Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 08.03.2022, Az.: 3 LD 3/21
außerdienstliches Dienstvergehen; Behördenprinzip; Dienstherr; Justizvollzugsbeamter; Kinderpornografie; Klagebehörde
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 08.03.2022
- Aktenzeichen
- 3 LD 3/21
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2022, 59860
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG - 27.04.2021 - AZ: 18 A 3457/20
Rechtsgrundlagen
- § 34 DG ND
Fundstellen
- NordÖR 2022, 324
- RiA 2022, 132-137
- ZBR 2023, 70
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
1. Nach dem Niedersächsischen Disziplinargesetz ist nicht der Dienstherr, sondern die jeweils zuständige Disziplinarbehörde richtiger Disziplinarkläger.
2. Zur Bemessung der Disziplinarmaßnahme beim Herunterladen bzw. Hochladen kinderpornografischer Dateien durch einen Justizvollzugsbeamten.
Tenor:
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover - 18. Kammer - vom 27. April 2021 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis.
Der im Jahr 1977 geborene Beklagte, verheiratet und Vater zweier Kinder, steht nach vierjährigem Dienst als Zeitsoldat und kurzer Tätigkeit als Arbeiter/Kraftfahrer der Jugendanstalt B-Stadt seit dem 1. Januar 2001 im Dienst des Landes Niedersachsen, zuletzt als Amtsinspektor im Justizvollzugsdienst. Seit dem Jahr 2014 ist er als aufsichtsführender Beamter im Vollzugsabteilungsdienst der Jugendanstalt B-Stadt eingesetzt, zusätzlich wurde er bereits im Jahr 2009 von der Anstaltsleitung zum Brandschutzbeauftragten bestellt.
Der Beklagte ist disziplinar- und strafrechtlich nicht vorbelastet. In seiner letzten dienstlichen Beurteilung am 31. März 2018 wurde er mit der Gesamtnote „Übertrifft deutlich die Leistungsanforderung“ beurteilt.
Mit Verfügung vom 19. Juni 2018 sprach die Klägerin gegenüber dem Beklagten ein Verbot der Führung der Dienstgeschäfte aus. Zur Begründung führte sie in der Verfügung im Wesentlichen aus, die Staatsanwaltschaft C-Stadt habe ihre Anstaltsleitung mit Schreiben vom 6. Juni 2018 über eine Anklageerhebung gegenüber dem Beklagten aufgrund des Verdachts des Besitzes und des Verbreitens kinderpornographischer Schriften gem. § 184b Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 u. 6 StGB informiert. Wegen dieses Vorwurfs leitete die Klägerin gegen den Beklagten am 24. Juli 2018 ein disziplinarisches Ermittlungsverfahren ein. Mit der Einleitungsverfügung setzte sie das Verfahren zunächst aus und wandelte das ausgesprochene Verbot der Führung der Dienstgeschäfte in eine vorläufige Dienstenthebung um. Zusätzlich setzte sie mit Bescheid vom 23. August 2018 den Einbehalt von 15 Prozent der monatlichen Bruttobezüge des Beklagten fest.
Mit Urteil des Amtsgerichts B-Stadt vom 21. Mai 2019 wurde der Beklagte des Besitzes kinderpornographischer Schriften (112 Dateien) sowie des der Öffentlichkeit Zugänglichmachens kinderpornographischer Schriften (eine Datei) schuldig gesprochen. Er wurde zu einer vorbehaltenen Gesamtgeldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 40,00 € verurteilt und entsprechend verwarnt.
Mit Verfügung vom 17. Juli 2019 wurde das Disziplinarverfahren fortgeführt. Die Klägerin führte die Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft C-Stadt (EA I, Az. G.) in das Disziplinarverfahren ein. Da hierbei auffiel, dass gegen den Beklagten und dessen Ehefrau bereits im Jahr 2015 ein sachverhaltsähnliches Strafverfahren geführt worden war - welches allerdings seinerzeit mangels hinreichenden Tatverdachts gem. § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden war -, forderte die Klägerin von der Staatsanwaltschaft C-Stadt die entsprechende Ermittlungsakte (EA II, Az. H.) an und bezog sie in das Disziplinarverfahren ein.
Nach Abschluss der Ermittlungen und Vorlage des Ermittlungsberichts teilte die Klägerin dem Beklagten mit Schreiben vom 18. März 2020 mit, es sei beabsichtigt, gegen ihn eine Disziplinarklage mit dem Ziel der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis zu erheben. Hierzu nahm der Beklagte mit Schriftsatz vom 25. Mai 2020 Stellung.
Am 24. Juni 2020 hat die Klägerin Disziplinarklage erhoben.
Zur Begründung hat sie im Wesentlichen ausgeführt, der Beklagte habe durch den Besitz und die Verbreitung kinderpornographischer Schriften seine beamtenrechtlichen Pflichten resultierend aus § 34 Satz 3 BeamtStG verletzt. Ein solches außerdienstliches Verhalten stelle eine Pflichtverletzung dar, welche in besonderem Maße geeignet sei, das Vertrauen in das Ansehen des Beamtentums als Sachwalter einer stabilen und gesetzestreuen Verwaltung in bedeutsamer Weise zu beeinträchtigen. Das Fehlverhalten des Beklagten sei insbesondere vor dem Hintergrund einer Garantenstellung als aufsichtsführender Beamter im Jugendvollzug mit dem Schwerpunkt des Erziehungs- und Resozialisierungsauftrages als besonders verwerflich anzusehen.
Das Bundesverwaltungsgericht habe in einer vergleichbaren Entscheidung festgestellt, im Hinblick auf die Schwere und die disziplinarrechtliche Einstufung von Fehlverhalten, welches den Besitz kinderpornographischer Dateien zum Gegenstand habe, sei Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen eine nach außen sichtbare Disziplinarmaßnahme, welche regelmäßig in einer Herabsetzung im Dienstgrad bestehe. Trete ein Verschaffen solcher Dateien an andere hinzu, werde das Fehlverhalten so gravierend, dass der Bedienstete im Allgemeinen untragbar werde und nur in minderschweren Fällen oder bei Vorliegen besonderer Milderungsgründe in seinem Dienst verbleiben könne. Der Beklagte habe sich in einem Fall auch wegen des Verbreitens von kinderpornographischem Material strafbar gemacht. Ein minder schwerer Fall bzw. Milderungsgründe könnten insbesondere vor dem Hintergrund der bereits im Jahr 2015 durchgeführten Ermittlungen nicht angenommen werden. Die vom Amtsgericht B-Stadt berücksichtigten entlastenden Gründe seien erst eingetreten, nachdem es auf Grund der erdrückenden Beweislage zur Anklage gekommen sei. Der freiwillige Rücktritt von ehrenamtlichen Ämtern (Ortsbrandmeister) sei ebenfalls erst nach entsprechender Intervention hiesiger Behörden und Vorliegen der Anklageschrift erfolgt.
Der Beklagte habe durch das Hochladen der Datei billigend in Kauf genommen, dass diese an eine unbekannte Anzahl „Gleichgesinnter“ weitergegeben werde und sich damit ein Missbrauch von Kindern noch weiter verfestige, was insbesondere als Landesbeamter im Jugendvollzug und einer hiermit einhergehenden Verwahrung von Jugendlichen bzw. Schutzbefohlenen ab einem Alter von 14 Jahren unvereinbar sei.
In Anbetracht der Schwere des vorsätzlichen Dienstvergehens und des beim Dienstherrn eingetretenen vollständigen Vertrauensverlustes führten weder der Umstand, dass der Beklagte bisher seinen Dienst untadelig geleistet habe, noch, dass er bereits persönliche finanzielle Einbußen habe hinnehmen müssen, zu einer Milderung. Vielmehr sei der Beklagte für den öffentlichen Dienst untragbar geworden, sodass sein Verbleib für den Dienstherrn nicht länger zumutbar sei.
Eine Stellungnahme hinsichtlich einer therapeutischen Behandlung des Beklagten sei - entgegen seinem Vorbringen - nicht vor Abschluss des Ermittlungsberichts eingereicht worden. Der Ermittlungsbericht sei im März 2020 gefertigt worden. Erst im Mai 2020 habe sich der Beklagten hierzu eingelassen, in welcher eine Stellungnahme bezüglich einer therapeutischen Behandlung seiner Person als Anlage zwar angekündigt aber letztlich nicht beigefügt habe. Darüber hinaus sei der Umstand, dass der Beklagte eine ambulante Therapie durchgeführt habe, zwar berücksichtigt, aber nicht zu seinen Gunsten als Milderungsgrund gewertet worden. Hintergrund hierfür sei, dass der Beklagte erst mit der Therapie begonnen habe, nachdem es auf Grund der erdrückenden Beweislage zur Anklage gekommen sei. Ein Problembewusstsein des Beklagten für die Notwendigkeit einer solchen Therapie sei demzufolge nicht anzunehmen.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise,
auf eine mildere Disziplinarmaßnahme zu erkennen.
Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt, er habe zwar eine Straftat begangen. Diese rechtfertige jedoch nicht seine Entfernung aus dem Dienst, da - wie die Begründung des Urteils des Amtsgerichts B-Stadt zeige - die Straftat nicht derart schwerwiegend gewesen sei. Er sei lediglich verwarnt und die Strafe unter Vorbehalt gestellt worden. Zwar sei gegen ihn und seine Ehefrau im Jahr 2015 ein Ermittlungsverfahren eingeleitet worden, dieses sei jedoch seinerzeit mangels hinreichenden Tatverdachts gem. § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden. Soweit die Klägerin hieraus für ihn belastende Erkenntnisse herangezogen und berücksichtigt habe, sei dies nicht zulässig.
§ 52 Abs. 1 Satz 1 NDiszG gelte insofern nicht.
Der Klägerin sei ein Nachweis bzw. eine Stellungnahme bezüglich einer therapeutischen Behandlung seiner Person in der Psycho- und Sexualtherapiepraxis I. vor Abschluss des Ermittlungsberichts übermittelt worden. Sie habe es unterlassen, die für ihn entlastenden Beweise überhaupt zu ermitteln und in die Entscheidung einfließen zu lassen. So habe die Klägerin insbesondere nicht berücksichtigt, dass eine von ihm selbst gewählte Therapie im Jahr 2015 mit der Begründung abgebrochen worden sei, es bestehe kein Therapiebedarf. Ebenfalls unberücksichtigt bleibe die in 2020 erfolgreich abgeschlossene Therapie, welche belege, dass negative Rückschlüsse gerade nicht zu ziehen seien. Zudem sei er die letzten Jahre vornehmlich im Brandschutz tätig gewesen, sodass er keinen direkten Kontakt mit den Insassen der Jungendanstalt gehabt habe.
Sein Verhalten sei in der Zeit vor dem Vorfall stets vorbildlich und nicht zu beanstanden gewesen. Das Strafverfahren vor dem Amtsgericht B-Stadt stelle insofern eine Zäsur dar, wobei zu berücksichtigen sei, dass er sich auch während der Dauer des Ermittlungsverfahrens und im Strafverfahren stets kooperativ gezeigt, seine Fehler eingeräumt und umgehend nach der Einleitung der Ermittlungen eine Therapie begonnen und diese erfolgreich beendet habe.
Mit der Straftat habe er zwar gegen seine beamtenrechtliche Pflicht verstoßen, wonach sein Verhalten der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden müsse, die sein Beruf erfordere. Ein außerdienstliches Verhalten könne den Pflichtenkreis eines Beamten aber nur dann berühren, sofern es die Achtung und Vertrauenswürdigkeit betreffe und hierdurch mittelbar dienstrechtliche Relevanz erlange. Als Dienstvergehen sei ein außerdienstliches strafrechtliches Verhalten eines Beamten nur zu qualifizieren, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet sei, das Vertrauen in einer für sein Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen. Vorliegend habe das Fehlverhalten außerhalb des Dienstes gelegen, ein Bezug zum Dienst sei nicht erkennbar. Zudem habe er unverzüglich nach der Aussprache des Verbotes der Führung der Dienstgeschäfte seine Abordnung an eine Justizvollzuganstalt - mit erwachsenen Insassen - gegenüber der Klägerin angeregt.
Das von der Klägerin angeführte Urteil des Bundesverwaltungsgerichts sei auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar, da dem zitieren Urteil die Verbreitung von mehreren tausend Dateien mit Kinderpornografie zu Grunde gelegen habe. Die geforderte Disziplinarmaßnahme sei die Gravierendste und das stärkste Mittel. Vorliegend sei allenfalls eine mildere Disziplinarmaßnahme gerechtfertigt, insbesondere deshalb, weil seit dem Jahr 2018 15 Prozent seiner Bruttobezüge einbehalten würden und er somit schon fortwährend gemaßregelt sei.
Mit Urteil vom 27. April 2021 hat das Verwaltungsgericht den Beklagten eines Dienstvergehens schuldig gesprochen und ihn aus dem Beamtenverhältnis entfernt.
Zur Begründung hat es auf die bindenden Feststellungen des Amtsgerichts B-Stadt in seinem Urteil vom 31. Mai 2019 verwiesen. Auf den Bilddateien seien unbekleidete Kinder abgebildet gewesen. Neben einzelnen bloß posierenden Haltungen seien dabei auch Kinder bei vaginalem und oralem Geschlechtsverkehr mit Erwachsenen abgebildet, darunter auch Kinder im Vorschulalter. Durch die abgeurteilten Straftaten habe der Beklagte außerdienstlich gegen seine beamtenrechtliche Wohlverhaltenspflicht verstoßen. Das beanstandete Verhalten erfülle im Hinblick auf den strafrechtlichen Strafrahmen die qualifizierten Voraussetzungen, die an die Disziplinarwürdigkeit eines außerdienstlichen Fehlverhaltens gestellt würden. Der Beklagte habe das Dienstvergehen vorsätzlich und schuldhaft begangen. Schuldausschließungsgründe seien weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Das Dienstvergehen sei bei Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände mit der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis zu ahnden. Dabei seien zunächst die guten Beurteilungen und die beanstandungsfreie Dienstausübung über lange Jahre in den Blick zu nehmen. Darüber hinaus sei der Beklagte bisher straf- und disziplinarrechtlich nicht in Erscheinung getreten. Das nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellte Strafverfahren aus dem Jahre 2015 könne dabei keine Berücksichtigung finden. Ausweislich des Strafurteils seien auch keine vergleichbaren Straftaten des Beklagten mehr zu erwarten. Eine echte Reue des Beklagten sei allerdings nicht erkennbar, da er sein im Strafprozess abgelegtes Geständnis vor der Disziplinarkammer relativiert habe. Zu Gunsten des Beklagten sei zwar seine Therapiemotivation zu berücksichtigen. Allerdings hätten seine Einlassungen in der mündlichen Verhandlung Zweifel daran aufkommen lassen, ob er durch die therapeutische Wirkung in die Lage versetzt worden sei, sich ernsthaft mit dem Ausmaß seines Fehlverhaltens und den diesem zugrunde liegenden Grundeinstellungen auseinanderzusetzen. All diese Umstände, einschließlich der schweren Folgen, die eine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis für den Beklagten hätten, könnten das Gericht jedoch im Hinblick auf den strafrechtlichen Strafrahmen von drei Monaten bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe nicht vom Ausspruch der disziplinarrechtlichen Höchstmaßnahme abhalten. Dem vom Amtsgericht konkret verhängten Strafmaß komme hingegen für das Disziplinarverfahren keine Bedeutung zu. Dabei sei der Unrechtsgehalt des Sich-Besitz-Verschaffens von Bilddateien, die schwersten sexuellen Missbrauch von Kindern im Vorschulalter zeigten, zu berücksichtigen. Besonders schwer zu Lasten des Beklagten wiege das Hochladen einer Bilddatei bei der Tauschbörse „chatstep“, da der Beklagte dadurch billigend in Kauf genommen habe, dass diese Datei an eine unbekannte Anzahl Gleichgesinnter weitergegeben werde. Das Vorliegen besonderer Milderungsgründe oder eines minderschweren Falles, was allein ein Verbleiben des Antragstellers in seinem Dienstverhältnis rechtfertigen könne, sei nicht ersichtlich. Der Beklagte habe seinen Achtungs- und Autoritätsanspruch gegenüber den Strafgefangenen - insbesondere im Jugendstrafvollzug - unheilbar verloren. Ein Beamter müsse auf allen seinem Statusamt gemäßen Dienstposten einsetzbar sein. Es liege auch kein Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vor, da die in der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis liegende Härte auf einem zurechenbaren Verhalten des Beklagten beruhe.
Gegen diese Entscheidung, die dem Beklagten am 3. Juni 2021 zugestellt worden ist, hat dieser am Montag, dem 5. Juli 2021, Berufung eingelegt.
Zur Begründung verweist er auf sein bisheriges Vorbringen und trägt ergänzend vor, das Verwaltungsgericht habe die ihn entlastenden Beweise zwar ermittelt, jedoch nicht oder nicht ausreichend in die Entscheidung einfließen lassen. Wenn das Gericht die Schwere der Straftat allein anhand des Strafrahmens bestimme, sei dies nicht umfassend genug. Es sei widersprüchlich, wenn sich das Verwaltungsgericht an die Feststellung des Amtsgerichts binde, die weiteren Erwägungen des Amtsgerichts, welche für das Strafmaß ausschlaggebend gewesen seien, aber ausblende. Das Verwaltungsgericht habe insbesondere die entlastenden Gründe im Urteil des Amtsgerichts nicht berücksichtigt, die dazu geführt hätten, dass er nur verwarnt worden sei, weil nach der Gesamtwürdigung von Tat und Persönlichkeit zu erwarten sei, dass er künftig auch ohne Verurteilung keine Straftaten mehr begehen werde. Zudem habe das Verwaltungsgericht keinen Vergleich und keine Auseinandersetzung mit anderen Straftaten mit identischen Strafrahmen vorgenommen. Der vom Gesetzgeber im Jahr 2018 für die begangene Tat nach § 184b StGB geltende Strafrahmen sei identisch mit dem des Diebstahls (§ 242 StGB). Ihm sei kein Fall bekannt, bei dem ein Beamter nach einem einmaligen Diebstahl aus dem Beamtenverhältnis entfernt worden sei, ohne vorher straf- oder dienstrechtlich vorbelastet gewesen zu sein. Das vom Verwaltungsgericht angeführte Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 2. Mai 2015 sei nicht einschlägig, da es dort um die Verbreitung mehrerer tausend Dateien mit Kinderpornographie durch einen Soldaten gegangen sei, während er im vorliegenden Verfahren lediglich ein einziges Foto hochgeladen habe. Auch die Erwägungen des Verwaltungsgerichts zur Bemessung der Disziplinarmaßnahme seien fehlerhaft. Es sei allenfalls eine geringere Disziplinarmaßnahme gerechtfertigt, insbesondere weil seit 2018 bereits von 15% der Brutto-Bezüge einbehalten würden, er also schon fortwährend gemaßregelt werde. Wegen der Variation der Schwere des im Rahmen des § 184b StGB mit Strafe bedrohten Fehlverhaltens komme eine Regeleinstufung nicht in Betracht. Disziplinarwürdigkeit und Schwere eines außerdienstlichen Fehlverhaltens hingen jedoch maßgeblich davon ab, ob ein Bezug zur Dienstausübung des Beamten gegeben sei. Das Bundesverwaltungsgericht habe im Hinblick auf den bis Januar 2015 geltenden Strafrahmen des § 184b (Abs. 1) StGB von bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe geschlossen, dass für die Maßnahmenbemessung auf einen Orientierungsrahmen bis zur Zurückstufung abzustellen sei, wenn das Dienstvergehen keinen Bezug zu den dienstlichen Aufgaben des Beamten aufweise. Eine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis komme nur in Betracht, wenn im Einzelfall besonders gewichtige Erschwerungsgründe vorlägen, die nicht durch Milderungsgründe kompensiert würden. Solche Erschwerungsgründe seien vorliegend nicht ersichtlich und ein Bezug zu dienstlichen Aufgaben bestehe nicht.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover vom 27. April 2021 zu ändern und die Disziplinarklage abzuweisen,
hilfsweise,
auf eine mildere Disziplinarmaßnahme zu erkennen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts für die Disziplinarwürdigkeit eines außerdienstlichen Dienstvergehens bestehende Voraussetzung einer Strafandrohung von mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe sei im vorliegenden Fall erfüllt. Der Strafrahmen des § 242 StGB sei nicht identisch mit dem des § 184b StGB, weshalb es keines Vergleichs mit einem einfachen Diebstahl durch einen (Polizei)beamten bedürfe. Trete zu einem Verschaffen kinderpornographischer Dateien ein Verbreiten dieser Dateien hinzu, werde das Fehlverhalten so gravierend, dass der Bedienstete im Allgemeinen untragbar werde und nur in minderschweren Fällen oder bei Vorliegen besonderer Milderungsgründe in seinem Dienstverhältnis verbleiben könne. Wegen der Vielzahl der sichergestellten Dateien, des Hochladens in soziale Netzwerke und der überwiegenden Abbildung teilweise schwerer sexueller Missbräuche von Kindern könne bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme kein minder schwerer Fall angenommen werden. Denn ein solches Verhalten sei nicht nur strafbar, sondern auch hochgradig sozialschädlich und besonders verwerflich. Das Verwaltungsgericht habe bei seiner Entscheidung das in dem Strafurteil verhängte Strafmaß zu Recht außer Acht gelassen, zumal Straf- und Disziplinarverfahren unterschiedliche Zwecke verfolgten. Der außerdienstliche Besitz von kinderpornographischen Dateien führe dazu, dass ein Justizvollzugsbeamter wegen der Möglichkeit seiner Verwendung auch im Jugendvollzug mit den dort seiner Obhut und Gewalt unterstellten Jugendlichen sowie wegen des mit seinem Fehlverhalten verbundenen Achtungs- und Autoritätsverlusts in erheblicher Weise bei der Erfüllung seiner Dienstpflicht beeinträchtigt sei, Sicherheit und Ordnung in der Justizvollzugsanstalt zu gewährleisten. Dabei sei es unerheblich, welches konkret-funktionale Amt der Beamte zu diesem Zeitpunkt - wie im Falle des Beklagten das (anteilige) Amt eines Brandschutzbeauftragten - bekleide. Zudem habe sich der Beklagte in dem Termin vor dem Verwaltungsgericht von seinem strafrechtlichen Geständnis distanziert und die Taten teils bagatellisiert, was sein fehlendes Unrechtsbewusstsein deutlich widerspiegele. Dies führe dazu, dass ein völliger Ansehens- und Vertrauensverlust eingetreten und der Beklagte für den öffentlichen Dienst untragbar geworden sei. Das Verwaltungsgericht sei daher bei Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände zu Recht zu der Entscheidung gelangt, dass in diesem Fall die disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme angezeigt und auch verhältnismäßig sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge und Strafakten Bezug genommen, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sind.
Entscheidungsgründe
Die Berufung des Beklagten hat keinen Erfolg.
A. Der erkennende Senat hat das Aktivrubrum von Amts wegen nach Anhörung der Beteiligten dahingehend berichtigt, dass als Klägerin die Jugendanstalt B-Stadt, vertreten durch deren Leiter - und nicht das Land Niedersachsen, vertreten durch das Niedersächsische Justizministerium, dieses vertreten durch die Jugendanstalt B-Stadt, diese vertreten durch den Leiter - registriert wird. Eine derartige Berichtigung des Rubrums ist noch im Rechtsmittelverfahren statthaft (vgl. Nds. OVG, Urteil vom 10.2.2015 - 5 LB 105/14 -, juris Rn. 33; Urteil vom 20.4.2021 - 3 LD 1/20 -, juris Rn. 60).
Die für die Erhebung der Disziplinarklage zuständige Behörde (Klagebehörde) bestimmt sich vorliegend nach §§ 34 Abs. 2 Satz 1 letzter Halbs., 75 Nr. 3 NDiszG in Verbindung mit § 3 der Verordnung über disziplinarrechtliche Zuständigkeiten im Geschäftsbereich des Justizministeriums (ZustVO-NDiszG-MJ) vom 15. Dezember 2005 (Nds. GVBl. S. 423), zuletzt geändert durch Verordnung vom 3. Mai 2012 (Nds. GVBl. S. 91). Danach sind abweichend von § 34 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 NDiszG die Justizvollzugseinrichtungen die für die Erhebung der Disziplinarklage gegen ihre jeweiligen Beamtinnen und Beamten mit Ausnahme der Leiterinnen oder Leiter der Einrichtungen zuständigen Behörden (Klagebehörden).
Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschlüsse vom 1.12.2021
- BVerwG 2 B 37.21 -, juris Rn. 12 und vom 11.3.2021 - BVerwG 2 B 76.20 -, juris Rn. 7 ff.), das für diejenigen Disziplinargesetze, die für die Zurückstufung, die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis und die Aberkennung des Ruhegehalts die Erhebung der Disziplinarklage vorsehen, davon ausgeht, dass Kläger des gerichtlichen Verfahrens der jeweilige Dienstherr des betroffenen Beamten ist und nicht derjenige Bedienstete des Dienstherrn, der für diesen die Klage erhebt, steht der Erhebung der Klage durch die zuständige Klagebehörde nicht entgegen. Allerdings betreffen die mit der Disziplinarklage angestrebten Disziplinarmaßnahmen das Dienstverhältnis, das zwischen Dienstherrn und Beamten besteht. Ziel sämtlicher Disziplinarmaßnahmen ist die Gewährleistung der Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung, für die der Dienstherr zu sorgen hat. Die Befugnis zur Erhebung der Disziplinarklage folgt aus dem Dienstverhältnis und steht deshalb materiell-rechtlich dem Dienstherrn zu. Das bedeutet jedoch nicht, dass in den Fällen der Übertragung der Befugnis zur Erhebung der Disziplinarklage auf eine nachgeordnete Behörde zwingend der Dienstherr des betroffenen Beamten Kläger des Disziplinarklageverfahrens ist und die nachgeordnete Behörde nur als dessen Vertreter handelt und dementsprechend auch im Rubrum lediglich als Vertreter des Dienstherrn aufzuführen ist. Das materielle Recht ist prozessual in den Formen des Prozessrechts geltend zu machen. Der Niedersächsische Landesgesetzgeber hat sich - wie im allgemeinen Verwaltungsprozessrecht (vgl. § 61 Nr. 3 VwGO in Verbindung mit § 79 Abs. 1 NJG) - auch im Disziplinarrecht nicht für das Rechtsträgerprinzip, sondern für das Behördenprinzip entschieden. Aus diesem Grunde verwendet er in § 34 Abs. 2 NDiszG durchgängig den Begriff der „Klagebehörde“, während § 34 Abs. 2 BDG eine Delegation der Befugnis zur Erhebung der Disziplinarklage auf „Dienstvorgesetzte“ ermöglicht. Dementsprechend werden die für die Erhebung der Disziplinarklage zuständigen Justizvollzugsanstalten in § 3 ZustVO-NDiszG-MJ ebenfalls als „Klagebehörden“ bezeichnet. Sie handeln im eigenen Namen und vertreten den aktivlegitimierten Dienstherrn im Sinne einer gesetzlichen Prozessstandschaft. Die zuständigen Klagebehörden werden dabei durch ihren jeweiligen Leiter vertreten. Die Disziplinarklage bleibt mithin vom Ausscheiden des konkreten Amtswalters unberührt.
B. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass der Beklagte ein Dienstvergehen begangen hat, welches den Ausspruch der disziplinarrechtlichen Höchstmaßnahme - der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nach § 11 NDiszG - rechtfertigt.
I. Der Beklagte hat ein disziplinarwürdiges außerdienstliches Dienstvergehen begangen.
1. Nach den gem. § 60 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 1 Satz 1 NDiszG bindenden Feststellungen des Amtsgerichts B-Stadt in seinem Urteil vom 31. Mai 2019 besaß der Beklagte auf ihm gehörenden Speichermedien 112 kinderpornographische Dateien, welche er im Zeitraum vom 15. Mai 2017 bis zum 28. Februar 2018 aus dem Internet heruntergeladen und auf seinem Computer abgespeichert hatte. Darüber hinaus machte der Beklagte nach den bindenden Feststellungen des Amtsgerichts B-Stadt eine kinderpornographische Datei der Öffentlichkeit zugänglich, indem er diese am 15. Mai 2017 auf der einschlägigen Onlineplattform „Chatstep“ einstellte. Die nachträglichen Äußerungen des Beklagten gegenüber dem Verwaltungsgericht und dem Senat, mit denen er die Folgen seiner geständigen Einlassungen gegenüber dem Amtsgericht zu relativieren sucht, sind nicht geeignet, die Verantwortung des Beklagten in Zweifel zu ziehen, zumal dieser selbst letztlich seine Verantwortlichkeit für seinen Computer und damit das (milde) Strafurteil nicht anzweifelt. Anhaltspunkte für eine offensichtliche Unrichtigkeit der Feststellungen des Amtsgerichts im Sinne des § 52 Abs. 1 Satz 2 NDiszG sind nicht einmal ansatzweise erkennbar.
Auf den genannten Bilddateien waren unbekleidete Kinder abgebildet. Neben einzelnen bloß posierenden Haltungen waren dabei auch Kinder bei vaginalen und oralen Geschlechtsverkehr mit Erwachsenen abgebildet, darunter auch häufig Kinder im Vorschulalter.
2. Der Beklagte hat durch dieses Verhalten ein außerdienstliches Dienstvergehen im Sinne von § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtenStG begangen. Er hat gegen seine Pflicht gem. § 34 Satz 3 BeamtStG verstoßen, wonach sein Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden muss, die sein Beruf erfordert (sog. Wohlverhaltenspflicht).
Das Fehlverhalten des Beklagten, der Besitz (112 Dateien) und die Zugänglichmachung (1 Datei) des auf privaten Medien abgespeicherten kinderpornographischen Bildmaterials, lag außerhalb des Dienstes, weil es weder formell in das Amt des Beklagten noch materiell in die damit verbundene dienstliche Tätigkeit eingebunden war (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.6.2015 - BVerwG 2 C 9.14 - juris Rn. 10).
Das Dienstvergehen des Beklagten erfüllt auch die qualifizierenden Voraussetzungen, die § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG an die Disziplinarwürdigkeit eines Fehlverhaltens außerhalb des Dienstes stellt. Allerdings erwartet der Gesetzgeber außerhalb des Dienstes von Beamten kein wesentlich anders Sozialverhalten als von jedem anderen Bürger (vgl. BT-Drs. 16/7076, S. 117 zum BBG sowie BT-Drs. 16/4027, S. 34 zum BeamtStG). Disziplinarwürdig ist ein außerdienstliches Fehlverhalten gemäß § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG deshalb nur dann, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maß geeignet ist, das Vertrauen in einer für das Amt des Beamten bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist dies zu bejahen, wenn das Fehlverhalten strafrechtlich mit einer Strafandrohung von mindestens zwei Jahren belegt ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.8.2010 - BVerwG 2 C 13.10 -, juris Rn. 17 f.). Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall erfüllt. Gemäß § 184b Abs. 4 Satz 2 StGB in der zum Tatzeitpunkt (15. Mai 2017 bis 28. Februar 2018, vgl. dazu § 2 Abs. 2 StGB) geltenden Fassung vom 21. Januar 2015 (BGBl I, S. 10) war der Besitz kinderpornographischer Schriften (§ 184b Abs. 3 StGB), wozu definitionsgemäß (§ 11 Abs. 3 StGB) auch Bild- und Videodateien gehören, mit einem Strafrahmen von bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe bedroht. Mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren wurde bestraft, wer - wie der Beklagte in einem Fall - eine kinderpornographische Schrift der Öffentlichkeit zugänglich gemacht hatte. (§ 184b Abs. 1 Nr. 1 StGB in der genannten Fassung).
Daneben ist die Disziplinarwürdigkeit des Fehlverhaltens aber auch wegen des hinreichenden Bezugs zwischen der Dienstpflichtverletzung und dem Statusamt des Beamten zu bejahen (siehe unten 2 b); vgl. dazu: BVerwG, Urteile vom 18.6.2015, - a. a. O. Rn. 15 ff., vom 24.10.2019 - 2 C 3.18 - BVerwGE 166, 389 Rn. 11 ff. und vom 16.6.2020 – 2 C 12.19 -, juris Rn. 27 ff.).
3. Rechtfertigungs- und Schuldausschließungsgründe liegen schon im Hinblick auf die auch insoweit bindende strafrechtliche Verurteilung nicht vor.
II. Dieses außerdienstlich begangene Dienstvergehen erfordert die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis.
1. Die Entscheidung über eine Disziplinarmaßnahme ergeht nach pflichtgemäßem Ermessen (§ 14 Abs. 1 Satz 1 NDiszG). Sie ist nach der Schwere des Dienstvergehens zu bemessen (§ 14 Abs. 1 Satz 2 NDiszG). Diese beurteilt sich nach den objektiven und subjektiven Handlungsmerkmalen der Verfehlung, den besonderen Umständen der Tatbegehung und den unmittelbaren Folgen für den dienstlichen Bereich und für Dritte. Zudem ist das Persönlichkeitsbild des Beamten einschließlich seines bisherigen dienstlichen Verhaltens angemessen zu berücksichtigen (§ 14 Abs. 1 Satz 3 NDiszG). Ferner soll berücksichtigt werden, in welchem Umfang der Beamte das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit beeinträchtigt hat (§ 14 Abs. 1 Satz 4 NDiszG). Ein Beamter, der durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat, ist zwingend aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen (§ 14 Abs. 2 Satz 1 NDiszG).
Danach ist maßgebendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme die Schwere des Dienstvergehens. Sie beurteilt sich zum einen nach Eigenart und Bedeutung der verletzten Dienstpflichten, Dauer und Häufigkeit der Pflichtenverstöße und den Umständen der Tatbegehung (objektive Handlungsmerkmale), zum anderen nach Form und Gewicht des Verschuldens und den Beweggründen des Beamten für sein pflichtwidriges Verhalten (subjektive Handlungsmerkmale) sowie nach den unmittelbaren Folgen der Pflichtenverstöße für den dienstlichen Bereich und für Dritte, insbesondere nach der Höhe des entstandenen Schadens.
Das Bemessungskriterium „Persönlichkeitsbild des Beamten“ erfasst dessen persönliche Verhältnisse und sein sonstiges dienstliches Verhalten vor, bei und nach der Tatbegehung. Es erfordert eine Prüfung, ob das festgestellte Dienstvergehen mit dem bisher gezeigten Persönlichkeitsbild des Beamten übereinstimmt oder etwa als persönlichkeitsfremdes Verhalten in einer Notlage oder einer psychischen Ausnahmesituation davon abweicht. Einen Aspekt des Persönlichkeitsbildes stellt auch tätige Reue dar, wie sie durch die freiwillige Wiedergutmachung des Schadens oder die Offenbarung des Fehlverhaltens jeweils noch vor der drohenden Entdeckung zum Ausdruck kommt.
Das Bemessungskriterium „Umfang der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit“ erfordert eine Würdigung des Fehlverhaltens des Beamten im Hinblick auf seinen allgemeinen Status, seinen Tätigkeitsbereich innerhalb der Verwaltung und ggf. auch seine konkret ausgeübte Funktion.
Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis setzt voraus, dass der Beamte durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat. Ein endgültiger Vertrauensverlust ist eingetreten, wenn aufgrund der Gesamtwürdigung der bedeutsamen Umstände der Schluss gezogen werden muss, der Beamte werde auch künftig seinen Dienstpflichten nicht ordnungsgemäß nachkommen oder aufgrund seines Fehlverhaltens sei eine erhebliche, nicht wieder gut zu machende Ansehensbeeinträchtigung eingetreten (grundlegend BVerwG, Urteil vom 20.10.2005 - BVerwG 2 C 12.04 -, juris Rn. 26; vgl. zudem BVerwG, Urteil vom 24.5.2007 - BVerwG 2 C 28.06 -, juris Rn. 17; Nds. OVG, Urteil vom 28.4.2009 - 3 LD 4/08 - m. w. N.).
2. Als maßgebendes Bemessungskriterium ist aber zunächst die Schwere des Dienstvergehens richtungweisend für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Das bedeutet, dass das festgestellte Dienstvergehen nach seiner Schwere einer der im Katalog des § 6 NDiszG aufgeführten Disziplinarmaßnahmen zuzuordnen ist. Davon ausgehend kommt es für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme darauf an, ob Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild und zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung im Einzelfall derart ins Gewicht fallen, dass eine andere als die durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Disziplinarmaßnahme geboten ist (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Urteil vom 3.5.2007 - BVerwG 2 C 9.06 -, juris Rn. 20). Die Schwere des Dienstvergehens ist danach Ausgangspunkt und richtungsweisendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Dies beruht auf dem Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, die auch die disziplinare Maßnahmebemessung steuern (BVerwG, Urteil vom 29. 10 2013 - BVerwG 1 D 1.12 -, juris Rn. 39 f.).
a) Ein wesentlicher normativer Anhaltspunkt bei der Bestimmung der Schwere des Dienstvergehens ist, ob und in welcher Weise der Gesetzgeber das Fehlverhalten des Beamten strafrechtlich bewertet. Schwerwiegende, vorsätzlich begangene Straftaten bewirken generell einen Vertrauensverlust, der - unabhängig vom jeweiligen Amt - dazu führt, dass der Betroffene für eine Weiterverwendung als Beamter untragbar geworden ist. Demgemäß hat die Verurteilung wegen einer vorsätzlichen Tat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr zwingend den Verlust der Beamtenrechte zur Folge (§ 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtStG); für bestimmte näher festgelegte Straftaten - u. a. Bestechlichkeit - gilt dies bereits bei einer Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten (vgl. § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BeamtStG). Hier hat der Gesetzgeber aus der Höhe der verhängten Strafe unwiderleglich auf das Ausmaß der Vertrauensbeeinträchtigung geschlossen. Darüber hinaus können schwerwiegende Straftaten auch deliktsbezogen - ohne Bezug zum Statusamt des Betroffenen - identifiziert werden (vgl. BVerwG, Urteile vom 18.6.2015 - BVerwG 2 C 9.14 -, juris Rn. 29 und vom 24.10.2019 - BVerwG 2 C 3.18 -, juris Rn. 25). Dies hat das Bundesverwaltungsgericht insbesondere für den (außerdienstlichen) sexuellen Missbrauch von Kindern und Schutzbefohlenen bejaht (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.3.2010 - BVerwG 2 C 83.08 -, juris Rn. 18; Beschluss vom 23. Juni 2010 - BVerwG 2 B 44.09 -, juris Rn. 12).
Ist bei dem in Rede stehenden strafbaren Fehlverhalten - etwa wegen der Vielfalt der denkbaren Begehungsformen - eine eindeutige Zuordnung zur disziplinaren Höchstmaßnahme nicht möglich, ist der zum Tatzeitpunkt geltende Strafrahmen der entscheidende normative Anhaltspunkt für die Maßnahmebemessung. Denn mit der gesetzlichen Strafandrohung hat der Gesetzgeber seine Einschätzung zum Unwert eines Verhaltens verbindlich zum Ausdruck gebracht. Die Orientierung des Umfangs des Vertrauensverlusts am gesetzlichen Strafrahmen gewährleistet eine nachvollziehbare und gleichmäßige disziplinarische Ahndung von außerdienstlichen Straftaten und verhindert, dass die Disziplinargerichte ihre jeweils eigene (sei es strengere, sei es mildere) Einschätzung des Unwertgehalts eines Delikts an die Stelle der Bewertung des Gesetzgebers setzen. Nicht die Vorstellung des jeweiligen Disziplinargerichts, sondern die Einschätzung des demokratisch legitimierten Gesetzgebers bestimmt, welche Straftaten als besonders verwerflich anzusehen sind (vgl. BVerwG, Urteile vom 18.6.2015
- BVerwG 2 C 9.14 -, juris Rn. 31 und vom 24.10.2019 - BVerwG 2 C 3.18 - juris Rn. 28, jeweils m.w.N.). Angesichts des Umstands, dass das Strafgesetzbuch das Höchstmaß der zeitigen Freiheitsstrafen mit fünfzehn Jahren bestimmt (§ 38 Abs. 2 StGB), ordnet das Bundesverwaltungsgericht eine mit einer Strafandrohung von zwei Jahren bewehrte Straftat als mittelschwere Straftat ein. Hiervon ausgehend hat das Bundesverwaltungsgericht aus dem für die Zeit von 2004 bis 2015 geltenden Strafrahmen des
§ 184b Abs. 4 StGB i.d.F. des Gesetzes vom 27. Dezember 2003 (BGBl. I S. 3007) von bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe geschlossen, dass für die disziplinare Ahndung des außerdienstlichen Besitzes kinderpornographischer Schriften grundsätzlich ein Orientierungsrahmen bis zur Zurückstufung (§ 9 LDG NRW) eröffnet ist (vgl. BVerwG, Urteile vom 19.8.2010 - BVerwG 2 C 13.10 -, juris Rn. 17 f. und vom 24.10.2019 - BVerwG
2 C 3.18 -, juris Rn. 29). Aufgrund der später beschlossenen Anhebung der Strafandrohung für den Besitz kinderpornographischer Schriften auf Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren durch § 184b Abs. 3 StGB i.d.F. des Gesetzes vom 21. Januar 2015 (BGBl. I S. 10), reicht der disziplinare Orientierungsrahmen im vorliegenden Fall folglich schon allein mit Blick auf das Fehlverhalten des Besitzes kinderpornographischer Schriften bis zur Höchstmaßnahme (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.6.2020 - BVerwG 2 C 12.19 -, juris Rn. 22). Das gilt erst recht im Hinblick auf den durch den Beklagten hinsichtlich
einer Datei zudem verwirklichten Straftatbestand des § 184b Abs. 1 Nr. 1 StGB („der Öffentlichkeit zugänglich macht“) mit einer Strafandrohung von fünf Jahren.
b) Darüber hinaus reicht der der Orientierungsrahmen im vorliegenden Fall auch deshalb bis zur disziplinarrechtlichen Höchstmaßnahme, weil das außerdienstliche Dienstvergehen des Beklagten einen deutlichen Bezug zu seinem Statusamt aufweist. Weist ein außerdienstliches Dienstvergehen einen hinreichenden Bezug zu dem Statusamt des Beamten auf, reicht der Orientierungsrahmen für die mögliche Disziplinarmaßnahme auch bei mittelschweren Straftaten mit einer Strafandrohung von bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (vgl. BVerwG, Urteile vom 19.8.2010 - BVerwG 2 C 5.10 - Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 12 Rn. 24, vom 18.6.2015 - BVerwG 2 C 9.14 - BVerwGE 152, 228 Rn. 33 und vom 24.10.2019 - BVerwG 2 C 3.18 - BVerwGE 166, 389 Rn. 30 m.w.N.). Dies hat das Bundesverwaltungsgericht beim außerdienstlichen Besitz von kinderpornographischem Bild- und Videomaterial zunächst für zwei Fallgruppen bejaht, nämlich zum einen bei beamteten Lehrern, zum anderen bei Polizeivollzugsbeamten. Bei beiden Gruppen von Beamten besteht beim außerdienstlichen Besitz von kinderpornographischem Bild- und Videomaterial aufgrund der mit ihrem jeweiligen Amt verbundenen Aufgaben- und Vertrauensstellung ein spezifischer Bezug zu ihrem Statusamt, der zu einem gravierenden, die Höchstmaßnahme rechtfertigenden Vertrauensverlust führt.
aa) Bei Lehrern ist dies ihre Obhuts-, Erziehungs- und Vorbildfunktion gegenüber den ihnen anvertrauten Kindern, also gerade gegenüber derjenigen schutzbedürftigen Personengruppe, die Objekt des pornographischen Bild- und Videomaterials ist, das sich der betreffende Beamte verschafft hat. Eine Verfehlung wie der Besitz kinderpornographischen Bildmaterials ist daher mit der Aufgaben- und Vertrauensstellung eines Lehrers, wie sie sich aus dem Bildungsauftrag der Schule (aus Art. 7 Abs. 1 GG und den Landesschulgesetzen) ergibt, unvereinbar und berührt in besonderem Maße sein Amt und seine Dienstausübung. Dies gilt bereits dann, wenn zu befürchten ist, dass der betreffende Lehrer wegen dieser Verfehlungen auf Vorbehalte der Eltern der von ihm unterrichteten Kinder stößt und deswegen nicht mehr die Autorität und das Vertrauen der Allgemeinheit genießt, auf die er für die Erfüllung seiner dienstlichen Aufgaben zwingend angewiesen ist. Insoweit genügt schon die bloße Eignung für den Vertrauensverlust, ohne dass dieser konkret eingetreten sein muss (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.6.2020 - BVerwG 2 C 12.19 -, juris Rn. 24 m.w.N.)
bb) Bei Polizeibeamten beruht der hinreichende Amtsbezug auf der ihrem Amt innewohnenden besonderen Aufgabenstellung zur Aufrechterhaltung von Recht und Ordnung, insbesondere zur Verhinderung und Aufklärung von Straftaten und zur Verfolgung von Straftaten. Zwar ist ihnen - anders als Erziehern und Lehrern - keine spezifische Dienstpflicht zum Schutz und zur Obhut gerade von Kindern auferlegt. Polizeibeamte haben indes Straftaten zu verhindern, aufzuklären und zu verfolgen (vgl. etwa § 1 Abs. 2 PolG NRW und § 161 Abs. 1 Satz 2, § 163 StPO). Sie genießen daher in der Öffentlichkeit, insbesondere für schutzbedürftige Personen, eine besondere Vertrauens- und Garantenstellung (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.6.2020 - BVerwG 2 C 12.19 -, juris Rn. 25 m.w.N.)
cc) Auch bei Justizvollzugsbeamten kann ein außerdienstliches Fehlverhalten in bestimmten Fallkonstellationen einen vergleichbaren hinreichenden Bezug zu ihrem Statusamt aufweisen mit der Folge, dass auch in diesen Fällen der disziplinare Orientierungsrahmen bis zur Höchstmaßnahme reicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.6.2020 - BVerwG 2 C 12.19 -, juris Rn. 26). Dazu gehört insbesondere der außerdienstliche Besitz von kinderpornographischem Bild- und Videomaterial. Entgegen der Annahme des Beklagten ist beim außerdienstlichen Besitz von kinderpornographischem Bild- und Videomaterial ein hinreichender Bezug zum Statusamt eines Strafvollzugsbeamten gegeben. Ein zur Anhebung des disziplinaren Orientierungsrahmens führender Amtsbezug kann sich je nach Personengruppe aus ihrer jeweils eigenen Amtsstellung ergeben und unterschiedliche Gründe haben. Auch bei den in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zunächst anerkannten Beamtengruppen ist der hinreichende Amtsbezug - wie dargestellt - kein einheitlicher: Die Schutz- und Obhutsstellung eines Lehrers ist anders und nicht vergleichbar mit der Vertrauens- und Garantenstellung eines Polizeibeamten. Im Übrigen mag es zutreffen, dass Justizvollzugsbeamte in der allgemeinen Anschauung der Bevölkerung nicht dasselbe - herausragende - Ansehen und dieselbe Vertrauensstellung genießen wie Polizeibeamte. Doch werden auch sie, z.B. bei der Begleitung und Vorführung von Strafgefangenen in einer Gerichtsverhandlung, von der Bevölkerung sehr wohl als Justizvollzugsorgan wahrgenommen, das der Durchsetzung des Justizgewährleistungsanspruchs eines jeden Bürgers (Art. 20 Abs. 3 GG) dient (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.6.2020 - BVerwG 2 C 12.19 -, juris Rn. 28).
Bei Strafvollzugsbeamten ergibt sich der erforderliche hinreichende Amtsbezug aus der ihrem Statusamt eigenen Pflicht, Sicherheit und Ordnung in der Justizvollzugsanstalt nach innen und außen zu gewährleisten. Zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt sind sie nach § 3 Satz 2 NJVollzG berechtigt, Strafgefangenen Beschränkungen aufzuerlegen. Die von ihnen erteilten rechtmäßigen Anordnungen haben die Strafgefangenen zu befolgen (§ 75 Abs. 1 NJVollzG). Unter gesetzlich festgelegten Voraussetzungen können diese Anordnungen mit unmittelbarem Zwang, also mit legaler Gewaltanwendung, durchgesetzt werden (§§ 87 ff. NJVollzG). Dabei ist es möglich, einen Strafvollzugsbeamten - wie im vorliegenden Fall - im Jugendstrafvollzug einzusetzen. Dort unterliegen auch Jugendliche seiner Obhut und Gewalt, also eine Personengruppe, deren sexualisierte Darstellung in pornographischem Bild- und Videomaterial ebenso strafbewehrt ist wie der dem Beklagten zu Last gelegte Besitz vergleichbaren Materials von Kindern unter 14 Jahren. Dieser Bezug zum Statusamt des Beklagten kann nicht mit der Erwägung in Abrede gestellt werden, dass der Beklagte auch in anderen Bereichen des Strafvollzugs eingesetzt werden könne. Ein Beamter muss auf allen seinem Statusamt gemäßen Dienstposten einsetzbar sein. Es kann dem Dienstherrn nicht angesonnen werden, einen Beamten nur noch eingeschränkt auf solchen Dienstposten zu verwenden, auf denen dies mit Rücksicht auf dessen straf- oder disziplinarrechtlich geahndetes Fehlverhalten möglich ist. Die Organisationshoheit und Dispositionsbefugnis des Dienstherrn betreffend die Verwendung seiner Beamten steht dem entgegen (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.6.2020 - BVerwG 2 C 12.19 -, juris Rn. 29).
Hinzu kommt, dass die vorstehend beschriebene Aufgaben- und Pflichtenstellung nach dem Strafvollzugsgesetz in der Person jedes einzelnen Justizvollzugsbeamten einen - gerade in seiner Amtsstellung begründeten - Achtungs- und Autoritätsanspruch bedingt, der unverzichtbare Voraussetzung für die ordnungsgemäße Erfüllung der Dienstpflichten eines Justizvollzugsbeamten ist. Wird unter den Insassen der Justizvollzugsanstalt oder unter den anderen dort tätigen Bediensteten bekannt, dass einem Justizvollzugsbeamten der Besitz kinder- oder jugendpornographischen Bild oder Videomaterials vorgeworfen wird oder er deswegen (straf- oder disziplinarrechtlich) belangt worden ist, hat dies schwerwiegende Folgen für dessen Achtungs- und Autoritätsanspruch und damit für seine Verwendbarkeit im Strafvollzug (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.6.2020 - BVerwG 2 C 12.19 -, juris Rn. 30). Dabei ist auf einen objektiven Maßstab abzustellen. Unerheblich sind insbesondere Zufälligkeiten wie der Umstand, ob das Dienstvergehen - etwa durch die Presse oder aufgrund von Indiskretionen - bereits in die Öffentlichkeit getragen wurde oder im bisherigen dienstlichen Umfeld des Beamten bereits bekannt geworden ist (st. Rspr, vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 20.10.2005 - BVerwG 2 C 12.04 -, juris Rn. 26; Urteil vom 28.2.2013 - BVerwG 2 C 62.11 -, juris Rn. 56 m.w.N.; Urteil vom 16.6.2020 - BVerwG 2 C 12.19 -, juris Rn. 31).
Hiervon ausgehend ist das hier in Rede stehende Dienstvergehen mit einem derartigen Ansehens- und Achtungsverlust - auch unter den Strafgefangenen - verbunden, dass der betreffende Justizvollzugsbeamte seine Aufgaben nicht mehr ordnungsgemäß erfüllen kann. Hinzu kann die Gefahr der Erpressbarkeit des Beamten kommen, etwa durch die Drohung eines Strafgefangenen, das Fehlverhalten des Beklagten in dessen privatem Umfeld weiter zu verbreiten, wenn der Beamte nicht zu pflichtwidrigen "Gefälligkeiten" zugunsten des Strafgefangenen und anderen Verstößen gegen die Anstaltsordnung bereit sein sollte. Schließlich wäre der Beamte auch in der ihm gesetzlich als Aufgabe (§ 177 Abs. 1 Satz 1 NJVollzG) und damit als Dienstpflicht (§ 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG) übertragenen Mitwirkung am Vollzugsziel des Strafvollzugs beeinträchtigt (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.6.2020 - BVerwG 2 C 12.19 -, juris Rn. 32 f.). Der Vollzug der Freiheitsstrafe und der Jugendstrafe soll die Mitarbeitsbereitschaft der Gefangenen im Vollzug fördern, ihre Eigenverantwortung stärken und ihnen helfen, sich in das Leben in Freiheit einzugliedern. Die Einsicht der Gefangenen in das Unrecht ihrer Straftaten und ihre Bereitschaft, für deren Folgen einzustehen, sollen geweckt und gefördert werden (§ 2 Abs. 3 NJVollzG). Im Vollzug der Jugendstrafe sollen die Gefangenen vor allem fähig werden, künftig in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen (§ 113 Satz 1 NJVollzG). Ferner sind die in § 114 Abs. 1 NJVollzG normierten Anforderungen an die Gestaltung des Vollzugs einer Jugendstrafe zu beachten. So ist der Vollzug erzieherisch zu gestalten. Zur Erreichung des Vollzugsziels des § 113 Satz 1 NJVollzG ist ferner der Gefangene in seiner Entwicklung von Fähigkeiten und Fertigkeiten sowie seiner Bereitschaft zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Lebensführung in Achtung der Rechte anderer zu fördern. Die Förderung des Gefangenen ist insbesondere auf soziales Lernen und die Ausbildung von Fähigkeiten und Kenntnissen, die seiner künftigen beruflichen Integration dienen, auszurichten. Auf die besonderen altersbedingten Bedürfnisse und Empfindlichkeiten des Gefangenen ist Rücksicht zu nehmen. An einem durch diese Vorgaben geprägten Jugendvollzug in überzeugender Weise mitzuwirken, ist einem wegen des Besitzes kinderpornografischer Dateien aufgefallenen Justizvollzugsbeamten auf absehbare Zeit kaum möglich; dies gilt erst recht im Falle der Verbreitung solcher Schriften.
3. Reicht mithin der Orientierungsrahmen bis zur Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis, so ist von einer schweren Störung des Vertrauensverhältnisses sowohl des Dienstherrn als auch der Allgemeinheit gegenüber dem Beklagten auszugehen, die bei Berücksichtigung aller für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme relevanten be- und entlastenden Umstände zu einer endgültigen Zerstörung dieses Verhältnisses geführt hat, so dass das Beamtenverhältnis im Interesse der Leistungsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und der Integrität des Berufsbeamtentums beendet werden muss.
a) Bei der Beurteilung der nach den Kriterien des § 14 Abs. 2 Satz 1 NDiszG insbesondere zu berücksichtigenden Schwere der Tat ist zunächst festzuhalten, dass dem im Urteil des Amtsgerichts B-Stadt vom 21. Mai 2019 gegen den Beklagten verhängten konkreten Strafmaß keine für das Disziplinarverfahren indizielle Bedeutung zukommt, weil Straf- und Disziplinarverfahren unterschiedliche Zwecke verfolgen. Während die konkrete Strafzumessung strafrechtlichen Kriterien folgt, wird die disziplinarrechtliche Maßnahmebemessung nach § 14 NDiszG insbesondere durch den Vertrauensverlust des Dienstherrn und der Allgemeinheit bestimmt (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.10.2019 - BVerwG 2 C 3.18 -, juris Rn. 34).
b) Im Hinblick auf mögliche entlastende Gesichtspunkte ist dem Umstand, dass der Beklagte weder straf- noch disziplinarrechtlich vorbelastet ist und seine dienstlichen Leistungen zuletzt mit "übertrifft deutlich die Leistungsanforderung" bewertet wurden, keine ausschlaggebende Bedeutung beizumessen; denn eine straffreie außerdienstliche Lebensführung und ordnungsgemäße Erfüllung der Dienstpflichten mit voller Hingabe darf der Dienstherr von jedem Beamten erwarten (st. Rspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 16.6.2020 – BVerwG 2 C 12.19 -, juris Rn. 41 m.w.N.). Die langjährige pflichtgemäße Dienstausübung ist selbst bei überdurchschnittlichen Leistungen für sich regelmäßig nicht geeignet, gravierende Pflichtverstöße in einem milderen Licht erscheinen zu lassen (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.2.2013 - BVerwG 2 C 3.12 -, juris Rn. 43 m.w.N.; Nds. OVG, Urteil vom 20.4.2021 - 3 LD 1/20 -, juris Rn. 140).
Dass der Beklagte - nach Aufdeckung der Tat - geständig war und die Tat gegenüber dem Amtsgericht nicht verharmlost hat, stellt - zumal angesichts der klaren Beweislage - ebenfalls keinen gewichtigen disziplinaren Milderungsgrund dar. Zudem hat der Beklagte im disziplinargerichtlichen Verfahren nicht mehr vorbehaltlos zu seinem Fehlverhalten bekannt. Auch gegenüber dem Senat hat er angeführt, unwissentlich durch eine im Hintergrund laufende Software an die kinderpornographischen Dateien gelangt zu sein. „Chatstep“ sei lediglich eine Chatsoftware. Die hochgeladene kinderpornographische Datei müsse wohl einem der Ordner seines Computers entstammen. Er sei nur deshalb verantwortlich, weil es sich um seinen Computer gehandelt habe. Er sei sexsüchtig, aber nicht pädophil. Dies alles lässt nur wenig Einsicht des Beklagten in die Schwere seines vom Amtsgericht B-Stadt im Strafverfahren festgestellten und von ihm uneingeschränkt eingeräumten Fehlverhaltens erkennen, denn das Einschalten einer im Hintergrund laufenden Sammelsoftware und das Hochladen einer kinderpornographischen Datei sind schwerlich ohne Wissen und Wollen des Beklagten denkbar.
Da der Beklagte mehrfach und über einen längeren Zeitraum Kinderpornographie konsumiert hat, handelt es sich auch nicht um eine einmalige persönlichkeitsfremde Augenblickstat, die zu einer milderen Bewertung führen könnte (vgl. dazu etwa BVerwG, Beschlüsse vom 20.12. 2013 - BVerwG 2 B 35.13 -, juris Rn. 6 und vom 9.10.2014 - BVerwG 2 B 60.14 -, juris Rn. 28 f.; jeweils m.w.N.). Andere anerkannte Milderungsgründe sind nicht ersichtlich.
c) Danach bleibt als berücksichtigungsfähiger entlastender Umstand von Gewicht einzig, dass der Beklagte sich eigeninitiativ einer Therapie unterzogen hat. Auch dieser Gesichtspunkt kann im vorliegenden Fall aber nicht zu einer Milderung der Disziplinarmaßnahme führen.
Nachträgliche Therapiemaßnahmen können bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme mildernd berücksichtigt werden, wenn eine günstige Zukunftsprognose gestellt werden kann. Dabei können positive Entwicklungen in der Person des Beamten nach Vollendung des Dienstvergehens auch dazu führen, dass von der Höchstmaßnahme zugunsten einer milderen Maßnahme abgesehen wird (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 19.8.2010 - BVerwG 2 C 13.10 -, juris Rn. 30; Beschluss vom 29.8.2017 - BVerwG 2 B 76.16 -, juris Rn. 21 ff.; Urteil vom 5. Juli 2018 - BVerwG 2 WD 10.18 -, juris Rn. 35 und Urteil vom 16.6.2020 - BVerwG 2 C 12.19 -, juris Rn. 42) [ebenfalls zum Besitz von kinderpornographischen Bild- und Videodateien].
Der vorgelegten Bescheinigung der Diplompädagogin J. vom 6. April 2020 (GA, Bl. 77) ist zu entnehmen, dass der Beklagte am 2. Juli 2020 und damit nach dem Ausspruch des Verbots der Führung der Dienstgeschäfte vom 19. Juni 2020 eine psychotherapeutische Behandlung begonnen hat. Der Beginn der Therapie erfolgte mithin nicht unabhängig von der beamtenrechtlichen Situation des Beklagten.
Die Therapeutin schließt in ihrer Stellungnahme aus, dass eine eventuelle Wiederbelebung der Hypersexualität des Beklagten die Grenzen der virtuellen Welt überschreitet. Gerade in der virtuellen Welt liegt aber das hier zu beurteilende Dienstvergehen. Einen Rückfall in diese Verhaltensweise schließt die Therapeutin mithin nicht aus. Dass die Therapeutin die Auffassung äußert, der Beklagte stelle als Justizvollzugsbeamter im Jugendvollzug für männliche Jugendliche keine Gefahr für die Insassen dar, ist in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung. Das vorliegende Disziplinarverfahren hat keinen sexuellen Übergriff des Beklagten auf die Insassen der Jugendanstalt B-Stadt zum Gegenstand, sondern den Besitz und die Zugänglichmachung kinderpornographischer Dateien. Insoweit vermag der Senat der Stellungnahme der Therapeutin keine günstige Prognose für den Beklagten zu entnehmen.
Unabhängig davon ist dieser Bescheinigung in fachärztlicher Sicht auch keine ausschlaggebende disziplinarrechtliche Bedeutung beizumessen, da die Therapeutin ausweislich der Bezeichnung „Psychotherapie nach § 1 HPG“ neben ihrer hier nicht maßgeblichen Ausbildung zur Diplompädagogin lediglich eine weitere Ausbildung zur Heilpraktikerin absolviert hat und dementsprechend nur über eine Erlaubnis nach dem Heilpraktikergesetz verfügt (vgl. zu einem vergleichbaren Fall: BVerwG, Urteil vom 16.6.2020 - BVerwG 2 C 12.19 -, juris Rn. 42).
d) Auf der anderen Seite ist im vorliegenden Fall zu Lasten des Beklagten zu berücksichtigen, dass unter den zahlreichen kinderpornographischen Bilddateien, die der Beklagte in seinem Besitz hatte, auch solche waren, auf denen Kinder bei vaginalem und oralem Geschlechtsverkehr mit Erwachsenen abgebildet sind, darunter in einer Vielzahl auch Kinder im Vorschulalter. Eine der in seinem Besitz befindlichen Dateien hat der Beklagte zudem in die einschlägige Onlineplattform „Chatstep“ eingestellt. Bei diesem „der Öffentlichkeit Zugänglichmachen“ handelt es sich um ein wegen seines erhöhten Unrechtsgehalts strafrechtlich noch deutlich stärker sanktioniertes Vergehen als der schlichte Besitz, der für sich genommen schon den Orientierungsrahmen eröffnet. Aus diesem Grunde ist dieser eine Fall des Zugänglichmachens zu Lasten des Beklagten zu werten und nicht - wie dieser annimmt - als mildernd, weil es sich lediglich um einen einzigen Fall handelt. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, nahm der Beklagte durch dieses Verhalten billigend in Kauf, dass diese Datei an eine unbekannte Anzahl Gleichgesinnter weitergegeben und damit die Verletzung der Würde des betroffenen Kindes intensiviert wird. Darüber hinaus wird durch die Weitergabe an weitere Personen das System der Kinderpornographie durch Bedienung des Marktes in Gang gehalten und damit der Missbrauch weiterer Kinder begünstigt. Dabei ist auch die erhebliche Anzahl der Bilddateien und der Inhalt des kinderpornographischen Materials zu berücksichtigen, dessen Herstellung für die abgebildeten Kinder - im Regelfall - eine besondere physische und/oder für ihr weiteres Leben möglicherweise dauerhafte psychische Belastung bedeutet. Dies gilt vor allem für den auf den Bilddateien festgehaltenen vaginalen, oralen und analen Missbrauch. Angesichts der sich hieraus ergebenden Schwere des Dienstvergehens käme selbst dem Milderungsaspekt einer erfolgreichen Therapie keine die Maßnahmebemessung entscheidend beeinflussende Bedeutung zu. Hinzu kommt, dass der Beklagte als aufsichtführender Beamter im Abteilungsdienst eine hervorgehobene Stellung innehatte und der Vertrauensverlust aus diesem Grunde um so schwerer wiegt. Diese Tätigkeit übte er auch nach seiner Bestellung zum Brandschutzbeauftragten weiterhin aus. Danach bleibt die Höchstmaßnahme und damit die Entfernung des Beamten aus dem Beamtenverhältnis (§ 11 NDiszG) die angezeigte und angemessene Disziplinarmaßnahme im Sinne des§ 14 NDiszG.
Die bestandskräftig gewordene Einbehaltung eines Teils der Bezüge des Beklagten auf der Grundlage des § 38 Abs. 2 NDiszG spielen bei der endgültigen Bemessung der Maßnahme keine Rolle, da es sich dabei lediglich um eine vorläufige Maßnahme handelt, die ggf. nach § 40 Abs. 2 NDiszG rückgängig zu machen wäre. Da sich im vorliegenden Fall die der Einbehaltungsentscheidung und der vorläufigen Dienstenthebung nach § 38 Abs. 1 Nr. 1 NDiszG zugrunde liegende Prognose aber als zutreffend erweist, verfallen die einbehaltenen Bezüge nach § 40 Abs. 1 Nr. 1 NDiszG.
e) Die Entfernung der Beklagten aus dem Beamtenverhältnis verstößt schließlich nicht gegen den auch im Disziplinarverfahren geltenden Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Insoweit kommt es nicht auf die finanziellen oder sozialen Auswirkungen der Disziplinarmaßnahme für den Beamten an, und auch die Auswirkungen auf dessen Familie sind nicht in den Blick zu nehmen (Nds. OVG, Urteil vom 22.6.2010, - 20 LD 7/08 -, juris Rn. 62). In das Verhältnis zu setzen sind vielmehr die Zerstörung des Vertrauensverhältnisses, zu der das Fehlverhalten geführt hat, und die beabsichtigte Disziplinarmaßnahme. Ist ein Beamter - wie hier die Beklagte - durch ein ihm vorwerfbares Verhalten vertrauensunwürdig geworden und fehlt ihm damit eine entscheidende Grundlage für die Fortsetzung des Beamtenverhältnisses, ist seine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis die einzige Möglichkeit, das durch den Dienstherrn sonst nicht lösbare Beamtenverhältnis einseitig zu beenden. Die darin liegende Härte für den Betroffenen ist nicht unverhältnismäßig, weil sie auf ihm zurechenbarem Verhalten beruht (BVerwG, Urteil vom 12.2.1992 - BVerwG 1 D 2.91 -, juris Rn. 60; Nds. OVG, Urteil vom 22.6.2010, juris, Rn. 62; Urteil vom 1.12.2014 - 6 LD 5/13 -).
4. Der Senat sieht keinen Anlass, von der gesetzlichen Reglung des nach § 11 Abs. 3 Satz 1 NDiszG zu leistenden Unterhaltsbeitrags abzuweichen.
C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 69 Abs. 1 NDiszG in Verbindung mit § 154 Abs. 2 VwGO.
Dieses Urteil ist unanfechtbar (§ 61 Abs. 2 NDiszG).