Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 14.03.2022, Az.: 1 LA 127/21
Gesundheitsgefährdung; Nutzungsuntersagung; Ratten; Schädlingsbefall
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 14.03.2022
- Aktenzeichen
- 1 LA 127/21
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2022, 59834
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG - 22.07.2021 - AZ: 2 A 236/19
Rechtsgrundlagen
- § 79 Abs 1 BauO ND
- § 79 Abs 1 BauO ND
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Ist ein Schädlingsbefall (hier: Ratten) in einem Wohngebäude auch auf bauliche Mängel zurückzuführen, kann eine Nutzungsuntersagung auf § 79 Abs. 1 NBauO gestützt werden.
Tenor:
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Osnabrück - 2. Kammer (Einzelrichter) - vom 22. Juli 2021 wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes für das Zulassungsverfahren wird auf 12.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Der Kläger wendet sich gegen eine Nutzungsuntersagung.
Er ist Eigentümer des mit zwei Wohnhäusern sowie mit weiteren Gebäuden bebauten Grundstücks A-Straße im Stadtgebiet der Beklagten. Die drei Wohnungen in dem Gebäude A-Straße hat der Kläger vermietet. Nachdem in der Presse über einen Rattenbefall am vermieteten Objekt berichtet wurde, führte die Beklagte am 16. April 2019 gemeinsam mit einer Mitarbeiterin des Gesundheitsamtes des Landkreises Emsland sowie einem Schädlingsbekämpfer eine Ortsbesichtigung durch. Hierbei stellte sie unter anderem einen über das normale Maß hinausgehenden Rattenbefall sowie erhebliche Defekte der baulichen Substanz fest; durch Löcher im Mauerwerk und an den Decken könnten Nagetiere in den Wohnbereich gelangen. Die Mitarbeiterin des Gesundheitsamtes stellte aufgrund des erheblichen Schädlingsbefalls und der Verunreinigungen eine erhöhte Gefährdung der Gesundheit fest. Der Schädlingsbekämpfer empfahl eine professionelle Schädlingsbekämpfung.
Daraufhin untersagte die Beklagte mit Bescheiden jeweils vom 17. April 2019 gegenüber allen Mietern und mit Bescheid vom 18. April 2019 gegenüber dem Kläger die Nutzung sämtlicher Wohnungen im Haus A-Straße und erklärte die Wohnungen für unbewohnbar. Der Kläger erhob gegen den Bescheid vom 18. April 2019 Widerspruch, den er im Laufe des Widerspruchsverfahrens unter anderem damit begründete, er habe den Rattenbefall zwischenzeitlich beseitigt. Nachdem der Kläger unter dem 3. September 2019 ein Protokoll eines am 27. August 2019 durchgeführten Ortstermins vorgelegt hatte, worin der beauftragte Schädlingsbekämpfer u.a. bestätigte, dass kein Rattenbefall mehr vorhanden sei und in zwei Wohnungen vermutlich nie Ratten gewesen seien, hob die Beklagte die Nutzungsuntersagung mit sofortiger Wirkung mit Bescheid vom 5. September 2019 auf.
Seine nach Zurückweisung seines Widerspruchs erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht durch Urteil vom 22. Juli 2021 abgewiesen und im Wesentlichen ausgeführt, die Nutzungsuntersagung sei rechtmäßig. Die Wohnnutzung habe im Zeitpunkt des bauaufsichtlichen Einschreitens der Regelung des § 3 Abs. 1 Satz 1 NBauO widersprochen, denn der Rattenbefall stelle eine Gefährdung der Gesundheit dar. Der Rattenbefall sei im Rahmen des von der Beklagten durchgeführten Ortstermins festgestellt worden und habe sich sowohl durch die in den Akten vorhandenen Bildaufnahmen als auch durch den sistierten Zeugen im Rahmen der mündlichen Verhandlung bestätigt. Auch im Hinblick auf die im Rahmen des Ortstermins am 16. April 2019 nicht in Augenschein genommene weitere Erdgeschosswohnung hätten zum Zeitpunkt der Nutzungsuntersagung hinreichende Anhaltspunkte für eine Gesundheitsgefährdung bestanden; angesichts der baulichen Situation habe die Beklagte davon ausgehen dürfen, dass der Rattenbefall mit hoher Wahrscheinlichkeit das gesamte Gebäude betroffen habe. Ob den Kläger ein Verschulden an dem Rattenbefall treffe, sei unerheblich, da er als Zustandsverantwortlicher in Anspruch genommen worden sei. Die Verfügung erweise sich auch auf Rechtsfolgenseite als rechtmäßig; Ermessensfehler seien nicht ersichtlich. Die Inanspruchnahme des Klägers neben den Mietern sei ermessensgerecht, da nur durch eine Nutzungsuntersagung gegenüber ihm als Eigentümer habe sichergestellt werden können, dass er die Wohnungen erst nach Bekämpfung des Rattenbefalls wieder vermiete.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit seinem auf § 124 Abs. 2 Nrn. 1 bis 5 VwGO gestützten Antrag auf Zulassung der Berufung.
II.
Der Antrag hat keinen Erfolg. Maßgebend für die Prüfung des Senats sind allein die innerhalb der Begründungsfrist dargelegten Gründe (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO). Diese rechtfertigen die Zulassung der Berufung nicht.
1.
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO rechtfertigen die Zulassung der Berufung dann, wenn es dem Rechtsmittelführer gelingt, wenigstens einen tragenden Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit plausiblen Gegenargumenten derart in Frage zu stellen, dass sich am Entscheidungsergebnis etwas ändern könnte. Daran fehlt es hier.
Der Einwand des Klägers, ernstliche Zweifel seien gegeben, weil das Verwaltungsgericht von einem möglichen Rattenbefall ausgehe, was nach seiner Auffassung nicht schlüssig dargetan und logisch begründet worden sei (S. 6 der Zulassungsbegründung), genügt bereits nicht den Darlegungsanforderungen des § 124 Abs. 4 Satz 4 VwGO. Dieses Vorbringen lässt eine substantiierte Auseinandersetzung mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung und eine Darlegung, dass und weshalb das Verwaltungsgericht unrichtig entschieden haben soll, vermissen. Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt, dass der Rattenbefall zum Zeitpunkt der Nutzungsuntersagung aufgrund der im Rahmen des von der Beklagten am 16. April 2019 durchgeführten Ortstermins, der bestätigenden E-Mail des Schädlingsbekämpfers vom selben Tage, des Schreibens des Gesundheitsamtes vom 17. April 2019, der in den Akten vorhandenen Bildaufnahmen sowie der Zeugenvernehmung im Rahmen der mündlichen Verhandlung (Urteilsabdruck S. 6-7) feststehe. Im Hinblick auf diese ausführlichen Feststellungen unter Heranziehung und Auswertung konkreter Beweismittel hätte es einer näheren Darlegung und Begründung bedurft, warum die Annahme des Verwaltungsgerichts falsch ist. Die bloße Behauptung des Gegenteils durch den Kläger unter Beweisantritt durch neuerliche Zeugenvernehmung genügt insoweit nicht, zumal der Umstand, dass überhaupt Ratten in dem Wohngebäude vorhanden waren, auch von dem Kläger nicht in Abrede gestellt wird, wenn er auf Seite 3 der Zulassungsbegründung ausführt, „von einer Rattenproblematik kann man allenfalls in der Wohnung Stiller (Erdgeschoss) sprechen“.
Ungeachtet dessen zeigt der Kläger mit diesem Einwand ernstliche Zweifel nicht auf. Versteht man dieses - überaus knappe - Vorbringen als Rüge einer fehlerhaften Tatsachen- und Beweiswürdigung durch die Vorinstanz, folgen ernstliche Zweifel hieraus nicht. Gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Wird eine fehlerhafte Sachverhalts- bzw. Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts gerügt, bedarf es im Hinblick auf den Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO der Darlegung gewichtiger Anhaltspunkte dafür, dass die tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts augenscheinlich nicht zutreffen oder die Beweiswürdigung gedankliche Lücken oder Ungereimtheiten aufweisen (vgl. nur Nds. OVG, Beschl. v. 11.3.2004 - 11 LA 380/03 -, NVwZ 2004, 1381 = NZV 2004, 542 = juris Rn. 3 m.w.N.; VGH BW, Beschl. v. 26.8.2020 - 11 S 2038/19 -, juris Rn. 12 m.w.N.). Hieran fehlt es.
Sollte der Kläger mit seinen Einwendungen gegen die Heranziehung des § 79 NBauO als Rechtsgrundlage, gegen seine Verantwortlichkeit, gegen die Verhältnismäßigkeit sowie im Hinblick auf eine fehlende Entschädigung (S. 2-5 der Zulassungsbegründung) entgegen der ausdrücklichen Benennung einzelner Zulassungsgründe mitsamt separater Begründungen auch den Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO geltend machen wollte, wogegen der Senat im Hinblick auf die Darlegungsanforderungen des § 124 Abs. 4 Satz 4 VwGO allerdings Bedenken hat, liegen auch insoweit ernstliche Zweifel nicht vor.
Die streitige Verfügung kann auf § 79 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 5 NBauO gestützt werden. Unabhängig von der Frage, ob Nutzungsuntersagungen zum Schutz der Bewohner vor dem Auftreten von durch Ratten übertragbaren Krankheiten auch auf andere Rechtsgrundlagen, wie bspw. § 16 Abs. 1 IfSG, gestützt werden können, kommt eine bauaufsichtliche Anordnung zur Verhinderung einer gesundheitlichen Gefährdung der Bewohner auf Grundlage des § 79 Abs. 1 NBauO in Betracht, wenn die Ursache des Schädlingsbefalls auch im baurechtlichen Bereich, beispielsweise in der Beschaffenheit des Gebäudes, liegt.
Nach § 79 Abs. 1 NBauO kann die Bauaufsichtsbehörde nach pflichtgemäßem Ermessen die Maßnahmen anordnen, die zur Herstellung oder Sicherung rechtmäßiger Zustände erforderlich sind, wenn bauliche Anlagen, Grundstücke, Bauprodukte oder Baumaßnahmen dem öffentlichen Baurecht widersprechen oder dies zu besorgen ist. Gemäß § 79 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 NBauO kann sie namentlich die Benutzung von Anlagen untersagen, insbesondere Wohnungen für unbewohnbar erklären. Im Widerspruch zum „öffentlichen Baurecht“ stehen bauliche Anlagen, Grundstücke, Bauprodukte und Baumaßnahmen, wenn sie den in den einschlägigen Vorschriften aufgestellten materiell-rechtlichen Anforderungen nicht entsprechen oder wenn formell-rechtliche Regelungen missachtet worden sind. Zum öffentlichen Baurecht gehören nach § 2 Abs. 17 NBauO die Vorschriften der NBauO, die Vorschriften aufgrund der NBauO, das städtebauliche Planungsrecht und die sonstigen Vorschriften des öffentlichen Rechts, die Anforderungen an bauliche Anlagen, Bauprodukte oder Baumaßnahmen von Grundstücken regeln.
Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 NBauO müssen bauliche Anlagen so angeordnet, beschaffen und für ihre Benutzung geeignet sein, dass die öffentliche Sicherheit, insbesondere Leben und Gesundheit, sowie die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere nicht gefährdet werden. Beschaffenheit (der baulichen Anlage) umfasst als weiter Sammelbegriff alle Eigenschaften des Bauwerks selbst wie Volumen, äußere Gliederung, innere Aufteilung, Konstruktionsweise, verwendete Baustoffe und Bauteile, Qualität der Verarbeitung, Ausstattung mit Einrichtungsstücken und Nebenanlagen, baulicher Zustand usw. Gemeint ist nicht nur der durch die Errichtung - erstmals - geschaffene, sondern auch der danach durch bauliche Änderungen, durch die Benutzung, das Klima und sonstige Einflüsse herbeigeführte Zustand. Das Bauwerk muss ständig den Anforderungen der NBauO genügen (Mann, in: Große-Suchsdorf, NBauO, 10. Aufl. 2020, § 3 Rn. 11). Hierzu gehört auch, dass ein Wohngebäude derart beschaffen sein muss, dass kein fortwährender Schädlingsbefall, von welchem eine Gefahr für Leben und Gesundheit durch übertragbare Krankheiten auf den menschlichen Organismus ausgehen kann, zumindest der dem dauernden Aufenthalt von Menschen dienenden Wohnräumen droht.
Gemessen hieran konnte die streitige Nutzungsuntersagung auf § 79 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 5 NBauO i.V.m. § 3 Abs. 1 NBauO gestützt werden, denn das vermietete Wohngebäude genügte den vorgenannten Anforderungen nicht. Der bauliche Zustand des Wohngebäudes (Löcher in Wänden und Decken) ließ einen fortwährenden Rattenbefall der Wohnräume und eine damit einhergehende Gefährdung der Gesundheit befürchten. Der vom Verwaltungsgericht festgestellte bauliche Zustand wird von dem Kläger nicht substantiiert angegriffen. Soweit er in seinem Schriftsatz vom 11. Oktober 2021 auf das von ihm beigefügte Protokoll über den Ortstermin vom 27. August 2019, an welchem er, der von ihm benannte Zeuge Liang und der Schädlingsbekämpfer teilgenommen haben, verweist und es darin unter Ziffer 6 unter anderem heißt „[...] lässt sich nachvollziehbar vermuten, dass Ratten durch offene Terrassentüren eingedrungen sind, zumal bauliche Mängel am Haus nicht erkennbar sind“, folgen hieraus keine ernstliche Zweifel an der Feststellung des Verwaltungsgerichts. Denn dies steht in direktem Widerspruch zu den Feststellungen, welche die Beklagte als Bauaufsichtsbehörde im Rahmen des Ortstermins am 16. April 2019 gemacht hat und die unter anderem von dem Landkreis Emsland in seiner infektionshygienischen Beurteilung vom 17. April 2019 festgehalten wurden. In Letzterem heißt es unter anderem: „Die bauliche Substanz des Hauses weist erhebliche Defekte auf. Durch Löcher im Mauerwerk und an den Decken können Nagetiere in den Wohnbereich gelangen.“ Vor diesem Hintergrund hätte es für den Nachweis, dass bauliche Mängel zu keinem Zeitpunkt bestanden haben, mehr bedurft, als allein die Behauptung des Gegenteils.
Mit seiner Rüge, er habe den Rattenbefall nicht verschuldet, verkennt der Kläger die tragende Erwägung des Verwaltungsgerichts, das nicht auf eine Verantwortlichkeit des Klägers für ein Verhalten, sondern - zutreffend - auf seine verschuldensunabhängige Zustandsverantwortlichkeit als Eigentümer nach § 56 Satz 1 NBauO abgestellt hat. Als Eigentümer hat er dafür zu sorgen, dass sein Bauwerk oder Grundstück ständig den Vorschriften des öffentlichen Baurechts i.S.d. § 2 Abs. 17 NBauO entspricht.
Soweit der Kläger geltend macht, von einer Rattenplage könne allenfalls in der Wohnung Stiller (Erdgeschoss) gesprochen werden, was sich letztlich im Rahmen der Ortsbesichtigung im August 2019 bestätigt habe; die anderen Wohnungen seien von dieser Wohnung baulich getrennt und es bestünden keinerlei Verbindungen zwischen ihnen, werden auch hiermit ernstliche Zweifel nicht aufgezeigt. Bei dem Erlass einer bauaufsichtlichen Verfügung zur Abwehr konkret drohender Gefahren kommt es auf eine ex-ante-Prognose an. Eine Maßnahme ist dann rechtmäßig, wenn sich die ex-ante-Prognose auf der Basis sämtlicher zum Zeitpunkt der Anordnung erkennbarer Umstände als fehlerfrei darstellt. Dies ist hier der Fall. Gerade mit Blick auf den hohen Stellenwert der bedrohten Schutzgüter (Leben und Gesundheit) durften die Anforderungen an den Grad der Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts nicht überspannt werden. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, dass im Zeitpunkt der bauaufsichtlichen Anordnung aufgrund der baulichen Zustände (Holzdielenkonstruktion, Löcher in Wänden und Decken) hinreichende Anhaltspunkte dafür vorlagen, dass der Rattenbefall mit hoher Wahrscheinlichkeit das gesamte Gebäude betroffen hat. Wenn es in dem vom Kläger vorgelegten Protokoll über den Ortstermin vom 27. August 2019 unter Ziffer 5 heißt, dass in den zwei weiteren Wohnungen sicherlich nie Ratten gewesen seien, macht dies die angefochtene Verfügung nicht rechtswidrig. Denn das Verwaltungsgericht betont zu Recht, dass es im Rahmen der von der Beklagten zu treffenden Gefahrenprognose nicht darauf ankomme, ob sich ex post etwas Anderes herausstelle.
Die Einwände des Klägers, eine Ordnungsverfügung allein gegen die Mieter, bei denen ein Rattenbefall festgestellt worden sei, hätte ausgereicht; die „allerstärksten Maßnahmen“ hätten sich sowohl gegen ihn als auch gegen die Mieter gerichtet, weshalb sie nicht verhältnismäßig seien; überzeugen nicht. Die Anordnung der Nutzungsuntersagung gegenüber sämtlichen Mietern war erforderlich, da nur so die (aus ex-ante-Sicht) gegebenen Gesundheitsgefährdung im gesamten Wohnhaus effektiv unterbunden werden konnte. Zu Recht betont das Verwaltungsgericht zudem, dass die Beklagte nur durch eine Nutzungsuntersagung auch gegenüber dem Kläger habe sicherstellen können, dass dieser die Wohnungen erst nach Beseitigung des Rattenbefalls wieder (anderweitig) vermiete (vgl. hierzu auch Mann, in: Große-Suchsdorf, NBauO, 10. Aufl. 2020, § 79 Rn. 85).
Die Annahme des Klägers, allein das Auslegen von Giftködern hätte ausgereicht, den Rattenbestand unverzüglich zu vernichten, vermag ebenfalls keine rechtlichen Zweifel an der erstinstanzlichen Entscheidung zu begründen. Denn diese Annahme steht in direktem Widerspruch zu den von dem Schädlingsbekämpfer nach der Ortsbesichtigung vom 16. April 2019 gefertigten Angaben in der E-Mail vom gleichen Tage. Darin betonte dieser, dass aufgrund des Rattenbefalls im Innenbereich eine professionelle Schädlingsbekämpfung sofort eingeleitet werden sollte.
Soweit der Kläger schließlich einwendet, die gegen ihn gerichtete Ordnungsverfügung komme einer Enteignung gleich, weshalb es der Anordnung einer Entschädigung bedurft hätte, dringt er hiermit bereits deshalb nicht durch, weil die Nutzungsuntersagung rechtmäßig ist und daher keine Entschädigungsansprüche auslösen kann. Darüber hinaus stellt die angefochtene Nutzungsuntersagung weder eine Enteignung noch einen enteignungsgleichen Eingriff dar. Denn die öffentlich-rechtliche Bauvorschrift des § 3 Abs. 1 NBauO, gegen die das Wohngebäude verstößt und die Beklagte berechtigt, bauaufsichtlich einzuschreiten, stellt bereits eine zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums dar (vgl. auch BayVGH, Beschl. v. 15.5.2003 - 15 ZB 01.2359 -, juris Rn. 4 unter Verweis auf BVerfG, Beschl. v. 2.3.1999 - 1 BvL 7/91 -, BVerfGE 1000, 226 = BauR 1999, 1158 = juris Rn. 73 ff.).
2.
Die Berufung ist nicht wegen besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen. Das ist nach ständiger Senatsrechtsprechung dann der Fall, wenn das Zulassungsvorbringen schwierige Fragen aufwirft, welche sich im Zulassungsverfahren nicht ohne weiteres beantworten und sich nicht ohne weiteres aus dem Gesetz lösen lassen (vgl. u.a. Senatsbeschl. v. 13.3.2019 - 1 LA 44/18 -, DVBl 2020, 289 = BauR 2019, 1889 = juris Rn. 33 m.w.N.; v. 18.11.2013 - 1 LA 43/13 -, BRS 81 Nr. 50 = BauR 2014, 231 = juris Rn. 19 m.w.N.). Derartige Schwierigkeiten weist der hiesige Fall nicht auf. Es handelt sich um einen „normalen“ Fall einer bauaufsichtlichen Nutzungsuntersagung. Die von dem Kläger aufgeworfene Frage hinsichtlich der Anwendbarkeit des § 79 Abs. 1 NBauO lässt sich ohne weiteres aus dem Gesetz beantworten; insoweit wird auf die obigen Ausführungen verwiesen. Auch im Übrigen zeigt der Kläger mit seinem Vorbringen besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten nicht auf; auch insoweit wird auf die obigen Ausführungen Bezug genommen.
3.
Die Berufung ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO), wenn sie eine im angestrebten Berufungsverfahren klärungsbedürftige und für die Entscheidung dieses Verfahrens erhebliche Rechts- oder Tatsachenfrage aufwirft, deren Beantwortung über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder Weiterentwicklung des Rechts hat. Die vom Kläger aufgeworfene Frage, ob § 79 NBauO für Fallkonstellationen wie hier als Rechtsgrundlage herangezogen werden kann, lässt sich ohne weiteres aus dem Gesetz beantworten; grundsätzlich klärungsbedürftig ist dies nicht. Auf die obigen Ausführungen wird verwiesen.
4.
Der Zulassungsgrund der Divergenz i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO wurde bereits nicht dargelegt, denn es fehlt an Vortrag, welchen entscheidungstragenden abstrakten Rechtssatz das erstinstanzliche Gericht aufgestellt hat und von welchem ebenfalls tragenden abstrakten Rechtssatz der höchstrichterlichen oder obergerichtlichen Rechtsprechung damit abgewichen wird. Der Senat ist weder verpflichtet noch berechtigt, von Amts wegen entgegenstehende höchstrichterliche oder obergerichtliche Rechtsprechung zu ermitteln.
5.
Die Berufung ist schließlich nicht wegen eines Verfahrensfehlers nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO, auf dem die Entscheidung beruhen kann, zuzulassen.
Der Kläger macht geltend, der erstinstanzliche Richter habe sich im Rahmen der mündlichen Verhandlung trotz ausdrücklicher Bitte geweigert, die Fenster des Sitzungssaals zu schließen; aufgrund des von außen eindringenden Lärms seien die Ausführungen des Gerichts teilweise nicht hörbar gewesen sei; insofern liege eine Verletzung des rechtlichen Gehörs vor, da eine entsprechende Antwort nicht habe erfolgen können. Hiermit zeigt der Kläger einen Verfahrensfehler i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO nicht auf. Die Darlegung einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör durch Übergehen von Beteiligtenvortrag verlangt, dass sich aus dem Vorbringen die Entscheidungserheblichkeit des nicht berücksichtigten Vortrags in dem Sinne ergibt, dass und weshalb bei Berücksichtigung dieses Vortrags eine andere Entscheidung in Betracht gekommen wäre (vgl. nur OVG NRW, Beschl. v. 15.7.2011 - 15 A 1312/11 -, juris Rn. 4; VGH BW, Beschl. v. 24.6.1997 - 5 S 1181/97 -, juris Rn. 2 m.w.N.). Dies lässt der Einwand des Klägers vermissen. Allein die Rüge, eine entsprechende Antwort auf richterliche Ausführungen sei nicht möglich gewesen, genügt nicht. Spätestens seit der Kenntnis der Entscheidungsgründe des Verwaltungsgerichts hätte es insoweit einer näheren Darlegung bedurft, welcher entscheidungserhebliche Vortrag unterblieben sein soll und wie sich das Entscheidungsergebnis bei Berücksichtigung dieses Vorbringens ändern könnte. Hieran fehlt es.
Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung, die der Festsetzung des Verwaltungsgerichts folgt, beruht auf §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 GKG.