Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 23.03.2022, Az.: 4 KN 252/19

Aarhus-Konvention; Anstoßfunktion; Ausfertigung; Auslegung; Bekanntmachung; Drachen; Drohnen; Düngung; Erhaltungsziele; Feinerschließungslinien; FFH-Gebiet; Freistellung; Pflanzenschutzmittel; Plan; Präklusion; Programm; Schutzgebietskategorie; Umweltprüfung, strategische; Unbeachtlichkeit; Unionsrecht; Verbot

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
23.03.2022
Aktenzeichen
4 KN 252/19
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2022, 59614
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Fundstellen

  • DÖV 2022, 829
  • NVwZ-RR 2022, 628-629
  • NuR 2023, 344-355

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Die Regelung des § 14 Abs. 7 NAGBNatSchG zur Unbeachtlichkeit von nicht fristgerecht gerügten Verfahrensfehlern verstößt weder gegen Vorgaben zu dem Zugang zu einem gerichtlichen Überprüfungsverfahren in Umweltangelegenheiten nach der Aarhus-Konvention noch nach Unionsrecht.

2. Eine Naturschutzgebietsverordnung, die keine hinreichend detaillierten Regelungen über den Inhalt, die Ausarbeitung und die Durchführung von in den Anhängen I und II der Richtlinie 2011/92/EU aufgeführten Projekten enthält, stellt keinen Plan oder Programm im Sinne des Art. 3 Abs. 2 a) der Richtlinie 2001/42/EG dar. Der Durchführung einer strategischen Umweltprüfung nach der Richtlinie 2001/42/EG vor ihrem Erlass bedarf es nicht.

3. Die Festlegung quantifizierter und messbarer Erhaltungsziele für ein Natura 2000-Gebiet muss nicht zwingend in dem Rechtsakt zur förmlichen Unterschutzstellung dieses Gebiets aufgenommen werden. Die Konkretisierung gebietsbezogener Erhaltungsziele kann auch in anderen Rechtsakten erfolgen.

4. Ist ein Naturschutzgebiet bereits angesichts der vorhandenen naturräumlichen Gegebenheiten und damit auch unabhängig von der Ausweisung eines großen Teils seiner Flächen als FFH-Gebiet schutzwürdig und schutzbedürftig im Sinne von § 23 Abs. 1 BNatSchG, kommt es für die Rechtmäßigkeit der Unterschutzstellung nicht darauf an, ob das FFH-Gebiet nach den Phasen 1 und 2 des Anhangs III der Richtlinie 92/43/EWG ordnungsgemäß ausgewählt und abgegrenzt worden ist.

Tenor:

§ 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 der Verordnung über das Naturschutzgebiet „Mittlere Dumme und Püggener Moor“ in den Gemeinden Luckau (Wendland), Waddeweitz, Flecken Clenze und Flecken Bergen an der Dumme, der Stadt Wustrow (Wendland), der Samtgemeinde Lüchow (Wendland), Landkreis Lüchow-Dannenberg vom 25. Juni 2018 ist unwirksam, soweit es darin heißt „und außerhalb in einer Zone von 500 m Breite um das NSG herum“.

§ 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 9 der Verordnung über das Naturschutzgebiet „Mittlere Dumme und Püggener Moor“ in den Gemeinden Luckau (Wendland), Waddeweitz, Flecken Clenze und Flecken Bergen an der Dumme, der Stadt Wustrow (Wendland), der Samtgemeinde Lüchow (Wendland), Landkreis Lüchow-Dannenberg vom 25. Juni 2018 ist unwirksam.

Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Die Antragsteller können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Antragsgegner vor der Vollstreckung Sicherheit in der Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Antragsteller wenden sich gegen die Verordnung über das Naturschutzgebiet „Mittlere Dumme und Püggener Moor“ in den Gemeinden Luckau (Wendland), Waddeweitz, Flecken Clenze und Flecken Bergen an der Dumme, der Stadt Wustrow (Wendland), der Samtgemeinde Lüchow (Wendland), Landkreis Lüchow-Dannenberg vom 25. Juni 2018.

Der Antragsteller zu 1. ist Eigentümer von landwirtschaftlichen Flächen, deren Teile im Bereich des Naturschutzgebietes liegen. Die Antragstellerin zu 2., eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), vertreten durch den Antragsteller zu 1. und seinen Sohn, bewirtschaftet einen landwirtschaftlichen Betrieb auf insgesamt 116,4 ha. Davon liegen 9,59 ha im Naturschutzgebiet. Überwiegend handelt es sich dabei um Grünland und um Wald. Die von der Antragstellerin zu 2. bewirtschafteten Flächen setzen sich aus den Eigentumsflächen des Antragstellers zu 1. und weiteren gepachteten Flächen zusammen.

Der Antragsgegner erließ am 25. Juni 2018 die Verordnung über das Naturschutzgebiet „Mittlere Dumme und Püggener Moor“ in den Gemeinden Luckau (Wendland), Waddeweitz, Flecken Clenze und Flecken Bergen an der Dumme, der Stadt Wustrow (Wendland), der Samtgemeinde Lüchow (Wendland), Landkreis Lüchow-Dannenberg, die im Niedersächsischen Ministerialblatt (Nr. 35/2018) am 2. November 2018 bekanntgemacht wurde. Sie trat nach § 10 Abs. 1 VO am Tag nach ihrer Bekanntmachung in Kraft; gleichzeitig traten nach § 10 Abs. 2 VO die Verordnungen zum Naturschutzgebiet „Salzfloragebiet bei Schreyahn“ vom 21. September 1989 und zum Landschaftsschutzgebiet „Püggener Moor“ vom 1. August 1974 außer Kraft.

Das Naturschutzgebiet hat eine Größe von etwa 1.351 Hektar und liegt in der naturräumlichen Einheit „Ostheide“ (§ 1 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 VO). Es umfasst das Püggener Moor, das Schreyahner Moor, die Köhlener Bachniederung, Gistenbecker und Bülitzer Moor sowie die Clenzer Bachniederung und die Dummeniederung (§ 1 Abs. 2 Satz 3 VO). Teile des Naturschutzgebietes sind Bestandteil des Fauna-Flora-Habitat-(FFH-)Gebietes 75 „Landgraben- und Dummeniederung“ (DE 3031-301) und des Europäischen Vogelschutzgebietes 29 „Landgraben- und Dummeniederung“ (DE 3032-401) (§ 1 Abs. 4 VO). Die Grenze des Naturschutzgebiets ergibt sich aus der maßgeblichen und mitveröffentlichten Karte im Maßstab 1:7.500 und aus der mitveröffentlichten Übersichtskarte im Maßstab 1:25.000, die als Anlagen 1 und 2 Bestandteil der Verordnung sind (§ 1 Abs. 3 Sätze 1 und 3 VO).

Der allgemeine Schutzzweck der Unterschutzstellung ist gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 VO nach Maßgabe der §§ 23 Abs. 1 und 32 Abs. 3 BNatSchG die Erhaltung, Entwicklung oder Wiederherstellung von Lebensstätten, Biotopen oder Lebensgemeinschaften bestimmter wildlebender, schutzbedürftiger Tier- und Pflanzenarten und der Schutz von Natur und Landschaft aus besonderen naturgeschichtlichen oder landeskundlichen Gründen sowie wegen ihrer Seltenheit, besonderen Eigenart, Vielfalt oder hervorragenden Schönheit.

Zu den unter § 2 Abs. 1 Satz 2 VO genannten besonderen Schutzzwecken zählen im Einzelnen die Erhaltung und Förderung naturnaher, strukturreicher, feuchter bis nasser Laubwaldbestände, v. a. der Traubenkirschen-Erlen Eschenwälder, feuchten Eichen-Hainbuchenwälder, Erlenbruch- und Erlenquellwälder (Nr. 1), von Hecken, Feldgehölzen, Feld- und blütenreichen Wegerainen, Baumreihen und Einzelbäumen (Nr. 2.), sonstiger naturnaher, niederungstypischer Lebensräume, wie z. B. Hochstaudenfluren, Seggenrieder und Röhrichte (Nr. 3), extensiv genutzter, artenreicher Wiesen an mittleren bis nassen Standorten (Nr. 4), von naturnahen Bach- und Grabensystemen auch in ihrer Funktion als Lebensraum für gefährdete Säugetier-, Fisch- und Libellenarten, wie u. a. Grüne Flussjungfer und Blauflügel-Prachtlibelle (Nr. 5), von ungenutzten Kleingewässern auch in ihrer Funktion als Lebensraum für gefährdete Amphibienarten, wie z. B. Kammmolch, Knoblauchkröte, Laub- und Moorfrosch (Nr. 6), der im Gebiet wild lebenden Tiere, wie u.a. das Große Mausohr, und Pflanzen sowie ihrer Lebensgemeinschaften (Nr. 7), eines hohen Grundwasserspiegels (Nr. 8), großer zusammenhängender, ruhiger und ungestörter Bereiche (Nr. 9).

Als Teil des kohärenten europäischen ökologischen Netzes „Natura 2000“ trägt die Unterschutzstellung als Teilgebiet des FFH- und Vogelschutzgebietes „Landgraben- und Dummeniederung“ dazu bei, den günstigen Erhaltungszustand der maßgeblichen Lebensraumtypen (LRT) und Arten in diesem FFH-Gebiet und der wertbestimmenden und weiteren maßgeblichen Vogelarten in diesem Europäischen Vogelschutzgebiet insgesamt zu erhalten oder wiederherzustellen (§ 2 Abs. 2 VO). Weiterer besonderer Schutzzweck (Erhaltungsziele) sind nach § 2 Abs. 3 VO die Erhaltung und Wiederherstellung günstiger Erhaltungszustände der im FFH-Gebiet vorkommenden Lebensraumtypen (Anhang I FFH-Richtlinie) und Arten (Anhang II FFH-Richtlinie), insbesondere der Prioritären Lebensraumtypen Nr. 1 a) 1340 Salzwiesen im Binnenland als großflächige, naturnah entwickelte, sekundäre Salzstelle des Binnenlandes auf salzbeeinflussten z. T. nassen Standorten im Umfeld eines stillgelegten Kaliwerks; b) 91E0 Auenwälder mit Erle, Esche und Weide als naturnahe, feuchte bis nasse Erlen- und Eschenwälder aller Altersstufen in Quellbereichen und an den Fließgewässern mit verschiedenen Entwicklungsphasen in ausreichendem Anteil, mit standortgerechten, autochthonen Baumarten (v. a. Schwarz-Erle und Esche) und mit einem naturnahen Wasserhaushalt, z. T. im Komplex mit Erlenbruchwald sowie unter anderem insbesondere des übrigen Lebensraumtyps Nr. 2 d) 6510 Magere Flachland-Mähwiesen als artenreiche, nicht oder wenig gedüngte Mähwiesen bzw. Extensivweiden auf von Natur aus mäßig feuchten bis mäßig trockenen Standorten mit natürlichem Relief in landschaftstypischer Standortabfolge und vielfach im Komplex mit Feuchtgrünland sowie mit landschaftstypischen Gehölzen (Hecken, Gebüsche, Baumgruppen).

Besonderer Schutzzweck für das Naturschutzgebiet in dem Europäischen Vogelschutzgebiet sind gemäß § 2 Abs. 4 VO die Erhaltung und Wiederherstellung günstiger Erhaltungszustände insbesondere der wertbestimmenden Anhang I-Arten nach Art. 4 Abs. 1 der Vogelschutzrichtlinie und Zugvogelarten nach Art 4 Abs. 2 der Vogelschutzrichtlinie (Weißstorch, Rotmilan, Neuntöter, Ortolan, Sperbergrasmücke, Seeadler, Kranich, Braunkehlchen und Schafstelze) sowie von weiteren im Gebiet vorkommenden Brut- und Gastvogelarten.

§ 3 Abs. 1 Satz 1 VO verbietet gemäß § 23 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG alle Handlungen, die zu einer Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung des Naturschutzgebietes oder seiner Bestandteile oder zu einer nachhaltigen Störung führen können. § 3 Abs. 1 Satz 2 VO enthält eine Aufzählung der insbesondere untersagten Handlungen. Danach ist es u.a. verboten, wildlebende Tiere oder die Ruhe der Natur ohne vernünftigen Grund durch Lärm oder auf andere Weise zu stören (Nr. 2), im NSG und außerhalb in einer Zone von 500 m Breite um das NSG herum, unbemannte Luftfahrsysteme (z. B. Flugmodelle, Drachen) zu betreiben oder mit bemannten Luftfahrzeugen (z. B. Ballonen, Hängegleitern, Gleitschirmen, Hubschraubern) zu starten und, abgesehen von Notfallsituationen, zu landen; weiterhin ist es bemannten Luftfahrzeugen untersagt, eine Mindestflughöhe von 150 m über dem NSG zu unterschreiten (Nr. 4), Bohrungen jeglicher Art durchzuführen (Nr. 6), Windkraftanlagen in einer Entfernung bis zu 1.000 m von der Grenze des Schutzgebietes zu errichten, soweit es sich um das EU-Vogelschutzgebiet 29 handelt (Nr. 9), nicht heimische, gebietsfremde oder invasive Tier und Pflanzenarten auszubringen oder anzusiedeln (Nr. 10).

§ 4 VO enthält Freistellungen von den Verboten des § 3 VO. Nach § 4 Abs. 2 VO sind beispielweise allgemein freigestellt das Betreten und Befahren des Gebietes durch die Eigentümerin oder den Eigentümer und Nutzungsberechtigten sowie deren Beauftragte zur rechtmäßigen Nutzung oder Bewirtschaftung der Grundstücke (Nr. 1), durch Bedienstete der Naturschutzbehörde und der Fachbehörde für Naturschutz sowie deren Beauftragte zur Erfüllung der dienstlichen Aufgaben dieser Behörden (Nr. 2 a), durch Bedienstete anderer Behörden und öffentlicher Stellen sowie deren Beauftragte zur Erfüllung der dienstlichen Aufgaben dieser Behörden (Nr. 2 b), die Durchführung von Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und Entwicklung sowie Untersuchung und Kontrolle des Gebietes durch den Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz sowie im Auftrag, auf Anordnung oder mit Zustimmung der Naturschutzbehörde des Landkreises Lüchow-Dannenberg (Nr. 2 d), und der Einsatz von Drohnen zu landwirtschaftlichen Zwecken mit vorheriger Zustimmung der Naturschutzbehörde des Landkreises Lüchow-Dannenberg (Nr. 2 h).

Freigestellt ist nach § 4 Abs. 3 Satz 1 VO die ordnungsgemäße landwirtschaftliche Bodennutzung nach guter fachlicher Praxis gemäß § 5 Abs. 2 BNatSchG sowie unter anderem nach folgenden Vorgaben:

1. Die Nutzung rechtmäßig bestehender und in der maßgeblichen Karte dargestellten Ackerflächen a) unter Erhaltung vorhandener Feld- und Wegeraine;

4. die Nutzung der in der maßgeblichen Karte mit einer Rauten-Signatur dargestellten gesetzlich geschützten Biotope als binsen-, seggen- oder hochstaudenreiche Nasswiesen gemäß § 30 BNatSchG sowie die Nutzung des Grünland-Lebensraumtyps 6510 „Magere Flachland-Mähwiesen“ als Mähwiese oder Mähweide zusätzlich zu Nummer 3 b) bis e), soweit b) maximal eine zweimalige Mahd pro Jahr erfolgt, d) ein 2,5 m Randstreifen ohne Mahd in der Zeit vom 1. Januar bis 31. Juli eines jeden Jahres an einer Längsseite von Schlägen größer als 2 Hektar belassen wird, es sei denn, die Naturschutzbehörde des Landkreises Lüchow-Dannenberg stimmt Ausnahmen zu, e) eine Düngung mit maximal 60 kg N/ha/a erst nach dem ersten Schnitt erfolgt, f) eine organische Düngung (Festmist zulässig) unterbleibt, h) ein Einsatz von Pflanzenschutzmitteln unterbleibt;

5. die Nutzung des in der maßgeblichen Karte mit einer Rautensignatur dargestellten Grünland-Lebensraumtyps 6510 „Magere Flachland-Mähwiesen“ und gesetzlich geschützten Biotope als binsen-, seggen- oder hochstaudenreiche Nasswiesen gemäß § 30 BNatSchG als Weide zusätzlich zu Nummer 3 b) bis e), soweit b) eine Düngung erst nach dem ersten Weidegang erfolgt, c) eine Verwendung von Stickstoff (N)-Dünger unterbleibt, d) die Erstbeweidung erst nach dem 1. Juni und der 2. Weidegang erst 10 Wochen nach dem ersten Viehabtrieb erfolgt, e) eine ausschließliche Pferdebeweidung unterbleibt, f) die Weidedauer pro Fläche eine Zeit von 1 - 2 Wochen, längstens bis zu Erschöpfung des Futterrates, nicht überschreitet und eine Zufütterung nicht erfolgt; eine Vorgabe zur Besatzdichte (Großvieheinheiten/Hektar) für die Beweidung erfolgt nicht, g) ein Einsatz von Pflanzenschutzmitteln unterbleibt.

Weiter ist freigestellt nach § 4 Abs. 4 VO die ordnungsgemäße Forstwirtschaft im Sinne des § 11 NWaldLG und § 5 Abs. 3 BNatSchG einschließlich der Errichtung und Unterhaltung von Zäunen, Gattern, und der Nutzung und Unterhaltung von sonst erforderlichen Einrichtungen und Anlagen sowie unter anderem nach folgenden Vorgaben:

1. auf Waldflächen, die nach dem Ergebnis der Basiserfassung keinen FFH-Lebensraumtyp darstellen, soweit b) der Holzeinschlag und die Pflege mit dauerhafter Markierung und Belassung von mindestens fünf Horst- und Stammhöhlenbäumen oder stehendem oder liegendem starken Totholz je vollem Hektar Waldfläche erfolgt, c) der Umbau von Waldbeständen aus standortheimischen Arten in Bestände aus nicht standortheimischen Arten sowie die Umwandlung von Laub- in Nadelwald unterbleibt;

2. auf allen in der maßgeblichen Karte dargestellten Waldflächen mit den wertbestimmenden Lebensraumtypen soweit b) auf befahrungsempfindlichen Standorten und in Altholzbeständen die Feinerschließungslinien einen Mindestabstand der Gassenmitten von 40 m zueinander haben, c) eine Befahrung außerhalb von Wegen und Feinerschließungslinien unterbleibt, ausgenommen sind Maßnahmen zur Vorbereitung der Verjüngung.

In § 4 Abs. 4 Nrn. 3 bis 6 VO sind für weitere bestimmte Waldflächen mit unterschiedlichen Lebensraumtypen Maßnahmen wie Holzschlag, Pflege und Bewirtschaftung nach näher bestimmten Vorgaben freigestellt.

Nach § 4 Abs. 5 Nr. 1 VO ist die ordnungsgemäße im Nebenerwerb betriebene Fischerei an Teichanlagen im Rahmen bestehender wasserrechtlicher Genehmigungen und nach § 4 Abs. 6 VO die ordnungsgemäße Ausübung der Jagd nach näher bestimmten Vorgaben freigestellt. Gem. § 4 Abs. 7 Satz 1 VO kann die Naturschutzbehörde des Landkreises Lüchow-Dannenberg bei den in den Absätzen 2 bis 6 genannten Fällen die erforderliche Zustimmung bzw. das erforderliche Einvernehmen erteilen, wenn und soweit keine Beeinträchtigungen oder nachhaltige Störungen des Naturschutzgebietes oder seiner für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteile zu befürchten sind.

§ 5 VO enthält eine Regelung zur Befreiung von den Verboten der Verordnung und § 6 VO eine Befugnis zur Anordnung der Wiederherstellung des bisherigen Zustands. § 7 VO regelt u.a. die Duldung von Pflege-, Entwicklungs- und Wiederherstellungsmaßnahmen und § 8 VO betrifft die Umsetzung von Erhaltungs- und Wiederherstellungsmaßnahmen der im Naturschutzgebiet vorkommenden FFH-Lebensraumtypen/Anhang II-Arten/Vogelarten.

Am 1. November 2019 haben die Antragsteller gegen die Verordnung über das Naturschutzgebiet „Mittlere Dumme und Püggener Moor“ einen Normenkontrollantrag gestellt. Sie begründen diesen im Wesentlichen wie folgt: Das hier durchgeführte Verfahren zur Unterschutzstellung leide an formellen Fehlern. Der Bekanntmachung der Auslegung des Entwurfs der Verordnung nebst Begründung in der Elbe-Jeetzel-Zeitung (EJZ) vom 18. Januar 2018 sei keine Karte beigefügt gewesen, die für eine für die Rechtmäßigkeit der Bekanntmachung erforderliche Anstoßwirkung bei den von einer Schutzgebietsausweisung potentiell Betroffenen hätte sorgen können. Allein die Bezeichnung „Mittlere Dumme und Püggener Moor“ habe ein Betroffensein der Eigentümer und Nutzungsberechtigten von Flächen im Bereich F. nicht erahnen lassen. Aufgrund der großen Bedeutung der Beteiligung von Betroffenen in umweltrechtlichen Verfahren sei zudem fraglich, ob die Vorschrift des § 14 Abs. 7 NAGBNatSchG, wonach auch gravierende Verstöße gegen Vorschriften zur Beteiligung von der Schutzgebietsausweisung Betroffener bei nicht rechtzeitiger Rüge unbeachtlich würden, mit den völker- und unionsrechtlichen Vorgaben zur Öffentlichkeitsbeteiligung in umweltrechtlichen Verfahren wie u.a. der Aarhus-Konvention vereinbar sei. Die Verordnung sei auch fehlerhaft ausgefertigt worden, weil der Landrat das Kartenmaterial nicht unterzeichnet habe. Schließlich stelle sich die Frage, ob es vor Erlass einer Schutzgebietsverordnung einer strategischen Umweltprüfung bedarf. Auch in materieller Hinsicht sei die Verordnung rechtswidrig. Auch wenn der Antragsgegner gemäß § 32 Abs. 2 BNatSchG zu der Unterschutzstellung des in die Liste nach Art. 4 Abs. 2 UAbs. 3 FFH-Richtlinie aufgenommenen FFH-Gebiets Nr. 75 grundsätzlich verpflichtet sei, bedürfe es für eine rechtmäßige Schutzgebietsausweisung der rechtmäßigen Auswahl und Abgrenzung des FFH-Gebiets nach den Phasen 1 und 2 des Anhangs III der FFH-Richtlinie. Es sei aber fraglich, auf welcher Erkenntnisgrundlage die Flächen des FFH-Gebiets Nr. 75 sowie des Europäischen Vogelschutzgebiets Nr. 29, jeweils „Landgraben und Dummeniederung“, in die Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung (GGB) aufgenommen worden seien. Es bestünden hier Zweifel an der Ordnungsgemäßheit des Verfahrens zur Auswahl und Abgrenzung des gemeldeten FFH-Gebiets, an dem die von der Gebietsmeldung Betroffenen seinerzeit nicht bzw. nicht hinreichend beteiligt worden seien. Angesichts der sich aus der Pflicht zur Unterschutzstellung gemäß § 32 Abs. 2 BNatSchG ergebenden weitreichenden, in aller Regel die Beschränkung von Eigentumsrechten mit sich bringenden Folgen der Aufnahme einer Fläche in ein FFH-Gebiet müssten alle gemeldeten Flächen einer konkreten Betrachtung und Bewertung in einem transparenten Verfahren unter strukturierter Beteiligung aller Betroffenen unterzogen werden. Hieran habe es vorliegend gefehlt. Eine eigene Ermessens- und Abwägungsentscheidung des Antragsgegners in Bezug auf den Erlass der Naturschutzgebietsverordnung und die Abgrenzung in Hinblick auf das FFH-Gebiet lasse sich den Aufstellungsunterlagen nicht entnehmen. Seien wie hier Flächen ohne hinreichenden sachlichen Grund und ohne ein den rechtsstaatlichen Mindestansprüchen genügendes Verfahren in das FFH-Gebiet Nr. 75 aufgenommen worden, greife die Pflicht zur Unterschutzstellung dieser Flächen nach § 32 Abs. 2 BNatSchG nicht. Den Unterlagen und der Begründung des Entwurfs der Naturschutzgebietsverordnung lasse sich ferner nicht entnehmen, dass sich der Antragsgegner Gedanken über die Wahl der Schutzgebietskategorie gemacht habe. Im Übrigen verlaufe die Grenze des Naturschutzgebietes gem. § 1 Abs. 3 VO in einem deutlich zu geringen Abstand zu ihren Wirtschaftsgebäuden. Bereits kleinste bauliche Veränderungen seien daher nur auf der Grundlage von Befreiungen möglich, die nur nach Vorlage von Gutachten in Betracht kämen. Es sei zu befürchten, dass ihre Flächen nicht mehr wirtschaftlich genutzt werden könnten. Auch entspreche der in der maßgeblichen Karte wiedergegebene Status vieler Flächen nicht dem tatsächlichen Flächenstatus zum Zeitpunkt des Verordnungserlasses. Der Schutzweck in § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 VO sei konturenlos und könne jedes - auch repressive - Verbot rechtfertigen. Ferner sei zu klären, was in § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 VO unter einem „hohen Grundwasserspiegel“ zu verstehen sei. Es sei zweifelhaft, dass der angegebene Schutzzweck losgelöst von den jeweiligen konkreten Standorten verfolgt werden könne. Es bestünden weiterhin Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Verbote in § 3 VO. Zum einen sei bereits unklar, ob lediglich die in § 3 Abs. 1 Satz 2 VO aufgezählten Handlungen oder letztlich gem. § 3 Abs. 1 Satz 1 VO alles, was zu Veränderungen des Naturschutzgebietes führen könnte, verboten sei. Zum anderen sei nicht hinreichend bestimmt, was unter „Ruhe der Natur“, „Lärm“, Störung auf andere Weise“ (§ 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VO), „Bohrungen aller Art“ (§ 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 VO) und „nicht heimische“ bzw. „gebietsfremde“ Arten (§ 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 10 VO) zu verstehen sei. Einzelne Verbote seien zudem unverhältnismäßig (wie z.B. § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 VO im Hinblick auf das Steigenlassen von Kinderdrachen). Auch liege ein Verstoß gegen das Gebot nach § 14 Abs. 4 Satz 1 NAGBNatSchG, den Geltungsbereich von Vorschriften zeichnerisch in Karten zu bestimmen, vor, soweit sich die Verbote auf einen Bereich außerhalb der in den Karten dargestellten Naturschutzgebietsgrenze beziehen. Ferner seien verschiedene Freistellungsregelungen in § 4 VO zu unbestimmt, in sich widersprüchlich, sachlich verfehlt oder stünden nicht im Einklang mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und dem Gleichbehandlungsgebot. Hinsichtlich der Freistellung der ordnungsgemäßen landwirtschaftlichen Bodennutzung auf den in der maßgeblichen Karte dargestellten Flächen wie zum Beispiel Grünland gemäß § 4 Abs. 3 Nr. 4 VO sei nicht nachvollziehbar, auf welcher Grundlage die Zuordnung zu einer bestimmten Fläche erfolgt sei. Es sei auch unklar, auf welchen Zeitpunkt sich die Einstufung einer Fläche als gesetzlich geschütztes Biotop oder als FFH-Lebensraumtyp 6510 „Magere Flachland-Mähwiese“ beziehe. So gebe es Grünlandflächen, die keinen besonderen Schutzstatus mehr hätten, weil für sie nach Auslaufen entsprechenden Vertragsnaturschutzes von der Möglichkeit der Wiederaufnahme einer zulässigen landwirtschaftlichen Nutzung gemäß § 30 Abs. 5 BNatSchG Gebrauch gemacht worden sei. Es sei rechtswidrig, diese Flächen als FFH-LRT 6510 oder als gesetzlich geschütztes Biotopeinzustufen und den besonderen Restriktionen des § 4 Abs. 3 Nr. 4 VO zu unterwerfen. Die Regelung des § 4 Abs. 7 VO zur Erteilung der erforderlichen Zustimmung bzw. des erforderlichen Einvernehmens bei den in den Absätzen 2 bis 6 genannten Fällen sei rechtswidrig. Lägen die Voraussetzungen für die Erteilung einer Zustimmung vor, so sei diese zu erteilen und stehe nicht im Ermessen. Die Regelung des § 7 VO zu Pflege-, Entwicklungs- und Wiederherstellungsmaßnahmen sei eine „black box“, da nicht erkennbar sei, welchen Inhalt die Maßnahmen haben könnten. Schließlich bewirke das für Grundstücke in Naturschutzgebieten bestehende Vorkaufsrecht des Landes zusätzliche Wettbewerbsnachteile für die Landwirte.

Die Antragsteller beantragen,

die Verordnung über das Naturschutzgebiet „Mittlere Dumme und Püggener Moor“ in den Gemeinden Luckau (Wendland), Waddeweitz, Flecken Clenze und Flecken Bergen an der Dumme, der Stadt Wustrow (Wendland), der Samtgemeinde Lüchow (Wendland), Landkreis Lüchow-Dannenberg vom 25. Juni 2018 für unwirksam zu erklären.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Er erwidert im Wesentlichen, dass die Verordnung verfahrensfehlerfrei zustande gekommen sei. Die Bekanntmachung der Auslegung sei ordnungsgemäß erfolgt. Insbesondere ergebe sich aus § 14 Abs. 2 Satz 2 NAGBNatSchG nicht, dass erläuternde Karten bereits Bestandteil der Bekanntgabe der Auslegung sein müssten. Darüber hinaus sei aufgrund des regional geläufigen Begriffs „Püggener Moor“ eine räumliche Zuordnung des Verfahrensgebiets bei der Ankündigung der Auslegung auch ohne Kartenmaterial möglich und somit eine Anstoßwirkung gegeben gewesen. Die Verordnung sei auch materiell rechtmäßig. Nach § 32 Abs. 2 BNatSchG bestehe die Verpflichtung, gemeldete FFH-Gebiete ohne räumliche Abstriche zu geschützten Teilen von Natur und Landschaft zu erklären. Dem Antragsgegner und dem zuständigen Kreistag obliege es nicht, die letztverantwortliche Abgrenzung des konkreten FFH-Gebiets vorzunehmen. Vielmehr wählten die Länder, hier das Land Niedersachsen, die nach den in § 32 Abs. 1 BNatSchG genannten EU-Richtlinien zu meldenden Gebiete nach den Maßgaben der Richtlinien aus. Mängel bei der Auswahl und Abgrenzung des Schutzgebietes lägen nicht vor. Für das Gebiet „Mittlere Dumme und Püggener Moor“ sei aufgrund des erfolgten Daten- und Schutzkriterienabgleichs nur die Ausweisung eines Naturschutzgebietes in Betracht gekommen. Die sich gemäß § 1 Abs. 3 VO aus den in der Anlage 1 und 2 der VO ergebende Grenze des Schutzgebiets sei auch nicht wegen eines von den Antragstellern geltend gemachten zu geringen Abstands zu ihren Wirtschaftsgebäuden zu beanstanden. Das Betriebsgelände der landwirtschaftlichen Hofstelle der Antragsteller mit seinem Bestand befinde sich nicht im Geltungsbereich der Naturschutzverordnung und unterliege somit nicht deren Regelungen. Dass etwaige (Hofstellen-)Erweiterungen, die in das Naturschutzgebiet hineinreichten, der Befreiung durch den Antragsgegner bedürften, führe nicht zur Rechtswidrigkeit der erfolgten Grenzziehung. Den in § 2 Abs. 3 und 4 VO genannten besonderen Schutzzwecken liege auch kein unzureichendes Datenmaterial zugrunde. Die sog. Basiserfassung für das relevante Gebiet sei 2007 auf der Grundlage des Kartierschlüssels des Landes (v. Drachenfels, 2004) erfolgt. Es sei hierbei durchaus möglich gewesen, dass sich z.B. Flächen mit Ackerstatus in ihrer möglichen 4-jährigen „Grünlandphase“ zum Zeitpunkt der Kartierung als Ruderalflur oder Intensivgrünland dargestellt, agrarrechtlich jedoch einen anderen Status gehabt hätten. Es handele sich damit jedoch nicht um veraltete Daten, sondern vielmehr um Änderungen der Flächennutzung bzw. des Flächenstatus durch die jeweiligen Eigentümer bzw. Bewirtschafter. Vor dem Hintergrund dieser möglichen Abweichungen seien die Eigentümer und Bewirtschafter innerhalb des relevanten Gebiets im Vorfeld der Auslegung der Verordnung öffentlich über die Lokalpresse aufgefordert worden, sich die Entwürfe der Karten der geplanten Verordnung genau anzusehen und ggf. entsprechend zu korrigieren. Im Rahmen der Auslegung seien daraufhin diverse Mitteilungen von betroffenen Landwirten erfolgt. Nach der Bestätigung des Ackerstatus durch die Landwirtschaftskammer Niedersachen sei daraufhin die Flächensignatur in der Verordnungskarte entsprechend angepasst worden. Entgegen der Auffassung der Antragsteller ließen die Bewirtschaftungsvorgaben für die in der maßgeblichen Karte dargestellten Flächen hinreichend Raum für die wirtschaftliche Nutzbarkeit dieser Flächen. Die Grünlandflächen mit waagerechter Signatur (Grünland gem. § 4 Abs. 3 Nr. 3 VO) könnten ohne Auflagen bewirtschaftet werden, die Anlass zur Besorgnis einer Unwirtschaftlichkeit gäben. Die Grünlandflächen mit Rautensignatur (Grünland gem. § 4 Abs. 3 Nr. 4 VO) hätten bereits in der Vergangenheit keiner intensiven Bewirtschaftung unterliegen können bzw. dürfen. Die Verbote nach § 3 VO seien auch hinreichend bestimmt. Aus dem systematischen Zusammenhang der Regelung und dem Wortlaut der jeweiligen Verbote ergebe sich die Bestimmbarkeit der verwendeten Begriffe. Es bestehe keine zwingende Erforderlichkeit, sämtliche verwendete Begriffe legal zu definieren. Die Verbote wie z.B. das Verbot, Drachen in dem relevanten Gebiet steigen zu lassen, stünden auch nicht außer Verhältnis zum verfolgten Schutzzweck. Bedenken hinsichtlich einer etwaigen Unverhältnismäßigkeit der in § 4 VO enthaltenen Freistellungen und der mit ihnen geregelten Bewirtschaftungsmaßgaben bestünden im Einzelnen nicht. Diese seien sachlich gerechtfertigt und belasteten die Antragsteller nicht in unzumutbarer Weise. Die Regelung des § 4 Abs. 7 VO sei nicht rechtswidrig. Die Formulierung („kann“) entspreche der vom Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) vorgeschlagenen Formulierung. Über die Erteilung einer Zustimmung werde nach ordnungsgemäßen Ermessen entschieden. Dieses könne jedoch in bestimmten Fällen auf Null reduziert sein. Die in § 7 VO genannten Pflege- Entwicklungs- und Wiederherstellungsmaßnehmen seien nicht Gegenstand des Normenkontrollverfahrens und das Vorkaufsrecht des Landes an Grundstücken in Naturschutzgebieten ergebe sich aus § 66 BNatSchG.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die Beiakten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Der Normenkontrollantrag ist zulässig, aber nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

I. Der Antrag ist statthaft, weil die angegriffene Verordnung über das Naturschutzgebiet „Mittlere Dumme und Püggener Moor“ vom 25. Juni 2018 - VO - nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i. V. m. § 75 NJG der Normenkontrolle durch das Oberverwaltungsgericht unterliegt.

Der Antrag erfüllt auch die übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen. Er ist insbesondere innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Verordnung und damit innerhalb der Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO gestellt worden. Die Antragsteller sind überdies im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt. Danach kann den Antrag jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, stellen. Der Antragsteller zu 1. kann als Eigentümer von landwirtschaftlichen Nutzflächen in dem unter Naturschutz gestellten Gebiet geltend machen, durch die Bestimmungen der Naturschutzgebietsverordnung, die die Grundstücksnutzung einschränken, in eigenen Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Die Antragstellerin zu 2., die als Gesellschaft bürgerlichen Rechts nach gefestigter Rechtsprechung (vgl. nur OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 26.03.2021 - 2 D 4/20.NE -, juris Rn 30 f. m.w.N.) ebenfalls einen Normenkontrollantrag stellen kann, kann geltend machen, durch die Bestimmungen der Verordnung in eigenen Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, soweit die Nutzungsbeschränkungen der Verordnung sich auf Flächen beziehen, die von ihr zur landwirtschaftlichen Nutzung gepachtet worden sind. Denn es ist zumindest möglich, dass die Antragstellerin zu 2. aufgrund der Beschränkungen der landwirtschaftlichen Grundstücksnutzung durch die in der Verordnung geregelten Verbote in dem Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) verletzt wird, das jede Form menschlichen Handelns ohne Rücksicht darauf schützt, welches Gewicht der Betätigung für die Persönlichkeitsentfaltung zukommt. Dieses Grundrecht ist seinem Wesen nach auch auf die Antragstellerin zu 2. als Gesellschaft bürgerlichen Rechts anwendbar (vgl. Art. 19 Abs. 3 GG). Als Pächterin landwirtschaftlicher Flächen ist sie von den entsprechenden Verboten auch unmittelbar betroffen. Es handelt sich bei ihr somit nicht um eine beliebige Person, die von der Antragsbefugnis des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO auszunehmen wäre (vgl. Senatsurt. v. 30.10.2017 - 4 KN 275/17 -, juris Rn. 80 m.w.N.).

Der Antrag ist auch gegen den richtigen Antragsgegner gerichtet, weil er nach § 47 Abs. 2 Satz 2 VwGO gegen die Körperschaft zu richten ist, die die Verordnung erlassen hat.

II. Der demnach zulässige Normenkontrollantrag ist jedoch nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

1. Die angegriffene Verordnung ist nicht wegen formeller Mängel unwirksam.

Nach § 22 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG richten sich Form und Verfahren der Unterschutzstellung von Teilen von Natur und Landschaft sowie die Beachtlichkeit von Form- und Verfahrensfehlern und die Möglichkeit ihrer Behebung nach Landesrecht. Die landesrechtlichen Vorgaben zu Form und Verfahren der Unterschutzstellung und der Beachtlichkeit von Verfahrensmängeln sind in § 14 NAGBNatSchG geregelt.

§ 14 Abs. 7 NAGBNatSchG bestimmt, dass eine Verletzung der Vorschriften des § 14 Abs. 1 bis 3 NAGBNatSchG unbeachtlich ist, wenn sie nicht innerhalb eines Jahres nach Verkündung der Verordnung oder Satzung schriftlich unter Angabe des Sachverhalts, der die Verletzung begründen soll, bei der Naturschutzbehörde oder Gemeinde, die die Verordnung oder Satzung erlassen hat, geltend gemacht wird. Dabei muss der geltend gemachte Verstoß so konkret angesprochen werden, dass die zuständige Naturschutzbehörde oder Gemeinde den Vorwurf nachprüfen kann (Senatsurteil v. 26.3.2021 - 4 KN 129/18 -, juris Rn. 29; Blum/Agena/Brüggeshemke, Niedersächsisches Naturschutzrecht, Stand: Januar 2022, § 14 Rn. 55a).

a. Eine Verletzung der Vorschriften des § 14 Abs. 1 bis 3 NAGBNatSchG ist nicht rechtzeitig innerhalb der Frist des § 14 Abs. 7 NAGBNatSchG geltend gemacht worden. Weder aus den Verwaltungsvorgängen noch aus dem Vorbringen der Beteiligten ergeben sich Hinweise darauf, dass die Antragsteller oder Dritte die Verletzung von Verfahrensvorschriften unmittelbar bei dem Antragsgegner gerügt haben. Die Antragsteller haben erstmals vor Gericht im Rahmen des Normenkontrollverfahrens mit Schriftsatz vom 27. Oktober 2020 vorgebracht, dass der Bekanntmachung der Auslegung der Naturschutzverordnung in der EJZ vom 18. Januar 2018 keine Karte beigefügt gewesen sei, die für die erforderliche Anstoßwirkung hätte sorgen können. Der damit geltend gemachte Verstoß gegen § 14 Abs. 2 NAGBNatSchG ist somit nicht innerhalb eines Jahres nach Verkündung der Verordnung am 2. November 2018 erfolgt und damit gemäß § 14 Abs. 7 NAGBNatSchG unbeachtlich.

b. Die Regelung des § 14 Abs. 7 NAGBNatSchG zur Unbeachtlichkeit von nicht fristgerecht gerügten Verfahrensfehlern verstößt im Übrigen weder gegen Vorgaben zu dem Zugang zu einem gerichtlichen Überprüfungsverfahren in Umweltangelegenheiten nach der Aarhus-Konvention (AK) vom 25. Juni 1998 (Zustimmungsgesetz vom 9. Dezember 2006, BGBl II S. 1251) (aa.) noch nach Unionsrecht (bb.).

aa. Weder Art. 9 Abs. 2 AK noch Art. 9 Abs. 3 AK stehen einer Präklusionsvorschrift wie § 14 Abs. 7 NAGBNatSchG entgegen.

(1.) Der Anwendungsbereich von Art. 9 Abs. 2 AK ist durch die Unbeachtlichkeitsregelung des § 14 Abs. 7 NAGBNatSchG bereits nicht berührt.

Gemäß Art. 9 Abs. 2 AK stellt jede Vertragspartei im Rahmen ihrer innerstaatlichen Rechtsvorschriften sicher, dass Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit, (a) die ein ausreichendes Interesse haben oder alternativ (b) eine Rechtsverletzung geltend machen, sofern das Verwaltungsprozessrecht einer Vertragspartei dies als Voraussetzung erfordert, Zugang zu einem Überprüfungsverfahren vor einem Gericht und/oder einer anderen auf gesetzlicher Grundlage geschaffenen unabhängigen und unparteiischen Stelle haben, um die materiell-rechtliche und verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit von Entscheidungen, Handlungen oder Unterlassungen anzufechten, für die Artikel 6 und - sofern dies nach dem jeweiligen innerstaatlichen Recht vorgesehen ist und unbeschadet des Absatzes 3 - sonstige einschlägige Bestimmungen dieses Übereinkommens gelten. Danach ist der Zugang zu einem Gericht nach Maßgabe des § 9 Abs. 2 AK sicherzustellen, wenn Art. 6 AK berührt ist (vgl. Feststellungen und Empfehlungen des Aarhus Convention Compliance Committee (ACCC) vom 31. März 2006, Armenien, ACCC/C/2004/8, Rn. 35 f.). Der Zweck von Art. 9 Abs. 2 AK besteht darin, nur der „betroffenen Öffentlichkeit“, die bestimmte Voraussetzungen erfüllt, den Zugang zu Gerichten für die Anfechtung einer Handlung oder Entscheidung zu gewährleisten, die in den Anwendungsbereich von Art. 6 AK fällt (EuGH, Urt. v. 14.1.2021 - C-826/18 -, juris Rn. 45). Nach Art. 6 Abs. 1 AK wendet jede Vertragspartei diesen Artikel bei Entscheidungen darüber an, ob die in Anhang I AK aufgeführten geplanten Tätigkeiten zugelassen werden (Buchst. a), und wendet diesen Artikel in Übereinstimmung mit ihrem innerstaatlichen Recht auch bei Entscheidungen über nicht in Anhang I AK aufgeführte geplante Tätigkeiten an, die eine erhebliche Auswirkung auf die Umwelt haben können (Buchst. b). Art. 6 Abs. 1 AK bezieht sich damit allgemein auf „Entscheidungen" über die genannten Tätigkeiten, mit denen festgestellt wird, dass diese ausgeführt werden dürfen, d.h. auf Zulassungs- bzw. Genehmigungsentscheidungen (BVerwG, Beschl. v. 24.3.2021 - 4 VR 2.20 -, juris Rn. 67).

Der Erlass einer Schutzgebietsverordnung ist keine Zulassungs- bzw. Genehmigungsentscheidung über eine geplante Tätigkeit im Sinne des Art. 6 AK, sondern in Abgrenzung dazu eine „exekutive Vorschrift“ im Sinne des Art. 8 AK. Der Anwendungsbereich des Art. 6 AK ist durch den Erlass einer Schutzgebietsverordnung folglich nicht berührt, so dass der Zugang zu einem gerichtlichen Überprüfungsverfahren nicht nach Maßgabe des Art. 9 Abs. 2 AK sicherzustellen ist.

(2.) Die Vorschrift des § 14 Abs. 7 NAGBNatSchG verstößt auch nicht gegen die Vorgaben zu dem Zugang zu einem gerichtlichen Überprüfungsverfahren nach Art. 9 Abs. 3 AK.

Nach Art. 9 Abs. 3 AK stellt jede Vertragspartei zusätzlich und unbeschadet der in den Absätzen 1 und 2 genannten Überprüfungsverfahren sicher, dass Mitglieder der Öffentlichkeit, sofern sie etwaige in ihrem innerstaatlichen Recht festgelegte Kriterien erfüllen, Zugang zu verwaltungsbehördlichen oder gerichtlichen Verfahren haben, um die von Privatpersonen und Behörden vorgenommenen Handlungen und begangenen Unterlassungen anzufechten, die gegen umweltbezogene Bestimmungen ihres innerstaatlichen Rechts verstoßen. In den Anwendungsbereich dieser Vorschrift fällt ein gegen den Erlass einer Schutzgebietsverordnung gerichtetes gerichtliches Normenkontrollverfahren, da mit diesem Verstöße gegen umweltbezogenen Bestimmungen des innerstaatlichen Rechts wie den Vorschriften des BNatSchG und des dieses ergänzenden oder von diesem abweichenden Landesrecht nach dem NAGBNatSchG geltend gemacht werden können. Aus Art. 9 Abs. 3 AK ergeben sich insoweit aber keine ausdrücklichen Vorgaben für gerichtliche Überprüfungsverfahren. Die konkrete Ausgestaltung des Rechtsschutzes gehört vielmehr zu den „etwaige[n] in ... innerstaatlichem Recht festgelegte[n] Kriterien" im Sinne dieser Bestimmung und fällt als solche in den grundsätzlich bestehenden Spielraum der Mitgliedstaaten bei der Ausgestaltung des Rechtsschutzes (BVerwG, Beschl. v. 24.3.2021 - 4 VR 2.20 -, juris Rn. 69; EuGH, Urt. v. 20.12.2017 - C-664/15 -, juris Rn 48 und v. 14.1.2021 - C-826/26 -, juris Rn. 62). Art. 9 Abs. 3 AK steht einer Vorschrift zum Ausschluss von Einwendungen im gerichtlichen Überprüfungsverfahren daher nicht grundsätzlich entgegen. Mit einer solchen Regelung können unter Umständen die streitigen Punkte schneller identifiziert und gegebenenfalls bereits in einem Verwaltungsverfahren gelöst werden, so dass sich eine Klage erübrigt (EuGH, Urt. v. 20.12.2017 - C-664/15 -, juris Rn. 88 und Urt. v. 14.1.2021 - C-826/18 -, juris Rn. 63). Eine solche Ausschlussregelung kann auf diese Weise zur Verwirklichung des Ziels von Art. 9 Abs. 3 AK, wirkungsvolle gerichtliche Mechanismen zu schaffen (vgl. 18. Erwägungsgrund des Übereinkommens), beitragen. Sie entspricht auch dem Gedanken des Art. 9 Abs. 4 AK, nach dem die u. a. in Art. 9 Abs. 3 AK genannten Verfahren „angemessenen und effektiven“ Rechtsschutz bieten und „fair“ sein müssen (EuGH, Urt. v. 20.12.2017 - C-664/15 -, juris Rn. 89). Die konkreten Modalitäten für die Ausübung eines Rechtsbehelfs dürfen jedoch nicht unverhältnismäßig eingeschränkt werden (EuGH, Urt. v. 20.12.2017 - C-664/15 -, juris Rn. 90 f. und Urt. v. 14.1.2021 - C-826/18 -, juris Rn. 64).

Gemessen hieran begegnet § 14 Abs. 7 NAGBNatSchG nach Maßgabe des Art. 9 Abs. 3 AK keinen durchgreifenden Bedenken. Die Unbeachtlichkeitsklausel nach § 14 Abs. 7 NAGBNatSchG bezweckt, mittels einer Präklusionswirkung die Ungewissheit über die Fehlerhaftigkeit und den Fortbestand einer Norm möglichst bald nach ihrem Erlass zu beseitigen, die Rechtssicherheit wird der Gesetzmäßigkeit hierdurch vorangestellt (Blum/Agena/Brüggeshemke, Niedersächsisches Naturschutzrecht, Stand: Januar 2022, § 14 Rn. 54). Hierdurch wird jedoch nicht der Zugang zu einem gerichtlichen Überprüfungsverfahren unverhältnismäßig beschränkt. Ein Normenkontrollantrag gegen eine Schutzgebietsverordnung ist nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO innerhalb eines Jahres nach der Bekanntmachung der Verordnung zu stellen. Innerhalb dieser Frist kann auch ein Verstoß gegen die Vorschrift des § 14 Abs. 1 bis 3 NAGBNatSchG geltend gemacht werden, dies kann auch im gerichtlichen Verfahren erfolgen (Senatsurt. v. 19.10.2021 - 4 KN 174/17 -, juris Rn. 34). Die Frist von einem Jahr zur Geltendmachung von Verfahrensverstößen ist auch ausreichend bemessen (vgl. BVerwG, EuGH-Vorlage v. 14.3.2017 - 4 CN 3.16 -, juris Rn. 24; Hessischer VGH, Urt. v. 27.10.2016 - 4 C 1869/15.N -, juris Rn. 37; 12. Senat des erkennenden Gerichts, Urt. v. 30.7.2015 - 12 KN 265/13 -, juris Rn. 24 ff. jeweils zur Rügefrist von einem Jahr nach § 215 Abs. 1 BauGB). Bei einer fristgerechten Geltendmachung von Verfahrensverstößen bleiben diese danach beachtlich und werden einer gerichtlichen Überprüfung nicht entzogen.

Eine unverhältnismäßige Erschwerung des Zugangs zu einem gerichtlichen Überprüfungsverfahren liegt auch nicht darin, dass bei der Bekanntmachung einer Schutzgebietsverordnung - anders als bei der Inkraftsetzung eines Flächennutzungsplans oder einer Satzung gemäß § 215 Abs. 2 BauGB - nach § 14 Abs. 7 NAGBNatSchG nicht auf die Voraussetzungen für die Geltendmachung der Verletzung von Verfahrensvorschriften sowie auf die Rechtsfolgen einer nicht fristgerechten Geltendmachung hinzuweisen ist. Die Rüge der Verletzung von Verfahrensvorschriften ist – wie aufgezeigt – nicht Zugangsvoraussetzung für ein gerichtliches Überprüfungsverfahren. Einem von einer Schutzgebietsausweisung Betroffenen, der einen Normenkontrollantrag stellt, ist es auch möglich und zumutbar, sich durch einen einfachen „Blick in das Gesetz“ über die maßgeblichen Verfahrensvorschriften zum Erlass von Schutzgebietsverordnungen, die Voraussetzungen für die Geltendmachung von Verfahrensverstößen und die Rechtsfolgen einer nicht fristgerechten Geltendmachung von Verstößen gegen § 14 Abs. 1 bis 3 NAGBNatSchG zu informieren. Die Regelung des § 14 Abs. 7 NAGBNatSchG ist eindeutig und für den Betroffenen ohne Weiteres verständlich. Er hat es damit in der Hand, Verfahrensfehler fristgerecht zu rügen, damit diese nicht unbeachtlich und einer gerichtlichen Überprüfung unterzogen werden.

bb. § 14 Abs. 7 NAGBNatSchG widerspricht auch nicht unionsrechtlichen Vorgaben zum Zugang zu einem gerichtlichen Überprüfungsverfahren.

(1.) Ausdrückliche unionsrechtliche Vorgaben zum Rechtsschutz gegen naturschutzrechtliche Schutzgebietsausweisungen ergeben sich weder aus der Richtlinie 2011/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (UVP-Richtlinie) noch aus der Richtlinie 2001/42/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Juni 2001 über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme (SUP-Richtlinie).

Soweit - in Umsetzung des Art. 9 Abs. 2 AK - nach Maßgabe des Art. 11 Abs. 1 Richtlinie 2011/92/EU Zugang zu einem gerichtlichen Überprüfungsverfahren bestehen muss, ist der Anwendungsbereich dieser Vorschrift nicht eröffnet. Denn bei dem Erlass einer Schutzgebietsverordnung nach §§ 22 ff. BNatSchG i. V. m. §§ 14 ff. NAGBNatSchG handelt es sich nicht um eine Maßnahme, „für die die Bestimmungen dieser Richtlinie über die Öffentlichkeitsbeteiligung gelten“ (Art. 11 Abs. 1 letzter Hs. Richtlinie 2011/92/EU). Gegenstand der Richtlinie 2011/92/EU ist die Umweltverträglichkeitsprüfung bei öffentlichen und privaten Projekten, die möglicherweise erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt haben (Art. 1 Abs. 1 Richtlinie 2011/92/EU). Projekt im Sinne dieser Vorschrift sind die Errichtung von baulichen oder sonstigen Anlagen oder sonstige Eingriffe in Natur und Landschaft einschließlich derjenigen zum Abbau von Bodenschätzen (Art. 1 Abs. 2 a) Richtlinie 2011/92/EU). Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, damit vor Erteilung der Genehmigung die Projekte, bei denen unter anderem aufgrund ihrer Art, ihrer Größe oder ihres Standortes mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist, einer Genehmigungspflicht unterworfen und einer Prüfung in Bezug auf ihre Auswirkungen unterzogen werden (Art. 2 Abs. 2 Richtlinie 2011/92/EU). Der Erlass einer Schutzgebietsverordnung hat nicht die Genehmigung eines Projektes im Sinne der Richtlinie 2011/92/EU zum Gegenstand, so dass die Bestimmungen dieser Richtlinie über die Öffentlichkeitsbeteiligung insoweit nicht gelten. Die Rechtsschutzmöglichkeiten gegen eine Schutzgebietsverordnung sind folglich nicht an den Vorgaben des Art. 11 Richtlinie 2011/92/EU zu messen.

Zu beachtende Vorgaben zu den Rechtsschutzmöglichkeiten ergeben sich insoweit auch nicht aus der Richtlinie 2001/42/EG. Ziel dieser Richtlinie ist es, im Hinblick auf die Förderung einer nachhaltigen Entwicklung ein hohes Umweltschutzniveau sicherzustellen und dazu beizutragen, dass Umwelterwägungen bei der Ausarbeitung und Annahme von Plänen und Programmen einbezogen werden, indem dafür gesorgt wird, dass bestimmte Pläne und Programme, die voraussichtlich erhebliche Umweltauswirkungen haben, entsprechend dieser Richtlinie einer Umweltprüfung unterzogen werden (Art. 1 Richtlinie 2001/42/EG). Unabhängig von der Frage, ob eine nach §§ 22 ff. BNatSchG i. V. m. §§ 14 ff. NAGBNatSchG erlassene Schutzgebietsverordnung zu den in den Geltungsbereich der Richtlinie 2001/42/EG fallenden Plänen und Programmen gehört, sehen die Bestimmungen der Richtlinie 2001/42/EG - anders als die Richtlinie 2011/92/EU in Art. 11 - keine speziellen Anforderungen an den Rechtsschutz vor (BVerwG, Beschl. v. 24.3.2021 - 4 VR 2.20 -, juris Rn. 77).

(2.) Soweit damit dezidierte unionsrechtliche Vorschriften fehlen, ist es Aufgabe der innerstaatlichen Rechtsordnung, die Verfahrensmodalitäten der Rechtsbehelfe zu regeln, die den Schutz der dem Bürger aus dem Unionsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten sollen. Diese Modalitäten dürfen nicht weniger günstig ausgestaltet sein als die der entsprechenden innerstaatlichen Rechtsbehelfe (Äquivalenzgrundsatz) und sie dürfen die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (Effektivitätsgrundsatz) (EuGH, Urt. v. 16.4.2015 - C-570/13 -, juris Rn. 37 und Urt. v. 12.5.2011 - C-115/09 - Rn. 43; BVerwG, Urt. v. 3.11.2020 - 9 A 7.19 -, juris Rn. 22). Dem genügt § 14 Abs. 7 NAGBNatSchG. Die Vorschrift findet ausnahms- und unterschiedslos auf Vorschriften ohne und mit Bezug zum Recht der Europäischen Union Anwendung und genügt damit dem Äquivalenzgrundsatz. Sie genügt auch dem Effektivitätsgrundsatz, da die Ausübung von Rechten - wie aufgezeigt - durch diese nicht praktisch unmöglich oder unverhältnismäßig erschwert wird. Die Festsetzung angemessener Fristen für die Rechtsverfolgung im Interesse der Rechtssicherheit, die zugleich den betroffenen Einzelnen und die betroffene Behörde schützt, ist mit dem Unionsrecht vereinbar. Insbesondere sind solche Fristen nicht als geeignet anzusehen, die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte praktisch unmöglich zu machen oder übermäßig zu erschweren (EuGH, Urt. v 17.11.2016 - C-348/15 -, juris Rn. 41). Ferner sind nationale Ausschlussfristen für die Geltendmachung von Rechten durch das Unionsrecht im Grundsatz anerkannt (EuGH, Urt. v. 20.12.2017 - C-664/15 -, juris Rn. 89 und Urt. v. 14.1.2021 - C-826/18 -, juris Rn. 63 ff.). Zwar hat der EuGH eine materielle Präklusion von Einwendungen im gerichtlichen Verfahren, die im behördlichen Anhörungsverfahren nicht vorgebracht worden sind, mit Art. 11 UVP-Richtlinie für unzulässig erklärt (EuGH, Urt. v. 15.10.2015 - C-137/14 -, juris Rn. 75). Eine vergleichbare Präklusionswirkung besteht nach § 14 Abs. 7 NAGBNatSchG jedoch nicht, da innerhalb der Frist gerügte Verfahrensfehler auch dann zu prüfen sind, wenn die Antragsteller eines Normenkontrollverfahrens sich im Rahmen des Beteiligungsverfahrens bei Erlass der Verordnung nicht geäußert haben.

c. Unabhängig von der nach § 14 Abs. 7 NAGBNatSchG eintretenden Unbeachtlichkeit des von den Antragstellern behaupteten Verstoßes gegen § 14 Abs. 2 NAGBNatSchG wegen einer fehlerhaften Bekanntmachung der Auslegung liegt ein solcher der Sache nach nicht vor.

Gemäß § 14 Abs. 2 Satz 1 NAGBNatSchG ist der Entwurf einer Verordnung nebst Begründung mindestens einen Monat lang bei den Gemeinden, deren Gebiet betroffen ist, öffentlich auszulegen. Ort und Dauer der Auslegung haben die Gemeinden mindestens eine Woche vorher mit dem Hinweis darauf ortsüblich bekannt zu machen, dass jedermann während der Auslegungszeit bei der Gemeinde oder bei der Naturschutzbehörde, die die Verordnung erlassen will, Bedenken und Einwendungen vorbringen kann (§ 14 Abs. 2 Satz 2 NAGBNatSchG).

Wie die Auslegung selbst hat auch ihre Bekanntmachung Anstoßfunktion, d.h., sie muss in einer Weise erfolgen, die geeignet ist, alle von der Unterschutzstellung möglicherweise Betroffenen sowie weitere interessierte Personen so rechtzeitig auf die bevorstehende Auslegung des Verordnungsentwurfs hinzuweisen, dass sie ausreichend Überlegungs- und Vorbereitungszeit haben, um sich darüber klar zu werden, ob und wie sie zur Wahrnehmung ihrer Rechte oder Interessen von den ihnen zustehenden Äußerungsmöglichkeiten Gebrauch machen wollen. Dem Bürger muss durch die Bekanntmachung die Kenntnis eröffnet werden, dass die vorgesehene Rechtsverordnung möglicherweise seine Interessen betrifft und er damit aufgerufen ist, sich um seine Belange zu kümmern. Nicht erforderlich ist es indessen, dass bereits die Bekanntmachung selbst Kartenmaterial enthält oder die von der Verordnung voraussichtlich betroffenen Grundstücke im Einzelnen nennt. Dies ist gesetzlich nicht vorgesehen und würde zudem die Grenzen zwischen der Bekanntmachung der Auslegung und der Auslegung verschwimmen lassen sowie die Anforderungen an die Bekanntmachung der Auslegung nach § 14 Abs. 2 Satz 2 NAGBNatSchG überspannen. Die Bekanntmachung ist der Auslegung vorgeschaltet, sie ist der Hinweis auf diese. Die Anstoßfunktion der Auslegungsbekanntmachung bezieht sich damit auf die weitergehenden Informationsmöglichkeiten, die anhand der Auslegung des Verordnungsentwurfs und der Verordnungsbegründung gewonnen werden können. Insbesondere bei Schutzgebieten mit einer großen räumlichen Ausdehnung würde eine Auslegungsbekanntmachung, die nach § 14 Abs. 2 Satz 2 NAGBNatSchG ortsüblich – in der Regel in einer örtlichen Tageszeitung oder durch Aushang in einem Hinweiskasten – zu erfolgen hat, an Prägnanz verlieren, wenn ihr ausgedehntes Kartenmaterial oder eine Aufzählung der betroffenen Grundstücke beigefügt werden müsste. Daher ist es ausreichend, wenn das geplante Schutzgebiet durch geläufige geographische Bezeichnungen gekennzeichnet wird, so dass betroffene Bürger aus der Bezeichnung des Schutzgebiets ohne Weiteres entnehmen können, dass ihre Grundstücke von der Verordnung erfasst werden können (zu Vorstehendem vgl. Senatsurt. v. 26.3.2021 - 4 KN 129/18 -, juris Rn. 33 m. w. N.; nachgehend BVerwG, Beschl. v. 10.11.2021 - 7 BN 7.21 -, juris Rn. 6).

Diesen Anforderungen genügt die Auslegungsbekanntmachung. In der Bekanntmachung der Auslegung der Naturschutzverordnung in der EJZ vom 18. Januar 2018 wurde das Naturschutzgebiet „Mittlere Dumme und Püggener Moor“ genannt sowie mitgeteilt, dass sich dieses im Bereich der Samtgemeinde Lüchow (Wendland) befindet. Die Begriffe „Mittlere Dumme“ und „Püggener Moor“ sind regional geläufig. Landschaftsteile in dem Bereich zwischen Bussau und Püggen wurden unter Verwendung der Bezeichnung „Püggener Moor“ bereits durch die Verordnung zum Schutze von Landschaftsteilen (Püggener Moor) im Landkreis Lüchow-Dannenberg vom 1. August 1974 unter Schutz gestellt. Der Bereich zwischen Bussau und Püggen wird zudem in Karten mit „Püggener Moor“ bezeichnet (vgl. die im Internet unter https://www.umweltkarten-niedersachsen.de/Umweltkarten abrufbaren Umweltkarten Niedersachsen). Der Verlauf der Dumme und der Bereich der „Mittleren Dumme“ sind ebenfalls hinreichend geografisch bestimmt. Die Bezeichnung „Mittlere Dumme und Püggener Moor“ lässt damit eine räumliche Zuordnung des von der Unterschutzstellung betroffenen Gebiets zu, so dass die betroffenen Bürger aus der textlichen Beschreibung der Auslegungsbekanntmachung ohne Weiteres entnehmen konnten, ob ihre Grundstücke von der Verordnung erfasst werden können. Für die Antragsteller gilt dies insbesondere, da ihre Flächen im bereits durch die Verordnung zum Schutze von Landschaftsteilen (Püggener Moor) im Landkreis Lüchow-Dannenberg vom 1. August 1974 geschützten Bereich liegen.

d. Die Verordnung ist auch nicht wegen sonstiger formeller Mängel, die nicht innerhalb der Frist des § 14 Abs. 7 NAGBNatSchG gerügt werden müssen, unwirksam. Insbesondere ist die Verordnung nicht fehlerhaft ausgefertigt worden.

Das Niedersächsische Ausführungsgesetz zum Bundesnaturschutzgesetz enthält, wie zuvor bereits das Niedersächsische Naturschutzgesetz, keine nähere Bestimmung zur Ausfertigung von Schutzgebietsverordnungen. Allerdings ist anerkannt, dass eine Ausfertigung schon aus rechtsstaatlichen Gründen notwendig ist. Zweck der Ausfertigung ist es zu bezeugen, dass der Norminhalt mit dem Willen des Normgebers übereinstimmt und dass das Rechtssetzungsverfahren dem höherrangigen Recht entsprechend durchgeführt wurde. Da die Ausfertigung die Authentizität des Norminhaltes bestätigt, muss die Ausfertigung nach dem Beschluss des Rates als dem Normgeber und vor der öffentlichen Bekanntmachung erfolgen und dies muss aus der Datumsangabe ersichtlich sein. Zuständig für die Ausfertigung ist der Hauptverwaltungsbeamte; neben dem Datum erfordert eine ordnungsgemäße Ausfertigung seine eigenhändige handschriftliche Unterschrift, die mindestens den Familiennamen enthalten muss. Besteht eine Norm aus mehreren Teilen, nämlich – wie hier – aus einem Textteil und hiervon getrennten zeichnerischen Darstellungen (Karten), so ist es nicht geboten, dass beide Teile gesondert ausgefertigt werden. Ausreichend, aber auch erforderlich ist es, dass durch eindeutige Angaben im Normtext oder auf andere Weise jeder Zweifel an der Zugehörigkeit der Karte zur Norm ausgeschlossen wird (Senatsurt. v. 26.3.2021 - 4 KN 129/18 -, juris Rn. 38 m. w. N.; vgl. ferner BVerwG, Urt. 31.1.2001 - 6 CN 2.00 -, juris Rn. 10 f.). Die notwendige Verbindung muss daher nicht körperlich etwa durch Heftung oder durch eine Schnur erfolgen. Hinreichend ist vielmehr eine Art "gedankliche Schnur" (Nds. OVG, Urt. v. 10.3.2005 - 8 KN 41/02 -, juris Rn. 30; zur „gedanklichen Schnur“ bei der Ausfertigung von Bebauungsplänen vgl. Urteil des 1. Senats des erkennenden Gerichts v. 10.11.2021 - 1 LB 78/19 -, juris Rn. 40; Bay. VGH, Urt. v. 5.10.2021 - 15 N 21.1470 -, juris Rn. 40 ff.).

Diese Anforderungen erfüllt die Ausfertigung der Naturschutzgebietsverordnung „Mittlere Dumme und Püggener Moor“. Es besteht eine hinreichende „gedankliche Schnur“ zwischen den beigefügten, aber nicht gesondert unterschriebenen und auch körperlich nicht untrennbar mit dem unterschriebenen Verordnungstext verbundenen Karten und dem durch eigenhändige Unterschrift ausgefertigten Teil der Naturschutzgebietsverordnung. In § 1 Abs. 3 Satz 1 VO wird ausdrücklich auf die maßgeblichen und mitveröffentlichten Karten im Maßstab 1:7.500 (Anlage 1) und die mitveröffentlichte Übersichtskarte im Maßstab 1:25.000 (Anlage 2) Bezug genommen. Entsprechend überschriebene Anlagen (Anlage 1 und Anlage 2) sind auch der unterzeichneten Naturschutzgebietsverordnung beigefügt. Auf den nicht gesondert ausgefertigten Karten ist ferner jeweils vermerkt, dass es sich um die maßgebliche Karte zur Verordnung des Landkreises Lüchow-Dannenberg vom 25. Juni 2018 bzw. Übersichtskarte zum Naturschutzgebiet „Mittlere Dumme und Püggener Moor“ handelt. Damit ist hinreichend klargestellt, welche Karten zum Inhalt der Naturschutzgebietsverordnung gehören.

e. Die Naturschutzgebietsverordnung ist auch nicht wegen eines Verfahrensfehlers bei ihrem Erlass aufgrund einer unterbliebenen Durchführung einer strategischen Umweltprüfung nach der Richtlinie 2001/42/EG unwirksam. Einer solchen Prüfung bedurfte es hier nicht.

Nach Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/42/EG werden die unter die Absätze 2 bis 4 fallenden Pläne und Programme, die voraussichtlich erhebliche Umweltauswirkungen haben, einer Umweltprüfung nach den Artikeln 4 bis 9 unterzogen. Die Naturschutzgebietsverordnung ist kein Plan oder Programm im Sinne des Art. 3 Abs. 2 Buchst. a) oder b) der Richtlinie 2001/42/EG.

aa. Das in Art. 3 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2001/42/EG aufgestellte Erfordernis, wonach durch den betreffenden Plan oder das betreffende Programm der Rahmen für die künftige Genehmigung der in den Anhängen I und II der Richtlinie 2011/92/EU aufgeführten Projekte gesetzt werden muss, ist als erfüllt anzusehen, wenn der Plan oder das Programm eine signifikante Gesamtheit von Kriterien und Modalitäten für die Genehmigung und Durchführung eines oder mehrerer dieser Projekte aufstellt, insbesondere hinsichtlich des Standorts, der Art, der Größe und der Betriebsbedingungen solcher Projekte oder der mit ihnen verbundenen Inanspruchnahme von Ressourcen. Dagegen ist dieses Erfordernis bei einem Plan oder einem Programm nicht erfüllt, der bzw. das zwar in den Anhängen I und II der Richtlinie 2011/92/EU aufgeführte Projekte betrifft, aber keine solchen Kriterien oder Modalitäten vorsieht (vgl. EuGH, Urt. v. 22.2.2022 - C-300/20 - Rn. 62 f.). Die Naturschutzgebietsverordnung „Mittlere Dumme und Püggener Moor“ enthält allgemeine Verbote nach § 3 VO sowie (Bewirtschaftungs-) Vorgaben für bestimmte von den Verboten freigestellte Handlungen oder Nutzungen nach § 4 VO, jedoch keine hinreichend detaillierten Regelungen über den Inhalt, die Ausarbeitung und die Durchführung von in den Anhängen I und II der Richtlinie 2011/92/EU aufgeführten Projekten.

bb. Nach Art. 3 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/42/EG ist bei allen Plänen und Programmen eine Umweltprüfung vorzunehmen, bei denen angesichts ihrer voraussichtlichen Auswirkungen auf Gebiete eine Prüfung nach Artikel 6 oder 7 der Richtlinie 92/43/EWG für erforderlich erachtet wird. Nach Art. 6 Abs. 3 Richtlinie 92/43/EWG erfordern Pläne oder Projekte, die nicht unmittelbar mit der Verwaltung des Gebiets in Verbindung stehen oder hierfür nicht notwendig sind, die ein solches Gebiet jedoch einzeln oder in Zusammenwirkung mit anderen Plänen und Projekten erheblich beeinträchtigen könnten, eine Prüfung auf Verträglichkeit mit den für dieses Gebiet festgelegten Erhaltungszielen. Da die Richtlinie 92/43/EWG keine Bestimmung der Begriffe „Plan” und „Projekt” enthält, ist der in Art. 1 Abs. 2 a) der Richtlinie 2011/92/EU enthaltene Begriff „Projekt” zur Ermittlung des Begriffs „Plan” oder „Projekt” im Sinne der Richtlinie 92/43/EWG erheblich (vgl. EuGH, Urt. v. 7.9.2004 - C-127/02 -, juris Rn. 23 ff. zur Erheblichkeit des Begriffs „Projekt“ nach Art. 1 Abs. 2 der Vorgängerrichtlinie 85/337/EWG). Nach Art. 1 Abs. 2 a) Richtlinie 2011/92/EU ist der Begriff „Projekt“ definiert als „die Errichtung von baulichen oder sonstigen Anlagen“ oder „sonstige Eingriffe in Natur und Landschaft einschließlich derjenigen zum Abbau von Bodenschätzen“.

Eine Naturschutzgebietsverordnung stellt keinen Plan oder Projekt im Sinne des Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 92/43/EWG dar (vgl. Bay. VGH, Urt. v. 25.4.2018 - 14 N 14.878 -, juris Rn. 59 ff. zu einer Landschaftsschutzgebietsverordnung). Mit dem Erlass einer Naturschutzgebietsverordnung sind die Errichtung von baulichen oder sonstigen Anlagen oder Eingriffe in Natur und Landschaft grundsätzlich nicht verbunden, sondern sollen durch sie weitgehend verhindert bzw. reglementiert werden. Auch lassen sich der Naturschutzgebietsverordnung „Mittlere Dumme und Püggener Moor“ keine hinreichend konkreten Regelungen entnehmen, die eine erhebliche Beeinträchtigung des FFH-Gebiets hervorrufen könnten, die in ihr enthaltenen Regelungen bezwecken vielmehr den Schutz des betroffenen Gebiets.

2. Die Verordnung ist materiell rechtswidrig, soweit die im Urteilstenor bezeichneten Vorschriften betroffen sind,und insoweit unwirksam. Im Übrigen steht die Verordnung mit höherrangigem Recht in Einklang.

a. Gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG erfolgt die Unterschutzstellung von Teilen von Natur und Landschaft durch Erklärung. Die Erklärung bestimmt den Schutzgegenstand, den Schutzzweck, die zur Erreichung des Schutzzwecks notwendigen Gebote und Verbote und, soweit erforderlich, die Pflege-, Entwicklungs- und Wiederherstellungsmaßnahmen oder enthält die erforderlichen Ermächtigungen hierzu (§ 22 Abs. 1 Satz 2 BNatSchG).

Der Schutzgegenstand der Verordnung ist hinreichend bestimmt. Schutzgegenstand ist das in § 1 Abs. 2 und 3 VO näher bezeichnete Gebiet (§ 1 Abs. 1 VO). Der Schutzgegenstand wird in § 1 Abs. 2 VO textlich beschrieben und die zur hinreichend genauen Bezeichnung des Schutzgegenstandes erforderliche konkrete und nachvollziehbare Festlegung der Grenzen des Schutzgegenstandes (vgl. Senatsurt. v. 19.7.2017 - 4 KN 29/15 -, juris Rn. 47) ist gemäß § 1 Abs. 3 Sätze 1 und 2 VO durch die maßgebliche und mitveröffentlichte Karte im Maßstab 1:7.500 und die mitveröffentlichte Übersichtskarte im Maßstab 1:25.000, die gemäß § 1 Abs. 3 Satz 3 VO Bestandteil der Verordnung sind, erfolgt.

Auch die erforderlichen Mindestangaben zu den Schutzzwecken sind in § 2 VO enthalten. Erforderlich ist insoweit, dass sich dem Akt der Unterschutzstellung mit hinreichender Deutlichkeit und ausreichender Bestimmtheit entnehmen lässt, was konkret mit der Unterschutzstellung beabsichtigt ist bzw. angestrebt wird (Senatsurt. v. 15.10.2019 - 4 KN 185/17 -, juris Rn. 61: v. 19.7.2017 - 4 KN 29/15 -, juris Rn. 47 und v. 29.11.2016 - 4 KN 93/14 -, juris Rn. 24). Die hier mit der Unterschutzstellung verfolgten Zwecke sind durch die Verordnung hinreichend deutlich und ausreichend bestimmt beschrieben worden. Die Bedenken hinsichtlich der einzelnen Formulierungen der Schutzzwecke in § 2 Abs. 1 VO, die von den Antragstellern vorgebracht worden sind, greifen nicht durch. Es ist nicht zu beanstanden, dass der Erhalt und die Förderung der im Gebiet wildlebenden Tiere und Pflanzen bezweckt wird (§ 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 VO). Damit wird sichergestellt, dass auch wildlebende Tiere und Pflanzen, die in der Verordnung nicht explizit benannt werden, dem Schutzzweck unterfallen. Die Tierwelt des Gebietes ist sehr reichhaltig und weist zahlreiche Besonderheiten auf. Hochgradig schutzwürdig ist das Gebiet insbesondere wegen seiner Funktion als Brut- und Nahrungsbiotop für die in der Bundesrepublik Deutschland nur noch in geringer Individuenzahl vorkommenden Großvogelarten. Durch Verlust einer wildlebenden Tier- oder Pflanzenart besteht die Möglichkeit, dass der Tier- bzw. Nahrungskreislauf nachhaltig gestört werden kann. Zudem ist der Schutzzweck in § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 VO, der auf den Erhalt und die Förderung eines hohen Grundwasserspiegels gerichtet ist, hinreichend bestimmbar. Wie der Antragsgegner ausgeführt hat, ist der hohe Grundwasserspiegel prägend für das Naturschutzgebiet. Dieser ist auf die Lage des Gebiets und die Bodengenese mit Niedermoor- Gley- und Pseudogleyböden zurückzuführen und kann an den jeweiligen Bodenprofilen bei Bedarf abgelesen werden. Entgegen der Auffassung der Antragsteller werden durch die erlassene Verordnung die Flächen des Naturschutzgebiets, die nicht zum FFH-Gebiet gehören, nicht automatisch Bestandteil des Netzes „Natura 2000“ (§ 2 Abs. 2 VO).

Die Verordnung enthält schließlich auch Regelungen, die die zur Erreichung der Schutzzwecke notwendigen Verbote und Gebote betreffen (§§ 3 bis 6 VO), sowie die Pflege-, Entwicklungs- und Wiederherstellungsmaßnahmen (§ 7 VO).

b. Die Verordnung genügt auch den Vorgaben des § 32 Abs. 3 BNatSchG für eine Schutzerklärung von Gebieten als Teil des Netzes „Natura 2000“.

Nach § 32 Abs. 2 BNatSchG sind die in die Liste nach Artikel 4 Absatz 2 Unterabsatz 3 der Richtlinie 92/43/EWG aufgenommenen Gebiete nach Maßgabe des Artikels 4 Absatz 4 dieser Richtlinie und die nach Artikel 4 Absatz 1 und 2 der Richtlinie 2009/147/EG benannten Gebiete entsprechend den jeweiligen Erhaltungszielen zu geschützten Teilen von Natur und Landschaft im Sinne des § 20 Absatz 2 zu erklären. Die Schutzerklärung bestimmt den Schutzzweck entsprechend den jeweiligen Erhaltungszielen und die erforderlichen Gebietsbegrenzungen (§ 32 Abs. 3 Satz 1 BNatSchG). Es soll dargestellt werden, ob prioritäre natürliche Lebensraumtypen oder prioritäre Arten zu schützen sind (§ 32 Abs. 3 Satz 2 BNatSchG). Durch geeignete Gebote und Verbote sowie Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen ist sicherzustellen, dass den Anforderungen des Artikels 6 der Richtlinie 92/43/EWG entsprochen wird (§ 32 Abs. 3 Satz 3 BNatSchG).

Teilflächen des Naturschutzgebiets „Mittlere Dumme und Püggener Moor“ gehören zum kohärenten europäischen ökologioschen Netz „Natura 2000“; die Unterschutzstellung als Teilgebiet des FFH- und Vogelschutzgebietes „Landgraben und Dummeniederung“ soll dazu beitragen, den günstigen Erhaltungszustand der maßgeblichen Lebensraumtypen und Arten in diesem FFH-Gebiet und der wertbestimmenden und weiteren maßgeblichen Vogelarten in diesem Europäischen Vogelschutzgebiet insgesamt zu erhalten oder wiederherzustellen (§ 2 Abs. 2 VO). Die Erhaltungsziele des Naturschutzgebiets im FFH-Gebiet sind gemäß § 2 Abs. 3 VO die Erhaltung und Wiederherstellung günstiger Erhaltungszustände insbesondere der prioritären Lebensraumtypen a) 1340 Salzwiesen und b) 91E0 Auenwälder (§ 2 Abs. 3 Nr. 1 VO), insbesondere der übrigen Lebensraumtypen a) 3150 Natürliche und naturnahe nährstoffreiche Stillgewässer, b) 3260 Fließgewässer mit flutender Wasservegetation, c) 6430 Feuchte Hochstaudenfluren, d) 6510 Magere Flachland-Mähwiesen, e) 9160 Feuchte Eichen- und Hainbuchen-Mischwälder und f) 9190 Alte bodensaure Eichenwälder auf Sandböden (§ 2 Abs. 3 Nr. 2 VO) sowie insbesondere der in § 2 Abs. 3 Nrn. 3 a) bis g) genannten übrigen Tierarten. Die Erhaltungsziele des Naturschutzgebiets im Europäischen Vogelschutzgebiet sind gemäß § 2 Abs. 4 VO die Erhaltung und Wiederherstellung günstiger Erhaltungszustände insbesondere der in § 2 Abs. 4 Nr. 1 a) bis i) genannten Wert bestimmenden Anhang I-Arten (Art. 4 Abs. 1 Vogelschutzrichtlinie) und Zugvogelarten (Art. 4 Abs. 2 Vogelschutzrichtlinie) durch die Erhaltung und Förderung eines langfristig überlebensfähigen Bestandes dieser Arten. Die Beschreibung der Erhaltungsziele in der Verordnung enthält zwar – wie die Antragsteller zutreffend einwenden – keine gebietsbezogenen „quantifzierten“ und „messbaren“ Erhaltungsziele. Die Festlegung detaillierter gebietsspezifischer Erhaltungsziele muss jedoch nicht zwingend in denselben Rechtsakt aufgenommen werden, der der Ausweisung des jeweiligen Gebietes als besonderes Schutzgebiet dient (Europäische Kommission, Mit Gründen versehene Stellungnahme vom 12.2.2020 - Vertragsverletzung Nr. 2014/2262 -, S. 13). Soweit die Verordnung zum Naturschutzgebiet „Mittlere Dumme und Püggener Moor“ nur allgemein und qualitativ die Erhaltungsziele für das „Natura 2000“-Gebiet beschreibt, führt dies für sich genommen weder zu einem Verstoß gegen die Vorgaben des § 32 Abs. 3 BNatSchG noch gegen die Anforderungen nach Art. 6 der Richtlinie 92/43/EWG zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen. Die Konkretisierung gebietsbezogener Erhaltungsziele durch „quantifizierte“ und damit „messbare“ Kriterien kann vielmehr durch andere Rechtsakte erfolgen und die in § 2 VO enthaltenen Erhaltungsziele können hierdurch ergänzt werden.

c. Der Antragsgegner ist befugt gewesen, das Gebiet „Mittlere Dumme und Püggener Moor“ zum Naturschutzgebiet zu erklären. Denn die dafür erforderlichen gesetzlichen Voraussetzungen haben vorgelegen und liegen weiterhin vor.

Nach § 16 Abs. 1 NAGBNatSchG kann die Naturschutzbehörde Gebiete im Sinne des § 23 Abs. 1 BNatSchG durch Verordnung als Naturschutzgebiete festsetzen. Nach § 23 Abs. 1 BNatSchG sind Naturschutzgebiete rechtsverbindlich festgesetzte Gebiete, in denen ein besonderer Schutz von Natur und Landschaft in ihrer Gesamtheit oder in einzelnen Teilen 1. zur Erhaltung und Entwicklung oder Wiederherstellung von Lebensstätten, Biotoptypen oder Lebensgemeinschaften bestimmter wildlebender Tier- und Pflanzenarten, 2. aus wissenschaftlichen, naturgeschichtlichen oder landeskundlichen Gründen oder 3. wegen ihrer Seltenheit, besonderen Eigenart oder hervorragenden Schönheit erforderlich ist.

Diese Voraussetzungen für die Festsetzung eines Naturschutzgebiets sind in Bezug auf den durch die Verordnung über das Naturschutzgebiet „Mittlere Dumme und Püggener Moor“ vom 25. Juni 2018 unter Schutz gestellten Bereich erfüllt. Denn dieserist im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 3 BNatSchG schutzwürdig und schutzbedürftig.

Der zum Naturschutzgebiet erklärte Landschaftsteil ist fast vollständig Bestandteil des FFH-Gebiets Nr. 75. Ferner gehört der überwiegende Teil des Naturschutzgebiets zum Europäischen Vogelschutzgebiet V 29. Nur einzelne kleine Bereiche des Naturschutzgebiets gehören weder zum FFH-Gebiet Nr. 75 noch zum Vogelschutzgebiet V 29.

Das ca. 4.927 ha große FFH-Gebiet Nr. 75 ist ausweislich des Standarddatenbogens des Niedersächsischen Landesamts für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz geprägt durch ausgedehntes Niederungsgebiet mit naturraumtypischen Wald- und Grünlandbiotopen auf Niedermoor und feuchten Mineralböden, durchzogen von naturnahen Bächen, begradigten Fließgewässern sowie Gräben. Es dient vorrangig verschiedenen Lebensraumtypen und Arten, u. a. Erlen-Eschenwälder, Fließgewässer, Binnensalzstelle, Fischotter, Kleinfische, Bachmuschel. Es weist ausweislich des Standarddatenbogens insgesamt 14 Lebensraumtypen nach Anhang I der FFH-Richtlinie sowie eine Vielzahl von Arten nach Anhang II der FFH-Richtlinie auf. Nach § 2 Abs. 3 VO sind acht dieser Lebensraumtypen - u. a. der Lebensraumtyp 6510 „Magere Flachland-Mähwiesen“ - im Naturschutzgebiet „Mittlere Dumme und Püggener Moor“ anzutreffen. Entsprechendes gilt für 7 Tierarten nach Anhang II zur FFH-Richtlinie.

Das insgesamt 3.970 ha große Vogelschutzgebiet V 29 hat nach dem Standarddatenbogen des Niedersächsischen Landesamts für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz sehr hohe Bedeutung für Großvogelarten (Seeadler, Rotmilan, Kranich) mit großen Raumansprüchen (großflächige, unzerschnittene, störungsarme Landschaftskomplexe) und Schwerpunktvorkommen für Kleinvogelarten halboffener Niederungslandschaft. Es erstreckt sich zu 90 % auf Ackerkomplexe, Grünlandkomplexe mittlerer Standorte, Ried- und Röhrichtkomplexe und Laubwaldkomplexe. Dort sind gemäß dem Standarddatenbogen Dutzende von Arten nach Anhang I der Vogelschutzrichtlinie und Zugvogelarten vorhanden. Nach § 2 Abs. 4 VO sind zahlreiche dieser Arten auch im Naturschutzgebiet anzutreffen. Außerdem kommen dort weitere Brut- und Gastvogelarten vor.

Ausgehend davon sind sowohl die Bereiche des unter Naturschutz gestellten Gebiets, die zum FFH-Gebiet Nr. 75 und zum Vogelschutzgebiet V 29 gehören, als auch die Bereiche, die ausschließlich Bestandteile des FFH-Gebiets sind, im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG schutzwürdig. Denn auf diesen Flächen ist ein besonderer Schutz von Natur und Landschaft in ihrer Gesamtheit oder in einzelnen Bereichen zur Erhaltung, Entwicklung oder Wiederherstellung von Lebensstätten und Lebensgemeinschaften wildlebender Pflanzen- und Tierarten zweifelsohne erforderlich. Für die kleinen Bereiche des Naturschutzgebiets, die weder zum FFH-Gebiet noch zum Vogelschutzgebiet gehören, gilt nichts Anderes. Auch dort sind schutzwürdige Lebensstätten und Lebensgemeinschaften wildlebender Pflanzen- und Tierarten, wie z. B. die charakteristischen und naturraumtypischen Tier- und Pflanzenarten des Lebensraumtyps 6150, anzutreffen. Es ist davon auszugehen, dass diese Bereiche ebenfalls zur Erhaltung, Entwicklung oder Wiederherstellung der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts im Bereich der mittleren Dummeniederung beitragen.

Des Weiteren ist davon auszugehen, dass der unter Naturschutz gestellte Bereich in weiten Teilen auch wegen seiner besonderen Eigenart und hervorragenden Schönheit im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG schutzwürdig ist.

Schließlich ist eine Schutzwürdigkeit von Teilen des unter Schutz gestellten Bereichs auch im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG aus wissenschaftlichen, naturgeschichtlichen und landeskundlichen Gründen zu bejahen. Der Bereich des alten Kalisalzbergwerks Schreyahn ist aus landeskundlichen Gründen schutzwürdig und eine naturgeschichtliche Besonderheit ist u.a. die salzliebende Vegetation (Halophyten) bei Schreyahn als flächenmäßig größte Binnensalzflora in Niedersachsen (Begründung zur VO, S. 3).

Die Zweifel der Antragsteller an der Richtigkeit der Erfassung und der Darstellung der in § 2 Abs. 3 und 4 VO genannten Schutzzwecken zugrundeliegenden Daten teilt der Senat nicht. Die Basiserfassung für das Gebiet erfolgte im Jahr 2007 und diente der für das Naturschutzgebiet maßgeblichen Bewertung der Lage und des Zustandes des FFH-Gebietes und der Lebensraumtypen. Anhaltspunkte dafür, dass diese Erfassung, insbesondere hinsichtlich des von den Antragstellern hervorgehobenen LRT 6510 (Magere Flachland-Mähwiesen) in Bezug auf bestimmte Flächen innerhalb des FFH-Gebiets fehlerhaft gewesen ist, haben die Antragsteller nicht substantiiert vorgetragen und sind für den Senat auch nicht ersichtlich. In den Jahren 2015 und 2017 erfolgte durch den Antragsgegner eine flächendeckende Überprüfung des gemeldeten FFH-Gebiets, bei der festgestellt wurde, dass der Zustand einiger Flächen zum Zeitpunkt der Überprüfung nicht mehr dem Zustand im Jahr 2007 entsprach, weil sich die Erhaltungsgrade der Lebensraumtypen auf bestimmten Flächen aufgrund der wiederaufgenommenen intensiven Nutzung von Grünlandflächen nach Auslaufen des Vertragsnaturschutzes erheblich verschlechtert hatten oder völlig verschwunden waren. Dies führt jedoch nicht zu einer Unrichtigkeit der ursprünglich erfassten Daten.

Soweit nach dem Ergebnis der Nachkartierung im Jahr 2015 von den 93,61 ha Grünlandflächen des LRT 6510, die sich laut Basiserfassung im Jahr 2007 in dem Gebiet befanden, ca. 27 ha in dieser seinerzeit erfassten Ausprägung und Qualität nicht mehr vorhanden gewesen sind, sondern als Intensivgrünland genutzt worden sind, wobei nach einer erneuten Überprüfung durch den Antragsgegner im Jahr 2017 diverse Flächen dem LRT 6510 wieder zugeordnet werden konnten, da auf diesen Flächen insbesondere Ruchgras, Scharbockskraut und Wiesen-Schaumkraut nachgewiesen werden konnten, steht dies einer Einbeziehung von Flächen, die nach dem Ergebnis der Nachkartierung nicht mehr dem LRT 6510 zugeordnet werden konnten, nicht entgegen. Denn nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG gehört auch die Entwicklung und Wiederherstellung von Biotopen oder Lebensgemeinschaften bestimmter Tier- und Pflanzenarten zu den zulässigen Zwecken einer Unterschutzstellung. Für „eine Entwicklung“ im Sinne dieser Vorschrift kommen alle Flächen in Betracht, die sich nicht oder nicht in gewünschtem Maß in einem schutzwürdigen Zustand befinden, sich dazu aber entwickeln bzw. entwickelt werden können (vgl. BVerwG, Urt. v. 5.2.2009 - 7 CN 1.08 -, juris Rn. 32 f.; ferner Senatsurt. v. 4.3.2020 - 4 KN 390/17 -, juris Rn. 75). Durch die „Wiederherstellung“ soll ein aus Naturschutzgründen erstrebenswerter und in der Vergangenheit tatsächlich vorhandener Naturzustand erneut erreicht werden (Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, 3. Aufl. 2021, § 23 Rn. 28). Dass die hier unter Naturschutz gestellten Flächen, soweit sie sich in Teilbereichen noch nicht oder nicht mehr in dem gewünschten Maß in einem schutzwürdigen Zustand befinden, das für eine Unterschutzstellung erforderliche Potential für die Entwicklung oder Wiederherstellung der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts oder Regenerationsfähigkeit und nachhaltigen Nutzungsfähigkeit der Naturgüter aufweisen, ist in Anbetracht des Umstandes, dass insbesondere der LRT 6510 (Magere Flachland-Mähwiesen) auf diesen Flächen bereits vorhanden war und innerhalb eines großräumigen Biotopnetzes liegt, das fast vollständig Bestandteil des FFH-Gebiets Nr. 75 ist und überwiegend zum Europäischen Vogelschutzgebiet V 29 gehört, ohne Weiteres anzunehmen.

Der unter Schutz gestellte Bereich ist überdies schutzbedürftig. Da eine Ausweisung als Naturschutzgebiet ihren Zweck nur dann erfüllen kann, wenn sie vorbeugend auch mögliche Gefahren ausschließt, genügt es für die Annahme einer Schutzbedürftigkeit, dass Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Schutzgüter, die eine Ausweisung des Naturschutzgebiets rechtfertigen, ohne die Unterschutzstellung abstrakt gefährdet wären; einer konkreten Gefahrensituation bedarf es hingegen nicht (vgl. BVerwG, Beschl. v. 16.6.1988 - 4 B 102.88 -, juris Rn. 5; Senatsurt. v. 19.4.2018 - 4 KN 343/15 - n. v.; Senatsurt. v. 19.7.2017 - 4 KN 29/15 -, juris Rn. 55; Nds. OVG, Urt. v. 8.7.2004 - 8 KN 34/02 -, n. v.). Eine danach ausreichende abstrakte Gefährdung ist hier zweifelsohne gegeben. Denn es liegt auf der Hand, dass die Qualität des Gebiets als Lebensstätte wildlebender Tier-, Vogel- und Pflanzenarten und sein besonderes Entwicklungspotenzial ohne eine Unterschutzstellung des Gebiets durch verschiedene Nutzungen wie z. B. die uneingeschränkte Erholungs- und Freizeitnutzung, die Jagd, die Fischerei oder die Landwirtschaft beeinträchtigt werden könnte.

Der Einwand der Antragsteller, dass die Grenze des Schutzgebiets in einem zu geringen Abstand zu ihren Wirtschaftsgebäuden verläuft und sie für etwaige Hofstellenerweiterungen, die in das Naturschutzgebiet hineinreichen könnten, einer Befreiung bedürften, greift nicht durch. Es steht außer Frage, dass die Einbeziehung auch der unmittelbar an die Hofstelle der Antragsteller angrenzenden schutzwürdigen und schutzbedürftigen Flächen zur Abwehr einer abstrakten Gefährdung insbesondere der in § 2 VO genannten Erhaltungsziele erforderlich war und nach wie vor ist.

Im Hinblick darauf, dass das vorliegende Naturschutzgebiet bereits angesichts der vorhandenen naturräumlichen Gegebenheiten und damit auch unabhängig von der Ausweisung eines großen Teils seiner Flächen als FFH-Gebiet schutzwürdig und schutzbedürftig im Sinne von § 23 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 3 BNatSchG ist, kommt es nicht darauf an, ob das FFH-Gebiet nach den Phasen 1 und 2 des Anhangs III der Richtlinie 92/43/EWG rechtmäßig ausgewählt und in seinen hier interessierenden Teilbereichen fehlerhaft abgegrenzt worden ist. Der Erhalt, die Entwicklung und Wiederherstellung schutzwürdiger Lebensräume und der darin beheimateten Arten nach nationalem Recht kann auch dann Schutzzweck einer Unterschutzstellung sein, wenn die Meldung des Gebiets an die Europäische Kommission nach Art. 4 Abs. 1 Unterabsatz 1 Satz 1 Richtlinie 92/43/EWG rechtsfehlerhaft gewesen sein sollte (BVerwG, Beschl. v. 30.4.2020 - 4 BN 61.19 -, juris Rn. 8). Ob die am Normerlass Beteiligten von einer rechtmäßigen Meldung als FFH-Gebiet ausgegangen sind, ist insoweit unerheblich. Denn für die gerichtliche Kontrolle einer Schutzgebietsverordnung kommt es auf das Ergebnis des Rechtsetzungsverfahrens, also auf die erlassene Vorschrift in ihrer regelnden Wirkung an, nicht aber auf die die Rechtsnorm tragenden Motive desjenigen, der an ihrem Erlass mitgewirkt hat (BVerwG, Beschl. v. 30.4.2020 - 4 BN 61.19 -, juris Rn. 8). Dass die Verordnung als Ermächtigungsgrundlage § 32 Abs. 2 und 3 BNatSchG benennt und der Antragsgegner von einer Pflicht zur Unterschutzstellung ausgegangen ist, steht einer Unterschutzstellung daher nicht entgegen, selbst wenn das gemeldete FFH-Gebiet nicht nach den Phasen 1 und 2 des Anhangs III der Richtlinie 92/43/EWG ordnungsgemäß ausgewählt worden ist, dieses jedoch - wie hier - nach nationalem Recht die Voraussetzungen einer Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit nach § 23 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 3 BNatSchG erfüllt.

d. Dass der Antragsgegner von der bestehenden Möglichkeit, die Mittlere Dumme und das Püggener Moor in dem hier in Rede stehenden Bereich unter Naturschutz zu stellen, Gebrauch gemacht hat, ist ebenfalls nicht zu beanstanden.

Liegen - wie hier - die Voraussetzungen einer Unterschutzstellung für Teile von Natur und Landschaft vor, so hat die Naturschutzbehörde grundsätzlich einen Handlungsspielraum, ob und wie sie das schutzwürdige und schutzbedürftige Gebiet unter Schutz stellt (Senatsurt. v. 19.10.2021 - 4 KN 174/17 -, juris Rn. 78 u. v. 30.10.2017 - 4 KN 275/17 -, juris Rn. 106 m. w. N.; vgl. BVerwG, Beschl. v. 29.1.2007 - 7 B 68.06 -, juris Rn. 15). Dieser Grundsatz findet allerdings nach § 32 Abs. 2 BNatSchG hinsichtlich des „Ob“ einer Unterschutzstellung eine Einschränkung, wonach die in die Liste nach Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 3 der Richtlinie 92/43/EWG (FFH-Richtlinie) aufgenommenen Gebiete nach Maßgabe des Art. 4 Abs. 4 dieser Richtlinie und die nach Art. 4 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2009/147/EG (Vogelschutzrichtlinie) benannten Gebiete entsprechend den jeweiligen Erhaltungszielen zu geschützten Teilen von Natur und Landschaft im Sinne des § 20 Abs. 2 BNatSchG zu erklären sind. Soweit das hier in Rede stehende Gebiet als FFH-Gebiet Nr. 75 in die Liste nach Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 3 der FFH-Richtlinie aufgenommen worden ist und zum Vogelschutzgebiet V 29 erklärt worden ist, hat demzufolge eine Pflicht zu einer Unterschutzstellung bestanden (vgl. Senatsurt. v. 19.10.2021 - 4 KN 174/17 -, juris Rn. 78, v. 30.10.2017 - 4 KN 275/17 – juris Rn. 106 m. w. N. u. v. 2.5.2017 - 4 KN 318/13 - juris Rn. 47 u. - 4 KN 319/13 – n. v.). Dass das Gebiet in die Liste nach Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 3 FFH-RL aufgenommen worden ist, steht außer Frage. Die Antragsteller zeigen auch nicht auf, warum die Liste wegen möglicher Fehler im nationalstaatlichen Meldeverfahren unwirksam sein sollte. Dies ergibt sich auch nicht hinsichtlich der von den Antragstellern gerügten unzureichenden Beteiligung der Öffentlichkeit im Rahmen der Meldung des FFH-Gebietes. Auch in diesem Zusammenhang ist allerdings - wie aufgezeigt - für die Rechtmäßigkeit der Schutzgebietsverordnung nicht entscheidungserheblich, ob das FFH-Gebiet fehlerhaft abgegrenzt worden ist. Denn der Naturschutzbehörde verbleibt bei der Entscheidung darüber, wie das FFH-Gebiet unter Schutz gestellt wird, und ob und wie die übrigen Bereiche geschützt werden, ein Handlungsspielraum, der in erster Linie durch eine nach Maßgabe des naturschutzrechtlichen Abwägungsgebots im Sinne des § 2 Abs. 3 BNatSchG erfolgende, dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verpflichtete Würdigung der sich gegenüberstehenden Interessen des Naturschutzes auf der einen und der Nutzungsinteressen der Grundeigentümer und der übrigen Beteiligten auf der anderen Seite geprägt ist (Senatsurt. v. 19.10.2021 - 4 KN 174/17 -, juris Rn. 78, v. 30.10.2017 - 4 KN 275/17 -, juris Rn. 106, v. 29.11.2016 - 4 KN 93/14 -, juris Rn. 61, v. 20.1.2016 - 4 KN 15/14 - n. v. und v. 1.4.2008 - 4 KN 57/07 -, juris Rn. 42; Nds. OVG, Urt. v. 24.8.2001 - 8 KN 209/01 -, juris Rn. 26 u. Urt. v. 6.11.2002 - 8 KN 231/01 -, juris Rn. 33, ferner BVerwG, Beschl. v. 20.12.2017 - 4 BN 8.17 -, juris Rn. 9, Beschl. v. 29.1.2007 - 7 B 68.06 -, juris Rn. 15 u. Beschl. v. 16.6.1988 - 4 B 102.88 -, juris Rn. 3).

Eine solche Würdigung der sich gegenüberstehenden Interessen hat der Antragsgegner hier vorgenommen. Er hat sich ausweislich der Verwaltungsvorgänge eingehend mit den Nutzungsinteressen der Grundeigentümer sowie der übrigen Nutzungsberechtigten, insbesondere der Pächter landwirtschaftlich genutzter Grundstücke, auseinandergesetzt und diese in seine Erwägungen einbezogen. Dies verdeutlicht bereits die Prüfung und Auswertung der Stellungnahmen der Träger öffentlicher Belange sowie der Anregungen und Bedenken der betroffenen Grundeigentümer und sonstigen Nutzungsberechtigten, die aus den Beiakten ersichtlich ist.

Dabei haben nicht zuletzt auch die von den Grundstückseigentümern erhobenen Einwände dazu geführt, dass in der endgültigen Fassung der Verordnung die Eigentümerinteressen stärker berücksichtigt worden sind, als es im Entwurf der Naturschutzgebietsverordnung der Fall gewesen ist. Dass den Naturschutzbelangen entgegenstehende Interessen von Grundeigentümern und sonstigen Nutzungsberechtigten Rechnung getragen worden ist, wird außerdem an den Freistellungsregelungen deutlich. Auch wurde bei zahlreichen Flächen, die in den ursprünglichen Karten als Grünland dargestellt wurden, auf Anregung vieler Landwirte und nach Bestätigung durch die Landwirtschaftskammer der Status in „Ackerfläche“ geändert.

Abgesehen davon hätte eine unzureichende Ermittlung und Zusammenstellung der bei der Abwägung zu berücksichtigenden Umstände ohnehin nicht die Nichtigkeit der Schutzgebietsverordnung nach sich gezogen (vgl. Senatsurt. v. 19.10.2021 - 4 KN 174/17 -, juris Rn. 79, v. 30.10.2017 - 4 KN 275/17 -, juris Rn. 108, v. 29.11.2016 - 4 KN 93/14 -, juris Rn. 65 u. v. 1.4.2008 - 4 KN 57/07 -, juris Rn. 44; Senatsbeschl. v. 30.8.2016 - 4 LA 352/15 -, n. v.; Nds. OVG, Urt. v. 25.9.2003 - 8 KN 2072/01 -, juris Rn. 72, v. 24.8.2001 - 8 KN 209/01 -, juris Rn. 31 u. v. 14.12.2000 - 3 K 4802/99 -, n. v.). Dies wäre lediglich dann der Fall gewesen, wenn die Anforderungen, die an die Rechtmäßigkeit planerischer Entscheidungen gestellt werden (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 7.7.1978 - 4 C 79.76 u.a. -, juris Rn. 43 ff. m. w. N.), auch für Verordnungen, die gemäß § 23 BNatSchG erlassen werden, gelten würden. Das ist jedoch zu verneinen, weil die dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verpflichtete Würdigung der sich gegenüberstehenden Interessen, die bei Vorliegen der Voraussetzungen für den Erlass einer Naturschutzgebietsverordnung den Handlungsspielraum der Naturschutzbehörde prägt (BVerwG, Beschl. v. 16.6.1988 - 4 B 102.88 -, juris Rn. 3), mit der Abwägung aller in Betracht kommenden Belange bei einer Planungsentscheidung nicht identisch ist (BVerwG, Beschl. v. 16.6.1988, a.a.O.; Senatsurt. v. 1.4.2008 - 4 KN 57/07 -, juris Rn. 44; Nds. OVG, Urt. v. 24.8.2001 - 8 KN 209/01 -, juris Rn. 31 u. Urt. v. 14.12.2000 - 3 K 4802/99 -, n. v.). Daher kommt es lediglich darauf an, ob die aufgrund der Abwägung getroffene Entscheidung über die Unterschutzstellung des Gebiets im Ergebnis zu beanstanden ist (BVerwG, Beschl. v. 20.12.2017 - 4 BN 8.17 -, juris Rn. 8; Senatsurt. v. 19.10.2021 - 4 KN 174/17 -, juris Rn. 79, v. 30.10.2017 - 4 KN 275/17 -, juris Rn. 108, v. 29.11.2016 - 4 KN 93/14 -, juris Rn. 65 u. v. 1.4.2008 - 4 KN 57/07 -, juris Rn. 44, Senatsbeschl. v. 30.8.2016 - 4 LA 352/15 -, n. v.; Nds. OVG, Urt. v. 24.8.2001 - 8 KN 209/01 -, juris Rn. 31 u. Urt. v. 14.12.2000 - 3 K 4802/99 -, n. v.). Das ist hier nicht der Fall. Vielmehr steht die Unterschutzstellung des in § 1 VO näher bezeichneten Gebiets als Naturschutzgebiet - wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt - mit höherrangigem Recht im Einklang.

e. Bedenken an der Wahl der Schutzgebietskategorie durch den Antragsgegner bestehen nicht. Zwar ist für die Ausweisung einer höheren Schutzkategorie mit weiterreichenden Verboten kein Raum, wenn die Erklärung zu einem Schutzgebiet mit niederem Schutzstatus als weniger einschneidende Maßnahme ausreichend ist (vgl. Senatsurt. v. 29.11.2016 - 4 KN 93/14 -, juris Rn. 68 m. w. N.). Eine Erklärung des hier in Rede stehenden Gebiets zum Landschaftsschutzgebiet wäre aber unzureichend gewesen, weil in einem Landschaftsschutzgebiet nach § 26 Abs. 2 BNatSchG nur die Handlungen, die den Charakter des Gebiets verändern oder dem besonderen Schutzzweck zuwiderlaufen, verboten werden können, was für einen effektiven Schutz der dort anzutreffenden besonders schutzwürdigen, zahlreichen Lebensraumtypen und Arten nicht genügt hätte. Ein effektiver Schutz der in dem Naturschutzgebiet „Mittlere Dumme und Püggener Moor“ vorhandenen, in § 2 Abs. 3 und 4 VO im Einzelnen aufgeführten Lebensraumtypen, Tierarten nach dem Anhang II der FFH-Richtlinie, wertbestimmenden Vogelarten nach Art. 4 der Vogelschutzrichtlinie und charakteristischen Brut- und Gastvogelarten setzt nämlich voraus, dass auch Handlungen, die zu einer Zerstörung, Beschädigung, Veränderung oder nachhaltigen Störung des Naturschutzgebiets oder seiner Bestandteile führen können, bei denen also nur die Möglichkeit solcher Nachteile besteht, untersagt werden, was nur durch eine Naturschutzgebietsverordnung erfolgen kann (vgl. § 23 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG). Um die Erhaltungszustände- und grade der wertgebenden Arten und Lebensraumtypen (wie z.B. Brutplätze, Nahrungshabitate, Rastgebiete) zu gewährleisten, ist insbesondere das Wegegebot (§ 16 Abs. 2 NAGBNatSchG) erforderlich, welches nur in einem Naturschutzgebiet verordnet werden kann.

f. Die in § 3 VO geregelten Verbote sind mit Ausnahme von Teilen des Verbotes nach § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 VO und des Verbotes nach § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 9 VO mit höherrangigem Recht vereinbar.

aa. Das in § 3 Abs. 1 Satz 1 VO enthaltene Verbot aller Handlungen, die zu einer Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung des Naturschutzgebiets bzw. seiner Bestandteile oder zu einer nachhaltigen Störung führen können, entspricht der gesetzlichen Vorgabe in § 23 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG. Danach sind alle Handlungen, die zu einer Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung des Naturschutzgebiets bzw. seiner Bestandteile oder zu einer nachhaltigen Störung führen können, nach Maßgabe näherer Bestimmungen verboten. Eine verbotene Handlung in diesem Sinne setzt dabei nicht voraus, dass sie tatsächlich zu einer Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung des Naturschutzgebiets oder seiner Bestandteile oder zu einer nachhaltigen Störung führt. Das Verbot ist vielmehr schon dann gerechtfertigt, wenn die Möglichkeit besteht, dass die Handlungen solche Folgen haben können, diese also nicht gänzlich außerhalb des Möglichen liegen (Senatsurt. v. 4.3.2020 - 4 KN 226/17 -, juris Rn. 45; Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 3. Aufl. 2021, § 23 Rn. 37; Schlacke, GK-BNatSchG, 2. Aufl. 2017, § 23 Rn. 31).

bb. Die Bestimmung des § 3 Abs. 1 Satz 2 VO, die „insbesondere“ die in den Nr. 1 bis Nr. 11 genannten Handlungen untersagt, ist nicht zu bestanden. § 3 Abs. 1 Satz 2 VO enthält insoweit die nach § 23 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG gebotene „Maßgabe näherer Bestimmungen“ zu den Handlungsverboten. Durch die Verwendung des Begriffs „insbesondere“ wird zum Ausdruck gebracht, dass die Aufzählung in den Nrn. 1 bis 11 der Konkretisierung des allgemeinen Verbots nach § 3 Abs. 1 Satz 1 VO dient. Hierdurch wird der Normadressat in die Lage versetzt, sein Verhalten nach dem allgemeinen Verbot nach § 23 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG und § 3 Abs. 1 Satz 1 VO auszurichten (Senatsurt. v. 29.11.2016 - 4 KN 93/14 -, juris Rn. 74). Ein Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot besteht insoweit nicht. Mit der Konkretisierung der Verbote durch § 3 Abs. 1 Satz 2 VO hat der Antragsgegner den Maßgabevorbehalt des § 23 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG umgesetzt und ist entgegen der Auffassung der Antragteller ersichtlich nicht davon ausgegangen, dass § 23 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG unmittelbar gelten soll und es einer Konkretisierung der verbotenen Handlungen nach „Maßgabe näherer Bestimmungen“ nicht bedarf.

cc. Ein Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot ergibt sich auch nicht aufgrund der Formulierung des § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VO. Danach ist es verboten, wild lebende Tiere oder die Ruhe der Natur ohne vernünftigen Grund durch Lärm oder auf andere Weise zu stören. Es ist für den Normadressaten ohne weiteres erkennbar, dass solches störendes Verhalten verboten ist, welches durch den Menschen außerhalb der freigestellten Maßnahmen erfolgt und seinen Ursprung nicht in der Natur, wie das Rauschen der Blätter oder das Gezwitscher der Vögel, hat. Schließlich handelt es sich bei der „Ruhe der Natur“ um einen im allgemeinen Sprachgebrauch gängigen Begriff, der keiner weiteren Definition bedarf. Dasselbe gilt für die Begriffe „nicht heimische“ und „gebietsfremde“ Tier- und Pflanzenarten in § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 10 VO, zumal der Terminus der „gebietsfremden Art“ in Art. 3 Nr. 1 der Verordnung (EU) Nr. 1143/2014 vom 22. Oktober 2014 über die Prävention und das Management der Einbringung und Ausbreitung invasiver gebietsfremder Arten (Abl. L, 35) definiert wird. Danach handelt es sich um lebende Exemplare von Arten, Unterarten oder niedrigeren Taxa von Tieren, Pflanzen, Pilzen oder Mikroorganismen, die aus ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet heraus eingebracht wurden, einschließlich Teilen, Gameten, Samen, Eiern oder Propagationsformen dieser Arten sowie Hybriden, Sorten oder Rassen, die überleben und sich anschließend fortpflanzen könnten.

dd. Das durch § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 VO aufgestellte Verbot, im Naturschutzgebiet unbemannte Luftfahrsysteme (z. B. Flugmodelle, Drachen) zu betreiben oder mit bemannten Luftfahrzeugen (z. B. Ballonen, Hängegleitern, Gleitschirmen, Hubschraubern) zu starten und, abgesehen von Notfallsituationen, zu landen, sowie das Verbot, mit bemannten Luftfahrzeugen eine Mindestflughöhe von 150 m über dem Naturschutzgebiet zu unterschreiten, sind rechtmäßig. Die Regelung einer Mindestflughöhe von 150 m über dem Boden oder Wasser und weitere Beschränkungen für den unterhalb dieser horizontalen Grenze liegenden Luftraum begegnen keinen kompetenzrechtlichen Bedenken (Senatsurt. v. 19.10.2021 - 4 KN 174/17 -, juris Rn 113 ff.). Materiell findet § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 VO seine gesetzliche Grundlage in § 23 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG. Die von § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 VO erfassten Verhaltensweisen können zu einer nachhaltigen Störung der im Naturschutzgebiet ansässigen Tier- und Vogelarten führen und so ihren Lebensraum beeinträchtigen, was den Schutzzwecken des § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7, Abs. 3 und Abs. 4 VO zuwider liefe. Unbemannte Luftfahrzeuge wie Flugmodelle und Drachen kommen in ihrer Größe und Wendigkeit an Greifvögel heran und entsprechen damit dem angeborenen Feindschema anderer Vögel und bestimmter Tierarten. Diese reagieren auf ein solches Feindschema oft relativ automatisch, was zu Angst, Flucht und ähnlichen Reaktionen führen kann. Darüber hinaus liefen die von § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 VO erfassten Verhaltensweisen dem Schutzzweck des § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 9 zuwider, der die Erhaltung und Förderung großer, zusammenhängender, ruhiger und ungestörter Bereiche bezweckt. Das gilt für den Einsatz von Flugdrachen auch deshalb, da nicht gewährleistet wäre, dass hierbei Flächen außerhalb der Wege nicht betreten werden, was dem Betretensverbot in § 3 Abs. 2 VO zuwider liefe. Die Mindestflughöhe von 150 m für bemannte Luftfahrzeuge über Grund kann ebenfalls auf die besonderen Schutzzwecke des § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 und Nr. 9 VO gestützt werden. Der Luftverkehr kann zu einer nachhaltigen Störung der Tiere und Brutvögel in ihrem Rückzugsraum führen. Aufgrund des Vorkommens von schützenwerten Tier- und Vogelarten wie z.B. Kranichen in dem gesamten unter Schutz gestellten Bereich und der Tatsache, dass die „Kernzonen Brut“ auch in Bereichen außerhalb des Vogelschutzgebietes liegen, ist es nicht zu beanstanden, dass die Mindestflughöhe für das gesamte Naturschutzgebiet gilt. Das Verbot ist entgegen der Auffassung der Antragsteller auch nicht deshalb unverhältnismäßig, weil es das Steigenlassen auch von Kinderdrachen das ganze Jahr über verbietet. Da es durch das Steigenlassen von Drachen wie auch den Betrieb anderer unbemannter Luftfahrsysteme das ganze Jahr über zu Beeinträchtigungen der in dem Gebiet vorkommenden Tier- und Vogelarten kommen kann und Störungen auch von einem Kinderdrachen ausgehen können, ist ein ganzjähriges Verbot notwendig. Schließlich bietet die nähere Umgebung außerhalb des Naturschutzgebietes zahlreiche Möglichkeiten, um Drachen steigen zu lassen und der gewünschten Freizeitaktivität nachzugehen. Freigestellt ist zudem gem. § 4 Abs. 2 Nr. 2 h) VO der Einsatz von Drohnen zu landwirtschaftlichen Zwecken mit vorheriger Zustimmung der Naturschutzbehörde, so dass das Verbot nicht außer Verhältnis zu dem Schutzzweck der Vorschrift steht.

Allerdings ist § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 VO wegen eines Verstoßes gegen Anforderungen, die § 14 Abs. 4 Satz 1 NAGBNatSchG aufstellt, unwirksam, soweit sich die in diesem Verbot geregelten Beschränkungen für das Betreiben von bemannten und unbemannten Luftfahrzeugen auf eine Zone von 500 m Breite um das Naturschutzgebiet herum bezieht.

Es führt zu einem Verstoß gegen § 14 Abs. 4 Satz 1 NAGBNatSchG, dass der außerhalb des Schutzgebiets liegende Anwendungsbereich von § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 VO nicht in den zur Verordnung gehörenden Karten eingezeichnet ist (vgl. dazu und zum Folgenden: Senatsurt. v. 19.10.2021 - 4 KN 174/17 -, juris Rn. 43 ff.).

Gemäß § 14 Abs. 4 Satz 1 NAGBNatSchG werden der geschützte Teil von Natur und Landschaft und der Geltungsbereich von Vorschriften in der Verordnung zeichnerisch in Karten bestimmt. Zweck dieser Vorschrift ist es, den sich aus den rechtsstaatlichen Geboten der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit ergebenden Anforderungen an die Eindeutigkeit und Nachprüfbarkeit des räumlichen Geltungsbereichs einer Schutzverordnung Rechnung zu tragen (vgl. Blum/Agena/Brüggeshemke, Niedersächsisches Naturschutzrecht, Stand: Januar 2022, § 14 Rn. 36). Die zweifelsfreie Bestimmbarkeit der Grenzen des Schutzgebietes anhand der verwendeten Karten ist daher ein unabdingbares Wirksamkeitserfordernis für die Unterschutzstellung (vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 14.8.1990 - 3 L 103/89 -, juris Rn. 3). Die zeichnerische Darstellung muss es ermöglichen, die Grenzen des Schutzgebietes sowie den Geltungsbereich spezieller Vorschriften grundstücksgenau zu ermitteln (vgl. Blum/Agena/Brüggeshemke, a. a. O., § 14 Rn. 37; zum Ganzen: Senatsurt. v. 19.10.2021 - 4 KN 174/17 -, juris Rn. 44 und v. 20.7.2021 - 4 KN 257/18 -, juris Rn. 66). § 14 Abs. 4 Satz 6 NAGBNatSchG lässt sich entnehmen, dass eine Übersichtskarte einen Mindestmaßstab von 1:50.000 aufweisen muss. Im Gegenschluss ergibt sich daraus, dass die für die Grenzziehung des geschützten Teils von Natur und Landschaft und die Bestimmung des Geltungsbereichs von Vorschriften maßgebliche Karte nach § 14 Abs. 4 Satz 1 NAGBNatSchG einen genaueren Maßstab aufweisen muss, der eine zeichnerische Darstellung ermöglicht, anhand derer sich das Schutzgebiet klar und nachprüfbar bestimmen lässt. Die Wahl des Kartenmaßstabs hat sich dabei an den Erfordernissen der jeweiligen tatsächlichen Gegebenheiten auszurichten, insbesondere an der Größe des Gebiets und der Übersichtlichkeit des Grenzverlaufs (Senatsbeschl. v. 20.9.2020 - 4 KN 308/19 -, juris Rn. 23; ferner Agena, in: Blum/Agena/Brüggeshemke, a. a. O., § 14 Rn. 37d).

Nach Sinn und Zweck des § 14 Abs. 4 Satz 1 NAGBNatSchG muss neben der Außengrenze des Schutzgebiets jedenfalls dann zusätzlich auch der Geltungsbereich einer einzelnen Vorschrift, insbesondere eines Gebots oder Verbots, in der Karte dargestellt werden, wenn kumulativ die folgenden beiden Voraussetzungen vorliegen: Erstens bedarf es der gesonderten Darstellung des Geltungsbereichs einer Vorschrift nur dann, wenn dieser nicht deckungsgleich mit der Gesamtfläche des Schutzgebiets ist. Zweitens erfordert die hinreichende Bestimmtheit eines Gebots oder Verbots eine zeichnerische Darstellung, wenn der Geltungsbereich der Vorschrift flächenbezogen und unbeweglich ist. Knüpft ein Gebot oder Verbot dagegen tatbestandlich an ein einzelnes Objekt oder Landschaftselement an, dass auch ohne Eintragung in die Karte für den Betrachter ohne weiteres im Naturraum erkennbar ist, erscheint eine zeichnerische Darstellung des Geltungsbereichs der Vorschrift aus Gründen der Bestimmtheit nicht unbedingt notwendig. Bei Vorschriften, die sich nicht auf eine feststehende Fläche, sondern auf bestimmte Pflanzenarten, Biotoptypen oder andere natürliche Gegebenheiten beziehen, kann der Geltungsbereich zudem einer natürlichen Dynamik unterliegen, die im Laufe der Zeit zu Abweichungen von der per se unveränderlichen Darstellung in der Karte führt.

Bei Anwendung dieses Maßstabs hätte es im vorliegenden Fall einer zeichnerischen Darstellung des in § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 VO normierten Geltungsbereichs des Verbots bedurft, soweit es sich auf eine Zone von 500 m Breite um das Naturschutzgebiet herum bezieht. Denn dieser unbewegliche, flächenbezogene Anwendungsbereich des Verbots ist nicht deckungsgleich mit der Gesamtfläche des Schutzgebiets.

Dass der betroffene Geltungsbereich des Verbots außerhalb des Schutzgebiets liegt, ändert hieran nichts. Vielmehr entspricht im Gegenteil gerade in diesem Fall die Darstellung in der Karte dem Zweck der Rechtsklarheit, Eindeutigkeit und Nachprüfbarkeit, dem § 14 Abs. 4 Satz 1 NAGBNatSchG dient. Denn die in der Karte dargestellten Außengrenzen des Gebiets lassen den Anwendungsbereich des Verbots gerade nicht erkennen. Hinzu kommt, dass die Normadressaten nicht unbedingt damit rechnen, dass eine Schutzgebietsverordnung ein Verbot enthält, dass sich auf eine Fläche außerhalb des Gebiets bezieht. Die optisch sichtbare Eintragung in die Karte dient in dieser Konstellation somit in besonderem Maße der Rechtsklarheit.

Ebenfalls genügt es nicht, dass der außerhalb des Schutzgebiets liegende Geltungsbereich des Verbots im Wortlaut des § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 VO („und außerhalb in einer Zone von 500 m Breite um das NSG herum“) textlich beschrieben wird. Zwar lässt sich anhand dieser Formulierung der Anwendungsbereich des Verbots abschließend bestimmen und kann für den Betrachter der zur Verordnung gehörenden Karten auch mit Hilfe eines Lineals und des zur Kartenlegende gehörenden Maßstabbandes nachvollzogen werden. § 14 Abs. 4 Satz 1 NAGBNatSchG verlangt aber ausdrücklich eine zeichnerische Bestimmung in der Karte. Diese Entscheidung des Landesgesetzgebers ist verbindlich und verlangt zur Herstellung der Rechtsklarheit eine Darstellung des Geltungsbereichs in der Karte selbst.

Demnach ist § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 VO hinsichtlich der Wendung „und außerhalb in einer Zone von 500 m Breite um das NSG herum“ wegen eines Verstoßes gegen § 14 Abs. 4 Satz 1 NAGBNatSchG unwirksam.

Dies führt aber nur zur Teilunwirksamkeit des Verbots für den Anwendungsbereich außerhalb des Naturschutzgebiets. Für den übrigen Geltungsbereich, der deckungsgleich mit der Gesamtfläche des Naturschutzgebiets ist, wird der Vorgabe des § 14 Abs. 4 Satz 1 NAGBNatSchG dadurch Genüge getan, dass die Außengrenze des Schutzgebiets in den zur Verordnung gehörenden Karten eingezeichnet ist und § 1 Abs. 3 Satz 2 VO hierzu bestimmt, dass die Innenseite des dargestellten grauen Rasterbandes die Grenze ist. Damit ist zugleich auch der Anwendungsbereich des Verbots, soweit es aufrecht erhalten bleibt, zeichnerisch klar bestimmt.

ee. Wegen eines Verstoßes gegen § 14 Abs. 4 Satz 1 NAGBNatSchG ist ebenfalls § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 9 VO unwirksam. Danach ist die Errichtung von Windkraftanlagen in einer Entfernung bis zu 1.000 m von der Grenze des Schutzgebietes, soweit es sich um das EU-Vogelschutzgebiet 29 handelt, untersagt. Nach den oben beschriebenen Vorgaben hätte es einer zeichnerischen Darstellung dieses flächenbezogenen Bereichs um das Europäische Vogelschutzgebiet V 29 in der maßgeblichen Karte bedurft, da die dargestellten Außengrenzen dieses Gebiets den erweiterten Anwendungsbereich des Verbots gerade nicht erkennen lassen.

ff. Das Verbot in § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 VO, welches die Durchführung von Bohrungen jeglicher Art verbietet, steht im Einklang mit § 23 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG. Die Durchführung von Bohrungen liefe insbesondere dem in § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 VO enthaltenen Schutzzweck der Erhaltung und Förderung eines hohen Grundwasserspiegels zuwider, da dieser insbesondere durch Bohrungen und Grundwasserentnahmen beeinträchtigt werden kann. Eine Veränderung des Grundwasserhaushalts würde zudem die Lebensraumbedingungen für die im Gebiet vorkommenden Tier- und Pflanzenarten verändern und so den besonderen Schutzzwecken aus § 2 Abs. 3 VO zuwiderlaufen. Aus dem systematischen Zusammenhang der Regelung ergibt sich ferner, dass unter Bohrungen „jeglicher Art“ nur solche Bohrungen, gemeint sind die im Sinne des § 23 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG nachteilige Auswirkungen auf das relevante Gebiet haben können. Von dem Verbot erfasst werden entgegen der Auffassung der Antragsteller daher nicht völlig untergeordnete Bohrungen („jedes noch so kleine Loch“). Die Interessen der Eigentümer und Nutzungsberechtigten werden durch die in § 4 Abs. 3 Nr. 7 und 8 und Abs. 4 Satz 1 VO enthaltenen Freistellungen ausreichend berücksichtigt. Danach sind erforderliche Bohrungen im Rahmen von land- oder forstwirtschaftlichen Tätigkeiten u.a. zur Errichtung, Unterhaltung und Instandsetzung von Zäunen oder Gattern freigestellt.

gg. Der Einwand der Antragsteller, dass durch die Regelungen in der Verordnung das „Jedermanns-Recht“ zum Betreten der freien Landschaft ausgeschlossen werde, greift nicht durch. Das in § 3 Abs. 2 Satz 1 VO normierte Betretensverbot entspricht der gesetzlichen Vorgabe des § 16 Abs. 2 NAGBNatschG. Nach § 16 Abs. 2 Satz 1 NAGBNatschG darf das Naturschutzgebiet außerhalb der Wege nicht betreten werden. Nur soweit der Schutzgegenstand es erfordert oder erlaubt, kann die Verordnung nach § 16 Abs. 2 Satz 2 NAGBNatschG Ausnahmen von dem Betretensverbot zulassen. Diese Bestimmung steht inhaltlich im Einklang mit § 23 Abs. 2 Satz 2 BNatschG, demzufolge Schutzgebiete der Allgemeinheit zugänglich gemacht werden können, soweit es der Schutzzweck erlaubt. Ausgehend von diesen gesetzlichen Vorgaben sieht § 4 Abs. 2 VO zahlreiche Freistellungen vom Verbot des § 3 Abs. 2 Satz 1 VO vor. Zu nennen ist hierbei vor allem die Freistellung nach § 4 Abs. 2 Nr. 3 VO, die das Betreten des Gebietes für die Freizeitaktivität des Badens in den in der maßgeblichen Karte gekennzeichneten Bereichen an der Dumme betrifft. Weitergehende Freistellungen für Personen, die nicht zu einer bestimmten Nutzergruppe im Sinne des § 4 Abs. 2 VO gehören, wären mit den Schutzzwecken, die der Verordnungsgeber nach § 2 VO im Naturschutzgebiet verfolgt, nicht vereinbar. Im Übrigen folgt aus § 23 Abs. 2 Satz 2 BNatSchG, der ebenso wie § 16 Abs. 2 Satz 2 NAGBNatSchG als Kann-Regelung formuliert ist, keine Verpflichtung, Naturschutzgebiete der Allgemeinheit zugänglich zu machen, soweit es der Schutzzweck erlaubt, und entsprechend auch kein Rechtsanspruch des Einzelnen hierauf (Senatsurt. v. 19.10.2021 - 4 KN 174/17 -, juris Rn. 90; Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 3. Aufl. 2021, § 23 Rn. 47; Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, 3. Aufl. 2021, § 23 Rn. 61).

g. Die Freistellungsregelungen in § 4 VO sind rechtmäßig und daher wirksam.

aa. Entgegen der Auffassung der Antragsteller begegnen die Regelungen in § 4 Abs. 2 Nr. 2 a) bis c) VO keinen rechtlichen Bedenken. Danach ist das Betreten und Befahren des Gebietes durch Bedienstete der Naturschutzbehörden und der Fachbehörde für Naturschutz sowie deren Beauftragte zur Erfüllung dienstlicher Aufgaben dieser Behörden (a), durch Bedienstete anderer Behörden und öffentlicher Stellen sowie deren Beauftragte zur Erfüllung der dienstlichen Aufgaben dieser Behörden (b), und die Durchführung von Maßnahmen der Gefahrenabwehr oder die Wahrnehmung der Verkehrssicherungspflicht (c) allgemein freigestellt. Bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift ergibt sich, dass das Betreten und Befahren des Gebietes durch den genannten Personenkreis nur zur Erfüllung der genannten Zwecke freigestellt ist. Das Betreten und Befahren des Gebietes durch Behördenmitarbeiter für andere Zwecke ist von der Freistellung nicht erfasst. Wegen der Begrenzung der Betretens- und Befahrensbefugnis für die in § 4 Abs. 2 Nr. 2 a) bis c) VO genannten Personen zu den abschließend bestimmten Zwecken ist es auch nicht zu beanstanden, dass sich ihre Befugnis auf das gesamte Gebiet erstreckt, während sich das Betretens- und Befahrensrecht durch die Eigentümer und Nutzungsberechtigten sowie deren Beauftragte gemäß § 4 Abs. 2 Nr. 1 VO auf die jeweiligen Grundstücke bezieht. Dass es für die Ausübung der Betretens- und Befahrensbefugnis nach § 4 Abs. 2 Nr. 2a) bis c) VO anders als nach § 4 Abs. 2 Nr. d) bis h) VO keiner vorherigen Zustimmung der Naturschutzbehörde des Antragsgegners bedarf, ist aus Gründen der Praktikabilität gerechtfertigt.

bb. Dem Einwand der Antragsteller, die Regelung des § 4 Abs. 2 Nr. 2 d) VO sei unklar, ist nicht zu folgen. Die Freistellung des Betretens und Befahren bezieht sich auf die Durchführung von Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und Entwicklung sowie Untersuchung und Kontrolle des Gebietes, womit bereits nach dem Wortlaut das gesamte Naturschutzgebiet gemeint ist und nicht nur die in der maßgeblichen Karte dargestellten Flächen zur Pflege und Entwicklung, zumal sich die Freistellung nicht nur auf die Durchführung von Maßnahmen zur Pflege und Entwicklung beschränkt, sondern sich auch auf Maßnahmen erstreckt, die das gesamte Gebiet betreffen. Daran ändert die Kennzeichnung der Flächen für Pflege und Entwicklung in der Verordnungskarte mit einem Verweis auf § 4 Abs. 2 Nr. 2 d) VO nichts. Die gesonderte Kennzeichnung in der Karte dient der Klarstellung, auf welchen Flächen aufgrund entsprechender Zweckbindung oder gesetzlicher Vorschriften Maßnahmen zur Pflege und Entwicklung erfolgen können.

cc. Ebenfalls ist die Freistellung des Einsatzes von Drohnen zu landwirtschaftlichen Zwecken gem. § 4 Abs. 2 Nr. 2 h) VO nicht zu beanstanden. Nach der Begründung der VO ist der aus Hobbygründen motivierte Einsatz von Drohnen verboten; für den Einsatz von Drohnen zu landwirtschaftlichen oder forstwirtschaftlichen Zwecken ist nach Prüfung des Einzelfalls die Möglichkeit zur Erteilung einer Zustimmung gegeben, die auch längerfristig oder für bestimmte Fallgruppen, wie zum Beispiel der Rehkitzsuche in Grünland vor einer Mahd, erteilt werden kann (Begründung zur VO, S. 6). Auch wenn der Einsatz von Drohnen zu forstwirtschaftlichen Zwecken im Wortlaut der Vorschrift nicht ausdrücklich enthalten ist, lässt sich der Anwendungsbereich der Freistellungsregelung unter Berücksichtigung der Begründung hinreichend bestimmen. Es ist für den Senat nicht ersichtlich und von den Antragstellern auch nicht aufgezeigt worden, dass die Freistellung des Einsatzes von Drohnen lediglich für die vorgenannten Zwecke sachlich nicht gerechtfertigt und zwingend auch für andere Zwecke wie der Jagdausübung erfolgen müsste. Auch wenn Landwirte in dem genannten Beispiel der Rehkitzsuche vor einer Mahd von Jägern unterstützt werden können, ist die Wildtierrettung nicht der Jagdausübung, sondern der landwirtschaftlichen Tätigkeit zuzuordnen.

dd. Keinen Bedenken begegnen auch die Einschränkungen der landwirtschaftlichen Bodennutzung in dem unter Naturschutz gestellten Gebiet.

Da die landwirtschaftliche Bodennutzung zu einer Beschädigung oder Veränderung von Bestandteilen des Naturschutzgebiets führen kann, fällt sie unter den Verbotstatbestand des § 3 Abs. 1 VO. Davon stellt § 4 Abs. 3 VO allerdings die ordnungsgemäße landwirtschaftliche Bodennutzung nach guter fachlicher Praxis gemäß § 5 Abs. 2 BNatSchG unter verschiedenen Vorgaben frei. So unterliegt gem. § 4 Abs. 3 Nr. 4 VO die Nutzung der in der maßgeblichen Karte mit einer Rauten-Signatur dargestellten, gesetzlich geschützten Biotope als binsen-, seggen- oder hochstaudenreiche Nasswiesen gemäß § 30 BNatSchG sowie die Nutzung des Grünland-Lebensraumtyps 6510 „Magere Flachland-Mähwiesen“ als Mähwiese oder Mähweide unterschiedlichen Einschränkungen. Laut der maßgeblichen Karte gehören dazu auch Flächen der Antragsteller. Wie oben bereits ausgeführt, beruht die Erfassung des LRT 6510 auf den Daten der Basiserfassung zum FFH-Gebiet 75 aus dem Jahr 2007 und ist im Ausgangspunkt nicht zu beanstanden. Der Einwand der Antragsteller, der erfasste Status vieler Flächen entspreche nicht dem tatsächlichen Flächenstatus zum Zeitpunkt des Verordnungserlasses, begründet keine Zweifel an der Richtigkeit des in der maßgeblichen Karte jeweils erfassten Flächenstatus. Der Antragsgegner hat - wie ausgeführt - sowohl in den Jahren 2015 und 2017 die der Basiserfassung 2007 unterzogenen Flächen nachkartiert und die tatsächliche Änderungen erfasst. Der Antragsgegner hat zudem gerade vor dem Hintergrund, dass es aufgrund von zwischenzeitlichen Änderungen der Flächennutzung bzw. des 2007 erfassten Flächenstatus möglicherweise zu Abweichungen von den 2007 erhobenen Daten gekommen ist, die Eigentümer und Bewirtschafter im Vorfeld der Auslegung über die örtliche Presse aufgefordert, sich die Kartenentwürfe anzuschauen und bei Bedarf entsprechenden Korrekturbedarf mitzuteilen. Die im Rahmen des Öffentlichkeitsbeteiligungsverfahrens auf der Grundlage der ausgelegten Unterlagen erfolgten Mitteilungen betroffener Eigentümer sind nach einer Bestätigung des mitgeteilten Flächenstatus durch die Landwirtschaftskammer Niedersachsen berücksichtigt und die Flächensignatur in der Verordnungskarte durch den Antragsgegner entsprechend angepasst worden. Der Senat geht daher davon aus, dass der in den Karten dargestellte Status der Flächen dem tatsächlichen Flächenstatus zum Zeitpunkt des Erlasses der Verordnung entsprach. Im Übrigen haben die Antragsteller auch nicht substantiiert vorgetragen, bei welchen konkreten Flächen dies tatsächlich nicht der Fall gewesen sein soll. Sofern der Erhaltungszustand der in den Karten der VO gekennzeichneten Lebensraumtypen oder Biotope sich zum Zeitpunkt des Verordnungserlasses bei einzelnen Flächen - wie von den Antragstellern nicht weiter substantiiert vorgebracht - tatsächlich erheblich verschlechtert gewesen ist oder diese sogar verschwunden waren, wie z.B. im Fall der mageren Flachland-Mähwiesen, besteht für diese Lebensraumtypen und auch Biotope - wie oben ausgeführt - ein Entwicklungs- bzw. Wiederherstellungspotential, welches die Bewirtschaftungsvorgaben auf diesen Flächen nach Maßgabe des § 4 Abs. 3 VO rechtfertigt.

Der Einwand der Antragsteller, es sei rechtswidrig, diejenigen Gründlandflächen weiterhin als LRT 6510 einzustufen, die zum Zeitpunkt der Unterschutzstellung keinen besonderen Schutzstatus als gesetzlich geschütztes Biotop mehr gehabt hätten, weil für sie nach Auslaufen von Maßnahmen des Vertragsnaturschutzes von der Möglichkeit der Wiederaufnahme einer zulässigen land-, forst-, oder fischereiwirtschaftlichen Nutzung nach § 30 Abs. 5 BNatSchG Gebrauch gemacht worden sei, verfängt nicht. Zum einen sind - wie oben ausgeführt - auch die Flächen mit Entwicklungs- und Wiederherstellungspotenzial schutzwürdig und schutzbedürftig, was insbesondere für die Lebensraumtypen und Biotope gilt, deren Erhaltungszustand sich aufgrund der Intensivierung ihrer Nutzung erheblich verschlechtert hat oder die sogar verschwunden sind. Zum anderen lässt sich aus dem von den Antragstellern in Bezug genommenen § 30 Abs. 5 BNatSchG kein Rechtssatz des Inhalts herleiten, dass Bewirtschaftungsbeschränkungen in einer Naturschutzgebietsverordnung unzulässig sind, wenn die Schutzwürdigkeit der Flächen, auf denen sie gelten, auf eine Extensivierung der Bodennutzung aufgrund vertragsnaturschutzrechtlicher Vereinbarungen oder einer Teilnahme an öffentlichen Programmen zur Bewirtschaftungsbeschränkung zurückzuführen ist (Senatsurt. v. 4.3.2020 - 4 KN 390/17 -, juris Rn. 91). § 30 Abs. 5 BNatSchG ist allein auf das Instrument des gesetzlichen Biotopschutzes bezogen. Die Vorschrift enthält über ihren unmittelbaren Anwendungsbereich hinaus keinen verallgemeinerungsfähigen Rechtsgrundsatz, an dem (auch) Bewirtschaftungsbeschränkungen in einer Naturschutzverordnung zu messen wären (vgl. BVerwG, Beschl. v. 18.1.2021 - 4 BN 41.20 -, juris Rn. 4). Unabhängig davon wird den Einwendungen der Antragsteller unter bestimmten Voraussetzungen durch § 4 Abs. 3 Nr. 9 VO Rechnung getragen. Danach ist die Wiederaufnahme der Bewirtschaftung von vorübergehend nicht genutzten Flächen, die an einem landwirtschaftlichen Extensivierungs- und Stilllegungsprogramm teilgenommen haben, sowie von vorübergehend nicht genutzten Ackerflächen (Stilllegungsflächen) freigestellt.

ee. Die von den Antragstellern im Einzelnen gerügten Bewirtschaftungsvorgaben in § 4 Abs. 3 VO sind rechtlich nicht zu beanstanden.

(1.) Entgegen der Auffassung der Antragsteller ist die Regelung des § 4 Abs. 3 Nr. 1 a) VO, welche die Nutzung rechtmäßig bestehender und in der maßgeblichen Karte dargestellten Ackerflächen unter Erhaltung vorhandener Feld- und Wegeraine regelt, nicht zu unbestimmt. Bei den verwendeten Wörtern „Feldrain“ und „Wegerain“ handelt es sich um eingeführte Begriffe der deutschen Sprache. Unter einem Feldrain ist ein Randstreifen eines Feldes bzw. Grenzstreifen zwischen zwei Äckern oder Fluren zu verstehen. Unter einem Wegerain ist dementsprechend ein Wegerandstreifen zu verstehen, der den Weg von der angrenzenden Nutzung trennt.

(2.) Aus dem Einwand der Antragsteller, dass sich mit starren Terminvorgaben die sensiblen Grünlandstandorte nicht mehr bewirtschaften ließen, ergibt sich kein Verstoß gegen höherrangiges Recht. Die für die Nutzung der in maßgeblichen Karte mit einer Rauten-Signatur dargestellten Flächen als Mähwiese oder Mähweide vorgesehene Beschränkung auf maximal zweimalige Mahd pro Jahr (§ 4 Abs. 3 Nr. 4 b) VO) und die zeitliche Einschränkung der Mahd in § 4 Abs. 3 Nr. 4 c) VO entspricht den gesetzlichen Vorgaben des § 23 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG. Es handelt sich dabei um als binsen-, seggen- oder hochstaudenreiche Nasswiese gemäß § 30 BNatSchG gesetzlich geschützte Biotope sowie um den Grünland-Lebensraumtyp 6510 „Magere Flachland-Mähwiesen“. Der Lebensraumtyp der mageren Flachland-Mähwiese wird gebildet durch artenreiche, wenig gedüngte und extensiv genutzte Wiesen, bei denen der erste Mähschnitt allgemein nicht vor der Aussamung erfolgen soll, um die Artenvielfalt an Blühpflanzen dauerhaft zu erhalten. Aus diesem Grund bestehen keine Bedenken im Hinblick auf den in der Verordnung gewählten Erstnutzungszeitpunkt, die Mahd erst nach dem 1. Juni durchzuführen. Anderenfalls wäre eine frühere Mahd geeignet, den günstigen Erhaltungszustand der mageren Flachland-Mähwiesen zu beschädigen, deren Erhaltung und Wiederherstellung durch § 2 Abs. 3 Nr. 2 d) VO gerade bezweckt wird. Die mageren Flachland-Mähwiesen sind am stärksten durch Nutzungsintensivierung beeinträchtigt (vgl. NLWKN, Niedersächsische Strategie zum Arten- und Biotopschutz, Vollzugshinweise, 6510 Magere Flachland-Mähwiesen, Stand: Februar 2022, Nrn. 2.5 u. 4.2), wozu auch häufige Schnitte gehören, sodass auch die Beschränkung auf eine zweimalige Mahd im Jahr dem Schutz dieses Lebensraumtyps dient. Entsprechende Bewirtschaftungsvorgaben sind auch zum Erhalt von binsen-, seggen- oder hochstaudenreiche Nasswiesen erforderlich (vgl. NLWKN, Niedersächsische Strategie zum Arten- und Biotopschutz, Vollzugshinweise, Artenreiches Nass- und Feuchtgrünland, Stand: November 2011, Nrn. 2.5 u. 4.2). Weil gem. § 4 Abs. 3 Nr. 4 c) VO in Ausnahmefällen eine Zustimmung zu einer früheren Mahd erteilt werden kann, bestehen an der Verhältnismäßigkeit der Vorschrift keine Zweifel. Damit wird den Bewirtschaftungsinteressen der Eigentümer ausreichend Rechnung getragen, sollte es im Einzelfall notwendig werden, eine frühere Mahd durchzuführen.

(3.) Die sich aus § 4 Abs. 3 Nr. 4 e) und f) VO ergebende Beschränkung der Düngung ist gerechtfertigt. Das Verbot ist ohne Weiteres geeignet und erforderlich, um den besonderen Schutzzwecken aus § 2 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 1 bis 7 und Abs. 3 Nr. 2 VO zu entsprechen. Auf den Einsatz von Düngemitteln, insbesondere auch von organischen Düngern, reagieren nicht nur die im Gebiet ansässigen Vogelarten empfindlich, sondern dieser steht auch dem Schutz der in § 2 Abs. 3 Nr. 2 VO genannten Lebensraumtypen entgegen, da es dadurch zu einer erheblichen Artenverarmung kommen kann. Gülle ist dabei ungünstig, weil sie einseitig Gräser und Doldenblütler fördert (vgl. die Vollzugshinweise des NLWKN, 6510 Magere Flachland-Mähwiesen, Nrn. 2.5 u. 4.2). Damit läuft der Einsatz von zu hohen Düngergaben und der Einsatz von organischem Dünger dem besonderen Schutzzweck der Verordnung zuwider. Eine Düngung mit maximal 60 kg N/ha/a bleibt weiterhin möglich, womit den Bewirtschaftungsinteressen der Eigentümer ausreichend Rechnung getragen wird. Zu dem nach § 4 Abs. 3 Nr. 4 f) VO verbotenen Einsatz von organischen Düngern gibt es Alternativen wie den Einsatz von mineralischen Düngern. Für durch die Bewirtschaftungsvorgaben eintretende wesentliche Erschwernisse besteht im Übrigen die Möglichkeit eines Erschwernisausgleichs nach den Vorschriften der Erschwernisausgleichverordnung-Grünland (§ 4 Abs. 3 Nr. 10 VO).Sofern die Antragsteller - ohne dies zu substantiieren - eingewandt haben, dass ihre Flächen, auf denen eine Düngung mit Gülle nunmehr verboten sei, teilweise sog. „Güllenachweisflächen“ seien, die Grundlage und Gegenstand von Baugenehmigungen gewesen seien, blieben etwaige behördliche Genehmigungen, Erlaubnisse oder sonstige Entscheidungen - sollten diese das Aufbringen von Gülle auf bestimmten Flächen tatsachlich regeln - unberührt (§ 4 Abs. 9 VO). Im Übrigen bestünde im Einzelfall nach § 5 Abs. 1 VO nach Maßgabe des § 67 BNatSchG i. V. m. § 41 NAGBNatSchG die Möglichkeit einer Befreiung, sofern es - wofür der Senat allerdings keine Anhaltspunkte hat – durch das Verbot des Aufbringens von Gülle zu einer unzumutbaren Belastung der betroffenen Eigentümer oder Nutzungsberechtigten kommen sollte.

(4.) Die von den Antragstellern gerügte Beschränkung des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln auf den in der maßgeblichen Karte mit einer Rauten-Signatur dargestellten mageren Flachland-Mähwiesen und gesetzlich geschützten Biotopen gemäß § 4 Abs. 3 Nr. 4 h) und 5 g) VO ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Soweit es sich bei diesen Flächen zugleich um Grünlandflächen im Sinne des § 2a Abs. 1 Nr. 1 NAGBNatSchG handelt, entspricht diese Beschränkung inhaltlich dem am 4. Dezember 2020 in Kraft getretenen § 25a Abs. 1 NAGBNatSchG. Das Verbot ist geeignet und erforderlich, um den besonderen Schutzzwecken aus § 2 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 1 bis 7 und § 2 Abs. 3 Nr. 2 VO zu entsprechen. Der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln steht diesen Schutzzwecken der Verordnung entgegen, da er zu einer Reduzierung der Tier- und Pflanzenarten auf der behandelten Fläche führen kann und somit der Erhaltung und Entwicklung artenreicher Grünlandkomplexe zuwiderläuft (vgl. Senatsurt. v. 30.10.2017 - 4 KN 275/17 -, juris Rn. 122). Denn Pflanzenschutzmittel sind nach ihrer Definition in Artikel 2 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 (Pflanzenschutzmittelverordnung) für den Verwendungszweck bestimmt, Pflanzen oder Pflanzenerzeugnisse vor Schadorganismen zu schützen und deren Einwirkung vorzubeugen, in einer anderen Weise als Nährstoffe die Lebensvorgänge von Pflanzen zu beeinflussen, Pflanzenerzeugnisse zu konservieren, unerwünschte Pflanzen oder Pflanzenteile zu vernichten bzw. ein unerwünschtes Wachstum von Pflanzen zu hemmen oder einem solchen Wachstum vorzubeugen. Das uneingeschränkte Verbot von Pflanzenschutzmitteln auf den darstellten Flächen ist auch verhältnismäßig. Soweit im Einzelfall punktuell und zur Bekämpfung invasiver und schädlicher Pflanzen die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln erforderlich sein sollte, käme eine Befreiung von dem uneingeschränkten Verbot nach § 5 Abs. 1 VO in Betracht. Im Übrigen besteht für wesentliche Erschwernisse in der Bewirtschaftung auch hier die Möglichkeit des Erschwernisausgleichs nach § 4 Abs. 3 Nr. 10 VO. Der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln auf Äckern (§ 4 Abs. 3 Nr. 1 c) VO) und sonstigen Günlandflächen (§ 4 Abs. 3 Nr. 3 a) VO) ist unter bestimmten Beschränkungen weiterhin möglich.

(5.) Der Senat hat überdies keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Verbote, die in der Freistellungsregelung des § 4 Abs. 3 Nr. 5 VO enthalten sind. Denn sämtliche Verbote und Beschränkungen betreffen Handlungen, die - wie auch bereits zu § 4 Abs. 3 Nr. 4 VO ausgeführt - den besonderen Schutzzwecken der Verordnung entgegenstehen. Zu den Hauptgefährdungsfaktoren für den Lebensraumtyp „Magere-Flachland-Mähwiesen“ gehört neben einer zu starken Düngung u.a. auch eine zu intensive Beweidung. Die Beweidung mit Pferden wird generell als ungünstig angesehen (vgl. die Vollzugshinweise des NLWKN, 6510 Magere Flachland-Mähwiesen, Nrn. 2.5 u. 4.2). Die Verbote sind auch verhältnismäßig. Ein milderes, ebenso zur Schutzzweckerreichung geeignetes Mittel ist nicht ersichtlich, zumal die Beweidung nur zeitlich begrenzt und eine Pferdebeweidung nicht gänzlich untersagt wird.

ff. Keinen Bedenken begegnen ferner die Einschränkungen der forstwirtschaftlichen Nutzung in den unter Naturschutz gestellten Waldflächen. Die in § 4 Abs. 4 VO getroffenen Vorgaben verstoßen nicht gegen höherrangiges Recht. Es liegt auf der Hand, dass eine uneingeschränkte forstwirtschaftliche Nutzung zu einer Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung des Naturschutzgebiets oder seiner Bestandteile führen kann. Das gilt auch für die Waldflächen, die keinen FFH-Lebensraumtypen darstellen. Eine entsprechende Nutzung fällt unter den Verbotstatbestand des § 3 Abs. 1 VO und liefe den besonderen Schutzzwecken des § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 7, Abs. 3 VO zuwider.

(1.) Zunächst steht die Vorschrift des § 4 Abs. 4 Nr. 1 VO mit höherrangigem Recht im Einklang, soweit sie die Freistellung der ordnungsgemäßen Forstwirtschaft im Sinne des § 11 NWaldLG auf Waldflächen, die nach dem Ergebnis der Basiserfassung keinen FFH-Lebensraumtyp darstellen (Hervorhebung durch den Senat), beschränkt. Die damit beabsichtigte Einschränkung des räumlichen Geltungsbereichs dieser Freistellungsregelung ist im vorliegenden Fall in den zur Verordnung gehörenden Karten hinreichend bestimmt und genügt damit der Vorgabe des § 14 Abs. 4 Satz 1 NAGBNatSchG.

Zwar ist der hier erfolgte Verweis auf das Ergebnis der Basiserfassung, mit der die FFH-Lebensraumtypen in den niedersächsischen FFH-Gebieten flächendeckend kartiert werden (NLWKN, Hinweise zur Definition und Kartierung der Lebensraumtypen von Anh. I der FFH-Richtlinie in Niedersachsen, Stand Februar 2014, S. 2), nicht geeignet, die Einschränkung des räumlichen Geltungsbereichs dieser Freistellungsregelung den Anforderungen des § 14 Abs. 4 Satz 1 NAGBNatSchG entsprechend zu bestimmen. Denn die Karten, die die Basiserfassung wiedergeben, sind nicht Bestandteile der Verordnung geworden (vgl. dazu Senatsurt. v. 25.5.2021 - 4 KN 407/17 -, juris Rn. 63 und v. 26.3.2021 - 4 KN 129/18 -, juris Rn. 61 und - 4 KN 139/18 -, juris Rn. 49). Jedoch ist der sonstige Wald im Sinne des § 4 Abs. 4 Nr. 1 VO in den maßgeblichen Karten zeichnerisch dargestellt, so dass der räumliche Geltungsbereich dieser Vorschrift hinreichend bestimmt ist. Anhand der Legende lassen sich die sonstigen Waldflächen als grob gepunktete Flächen ohne Weiteres ermitteln. Ferner lässt sich der Legende entnehmen, dass es sich bei dem sonstigen Wald um Flächen gem. § 4 Abs. 4 Nr. 1 VO handelt.

(2.) Die von den Antragstellern im Einzelnen vorgebrachten Einwände gegen die Rechtmäßigkeit der nach § 4 Abs. 4 VO zu beachtenden Bewirtschaftungsvorgaben sind unbegründet.

(a.) Dem Vortrag der Antragsteller, die Regelung des § 4 Abs. 4 Nr. 1 b) VO sei unklar, ist nicht zu folgen. Es ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift, dass die Eigentümer in ihrem Gebiet zur Erfüllung der Vorgabe jeweils (mindestens) fünf entsprechende Bäume (Horst- und Stammhöhlenbäume) pro Hektar auszuwählen und zu markieren haben. Die Eigenschaft der Horst- bzw. Stammhöhlenbäume sollten diese Bäume bis zu ihrem natürlichen Zerfall haben, da die Markierung und Belassung dauerhaft erfolgen soll. Nach einem Verlust ist dieser durch eine Neuauswahl auszugleichen, damit der Mindestbestand an entsprechenden Bäumen erhalten bleibt. Die Regelung dient dem Erhalt der Fortpflanzungs- und Ruhestätten aller wildlebenden Tiere und ist nicht zu beanstanden. Die Zerstörung oder Beeinträchtigung aller Horst- und Stammhöhlenbäume in einem Waldgebiet liefe den besonderen Schutzzwecken des § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 7 VO zuwider. Durch die Markierung und Belassung von lediglich (mindestens) fünf Horst- und Stammhöhlenbäumen oder starkem Totholz je vollem Hektar wird auch dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Rechnung getragen, da es nur einen sehr kleinen Bestand von Bäumen in einem Hektar Wald betrifft.

Ebenfalls steht die Regelung des § 4 Abs. 4 Nr. 1 c) VO mit höherrangigem Recht in Einklang. Danach ist der Umbau von Waldbeständen aus standortheimischen Arten in Bestände aus nicht standortheimischen Arten sowie die Umwandlung von Laub- in Nadelwald verboten. Dieses Verbot ist ohne Weiteres von § 23 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG gedeckt, da der Umbau von Waldbeständen und die Umwandlung von Laub- in Nadelwald zumindest zu einer Veränderung des Naturschutzgebiets und Beeinträchtigung des Lebensraums der in dem Gebiet ansässigen Tierarten führen kann und somit den Schutzzwecken des § 2 Abs. 1 Satz 2 VO zuwiderliefe.

(b.) Keinen rechtlichen Bedenken begegnet die Regelung des § 4 Abs. 4 Nr. 2 b) VO. Die Vorgabe, dass auf befahrungsempfindlichen Standorten und in Altholzbeständen die Feinerschließungslinien einen Mindestabstand der Gassenmitten von 40 m zueinander haben müssen, ist mit höherrangigem Recht vereinbar. Das Verbot, die Feinerschließungslinien in einem geringeren Abstand zueinander anzulegen, ist geeignet und erforderlich, um insbesondere eine erhebliche Störung des Bodens mit Veränderung der Krautschicht durch Bodenverdichtung weitgehend zu verhindern, da eine Bodenverdichtung durch Befahren Störungen des Bodenwasser- und Bodenlufthaushalts zur Folge haben kann, wodurch wiederum das Baumwachstum beeinträchtigt werden kann. Ferner kann durch dieses Verbot die Beschädigung der in den wertbestimmenden Lebensraumtypen vorkommenden Bäume oder die Beeinträchtigung der ansässigen Tier- und Pflanzenarten in ihrem Lebensraum vermieden werden. Die Möglichkeit einer uneingeschränkten Anlegung von Feinerschließungslinien und die damit verbundene Befahrung der gesamten Waldflächen liefe den besonderen Schutzzwecken des § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7, Abs. 3 Nr. 1 b), Nr. 2 e) und f) VO zuwider. Zu keinem anderen Ergebnis führen die Ausführungen der Antragsteller hinsichtlich der erwarteten Erschwernis und der Unwirtschaftlichkeit der Ernte. Konkrete Ausführungen dazu wurden von den Antragstellern nicht gemacht. Im Übrigen besteht hier die Möglichkeit des Erschwernisausgleichs nach § 4 Abs. 4 Nr. 7 VO i.V.m. § 42 Abs. 4 NAGBNatSchG sowie die Möglichkeit einer Befreiung nach § 5 Abs. 1 VO.

(c.) Die in § 4 Abs. 4 Nr. 2 c) VO untersagte Befahrung von Waldflächen außerhalb von Wegen und Feinerschließungslinien mit Ausnahme von Maßnahmen zur Vorbereitung der Verjüngung, liefe ebenfalls den in § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7, Abs. 3 Nr. 1 b), Nr. 2 e) und f) VO niedergelegten Schutzzwecken durch erhebliche Verdichtung des Bodens und durch Störung der Lebensstätten und Lebensräume wildlebender Tier- und Pflanzenarten zuwider.

(d.) Anhaltspunkte für eine von den Antragstellern geltend gemachte fehlerhafte Datenerfassung zur Bestimmung der FFH-Lebensraumtypen 91E0, 9160 und 9190 sind - wie oben bereits ausgeführt - nicht ersichtlich. Ein substantiierter Vortrag der Antragsteller dahingehend erfolgte ebenfalls nicht.

(e.) Schließlich entspricht § 4 Abs. 4 Nr. 8 VO den gesetzlichen Vorgaben. Danach erfolgen die Bewirtschaftungsmaßnahmen auf den in der maßgeblichen Karte als „Kernzone Brut“ gekennzeichneten sonstigen Waldbeständen ausschließlich in der Zeit vom 16. August bis 28. Februar. Die Regelung konkretisiert das Verbot in § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG und orientiert sich in zeitlicher Hinsicht nach den langjährigen Brutplätzen störungsempfindlicher Großvogelarten wie Kranich und Rotmilan, die im relevanten Gebiet vorkommen. Um die Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht- und Mauserzeiten nicht erheblich zu stören, ist die gewählte zeitliche Vorgabe für Bewirtschaftungsmaßnahmen erforderlich, da z.B. die Balz der Kraniche schon im Februar und die Legezeit ab Mitte März beginnt (vgl. die Vollzugshinweise des NLWKN zum Schutz von Brutvogelarten in Niedersachsen, Kraniche). Eine Waldbewirtschaftung in den als „Kernzone Brut“ gekennzeichneten Waldbeständen über den Februar hinaus liefe dem Schutzzweck des § 2 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 VO zuwider.

h. Der Senat hat überdies keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit der übrigen Verbote, die in § 3 Abs. 1 Satz 2 VO und teilweise auch in den Freistellungsregelungen des § 4 VO enthalten sind. Denn sämtliche Verbote und Beschränkungen betreffen Handlungen, die den besonderen Schutzzwecken der Verordnung entgegenstehen.

i. Keinen rechtlichen Zweifeln begegnet § 4 Abs. 7 VO. Danach kann die Naturschutzbehörde des Antragsgegners bei den in den Absätzen 2 bis 6 genannten Fällen die erforderliche Zustimmung bzw. das erforderliche Einvernehmen erteilen, wenn und soweit keine Beeinträchtigungen oder nachhaltige Störungen des Naturschutzgebiets oder seiner für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteile zu befürchten sind. Die Erteilung der Zustimmung bzw. des Einvernehmens kann ebenso mit Regelungen zu Zeitpunkt, Ort und Ausführungsweise versehen werden. Die Ausgestaltung als Ermessensregelung ist nicht zu beanstanden, da der Naturschutzbehörde damit die Möglichkeit eingeräumt wird, die Erteilung der Zustimmung mit bestimmten Regelungen bzw. Auflagen zu versehen. Das in dieser Norm eingeräumte Ermessen ist jedoch auf Null reduziert, wenn und soweit Beeinträchtigungen oder nachhaltige Störungen für die genannten Schutzgüter nicht zu befürchten sind bzw. durch entsprechende Auflagen verhindert werden können, weil in einem derartigen Fall eine gegenteilige Entscheidung rechtlich nicht zu rechtfertigen wäre (Senatsurt. v. 26.3.2021 - 4 KN 129/18 -, juris Rn. 70).

j. §§ 7 und 8 VO sind nicht zu beanstanden.

Nach § 7 Abs. 1 VO haben Grundstückseigentümer und Nutzungsberechtigte die Durchführung von Maßnahmen zur Erhaltung, Pflege, Entwicklung und Wiederherstellung des NSG oder einzelner seiner Bestandteile (Nr. 1) und das Aufstellen von Schildern zur Kennzeichnung des NSG und seiner Wege sowie zur weiteren Information (2.) zu dulden. Ob es sich bei einer angeordneten oder angekündigten konkreten Maßnahme um eine Maßnahme nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 VO handelt und diese demnach zu dulden ist, ist anhand der Regelungen zum Schutzzweck in § 2 VO und der in den §§ 3 und 4 VO enthaltenen Regelungen zu ermitteln und für den Betroffenen damit erkennbar. Soweit darüber hinaus nach § 7 Abs. 2 VO insbesondere die in einem Managementplan, Maßnahmeblatt oder Pflege- und Entwicklungsplan für das Naturschutzgebiet dargestellten Maßnahmen zu dulden sind, begegnet dieses keinen durchgreifenden Bedenken, auch wenn - wie die Antragteller einwenden - entsprechende Pläne zum Zeitpunkt des Erlasses der Verordnung noch nicht vorgelegen haben und für die Betroffenen daher nicht erkennbar sei, welche konkreten Maßnahmen zu dulden seien. Es liegt auf der Hand, dass sich die in nachgehenden Plänen konkretisierten Pflege-, Entwicklungs- und Wiederherstellungsmaßnahmen an den Erhaltungszielen nach § 2 VO auszurichten haben. Derartige Pläne sind der Öffentlichkeit auch zugänglich zu machen, so dass die Betroffenen ersehen können, welche konkrete Maßnahmen zur Erhaltung, Pflege, Entwicklung und Wiederherstellung aufgrund eines in § 7 Abs. 2 VO genannten Plans zu dulden sind. Selbst wenn – wie die Antragsteller vorgebracht haben – die betroffenen Eigentümer und Nutzungsberechtigten nicht ausreichend an der Erstellung solcher Pläne beteiligt werden, führt dies nicht zur Rechtswidrigkeit des § 7 Abs. 2 VO. Denn die Duldungspflicht von Maßnahmen nach § 7 Abs. 2 VO reicht nur soweit, wie die in Plänen konkretisierten Maßnahmen mit den Erhaltungszielen des § 2 VO in Einklang zu bringen sind.

Soweit die §§ 15 und 39 NAGBNatSchG sowie § 65 BNatSchG unberührt bleiben (§ 7 Abs. 3 VO), ist dieses nicht zu beanstanden. Aus den vorgenannten Vorschriften ergeben sich unmittelbar geltende gesetzliche Duldungspflichten, die über § 7 VO hinaus gelten.

§ 8 VO stellt in nicht zu beanstandender Weise klar, dass durch die in den §§ 3 und 4 VO enthaltenen Regelungen und die in § 7 VO beschriebenen Maßnahmen sichergestellt werden soll, dass den Anforderungen nach Art. 6 der Richtlinie 92/43/EWG entsprochen wird. Dies entspricht den Vorgaben des 32 Abs. 3 Satz 3 BNatSchG.

k. Das von den Antragstellern angesprochene Vorkaufsrecht findet seine gesetzliche Grundlage in § 66 BNatSchG.

l. Die in den Verboten der Verordnung liegenden Beschränkungen der Eigentums- und Nutzungsrechte der Antragsteller verstoßen schließlich nicht gegen Art. 14 GG, weil sie sich als verfassungsrechtlich unbedenkliche Bestimmungen von Inhalt und Schranken des Eigentums im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG erweisen. Wenn die natürlichen oder landschaftsräumlichen Gegebenheiten eines Grundstücks im Interesse der Allgemeinheit erhaltenswert sind und des Schutzes bedürfen, so ergibt sich daraus eine immanente, dem Grundstück selbst anhaftende Beschränkung der Eigentümerbefugnisse, die durch natur- und landschaftsschutzrechtliche Regelungen – wie die Verordnung des Antragsgegners – lediglich nachgezeichnet wird (Senatsurt. v. 25.5.2021 - 4 KN 407/17 -, juris Rn. 68, v. 30.10.2017 – 4 KN 275/17 -, juris Rn. 151, v. 29.11.2016 - 4 KN 93/14 -, juris Rn. 88 u. v. 1.4.2007 - 4 KN 57/07 -, juris Rn. 46; ferner BVerwG, Urt. v. 24.6.1993 - 7 C 26.92 -, juris Rn. 37 ff. m. w. N.). Regelungen des Naturschutzes, die die Nutzung von Grundstücken aus Gründen des Natur- und Landschaftsschutzes beschränken, sind daher keine Enteignungen im Sinne des Art. 14 Abs. 3 GG, sondern Bestimmungen von Inhalt und Schranken des Eigentums, die als Ausdruck der Sozialpflichtigkeit des Eigentums grundsätzlich hinzunehmen sind (vgl. BVerwG, Urt. v. 31.1.2001 - 6 CN 2.00 -, juris Rn. 12 ff.; Beschl. v. 18. 7.1997 - 4 BN 5.97 -, juris Rn. 12 ff.). Als unzumutbare Beschränkungen der Eigentümerbefugnisse erweisen sie sich erst dann, wenn nicht genügend Raum für einen privatnützigen Gebrauch des Eigentums oder eine Verfügung über den Eigentumsgegenstand verbleibt oder wenn eine Nutzung, die bisher ausgeübt worden ist oder sich nach der Lage der Dinge objektiv anbietet, ohne jeglichen Ausgleich unterbunden wird (vgl. BVerwG, Beschl. v. 17.1.2000 - 6 BN 2.99 -, juris Rn. 11, Beschl. v. 18.7.1997, - 4 BN 5.97 -, juris Rn. 16). Das ist hier jedoch nicht der Fall. Wie dargelegt hat der Antragsgegner in § 4 VO insbesondere die land- und forstwirtschaftliche Bodennutzung in erheblichem Umfang ermöglichende Freistellungen von den Verboten des § 3 VO getroffen. In den Fällen, in denen es durch die Verbote zu unzumutbaren Belastungen des jeweiligen Nutzungsberechtigten kommt und eine ausnahmsweise Zulassung der Nutzung nicht nach § 4 Abs. 7 VO in Betracht kommt, besteht nach § 5 Abs. 1 VO i.V.m. § 67 BNatSchG und § 41 NAGBNatSchG im Einzelfall die Möglichkeit, eine Befreiung von dem jeweiligen Verbot zu beantragen. Zur Realisierung von Plänen und Projekten enthält § 5 Abs. 2 VO unter Bezugnahme auf § 34 Abs. 3 bis 6 BNatSchG eine Befreiungsmöglichkeit. Schließlich ist, sollte eine Befreiung im Einzelfall nicht in Betracht kommen, unter den Voraussetzungen des § 68 Abs. 1 BNatSchG eine Entschädigung in Geld zu leisten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.