Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 10.11.2021, Az.: 1 LB 78/19
Ausnahme; Bauvoranfrage; Bestimmtheit; gedankliche Schnur; Vordruck
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 10.11.2021
- Aktenzeichen
- 1 LB 78/19
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2021, 71086
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG - 04.04.2018 - AZ: 2 A 48/16
Rechtsgrundlagen
- § 31 Abs 1 BauGB
- § 1 Abs 9 BauNVO
- § 1 Abs 5 BauNVO
- § 1 Abs 6 BauNVO
- § 6 Abs 3 BauNVO
- § 1 Abs 3 BauVorlV ND
- § 66 Abs 2 S 1 BauO ND
- § 66 Abs 6 BauO ND
- § 82 Abs 2 Nr 8 BauO ND
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Auch bei Stellung einer Bauvoranfrage besteht eine Verpflichtung, den nach § 1 Abs. 3 BauVorlVO i.V.m. § 82 Abs. 2 Nr. 8 NBauO und RdErl. d. MU vom 20.8.2019 - Nds. MBl. S. 1252 = VORIS 21072, Anlage 5 vorgeschriebenen Vordruck zu verwenden.
Der Bestimmtheitsgrundsatz erfordert nicht in jedem Fall, dass die Berechnungsparameter einer Höhenbegrenzung bereits im Wortlaut der Norm vollständig ausformuliert sind. Ausreichend ist, wenn sich mit den üblichen Auslegungsmitteln der Bedeutungsgehalt der Festsetzung erschließen lässt. In diesem Rahmen fehlt es an der notwendigen Bestimmtheit nicht bereits dann, wenn mehrere Auslegungsergebnisse jeweils vertretbar wären. Erforderlich ist lediglich, dass eines davon in der Gesamtschau vorzugswürdig ist.
Im Rahmen einer Feindifferenzierung nach § 1 Abs. 9 BauNVO zwischen einer oder wenigen einzeln benannten Nutzungsarten und allen übrigen Arten der fraglichen Nutzung ist die Ausnahme, nicht die Regel, besonders zu begründen.
Die Zulassung einer Ausnahme nach § 31 Abs. 1 BauGB erfordert in Niedersachsen einen ausdrücklichen, schriftlichen und begründeten Antrag.
Tenor:
Auf die Berufung des Beklagten und der Beigeladenen wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Osnabrück vom 04.04.2018 - 2 A 48/16 - geändert. Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind erstattungsfähig.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger und Berufungsbeklagte begehrt einen auf die Art der Nutzung beschränkten planungsrechtlichen Bauvorbescheid zur Umnutzung einer Diskothek in eine Spielhalle; die Beteiligten streiten darüber, ob dem bauplanerische Festsetzungen oder im Fall von deren Unwirksamkeit die Eigenart der näheren Umgebung entgegenstehen.
Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks Poststraße im Ortsteil H. der Beigeladenen. Die Poststraße führt im Südosten der Ortslage in östlicher Richtung aus dieser heraus. Etwa 100 m westlich des Vorhabengrundstücks knickt sie nach Südwesten ab; die vom Knick aus gerade nach Westen weiterführende Straße heißt Baierort. Diese trifft nach weiteren 230 bis 240 m in einem Kreisverkehr auf die nord-südlich verlaufende Hauptstraße, eine Durchgangsstraße, an der neben Wohnhäusern die meisten Geschäfte und Dienstleistungsbetriebe von H. liegen. Auf seinem an der Nordseite der Poststraße gelegenen Grundstück betreibt der Kläger ein Hotel und eine Diskothek. Beidseits der Poststraße findet sich eine Mischung aus Wohn- und gewerblichen Nutzungen; nördlich des Vorhabengrundstücks liegt eine Lagerhalle. Nordwestlich schließt sich Wohnbebauung an; östlich beginnt der Außenbereich.
Mit dem 1999 beschlossenen, 2001 erstmals - in den „Grafschafter Nachrichten“ und der „Lingener Tagespost“ - bekannt gemachten Bebauungsplan Nr. 65 „Ortsdurchfahrt Lohne“ beabsichtigte die Beigeladene, die Bebauung auf den Grundstücken beidseits der Hauptstraße und an der Nordseite der Straße „Baierort“ bzw. in deren Verlängerung der Poststraße im Sinne einer Vereinheitlichung und Sicherung des vorhandenen gemischten Baubestandes zu steuern; bisher war dieser Bereich teils aufgrund der Festsetzungen älterer Pläne als Misch- oder Dorfgebiet festgesetzt, teils - wie das Vorhabengrundstück - unbeplant. Der Plan besteht aus zwei Blättern, die zwei nicht unmittelbar aneinandergrenzende Teilbereiche der Hauptstraße (mit den genannten Seitenstraßen) abbilden. Auf dem Blatt für den Planbereich 2, der auch das Vorhabengrundstück erfasst, befand sich zunächst kein Ausfertigungsvermerk. Das Plangebiet ist als Mischgebiet (MI) festgesetzt, in dem nach der textlichen Festsetzung § 3 Satz 1 Vergnügungsstätten „gem. § 1 (5) i.V.m. (9) BauNVO“ ausgeschlossen sind. Nur für das als MI-1 gekennzeichnete Vorhabengrundstück regelt die textliche Festsetzung (TF) § 3 Satz 2:
„In der MI-1-Fläche hingegen sind Vergnügungsstätten gem. § 6 (3) BauNVO ausnahmsweise zulässig.“
Ausweislich der Planbegründung sollte damit der vorhandenen Diskothek Bestandsschutz eingeräumt werden. Im gesamten Plangebiet ist in den Nutzungsschablonen die Geschossigkeit festgesetzt. Die TF § 1 lautet auszugsweise:
„a) Höhe des fertigen Erdgeschossfußbodens
Die Höhe des fertigen Erdgeschossfußbodens darf, gemessen von der Mitte fertiger Straßenoberfläche bis zur Oberkante des fertigen Erdgeschossfußbodens, in der Mitte des Gebäudes, entlang der Straßenseite 0,40 m nicht überschreiten.
b) Traufenhöhe
Die Traufenhöhe der Gebäude, gemessen von der Oberkante fertiger Erdgeschossfußboden bis zum Schnittpunkt der Außenkante des aufgehenden Außenmauerwerkes mit der Dachhaut, muß folgenden Mindest- und Maximalwerten entsprechen:
- bei bis zu II geschossiger Bauweise: max. 6,50 m
- bei II-III geschossiger Bauweise: mind. 5,50 m und max. 6,50 m
- bei II-IV geschossiger Bauweise: mind. 5,50 m und max. 10,00 m.
[…]“
Am 19. Februar 2015 stellte der Kläger einen „Bauantrag für das Betreiben einer Spielhalle“ auf dem Vorhabengrundstück. Am 23. Februar 2015 fasste der Rat der Beigeladenen den Aufstellungsbeschluss für eine 6. Änderung des Bebauungsplans Nr. 65; die erste bis fünfte Änderung sind nicht verfahrensrelevant. Die Planänderung wurde im vereinfachten Verfahren nach § 13 BauGB ohne Umweltprüfung durchgeführt. Am 15. Oktober 2015 beschloss der Rat der Beigeladenen die 6. Änderung des Bebauungsplans als Satzung; nach Ausfertigung am selben Tag wurde der Satzungsbeschluss am 5. November 2015 öffentlich bekannt gemacht. Mit der Änderung erhält TF § 3 Satz 2 folgende Fassung:
„In der MI-1-Fläche ist eine Diskothek als Vergnügungsstätte gemäß § 6 Abs. 3 BauNVO ausnahmsweise zulässig.“
Am 20. Januar 2016 erläuterte der Prozessbevollmächtigte des Klägers, dass dessen Antrag vom 19. Februar 2015 als Bauvoranfrage zur planungsrechtlichen Zulässigkeit einer mischgebietstypischen Spielhalle unter Ausklammerung bauordnungsrechtlicher, immissionsschutzrechtlicher Fragen sowie der Frage, ob das Vorhaben das baunachbarrechtliche Rücksichtnahmegebot einhalte, zu verstehen sei.
Am 16. August 2016 hat der Kläger Untätigkeitsklage erhoben, in die er nachfolgend den im Laufe des gerichtlichen Verfahrens ergangenen Ablehnungsbescheid vom 7. September 2016 und den Widerspruchsbescheid vom 30. September 2016 einbezogen hat. Zur Begründung hat er ausgeführt, der Bebauungsplan sei bereits in seiner Urfassung unwirksam gewesen. Es sei unzulässig, einen Bebauungsplan mit zwei nicht aneinandergrenzenden Teilbereichen aufzustellen. Die TF § 1 sei mit Blick auf Eckgrundstücke zu unbestimmt. Die Bekanntmachung in örtlichen Tageszeitungen sei nicht ausreichend; erforderlich sei eine Bekanntmachung im Amtsblatt. In § 4 der textlichen Festsetzungen werde auf die DIN 4109 verwiesen, die nicht mit öffentlich ausgelegen habe. Die Lärmpegelbereiche seien nicht definiert. Die Urschrift des Planbereichs 2 enthalte keine Verfahrensvermerke, insbesondere keine Ausfertigung. Unwirksam sei auch die 6. Änderung. § 6 Abs. 3 BauNVO biete keine Rechtsgrundlage für die Zulassung von Vergnügungsstätten in einem Mischgebiet, das überwiegend durch Gewerbe geprägt sei. Da das MI-1 gewerblich geprägt sei, werde in der Sache eine Feindifferenzierung des in TF § 3 Satz 1 generell festgesetzten Ausschlusses von Vergnügungsstätten vorgenommen; für diese fehle die nach § 1 Abs. 9 BauNVO angeordnete Benennung besonderer städtebaulicher Gründe. Erstmals mit Schriftsatz vom 13. Februar 2017 hat er zudem die Zulässigkeit einer Planaufstellung im vereinfachten Verfahren nach § 13 BauGB in Frage gestellt.
Am 12. Juni 2017 hat der Bürgermeister der Beigeladenen auf dem Planurkundenblatt für den Teilbereich 2 des Plans einen datierten und unterzeichneten Vermerk aufgebracht, dass dieser Planbereich Teil des am 14. April 1999 als Satzung beschlossenen Bebauungsplans Nr. 65 „Ortsdurchfahrt Lohne“ sei. Am 22. Juni 2017 wurde der Plan nochmals bekannt gemacht.
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 7. September 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. September 2016 zu verpflichten, die Bauvoranfrage des Klägers vom 19. Februar 2015 in der präzisierten Form des Schreibens vom 20. Januar 2016 positiv zu bescheiden,
hilfsweise,
festzustellen, dass die streitgegenständliche Bauvoranfrage bis zur Bekanntmachung der Satzungsänderung am 22. Juni 2017 genehmigungsfähig war.
Der Beklagten und die Beigeladene haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Mit Urteil vom 4. April 2018 hat das Verwaltungsgericht den Beklagten unter Aufhebung des Ablehnungs- und des Widerspruchsbescheides verpflichtet, die Bauvoranfrage des Klägers vom 19. Februar 2015 in der präzisierten Form des Schreibens vom 20. Januar 2016 positiv zu bescheiden. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger habe nach § 73 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 NBauO einen Anspruch auf Erteilung des Bauvorbescheides, da sein Vorhaben nach § 34 Abs. 2 i.V.m. § 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO der Art nach bauplanungsrechtlich zulässig sei. Eine Beurteilung nach § 30 BauGB scheide aus, da der Bebauungsplan Nr. 65 bereits in seiner Urfassung unwirksam sei. Die Festsetzung zur Gebäudehöhe sei unwirksam, weil bei Grundstücken, die an mehrere Straßen grenzten, nicht erkennbar sei, welche der Straßen den Bezugspunkt für die Höhenberechnung bilde. Aus sich heraus sei die Festsetzung nicht verständlich. Auch durch Auslegung unter Einbeziehung der Begründung des Bebauungsplans könne ihr Inhalt nicht ermittelt werden. Neben der in der älteren Rechtsprechung des OVG NRW als einzig sinnvolle Auslegung angesehenen Berücksichtigung der Straße, über die das Grundstück erschlossen werde, komme etwa die Straße an der längeren Gebäudeseite oder eine Mittelwertbildung in Betracht; auch gebe es Mehrfacherschließungen. Die Unbestimmtheit für Eckgrundstücke führe zur Unwirksamkeit der Höhenfestsetzung insgesamt, da mit ersterer ein großer Teil der Grundstücke der gewollten Regelung entzogen werde, mithin das angestrebte abgestimmte Stadtbild nicht entstehen könne. Die Unwirksamkeit der Höhenfestsetzung führe ihrerseits zur Gesamtunwirksamkeit des Plans. In den Planunterlagen komme nicht zum Ausdruck, dass die Beigeladene den Plan auch ohne Höhenfestsetzungen beschlossen hätte, zumal die Ausführungen zu dieser relativ lang seien. Die 6. Änderung für sich genommen habe keinen das Vorhaben ausschließenden Regelungsgehalt. Eine Umdeutung der 6. Änderung in einen Bebauungsplan zur Beschränkung von Spielhallen nach § 9 Abs. 2b BauGB scheide aus. Nach § 34 Abs. 2 i.V.m. § 6 Abs. 2 Nr. 8 BauGB sei das Vorhaben zulässig. Seine nähere Umgebung stelle sich als faktisches Mischgebiet dar, das Vorhabengrundstück liege in einem Teil dieses faktischen Mischgebiets mit überwiegend gewerblicher Prägung.
Gegen dieses Urteil hat der Senat auf die Anträge des Beklagten und der Beigeladenen mit Beschluss vom 10. Mai 2019 (1 LA 70/18) die Berufung zugelassen.
Parallel zum Berufungsverfahren hat die Beigeladene vorsorglich ein Verfahren nach § 214 Abs. 4 BauGB zur Fehlerbehebung hinsichtlich der Höhenfestsetzung als beschleunigtes Verfahren nach § 13a BauGB durchgeführt. Der erneute Satzungsbeschluss datiert vom 10. Dezember 2020. Gegenüber dem Ursprungsplan geändert ist in der Planurkunde lediglich die textliche Festsetzung Nr. 1 Buchst a) Satz 2. Sie lautet nun:
„Die Höhe des fertigen Erdgeschossfußbodens darf nicht höher als 0,40 m über Straßenoberfläche liegen. Maßgeblich ist die Mitte der Straße rechtwinklig zur Mitte des Gebäudes. Grenzt das Baugrundstück an zwei Straßen, ist die Straße maßgeblich, von der aus die Zufahrt auf das Grundstück erfolgt. Erfolgt eine Zufahrt von beiden Straßen, ist die Straße maßgeblich, die näher an der Gebäudefläche liegt.“
Die Schlussbekanntmachung in den Grafschafter Nachrichten vom 15. Januar 2021 und der Lingener Tagespost vom 20. Januar 2021 ordnet die Rückwirkung zum 12. Dezember 2001 an und weist darauf hin, dass die seitdem beschlossenen zwölf Änderungen unberührt blieben.
Der Beklagte hat seine Berufung fristgerecht begründet. Er hält die Höhenfestsetzung im Ursprungsplan für hinreichend bestimmt. Sie beziehe sich bei Eckgrundstücken auf die Verkehrsfläche, über die das Grundstück erschlossen sei. Auch die 6. Änderung sei wirksam. Selbst wenn das nicht der Fall sei, ergebe sich die Unzulässigkeit des Vorhabens bereits aus der Ursprungsfassung; die Ausnahme für das MI-1 beziehe sich ausweislich der damaligen Planbegründung ausschließlich auf eine Diskothek. Sehe man dies anders, so dürfe der Beklagte sein Ausnahmeermessen aufgrund der eindeutigen Intention des damaligen Plangebers, nur der Diskothek Bestandsschutz zu gewähren, im Sinne einer Versagung einer Ausnahme für sonstige Vergnügungsstätten ausüben. Im Übrigen sei das streitgegenständliche Teilgebiet nicht überwiegend gewerblich geprägt.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Osnabrück vom 4. April 2018 (2 A 48/16) abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Beigeladene beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Osnabrück vom 4. April 2018 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Sie weist ebenfalls fristgerecht darauf hin, dass der Beklagte in ständiger Verwaltungspraxis Höhenfestsetzungen in Bebauungsplänen anhand derjenigen Straße berücksichtige, über die das Grundstück erschlossen werde. Zwar möchten Grundstücke teils von zwei Straßen erschlossen werden; auf einzelne Gebäude treffe das aber regelmäßig nicht zu. Gelte ausnahmsweise Anderes, so sei die Höhenfestsetzung mit Bezug auf beide Erschließungsstraßen anzuwenden. Nach Abschluss des ergänzenden Verfahrens gälten ohnehin die dort getroffenen, hinreichend bestimmten Festsetzungen. Die Wirksamkeit der 6. Änderung sei unerheblich, da auch bei Unwirksamkeit dieser Planänderung die Gewährung einer Ausnahme mit Blick auf die Intention des damaligen Plangebers abgelehnt werden könne. Der Einwand des Klägers, TF § 3 Satz 2 sei an § 1 Abs. 9 BauNVO zu messen und daher unzulässig, sei unbegründet. Selbst im Fall einer Beurteilung des Vorhabens nach § 34 BauGB sei dieses unzulässig, da es nicht in einem überwiegend gewerblich geprägten Teilgebiet liege. Die gegen die Wirksamkeit der Ursprungsfassung des Plans vorgetragenen Einwände des Klägers griffen nicht durch.
Der Kläger beantragt,
die Berufungen des Beklagten und der Beigeladenen zurückzuweisen.
Er verweist auf seinen erstinstanzlichen Vortrag, nach dem der Bebauungsplan Nr. 65 in seiner Urfassung bereits aufgrund seiner Zweiteilung, fehlender Ausfertigung auf der Urkunde für den zweiten Teilbereich und aufgrund des fehlenden Hinweises auf die DIN 4109 unwirksam sei. Die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur Unbestimmtheit der Höhenfestsetzung träfen zu. Das ergänzende Verfahren führe nicht zu einer Fehlerheilung, da es selbst fehlerhaft sei. Die Durchführung im beschleunigten Verfahren nach § 13a BauGB sei nicht statthaft gewesen, da die Unterschreitung der Maximalgröße von 70.000 m² bestritten werde und der Plan auch Außenbereichsflächen einbeziehe. Zudem sei die rückwirkende Inkraftsetzung nach 20 Jahren und 12 Änderungsverfahren unzulässig, zumal sie nicht Gegenstand des Ratsbeschlusses über die Satzung geworden sei. Die 6. Planänderung sei aus den ebenfalls erstinstanzlich vorgetragenen Gründen unwirksam. Die Andeutung des Senats im Zulassungsbeschluss, bereits die Urfassung könne dahin ausgelegt werden, dass nur Diskotheken ausnahmsweise zulässig seien, überschreite den Rahmen einer zulässigen Planauslegung. Bei der Betätigung des Ausnahmeermessens sei zu berücksichtigen, dass es bislang noch keine Spielhalle in Lohne gebe; die städtebaulichen Nachteile des angefragten Vorhabens seien deutlich geringer als bei sog. „Spielcentern“.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die Beiakten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat der Verpflichtungsklage des Klägers zu Unrecht stattgegeben. Diese ist zwar zulässig, aber unbegründet.
Der Senat lässt dahinstehen, ob jedenfalls der Verpflichtungsausspruch bereits deshalb aufzuheben ist, weil es der Kläger entgegen mehrfacher Aufforderung des Beklagten abgelehnt hat, den nach § 1 Abs. 3 BauVorlVO i.V.m. § 82 Abs. 2 Nr. 8 NBauO und RdErl. d. MU vom 20.8.2019 - Nds. MBl. S. 1252 = VORIS 21072, Anlage 5 vorgeschriebenen Vordruck zu verwenden; hierzu wäre er auch bei Stellung einer Bauvoranfrage verpflichtet gewesen. Dies könnte zur Folge haben, dass das Verwaltungsgericht dem Beklagten zumindest über einen entsprechenden Bescheidungsausspruch die Möglichkeit hätte einräumen müssen, die Bearbeitung des Bauantrags gemäß § 69 Abs. 2 Satz 2 NBauO abzulehnen.
Jedenfalls besteht in der Sache kein Erteilungsanspruch. Eine mischgebietstypische Spielhalle ist am vorgesehenen Standort bauplanungsrechtlich ihrer Art nach -- unabhängig von ihren Lärmauswirkungen und davon, ob sie aus anderen Gründen das Gebot der Rücksichtnahme verletzt -- weder regelhaft noch ausnahmsweise zulässig.
I.
Die Unzulässigkeit ergibt sich aus dem auch von nachträglichen Planänderungen nicht berührten § 3 Satz 1 der textlichen Festsetzung des Bebauungsplans Nr. 65 der Beigeladenen. Nach dieser Vorschrift sind in den im Plan festgesetzten Mischgebieten - also grundsätzlich auch dem Mischgebiet MI-1 Vergnügungsstätten unzulässig. Mischgebietstypische Spielhallen sind Vergnügungsstätten.
§ 3 Satz 1 der textlichen Festsetzungen des genannten Bebauungsplans ist weder isoliert noch aufgrund einer Gesamtunwirksamkeit des Bebauungsplans Nr. 65 unwirksam.
1.
Die Bekanntmachung des Satzungsbeschlusses in der Lingener Tagespost und den Grafschafter Nachrichten entsprach - wie die Beigeladene in ihrem Schriftsatz vom 19. Mai 2017, S. 4, substantiiert und unwidersprochen dargelegt hat - der durch die zu diesem Zeitpunkt maßgebliche Fassung der Hauptsatzung festgelegten Form der ortsüblichen Bekanntmachung.
2.
Die erstinstanzlich vorgetragene, im Berufungsverfahren wiederholte Auffassung des Klägers, es sei unzulässig, einen Bebauungsplan - wie hier den Bebauungsplan Nr. 65 mit seinen Planbereichen 1 und 2 - mit zwei räumlich nicht zusammenhängenden Geltungsbereichen aufzustellen, ist unzutreffend (BVerwG, Beschl. v. 9.5.1997 - 4 N 1.96 -, BVerwGE 104, 353 = BRS 59 Nr. 11 = juris Rn. 26).
3.
Unschädlich ist - und war auch vor der Neubekanntmachung vom 22. Juni 2017 -, dass sich auf der den Planbereich 2 betreffenden Planurkunde kein Ausfertigungsvermerk fand. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Senats (Urt. v. 8.9.2010 - 1 KN 129/07 -, DVBl. 2010, 1381 = BauR 2011, 1131 = juris Rn. 173) sowie anderer Oberverwaltungsgerichte (z.B. VGH BW, Urt. v. 8.5.1990 - 5 S 3064/88 -, NVwZ-RR 1991, 20 = BRS 50, Nr. 10 = juris Rn. 22; OVG NRW, Urt. v. 19.7.2011 - 10 D 131/08.NE -, juris Rn. 25; v. 29.1.2013 - 2 D 102/11.NE - BauR 2013, 896 = juris Rn. 52.; OVG Berl.-Bbg, Urt. v. 11.10.2007 - 11 A 7.05 -, juris Rn. 49; SächsOVG, Urt. v. 13.3.2008 - 1 D 6/07 -, UPR 2009, 34 = juris Rn. 25), dass ein separater Ausfertigungsvermerk auf Dokumenten entbehrlich ist, die durch eine „gedankliche Schnur“ mit der ausgefertigten Urkunde verbunden sind. Das ist der Fall, wenn in dieser eindeutig auf ein bestimmtes weiteres Dokument Bezug genommen wird. So liegt der Fall hier. Die ausgefertigte Urkunde für den Planbereich 1 weist unter C. 3. darauf hin, dass der Plan aus zwei Teilbereichen besteht; hierauf verweist auch die Überschrift „Planbereich 1“. Zweifel an der Identität der in die Ausfertigung einbezogenen Urkunde für den Planbereich 2 bestehen nicht; das bei den Planaufstellungsvorgängen befindliche Dokument ist wie das ausgefertigte Dokument als „Urschrift“ gestempelt; dass verschiedene Fassungen des Plans existierten, ist auch weder geltend gemacht, noch sonst ersichtlich.
4.
Die Rüge des Klägers, in der Planurkunde werde die DIN 4109 in Bezug genommen, ohne dass diese Gegenstand der öffentlichen Auslegung gewesen sei, ist unerheblich. Falls sie sich tatsächlich auf die öffentliche Auslegung vor der ursprünglichen Planaufstellung bezieht, ist nicht ersichtlich, dass § 3 Abs. 2 Satz 1 BauGB eine solche Auslegung verlangt; im Übrigen wäre ein daraus etwa resultierender Verfahrensmangel jedenfalls nach §§ 215 Abs. 1, 233 Abs. 2 BauGB unbeachtlich geworden. Aber auch als Rüge einer unzureichenden Schlussbekanntmachung - dafür spricht der Einwand des Klägers, ohne Kenntnis der DIN-Norm wäre die TF § 4 nicht verständlich und daher zu unbestimmt - wäre sie unbegründet. Die DIN 4109 ist in Niedersachsen als technische Baubestimmung gem. § 83 Abs. 1 NBauO im Nds. MinBl. 1991, 259; 2005, 941 bekannt gemacht. Dem Publizitätserfordernis ist damit genügt (vgl. Senatsurt. v. 4.12.2014 - 1 KN 106/12 -, BauR 2015, 613 = juris Rn. 33 ff.).
5.
Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts leidet der Bebauungsplan nicht unter einem zu seiner Gesamtunwirksamkeit führenden Bestimmtheitsmangel der auf den §§ 16, 18 BauNVO beruhenden Höhenfestsetzung für den Erdgeschossfußboden (TF § 1 Buchst. a) und daran anknüpfend für die Traufhöhe (TF § 1 Buchst. b).
Dem Verwaltungsgericht ist zwar im Ansatz darin zuzustimmen, dass der aus dem Rechtsstaatsprinzip abgeleitete Bestimmtheitsgrundsatz verlangt, Rechtsnormen - auch Festsetzungen eines Bebauungsplans - so präzise zu formulieren, dass Adressaten ihren Regelungsgehalt aus ihnen ableiten und mithin ihr Verhalten an ihnen ausrichten können; eine willkürfreie Handhabung durch Behörden und Gerichte muss möglich sein. Das erfordert allerdings nicht in jedem Fall, dass etwa die Berechnungsparameter einer Höhenbegrenzung bereits im Wortlaut der Norm vollständig ausformuliert sind. Gerade dann, wenn eine Regelung - wie die Höhenbegrenzung bei Eckgrundstücken in einem relativ ebenen Gelände - nur in verhältnismäßig seltenen Fallkonstellationen zum Tragen kommt, wird man eine explizite Regelung im Plan nicht unbedingt erwarten können. Ausreichend ist vielmehr, wenn sich mit den üblichen Auslegungsmitteln der Bedeutungsgehalt der Festsetzung erschließen lässt. Im diesem Rahmen fehlt es an der notwendigen Bestimmtheit nicht bereits dann, wenn mehrere Auslegungsergebnisse jeweils vertretbar wären. Erforderlich ist lediglich, dass eines davon in der Gesamtschau vorzugswürdig ist.
Das ist hier der Fall. Zutreffend ist die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass hier weder der Wortlaut der Festsetzung, noch die Planbegründung Anhaltspunkte dafür bieten, dass diejenige Straße, der eine Erschließungsfunktion für das in Rede stehende Gebäude zukommt, maßgeblich sein sollte. Gleiches gilt für die Maßgeblichkeit der Straße an der längeren Gebäudeseite oder eine Mittelwertbildung. Wie der Senat bereits im Zulassungsbeschluss angedeutet hat, lässt die Planbegründung allerdings hinreichend deutlich erkennen, von welchem Betrachtungshorizont aus die Höhenfestsetzung nach der Intention des Rates wirken sollte und welcher Höhenbezugspunkt diesem Anliegen entspricht. Die Ausführungen zur Gebäudehöhe auf S. 10 der Planbegründung schließen nämlich mit den Worten:
„Im Grundsatz wird damit beabsichtigt unter Einhaltung einer architektonischen Gestaltungsfreiheit ein einheitliches Straßenbild der Ortsdurchfahrt von Lohne zu erreichen.“
Maßgeblich ist danach in Zweifelsfällen die Sichtweise von der Hauptstraße (K 33), an der alle im Plangebiet gelegenen Eckgrundstücke bei Aufstellung des Bebauungsplans auch lagen. Dafür spricht auch, dass die Antragsgegnerin - von der Straße Baierort/Poststraße abgesehen - die an die Eckgrundstücke angrenzende Bebauung der Querstraßen zur Hauptstraße überhaupt nicht in den Blick genommen hat; die der Planbegründung beigefügte Bestandsaufnahme erfasst die dem Plangebiet benachbarten Grundstücke „hinter“ den Eckgrundstücken nicht. Die Harmonie der Baukörper mit der dortigen Bebauung war dem Rat mithin ersichtlich kein besonderes Anliegen.
Angesichts dieses Befundes ist auch für die vom Senat mehrfach befürwortete, aber nur als Zweifelsregel verstandene Maßgeblichkeit aller in Frage kommenden Straßen (vgl. z.B. Beschl. v. 2.6.2020 - 1 MN 116/19 -, BauR 2020, 1269 = juris Rn. 22; Urt. v. 26.10.2016 - 1 KN 6/15 -, BRS 84 Nr. 35 = juris Rn. 46; Tendenz auch im Urt. v. 14.5.2019 - 1 KN 101/17 -, juris Rn. 71) kein Raum.
Dem steht nicht entgegen, dass der Beklagte und die Beigeladene im gerichtlichen Verfahren eine andere Auslegung (Maßgeblichkeit der tatsächlichen Erschließung, notfalls niedrigere Straße) vertreten und die Beigeladene im Heilungsverfahren eine nochmals abweichende Regelung (Erschließung, notfalls straßennähere Fassade) getroffen hat. Für die Auslegung maßgeblich ist nicht ein späterer tatsächlicher, sondern der durch Auslegung ermittelbare objektivierte Ratswille bei Satzungsbeschluss.
6.
Wirksam ist auch die TF § 3 Satz 1 selbst. Sie findet ihre Rechtsgrundlage für die überwiegend durch gewerbliche Nutzungen geprägten Teile des Plangebiets, in denen nicht kerngebietstypische Vergnügungsstätten sonst nach § 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO allgemein zulässig wären, in § 1 Abs. 5 BauNVO, für die übrigen Teile des Plangebiets, in denen Vergnügungsstätten sonst nach § 6 Abs. 3 BauNVO ausnahmsweise zulässig wären, in § 1 Abs. 6 Nr. 1 BauNVO. Ob eine fehlerfreie Abwägung es erfordert hätte zu prüfen, für welche Teile des Plangebiets welche Rechtsgrundlage einschlägig gewesen wäre, kann dahinstehen; denn ein aus einer insoweit defizitären Sachverhaltsermittlung folgender Abwägungsfehler wäre jedenfalls nach §§ 215 Abs. 1, 233 Abs. 2 BauGB unbeachtlich geworden.
II.
Die Rechtsfolge der TF § 3 Satz 1 wird nicht durch die für das Grundstück des Antragstellers zunächst geltende Spezialregelung der TF § 3 Satz 2 in der Ursprungsfassung des Bebauungsplans Nr. 65, wonach in der MI-1-Fläche Vergnügungsstätten gemäß § 6 Abs. 3 BauNVO ausnahmsweise zulässig waren, modifiziert. Vielmehr ist für die Beurteilung der Bauvoranfrage des Klägers die Neufassung dieses Satzes durch die 6. Planänderung maßgeblich, die Spielhallen nicht einmal ausnahmsweise zulässt.
Diese Änderung ist wirksam.
1.
Zur Unwirksamkeit der Änderung führende Verfahrensfehler sind nicht ersichtlich. Soweit der Kläger erstmals mit Schriftsatz vom 13. Februar 2017 - mithin über ein Jahr nach Inkrafttreten der 6. Änderung am 5. November 2015 - die Zulässigkeit einer Planänderung im Verfahren nach § 13a BauGB in Frage gestellt hat, sind daraus etwa resultierende Verfahrensfehler jedenfalls nach § 215 Abs. 1 BauGB unbeachtlich geworden.
2.
Die geänderte Fassung der TF § 3 Satz 2, nach der in der MI-1-Fläche „eine Diskothek als Vergnügungsstätte gemäß § 6 Abs. 3 BauNVO ausnahmsweise zulässig“ ist, hat in § 1 Abs. 9 BauNVO eine Rechtsgrundlage.
Der Senat legt die Norm dabei dahingehend aus, dass sie entgegen ihrem Wortlaut die Anzahl der im Gebiet zulässigen Diskotheken nicht - was von der Rechtsgrundlage nicht abgedeckt wäre (vgl. für entsprechende Sondergebietsfestsetzungen BVerwG, Urt. v. 17.10.2019 - 4 CN 8.18 -, BVerwGE 166, 378 = juris Rn. 12 ff.) - kontingentieren soll, sondern lediglich dem Vorverständnis der Antragsgegnerin Ausdruck verleiht, dass die Ansiedelung von mehr als einer Diskothek auf demselben Grundstück ohnehin nicht realistisch ist, dies aber vorbehaltlich der Prüfung im Rahmen des Ausnahmeermessens zuließe.
Der Einwand des Klägers, für die Festsetzung fehle die Rechtsgrundlage, da der angegebene § 6 Abs. 3 BauNVO insoweit nicht greife und für eine Festsetzung nach § 1 Abs. 9 BauNVO die Darlegung der besonderen städtebaulichen Gründe zum Ausschluss von Spielhallen fehle, greift nicht durch. Im Rahmen einer Feindifferenzierung nach § 1 Abs. 9 zwischen einer oder wenigen einzeln benannten Nutzungsarten und allen übrigen Arten der fraglichen Nutzung, ist die Ausnahme, nicht die Regel, besonders zu begründen. Der hier weitgehend vorgesehene Ausschluss von Vergnügungsstätten in TF § 3 Satz 1 kann, wie dargelegt, auf § 1 Abs. 5 und Abs. 6 BauNVO gestützt werden und bedarf als solcher keiner besonderen städtebaulichen Gründe; er muss nur dem allgemeinen Abwägungsgebot genügen. Abwägungsfehler sind insoweit nicht ersichtlich. Auch der Kläger hat nicht in Frage gestellt, dass die von der Beigeladenen angeführten Gründe für den Ausschluss von Vergnügungsstätten im Allgemeinen (Trading down, Negativimage), den Anforderungen an eine Festsetzung nach § 1 Abs. 5 und Abs. 6 BauNVO genügt hätten. Besonders begründungsbedürftig war allein, ob Diskotheken hiervon auszunehmen waren. Als Grund dafür hat der Rat der Beigeladenen den Bestandsschutz für die Diskothek und das Interesse, diese als kulturellen Anziehungspunkt und Identifikationsobjekt für die örtliche Bevölkerung zu erhalten, angegeben. Diese Erwägungen, die auf andere Arten von Vergnügungsstätten so nicht zutrafen, genügen den Anforderungen an besondere städtebauliche Gründe i.S.d. § 1 Abs. 9 BauNVO.
Zur Unwirksamkeit der Festsetzung führt auch nicht, dass die Festsetzung die ausnahmsweise Zulässigkeit einer Diskothek als Vergnügungsstätte „gemäß § 6 Abs. 3 BauNVO“ zum Gegenstand hat, und zwar selbst dann nicht, wenn - wie der Kläger geltend macht - das MI-1 sich als überwiegend durch gewerbliche Nutzungen geprägter Gebietsteil darstellte, in dem im Ausgangspunkt § 6 Abs. 2 Nr. 8 statt § 6 Abs. 3 BauNVO Anwendung fände. Darauf, dass der Zusatz bedeuten soll, dass Diskotheken nur unter der Voraussetzung abweichend von Satz 1 ausnahmsweise zulässig sein sollen, dass das MI-1 als nicht überwiegend gewerblich geprägter Mischgebietsteil einzustufen ist, deutet nichts hin. In jedem Fall ist der Zusatz überflüssig; Rechtsgrundlage der Ausnahmezulassung ist nicht § 6 Abs. 3 BauNVO, sondern - wie die Beigeladene im Rahmen der Abwägung richtig gesehen hat (s.o.) - § 1 Abs. 9 BauNVO. Die Nennung einer falschen Rechtsgrundlage ist aber unschädlich, da eine Pflicht zur Bezeichnung (richtiger) Rechtsgrundlagen für Festsetzungen in Bebauungsplänen nicht besteht (vgl. BVerwG, Beschl. v. 17.12.1998 - 4 NB 4.97 -, NVwZ 1999, 984 = juris Rn. 16). Sie lässt auch keinen Abwägungsfehler erkennen, etwa in Gestalt einer Fehlvorstellung über die ohne die Festsetzung maßgebliche rechtliche Beurteilung des MI-1 und infolgedessen das Gewicht des in der Abwägung zu überwindenden Interesses, von der Festsetzung verschont zu bleiben. Denn auch ohne die mit der 6. Planänderung getroffene Festsetzung hinge die Zulässigkeit von Vorhaben nicht von der Einstufung nach § 6 Abs. 2 Nr. 8 oder Abs. 3 BauNVO ab, da bereits die wirksame (s.o.) TF § 3 in der Ursprungsfassung diese Regelungen ersetzt hatte.
III.
Selbst wenn im Übrigen die 6. Planänderung unwirksam wäre, hätte jedenfalls der Verpflichtungsantrag keinen Erfolg. Denn auch aus der dann wirksamen TF § 3 Satz 2 in ihrer Ursprungsfassung ergäbe sich lediglich eine ausnahmsweise Zulässigkeit des Vorhabens. Der Zulassung der für die positive Bauvoranfrage in diesem Fall erforderlichen Ausnahme stünde aber entgegen, dass der Kläger hierfür nicht den nach § 66 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 6 NBauO erforderlichen schriftlichen und begründeten Antrag gestellt hat. Dieser ist ausdrücklich zu stellen, und zwar nach § 1 Abs. 3 BauVorlVO i.V.m. § 82 Abs. 2 Nr. 8 NBauO anhand des dafür durch RdErl. d. MU vom 20.8.2019 - Nds. MBl. S. 1252 = VORIS 21072, Anlage 4, bereitgestellten Formulars. Dies hat der Senat für Abweichungen von bauordnungsrechtlichen Vorschriften und für die Erteilung von Befreiungen bereits entschieden (Senatsbeschl. v. 16.4.2014 - 1 LA 131/13 -, NVwZ-RR 2014, 588 = juris Rn. 29; Senatsurt. v. 9.7.2020 - 1 LB 79/18 -, BauR 2020, 1604 = juris Rn. 12), Für Ausnahmen nach § 31 Abs. 1 BauGB gilt nichts Anderes (ebenso für das bayerische Landesrecht BayVGH, Urt. v. 13.8.2020 - 15 CS 20.1512 -, juris Rn. 48). Dies ergibt sich nicht nur aus dem Wortlaut des § 66 Abs. 6 NBauO, sondern auch aus Sinn und Zweck des Antragserfordernisses, der Bauaufsichtsbehörde die Prüfung abzunehmen, wo und aus welchen Gründen sie von einer schlichten (Regel-)Zulässigkeitsprüfung abweichen soll. Dass eine solche Regelung in § 31 Abs. 1 BauGB selbst (dazu BVerwG, Beschl. v. 28.5.1990 - 4 B 56/90 -, NVwZ-RR 1990, 529 = juris Rn. 2) und in den Bauordnungen anderer Bundesländer (vgl. z.B. VGH BW, Beschl. v. 6.10.2015 - 3 S 1695/15 -, NVwZ 2015, 1781 = juris Rn. 19) nicht enthalten ist, ändert daran nichts; die Auffassung von Söfker (in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand d. Bearb.: 116. EL, Februar 2015, § 31 Rn. 63), ein Antragserfordernis sei mit Art. 14 GG nicht zu vereinbaren, überzeugt nicht. Der Aufwand, neben dem ohnehin erforderlichen Bau- einen Ausnahmeantrag zu stellen, ist gering und keinesfalls eine unverhältnismäßige Beschränkung der Baufreiheit.
IV.
Aus den unter I.3 dargelegten Gründen hat auch der hilfsweise gestellte Feststellungsantrag keinen Erfolg; auch vor der erneuten Ausfertigung litt der Bebauungsplan nicht unter einem formellen Fehler.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO.