Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 25.08.2023, Az.: 4 MN 128/22

Abgrenzung; Absicht; einstweilige Anordnung; Ermessen; FFH-Gebiet; Folgenabwägung; Freistellung; Naturschutzgebiet; Neuabgrenzung; Neumeldung; Normenkontroll-Eilverfahren; Normenkontrollverfahren; Normsetzungsermessen; Plan; Programm; Projekt; Prüfungsmaßstab; Schutzbedürftigkeit; Schutzwürdigkeit; Umgebungsschutz; strategische Umweltprüfung; Verbote; Verträglichkeitsprüfung; absehbare Zeit; Zuständigkeitsübertragung; Zweckdienlichkeit; Einstweilige Sicherstellung eines FFH-Gebiets, dessen Neuabgrenzung und anschließende Neumeldung geplant ist

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
25.08.2023
Aktenzeichen
4 MN 128/22
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2023, 34900
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2023:0825.4MN128.22.00

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Zum Prüfungsmaßstab für eine einstweilige Anordnung im Normenkontrollverfahren gemäß § 47 Abs. 6 VwGO.

  2. 2.

    Wird ein FFH-Gebiet vorläufig im Wege der einstweiligen Sicherstellung geschützt und regelt die einstweilige Sicherstellung weitreichende Freistellungen von den für das sichergestellte Gebiet normierten Verboten, ohne dass für die freigestellten Handlungen eine FFH-Verträglichkeitsprüfung im Einzelfall vorgesehen ist, kann zumindest nicht im Sinne eines "acte claire" ausgeschlossen werden, dass vor dem Erlass der Sicherstellungsverordnung gemäß Art. 3 Abs. 2 b der SUP-Richtlinie die Durchführung einer strategischen Umweltprüfung erforderlich gewesen wäre.

  3. 3.

    Die Übertragung einer naturschutzrechtlichen Zuständigkeit auf eine andere Landesbehörde ist dann im Sinne von § 32 Abs. 2 NNatSchG zweckdienlich, wenn sie für die effektive und effiziente Erledigung der Angelegenheit, auf die sie sich bezieht, zumindest förderlich ist. Im Einzelfall kann auch die Übertragung der Zuständigkeit "nur" für den Erlass einer Verordnung zur einstweiligen Sicherstellung, die nicht auch die Zuständigkeit für die endgültige Unterschutzstellung des Landschaftsteils einschließt, zweckdienlich sein.

  4. 4.

    § 22 Abs. 3 Satz 3 BNatSchG, wonach Handlungen und Maßnahmen nach Maßgabe der Sicherstellungserklärung verboten sind, die geeignet sind, den Schutzgegenstand nachteilig zu verändern, bezieht sich nur auf Handlungen, die innerhalb des sichergestellten Teils von Natur und Landschaft stattfinden.

  5. 5.

    Die Absicht zur Unterschutzstellung gemäß § 22 Abs. 3 Satz 1 BNatSchG besteht, wenn die zuständige Behörde die in Aussicht genommene Entscheidung, den sichergestellten Teil von Natur und Land endgültig unter Schutz zu stellen, ernsthaft verfolgt. Dafür ist nicht erforderlich, dass das Verfahren zur endgültigen Unterschutzstellung parallel zur oder zumindest in naher Zeit nach der einstweiligen Sicherstellung begonnen wird. Der Umstand, dass die zuständige Naturschutzbehörde die endgültige Unterschutzstellung "auf die lange Bank schiebt", kann allenfalls ein Indiz dafür sein, dass sie diese nicht mehr ernsthaft beabsichtigt.

Tenor:

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert des Verfahrens wird auf 10.000 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragsteller wenden sich mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen die vom Antragsgegner beschlossene Verordnung über die einstweilige Sicherstellung des geplanten Naturschutzgebietes "Aue der Düte mit Nebengewässern" in den Gemeinden F. und G., in den Städten H. und B-Stadt im Landkreis A-Stadt und in der Stadt A-Stadt.

Durch den Landkreis A-Stadt und die kreisfreie Stadt A-Stadt erstreckt sich das 117,5 ha große FFH-Gebiet "Düte (mit Nebenbächen)" (Gebietsnr. 3613-332; landesinterne Nr. 334). Die Grenzen des im November 2007 von der Kommission gelisteten FFH-Gebiets entsprechen im Wesentlichen den Abgrenzungen der Düte und der weiteren in das Gebiet einbezogenen Fließgewässer. Das FFH-Gebiet besteht aus zwei Teilgebieten. Getrennt werden sie durch einen nicht in das Gebiet einbezogenen Abschnitt der Düte, der im Stadtgebiet von B-Stadt unterirdisch verrohrt durch den sogenannten "Klöckner-Stollen" verläuft.

Mit Erlass vom 4. Mai 2015 übertrug das Niedersächsische Ministerium für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz die Zuständigkeit für die Unterschutzstellung des gesamten FFH-Gebiets auf den Landkreis A-Stadt.

Mit undatiertem, am 8. März 2021 beim genannten Ministerium eingegangenen Schreiben machten die Landrätin des Landkreises A-Stadt und der Oberbürgermeister der Stadt A-Stadt den Vorschlag, zur Beschleunigung der Unterschutzstellung die Zuständigkeit für die Sicherung des FFH-Gebiets unter Aufhebung des Erlasses vom 4. Mai 2015 auf den Antragsgegner, eine niedersächsische Landesoberbehörde, die zugleich Fachbehörde für Naturschutz ist, zu übertragen. Anders sei das vom Ministerium verfolgte Ziel, bis zum Sommer 2021 alle Natura 2000-Gebiete in Niedersachsen rechtlich zu sichern, nicht zu erreichen.

Mit Erlass vom 9. September 2021 hob das Ministerium die vorherige Zuständigkeitsübertragung vom 4. Mai 2015 auf. Zugleich übertrug es dem Antragsgegner die Zuständigkeit für den Erlass einer Verordnung zur einstweiligen Sicherstellung gemäß § 22 Abs. 3 BNatSchG i.V.m. § 14 Abs. 8 NAGBNatSchG für das FFH-Gebiet "Düte (mit Nebenbächen), nicht aber auch die Zuständigkeit für die endgültige Unterschutzstellung des FFH-Gebiets.

Der Antragsgegner beschloss am 24. November 2021 die Verordnung über die einstweilige Sicherstellung des geplanten Naturschutzgebietes "Aue der Güte mit Nebengewässern". Sie wurde am 8. Dezember 2021 im Niedersächsischen Ministerialblatt bekannt gemacht (Ausgabe Nr. 49, S. 1828) und trat gemäß § 10 Abs. 1 der Verordnung (VO) am darauffolgenden Tag in Kraft.

Gemäß § 1 Abs. 1 VO wird das in § 2 VO näher bezeichnete Gebiet als Naturschutzgebiet für die Dauer von zwei Jahren einstweilig sichergestellt. Nach § 1 Abs. 2 Sätze 1 und 2 VO ergeben sich die Lage des Gebiets aus den mit veröffentlichten Übersichtskarten im Maßstab 1:50.000 (Anlage 1) und die Grenze des Gebiets aus den mit veröffentlichten maßgeblichen Karten im Maßstab 1:10.000 (Anlage 2). Das Gebiet hat eine Größe von ca. 290 ha (§ 1 Abs. 3 VO).

§ 3 Abs. 2 VO bezeichnet als allgemeinen Schutzzweck für das Gebiet:

1. Schutz und Erhalt der Düte und ihrer Nebengewässer einschließlich ihrer Ufer und Gewässerrandstreifen mit flutender Wasservegetation, Röhrichten, Seggenriedern, Uferhochstaudenfluren und gewässerbegleitenden Gehölz- und Waldbeständen, die Bedeutung als Lebensraum für natürlich vorkommende Tier- und Pflanzenarten haben,

2. Erhalt der Fließgewässerdynamik,

3. Erhalt und Wiederherstellung typischer Gewässer- und Habitatstrukturen,

4. Erhalt und Wiederherstellung der ökologischen Durchgängigkeit der geschützten Fließgewässer,

5. Erhalt ungenutzter Ufersäume und ihre Wiederherstellung zu durchgängigen Gewässerrandstreifen,

6. Erhalt eines naturnahen Wasserhaushalts mit ggf. periodischen Überflutungen,

7. Abwehr von schädlichen Stoffeinträgen,

8. Schutz und Erhalt artenreicher Grünlandbestände, insbesondere auf feuchten Niedermoorstandorten, mit Bedeutung als Lebensraum gefährdeter Pflanzenarten,

9. Schutz und Erhalt naturnaher Wälder der Niederungen mit Erlen-Eschenwäldern, Erlenbruchwäldern und Eichenmischwäldern sowie Buchenwäldern, die überwiegend an den höher gelegenen Talrändern gelegen sind,

10. die Erhaltung störungsarmer Bereiche.

Nach § 3 Abs. 3 VO ist die Fläche der einstweiligen Sicherstellung Teil des europäischen ökologischen Netzes "Natura 2000" und trägt dazu bei, den günstigen Erhaltungszustand der maßgeblichen Lebensraumtypen und Arten im FFH-Gebiet "Düte mit Nebenbächen" insgesamt zu erhalten oder wiederherzustellen. § 3 Abs. 4 VO nennt als Erhaltungsziele die Sicherung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes des prioritären Lebensraumtyps 91E0 "Auenwälder mit Erle, Esche, Weide", fünf weiterer Lebensraumtypen, darunter der Lebensraumtyp 3260 "Fließgewässer mit flutender Wasservegetation", sowie der drei Tierarten Bachneunauge (Lampetra planeri), Groppe (Cottus gobio) und Kammmolch (Triturus cristatus).

Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 VO sind im Gebiet der einstweiligen Sicherstellung als Naturschutzgebiet alle Handlungen und Maßnahmen verboten, die geeignet sind, den Schutzgegenstand nachteilig zu verändern. Verboten ist nach Satz 2 der Regelung insbesondere:

1. Grünland in Acker umzuwandeln oder die Grünlandnutzung zu intensivieren,

(...)

3. bauliche Anlagen, auch wenn sie keiner Genehmigung bedürfen, zu errichten oder wesentlich zu ändern,

(...)

13. zu düngen, zu kalken oder Pflanzenschutzmittel auszubringen.

Nach § 5 Abs. 1 VO sind die in Abs. 2 dieser Norm aufgeführten Handlungen oder Nutzungen von den Verboten des § 4 VO freigestellt, soweit sie nicht gegen Art. 6 Abs. 2 FFH-Richtlinie oder § 33 BNatSchG verstoßen. § 5 Abs. 2 VO regelt einen längeren Katalog von freigestellten Handlungen. Nach Abs. 2 Nr. 6 der Norm ist unter anderem freigestellt die ordnungsgemäße landwirtschaftliche Bodennutzung rechtmäßig bestehender Acker- und Grünlandflächen nach guter fachlicher Praxis gemäß § 5 BNatSchG ohne Veränderung des Reliefs, ohne Maßnahmen die eine zusätzliche Entwässerung herbeiführen können, ohne Grünlandumbruch und ohne Grünlanderneuerung; Grünlanderneuerung im Schlitzdrillverfahren nur mit Zustimmung der Naturschutzbehörde. Gemäß § 5 Abs. 3 Satz 1 VO kann in den in Abs. 2 genannten Fällen eine erforderliche Zustimmung erteilt werden, wenn und soweit keine Beeinträchtigungen oder nachhaltigen Störungen im Gebiet der einstweiligen Sicherstellung zu befürchten sind. Nach Satz 2 der Regelung kann die Erteilung der Zustimmung mit Regelungen zu Zeitpunkt, Ort und Ausführungsweise versehen werden.

§ 6 Satz 1 VO regelt die Möglichkeit der Erteilung einer Befreiung von den Verboten dieser Verordnung nach Maßgabe des § 67 BNatSchG i.V.m. § 41 NAGBNatSchG. Gemäß § 6 Satz 2 VO kann eine Befreiung zur Realisierung von Plänen oder Projekten gewährt werden, wenn sie sich im Rahmen der Prüfung nach § 34 Abs. 1 BNatSchG i.V.m. § 26 NAGBNatSchG als mit dem Schutzzweck dieser Verordnung vereinbar erweisen oder die Voraussetzungen des § 34 Abs. 3 und 6 BNatSchG i.V.m. § 26 NAGBNatSchG erfüllt sind.

Die Antragstellerin zu 1. ist Eigentümerin von mehreren Flurstücken, die jeweils mit einem geringen Flächenanteil innerhalb des einstweilig sichergestellten Gebiets liegen. Der Antragsteller zu 2. hat diese Flächen von der Antragstellerin zu 1. zur landwirtschaftlichen Nutzung gepachtet.

Die Antragsteller haben am 17. November 2022 einen gegen die Sicherstellungsverordnung gerichteten Normenkontrollantrag gestellt, über den der Senat bisher nicht entschieden hat (Az. 4 KN 131/22).

Bereits zuvor, am 14. November 2022, haben sie beim Oberverwaltungsgericht beantragt, die Verordnung einstweilig außer Vollzug zu setzen.

Die Antragsteller meinen, der Antragsgegner sei für die einstweilige Sicherstellung nicht zuständig gewesen. Die Verordnung regele keine hinreichend bestimmte Benennung des Schutzzwecks. Die in das Verordnungsgebiet einbezogenen Flächen seien nicht schutzwürdig und schutzbedürftig. Das gelte insbesondere für bestimmte größere Flächen des Gebiets, die sich nicht im unmittelbaren Umgebungsbereich der Düte befänden. Die in der Verordnung beschriebenen Landschaftsstrukturen seien auch nicht noch in einem Degenerationsstadium vorhanden. Der räumliche Bereich werde durch intensive landwirtschaftliche Nutzung der Acker- und Grünlandflächen dominiert. Die Fließgewässer erreichten im Großteil des Verlaufs nur die Breite eines Entwässerungskanals und prägten keinesfalls die Landschaft. Der Wilkenbach und der Heinkenbach befänden sich gar nicht mehr in einem naturnahen Zustand. Die in § 4 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 1, 3 und 13 VO geregelten Verbote seien unverhältnismäßig. Das gelte insbesondere, weil die Verordnung zu den Verboten keine Ausnahmeregelung treffe, die eine am Schutzzweck orientierte Einzelfallprüfung ermögliche.

Der Antragsgegner tritt dem Antrag entgegen.

II.

Der Antrag hat in der Sache keinen Erfolg.

I. Der Antrag ist allerdings statthaft und auch sonst zulässig.

1. Der Antrag ist statthaft. Die angegriffene Verordnung des Antragsgegners unterliegt nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 75 NJG der Normenkontrolle durch das Oberverwaltungsgericht. Damit ist zugleich die Möglichkeit eröffnet, beim Oberverwaltungsgericht gemäß § 47 Abs. 6 VwGO einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu stellen, von der die Antragsteller hier Gebrauch gemacht haben.

2. Der Antrag erfüllt auch die übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen.

Die Zulässigkeit eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß §§ 47 Abs. 6 VwGO hängt davon ab, ob der parallel gestellte oder noch zu stellende Normenkontrollantrag in der Hauptsache zulässig ist (vgl. Hoppe: in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 47 Rn. 102; Ziekow in: Sodan/Ziekow, NK-VwGO, 5. Aufl. 2018, § 47 Rn. 387 m.w.N.).

a. Der von den Antragstellern parallel bereits gestellte Normenkontrollantrag ist zulässig. Er ist insbesondere innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der angegriffenen Verordnung und damit innerhalb der Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO gestellt worden. Die Antragsteller sind überdies antragsbefugt. Die Antragstellerin zu 1. ist Eigentümerin von im Geltungsbereich der Sicherstellungsverordnung liegenden Grundstücken und kann somit geltend machen, durch die Bestimmungen der Verordnung, die die Grundstücksnutzung einschränken, in eigenen Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Entsprechendes gilt für den Antragsteller zu 2., der diese Flächen von der Antragstellerin zu 1. zur landwirtschaftlichen Nutzung gepachtet hat. Es ist zumindest möglich, dass er aufgrund der Beschränkungen der landwirtschaftlichen Grundstücksnutzung durch die in der Verordnung geregelten Verbote in seinem Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1GG) verletzt wird (vgl. zur Antragsbefugnis des Grundstückspächters: Senatsurt. v. 2.5.2022 - 4 KN 300/19 -, juris Rn. 36 u. v. 30.10.2017 - 4KN 275/17 -, juris Rn. 80). An der bestehenden Antragsbefugnis ändert es auch nichts, dass nach dem unwidersprochenen Vorbringen des Antragsgegners von den insgesamt ca. 26,5 ha großen Eigentums- bzw. Pachtflächen, auf die die Antragsteller ihre Antragsbefugnis stützen, nur ein kleiner Anteil von 2,16 ha innerhalb des einstweilig sichergestellten Gebiets liegt. Denn die Grundstücksnutzung wird zumindest für den Teil der Flächen, die zum einstweiligen sichergestellten Gebiet gehören, durch die die Verbote der Verordnung eingeschränkt. Daher ist eine Verletzung der Antragsteller in den Grundrechten aus Art. 14 GG bzw. Art. 2 Abs. 1 GG zumindest möglich.

b. Der Antrag nach § 47 Abs. 6 VwGO richtet sich auch ebenso wie der in der Hauptsache gestellte Normenkontrollantrag gegen den richtigen Antragsgegner.

Nach § 47 Abs. 2 Satz 2 VwGO ist der Antrag gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, die die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das war hier der Antragsgegner.

Allerdings ist dann, wenn sich nach dem Erlass der Rechtsvorschrift die Zuständigkeit zum Erlass der Norm ändert, der Antrag gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, die zur Änderung oder Aufhebung der Norm befugt ist (vgl. Senatsurt. v. 1.4.2008 - 4 KN 57/07 -, juris Rn. 20 m.w.N.). Ein Zuständigkeitswechsel nach dem Erlass der angegriffenen Verordnung durch den Antragsgegner ist hier jedoch nicht eingetreten.

Mit Erlass vom 9. September 2021 hat das Niedersächsische Ministerium für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz gemäß § 32 Abs. 2 des Niedersächsischen Naturschutzgesetztes - NNatSchG - (seinerzeitige, bis zum 30. September 2022 geltende offizielle Gesetzesbezeichnung: Niedersächsisches Ausführungsgesetz zum Bundesnaturschutzgesetz - NAGBNatSchG) dem Antragsgegner die Zuständigkeit für den Erlass einer Verordnung zur einstweiligen Sicherstellung für das FFH-Gebiet "Düte (mit Nebenbächen)" übertragen. Wie der Senat zur formellen Rechtmäßigkeit der Sicherstellungsverordnung noch näher ausführen wird (siehe unten II.3.a.), ist diese Zuständigkeitsübertragung rechtmäßig, und der Antragsgegner hat mit dem Erlass der angegriffenen Verordnung die Grenzen dieser übertragenen Zuständigkeit auch nicht überschritten.

Soweit der Antragsgegner meint, seine auf dem Übertragungserlass vom 9. September 2021 beruhende Zuständigkeit sei zwischenzeitlich wieder entfallen, da sie sich nur auf den einmaligen Erlass einer Sicherstellungsverordnung bezogen habe und er durch den Erlass der angegriffenen Verordnung bereits abschließend von dieser Einzelermächtigung Gebrauch gemacht habe, teilt der Senat diese Ansicht nicht. Schon in seiner bisherigen Rechtsprechung ist der Senat davon ausgegangen, dass eine für die Sicherung eines bestimmten FFH-Gebiets ausgesprochene Zuständigkeitsübertragung zum Erlass einer Schutzgebietsverordnung nicht auf den einmaligen Erlass einer solchen Verordnung beschränkt ist und die für zuständig erklärte Behörde daher auch für die nachträgliche Änderung oder (Teil-) Aufhebung der Schutzgebietsverordnung zuständig bleibt (vgl. Senatsbeschl. v. 11.5.2022 - 4 KN 142/21 -, n.v.). Anderes hat der Senat nur für den Fall angenommen, dass die Zuständigkeitsübertragung zeitlich auflösend befristet und diese Frist zwischenzeitlich abgelaufen war (vgl. Senatsbeschl. v. 29.9.2020 - 4 KN 118/18 -, n.v.). An dieser Rechtsprechung, die auch auf eine Zuständigkeitsübertragung zum Erlass einer Verordnung zur einstweiligen Sicherstellung von Teilen von Natur und Landschaft im Sinne des § 22 Abs. 3 BNatSchG i.V.m. § 14 Abs. 8 NNatSchG zu übertragen ist, hält der Senat weiterhin fest.

Bereits sprachlich kann eine Zuständigkeitsübertragung, die - wie hier - für den "Erlass" einer einzelnen Verordnung ausgesprochen worden ist, zwanglos so ausgelegt werden, dass hiervon auch spätere Entscheidungen zur Änderung oder Aufhebung des entsprechenden Rechtsaktes mitumfasst sind. Zudem wird ein Zuständigkeitswechsel unmittelbar nach dem Erlass einer naturschutzrechtlichen Schutzverordnung regelmäßig nicht ohne weiteres zweckdienlich sein, was aber Voraussetzung einer Zuständigkeitsübertragung nach § 32 Abs. 2 NNatSchG ist (näher dazu unten II.1.a.bb.). Denn dieser sofortige nachträgliche Zuständigkeitswechsel führt dazu, dass sich unmittelbar nach der Unterschutzstellung bzw. einstweiligen Sicherstellung eine neue Behörde in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht in die Materie einarbeiten muss, wenn nach dem Erlass der Verordnung formelle oder materielle Fehler auffallen und die Verordnung deswegen geändert werden muss oder Schritte der Unterschutzstellung bzw. einstweiligen Sicherstellung zur Heilung von Verfahrens- oder Formfehlern wiederholt werden müssen. Hinzu kommt bei der einstweiligen Sicherstellung, dass bei diesem Rechtsakt gegebenenfalls kraft Gesetzes spätere Änderungs- oder Aufhebungsentscheidungen anstehen, mit denen sich dann die nachträglich zuständig gewordene Behörde inhaltlich befassen müsste. Das betrifft die nachträgliche Verlängerung des zweijährigen Geltungszeitraums der Sicherstellung (§ 22 Abs. 3 Satz 2 BNatSchG) ebenso wie die nachträgliche (ggf. auch nur teilweise) Aufhebung der einstweiligen Sicherstellung, wenn ihre Voraussetzungen nicht mehr gegeben sind (Satz 4 der Norm). Deshalb bedürfte es nach Auffassung des Senats zumindest eines deutlichen Hinweises in der Zuständigkeitsübertragung, dass ein derartiger, allgemein nicht ohne weiteres als zweckmäßig anzusehender sofortiger Zuständigkeitswechsel unmittelbar nach dem Erlass der Verordnung im konkreten Fall beabsichtigt war. Hierfür ist in dem Erlass vom 9. September 2021 aber nichts ersichtlich. Im Gegenteil würde ein Zuständigkeitswechsel unmittelbar nach Erlass der angegriffenen Verordnung die mit der Zuständigkeitsübertragung verfolgte Absicht konterkarieren, die beiden untere Naturschutzbehörden, in deren Zuständigkeitsbereichen das FFH-Gebiet liegt, zu entlasten (näher dazu unten II.1.a.bb.).

II. Der Antrag ist jedoch unbegründet.

Nach § 47 Abs. 6 VwGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

1. Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der sich der Senat nunmehr anschließt, sind Prüfungsmaßstab im Verfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO zunächst die Erfolgsaussichten des in der Sache anhängigen Normenkontrollantrages, soweit sich diese im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bereits absehen lassen. Ergibt diese Prüfung, dass der Normenkontrollantrag voraussichtlich unzulässig oder unbegründet sein wird, ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht im Sinne von § 47 Abs. 6 VwGO zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten. Erweist sich dagegen, dass der Antrag nach § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO zulässig und (voraussichtlich) begründet sein wird, so ist dies ein wesentliches Indiz dafür, dass der Vollzug der angegriffenen Rechtsvorschrift bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache suspendiert werden muss. In diesem Fall kann eine einstweilige Anordnung ergehen, wenn dessen (weiterer) Vollzug vor einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren Nachteile befürchten lässt, die unter Berücksichtigung der Belange des Antragstellers, betroffener Dritter und/oder der Allgemeinheit so gewichtig sind, dass eine vorläufige Regelung mit Blick auf die Wirksamkeit und Umsetzbarkeit einer für den Antragsteller günstigen Hauptsacheentscheidung unaufschiebbar ist. Lassen sich die Erfolgsaussichten des Normenkontrollverfahrens nicht abschätzen, ist über den Erlass einer beantragten einstweiligen Anordnung im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden: Gegenüberzustellen sind die Folgen, die eintreten würden, wenn eine einstweilige Anordnung nicht erginge, der Normenkontrollantrag aber Erfolg hätte, und die Nachteile, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, der Antrag nach § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO aber erfolglos bliebe. Die für den Erlass der einstweiligen Anordnung sprechenden Erwägungen müssen die gegenläufigen Interessen dabei deutlich überwiegen, mithin so schwer wiegen, dass der Erlass der einstweiligen Anordnung - trotz offener Erfolgsaussichten der Hauptsache - dringend geboten ist (zum Ganzen: BVerwG, Beschl. v. 25.2.2015 - 4 VR 5.14 -, juris Rn. 12 m.w.N. u. Beschl. v. 30.4.2019 - 4 VR 3.19 -, juris Rn. 4; siehe zur sich dem BVerwG anschließenden Rspr. anderer Senate des Nds. OVG: Beschl. v. 11.5.2018 - 12 MN 40/18 -, juris Rn. 26 f.; Beschl. v. 17.2.2020 - 2 MN 379/19 -, juris Rn. 24; Beschl. v. 28.2.2020 - 1 MN 153/19 -, juris Rn. 15; Beschl. v. 21.12.2021 -13 MN 478/21 -, juris Rn. 26; Beschl. v. 17.2.2022 -14 MN 147/22 -, juris Rn. 11).

Hieran gemessen bleibt der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung in der Sache ohne Erfolg. Bei summarischer Prüfung lassen sich die Erfolgsaussichten des von den Antragstellern gestellten zulässigen Normenkontrollantrags in der Sache derzeit nicht abschätzen. Die Verordnung kann deshalb nicht in jeder Hinsicht als rechtmäßig angesehen werden, da offen ist, ob es vor Erlass der angegriffenen Verordnung einer strategischen Umweltprüfung bedurft hätte (2.). Darüber hinaus bestehen an der Rechtmäßigkeit der Verordnung aber nicht auch aus anderen Gründen Zweifel (3.) Im Rahmen der somit erforderlichen Folgenabwägung überwiegt das Interesse am vorläufigen weiteren Vollzug der Sicherstellungsverordnung gegenüber dem Aussetzungsinteresse der Antragsteller und etwaiger Dritter (4.).

2. Bei summarischer Prüfung sieht es der Senat als offen an, ob es vor Erlass der angegriffenen Sicherstellungsverordnung der Durchführung einer strategischen Umweltprüfung bedurft hätte und das Unterbleiben dieses Verfahrensschritts zur formellen Rechtswidrigkeit der Verordnung führt.

Der Senat hat mit Beschluss vom 4. Juli 2023 (- 4 KN 204/20 -, juris) ein bei ihm anhängiges Normenkontrollverfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Art. 267 AEUV Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt, die im Wesentlichen damit in Zusammenhang stehen, ob und ggf. unter welchen näheren Voraussetzungen vor dem Erlass einer naturschutzrechtlichen Schutzgebietsverordnung, mit der ein FFH-Gebiet unter Schutz gestellt wird, eine Pflicht zur Durchführung einer strategischen Umweltprüfung gemäß Art. 3 Abs. 2 b der Richtlinie 2001/42/EG (SUP-Richtlinie) besteht. Bis zu einer Entscheidung des Gerichtshofs über dieses Vorabentscheidungsersuchen sieht es der Senat bei anderen anhängigen zulässigen Normenkontrollverfahren, die einen mit dem Streitgegenstand des Verfahrens 4 KN 204/20 vergleichbaren Sachverhalt betreffen, als offen an, ob das Fehlen einer strategischen Umweltprüfung einen Verfahrensfehler begründet, der zur Rechtswidrigkeit und Unwirksamkeit der Schutzgebietsverordnung führt.

Das gilt im Ergebnis auch für die hier in Streit stehende Verordnung, mit der das FFH-Gebiet "Düte (mit Nebengewässern)" einstweilig sichergestellt worden ist. Denn in vergleichbarer Weise wie die im Verfahren 4 KN 204/20 angegriffene Landschaftsschutzgebietsverordnung enthält auch die Sicherstellungsverordnung in § 5 Abs. 2 VO einen weitreichenden Katalog von Handlungen oder Nutzungen, die von den in § 4 VO normierten Verboten freigestellt sind. Dabei sieht der Verordnungstext nur für einen Teil der freigestellten Handlungen eine Pflicht zur Einholung der Zustimmung der zuständigen Naturschutzbehörde vor der Ausführung der Handlung vor. Für den überwiegenden Teil der freigestellten Handlungen regelt die Verordnung aber nicht einmal das Erfordernis einer vorherigen Anzeige bei der Naturschutzbehörde. Bei den freigestellten Handlungen, die unter anderem im Rahmen der ordnungsgemäßen landwirtschaftlichen Bodennutzung und Forstwirtschaft ausgeführt werden dürfen (vgl. § 5 Abs. 2 Nrn. 6 und 7 VO), kann es sich aber um Projekte handeln, die nach Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 92/43/EWG (FFH-Richtlinie) einer Verträglichkeitsprüfung im Hinblick auf die Erhaltungsziele des FFH-Gebiets bedürfen (vgl. Senatsbeschl. v. 4.7.2023 - 4 KN 204/20 -, juris Rn. 206 m.w.N.). Die Regelungstechnik der Verordnung spricht deshalb auch im vorliegenden Verfahren dafür, dass jedenfalls für die freigestellten Handlungen ohne Zustimmungsvorbehalt eine Verträglichkeitsprüfung im Einzelfall nicht vorgesehen ist und in der Praxis auch nicht durchgeführt wird. Daher stellt sich ebenso wie im Verfahren 4 KN 204/20 auch hier die Frage, ob die fehlende Verträglichkeitsprüfung im Einzelfall durch die Durchführung einer strategischen Umweltprüfung gemäß Art. 3 Abs. 2 b der SUP-Richtlinie vor Erlass der Verordnung hätte kompensiert werden müssen.

Der Senat hat erwogen, ob eine aus Art. 3 Abs. 2 b der SUP-Richtlinie folgende Pflicht zur Durchführung einer strategischen Umweltprüfung hier im Sinne eines "acte claire" deshalb offenkundig ausscheidet, weil es sich bei der einstweiligen Sicherstellung gemäß § 22 Abs. 3 BNatSchG i.V.m. § 14 Abs. 8 NNatSchG lediglich um eine zeitlich befristete Sicherungsmaßnahme mit vorläufigem Charakter handelt. Jedenfalls im Rahmen der im einstweiligen Rechtsschutz erfolgenden summarischen Prüfung hat sich der Senat aber nicht die notwendige Überzeugung bilden können, dass diese Sichtweise mit der effektiven Durchsetzung der europarechtlichen Vorgaben aus Art. 3 Abs. 2 b der SUP-Richtlinie und Art. 6 Abs. 3 der FFH-Richtlinie vereinbar wäre.

3. Im Übrigen ist die Verordnung bei summarischer Prüfung mit höherrangigem Recht vereinbar.

a. Abgesehen von dem möglichen Verstoß gegen eine Pflicht zur Durchführung einer strategischen Umweltprüfung ist die Verordnung in formeller Hinsicht rechtmäßig. Insbesondere war der Antragsgegner für den Erlass der angegriffenen Verordnung zuständig.

aa. Gemäß §§ 31 Abs. 1 Satz 1, 32 Abs. 1 Satz 1 NNatSchG nehmen, soweit nicht durch Rechtsvorschrift oder aufgrund Rechtsvorschrift etwas anderes bestimmt ist, die Landkreise und kreisfreien Städte als untere Naturschutzbehörden die Aufgaben des Naturschutzes wahr. Danach waren für die einstweilige Sicherstellung als untere Naturschutzbehörden - jeweils für den Flächenanteil in ihrem jeweiligen Körperschaftsgebiet - grundsätzlich der Landkreis A-Stadt und die (kreisfreie) Stadt A-Stadt zuständig.

bb. Nach § 32 Abs. 2 NNatSchG kann die oberste Naturschutzbehörde aber im Einzelfall die Aufgabe einer anderen unteren Naturschutzbehörde oder einer Landesbehörde übertragen, wenn eine Angelegenheit in den Zuständigkeitsbereich mehrerer unterer Naturschutzbehörden fällt oder eine Änderung der Zuständigkeit aus anderen Gründen zweckdienlich ist. Auf der Grundlage dieser Vorschrift hat das Niedersächsische Ministerium für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz als oberste Naturschutzbehörde mit Erlass vom 9. September 2021 die Zuständigkeit für den Erlass einer Verordnung zur einstweiligen Sicherstellung für das FFH-Gebiet "Düte (mit Nebenbächen)" rechtmäßig auf den Antragsgegner übertragen, bei dem es sich um eine niedersächsische Landesbehörde handelt. Die Voraussetzungen für die Zuständigkeitsübertragung gemäß § 32 Abs. 2 NNatSchG sind dem Wortlaut nach auch gegeben, da das FFH-Gebiet "Düte (mit Nebenbächen)", dessen vorläufiger Sicherung die angegriffene Verordnung dient, im Zuständigkeitsbereich mehrerer unterer Naturschutzbehörden liegt, nämlich teilweise im Landkreis A-Stadt und teilweise in der der Stadt A-Stadt.

Eine Zuständigkeitsübertragung nach § 32 Abs. 2 NNatSchG für den Erlass einer Verordnung zur einstweiligen Sicherstellung setzt nicht des Weiteren voraus, dass die Zuständigkeitsübertragung auch die endgültige Sicherung des Landschaftsteils durch Unterschutzstellung einschließt, was hier nicht der Fall ist, da dem Antragsgegner ausdrücklich nur die Zuständigkeit für die einstweilige Sicherstellung übertragen worden ist.

Nach § 14 Abs. 8 Satz 1 Nr. 1 NNatSchG können Teile von Natur und Landschaft durch Verordnung "der Naturschutzbehörde" einstweilig sichergestellt werden. Als Naturschutzbehörde zuständig hierfür ist ebenso wie für die abschließende Sicherung des Gebets oder Landschaftsteils durch Unterschutzstellung gemäß § 32 Abs. 1 Satz 1 NNatSchG im Regelfall die untere Naturschutzbehörde, in deren Gebiet die Fläche oder das Landschaftsobjekt liegt. Grundsätzlich liegen einstweilige Sicherstellung und endgültige Sicherung damit "in einer Hand" bei derselben unteren Naturschutzbehörde. Im früheren, bis zum 28. Februar 2010 geltenden Niedersächsischen Landesnaturschutzgesetz (NNatG) kam dies auch dadurch zum Ausdruck, dass nach dem Wortlaut von § 32 Abs. 1 Satz 1 NNatG a.F. bis zum Erlass einer Verordnung nach den §§ 24 bis 28 die "für die Verordnung zuständige Naturschutzbehörde" zur einstweiligen Sicherstellung eines Gebiets oder Landschaftsteils tätig werden konnte.

Hieraus ergeben sich jedoch keine Gesichtspunkte, die dafürsprechen, dass § 32 Abs. 2 NNatSchG restriktiv auszulegen und die oberste Landesbehörde die Zuständigkeit für eine einstweilige Sicherstellung nur gemeinsam mit der endgültigen Sicherung auf eine andere Behörde übertragen darf.

§ 32 Abs. 2 NNatSchG knüpft die Übertragung einer Aufgabe nur daran, dass eine Angelegenheit in den Zuständigkeitsbereich mehrerer unterer Naturschutzbehörden fällt oder eine Änderung der Zuständigkeit aus anderen Gründen zweckdienlich ist. Der Wortlaut verdeutlicht, dass die - auch im vorliegenden Fall gegebene - Zuständigkeit mehrerer unterer Naturschutzbehörden lediglich ein Unterfall der Zweckdienlichkeit ist. Zweckdienlich ist die Zuständigkeitsübertragung dann, wenn sie für die effektive und effiziente Erledigung der naturschutzrechtlichen Angelegenheit, auf die sie sich bezieht, zumindest förderlich ist. Das ist hier hinsichtlich der Zuständigkeitsübertragung auf den Antragsgegner "nur" für die einstweilige Sicherstellung des FFH-Gebiets "Düte (mit Nebenbächen)" der Fall.

Zwar sprechen erhebliche Gründe der Praktikabilität im Regelfall dafür, die einstweilige und die endgültige Sicherung eines Gebiets oder Landschaftsteils "in einer Hand" zu belassen. Denn in diesem Fall kann die Naturschutzbehörde sowohl hinsichtlich der naturschutzfachlichen Ermittlungen und Bewertungen als auch hinsichtlich der rechtlichen Beschreibung des Schutzgegenstandes und der Schutzzwecke sowie der Formulierung der Verbote in der endgültigen Schutzverordnung auf die Vorarbeiten, die sie im Rahmen der einstweiligen Sicherstellung geleistet hat, aufbauen. Bei einer Zuständigkeitstrennung kommt es demgegenüber zu doppelter Arbeit, weil zwei verschiedene Behörden mit der Sicherung desselben Gebiets oder Objekts befasst sind (vgl. dazu bereits oben I.2.b.).

Im vorliegenden Fall ergeben sich aber die folgenden Besonderheiten: Einerseits ist die endgültige Unterschutzstellung des FFH-Gebiets "Düte", das von der Kommission bereits im November 2007 als Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung gelistet worden ist, rechtlich bereits seit geraumer Zeit überfällig (vgl. zur sechsjährigen Unterschutzstellungsfrist, die mit der Gebietslistung in Gang gesetzt wird, Art. 4 Abs. 4 Satz 1 der FFH-Richtlinie). Andererseits haben die Landrätin des Landkreises A-Stadt und der Oberbürgermeister der Stadt A-Stadt dem Niedersächsischen Ministerium für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz mit Schreiben vom 8. März 2021 (Bl. 95 der Beiakte 1) sinngemäß mitgeteilt, dass eine zügige Unterschutzstellung des FFH-Gebiets auf der Grundlage der mit Erlass vom 4. Mai 2015 auf den Landkreis A-Stadt übertragenen Zuständigkeit wegen einer erforderlichen langfristigen und zeitintensiven Abstimmung über die Abgrenzung des Gebiets nicht möglich sei. Hintergrund dieses Schreibens war, dass unter den involvierten niedersächsischen Behörden seit geraumer Zeit Einigkeit darüber besteht, dass das ursprünglich gemeldete FFH-Gebiet "Düte (mit Nebenbächen)" seinerzeit fehlerhaft kartiert und abgegrenzt worden sei, weswegen eine Neumeldung des Gebiets anhand noch zu erhebender aktueller naturschutzfachlicher Daten erforderlich sei (vgl. dazu den Vermerk einer Mitarbeiterin des Antragsgegners vom 26.2.2021, Bl. 3 der Beiakte 1). Aufgrund dieses Sachverhalts hat die oberste Naturschutzbehörde als Reaktion auf das Schreiben vom 8. März 2021 mit dem Antragsgegner und den beiden involvierten unteren Naturschutzbehörden die Zuständigkeitsübertragung auf den Antragsgegner für die einstweilige Sicherstellung abgestimmt, um auf diese Weise für das FFH-Gebiet wenigstens eine vorläufige nationale Unterschutzstellung zügig umzusetzen. Demnach diente die Übertragung der Zuständigkeit für die einstweilige Sicherstellung auf den Antragsgegner einerseits der Unterstützung und Entlastung der unteren Naturschutzbehörden und darüber hinaus auch der zügigen Gewährleistung einer zumindest vorläufigen Unterschutzstellung des FFH-Gebiets. Diese beiden Gesichtspunkte sprechen ausschlaggebend dafür, dass die separate Zuständigkeitsübertragung nur für die einstweilige Sicherstellung hier als zweckdienlich anzusehen ist.

cc. Die angegriffene Verordnung ist auch hinsichtlich des gesamten in die einstweilige Sicherstellung einbezogenen Gebets von der ausgesprochenen Zuständigkeitsübertragung gedeckt. Nichts anderes ergibt sich daraus, dass der Erlass des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz vom 9. September 2021 sich ausdrücklich auf die einstweilige Sicherstellung für das FFH-Gebiet "Düte (mit Nebenbächen)" bezieht und dieses FFH-Gebiet insgesamt nur 117,50 ha groß ist, während das einstweilig sichergestellte Gebiet deutlich größer ist und eine Gesamtfläche von 290 ha hat (vgl. § 1 Abs. 3 VO). Es sprechen mehrere Gründe dafür, dass der Erlass vom 9. September 2021 so auszulegen ist, dass er auch die einstweilige Sicherstellung von Flächen einschließt, die außerhalb des bisher gemeldeten FFH-Gebiet "Düte (mit Nebenbächen)" liegen.

(1.) Das gilt zum einen, weil in dem Erlass selbst zum Ausdruck kommt, dass vor einer endgültigen Unterschutzstellung des FFH-Gebiets gemäß § 32 Abs. 2 i.V.m. § 20 Abs. 2 BNatSchG zunächst eine Neuabgrenzung des FFH-Gebiets fachlich erforderlich ist. Schon deshalb ist der Erlass so auszulegen, dass sich die Zuständigkeitsübertragung nicht strikt auf das FFH-Gebiet in seinen bisherigen Grenzen beschränkt, sondern auch diejenigen Flächen einschließt, bei denen nach vorläufiger Einschätzung anzunehmen ist, dass sie bei der naturschutzfachlich erforderlichen Neuabgrenzung in das FFH-Gebiet einbezogen werden.

(2.) Hinzu kommt, dass nach § 22 Abs. 3 Satz 3 BNatSchG in einem sichergestellten Teil von Natur und Landschaft alle Handlungen und Maßnahmen nach Maßgabe der Sicherstellungserklärung verboten sind, die geeignet sind, den Schutzgegenstand nachteilig zu verändern. Diese Vorschrift bezieht sich von vornherein nur auf Handlungen, die innerhalb des sichergestellten Teils von Natur und Landschaft stattfinden; sie und sieht dagegen keinen Umgebungsschutz vor (vgl. Gellermann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Werkstand: 100. EL 2023, § 22 BNatSchG Rn. 38; Albrecht in: BeckOK Umweltrecht, Werkstand: 66. Edition 2023, § 22 BNatSchG Rn. 39 m.w.N.). Demgegenüber verlangt der durch Art. 6 Abs. 2 und 3 der FHH-Richtlinie sowie §§ 33, 34 BNatSchG vorgegebene Schutz von Natura 2000-Gebieten, dass gegebenenfalls auch Handlungen außerhalb eines FFH-Gebiets verboten werden, soweit sie zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen können (vgl. Gellermann, a.a.O., § 33 BNatSchG Rn. 8 m.w.N.).

Im Hinblick darauf, dass in das gemeldete FFH-Gebiet "Düte (mit Nebenbächen)" seinerzeit in der Regel nur die Gewässerflächen selbst, angrenzende Landflächen demgegenüber aber nur stellenweise einbezogen worden sind, soweit sich dort landesweit bedeutsame Biotope befinden (vgl. zur Gebietsmeldung Bl. 12 der Beiakte 1), ist die Zuständigkeitsübertragung für die einstweilige Sicherstellung des FFH-Gebiets in dem Erlass vom 9. September 2021 so zu verstehen, dass sie zur Erreichung des durch Art. 6 Abs. 2 und 3 der FFH-Richtlinie und §§ 33, 34 BNatSchG vorgegebenen Schutzniveaus unter anderem auch die vorläufige Unterschutzstellung von Pufferstreifen entlang der Gewässer ermöglicht, um dort ausgeübte Handlungen verbieten zu können, die sich schädlich auf die Erhaltungsziele des FHH-Gebiets auswirken können. Dies entspricht auch der Vorgehensweise des Antragsgegners, der entlang der im FFH-Gebiet gelegenen Gewässer Pufferzonen von einer Breite zwischen 10 und 25 m in das einstweilig sichergestellte Gebiet einbezogen hat (vgl. dazu den Vermerk vom 19. Juli 2021, Bl. 43 der Beiakte 1).

(3.) Entsprechend ergeben sich aus dem Umstand, dass das einstweilig sichergestellte Gebiet mehr als doppelt so groß ist wie das sich im Wesentlichen auf die Gewässerflächen beschränkende FFH-Gebiet bei summarischer Prüfung noch keine greifbaren Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsgegner mit dem Erlass der angegriffenen Verordnung räumlich die Grenzen seiner sich aus dem Erlass vom 9. September 2021 ergebenden Zuständigkeit überschritten hat. Das gilt insbesondere auch deshalb, weil die Abgrenzung des einstweilig sichergestellten Gebiets auch in materiell-rechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden ist und sich insbesondere durch eine Abschirmung der für das FFH-Gebiet "Düte (mit Nebenbächen)" bestehenden Erhaltungsziele gegenüber Gefährdungen rechtfertigt (siehe dazu unten b.bb.<3.>).

b. Auch in materiell-rechtlicher Hinsicht ergeben sich keine Zweifel an der Vereinbarkeit der Sicherstellungsverordnung mit höherrangigem Recht.

aa. Die Verordnung regelt mit ausreichender Bestimmtheit die erforderlichen Mindestangaben zu den Schutzzwecken, die mit der einstweiligen Sicherstellung verfolgt werden.

Auch wenn § 22 Abs. 3 Satz 5 BNatSchG nur auf Abs. 2 dieser Norm verweist und somit die inhaltlichen Anforderungen, die § 22 Abs. 1 Satz 2 BNatSchG unter anderem hinsichtlich der Bestimmung des Schutzzwecks an die Schutzerklärung stellt (vgl. dazu: Senatsurt. v. 23.2.2022 - 4 KN 252/19 -, juris Rn. 66 u. v. 29.11.2016 - 4 KN 93/14 -, juris Rn. 248; Nds. OVG, Urt. v. 24.8.2001 - 8 KN 209/01 -, juris Rn. 19), für die einstweilige Sicherstellung nicht unmittelbar gelten, muss in der Sicherstellungsverordnung das angestrebte Schutzziel zumindest angemessen umrissen sein (vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 23.8.1990 - 3 L 209/89 -, juris Rn. 13). Da es sich bei der einstweiligen Sicherstellung nur um eine vorläufige Maßnahme handelt, die der endgültigen Unterschutzstellung vorausgeht, ist aber nicht erforderlich, die einzelnen Schutzzwecke schon umfassend und abschließend festzulegen, sondern es genügt, sie - quasi als Arbeitstitel - so zu formulieren, dass sich daraus die zum Verständnis und zur Rechtfertigung des Schutzregimes sowie zur Auslegung von Verbots- und Freistellungsregelungen benötigten Kriterien ergeben (Agena in: Blum/Agena/Brüggeshemke, Nds. Naturschutzrecht, Werkstand: 20. EL 2023, § 14 NNatSchG Rn. 72).

Diesen Anforderungen werden die oben im Sachbericht des Beschlusses dargestellten Kataloge der allgemeinen Schutzzwecke für das Gebiet in § 3 Abs. 2 VO sowie der Erhaltungsziele für die europäisch geschützten Lebensraumtypen und Tierarten in § 3 Abs. 4 VO ohne weiteres gerecht. Soweit die Antragsteller fehlende Feststellungen im Verordnungstext dazu bemängeln, dass die in den Schutzzwecken und Erhaltungszielen genannten Naturgüter tatsächlich in dem räumlichen Bereich der einstweiligen Sicherstellung vorhanden sind, versteht es sich von selbst, dass die Angaben zu den Schutzzwecken im Verordnungstext entsprechend zu verstehen sind. Eine weitergehende Konkretisierung ist im Rahmen der Benennung der Schutzzwecke nicht erforderlich. Entgegen dem Vorbringen des Antragstellers enthalten die Erhaltungsziele in § 3 Abs. 4 VO im Übrigen zum Teil sehr wohl konkrete Angaben zur Situation vor Ort. So wird hinsichtlich des prioritären Lebensraumtyps 91E0 "Auenwälder mit Erle, Esche, Weide" auch auf "saumartige Galeriewälder im z. T. sehr schmalen Talraum" verwiesen (§ 3 Abs. 4 Nr. 1 VO); hinsichtlich des Lebensraumtyps 9130 "Waldmeister-Buchenwälder" beziehen sich die Erhaltungsziele auf "naturnahe, strukturreiche Buchenwälder auf (...) Standorten in den oberen Tallagen des Gebiets" (§ 3 Abs. 4 Nr. 2 d VO); für die Tierart des Kammmolchs (Triturus cristatus) bezieht sich das Erhaltungsziel auf eine "Population auf dem Gebiet der Stadt A-Stadt" (§ 3 Abs. 4 Nr. 3 c VO).

bb. Die Voraussetzungen für eine einstweilige Sicherstellung nach § 22 Abs. 3 Satz 1 BNatSchG sind gegeben. Nach dieser Norm können Teile von Natur und Landschaft, deren Schutz beabsichtigt ist, für einen Zeitraum von bis zu zwei Jahren einstweilig sichergestellt werden, wenn zu befürchten ist, dass durch Veränderungen oder Störungen der beabsichtigte Schutzzweck gefährdet wird.

(1.) Für die Flächen, die der Antragsgegner mit der angegriffenen Verordnung einstweilig sichergestellt hat, besteht die von § 22 Abs. 3 Satz 1 BNatSchG verlangte Absicht zu Unterschutzstellung.

(a.) Absicht bedeutet, dass die zuständige Behörde die in Aussicht genommene Entscheidung, den Landschaftsteil endgültig unter Schutz zu stellen, ernsthaft verfolgt. Dafür müssen bereits hinreichend konkrete Vorstellungen über Größe, Zweck und Status des Schutzgegenstands bestehen (vgl. Albrecht, in: BeckOK Umweltrecht, Werkstand: 66. Edition 2023, § 22 BNatSchG Rn. 36 m.w.N.). Das ist hier der Fall, da zwischen dem Niedersächsischen Ministerium für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz als der obersten Naturschutzbehörde, dem Antragsgegner und den beiden unteren Naturschutzbehörden, in deren Körperschaftsgebieten das FFH-Gebiet "Düte (mit Nebenbächen)" liegt, Einigkeit darüber besteht, die Flächen dieses FFH-Gebiets zum Schutzgebiet zu erklären, wozu gemäß Art. 4 Abs. 4 Satz 1 der FFH-Richtlinie und § 32 Abs. 2 i.V.m. § 20 Abs. 2 BNatSchG auch eine rechtliche Verpflichtung besteht.

(b.) Soweit im Schrifttum für die Absicht zur Unterschutzstellung im Sinne von § 22 Abs. 3 Satz 1 BNatSchG darüber hinaus verlangt wird, dass mit der Einleitung des Verfahrens zu endgültigen Unterschutzstellung entweder parallel zur einstweiligen Sicherstellung oder zumindest in absehbarer Zeit begonnen wird, nicht aber erst in zwei oder drei Jahren (vgl. Hendrischke in: Schlacke, GK-BNatSchG, 2. Aufl. 2017, § 22 Rn. 51; Albrecht, a.a.O. Rn. 36), teilt der Senat diese Ansicht nicht. Weder der Wortlaut der Vorschrift noch die Entstehungsgeschichte (vgl. zur Begründung des Gesetzentwurfs: BR-Drs. 278/09, S. 193) geben für diese Auffassung etwas her. Dagegen spricht zudem, dass gemäß § 22 Abs. 3 Satz 1 BNatSchG eine einstweilige Sicherstellung für einen Zeitraum von bis zu zwei Jahren möglich ist, der nach Satz 2 der Regelung nochmals einmalig um bis zu weitere zwei Jahre verlängert werden kann. Allenfalls kann der Umstand, dass die Naturschutzbehörde die endgültige Unterschutzstellung "auf die lange Bank schiebt", ein Indiz dafür sein, dass sie diese nicht mehr ernsthaft beabsichtigt. In diesem Fall wird die einstweilige Sicherstellung rechtswidrig, und die Behörde ist nach § 22 Abs. 3 Satz 4 BNatSchG verpflichtet, die einstweilige Sicherstellung aufzuheben.

Dafür gibt es im vorliegenden Fall aber keine Anhaltspunkte. Soweit sich in den Verwaltungsvorgängen des Antragsgegners Hinweise darauf ergeben, dass bis zur endgültigen Sicherung des Gebiets die nach § 22 Abs. 3 Sätze 1 und 2 BNatSchG zulässige Höchstfrist für eine einstweilige Sicherstellung von zweimal zwei Jahren eventuell ausgeschöpft werden müsse (vgl. Bl. 44, 212 der Beiakte 1), liegt das allein daran, dass die involvierten Behörden übereinstimmend davon ausgehen, dass vor der endgültigen Sicherung des Gebiets zunächst noch eine Neuabgrenzung und Neumeldung des FFH-Gebiets "Düte (mit Nebenbächen)" erforderlich ist und sich hierdurch eine Verzögerung ergeben wird. Der Wille zur endgültigen Unterschutzstellung wird durch diese Einschätzung aber nicht in Frage gestellt.

(2.) Gemäß § 1 Abs. 1 VO und der amtlichen Überschrift der Verordnung ist geplant, dass einstweilig sichergestellte Gebiet als Naturschutzgebiet auszuweisen. Die Rechtmäßigkeit der einstweiligen Sicherstellung hängt gleichwohl nicht davon ab, ob die Voraussetzungen für die spätere Ausweisung eines Naturschutzgebietes nach § 23 Abs. 1 BNatSchG erfüllt sind, insbesondere die Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit des betreffenden Landschaftsteils bereits abschließend feststehen und das nach dieser Norm bestehende Ermessen zugunsten der Ausweisung eines Naturschutzgebietes ausgeübt werden darf (vgl. Senatsbeschl. v. 30.10. 2009 - 4 MN 346/08 -, juris Rn. 50 m.w.N.). Im Hinblick darauf, dass die einstweilige Sicherstellung mit Verboten gemäß § 23 Abs. 3 Satz 3 BNatSchG einhergeht und dadurch die Nutzung des Grundstückseigentums einschränkt, bedarf sie aber einer sachlichen Rechtfertigung. Ob es hierfür genügt, dass die abschließende Unterschutzstellung "nicht von vornherein ausgeschlossen sein darf" (so OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 18.6.1998 - 10 A 816/96 -, juris Rn. 49) oder - weitergehend - zu verlangen ist, dass der Landschaftsteil "für eine endgültige Unterschutzstellung in Betracht kommen muss" (so OVG Saarland, Urt. v. 9.12.2005 - 3 N 1/05 -, juris Rn. 34, 39 m.w.N.), kann der Senat dahinstehen lassen. Denn im vorliegenden Fall sind die sichergestellten Flächen nach summarischer Prüfung als voraussichtlich im Sinne von § 23 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG schutzwürdig und schutzbedürftig anzusehen. Eine endgültige Unterschutzstellung als Naturschutzgebiet kommt somit in Betracht.

Aufgrund der in § 2 Abs. 1 VO beschriebenen Beschaffenheit der Landschaft im sichergestellten Gebiet, der in § 3 genannten Schutzzwecke, die sich auf den Schutz und Erhalt der Düte und ihrer Nebengewässer einschließlich ihrer Ufer und Gewässerrandstreifen, artenreicher Grünlandbestände sowie naturnaher Wälder der Niederungen mit bestimmten Wald-Biotoptypen beziehen, und der in § 3 Abs. 4 VO normierten Erhaltungsziele für einen prioritären Lebensraumtyp, fünf weitere Lebensraumtypen sowie drei Tierarten hat der Senat keine Zweifel daran, dass die sichergestellten Flächen für eine Ausweisung als Naturschutzgebiet gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG in Betracht kommen.

Soweit die Antragsteller darauf hinweisen, dass die Fließgewässer im Gebiet sich aufgrund von Gewässerbaumaßnahmen zum Teil nicht mehr in einem naturnahen Zustand befinden und die Flächen entlang der Düte in erheblichem Umfang intensiv landwirtschaftlich genutzt werden, kommt das auch in der Beschreibung des Schutzgegenstandes in § 2 Abs. 1 VO zum Ausdruck und steht der Annahme der Schutzwürdigkeit im Übrigen nicht entgegen. Vielmehr ergeben sich aus dem naturfernen Zustand, in dem sich Teile des Gebietes befinden, Gefährdungen für die mit der einstweiligen Sicherstellung verfolgten Schutzzwecke und insbesondere die in § 3 Abs. 4 VO aufgeführten Erhaltungsziele, die die Sicherstellung gerade erfordern (siehe dazu unten <4.>). Und soweit die Antragsteller zutreffend vortragen, dass die "Düte" im Stadtgebiet von B-Stadt zum Teil verrohrt und unterirdisch verläuft, weist der Antragsgegner zu Recht darauf hin, dass dieser Bereich (der sog. "Klöckner-Stollen") weder im FFH-Gebiet "Düte (mit Nebenbächen)" liegt noch in das Gebiet der angegriffenen Sicherstellungsverordnung einbezogen worden ist (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 2 VO sowie die gemäß § 1 Abs. 2 VO zur Verordnung gehörenden Karten). Schließlich ergeben sich aus dem gänzlich pauschal gehaltenen Vorbringen des Antragstellers, dass die in der Verordnung beschriebenen Landschaftsstrukturen im Gebiet auch nicht noch in einem Degenerationsstadium vorhanden sein, keine fachlich untermauerten konkreten Hinweise, die dafürsprechen, dass die in § 3 Abs. 4 VO aufgeführten Lebensraumtypen und europäisch geschützten Tierarten im sichergestellten Gebiet nicht (mehr) vorkommen und insoweit auch ein Wiederherstellungspotenzial nicht mehr besteht.

(3.) Anders als die Antragsteller meinen, hat der Antragsgegner das in die einstweilige Sicherstellung einbezogene Gebiet auch nicht fehlerhaft abgegrenzt.

Wie die Antragsteller selbst zutreffend ausführen, kommt dem Verordnungsgeber bei der Abgrenzung von naturschutzrechtlichen Schutzgebieten ein weites Gestaltungsermessen zu. Daher können auch Randzonen eines Gebiets, die zumindest im Wesentlichen noch die Merkmale aufweisen, die den geschützten Bereich im Übrigen schutzwürdig machen, unter Schutz gestellt werden. Dasselbe gilt für Flächen, die zwar isoliert betrachtet nicht schutzwürdig sind, aber der Abschirmung des Schutzgebiets gegenüber der Umgebung dienen, sofern dies zum Schutz des Kernbereichs des Schutzgebiets vernünftigerweise geboten ist (vgl. zum Ganzen: Senatsurt. v. 21.6.2022 - 4 KN 195/19 -, juris Rn. 81 m.w.N.). Dies gilt erst recht bei einer einstweiligen Sicherstellung, für die allenfalls erforderlich ist, dass die darin einbezogenen Flächen bei vorläufiger Beurteilung nach überschlägiger naturschutzfachlicher Einschätzung für eine endgültige Unterschutzstellung in Betracht kommen (siehe oben <2.>; vgl. auch Agena in: Blum/Agena/Brüggeshemke, Nds. Naturschutzrecht, Werkstand: 20. EL 2023, § 14 NNatSchG Rn. 66). Eine abschließende Bestimmung des räumlichen Geltungsbereichs der endgültigen Schutzgebietsausweisung ist im Rahmen der einstweiligen Sicherstellung dagegen noch nicht erforderlich (vgl. Agena, a.a.O., Rn. 69, 71).

Davon ausgehend ist es nicht zu beanstanden, dass der Antragsgegner auch in einem großem Umfang Flächen einstweilig sichergestellt hat, die außerhalb des bisher gemeldeten FFH-Gebiets "Düte (mit Nebenbächen)" liegen.

(a.) Bei der Abgrenzung des FFH-Gebiets sind im Wesentlichen die seinerzeitigen Abgrenzungen der Gewässer nachgezogen worden (vgl. zur Gebietsmeldung Bl. 12 der Beiakte 1). Da das FFH-Gebiet unter anderem für den Schutz von gewässergebundenen Lebensraumtypen und Tierarten ausgewiesen worden ist, ergeben sich daher keine rechtlichen Bedenken, soweit der Antragsgegner dort, wo sich der Verlauf der Fließgewässer zwischenzeitlich verlagert hat und daher heute zum Teil außerhalb des FFH-Gebiets liegt, auch diese Gewässerflächen in die einstweilige Sicherstellung einbezogen hat.

(b.) Entsprechendes gilt auch für die in das Verordnungsgebiet eingeschlossenen zwischen 10 und 25 m breiten Gewässerrandstreifen entlang der Fließgewässer. Sie dienen unter anderem den Schutzzwecken des Erhalts ungenutzter Ufersäume und ihrer Wiederherstellung zu durchgängigen Gewässerrandstreifen (§ 3 Abs. 2 Nr. 5 VO) sowie der Abwehr von schädlichen Stoffeinträgen (§ 3 Abs. 2 Nr. 7 VO), die bei einer intensiven landwirtschaftlichen Nutzung der an die Gewässer angrenzenden Flächen drohen. Das betrifft insbesondere auch den gemäß § 3 Abs. 4 Nr. 2 b VO wertbestimmenden Lebensraumtyp 3260 "Fließgewässer mit flutender Wasservegetation" (vgl. dazu: Senatsurt. v. 26. 3. 2021 - 4 KN 129/18 -, juris Rn. 72). Denn zu den bedeutsamen Gefährdungsfaktoren für diesen Lebensraumtyp gehören auch diffuse Nährstoff-, und Schadstoffeinträge, insbesondere aus intensiv landwirtschaftlich genutzten Flächen (vgl. die Vollzugshinweise des Antragsgegners zum Schutz dieses Lebensraumtyps, Stand November 2011, S. 10, zum download abrufbar unter: https://www.nlwkn.niedersachsen.de/vollzugshinweise-arten-lebensraumtypen/vollzugshinweise-fuer-arten- und-lebensraumtypen-46103.html). Außerdem wird auch die gemäß 3 Abs. 4 Nr. 3 b VO wertgebende Fischart "Groppe" durch Einleitungen aus der Landwirtschaft und ein dadurch verursachtes überhöhtes Nährstoffaufkommen in Gewässern gefährdet. Daher sind auch zum Schutz dieser Art organische Gewässerverschmutzungen zu vermeiden bzw. Stoff- und Sedimenteinträge zu reduzieren, auch durch die zielgerichtete Anlage von ausreichend breiten, unbewirtschafteten Gewässerrandstreifen (vgl. die Vollzugshinweise des Antragsgegners zum Schutz der Koppe, Groppe oder Mühlkoppe (Cottus gobio), Stand: November 2011, Seite 7, 9, zum download abrufbar a.a.O.). Entsprechendes gilt zudem auch für die gemäß § 3 Abs. 4 Nr. 3 a VO wertbestimmende Tierart "Bachneungauge" (vgl. Vollzugshinweise des Antragsgegners zum Schutz des Bachneunauges (Lampetra planeri), Stand November 2011, Seite 9, zum download abrufbar a.a.O.).

(c.) Zweifel hinsichtlich einer rechtmäßigen Abgrenzung des Gebiets ergeben sich ferner auch nicht, soweit der Antragsgegner in das sichergestellte Gebet über die Gewässerrandstreifen hinaus noch weitere Landflächen einbezogen hat. Hierbei handelt es sich um Flächen, auf denen sich der prioritäre Lebensraumtyp 91E0 "Auenwälder mit Erle, Esche, Weide" sowie die weiteren beiden in § 3 Abs. 4 VO genannten Wald-Lebensraumtypen liegen, und/oder um Flächen, bei denen Zweckbindungen für den Naturschutz bestehen und bei denen die öffentlichen Eigentümer die künftige Aufnahme in das neu abzugrenzende und anschließend neu zu meldende FFH-Gebiet "Düte (mit Nebenbächen)" wünschen (vgl. dazu die Begründung des Verordnungsentwurfs, Bl. 200 der Beiakte 1). Für eine Überschreitung des hinsichtlich der Grenzziehung eröffneten Ermessens des Normgebers ist aufgrund dessen nichts ersichtlich. Das gilt auch für die von den Antragstellern im einzelnen angesprochenen Gebietsbandbestandteile.

Die Ausbuchtung im Schutzgebiet südlich von Atterfeld und nördlich von Gaste betrifft nach dem unwidersprochenen Vorbringen des Antragsgegners Flächen im Eigentum der Stadt A-Stadt, die auf deren ausdrücklichen Wunsch in das Gebiet mit einbezogen worden sind und die als Kompensationsflächen für Eingriffe in Natur und Landschaft der Pflege und Entwicklung nach naturschutzfachlichen Gesichtspunkten durch die untere Naturschutzbehörde unterliegen. Auf der sich nördlich daran anschließenden Ausbuchtung bei Sunderheide befindet sich nach dem unwidersprochenen Vorbringen des Antragsgegners mit überwiegenden Flächenanteil der Lebensraumtyp 9160 "Feuchte Eichen- und Hainbuchen-Mischwälder", bei dem es sich nach Einschätzung des Antragsgegners gleichzeitig um ein gesetzlich geschütztes Biotop handelt (vgl. dazu auch die vom Antragsgegner vorgelegte Karte, Bl. 43 der Gerichtsakte 4 KN 131/22).

Bei den größeren Ausbuchtungen im sichergestellten Gebiet im Bereich der Antragsteller in der Gemarkung I. handelt es sich gemäß der vom Antragsgegner vorgelegten Karte (vgl. Bl. 34 der Gerichtsakte 4 KN 131/22) zu einem kleinen Teil um den prioritären Lebensraumtyp 91E0 "Erlen-Eschen Auwald", der sich auch auf ein Flurstück der Antragsteller erstreckt. Darüber hinaus liegt in diesem Bereich des Schutzgebietes auch mit einer deutlich größeren Fläche der Lebensraumtyp 9110 "Hainsimsen-Buchenwald". Bei den weiteren dort in das Gebiet einbezogenen Flächen handelt es sich gemäß der Karte um Flurstücke im Eigentum der Stadt A-Stadt. Entsprechend geht der Senat davon aus, dass es sich auch hierbei um Flächen mit Zweckbindung für den Naturschutz handelt und deren Einbeziehung in das sichergestellte Gebiet mit der Stadt A-Stadt als untere Naturschutzbehörde abgestimmt war.

(d.) Auch die Einbeziehung des Wilkenbachs einschließlich daran entlangführender Gewässerrandstreifen in das sichergestellte Gebiet ist rechtlich nicht zu beanstanden. Soweit die Antragsteller geltend machen, dass der Bereich um diesen Bach nicht schutzwürdig sei, da die "vom Antragsgegner genannten Strukturen" dort gar nicht vorhanden seien, deckt sich das zwar sinngemäß mit dem Verordnungstext, wonach sich u. a. auch der Wilkenbach als Nebengewässer der Düte nur mit geringen Anteilen in einem naturnahen Zustand befindet (vgl. § 2 Abs. 1 Unterabs. 3 Halbs. 2 VO). Gemäß dem unwidersprochenen Vorbringen des Antragsgegners ist aber auch der Wilkenbach als Fließgewässerhabitat für die wertgebenden Arten der Groppe und des Bachneunauges von besonderer Bedeutung, so das sich bei summarischer Prüfung keine Zweifel an der Schutzwürdigkeit dieses Baches und der daran gelegenen Gewässerrandstreifen ergeben.

(4.) § 22 Abs. 3 Satz 1 Schutz BNatSchG ermöglicht die einstweilige Sicherstellung von Landschaftsteilen nur dann, wenn zu befürchten ist, dass durch Veränderungen oder Störungen der beabsichtigte Schutzzweck gefährdet wird.

Eine Gefährdung des beabsichtigten Schutzzwecks liegt vor, wenn eine hinreichende Wahrscheinlichkeit besteht, dass es zu Handlungen oder Störungen kommen wird, die das Schutzobjekt in einer für den Schutzzweck relevanten Weise beeinträchtigen können (vgl. Senatsbeschl. v. 30.10.2009 - 4 MN 346/08 -, juris Rn. 65 m.w.N.). Das ist insbesondere dann regelmäßig unproblematisch zu bejahen, wenn es bereits zu derartigen negativen Einwirkungen gekommen ist (vgl. OVG Schleswig-Holstein, Urt. v. 21.12.2017 - 1 KN 8/17 -, juris Rn. 144; Hendrischke in: Schlacke, GK-BNatSchG, 2. Aufl. 2017, § 22 Rn. 52 m.w.N.). Eine derartige Gefährdungslage ist hier gegeben.

In der Begründung des Verordnungsentwurfs werden für das Gebiet folgende wesentliche Gefährdungen aufgeführt (vgl. dazu Bl. 200 der Beiakte 1): das FFH-Gebiet "Düte (mit Nebenbächen)" sei durch die weiterhin zunehmende Intensivierung der landwirtschaftlichen Nutzung und der damit eingehenden Entwässerungsmaßnahmen stark beeinträchtigt. Wassergebundene Biotop- und Lebensraumtypen sowie für den Kammmolch geeignete Lebensräume würden durch die Änderung des Wasserhaushalts stark verändert bzw. zerstört. Der Erhaltungszustand des Lebensraums für den Kammmolch im FFH-Gebiet sei als ungünstig eingestuft. Weitere erhebliche Beeinträchtigungen würden durch Überbauungen im Auebereich der Fließgewässer gesehen, die wiederum zur Verstärkung der Hochwasserproblematik führen könnten. Weitere Maßnahmen zu Hochwassersicherung, insbesondere in der Aue der Düte, stellten zusätzliche Hindernisse in der Durchgängigkeit der Fließgewässer für die besonders schutzbedürftigen Arten Groppe und Bachneunauge dar. Der Erhaltungszustand des Lebensraums für die Arten Groppe und Bachneunauge im FFH-Gebiet "Düte (mit Nebenbächen)" sei als ungünstig eingestuft.

Hinsichtlich dieser Beschreibung der in der Vergangenheit erfolgten und zum Teil gegenwärtig auch weiterhin erfolgenden Beeinträchtigungen des lokalen Naturraums und der sich daraus ergebenden negativen Folgen für die im FFH Gebiet "Düte (mit Nebenbächen)" wertgebenden Lebensraumtypen und Arten sind Fehler hinsichtlich der Tatsachenermittlung und der naturschutzfachlichen Bewertung von den Antragstellern nicht geltend gemacht worden, und es bestehen dafür auch sonst keine Anhaltspunkte. Das Vorbringen der Antragsteller zu dem naturfernen Zustand von erheblichen Teilbereichen des einstweilig sichergestellten Gebets bestätigt vielmehr die Gefährdungseinschätzung des Antragsgegners. Aufgrund dessen ist ohne weiteres davon auszugehen, dass mit hinreichender Wahrscheinlichkeit Gefährdungen für die in § 3 Abs. 2 und 4 VO normierten Schutzzwecke und Erhaltungsziele zu befürchten sind. Im Hinblick darauf, dass das FFH-Gebiet "Düte (mit Nebenbächen)" seinerzeit vorrangig ausgewählt wurde aufgrund des sehr großen Bestandes der Groppe in der Düte, aber auch in den Nebenbächen, und der sehr großen Population des Kammmolchs, der zweitgrößten bekannten im Naturraum (vgl. zur Gebietsmeldung Bl. 11 f. der Beiakte 1), führt allein schon die ungünstige Bewertung des Erhaltungszustands des Lebensraums für diese beiden Arten aufgrund der in der Begründung des Verordnungsentwurfs aufgeführten tatsächlichen Gefährdungsfaktoren dazu, dass eine Gefährdung im Sinne von § 22 Abs. 3 Satz 1 BNatSchG zu bejahen ist.

cc. Auch von dem durch § 22 Abs. 3 Satz 1 BNatSchG auf der Rechtsfolgenseite eröffneten Normsetzungsermessen hat der Antragsgegner in rechtsfehlerfreier Weise Gebrauch gemacht.

(1.) Liegen die Voraussetzungen für eine Unterschutzstellung von Teilen von Natur und Landschaft vor, so hat die Naturschutzbehörde grundsätzlich einen Handlungsspielraum, ob und wie sie das schutzwürdige und schutzbedürftige Gebiet unter Schutz stellt. Dieser Handlungsspielraum ist in erster Linie durch eine nach Maßgabe des naturschutzrechtlichen Abwägungsgebots im Sinne des § 2 Abs. 3 BNatSchG erfolgende, dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verpflichtete Würdigung der sich gegenüberstehenden Interessen des Naturschutzes und der Landschaftspflege auf der einen und der Nutzungsinteressen der Grundeigentümer und der übrigen Beteiligten auf der anderen Seite geprägt (Senatsurt. v. 19.10.2017 - 4 KN 174/17 -, juris Rn. 78 m.w.N.). Dies gilt auch für die einstweilige Sicherstellung eines Landschaftsteils gemäß § 23 Abs. 3 Satz 1 BNatSchG.

Allerdings folgt aus diesem rechtlichen Handlungsspielraum nicht, dass eine unzureichende Ermittlung und Zusammenstellung der bei der Abwägung zu berücksichtigenden Umstände allein die Nichtigkeit einer Schutzgebietsverordnung nach sich zieht (Senatsurt. v. 30.10.2017 - 4 KN 275/17 -, v. 29.11.2016 - 4 KN 93/14 - u. v. 1.4.2008 - 4 KN 57/07 -, Senatsbeschl. v. 30.8.2016 - 4 LA 352/15 -; Nds. OVG, Urt. v. 25.9.2003 - 8 KN 2072/01 -, v. 24.8.2001 - 8 KN 209/01 - u. v. 14.12.2000 - 3 K 4802/99 -), weil die Anforderungen, die an die Rechtmäßigkeit planerischer Entscheidungen gestellt werden (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 7.7.1978 - 4 C 79.76 u.a. -, BVerwGE 56, 110, 122 f., m.w.N.), für naturschutzrechtliche Schutzgebietsverordnungen nicht gelten. Denn die dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verpflichtete Würdigung der sich gegenüberstehenden Interessen, die bei Vorliegen der Voraussetzungen für den Erlass einer Landschaftsschutzgebietsverordnung den Handlungsspielraum der Naturschutzbehörde prägt (BVerwG, Beschl. v. 16.6.1988 - 4 B 102.88 -), ist - auch wenn sie als "Abwägung" bezeichnet wird - mit der Abwägung aller in Betracht kommenden Belange bei einer Planungsentscheidung nicht identisch (BVerwG, Beschl. v. 20.12.2017 - 4 BN 8.17 -, Beschl. v. 16.6.1988 - 4 B 102.88 -; Senatsurt. v. 1.4.2008 - 4 KN 57/07 -; Nds. OVG, Urt. v. 24.8.2001 - 8 KN 209/01 - u. Urt. v. 14.12.2000 - 3 K 4802/99 -). Daher kommt es bei der gerichtlichen Kontrolle einer Schutzgebietsverordnung lediglich darauf an, ob die aufgrund der Abwägung getroffene Entscheidung über die Unterschutzstellung des Gebiets und die Verbote im Ergebnis zu beanstanden sind (BVerwG, Beschl. v. 20.12.2017 - 4 BN 8.17 -; Senatsurt. v. 30.10.2017 - 4 KN 275/17 -, v. 29.11.2016 - 4 KN 93/14 - und v. 1.4.2008 - 4 KN 57/07 -, Senatsbeschl. v. 30.8.2016 - 4 LA 352/15 -; Nds. OVG, Urt. v. 24.8.2001 - 8 KN 209/01 - u. Urt. v. 14.12.2000 - 3 K 4802/99 -). Entsprechend können sich die Antragsteller nicht mit Erfolg darauf berufen, dass dem Antragsgegner bei der Entscheidung über die einstweilige Sicherstellung Abwägungsfehler unterlaufen seien (a. A. wohl OVG Schleswig-Holstein, Urt. v. 21.12.2017 - 1 KN 8/17 -, juris Rn. 178 f.).

Auch sonst ist die Ermessensentscheidung des Antragsgegners für die einstweilige Sicherstellung des Gebiets nicht zu beanstanden. Sie ist aufgrund der vergangenen und gegenwärtigen tatsächlichen Beeinträchtigungen für die Erhaltungsziele des FFH-Gebiets "Düte (mit Nebenbächen)" (siehe oben bb.<4.>) erforderlich. Außerdem sind auch die in der Sicherstellungsverordnung geregelten Verbote verhältnismäßig, wie im Folgenden (unter dd.) noch näher ausgeführt wird.

(2.) Dahinstehen lassen kann der Senate dabei, ob in einem Fall wie dem vorliegenden, bei dem ein gemeldetes und gelistetes FFH-Gebiet noch nicht gemäß § 32 Abs. 2 i.V.m. § 20 Abs. 2 BNatSchG endgültig unter Schutz gestellt werden kann, weil die Naturschutzverwaltung zunächst eine Neuabgrenzung und Neumeldung des FFH-Gebiets als erforderlich betrachtet, das von § 22 Abs. 3 Satz 1 BNatSchG eröffnete Ermessen eingeschränkt ist und sich hinsichtlich des "Ob" der einstweiligen Sicherstellung zu einer Rechtspflicht verdichtet (vgl. zur entsprechenden Beschränkung des Normsetzungsermessens bei der endgültigen Unterschutzstellung von FFH-Gebieten und europäischen Vogelschutzgebieten: Senatsurt. v. 19.10.2021 - 4 KN 174/17 -, juris Rn. 78 m.w.N.).

dd. Mit höherrangigem Recht vereinbar sind schließlich auch die in § 4 VO normierten Verbote.

(1.) Nach § 22 Abs. 3 Satz 3 BNatSchG sind in einem sichergestellten Teil von Natur und Landschaft alle Handlungen und Maßnahmen nach Maßgabe der Sicherstellungserklärung verboten, die geeignet sind, den Schutzgegenstand nachteilig zu verändern. Da die Sicherstellung darauf gerichtet ist, Gefährdungen des beabsichtigten Schutzzwecks zu verhindern, betrifft das nur solche Handlungen, die geeignet sind, den Schutzgegenstand gerade in einer für die Verwirklichung des beabsichtigten Schutzzwecks relevanten Weise zu verändern (Gellermann in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Werkstand: 100. EL 2023, § 22 BNatSchG Rn. 38; Appel in: Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 3. Aufl. 2021, § 22 Rn. 69). Ob eine Handlung den so umrissenen unerwünschten Erfolg tatsächlich herbeiführt, ist nicht von Belang, da § 22 Abs. 3 Satz 3 BNatSchG die entsprechende Eignung zur nachteiligen Veränderung genügen lässt (Gellermann, a.a.O.). Die in der Sicherstellungsverordnung geregelten Verbote dürfen aber nicht erkennbar mehr anordnen, als mit den Verbotsregelungen im Rahmen der endgültigen Unterschutzstellung erreicht werden kann (vgl. Senatsbeschl. v. 30.10.2009 - 4 MN 346/08 -, juris Rn. 68 m.w.N.).

Da hier gemäß § 1 Abs. 1 VO und der amtlichen Überschrift der Verordnung eine Unterschutzstellung als Naturschutzgebiet geplant ist und darüber hinaus auch rechtlich in Betracht kommt (siehe oben bb.<2.>), dürfen die Verbote im sichergestellten Gebiet somit nicht über die Grenzen der Ermächtigung für Verbote in Naturschutzgebieten in § 23 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG hinausgehen. Nach § 23 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG sind alle Handlungen, die zu einer Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung des Naturschutzgebiets oder seiner Bestandteile oder zu einer nachhaltigen Störung führen können, nach Maßgabe näherer Bestimmungen verboten. Eine verbotene Handlung in diesem Sinne setzt dabei nicht voraus, dass sie tatsächlich zu einer Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung des Naturschutzgebiets oder seiner Bestandteile oder zu einer nachhaltigen Störung führt. Das Verbot ist vielmehr schon dann gerechtfertigt, wenn die Möglichkeit besteht, dass die Handlungen solche Folgen haben können, diese also nicht gänzlich außerhalb des Möglichen liegen (Senatsurt. v. 19.10.2021 - 4 KN 292/16 -, juris Rn. 73, v. 3.11.2020 - 4 KN 214/17 -, juris Rn. 46 u. v. 4.3.2020 - 4 KN 226/17 -, juris Rn. 45; Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 3. Aufl. 2021, § 23 Rn. 37; Schlacke, GK-BNatSchG, 2. Aufl. 2017, § 23 Rn. 31).

Zu Unrecht gehen die Antragsteller demgegenüber davon aus, dass die Verbote der Sicherstellungsverordnung an der Verbotsermächtigung in § 26 Abs. 2 BNatSchG 2 und der Rechtsprechung des Senats zu der nur eingeschränkten Möglichkeit, auf der Grundlage dieser Norm repressive Verbote ohne Erlaubnisvorbehalt zu regeln (vgl. Senatsurt. v. 25.5.2021 - 4 KN 407/17 -, juris Rn. 51 m.w.N.), zu messen sei. Das wäre nur dann der Fall, wenn die beabsichtigte Unterschutzstellung nur in Form eines Landschaftsschutzgebiets in Betracht käme. Dies ist aber - wie oben ausgeführt (siehe unter bb.<2.>) - nicht der Fall.

(2.) Gemessen an § 22 Abs. 3 Satz 3 und § 23 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG erweisen sich die in § 4VO geregelten Verbote als mit höherrangigem Recht vereinbar. Das gilt namentlich für die von den Antragstellern angegriffenen Verbote, Grünland in Acker umzuwandeln oder die Grünlandnutzung zu intensivieren (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 VO), bauliche Anlagen, auch wenn sie keiner Genehmigung bedürfen, zu errichten oder wesentlich zu ändern (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 VO), sowie zu düngen, zu kalken oder Pflanzenschutzmittel auszubringen (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 13 VO).

(a.) Das Verbot der Umwandlung von Grünland in Acker oder der Intensivierung der Grünlandnutzung sowie das Verbot zu düngen, zu kalken und Pflanzenschutzmittel auszubringen sind erforderlich, um den Lebensraumtyp 3260 "Fließgewässer mit flutender Wasservegetation" sowie die Fischart Groppe und die Rundmaulart Bachneunauge vor einer Gefährdung durch Nährstoff- und Schadstoffeinträge im Rahmen einer intensiven landwirtschaftlichen Nutzung der Gewässerrandstreifen entlang der Fließgewässer zu schützen; insoweit kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden (siehe bb.<3.><b.>). Außerdem dient das Verbot der Umwandlung von Grünland in Acker und der Intensivierung der Grünlandnutzung auch der Abwehr von Gefahren für den Schutz und Erhalt artenreicher Grünlandbestände und somit dem Schutzzweck gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 8 VO. Darüber hinaus gehören Nährstoffeinträge, wie sie im Rahmen intensiver landwirtschaftlicher Flächennutzungen vorkommen, auch zu den häufigen Gefährdungsfaktoren für die beiden gemäß § 3 Abs. 4 Nr. 2 d und e VO als Erhaltungsziele wertgebenden Wald-Lebensraumtypen 9130 "Waldmeister-Buchenwälder" und 9160 "Feuchte Eichen- und Hainbuchen-Mischwälder" (vgl. die Vollzugshinweise des Antragsgegners zum Schutz der beiden genannten Lebensraumtypen, Stand Dezember bzw. Oktober 2020, jeweils Seite 10, zum download abrufbar unter: https://www.nlwkn.niedersachsen.de/vollzugshinweise-arten-lebensraumtypen/vollzugshinweise-fuer-arten- und-lebensraumtypen-46103.html).

Soweit die Antragsteller meinen, dass durch die landwirtschaftliche Flächennutzung und die damit verbundene Düngung das Landschaftsbild im einstweilig sichergestellten Gebiet nicht erheblich beeinträchtigt werde, kommt es hierauf nicht an. Anderes wäre nur der Fall, wenn beabsichtigter Schutzzweck die Bewahrung der Seltenheit, besonderen Eigenart oder hervorragenden Schönheit der unter Schutz gestellten Natur und Landschaft wäre (vgl. § 23 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG). Das ist aber nicht der Fall, da die in § 3 Abs. 2 und 4 VO geregelten Schutzzwecke und Erhaltungsziele sämtlich auf eine beabsichtigte Unterschutzstellung gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG abzielen und damit nicht an eine Bewahrung des Landschaftsbildes anknüpfen.

(b.) Das Bauverbot steht insbesondere in Verbindung mit in der Vergangenheit durchgeführten umfangreichen wasserbaulichen Maßnahmen. Nach dem unwidersprochenen Vorbringen des Antragsgegners ist die Düte hierdurch aus ihrem natürlichen Gleichgewicht gebracht worden und neigt daher sowohl zur Seiten-, als auch zur Tiefenerosion, wodurch erhebliche Sedimentfrachten mobilisiert werden und wodurch gemeinsam mit weiteren baulichen Maßnahmen, die zusätzliche Hindernisse in der Durchgängigkeit der Fließgewässer darstellen, eine erhebliche Beeinträchtigung und Gefährdung des Lebensraums der Groppe und des Bauchneunauges eingetreten ist. Das Bauverbot ist daher erforderlich zur Abwehr von Gefährdungen, die für die Schutzzwecke gemäß § 3 Abs. 2 Nrn. 1 bis 6 VO, für den Lebensraumtyp 3260 "Fließgewässer mit flutender Wasservegetation" sowie für die wertgebenden Tierarten Groppe und Bachneunauge bestehen. Im Übrigen hat der Senat keine Zweifel daran, dass das Bauverbot darüber hinaus auch der Abwehr von Gefährdungen für den Schutz und Erhalt artenreicher Grünlandbestände und naturnaher Wälder der Niederungen sowie für die Erhaltung störungsarmer Bereiche im Gebiet dient und somit auch für die Abwehr nachteiliger Veränderungen in Bezug auf die Schutzzwecke gemäß § 3 Abs. 2 Nrn. 7 bis 9 VO erforderlich ist. Hinsichtlich der Waldflächen im Sicherstellungsgebiet gilt das darüber hinaus auch in Bezug auf den erforderlichen Schutz der in § 3 Abs. 4 Nr. 1 und 2 VO genannten Wald-Lebensraumtypen vor nachteiligen Veränderungen.

(3.) Im Übrigen sind die in § 4 VO geregelten Verbote auch deshalb als verhältnismäßig anzusehen, weil sie durch die Freistellungen gemäß § 5 VO und die Befreiungsmöglichkeiten nach § 6 VO abgemildert werden.

So ist gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 6 VO die ordnungsgemäße landwirtschaftliche Bodennutzung rechtmäßig bestehender Acker- und Grünlandflächen nach Maßgabe bestimmter näherer in der Vorschrift genannten Vorgaben von den Verboten freigestellt. Außerdem verweist § 6 VO nicht nur in Satz 1 auf die Möglichkeit der Erteilung einer Befreiung unter den Voraussetzungen des § 67 BNatSchG. Darüber hinaus kann nach § 6 Satz 2 VO eine Befreiung zur Realisierung von Plänen oder Projekten gewährt werden, wenn sie sich im Rahmen der Prüfung nach § 34 Abs. 1 BNatSchG i.V.m. § 26 NAGBNatSchG (nach heutiger Bezeichnung: NNatSchG) als mit dem Schutzzweck dieser Verordnung vereinbar erweisen oder die Voraussetzungen des § 34 Abs. 3 und 6 BNatSchG i.V.m. § 26 NAGBNatSchG erfüllt sind. Daher kann eine gemäß § 4 VO verbotene Handlung, zum Beispiel die Errichtung eines Bauwerks, im sichergestellten Gebiet im Einzelfall sehr wohl realisiert werden, soweit sie sich im Sinne von § 34 Abs. 2 BNatSchG als gebietsverträglich erweist oder die Voraussetzungen einer Ausnahme gemäß § 34 Abs. 3 bis 5 BNatSchG vorliegen. Dabei geht der Senat davon aus, dass das durch § 6 Satz 2 VO dem Wortlaut nach eingeräumte Ermessen sich zu einem Anspruch auf Erteilung der Befreiung verdichtet, wenn die Realisierung des Plans oder Projekts nach § 34 Abs. 2 BNatSchG zulässig ist oder die Ausnahmevoraussetzungen nach den folgenden Absätzen dieser Norm gegeben sind (vgl. zu einer ähnlichen Verordnungsregelung: Senatsurt. v. 2.5.2022 - 4 KN 300/19 -, juris Rn. 65 m.w.N.).

Soweit die Antragsteller geltend machen, dass die Verbote der Verordnung deshalb unverhältnismäßig seien, weil es keinerlei Ausnahmeregelung für eine am Schutzzweck orientierte Einzelfallprüfung gebe, ist diese Argumentation somit unzutreffend, da die Befreiungsvorschrift des § 6 Satz 2 VO diese Einzelfallprüfung gerade vorsieht. Entsprechend gehen die Antragsteller auch zu Unrecht davon aus, dass das in der Verordnung geregelte Bauverbot jegliche Errichtung von gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB im Außenbereich privilegierten Vorhaben, die einem landwirtschaftlichen Betrieb dienen, ausschließt. Wie ein derartiges Totalverbot eines im Außenbereich privilegierten Vorhabens in einem Schutzgebiet zu bewerten wäre und welche Maßstäbe hier für gelten, bedarf daher hier keiner Entscheidung (vgl. zu einem vollständigen Verbot der Windkraftnutzung in einem einstweilig sichergestellten Gebiet: OVG Schleswig-Holstein, Urt. v. 21.12.2017 - 1 KN 8/17 -, juris Rn. 173 ff.).

(4.) Die in den Verboten der Verordnung liegenden Beschränkungen der Eigentums- und Nutzungsrechte der Antragsteller verstoßen schließlich nicht gegen Art. 14 GG, weil sie sich als verfassungsrechtlich unbedenkliche Bestimmungen von Inhalt und Schranken des Eigentums im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG erweisen.

Wenn die natürlichen oder landschaftsräumlichen Gegebenheiten eines Grundstücks im Interesse der Allgemeinheit erhaltenswert sind und des Schutzes bedürfen, so ergibt sich daraus eine immanente, dem Grundstück selbst anhaftende Beschränkung der Eigentümerbefugnisse, die durch natur- und landschaftsschutzrechtliche Regelungen - wie die Verordnung des Antragsgegners - lediglich nachgezeichnet wird (Senatsurt. v. 25.5.2021 - 4 KN 407/17 -, juris Rn. 68, v. 30.10.2017 - 4 KN 275/17 -, juris Rn. 151, v. 29.11.2016 - 4 KN 93/14 -, juris Rn. 88 u. v. 1.4.2007 - 4 KN 57/07 -, juris Rn. 46; ferner BVerwG, Urt. v. 24.6.1993 - 7 C 26.92 -, juris Rn. 37 ff. m. w. N.). Regelungen des Naturschutzes, die die Nutzung von Grundstücken aus Gründen des Natur- und Landschaftsschutzes beschränken, sind daher keine Enteignungen im Sinne des Art. 14 Abs. 3 GG, sondern Bestimmungen von Inhalt und Schranken des Eigentums, die als Ausdruck der Sozialpflichtigkeit des Eigentums grundsätzlich hinzunehmen sind (vgl. BVerwG, Urt. v. 31.1.2001 - 6 CN 2.00 -, juris Rn. 12 ff.; Beschl. v. 18. 7.1997 - 4 BN 5.97 -, juris Rn. 12 ff.). Als unzumutbare Beschränkungen der Eigentümerbefugnisse erweisen sie sich erst dann, wenn nicht genügend Raum für einen privatnützigen Gebrauch des Eigentums oder eine Verfügung über den Eigentumsgegenstand verbleibt oder wenn eine Nutzung, die bisher ausgeübt worden ist oder sich nach der Lage der Dinge objektiv anbietet, ohne jeglichen Ausgleich unterbunden wird (vgl. BVerwG, Beschl. v. 17.1.2000 - 6 BN 2.99 -, juris Rn. 11, Beschl. v. 18.7.1997, - 4 BN 5.97 -, juris Rn. 16).

Das ist hier jedoch nicht der Fall. Wie dargelegt hat der Antragsgegner in § 5 VO in erheblichem Umfang ermöglichende Freistellungen von den Verboten des § 4 VO getroffen. In den Fällen, in denen es durch die Verbote zu unzumutbaren Belastungen des jeweiligen Nutzungsberechtigten kommt und eine ausnahmsweise Zulassung der Nutzung nicht nach § 5 Abs. 1 VO in Betracht kommt, besteht nach § 6 Abs. 1 VO i.V.m. § 67 BNatSchG und § 41 NNatSchG im Einzelfall die Möglichkeit, eine Befreiung von dem jeweiligen Verbot zu beantragen. Zur Realisierung von Plänen und Projekten enthält § 6 Abs. 2 VO unter Bezugnahme auf § 34 Abs. 3 bis 6 BNatSchG eine Befreiungsmöglichkeit. Schließlich ist, sollte eine Befreiung im Einzelfall nicht in Betracht kommen, unter den Voraussetzungen des § 68 Abs. 1 BNatSchG eine Entschädigung in Geld zu leisten. Im Übrigen spricht gegen eine unzumutbare Beschränkung der Eigentumsnutzung auch, dass nach dem unwidersprochenen Vorbringen des Antragsgegners von den einzelnen Flurstücken der Antragsteller, aus denen sich die Antragsbefugnis ergibt, jeweils nur ein kleiner Flächenanteil im einstweilig sichergestellten Gebiet liegt.

4. Da sich die Erfolgsaussichten des Normenkontrollverfahrens derzeit nicht abschließend abschätzen lassen, weil als offen anzusehen ist, ob es vor Erlass der Verordnung einer strategischen Umweltprüfung bedurft hätte (siehe oben 2.), ist über den Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung somit im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden. Diese Abwägung geht zulasten der Antragsteller aus. Denn die für den Erlass der einstweiligen Anordnung sprechenden Interessen überwiegen die gegenläufigen Interessen, die für den vorläufigen weiteren Vollzug der angegriffenen Verordnung sprechen, nicht so deutlich, dass der Erlass der einstweiligen Anordnung - trotz offener Erfolgsaussichten in der Hauptsache - zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist (vgl. zum Prüfungsmaßstab: BVerwG, Beschl. v. 25.2.2015 - 4 VR 5.14 -, juris Rn. 12 u. Beschl. v. 30.4.2019 - 4 VR 3.19 -, juris Rn. 4; Senatsbeschl. v. 2.9.2020 - 4 ME 53/19 -, juris Rn. 2 m.w.N.; siehe auch oben 1.).

Würde die Sicherstellungsverordnung einstweilen außer Vollzug gesetzt, würden auch die Verbotstatbestände des § 4 VO sowie die in den Freistellungsregelungen des § 5 Abs. 2 VO zum Teil geregelten Zustimmungsvorbehalte und Vorgaben für die Ausführung der freigestellten Handlungen und Nutzungen vorläufig keine Rechtswirkungen gegenüber den Normadressaten entfalten. Damit würden Gefährdungen für den Naturschutz und namentlich für die Erhaltungsziele des FFH-Gebiets "Düte (mit Nebenbächen)" einhergehen, deren Abwehr die einstweilige Sicherstellung gerade dient. In rechtlicher Hinsicht würde dies zwar dadurch kompensiert, dass der gesetzliche Grundschutz für das Natura 2000-Gebiet, der sich aus den §§ 33, 34 BNatSchG ergibt, auch bei einer vorläufigen Außervollzugsetzung der Verordnung weiterhin Geltung beanspruchen würde. Dieser gesetzliche Grundschutz ist aufgrund der abstrakten Formulierung der gesetzlichen Regelungen aber in der Praxis weniger vollzugstauglich als die detaillierten und konkret auf die örtlichen Gegebenheiten, Landnutzungen und die Erhaltungsziele des FFH-Gebiets "Düte (mit Nebenbächen)" zugeschnittenen Verbotsregelungen der Verordnung. Der Senat geht daher davon aus, dass allein auf der Grundlage von §§ 33, 34 BNatSchG die Erhaltungsziele des FFH-Gebiets nicht in gleicher Weise vor Störungen und Gefährdungen abgeschirmt werden können, wie es bei einer vorläufigen Weitergeltung der Verordnung bis zum Abschluss des Normenkontrollverfahrens der Fall wäre. Dafür spricht namentlich, dass bereits vor dem Erlass der Sicherstellungsverordnung die Erhaltungsziele erheblich beeinträchtigt worden sind, insbesondere durch intensive landwirtschaftliche Flächennutzungen und wasserbauliche Maßnahmen (siehe oben 3.b.bb.<4.>).

Würde die Sicherstellungsverordnung hingegen nicht einstweilen außer Vollzug gesetzt, dem Normenkontrollantrag aber später stattgegeben, dürften die von der Verordnung verbotenen sowie die von einzelnen Freistellungsregelungen unter Zustimmungsvorbehalt gestellten, aber nicht gemäß § 5 Abs. 3 VO zustimmungsfähigen Handlungen und Maßnahmen bis zum rechtskräftigen Abschluss des Normenkontrollverfahrens nicht durchgeführt werden. Damit könnte auch die vom Antragsteller zu 2. ausgeübte landwirtschaftliche Nutzung bis zu einem endgültigen Erfolg des Normenkontrollantrags insbesondere nur noch unter den in § 5 Abs. 2 Nr. 6 VO geregelten Einschränkungen ausgeübt werden. Die (wirtschaftlichen) Nachteile, die dadurch u.a. für die Antragsteller entstünden, hätten aber geringeres Gewicht als die für den Naturschutz, insbesondere die Erhaltungsziele des FFH-Gebiets "Düte (mit Nebenbächen)" zu befürchtenden Nachteile im Falle einer einstweiligen Außervollzugsetzung der Verordnung und einer späteren Ablehnung des Normenkontrollantrags.

Dafür spricht bereits, dass aufgrund des gesetzlichen Grundschutzes für Natura 2000-Gebiete, der auch bei einer Außervollzugsetzung der Verordnung weiter gelten würde, gemäß §§ 33 Abs. 1 Satz 1, 34 Abs. 2 BNatSchG weiterhin diejenigen Projekte und sonstigen Handlungen verboten bleiben würden, die zu einer erheblichen Beeinträchtigung des FFH-Gebiets "Düte (mit Nebenbächen)" in seinen für die Erhaltungsziele maßgeblichen Bestandteilen führen können, soweit nicht im Einzelfall die Voraussetzungen für eine Ausnahmezulassung gemäß § 34 Abs. 3 bis 5 BNatSchG vorliegen. Im Hinblick auf die Gefahren, die u. a. von intensiven landwirtschaftlichen Nutzungen der Flächen innerhalb oder im unmittelbaren Umfeld des FFH-Gebiets für die Erhaltungsziele ausgehen können, ist es daher jedenfalls nicht fernliegend, dass die einzelnen gemäß § 4 VO verbotenen Handlungen und Nutzungen auch bei einer Außervollzugsetzung der Verordnung sämtlich oder zumindest zum Teil weiterhin verboten bleiben würden.

Hinzu kommt, dass die bei einer weiteren Vollziehung der Verordnung den Antragstellern und Dritten drohenden Nachteile anders als die für den Naturschutz, insbesondere die Erhaltungsziele des FFH-Gebiets "Düte (mit Nebenbächen)" im gegenteiligen Fall zu befürchtenden Nachteile voraussichtlich in erster Linie nur zu Lasten privater Belange Einzelner gehen würden. Außerdem wären diese Nachteile nicht dauerhaft, sondern nur vorübergehender Art, weil sich die von der Sicherstellungsverordnung verbotenen Maßnahmen und Vorhaben lediglich verzögern würden. Überdies wäre der Zeitraum, in dem die Maßnahmen und Vorhaben nicht durchgeführt werden könnten, nicht unzumutbar lang, sondern angesichts der voraussichtlichen Dauer des Normenkontrollverfahrens in der Hauptsache durchaus überschaubar, zumal die Verordnung gemäß § 22 Abs. 3 Sätze 1 bis 2 BNatSchG ohnehin maximal für einen Zeitraum von vier Jahren gelten darf. Der Antragsteller zu 2. hat auch nicht geltend gemacht, dass seinem landwirtschaftlichen Betrieb innerhalb dieses Zeitraums aufgrund der Verbote der Verordnung eine wirtschaftliche Existenzgefährdung droht. Das erscheint auch nicht naheliegend. Denn nach dem unwidersprochenen Vorbringen des Antragsgegners liegen weniger als 10% der Flächen der von ihm zur Bewirtschaftung gepachteten Flurstücke im einstweilig sichergestellten Gebiet. Zum Teil soll es sich dabei zudem um Gewässer- und Gehölzflächen handeln, so dass sich der für eine landwirtschaftliche Nutzung zur Verfügung stehende Flächenanteil innerhalb des Verordnungsgebiets noch weiter reduziert.

Schließlich ist auch zu berücksichtigen, dass § 6 VO (unter den gesetzlichen Voraussetzungen gemäß § 67 BNatSchG und § 34 BNatSchG) im Einzelfall die Möglichkeit einer Befreiung von den Verboten der Verordnung vorsieht, so dass nicht ausgeschlossen ist, dass eine etwaige unzumutbare Belastung im Einzelfall auch schon während des Normenkontrollverfahrens durch die Erteilung einer Befreiung beseitigt wird. Ergänzend sieht § 68 Abs. 1 BNatSchG ferner die Leistung einer Entschädigung in Geld vor, wenn einer unzumutbaren Beschränkung des Eigentums nicht durch andere Maßnahmen, insbesondere die Gewährung einer Ausnahme oder Befreiung, abgeholfen werden kann. Auch dies spricht gegen die dringende Notwendigkeit der beantragten einstweiligen Anordnung.

III. Die Nebenentscheidungen folgen aus § 154 Abs. 1 VwGO (Kosten) sowie aus §§ 39 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG (Streitwertfestsetzung).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).