr als 150 m über dem Boden oder Wasser zu regeln. Das ergibt sich sowohl aus der Sperrwirkung des auf der Grundlage von Art. 73 Abs. 1 Nr. 6 GG geschaffenen nationalen Luftverkehrsrechts (aa) als auch aus Vorgaben des europäischen Luftverkehrsrechts (bb). Daneben bleibt Raum für eine Regelungsbefugnis der unteren Naturschutzbehörde nur für den Luftraum bis zu einer Flughöhe von 150 m über dem Boden oder Wasser (cc).

aa) Eine Mindestflughöhe von 600 m kann außerhalb des Geltungsbereichs des europäischen Vogelschutz- und Habitatschutzrechts nicht durch Naturschutzgebietsverordnung geregelt werden. Eine derartige Vorgabe für den Luftverkehr könnte nur durch Festlegung eines Gebiets mit Flugbeschränkungen geschaffen werden, für die nicht die Antragsgegnerin als untere Naturschutzbehörde, sondern gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 LuftVO das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur zuständig ist. Neben dem auf der Grundlage von Art. 73 Abs. 1 Nr. 6 GG geschaffenen deutschen Luftverkehrsrecht bleibt kein Raum für eine so weitgehende Beschränkung des Flugverkehrs durch ein Verbot in einer naturschutzrechtlichen Schutzgebietsverordnung.

Der Senat hat bereits entschieden, dass der Landesgesetzgeber für Bundeswasserstraßen in Naturschutzgebieten keine den Verkehr einschränkenden Befahrensregelungen treffen darf, da hierfür angesichts der abschließenden Bundesregelung in § 5 Sätze 1 und 3 WaStrG, die auf der Grundlage der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Art. 74 Abs. 1 Nr. 21 GG getroffen worden ist, kein Raum bleibt (Senatsbeschl. v. 11.12.2020 - 4 LC 291/17 -, juris Leitsatz 2 u. Rn. 40 ff.). Eine vergleichbare Sperrwirkung für eine landesrechtliche Regelung – sei es durch förmliches Landesgesetz oder durch eine ebenfalls dem Landesrecht zuzurechnende Schutzgebietsverordnung der unteren Naturschutzbehörde – gilt auch für Beschränkungen des Luftverkehrs. Das ergibt sich aus der ausschließlichen Bundeskompetenz für den Luftverkehr (Art. 73 Abs. 1 Nr. 6 GG) und dem auf ihrer Grundlage bundesrechtlich geregelten Luftverkehrsrecht.

(1) Ebenso wie der Kompetenztitel in Art. 74 Abs. 1 Nr. 21 GG die dort genannten Wasserstraßen in ihrer Eigenschaft als Verkehrswege betrifft (Senatsbeschl. v. 11.12.2020, a.a.O., Rn. 40 m.w.N.), zielt auch die in Art. 73 Abs. 1 Nr. 6 GG normierte ausschließliche Bundeskompetenz für den Luftverkehr auf den Luftraum gerade in seiner Eigenschaft als Verkehrsweg bzw. Verkehrsraum, wie schon der Wortlaut verdeutlicht. Entsprechend gehören rechtliche Vorgaben für den Flugverkehr zum Kernbereich der ohnehin allgemein als umfassend verstandenen (vgl. Seiler in: BeckOK GG, Stand: 47. Edition 2021, Art. 73 Rn. 25; Uhle in: Maunz/Dürig, GG, Stand: 93. EL 2020, Art. 73 Rn. 135) ausschließlichen Bundesgesetzgebung nach Art. 73 Abs. 1 Nr. 6 GG. Zum Flugverkehr im Sinne von Art. 73 Abs. 1 Nr. 6 GG werden dabei die Gesamtheit der Flugbewegungen von Luftfahrzeugen im Luftraum, deren Aufstiege und Landungen sowie die dafür benötigten Anlagen gezählt (BVerwG, Urt. v. 25.10.2017 - 6 C 44.16 -, juris Rn. 16; Hess. StGH, Beschl. v. 15.1.1982 - P.St. 947 -, NJW 1982, 1141; Degenhart in: Sachs, GG, 9. Aufl. 2021, Art. 73 Rn. 26). Damit schließt die Gesetzgebungszuständigkeit für den Luftverkehr unzweifelhaft auch Regelungen über die Sperrung von oder Verkehrsbeschränkungen für bestimmte Zonen des Luftraums ein.

Dies wird bestätigt durch die vorkonstitutionelle Rechtsentwicklung und Staatspraxis. Sie hat für die für die Auslegung von Kompetenztiteln, die ältere, insbesondere vorkonstitutionelle und umfassend kodifizierte Gesetzgebungsgegenstände betreffen, eine besondere Bedeutung (eingehend dazu: BVerfG, Beschl. v. 25.3.2021 - 2 BvF 1/20 u. a. -, juris Rn. 99 f.). Das betrifft auch Art. 73 Abs. 1 Nr. 6 GG. Denn schon in Art. 7 Nr. 19 der Weimarer Reichsverfassung war eine (allerdings nicht ausschließliche) Gesetzgebungszuständigkeit des Reichs für den Verkehr mit Kraftfahrzeugen zu Lande, zu Wasser und in der Luft geregelt. Die auf der Grundlage dieses Kompetenztitels durch Reichsgesetz geschaffene Ursprungsfassung des Luftverkehrsgesetzes vom 1. August 1922 (RGBl. I, 681) enthielt in § 13 bereits eine Regelung, wonach bestimmte Gebiete vorübergehend oder dauernd für den Luftverkehr ganz oder unter einer bestimmten Flughöhe gesperrt werden können (Luftsperrgebiete).

(2) Auf der Grundlage von Art. 73 Abs. 1 Nr. 6 GG hat der Bundesgesetzgeber in § 1 Abs. 1 LuftVG geregelt, dass die Benutzung des Luftraums durch Luftfahrzeuge frei ist, so soweit sie nicht durch dieses Gesetz, durch die zu seiner Durchführung erlassenen Rechtsvorschriften, durch im Inland anwendbares internationales Recht, durch Rechtsakte der Europäischen Union und die zu deren Durchführung erlassenen Rechtsvorschriften beschränkt wird. Ob damit der Luftraum zu einer öffentlichen Sache im Gemeingebrauch erklärt wird (so Wysk in: Grabherr/Reidt/Wysk, LuftVG, Stand: 22. EL. 2021, § 1 Rn. 30) oder es sich um eine vom Gemeingebrauch zu unterscheidende Gebrauchsbefugnis für jedermann handelt, wie es bei der ähnlich formulierten Regelung in § 5 Satz 1 WaStrG der Fall ist (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 4.7.1969 - VII C 26.65 -, juris Rn. 32; Senatsbeschl. v. 11.12.2020 - 4 LC 291/17 -, juris Rn. 41; OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 14.3.2012 1 - L 123/11 -, Rn. 6 ff.), bedarf keiner Entscheidung. Denn unabhängig von der genauen rechtlichen Einordnung ermöglicht § 1 Abs. 1 LuftVG generell die Benutzung des Luftraums durch Luftfahrzeuge und lässt Beschränkungen dieses Nutzungsrechts (abgesehen von den an dieser Stelle nicht relevanten internationalen oder europarechtlichen Vorgaben und deren nationalen Umsetzungsakten) ausdrücklich nur zu, soweit sie im Luftverkehrsgesetz selbst oder den zu seiner Durchführung erlassenen Rechtsvorschriften geregelt sind. Eine derartige Einschränkung der in § 1 Abs. 1 LuftVG normierten grundsätzlichen Freiheit des Luftverkehrs ergibt sich u. a. aus der Verordnungsermächtigung in § 32 Abs. 1 Nr. 9 LuftVG und der auf dieser Grundlage geschaffenen Regelung über Luftsperrgebiete und Gebiete mit Flugbeschränkungen in § 17 LuftVO. Daneben bleibt, wie bereits der Wortlaut von § 1 Abs. 1 LuftVG verdeutlicht, kein Raum für Regelungen des Landesrechts, die ihrerseits mit der Schaffung eines Luftsperrgebiets oder Flugbeschränkungsgebiets gleichbedeutend sind. Das gilt auch für die in § 4 Abs. 4 Nr. 7 VO geregelte Mindestflughöhe für bemannte Luftfahrzeuge von 600 m, denn mit dem gleichen Regelungsinhalt könnte auch ein Flugbeschränkungsgebiet festgelegt werden.

Gegen dieses Ergebnis kann auch nicht mit Erfolg eingewandt werden, dass die Schaffung eines Flugbeschränkungsgebiets einerseits und § 4 Abs. 4 Nr. 7 VO andererseits unterschiedliche Zwecke hätten: im ersten Fall die Gewährleistung der Flugsicherheit, im zweiten Fall den Schutz der Natur. Denn auch die Festlegung eines Gebiets mit Flugbeschränkungen kann aus Gründen des Naturschutzes erfolgen. Nach § 17 Abs. 1 Satz 2 LuftVO werden Luftsperrgebiete und Gebiete mit Flugbeschränkungen festgelegt, wenn dies zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung, insbesondere für die Sicherheit des Luftverkehrs, erforderlich ist. Aus der Verwendung des Wortes „insbesondere“ ist zu ersehen, dass die Sicherheit des Luftverkehrs nicht den alleinigen Anwendungsbereich der Norm darstellt. Und eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit kann auch dann vorliegen, wenn der Luftverkehr vor Ort mit Belangen des Naturschutzes kollidiert (vgl. BVerwG, Urt. v. 10.5.1985 - 4 C 36.82 -, juris Rn. 16; Senatsurt. v. 4.3.2020 - 4 KN 226/17 -, juris Rn. 60).

bb) Zudem ergibt sich auch aus dem Luftverkehrsrecht der Europäischen Union und seiner Verknüpfung mit dem deutschen Recht, dass in eine Naturschutzgebietsverordnung nicht Regelungen aufgenommen werden dürfen, die auf die Schaffung eines Flugbeschränkungsgebiets hinauslaufen.

Zum europäischen Luftrecht gehört die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 923/2012 vom 26. September 2012 zur Festlegung gemeinsamer Luftverkehrsregeln und Betriebsvorschriften für Dienste und Verfahren der Flugsicherung. In den Erwägungen, die der Durchführungsverordnung vorangestellt sind, kommt mehrfach wiederholt zum Ausdruck, dass die Schaffung und Gewährleistung eines „einheitlichen europäischen Luftraums“ (Ziffer 1-6) der zentrale Zweck des Regelungswerks ist. Zudem soll eines der „Hauptelemente zur Gewährleistung eines sicheren grenzüberschreitenden Flugbetriebs (…) darüber hinaus die Schaffung eines transparenten Regulierungssystems“ sein, „bei dem für die Akteure Rechtssicherheit und Berechenbarkeit gegeben sind“ (Ziffer 6).

Durch SERA.3145 im Anhang dieser Durchführungsverordnung wird ein Verbot für Luftfahrzeuge normiert, in Luftsperrgebiete oder Flugbeschränkungsgebiete einzufliegen, für die entsprechende Angaben ordnungsgemäß veröffentlicht wurden. Anknüpfend hieran regelt § 43 LuftVO, dass Festlegungen u. a. nach § 17 Abs. 1 LuftVO durch die dort benannte Behörde, also das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (§ 17 Abs. 1 Satz 1 LuftVO), in den Nachrichten für Luftfahrer veröffentlicht werden. Aus dem Zusammenspiel dieser Normen folgt, dass für den Luftraum über der Bundesrepublik Deutschland nur eine vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur veranlasste Publikation in den Nachrichten für Luftfahrer (NfL) als ordnungsgemäße Veröffentlichung im Sinne von SERA.3145 angesehen werden kann.

Diese Vorgabe würde aber unterlaufen, wenn in einer Naturschutzgebietsverordnung Verbote geregelt werden könnten, die im Ergebnis gleichbedeutend mit der Festlegung eines Luftsperrgebiets oder eines Gebiets mit Flugbeschränkungen sind. Denn eine Naturschutzgebietsverordnung wird nur in einem örtlichen Verkündungsblatt publiziert und gehört nicht zu den Festlegungen, die gemäß § 43 LuftVO zur Bekanntmachung in den NfL vorgesehen sind. Der europarechtlich bezweckten Vereinheitlichung des Luftraums und der Schaffung eines transparenten Regulierungssystems, bei dem für die Akteure Rechtssicherheit und Berechenbarkeit gegeben sind, würde diese lokale und für den Luftverkehr atypische Publikation, bei der auch eine Aufnahme in die durch die Flugsicherung hergestellten und veröffentlichten Luftfahrtkarten (vgl. § 17 Nr. 4 Verordnung über die Durchführung der Flugsicherung) nicht ohne weiteres gewährleistet ist, ersichtlich widersprechen.

cc) In einer naturschutzrechtlichen Schutzgebietsverordnung dürfen jedoch eine Mindestflughöhe von 150 m über dem Boden oder Wasser (oder niedriger) und weitere Beschränkungen für den unterhalb dieser horizontalen Grenze liegenden Luftraum – etwa Start- und Landeverbote – geregelt werden.

(1) In der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Senats sind Verbote in naturschutzrechtlichen Schutzgebietsverordnungen, mit denen die Ausübung des Modellflugsports beschränkt wurde, gebilligt und insbesondere ihre Vereinbarkeit mit der Gesetzgebungskompetenz für den Luftverkehr (Art. 73 Abs. 1 Nr. 6 GG) bejaht worden (BVerwG, Beschl. v. 29.7.1986 - 4 B 73.86 -, juris Rn. 5 ff., Senatsurt. v. 4.3.2020 - 4 KN 226/17 -, juris Rn. 60). Ferner ist geklärt, dass derartige Verbote auch von den Luftverkehrsbehörden zu beachten sind, soweit diese luftrechtliche Vorschriften anwenden, die tatbestandlich an eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit anknüpfen. Denn eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit kann auch darin liegen, dass der beabsichtigte Luftverkehr in einer bestimmten Gegend gegen Vorschriften des Naturschutzrechts verstößt (BVerwG, Urt. v. 10.5.1985 - 4 C 36.82 -, Rn. 17; Senatsurt. v. 4.3.2020, a.a.O., juris Rn. 60)

Über den Modellflug hinaus sind in erstinstanzlichen Entscheidungen der Verwaltungsgerichte auch naturschutzrechtliche Einschränkungen für den bemannten Luftsport mit Lenkdrachen oder Hängegleitern als rechtmäßig angesehen worden (vgl. VG Regensburg, Urt. v. 26.9.1990 - RN 3 K 89.1822 -, Leitsätze in juris veröffentlicht; VG Würzburg, Urt. v. 16.10.1990 - W 5 K 89.1197 -, NVwZ-RR 1991, 238; VG Freiburg, Urt. v. 6.11.1990 - 6 K 179/89 -, NuR 1993, 242).

(2) Diese Rechtsprechung hat aus Sicht des Senats im Grundsatz nach wie vor Bestand. Dabei geht der Senat davon aus, dass in einer naturschutzrechtlichen Schutzgebietsverordnung zumindest für den Teil des Luftraums, der unterhalb der rechtlich vorgegebenen Mindestflughöhe für Flüge nach Sichtflugregeln liegt, Gebote und Verbote geregelt werden dürfen.

(a) Gemäß SERA.5005 Buchst. f Nr. 2 im Anhang der Durchführungsverordnung Nr. 923/2012 beträgt die Mindestflughöhe für Flüge nach Sichtflugregeln, die nicht über Städten, anderen dicht besiedelten Gebieten oder Menschenansammlungen durchgeführt werden, 150 m (500 ft) über dem Boden oder Wasser oder 150 m (500 ft) über dem höchsten Hindernis innerhalb eines Umkreises von 150 m (500 ft) um das Luftfahrzeug. Unterhalb dieser Mindestflughöhe ist Verkehr mit Flugzeugen (abgesehen von Starts und Landungen) generell verboten. § 37 Abs. 3 LuftVO lässt ein Unterschreiten der in SERA.5005 f normierten Mindestflughöhen unter den dort normierten Voraussetzungen nur zu für Segelflugzeuge, bemannte Freiballone, Hängegleiter und Gleitsegler. Daneben steht der Luftraum unterhalb der Mindestflughöhe nur für unbemannte Fluggeräte (also Flugmodelle oder Drohnen) zur Nutzung frei, die gemäß Art. 4 Abs. 1 Buchst. e der Durchführungsverordnung (EU) 2019/947 vom 24. Mai 2019 über die Vorschriften und Verfahren für den Betrieb unbemannter Luftfahrzeuge im Allgemeinen nur maximal in einer Flughöhe von 120 m über dem nächstgelegenen Punkt auf der Erdoberfläche fliegen dürfen.

Zulässig sind im Luftraum unterhalb der Mindestflughöhe von 150 m über dem Boden oder Wasser somit nur Flüge von Luftfahrzeugen und Luftsportgeräten, die im Allgemeinen im Rahmen von Sport und Freizeit (einschließlich gewerblicher Freizeitangebote wie etwa Ballonflüge) stattfinden und bei denen regelmäßig auch nur eine mehr oder weniger lokal begrenzte Flugstrecke zurücklegt wird. Daneben zeichnen sich diese Flüge im Vergleich zum Flugzeugverkehr, der oberhalb der luftverkehrsrechtlichen Mindestflughöhen stattfindet, auch durch ein eher begrenztes Maß an luftverkehrstypischen Gefahren aus. Zwar kann es auch bei Abstürzen oder Kollisionen von Segelflugzeugen, bemannten Luftsportgeräten und Heißluftballonen, die unterhalb der Mindestflughöhe fliegen, zu Personenschäden bis hin zum Tod kommen. Die Zahl der davon potentiell betroffenen Personen ist aber weitaus geringer, als es bei entsprechenden Schadensereignissen bei großen Verkehrsflugzeugen der Fall wäre.

Somit handelt es sich bei dem Luftraum unterhalb der Mindestflughöhe für Flüge nach Sichtflugregeln aus der Perspektive des deutschen und europäischen Luftverkehrsrechts eher um einen Randbereich des Flugverkehrs, der eine entsprechend nachgeordnete Bedeutung für diese Regelungsmaterie hat. Daher wäre es zwar rechtlich möglich, erscheint in der Praxis aber als fernliegend, dass das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur ausschließlich für diesen Bereich des Luftraums ein Gebiet mit Flugbeschränkungen festsetzt. Das gilt namentlich, wenn der Luftraum über unbesiedelten Naturflächen liegt und die Flugbeschränkungen nicht der Gewährleistung der Luftsicherheit, sondern dem Schutz von Naturgütern dienen sollen.

(b) Umgekehrt kann aus dem Blickwinkel des Naturschutzrechts aber ein erhebliches Interesse daran bestehen, den bodennahen Luftverkehr über einem Schutzgebiet einzuschränken, insbesondere um Störungen der örtlichen Avifauna oder von anderen auf Bewegungen im Luftraum störempfindlich reagierenden Tierarten zu vermeiden. Die Nutzung dieses Luftraums kann die Sachmaterie des Naturschutzes somit in spezifischer Weise berühren.

Deshalb kann nach Auffassung des Senats für die Festlegung von allgemein geltenden Flugbeschränkungen in dem Teil des Luftraums unterhalb der Mindestflughöhe nach Sichtflugregeln ausnahmsweise eine Doppelzuständigkeit des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur einerseits und der für den Erlass einer Schutzgebietsverordnung zuständigen Naturschutzbehörde andererseits hingenommen werden. Die damit in Kauf genommene Überlagerung der Regelungsbereiche des Luftverkehrs- und des Naturschutzrechts und die damit einhergehende Zuständigkeitskonkurrenz von zwei Behörden ist aufgrund des geringen Interesses, das beim Bundesministerium an einer Schaffung von Flugbeschränkungen für den bodennahen Luftraum über unbesiedelter Natur vorhanden sein wird, von eher theoretischer Natur.

(c) Dem steht auch europäisches Luftverkehrsrecht nicht entgegen. Denn der auf Vereinheitlichung und Transparenz gerichtete Zug, der dem europäischen Luftverkehrsrecht innewohnt, hat sich ersichtlich in erster Linie im Interesse des grenzüberschreitenden Luftverkehrs mit Flugzeugen ausgeprägt. Bei der Luftfahrt mit Flugzeugen manifestieren sich zum einen die Gefahren durch und für den Luftverkehr in besonderer Weise. Hinzu kommt, dass auch in wirtschaftlicher Hinsicht das Interesse an einer möglichst grenzüberschreitenden einheitlichen und transparenten Regulierung des hochfrequentierten Luftraums, den große Passagier- und Transportflugzeuge nutzen, in besonderer Weise gegeben ist. Unterhalb der in SERA.5005 Buchst. f Nr. 2 als Bestandteil des europäischen Luftrechts normierten Mindestflughöhen spielt sich dagegen nur der lokal begrenzte Sport- und Freizeitluftverkehr ab, bei dem das Interesse an europäischer Vereinheitlichung und Transparenz der geltenden Verkehrsvorschriften auch noch vorhanden sein mag, aber doch ersichtlich deutlich zurückgestuft ist. Der Senat geht deshalb davon aus, dass die Vorgabe in SERA.3145, wonach die Angaben über Flugbeschränkungsgebiete ordnungsgemäß zu veröffentlichen sind, durch die Verkündung eines nur den bodennahen Luftverkehr unterhalb der Mindestflughöhe beschränkenden naturschutzrechtlichen Verbots in einem lokalen Verkündungsblatt nicht in rechtserheblicher Weise unterlaufen wird. Das gilt auch deshalb, weil die Naturschutzbehörde den im Wesentlichen lokal begrenzten Kreis der von der Flugbeschränkung Betroffenen z.B. über die vor Ort aktiven Luftsportvereine oder im Einzelfall auch direkt (z. B. regional tätige gewerbliche Anbieter von Ballonfahrten) über die Rechtslage wird informieren können.

(d) Auch sonst ergeben sich aus der Auffassung des Senats keine Normenkollisionen des örtlichen Naturschutzrechts mit dem Luftverkehrsrecht.

§ 37 Abs. 3 LuftVO lässt ein Unterschreiten der in SERA.5005 f normierten Mindestflughöhen für Segelflugzeuge, bemannte Freiballone, Hängegleiter und Gleitsegler zwar zu, wenn die Art ihres Betriebes das notwendig macht, aber nur, wenn keine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu befürchten ist. Ein Verbot in einer Schutzgebietsverordnung, unterhalb der Mindestflughöhe in einen bestimmten Luftraum einzufliegen, wird vom Begriff der öffentlichen Sicherheit aber – wie oben bereits ausgeführt – umfasst.

Entsprechendes gilt für die Erteilung einer Erlaubnis für Außenstarts und Außenlandungen außerhalb genehmigter Flugplätze gemäß § 25 LuftVG und § 18 LuftVO. Auch wenn das in den Normen nicht ausdrücklich zum Ausdruck kommt, darf auch diese Genehmigung nur erteilt werden, wenn mit Start oder Landung nicht eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung verbunden ist (Giemulla in: Frankfurter Kommentar zum Luftverkehrsrecht, Band 1.1, Stand: 89. EL 2021, § 25 LuftVG Rn. 22). Entsprechend kann auch ein lokales naturschutzrechtliches Verbot der Erteilung der Start- oder Landeerlaubnis entgegenstehen (vgl. zu einer Aufstiegserlaubnis für Flugmodelle nach § 16 Abs. 4 bis 7 LuftVO a.F.: BVerwG, Urt. v. 10.5. 1985 - 4 C 36.82 -, juris Rn. 17).

Und für unbemannte Fluggeräte gestattet § 21h Abs. 1 Nr. 6 LuftVO ohnehin den Überflug über Naturschutzgebiete nur, wenn die zuständige Naturschutzbehörde dem Betrieb ausdrücklich zugestimmt hat. Das schließt es nicht aus, dass die Naturschutzbehörde durch ein Verbot in einer Schutzgebietsverordnung zum Ausdruck bringt, dass sie die Zustimmung generell nicht erteilt. Allerdings ist ein entsprechendes Verbot nach Ansicht des Senats einschränkend so auszulegen, dass es bei Vorliegen der kumulativen Voraussetzungen gemäß § 21h Abs. 1 Nr. 6 Buchst. a bis d LuftVO nicht gilt.

b) Flugbeschränkungen können allerdings auch oberhalb der in SERA.5005 Buchst. f Nr. 2 geregelten Mindestflughöhe in einer Schutzgebietsverordnung normiert werden, soweit dies zur Abwehr von wesentlichen Beeinträchtigungen oder Störungen, die auf ein Natura 2000-Gebiet einwirken, erforderlich ist. Insbesondere ist dies zum Schutz von störempfindlichen Vogelarten, die in einem Europäischen Vogelschutzgebiet wertbestimmend sind, rechtlich zulässig.

aa) Nach § 32 Abs. 3 Satz 1 BNatSchG bestimmt für Natura 2000-Gebiete die Schutzerklärung den Schutzzweck entsprechend den jeweiligen Erhaltungszielen und die erforderlichen Gebietsbegrenzungen. Ferner ist durch geeignete Gebote und Verbote sowie Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen sicherzustellen, dass den Anforderungen des Artikels 6 der Richtlinie 92/43/EWG entsprochen wird (Satz 3). Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich aus Art. 4 der Richtlinie 2009/147/EG vom 30. November 2009 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (im Folgenden: VRL) sowie aus Art. 6 und 7 der Richtlinie 92/43/EWG vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (im Folgenden: FFH-RL) eine Verpflichtung der Mitgliedstaaten ergibt, ein Europäisches Vogelschutzgebiet mit einem rechtlichen Schutzstatus auszustatten, der u. a. gewährleistet, dass dort die Verschlechterung der natürlichen Lebensräume und der Habitate der Arten sowie erhebliche Störungen von Arten, für die die Gebiete ausgewiesen worden sind, vermieden werden (EuGH, Urt. v. 27.2.2003 - C-415/01 -, Rn. 16 u. Urt. v. 14.10.2010 - C-535/07 -, Rn. 58). Die Anwendung dieses Schutzstatus muss dabei rechtlich automatisch an die Erklärung eines Gebiets zum besonderen Schutzgebiet geknüpft sein (EuGH, Urt. v. 27.2.2003, a. a. O., Rn. 17 m.w.N.; BVerwG, Urt. v. 1.4.2004 - 4 C 2.03 -, juris Rn. 31 u. Urt. v. 8.1.2014 - 9 A 4.13 -, juris Rn. 40).

Hieraus folgt, dass bei der nationalen Unterschutzstellung eines Europäischen Vogelschutzgebiets in Deutschland der Schutz der wertbestimmenden Vogelarten vor erheblichen Störungen, die durch den Luftverkehr verursacht werden, nicht allein durch die Festlegung eines Flugbeschränkungsgebiets auf der Grundlage von § 17 LuftVO bewerkstelligt werden kann. Denn hierbei handelt es sich um einen eigenständigen Rechtsakt, der unabhängig von der Ausweisung des Schutzgebiets gemäß § 32 Abs. 2 i. V. m. § 20 Abs. 2 BNatSchG ist. Der europarechtlich geforderte Automatismus zwischen der Schutzerklärung und der Geltung eines Schutzstatus, der gewährleistet, dass erhebliche Störungen der wertbestimmenden Vogelarten vermieden werden, wäre bei dieser Vorgehensweise somit gerade nicht gewährleistet. Da das deutsche Bundes- oder das niedersächsische Landesrecht auch nicht in anderer Weise einen derartigen Schutzstatus regeln, der mit der Ausweisung des Schutzgebiets automatisch in Kraft tritt, bedarf es hierfür somit einer Regelung in der Schutzgebietsverordnung selbst.

bb) Für den Schutz von Natura 2000-Gebieten vor Beeinträchtigungen und Störungen gibt es im europäischen Recht auch keine Bereichsausnahme zugunsten des Luftverkehrs. Sowohl Art. 4 VRL als auch Art. 6 FFH-RL verfolgen erkennbar einen umfassenden wirkungsbezogenen Ansatz, der grundsätzlich nicht nach der Art der Störquelle unterscheidet. Entsprechend gibt es keinen Grund für die Annahme, dass Luftverkehrsbewegungen als mögliche Ursache für die Störung wildlebender Vögel oder anderer Arten aus dem Anwendungsbereich dieser Richtlinien ausscheiden sollen. Das gilt insbesondere, weil es mehr als naheliegend ist, dass (mindestens der tieffliegende) Luftverkehr zu einer erheblichen Störung von fliegenden Wildvögeln sowie von deren Brut- und Rastplätzen führen kann.

Im Übrigen erwähnen beide Richtlinien ausdrücklich „Flugzeuge“ (Anhang VI Buchst. b FFH-RL) bzw. „Luftfahrzeuge“ und die „Luftfahrt“ (Art. 9 Abs. 1 Buchst. a, 2. Spiegelstrich und Anhang IV Buchst. b VRL). Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass der europäische Normgeber nicht erkannt hat, dass der Schutz von Natura 2000-Gebieten Belange der Luftfahrt berühren kann und er schon deshalb mit diesen Richtlinien nicht auf den Luftverkehr habe einwirken wollen. Gerade die Regelung des Art. 9 Abs. 1 Buchst. a, 2. Spiegelstrich VRL, wonach die Mitgliedstaaten von den Art. 5 bis 8 „im Interesse der Sicherheit der Luftfahrt“ abweichen können, spricht dagegen, dass die Vogelschutzrichtlinie Störungen der für ein Gebiet wertbestimmenden Vogelarten, die durch die Luftfahrt verursacht werden, generell hinnimmt. Denn die Vorgaben für die Errichtung von nationalen Schutzgebieten ergeben sich nicht aus den Art. 5 bis 8 VRL, von denen die Mitgliedstaaten abweichen dürfen, sondern aus Art. 3 und 4 VRL, für die eine entsprechende Abweichungsbefugnis im Interesse der Sicherheit der Luftfahrt gerade nicht normiert worden ist.

cc) Auch die Sperrwirkung des auf der Grundlage von Art. 73 Abs. 1 Nr. 6 GG geschaffenen deutschen Luftverkehrsrechts (siehe oben a)aa) hindert die Naturschutzbehörde nicht daran, in einer Schutzgebietsverordnung eine Flugbeschränkung für den Luftraum oberhalb der Mindestflughöhe gemäß SERA.5005 Buchst. f Nr. 2 zu regeln, soweit dies zum Schutz eines Europäischen Vogelschutzgebiets geboten ist. Die Aufnahme der Flugbeschränkung in die Verordnung dient in diesem Fall der effektiven Durchsetzung der rechtlichen Vorgaben aus Art. 4 VRL sowie Art. 6 und 7 FFH-RL (siehe oben aa). Diese Normen haben als Bestandteil des Unionsrechts Anwendungsvorrang gegenüber entgegenstehenden Vorschriften des deutschen Rechts. Dieser Anwendungsvorrang gilt grundsätzlich auch gegenüber dem deutschen Verfassungsrecht (BVerfG, Urt. v. 21.6.2016 - 2 BvE 13/13 u.a. -, juris Rn. 118 m.w.N.; BVerwG, Urt. v. 30.01.2020 - 10 C 18.19 -, juris Rn. 34), also auch gegenüber Art. 73 Abs. 1 Nr. 6 GG.

Im Übrigen ist bereits fraglich, ob der Anwendungsvorrang des Europarechts hier überhaupt bemüht werden muss. Denn die 2006 erfolgte Schaffung der Bundeskompetenz für den Naturschutz (Art. 74 Abs. 1 Nr. 29 GG), mit der die frühere Rahmenkompetenz gemäß Art. 75 GG Abs. 1 Nr. 3 GG a. F. ersetzt worden ist, sollte gemäß der amtlichen Begründung des Entwurfs für die Änderung des Grundgesetzes dem Bund die „Möglichkeit einer Vollregelung“ der Materie geben und insbesondere eine „einheitliche Umsetzung von EU-Recht“ ermöglichen (BT-Drs. 16/813, S. 11). Da zum Unionsrecht, das im Rahmen der Gesetzgebungskompetenz für den Naturschutz umzusetzen ist, auch die FFH-Richtlinie und die Vogelschutzrichtlinie gehören, spricht dies dafür, dass die Regulierung des Luftraums unter den Kompetenztitel für den Naturschutz fällt, soweit sie in Umsetzung der genannten Richtlinien erfolgt.

dd) Allerdings muss eine in einer Schutzgebietsverordnung enthaltene Flugbeschränkung, die den Luftraum oberhalb der Mindestflughöhe gemäß SERA.5005 Buchst. f Nr. 2 betrifft, auch der europarechtlichen Vorgabe in SERA.3145 gerecht werden, wonach die Angaben über Flugbeschränkungsgebiete ordnungsgemäß veröffentlicht werden. Als ordnungsgemäße Veröffentlichung in diesem Sinne gibt für den deutschen Rechtsraum § 43 LuftVO die Veröffentlichung in den Nachrichten für Luftfahrer vor (siehe oben a)bb). § 43 LuftVO regelt allerdings nur die Bekanntmachung von Luftsperr- und Flugbeschränkungsgebieten gemäß § 17 Abs. 1 LuftVO. Damit ist die ordnungsgemäße Veröffentlichung von allgemein geltenden Flugbeschränkungen, die sich aus einer Schutzgebietsverordnung für den Luftraum oberhalb der Mindestflughöhe für Flüge nach Sichtflughöhen ergeben, im deutschen Recht nicht ohne weiteres gewährleistet.

Der Senat zieht hieraus den Schluss, dass eine Verbotsregelung wie in § 4 Abs. 4 Nr. 7 VO, die zum Schutz eines Europäischen Vogelschutzgebiets eine allgemein geltende Flugbeschränkung (auch) für den Luftraum oberhalb der Mindestflughöhe nach Sichtflugregeln vorgibt, vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur zusätzlich durch die Festlegung eines Flugbeschränkungsgebiets mit dem gleichen Regelungsgehalt umgesetzt und abgesichert werden muss, da nur in diesem Fall gemäß § 43 LuftVO die Bekanntmachung in den Nachrichten für Luftfahrer und auch die anschließende Aufnahme in die Luftfahrtkarten gesichert sind. Das von § 17 Abs. 1 Satz 2 LuftVO für die Festlegung eines Gebiets mit Flugbeschränkungen eröffnete Ermessen ist deshalb in diesem Fall auf null reduziert, weil ohne die Festlegung des Flugbeschränkungsgebiets die gemäß SERA.3145 europarechtlich vorgegebene ordnungsgemäße Veröffentlichung der geltenden Flugbeschränkung nicht gewährleistet ist. Außerdem wird durch die Bekanntmachung gemäß § 43 LuftVO auch dafür Sorge getragen, dass eine Eintragung in die Luftfahrtkarten gesichert ist und die betroffenen Luftfahrer von der über dem Vogelschutzgebiet geltenden Flugbeschränkung somit auch tatsächlich Kenntnis erlangen. Die Festlegung des Flugbeschränkungsgebiets dient damit zugleich der effektiven Durchsetzung des europäischen Vogelschutzrechts.

Geht das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur in dieser Konstellation davon aus, dass die in einer Schutzgebietsverordnung geregelte Flugbeschränkung im Einzelfall zum Schutz der für das Vogelschutzgebiet wertbestimmenden Vogelarten nicht erforderlich und somit rechtswidrig ist, bleibt ihm – soweit das Landesrecht dies wie in Niedersachsen vorsieht – als von der untergesetzlichen Norm im eigenen Aufgabenbereich betroffene Behörde die Möglichkeit, durch eine Normenkontrolle gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 VwGO dagegen vorzugehen. Auf diese Weise kann gerichtlich geklärt werden, ob die Verordnungsregelung wirksam ist und damit eine Verpflichtung des Bundesministeriums zur Festlegung eines Flugbeschränkungsgebiets auslöst.

c) Aus dem Vorstehenden folgt, dass die Antragsgegnerin befugt war, das in § 4 Abs. 4 Nr. 7 VO geregelte Verbot für den Luftraum über dem Teil des Naturschutzgebiets, der zugleich Europäisches Vogelschutzgebiet ist, zu erlassen; insoweit ist das Verbot außerdem zum Schutz von im Vogelschutzgebiet wertbestimmenden Vogelarten erforderlich und daher in vollem Umfang rechtmäßig (siehe aa). Für die außerhalb des Vogelschutzgebiets liegenden Bereiche des Luftraums über dem Naturschutzgebiet ist die Vorschrift dagegen nur rechtmäßig, soweit sie dort den Betrieb von unbemannten Luftfahrzeugen generell verbietet und für bemannte Luftfahrzeuge Starts und Landungen sowie das Unterschreiten einer Mindestflughöhe von bis zu 150 m über dem Boden oder Wasser verbietet (siehe bb).

aa) Innerhalb des Luftraums über dem Europäischen Vogelschutzgebiet ist die Verbotsregelung des § 4 Abs. 4 Nr. 7 VO in vollem Umfang von § 23 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG gedeckt, denn es liegt nicht gänzlich außerhalb des Möglichen, dass der verbotene Luftverkehr dort zu einer nachhaltigen Störung von für das Vogelschutzgebiet wertbestimmenden Vogelarten führt (siehe zum Prüfungsmaßstab, der im Rahmen von § 23 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG gilt, oben 3.c)aa).

Aus auf der Homepage des Bundesamtes für Naturschutz veröffentlichten Informationen (abrufbar unter: https://www.bfn.de/aba-gebiet/id-134-steinhuder-meer-ni) ergibt sich, dass das Aircraft relevant Bird Area (ABA) „Steinhuder Meer“ u. a. wegen der folgenden zehn auf Luftfahrtbewegungen störempfindlich reagierenden Vogelarten ausgewählt worden ist: Gänsesäger, Graugans, Kormoran, Krickente, Lachmöwe, Löffelente, Silbermöwe, Sturmmöwe, Tafelente und Zwergsäger. Neun dieser Vogelarten gehören im Europäischen Vogelschutzgebiet „Steinhuder Meer“ als Gastvögel zu den wertbestimmenden Zugvogelarten nach Art. 4 Abs. 2 VRL; der Zwergsäger zählt – ebenfalls als Gastvogel – zu den gemäß Art. 4 Abs. 1 VRL wertbestimmenden Vogelarten (vgl. Anlage 5 VO).

(1) Es liegt nicht außerhalb des Möglichen, dass im Luftraum über dem zum Vogelschutzgebiet gehörenden Teil des Naturschutzgebiets das Unterschreiten der in § 4 Abs. 4 Nr. 7 VO geregelten Mindestflughöhe von 600 m sowie Starts und Landungen von bemannten Luftfahrzeugen zu einer nachhaltigen Störung dieser wertbestimmenden Vogelarten bis hin zu einer Vertreibung von Gastvögeln aus dem Gebiet führen.

(a) In der einschlägigen Fachliteratur ist hinreichend belegt, dass vom Luftverkehr Störreize für die Vogelwelt ausgehen (vgl. dazu: Kempf/Hüppop, Wie wirken Flugzeuge auf Vögel? – Eine Zusammenfassung, in: Bundesamt für Naturschutz/Deutscher Aero Club e.V. (Hrsg.), Luftsport & Naturschutz – Gemeinsam abheben, 2003, S. 47 ff., abrufbar unter: https://docplayer.org/41550833-Luftsport-naturschutz-gemeinsam-abheben-deutscher-aero-club-e-v.html; Bruderer/Komenda-Zehnder, Einfluss des Flugverkehrs auf die Avifauna – Literaturstudie, 2002 sowie Schlussbericht mit Empfehlungen, 2005, beide abrufbar unter: https://www.bafu.admin.ch/bafu/de/home/themen/biodiversitaet/publikationen-studien/publikationen/einfluss-flugverkehrs-avifauna.html). Zu den äußeren Parametern, die die Reaktion der Vögel auf die Störung beeinflussen, gehören dabei insbesondere: die Flughöhe; die seitliche Entfernung des Überflugs; die Geschwindigkeit und Flugbahn, da ein Luftfahrzeug mit hoher Geschwindigkeit und gerader Flugbahn geringere Wirkungen auf Vögel hat als ein langsam und in Kurven fliegendes; die Kombination mit anderen Störquellen (Reizsummation); auf Lärm reagieren Vögel hingegen oft weniger stark, da sie eher visuell als auditiv veranlagt sind (Kempf/Hüppop, a.a.O., S. 54 f.). Die Reaktionen der Vögel hierauf reichen von äußerlich nicht sichtbarer Erregung über verstärkte Rufaktivität, unruhiges Hin- und Hergehen, Weglaufen, Auffliegen mit Rückkehr zum selben oder einem benachbarten Platz, Aufliegen und Verlassen des Gebiets bis zu panikartigen Fluchtreaktionen (a.a.O., S. 47). Jede dieser Reaktionsweisen führt zu Änderungen im Energieumsatz des Tieres. Bei viel fliegenden Arten steigt der Energieumsatz beim Fliegen lediglich auf das Dreifache des Grundumsatzes, bei schlechten Fliegern oder bei hohen Geschwindigkeiten (zum Beispiel bei Enten) teilweise sogar auf mehr als das Zwanzigfache (a.a.O., S. 48). Außerdem kann die Zeit, die am Tag für die Nahrungsaufnahme zu Verfügung steht, durch Beunruhigung erheblich reduziert sein (a.a.O.). Störungen können also das Zeit- und Energiebudget von Vögeln und damit zum Beispiel die Fähigkeit, Fettreserven für Zug und Brutgeschäft anzulegen, beeinflussen; bei vielen Arten ist belegt, dass der Bruterfolg von den vorhandenen Energiereserven zu Beginn der Brutzeit abhängt; Beunruhigungen können auch unmittelbar zur Vertreibung und damit zum Gebietsverlust für bestimmte Vogelarten führen (a.a.O.). Die meisten Berichte über Störungen durch Flugzeuge betreffen Entenvögel und Limikolen (Schnepfenvögel); besonders empfindlich reagieren Gänse (a.a.O., S. 49), bei denen eine Rate von mehr als zwei Störungen pro Stunde zu einer Verringerung der Vogelzahlen im betreffenden Gebiet führt (a.a.O., S. 48). Außer für Entenvögel und Limikolen werden Störreaktionen auf Flugbetrieb unter anderem für weitere Wasservögel genannt (a.a.O., S. 49). Besonders empfindlich gegenüber Luftfahrzeugen sind Brutkolonien, insbesondere von größeren Vogelarten und andere Plätze, an denen sich Vögel in großen Schwärmen versammeln (a.a.O.). Im Übrigen führt zumindest bei störempfindlichen Arten auch regelmäßiger Luftverkehr nicht zu einer größeren Toleranz (a.a.O., S. 55).

(b) Für die als besonders störempfindlich geltenden Gänse ist im Winter 2001/02 in Nordrhein-Westfalen ein Feldversuch durchgeführt worden, bei dem Freiballone in unterschiedlicher Höhe über Gänse hinweggeflogen sind, die sich auf einem Gänserastplatz von internationaler Bedeutung aufhielten. Dabei ergab sich, dass die rastenden Gänse (überwiegend Bläss- und Saatgänse) in der Regel bei einer Überfahrthöhe durch Heißluftballone von mindestens 500 m nicht aufgeflogen sind (Rastende Gänse und Heißluftballone: Untersuchung am Niederrhein, in: Bundesamt für Naturschutz/Deutscher Aero Club e. V., a.a.O., S. 87 f.).

Hieraus kann für den vorliegenden Fall jedoch nicht der Schluss gezogen werden, dass die Regelung einer Mindestflughöhe von 500 m in der Naturschutzgebietsverordnung zum Schutz der Graugans und anderer störempfindlicher Vogelarten ausreichend gewesen wäre. Zum einen sind bei dem Feldversuch bei einer Überfahrthöhe von mindestens 500 m die Gänse lediglich „in der Regel“ nicht aufgeflogen. Die Regelung einer Mindestflughöhe von 600 m ist aber nicht bereits dann rechtswidrig, wenn eine nachhaltige Störung von wertbestimmenden Vogelarten bei dieser Flughöhe in der Regel nicht mehr vorkommt, sondern erst dann, wenn sie gänzlich außerhalb des Möglichen liegt. Hinzu kommt, dass in dem Bericht über diesen Feldversuch (a.a.O.) auf eine 1997 publizierte weitere Studie zu den Auswirkungen des Ballonsports auf Tiere und Vegetation verwiesen wird, die im Auftrag des Bayerischen Staatsministeriums für Landesentwicklung und Umweltfragen durchgeführt worden war. Aus dieser früheren Studie ist in den Bericht über den Feldversuch am Niederrhein auch eine Grafik aufgenommen worden (a.a.O., S. 88 – dort leider unscharf abgebildet; eine besser erkennbare Darstellung dieser Grafik ist veröffentlicht in den Arbeitsunterlagen des Deutschen Aero Clubs e. V. zum Thema „Ballonfahren“, S. 19, abrufbar unter: https://www.daec.de/fachbereiche/umwelt-natur/arbeitsunterlagen/). Dieser Grafik ist zu entnehmen, dass im Rahmen der Erstellung der bayerischen Studie eine Reihe von Heißluftballon-Flügen über Gänserastplätze hinweg in unterschiedlichen Flughöhen durchgeführt worden sind. Dabei ist noch bei einer Flughöhe von 500 m in der deutlich überwiegenden Zahl der Überflüge ein Aufliegen von Gänsen provoziert worden; ferner sind auch noch bei einem Überflug in 600 m Höhe Gänse aufgeflogen; erst bei den Überflügen in größerer Höhe ist ein Auffliegen von Gänsen generell nicht mehr beobachtet worden. Damit ist aus Sicht des Senats ausreichend belegt, dass für Ballonfahrten unterhalb einer Mindestflughöhe von 600 m über Grund eine nachhaltige Störung von Gänsearten wie etwa der im Vogelschutzgebiet wertbestimmenden Graugans nicht ausgeschlossen werden kann. Solange ähnliche Untersuchungen für andere störempfindliche Vogelarten nicht vorliegen, geht der Senat ferner davon aus, dass dies auch für die anderen oben genannten neun störempfindlichen Vogelarten angenommen werden darf.

Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass die Störwirkung, die von Heißluftballonen ausgeht, durch den Einsatz eines Flüsterbrenners zumindest in akustischer Hinsicht reduziert werden kann. Denn da Vögel eher visuell als auditiv veranlagt sind, reagieren sie auf Lärm oft weniger stark als auf die optische Störwirkung, die von der Silhouette des am Himmel auftauchenden Luftfahrzeugs ausgeht (vgl. Kempf/Hüppop, a.a.O., S. 54 f.) Entsprechend kann – jedenfalls nach dem heutigen Erkenntnisstand – nicht davon ausgegangen werden, dass allein durch den Einsatz eines Flüsterbrenners eine nachhaltige Störung von Gänsen und anderen störempfindlichen Wasservogelarten auch bei einer niedrigeren Mindestflughöhe als 600 m gänzlich außerhalb des Möglichen liegt.

(c) Dies gilt ferner auch für die Flugbewegungen von motorisierten Luftfahrzeugen, die unterhalb einer Flughöhe von 600 m durchgeführt werden. Bruderer und Komenda-Zehnder stellen in ihrem Schlussbericht (a.a.O., S. 21 ff.) die an Seen im schweizerischen Mittelland im Herbst und Winter 2001/02 beobachteten Reaktionen von Wasservögeln auf experimentelle Überflüge von Winterquartieren durch Flächenflugzeuge und Helikopter in Flughöhen von 600, 450, 300, 150 und 80 m dar. In dem Schlussbericht heißt es zwar, dass die Wasservögel ihr Verhalten signifikant erst bei Überflügen von Helikoptern unter 450 m über dem Boden geändert hätten; bei Kleinflugzeugen habe sich eine tendenzielle Änderung bei Flügen auf 300 m und eine Signifikanz der Änderung bei Flügen unter 300 m über dem Boden gezeigt (a.a.O., S. 25). Dabei handelt es sich aber um eine vergröbernde Zusammenfassung über die Reaktionen der Vögel auf die Überflüge, die aus Sicht des Senats nicht den Schluss zulässt, dass bei Flugzeugen eine niedrigere Mindestflughöhe als 600 m ausreichend ist für die Vermeidung möglicher nachhaltiger Störungen der Vögel. Denn den angefügten Abbildungen 3 und 4 (a.a.O., S. 26) ist zu entnehmen, dass bereits bei einer Flughöhe von 600 m ca. 10 % der Wasservögel auf Helikopter und 40 % auf Flugzeuge unruhig reagiert haben; dieser Anteil ist bereits bei der nächstniedrigeren Flughöhe von 450 m nochmals deutlich angestiegen auf ca. 50 % (Helikopter) und ca. 40 % (Flugzeuge). Außerdem hielt die Unruhe der Vögel bei Überflügen von Helikoptern in 600 m Höhe noch 5 Minuten nach dem Überflug ein. Entsprechendes gilt auch für den größeren Teil der Überflüge von Kleinflugzeugen in dieser Höhe; bei ihnen setzte die Unruhe zudem in etwa der Hälfte der Fälle bereits 5 Minuten vor dem Überflug ein.

(d) Ferner sieht der Senat die normierte Mindestflughöhe von 600 m auch als rechtens an, soweit von ihr Ultraleichtflugzeuge, Segelflugzeuge, Hängegleiter und andere Luftfahrzeuge der Kleinaviatik betroffen sind. Bruderer und Komenda-Zehnder berichten in ihrer Literaturstudie, dass zur Kleinaviatik in der einschlägigen Fachliteratur nur sporadische Hinweise existieren; es scheine, dass davon ein erhebliches Störpotenzial ausgehe (a.a.O., S. 9). Die von Ihnen im Einzelnen angeführten wissenschaftlichen Quellen zu den Störwirkungen von Ultraleichtflugzeugen, Segelflugzeugen, Hängegleitern und Gleitschirmen für die Vogelwelt (a.a.O., S. 33 f.) betreffen zwar sämtlich nicht Flugbewegungen über Rastgebieten von Entenarten und anderen störempfindlichen Wasservögeln. Solange hierzu keine gegenteiligen aussagekräftigen fachlichen Stellungnahmen vorliegen, vermag der Senat es jedoch nicht als gänzlich außerhalb des Möglichen anzusehen, dass Flüge der Kleinaviatik unterhalb einer Höhe von 600 m über Grund zu einer nachhaltigen Störung der oben genannten zehn Vogelarten führen können. Das gilt insbesondere auch deshalb, weil sich diese Luftfahrzeuge langsamer bewegen als Motorflugzeuge und Hubschrauber und die optische Störwirkung auf die Vögel daher länger anhält.

Im Übrigen geht der Senat davon aus, dass sich der Luftraum über dem streitgegenständlichen Naturschutzgebiet für den Verkehr mit Segelflugzeugen, Hängegleitern und Gleitschirmen ohnehin kaum eignet. Denn die hierfür erforderliche Thermik ist unter anderem abhängig davon, dass vom Untergrund möglichst wenig Wasser verdunstet (vgl. den Wikipedia-Artikel „Thermik“, dort im Abschnitt „Faktoren der Thermikintensität“). Diese Voraussetzung dürfte über dem „Toten Moor“ und dem Steinhuder Meer aber nicht gegeben sein (vgl. dazu auch: Bay. VGH, Urt. v. 30.4.2008 - 8 BV 07.1374 -, juris Rn. 48). Außerdem dürfte es im räumlichen Umfeld des Steinhuder Meeres auch an den für die Flugtechnik von Hängegleitern und Gleitschirmen erforderlichen Höhenunterschieden und Steilabfällen, wie sie an Felsen gegeben sind (vgl. Bruderer/Komenda-Zehnder, Literaturstudie, a.a.O., S. 33), fehlen.

(e) Da bereits bei einem Unterschreiten der Mindestflughöhe von 600 m nachhaltige Störungen von wertbestimmenden Wasservogelarten im Vogelschutzgebiet möglich sind, gilt das ersichtlich erst recht für die von § 4 Abs. 4 Nr. 7 VO ebenfalls verbotenen Starts und Landungen, bei denen sich die bemannten Luftfahrzeuge auf gleicher Höhe bewegen wie die rastenden Wasservögel. Daher ist auch dieser Regelungsbestandteil rechtmäßig.

(2) Für den Bereich des Naturschutzgebietes, der zugleich zum Europäischen Vogelschutzgebiet gehört, ist § 4 Abs. 4 Nr. 7 VO auch rechtens, soweit er es verbietet, unbemannte Luftfahrzeuge, also Flugmodelle und Drohnen, zu betreiben. Sie dürfen gemäß Art. 4 Abs. 1 Buchst. e der Durchführungsverordnung (EU) 2019/947 im Allgemeinen nur maximal in einer Flughöhe von 120 m über dem nächstgelegenen Punkt auf der Erdoberfläche fliegen und kommen brütenden und rastenden Vögeln daher relativ nahe. Zu den Störwirkungen, die vom Modellflugsport für die Vogelwelt ausgehen, hat der Senat bereits mit Urteil vom 4.3.2020 (- 4 KN 226/17 -, juris Rn. 48 f.) ausgeführt:

„Nach der Literaturstudie zum „Einfluss des Flugverkehrs auf die Avifauna“ der Schweizerischen Vogelwarte Sempach, des Bundesamts für Zivilluftfahrt BAZL und des Bundesamts für Umwelt, Wald und Landschaft BUWAL (Schriftenreihe Umwelt Nr. 344, Natur und Landschaft, S. 34) kommen unbemannte Luftfahrzeuge wie Modellflugzeuge in ihrer Größe und Wendigkeit an Greifvögel heran und entsprechen damit dem angeborenen Feindschema anderer Vögel. Diese reagieren auf ein solches Feindschema oft relativ automatisch, z. B. mit Flucht oder Sich-Ducken. Die unkalkulierbaren Flugmanöver der Modelle in horizontaler und vertikaler Hinsicht rufen in Verbindung mit hohen Winkelgeschwindigkeiten bei Vögeln eine besonders starke Reaktion hervor. Hinzu kommt die Lärmbelastung bei motorisierten Modellen.

Das Bundesamt für Naturschutz geht ebenfalls von einem „hohen Störungspotential“ des Modellflugs aus. Ausweislich der Informationen zum “Modellflug“ (2009) kann die Unsicherheit über jedes unbekannte Flugobjekt bei Wildtieren wie Vögeln Angst und ähnliche Reaktionen, wie sie durch einen tatsächlichen Luftfeind entstehen können, auslösen. Je ruhiger und konstanter die Flugbahn eines Flugmodells ist, desto besser kann ein Wildtier beurteilen, ob von ihm eine Gefahr ausgeht. Insbesondere beim Modellkunstflug, aber auch beim normalen abwechslungsreichen Fliegen mit Flugmodellen mit vielen Richtungsänderungen in allen Dimensionen, ist die Flugbahn für Wildtiere nicht abschätzbar. Da für sie nicht klar ist, wohin das Objekt im nächsten Moment fliegt, stellt es eine nicht kalkulierbare, potenzielle Gefahr dar und zieht ihre Aufmerksamkeit auf sich. Bleibt diese Störung über längere Zeit erhalten, werden andere wichtige Verhaltensweisen wie die Nahrungsaufnahme unmöglich und die Störung löst eine negative Wirkung aus. Störungen durch Flugmodelle, die Stress oder Fluchtreaktionen auslösen, sind vor allem unmittelbar nach dem Start zu erwarten, wenn die Flugmodelle aus Sicht der Tiere plötzlich und unerwartet in großer Nähe auftauchen. Auch direktes Zufliegen auf Tiere kann diese zum plötzlichen Rückzug veranlassen.“

Hieran anknüpfend kann auch im vorliegenden Fall nicht ausgeschlossen werden, dass Flüge von Modellflugzeugen und Drohnen im Vogelschutzgebiet zu einer nachhaltigen Störung der dort vorkommenden Vogelarten führen können. Aufgrund der relativen Bodennähe der Flugbewegungen von unbemannten Luftfahrzeugen geht der Senat davon aus, dass dies nicht nur für die besonders störempfindlichen Wasservogelarten gilt, die als Gastvögel im Vogelschutzgebiet wertbestimmend sind, sondern auch für die als Brutvögel wertbestimmenden Vogelarten. Insoweit ist auch zu berücksichtigen, dass der Beginn der jährlichen Modellflugsaison meist mit dem Beginn der Brutperiode der Vögel zusammenfällt und an Tagen mit Flugbetrieb dann die Revieraufteilung völlig über den Haufen geworfen wird und brütende Individuen von ihren Nestern ferngehalten werden; reduzierter Bruterfolg oder Abnahme der Anzahl der Brutpaare können die Vorstufe für das spätere Verschwinden einer Art sein (vgl. Bruderer/Komenda-Zehnder, Literaturstudie, a.a.O., S. 35).

(3) Ferner sind die in § 4 Abs. 4 Nr. 7 VO geregelten Beschränkungen des bemannten und des unbemannten Flugverkehrs auch insoweit rechtmäßig, als sie nicht auf einzelne Kalendermonate oder anderweitig begrenzte Jahreszeiträume beschränkt sind und deshalb ganzjährig Geltung beanspruchen. Zwar ist für das ABA Nr. 134 „Steinhuder Meer“ nur eine Schutzzeit von September bis Mai vorgesehen, während der die Empfehlung gilt, dort nicht unterhalb einer Mindestflughöhe von 600 m zu fliegen (vgl. dazu die auf der Homepage des BfN abrufbaren Informationen über dieses ABA: https://www.bfn.de/aba-gebiet/id-134-steinhuder-meer-ni). Wie dem von der Antragsgegnerin in Auftrag gegebenen Schutzwürdigkeitsgutachten entnommen werden kann, sind von den zehn oben genannten Luftfahrt-bedeutsamen Vogelarten, für deren Schutz das ABA ausgewählt worden ist, aber sieben – nämlich Kormoran, Krickente, Lachmöwe, Löffelente, Silbermöwe, Sturmmöwe und Tafelente – ganzjährig häufig und regelmäßig im Naturschutzgebiet anzutreffen; darüber hinaus sind auch die anderen drei Vogelarten – Gänsesäger, Graugans und Zwergsäger – das ganze Jahr über im Gebiet anzutreffen, wenn auch nicht ganzjährig häufig und regelmäßig, sondern in einzelnen Zeitperioden nur vereinzelt (Beiakte 6 im Verfahren 4 KN 292/16, S. 22 f.). Entsprechend bestehen keine rechtlichen Bedenken dagegen, dass die Antragsgegnerin sich dafür entschieden hat, die wertbestimmende Avifauna ganzjährig gegenüber Störungen durch den Luftverkehr abzuschirmen.

(4) Darüber hinaus ist die Verbotsregelung des § 4 Abs. 4 Nr. 7 VO auch rechtmäßig, soweit ihr Geltungsanspruch sich auf den gesamten Bestandteil des Naturschutzgebiets, der zugleich Europäisches Vogelschutzgebiet ist, erstreckt. Denn der Schutz von wertbestimmenden Vogelarten vor Störungen durch den Luftverkehr ist nicht nur auf bestimmten Teilflächen in dem von § 4 Abs. 4 Nr. 7 VO normierten Umfang geboten. Wie sich aus dem von der Antragsgegnerin eingeholten Schutzwürdigkeitsgutachten ergibt, spielen die wichtigste Rolle für den Schutz sowohl von Gastvögeln als auch von Brutvögeln zwar das Ostufer des Steinhuder Meeres sowie die vorgelagerten Flachwasserbereiche, die für Gastvögel sogar von internationaler Bedeutung sind (Beiakte 6 im Verfahren 4 KN 292/16, S. 38 f.). Daneben befindet sich aber auch nahe an der Ostgrenze des Naturschutzgebiets und des Vogelschutzgebiets im Landesinneren mit dem Teilgebiet „Barloh“ eine Fläche mit einer hohen Bedeutung für Gastvögel (a.a.O.). Das Teilgebiet „Barloh“ hat darüber hinaus auch eine sehr hohe, nationale Bedeutung für Brutvögel; weitere Teilgebiete, die im Vogelschutzgebiet liegen, haben hierfür zumindest eine hohe, landesweite Bedeutung (a.a.O.). Zudem kann dem Schutzwürdigkeitsgutachten auch entnommen werden, dass von den zehn Vogelarten, deren Schutz vor Störungen mit der Ausweisung des ABA bezweckt war, fünf – nämlich Gänsesäger, Löffelente, Sturmmöwe, Tafelente und Zwergsäger – nicht die Sand- und Schlammbänke und Flachwasserzonen am Ostufer des Steinhuder Meeres nutzen. Außerdem ist die Nutzung des abseits des Uferbereichs liegenden Hinterlandes in dem zum Naturschutzgebiet gehörenden Teil des Vogelschutzgebiets insbesondere für die Krickente, aber auch für Löffelente, Tafelente, Sturmmöwe und Lachmöwe durch Brutvogelnachweise aus den Jahren 2011 und 2013 belegt (vgl. Karten 4 und 5 im Anhang des Schutzwürdigkeitsgutachtens). Darüber hinaus gibt es über weite Teile des Naturschutzgebiets verteilt weitere Brutvogelnachweise für eine größere Zahl von weiteren Vogelarten (a.a.O.). Diese Vogelarten mögen vielleicht weniger störempfindlich sein als Graugänse und andere als Gastvögel im Gebiet vorkommende Entenarten. Auch bei diesen Vögeln kann aber zumindest der bodennahe Luftverkehr – zum Beispiel mit Flugmodellen – zu nachhaltigen Störungen und insbesondere zu einer Gefährdung des Bruterfolgs führen.

(5) Schließlich folgt aus dem Umstand, dass der Senat das in § 4 Abs. 4 Nr. 7 VO geregelte Verbot nur für den Teil des Naturschutzgebiets, der zugleich Europäisches Vogelschutzgebiet ist, in vollem Umfang aufrechterhält, auch nicht ein Verstoß gegen § 14 Abs. 4 Satz 1 NAGBNatSchG, wonach neben dem geschützten Teil von Natur und Landschaft auch der Geltungsbereich von Vorschriften in der Verordnung zeichnerisch in Karten bestimmt werden (siehe dazu bereits oben I.3.b u. c). Denn die Grenzen des Vogelschutzgebiets innerhalb des Naturschutzgebiets sind sowohl in der Übersichtskarte (Anlage 2 VO) als auch in der maßgeblichen Karte gemäß Anlage 1 b VO eingezeichnet. Anhand dieser Kartierungen lässt sich daher mit hinreichender Bestimmtheit nachvollziehen, in welchem Teil des Naturschutzgebiets das Verbot gemäß § 4 Abs. 4 Nr. 7 VO vollem Umfang gilt und in welchen außerhalb des Vogelschutzgebiets liegenden Gebietsteilen das Verbot – aus den nachfolgend dargestellten Gründen – nur teilweise wirksam ist.

bb) Für die außerhalb des Europäischen Vogelschutzgebiets liegenden Bereiche des Luftraums über dem Naturschutzgebiet ist § 4 Abs. 4 Nr. 7 VOG nur insoweit mit höherrangigem Recht vereinbar, als dort der Betrieb von unbemannten Luftfahrzeugen insgesamt und für bemannte Luftfahrzeuge Starts und Landungen sowie ein Unterschreiten einer Mindestflughöhe von bis zu 150 m über dem Boden oder Wasser verboten werden.

(1) Für die Bereiche des Luftraums über dem Naturschutzgebiet, die nicht zum Vogelschutzgebiet gehören, kann die in § 4 Abs. 4 Nr. 7 VO für bemannte Luftfahrzeuge getroffene Regelung einer Mindestflughöhe von 600 m über Grund nicht auf Vorgaben gestützt werden, die sich aus der unionsrechtlichen Vogelschutzrichtlinie ergeben.

(aa) Die Teilflächen des Naturschutzgebiets außerhalb des Europäischen Vogelschutzgebiets unterfallen nicht als sogenanntes faktisches Vogelschutzgebiet (vgl. dazu: Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, 3. Aufl. 2021, § 31 Rn. 79 ff.; Möckel in: Schlacke, GK-BNatSchG, 2. Aufl. 2017, § 32 Rn. 40 ff.) dem europäischen Vogelschutzrecht. Das gilt auch für den großen nördlichen Teilbereich des Naturschutzgebiets, für den derzeit eine Nachmeldung bei der EU-Kommission als Europäisches Vogelschutzgebiet in Vorbereitung ist, wie die Vertreter der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung mitgeteilt haben.

Voraussetzung für die Annahme eines faktischen Vogelschutzgebiets ist, dass das Gebiet zu den geeignetsten Gebieten im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Satz 4 VRL zählt oder dass eine nicht in ein ausgewiesenes Vogelschutzgebiet einbezogene Fläche aus naturschutzfachlicher Sicht integraler Bestandteil des Vogelschutzgebiets sein müsste (Möckel, a.a.O., Rn. 41 m.w.N.). Beides ist hier nicht der Fall.

(aaa) Zu den zahlen- und flächenmäßig geeignetsten Gebiete im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Satz 4 VRL zählt der nördliche Bereich des Naturschutzgebiets nicht.

Zwar gehört der nördliche Teil des Naturschutzgebiets auch zum IBA „Steinhuder Meer“, und die Aufnahme in das Verzeichnis der „Important Bird Areas“ hat in der Vergangenheit ein gewichtiges Indiz für die nach Art. 4 Abs. 1 Satz 4 VRL gebotene Eignungsbeurteilung dargestellt (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.8.2016 - 7 A 1.15 -, juris Rn. 89). Allerdings hat die EU-Kommission das weiland auf Verstöße gegen die Pflicht zur Ausweisung von Vogelschutzgebieten gestützte Vertragsverletzungsverfahren 2001/5117 gegen die Bundesrepublik bereits im Jahr 2009 eingestellt. Sie hat folglich keinen (weiteren) Nachmeldebedarf im Planungsraum gesehen. Die Indizwirkung des IBA-Verzeichnisses ist demgemäß entfallen (BVerwG, a.a.O., Rn. 90).

Anderweitige wissenschaftliche Erkenntnisse, aus denen sich ergibt, dass der nördliche Teil des Naturschutzgebiets eines der zahlen- und flächenmäßig geeignetsten Gebiete im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Satz 4 VRL darstellt, liegen ebenfalls nicht vor. Die Antragsgegnerin hat in das Verfahren einen wissenschaftlichen Beitrag zur Bedeutung des Naturschutzgebiets als Lebensraum für Brutvögel eingeführt (Brandt/Lüers/Wartlick, Die Brutvögel des Naturschutzgebietes „Totes Moor“ (Region Hannover) und dessen Bedeutung als Brutvogellebensraum, in: Niedersächsische ornithologische Vereinigung e.V., Vogelkundliche Berichte aus Niedersachsen, 2021 (48), S. 75 ff.). Dieser Beitrag enthält zwar auch den Vorschlag, den nördlichen Teil des Naturschutzgebiets als Ergänzung zum bestehenden Vogelschutzgebiet an die EU nachzumelden (a.a.O., S. 75, 92). Einer in dem Beitrag enthaltenen Karte ist allerdings auch zu entnehmen, dass drei von zehn Teilgebieten des nördlichen Bereichs für Brutvögel nur von regionaler Bedeutung sind (a.a.O., S. 90). Hinzu kommt, dass für den nördlichen Teil des Naturschutzgebiets bisher keine Erkenntnisse vorliegen, die dafürsprechen, dass er für Gastvögel eine hervorgehobene Bedeutung hat. Aus dem soeben genannten Fachbeitrag, der nur die Bedeutung des Naturschutzgebiets als Brutvogellebensraum behandelt, ergibt sich hierzu nichts. Und in dem von der Antragsgegnerin eingeholten Schutzwürdigkeitsgutachten wird sämtlichen nördlichen Teilbereichen keine Bedeutung für Gastvögel beigemessen (Beiakte 6 im Verfahren 4 KN 292/16, S. 38 f.).

(bbb) Dieser Erkenntnisstand erlaubt zugleich den Schluss, dass bei der Abgrenzung des bestehenden Vogelschutzgebiets „Steinhuder Meer“ der nördliche Bereich des Naturschutzgebiets nicht aus sachwidrigen Erwägungen aus dem Vogelschutzgebiet ausgeschlossen geblieben ist (vgl. zum Prüfungsmaßstab: BVerwG, Urt. v. 27.3.2014 - 4 CN 3.13 -, juris Rn. 20, 24; Möckel, a.a.O., Rn. 41). Auch unter diesem Blickwinkel stellt der nördliche Bereich somit kein faktisches Vogelschutzgebiet dar.

(bb) Die in der Verordnung enthaltene Regelung über die Mindestflughöhe von 600 m kann für den Luftraum außerhalb des Vogelschutzgebiets auch nicht darauf gestützt werden, dass sie als Pufferzone dazu diene, die im Vogelschutzgebiet wertbestimmenden Vogelarten auch seitlich gegenüber den Störwirkungen des Luftverkehrs effektiv abzuschirmen. Eine derartige rechtliche Argumentation wäre zwar grundsätzlich möglich. Sie scheidet hier aber aus den folgenden Gründen aus:

Wie sich mittels der Übersichtskarte zum Naturschutzgebiet (Anlage 2 VO) und des dort abgedruckten Maßstabbandes ersehen lässt, liegt die nördliche Grenze des Naturschutzgebiets bis zu 3 km von der innerhalb des Gebiets verlaufenden Nordgrenze des Vogelschutzgebiets entfernt. Dass aber ein bis zu 3 km breiter seitlicher Pufferstreifen für den Schutz der im Vogelschutzgebiet wertbestimmenden Vogelarten vor Störungen durch den Luftverkehr nicht erforderlich ist, liegt für den Senat auf der Hand.

Ein schmalerer Pufferstreifen könnte für die Abschirmung des Vogelschutzgebiets zwar möglicherweise gerechtfertigt sein. Die Grenzen dieser Pufferzone, innerhalb derer die Mindestflughöhe von 600 m gilt, bedürfte aber gemäß § 14 Abs. 4 Satz 1 NAGBNatSchG einer zeichnerischen Darstellung in den zur Verordnung gehörenden Karten, da sie weder mit der Außengrenze des Naturschutzgebiets noch mit den in den Karten gemäß Anlagen 1 b und 2 eingezeichneten Grenzen des Vogelschutzgebiets deckungsgleich wären. An dieser rechtlich zwingend vorgegebenen zeichnerischen Darstellung fehlt es aber. Deshalb ist der Senat auch nicht befugt, selbst eine seitliche Distanz zu bestimmen, innerhalb derer die Mindestflughöhe von 600 m für die Abschirmung des Vogelschutzgebiets erforderlich ist und die Regelung somit teilweise aufrecht erhalten bleiben kann. Ob einer derartigen Vorgehensweise des Senats darüber hinaus noch weitere Rechtsgründe, insbesondere das Normsetzungsermessen der Antragsgegnerin entgegenstehen würden, bedarf hier keiner Entscheidung.

(cc) Daraus folgt, dass die in § 4 Abs. 4 Nr. 7 VO geregelte Mindestflughöhe von 600 m in dem Teil des Luftraums, der über dem Naturschutzgebiet aber nicht über dem Europäischen Vogelschutzgebiet liegt, im Ergebnis nicht auf Vorgaben des europäischen Vogelschutzrechts gestützt werden kann. Damit gilt für diesen Bereich des Luftraums die Sperrwirkung, die sich aus Art. 73 Abs. 1 Nr. 6 GG und dem auf der Grundlage dieses Kompetenztitels geschaffenen Luftverkehrsrecht des Bundes sowie aus der dem europäischen Luftrecht angehörenden SERA.3145 ergibt (siehe oben a)aa) u. bb). Dies bedeutet, dass die Antragsgegnerin in der Naturschutzgebietsverordnung für diesen Luftbereich keine Flugbeschränkungen oberhalb der in SERA.5005 f Nr. 2 geregelten Mindestflughöhe von 150 m über dem Boden oder Wasser regeln durfte (siehe oben a)cc). Deshalb ist § 4 Abs. 4 Nr. 7 VO rechtswidrig und unwirksam, soweit er über dem Teil des Naturschutzgebiets, der nicht zugleich zum Vogelschutzgebiet gehört, für bemannte Luftfahrzeuge eine Mindestflughöhe von mehr als 150 m über dem Boden oder Wasser regelt.

(2) Im Übrigen ist § 4 Abs. 4 Nr. 7 VO aber auch für diesen Teil des Luftraums über dem Naturschutzgebiet mit höherrangigem Recht vereinbar. Das betrifft das Verbot von Starts und Landungen sowie die in der rechtswidrigen Anordnung einer Mindestflughöhe von 600 m als wesensgleiches Minus enthaltene Mindestflughöhe von bis zu 150 m über dem Boden oder Wasser und außerdem den Betrieb von unbemannten Luftfahrzeugen. Insoweit ist die Norm hinsichtlich des rechtswidrigen Regelungsgehalts einerseits und der rechtmäßigen Normbestandteile andererseits ohne weiteres inhaltlich teilbar. Es ergibt sich ferner aus der teilweisen Aufrechterhaltung der Norm auch kein Verstoß gegen § 14 Abs. 4 Satz 1 NAGBNatSchG, weil der Teil des Naturschutzgebiets außerhalb des Vogelschutzgebiets, in dem § 4 Abs. 4 Nr. 7 VO anders als innerhalb des Vogelschutzgebiets nur teilweise wirksam ist, auf den Karten gemäß Anlage 1 b und Anlage 2 mit hinreichender Klarheit zu erkennen ist (siehe dazu bereits oben aa)(5)).

Die in § 4 Abs. 4 Nr. 7 VO für den Luftraum bis zu einer Flughöhe von 150 m über Grund sowie für den Betrieb von unbemannten Luftfahrzeugen normierten Verbote können außerhalb des Vogelschutzgebiets auf den besonderen Schutzzweck gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 7 VO gestützt werden. Danach bezweckt die Erklärung zum Naturschutzgebiet Erhalt und Entwicklung großflächig unzerschnittener, ungenutzter und ungestörter Bereiche als Rückzugsraum für störempfindliche Arten. Der Luftverkehr läuft dem zuwider, da er auch außerhalb des Vogelschutzgebiets zu einer nachhaltigen Störung von störempfindlichen Vogelarten führen kann. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es hier nur noch um den bodennahen Luftverkehr von bemannten und unbemannten Luftfahrzeugen geht, also um Flugbewegungen, die in relativ großer horizontaler Nähe zur rastenden oder brütenden Avifauna stattfinden und von der somit auch Vogelarten gestört werden können, die auf den Luftverkehr weniger empfindlich reagieren, als es z. B. bei Gänsen und andere Entenvögeln der Fall ist.

Ein wesentliches Indiz dafür, dass in dem Naturschutzgebiet auch außerhalb des Vogelschutzgebiets in bedeutendem Maße Vogelarten vorkommen, die auf den bodennahen Luftverkehr störempfindlich reagieren können, liegt bereits darin, dass auch die außerhalb des Vogelschutzgebiets liegenden Flächen des Naturschutzgebiets zum IBA „Steinhuder Meer“ gehören. Zudem ergibt sich aus dem von der Antragsgegnerin in das Verfahren eingeführten aktuellen avifaunistischen Fachbeitrag über das Naturschutzgebiet, dass im nördlichen Teil, dessen Nachmeldung als Vogelschutzgebiet derzeit in Vorbereitung ist, Brutvogelgebiete liegen, die zu einem kleineren Teil im Nordosten nur regionale, im Übrigen aber landesweite und zum Teil sogar nationale Bedeutung haben (Brandt/Lüers/Wartlick, a.a.O., S. 90). Darüber hinaus gibt es für den überwiegenden Teil der im Norden des Naturschutzgebiets liegenden Teilgebiete auch Brutvogelnachweise der in Bezug auf den Luftverkehr besonders störempfindlichen Arten der Graugans und der Krickente, wie sich den Tabellen über das Vorkommen von Brutvogelarten im Naturschutzgebiet entnehmen lässt (a.a.O., S. 85, 88). Für die Graugans gibt es außerdem auch einen Brutvogelnachweis in den im südlichen Bereich des Naturschutzgebiets liegenden Großenheidorner Wiesen (a.a.O., S. 88), die ebenfalls außerhalb des Vogelschutzgebiets liegen. Dieser Teilfläche des Naturschutzgebiets wird zudem im von der Antragsgegnerin eingeholten Schutzwürdigkeitsgutachten neben einer regionalen Bedeutung für Brutvögel auch eine landesweite Bedeutung für Gastvögel beigemessen (Beiakte 6 im Verfahren 4 KN 292/16, S. 38).

Ferner ist auch in den Blick zu nehmen, dass § 3 Abs. 2 Nr. 7 VO für das Naturschutzgebiet nicht nur den Erhalt großflächig unzerschnittener, ungenutzter und ungestörter Bereiche als Rückzugsraum für störempfindliche Arten bezweckt, sondern ausdrücklich auch die Entwicklung derartiger Bereiche. Für den Senat steht außer Frage, dass der außerhalb des Vogelschutzgebiets liegende nördliche Teil des Naturschutzgebiets, soweit er nicht bereits jetzt in allen Teilbereichen die Voraussetzungen für einen derartigen Rückzugsraum für störempfindliche Arten der Avifauna erfüllen sollte, hierfür aber zumindest das erforderliche Entwicklungspotential besitzt. Denn auch im nördlichen Teil des Naturschutzgebiets erstreckt sich bis auf sehr kleine Randbereiche das für das Naturschutzgebiet namensgebende „Tote Moor“. Die naturräumlichen Gegebenheiten sind im Nordbereich des Naturschutzgebiets somit im Wesentlichen dieselben wie es weiter südlich innerhalb des Vogelschutzgebiets der Fall ist. Außerdem laufen die überwiegend für Flächen im nördlichen Bereich des Naturschutzgebiets erteilten Bodenabbaugenehmigungen für den Torfabbau bis zum Jahr 2030 nach und nach aus, wodurch auch die mit dem Abbau und Abtransport des Torfs verbundenen Störwirkungen in absehbarer Zeit enden. Auch dies spricht dafür, dass im Nordteil des Naturschutzgebiets in naher Zukunft die Voraussetzungen dafür eintreten, dass sich weitere Bereiche zu Rückzugsräumen für störempfindliche Arten entwickeln können, soweit sie es nicht jetzt bereits sind.

cc) Die in § 4 Abs. 4 Nr. 7 VO geregelten Beschränkungen des Luftverkehrs sind, soweit sie nicht aus den oben dargestellten Gründen teilweise gegen höherrangiges Recht verstoßen, auch verhältnismäßig. Für den zivilen Flugverkehr mit bemannten und unbemannten Luftfahrzeugen bleibt außerhalb des Luftbereichs, in dem die Verbotsregelung gilt, ersichtlich noch ausreichender Raum zur Verfügung. Und soweit im parallelen Verfahren 4 KN 292/16 zwei Antragstellerinnen, die gewerbliche Ballonfahrten von Startplätzen im Umkreis des Steinhuder Meers anbieten, ursprünglich vorgetragen hatten, dass die Verbotsvorschrift eine Einstellung ihres Flugbetriebs und damit die Zerstörung ihrer wirtschaftlichen Existenz zur Folge haben müsse, haben sie an diesem Vorbringen in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich nicht mehr festgehalten.

dd) Die in § 4 Abs. 4 Nr. 7 VO geregelten Beschränkungen des Luftverkehrs erschweren, soweit sie wirksam sind, auch nicht die militärische Nutzung des südlich vom Schutzgebiet liegenden Fliegerhorsts Wunstorf in rechtswidriger Weise.

Dies ergibt sich allerdings nicht bereits daraus, dass § 4 Abs. 4 Nr. 7 VO auf die Abweichungsmöglichkeiten insbesondere der Bundeswehr gemäß § 30 LuftVG verweist, die von dem Verbot unbeschadet bleiben sollen. Denn die in § 30 Abs. 1 LuftVG u. a. für die Bundeswehr geregelte Möglichkeit zur Abweichung von luftverkehrsrechtlichen Vorschriften entbindet die Bundeswehr darüber hinaus nicht auch von der Beachtung der verfahrensrechtlichen und inhaltlichen Vorgaben des Naturschutzrechts (BVerwG, Urt. v. 10.4.2013 - 4 C 3.12 -, juris Rn. 16 ff.), zu denen auch § 4 Abs. 4 Nr. 7 VO gehört.

Jedoch regelt § 5 Abs. 1 Nr. 1 VO eine Freistellung von den Verboten der Verordnung für die Nutzung und Unterhaltung der bestehenden rechtmäßigen Anlagen und Einrichtungen in der bisherigen Art und im bisherigen Umfang. Der Senat geht davon aus, dass unter diese Freistellung auch die Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb des Fliegerhorsts sowie die einzelnen An- und Abflugverfahren fallen, die die Bundeswehrverwaltung auf der Grundlage von § 30 Abs. 2 Satz 1 LuftVG förmlich erteilt bzw. festgelegt hat.

Selbst wenn diese Freistellungsregelung hier nicht eingreifen würde, wäre damit im Übrigen keine unzumutbare Erschwerung für die militärische Nutzung des Fliegerhorsts verbunden. Sollte die Bundeswehr für die weitere Nutzung des Fliegerhorsts darauf angewiesen sein, sein, dass ihre Militärmaschinen im Rahmen von Starts und Landungen in den Teil des Luftraums, der über dem Naturschutzgebiet und zugleich über dem Vogelschutzgebiet liegt, in einer niedrigeren Flughöhe als 600 m über Grund einzufliegen, hätte die Bundeswehrverwaltung dann für die Nutzung derartiger Flugverfahren ein Ausnahmeverfahren gemäß § 34 Abs. 3 bis 5 BNatSchG durchzuführen (vgl. zur vergleichbaren Rechtslage bei Tiefflugübungen: BVerwG, Urt. v. 10.4.2013 - 4 C 3.12 -, juris Rn. 13 ff.). Angesichts der zentralen Bedeutung, die der Fliegerhorst Wunstorf für die Abwicklung von Transportflügen der Bundeswehr hat, würde sich hieraus aber keine Hürde ergeben, die rechtlich unüberwindbar ist. Denn als zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses, die eine Ausnahme vom Gebietsschutz selbst dann rechtfertigen, wenn von dem Projekt prioritäre natürliche Lebensraumtypen oder prioritäre Arten betroffen sein können, benennt § 34 Abs. 4 Satz 1 BNatSchG ausdrücklich auch Gründe der öffentlichen Sicherheit, einschließlich der Verteidigung.

ee) Anderes ergibt sich für die Vereinbarkeit der in § 4 Abs. 4 Nr. 7 VO normierten Mindestflughöhe mit höherrangigem Recht schließlich nicht daraus, dass es (gemäß dem Vorbringen des früheren Prozessbevollmächtigten im Verfahren 4 KN 292/16) für Landungen von zivilen Luftfahrzeugen auf dem Fliegerhorst Wunstorf ein in Nord-Süd-Richtung über das Naturschutzgebiet hinweg führendes Anflugverfahren „Viktor“ mit einer maximalen Flughöhe von 1.200 Fuß (365 m) über dem Meeresspiegel geben soll. Sollte dies zutreffen, folgt auch hieraus keine Kollision zwischen Naturschutz- und Luftverkehrsrecht, die im Ergebnis zur vollständigen Rechtswidrigkeit der in der Schutzgebietsverordnung geregelten Mindestflughöhe führt.

Flugverfahren für den zivilen Luftverkehr werden gemäß § 33 Abs. 2 LuftVO vom Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung durch Rechtsverordnung festgelegt. Ein in einer Rechtsverordnung geregeltes Anflugverfahren, das über dem Teil des Naturschutzgebiets, der zugleich Vogelschutzgebiet ist, ein Unterschreiten der Mindestflughöhe von 600 m über Grund vorsieht, ist wegen einer möglichen nachhaltigen Störung von wertbestimmenden Vogelarten mit den Vorgaben der europäischen Vogelschutzrichtlinie über einen effektiven Gebietsschutz grundsätzlich nicht vereinbar. Der Anwendungsvorrang des Europarechts vor entgegenstehendem nationalem Recht würde daher gebieten, dass die Verordnungsregelung über das entsprechende Anflugverfahren unangewendet bleibt und das Anflugverfahren somit nicht genutzt werden darf. Anderes würde nur dann gelten, wenn für dieses Anflugverfahren ein Ausnahmeverfahren gemäß § 34 Abs. 3 bis 5 BNatSchG mit einem positiven Ergebnis abgeschlossen wird. In diesem Fall würde zugleich die Freistellungsregelung in § 5 Abs. 2 VO greifen. Danach sind in dem Natura 2000-Gebiet Pläne und Projekte, die auf Grund einer Ausnahme nach § 34 Abs. 3 bis 5 BNatSchG zulässig sind, von den Verboten der Verordnung freigestellt (näher dazu sogleich unter 5.). Die in § 4 Abs. 4 Nr. 7 VO vorgegebene Mindestflughöhe würde in diesem Fall somit nicht gelten.

5. Gemäß § 5 Abs. 2 VO sind in dem Natura 2000 Gebiet Pläne und Projekte von den Verboten der Verordnung freigestellt, die auf Grund einer im Einvernehmen mit der Naturschutzbehörde erteilten Ausnahme nach § 34 Abs. 3 bis 5 BNatSchG zulässig sind. Das in der Norm enthaltene Einvernehmenserfordernis als Voraussetzung der Befreiung verstößt gegen § 26 Satz 1 NAGBNatSchG. Diese Vorschrift bestimmt, dass über die Verträglichkeit von Projekten im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG, die nicht unter § 34 Abs. 6 Satz 1 BNatSchG fallen, mit den Erhaltungszielen eines Natura 2000-Gebietes, über die Zulässigkeit solcher Projekte nach § 34 Abs. 3 und 4 BNatSchG und über Maßnahmen nach § 34 Abs. 5 Satz 1 BNatSchG die Behörde, die das Projekt zulässt, der das Projekt anzuzeigen ist oder die das Projekt selbst durchführt, im Benehmen mit der Naturschutzbehörde entscheidet. Der Verordnungsgeber ist nicht befugt, eine davon abweichende, strengere Regelung über die Mitwirkung der Naturschutzbehörde an der Verträglichkeitsprüfung und Ausnahmeentscheidung zu treffen und anstelle der gesetzlich bestimmten schwächsten Beteiligungsform des Benehmens die stärkere Beteiligungsform des Einvernehmens vorzuschreiben (eingehend dazu: Senatsurt. v. Urt. v. 3.11.2020 - 4 KN 214/17 -, juris Rn. 51).

Soweit der Senat deswegen in seinem Urteil vom 3. November 2020 (a.a.O., Rn. 52) eine Regelung mit demselben Inhalt wie § 5 Abs. 2 VO insgesamt für unwirksam erklärt hat, hält er an dieser Rechtsansicht jedoch nicht fest und sieht sich zu einer teilweisen Korrektur und Präzisierung seiner Rechtsprechung veranlasst. Gegen § 26 Satz 1 NAGBNatSchG als höherrangiges Recht verstößt nur das in § 5 Abs. 2 VO normierte Einvernehmenserfordernis. Es genügt daher, die in der Verordnungsregelung enthaltenen Worte „im Einvernehmen mit der Naturschutzbehörde“ für unwirksam zu erklären.

Der übrige Regelungsgehalt des § 5 Abs. 2 VO ist dagegen mit höherrangigem Recht vereinbar und daher nicht für unwirksam zu erklären. Zweck der Regelung ist es, dass in den Fällen, in denen ein Projekt sowohl mit den europarechtlich begründeten Erhaltungszielen als auch mit rein nationalrechtlichen Verboten der Naturschutzgebietsverordnung nicht vereinbar ist, neben dem von der zuständigen Fachbehörde durchgeführten Ausnahmeverfahren gemäß § 34 Abs. 3 bis 5 BNatSchG die Antragsgegnerin als untere Naturschutzbehörde nicht noch zusätzlich über eine Befreiung von den nationalen Verboten gemäß § 67 Abs. 1 BNatSchG entscheiden muss. Die Freistellung in § 5 Abs. 2 VO bewirkt daher, dass die Erteilung einer Befreiung gemäß § 67 BNatSchG in dem Fall, dass das Ausnahmeverfahren mit einem positiven Ergebnis abgeschlossen worden ist, nicht mehr erforderlich ist. An der Rechtmäßigkeit dieses Regelungsmechanismus bestehen aus Sicht des Senats keine Bedenken. Denn die Ausnahmezulassung eines Projekts ist nach § 34 Abs. 3 und 4 BNatSchG an ähnlich formulierte, aber strenger gefasste Voraussetzungen gebunden als sie § 67 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG für die Befreiung von einem Verbot vorsieht. Deshalb ist ein Fall nicht denkbar, in dem ein mit den Erhaltungszielen eines Natura 2000-Gebiets nicht verträgliches Projekt ausnahmsweise zugelassen oder durchgeführt werden darf, die Befreiung aber zwingend zu versagen ist.

III. Die teilweise Unwirksamkeit von § 4 Abs. 4 Nr. 7 VO und von § 5 Abs. 2 VO führt nicht zur Gesamtunwirksamkeit der Verordnung. Die übrige Verordnung kann auch ohne die für unwirksam erklärten Teile rechtmäßig bestehen. Der Senat geht zudem nicht davon aus, dass die Antragsgegnerin die Verordnung ohne die für unwirksam erkannten Normen voraussichtlich nicht erlassen hätte. Das gilt zum einen deshalb, weil nur ein einziges Verbot teilweise unwirksam ist und darüber hinaus nur eine einzelne verfahrensrechtliche Vorgabe in § 5 Abs. 2 VO. Die Unwirksamkeit bezieht sich daher nur auf einen kleinen Bestandteil des Gesamtinhalts der Verordnung. Von den gemäß § 22 Abs. 1 Satz 2 BNatSchG wesentlichen Kerninhalten der Schutzerklärung haben somit die Bestimmungen der Verordnung über den Schutzgegenstand, über die Schutzzwecke und über die erforderlichen Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen (vgl. § 8 VO) vollständig Bestand. Gleiches gilt für fast alle zur Erreichung der Schutzwecke geregelten Gebote und Verbote. Außerdem war die Antragsgegnerin gemäß § 32 Abs. 2 BNatSchG rechtlich verpflichtet, den Teil des Schutzgebiets, der zum FFH-Gebiet und zugleich zum Europäischen Vogelschutzgebiet gehört, unter Schutz zu stellen. Auch dies spricht dagegen, dass sie die Verordnung ohne die für unwirksam erklärten Regelungen nicht erlassen hätte.

C) Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die teilweise Zulassung der Revision beruht auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Es liegt im fallübergreifenden Interesse, dass die Frage, ob und in welchem Umfang durch Verbote in einer Naturschutzgebietsverordnung der Verkehr mit Luftfahrzeugen über dem Schutzgebiet eingeschränkt werden darf, durch das Bundesverwaltungsgericht grundsätzlich geklärt wird. Dies rechtfertigt die Zulassung der Revision aber nur in dem tenorierten Umfang, da im Übrigen Zulassungsgründe im Sinne von § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind; insbesondere beruhen die Urteilsaussprüche in der Hauptsache zu 1.) und 3.) auf irreversiblem Landesrecht.

Von einer Vorlage an den Europäischen Gerichtshof gemäß Art. 267 Abs. 2 AEUV macht der Senat keinen Gebrauch. Mit Blick auf die dargestellten Vorgaben des europäischen Luftrechts und des europäischen Vogelschutz- und Habitatschutzrechts und die hierzu ergangene und zitierte Rechtsprechung des Gerichtshofs hält der Senat eine Vorabentscheidung für nicht geboten.