Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 23.01.2020, Az.: 4 LA 111/19

Ausbildungsförderung; Bachelorstudium; Exmatrikulation; Masterstudium; Rückforderung; Rückforderungsvorbehalt; Vorbehalt der Rückforderung; vorläufig; vorläufige Immatrikulation

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
23.01.2020
Aktenzeichen
4 LA 111/19
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2020, 72096
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 04.04.2019 - AZ: 13 A 6315/17

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Die Exmatrikulation eines vorläufig zum Masterstudium zugelassenen Auszubildenden wegen nicht fristgemäßer Vorlage des Bachelorabschlusszeugnisses hat grundsätzlich die Rückforderung der für das Masterstudium geleisteten Ausbildungsförderung zur Folge.

Tenor:

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Oldenburg - Einzelrichterin der 13. Kammer - vom 4. April 2019 wird abgelehnt.

Die Klägerin trägt die außergerichtlichen Kosten des Berufungszulassungsverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), besonderer rechtlicher Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) und grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) hat keinen Erfolg. Denn die geltend gemachten Berufungszulassungsgründe liegen nicht vor bzw. sind nicht hinreichend dargelegt worden.

Die Einwände der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts begründen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung der Vorinstanz, mit der die Klage gegen den Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid der Beklagten vom 31. Juli 2017 abgewiesen worden ist. Die Beklagte kann ihren Bescheid, mit dem sie den Bewilligungsbescheid vom 30. November 2016 für den Zeitraum Oktober 2016 bis März 2017 aufgehoben und die gewährten Leistungen in Höhe von insgesamt 2.226,- Euro von der Klägerin zurückgefordert hat, auf § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BAföG stützen. Danach ist – außer in den Fällen der §§ 44 bis 50 SGB X –, wenn die Voraussetzungen für die Leistung von Ausbildungsförderung an keinem Tage des Kalendermonats, vorgelegen haben, für den sie gezahlt worden ist, insoweit der Bewilligungsbescheid aufzuheben und der Förderungsbetrag zu erstatten, als Ausbildungsförderung unter dem Vorbehalt der Rückforderung geleistet worden ist. Ein solcher Fall ist vorliegend gegeben.

Die Bewilligung von Ausbildungsförderungsleistungen für den Zeitraum Oktober 2016 bis März 2017 war wegen der nur vorläufigen Zulassung der Klägerin für den geförderten Masterstudiengang unter Hinweis auf § 7 Abs. 1a BAföG vorläufig unter dem Vorbehalt der Rückforderung erfolgt. § 7 Abs. 1a Satz 3 BAföG bestimmt, dass Auszubildenden, die von der Ausbildungsstätte auf Grund vorläufiger Zulassung für einen nach Satz 1 förderungsfähigen Studiengang eingeschrieben worden sind, Ausbildungsförderung unter dem Vorbehalt der Rückforderung bis zu einer endgültigen Entscheidung über die Zulassung geleistet wird, längstens jedoch für zwölf Monate. Mit dieser Vorschrift, die mit Wirkung vom 1. August 2015 durch das 25. BAföGÄndG (v. 23.12.2014, BGBl. I, S. 2475) eingeführt worden ist, soll zügiges Studieren förderungsrechtlich begünstigt und sollen Förderungslücken zwischen Bachelor- und Masterstudiengängen vermieden werden, indem auch landeshochschulrechtlich vorläufig zum Masterstudium zugelassene Studierende für das Masterstudium bereits Ausbildungsförderung beantragen und erhalten können (vgl. Entwurf eines 25. BAföGÄndG, BR-Drs. 375/14 v. 28.8.2014, S. 36 und BT-Drs. 18/2663 v. 25.9.2014, S. 36). Aus dem Vorbehalt der Rückforderung, unter den die Förderungsbewilligung für ein Masterstudium aufgrund vorläufiger Zulassung zu stellen ist, folgt, dass bei einer Exmatrikulation wegen der Nichterfüllung der Zulassungsvoraussetzungen innerhalb der von der Hochschule gesetzten Frist – also einer negativen endgültigen Entscheidung über die Zulassung – die für das Masterstudium bewilligte Leistung vom Auszubildenden zurückzuerstatten ist. Nur wenn während der vorläufigen Zulassung zum Masterstudium die Förderungshöchstdauer des überlappend betriebenen Bachelorstudiums noch nicht erreicht war oder nach § 15 Abs. 3 BAföG überschritten werden durfte, unterbleibt die Rückforderung der für das Masterstudium geleisteten Ausbildungsförderung (Ramsauer/Stallbaum, BAföG, 6. Aufl. 2016, § 7 Rn. 59c unter Hinweis auf die Begründung des o.a. Gesetzesentwurfs).

Die Beklagte hat die der Klägerin gewährte Ausbildungsförderung für das erste Semester des von ihr im Oktober 2016 aufgenommenen Masterstudiums zu Recht nach § 7 Abs. 1a Satz 3 BAföG vorläufig unter dem Vorbehalt der Rückforderung bewilligt. Bei dem von der Klägerin ab Oktober 2016 besuchten Studiengang „Master of Education“ handelt es sich um einen nach § 7 Abs. 1a Satz 1 BAföG förderungsfähigen Studiengang i. S. v. § 19 Abs. 1, 3 HRG. Für diesen Studiengang war die Klägerin nach § 18 Abs. 8 Satz 2 NHG vorläufig zugelassen worden. Danach ist eine Person für Masterstudiengänge vorläufig zugangsberechtigt, wenn ihr für den Bachelorabschluss oder den gleichwertigen Abschluss noch einzelne Prüfungsleistungen fehlen, aber aufgrund des bisherigen Studienverlaufs, insbesondere der bislang vorliegenden Prüfungsleistungen, zu erwarten ist, dass sie den Abschluss spätestens bis zum Ende des ersten Semesters des Masterstudiengangs oder des weiterführenden Studiengangs erlangen wird; das Zeugnis ist innerhalb einer von der Hochschule festzusetzenden Frist vorzulegen. Die Beklagte hatte die Klägerin mit Bescheid vom 21. September 2016 zum Masterstudium vorläufig zugelassen und die Frist für die Vorlage des Bachelorabschlusses auf den 31. März 2017 bestimmt.

Die (teilweise) Aufhebung des Bewilligungsbescheides vom 30. November 2016 und die Rückforderung der für den Zeitraum Oktober 2016 bis März 2017 geleisteten Ausbildungsförderung musste nach § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BAföG erfolgen. Denn die Voraussetzungen für die Förderung des Masterstudiums der Klägerin haben nicht vorgelegen, weil durch die Exmatrikulation der Klägerin mit Bescheid der Beklagten vom 28. April 2017 aufgrund der Nichtvorlage des Bachelorabschlusses innerhalb der im vorläufigen Zulassungsbescheid gesetzten Frist die zur Rückforderung der bereits geleisteten Ausbildungsförderung berechtigenden Umstände eingetreten sind. § 19 Abs. 6 Satz 3 Nr. 2 NHG bestimmt, dass mit Fristablauf exmatrikuliert ist, wer im Fall des § 18 Abs. 8 Satz 2 Halbsatz 2 NHG das Zeugnis nicht innerhalb der von der Hochschule festgesetzten Frist vorlegt und die fehlende Vorlage zu vertreten hat. Soweit die Klägerin der Auffassung ist, dass sie die Umstände, die zur Fristüberschreitung und damit auch zu ihrer Exmatrikulation geführt haben, nicht zu vertreten habe, weil sie aufgrund einer verspäteten Begutachtung der „Willkür der Gutachter ausgesetzt“ gewesen sei und dies vom Verwaltungsgericht nicht berücksichtigt worden sei, verhilft dieser Einwand ihrem Begehren nicht zum Erfolg. Der Einwand bezieht sich in erster Linie auf das im hochschulrechtlichen Exmatrikulationsbescheid der Beklagten angenommene Vorliegen der Voraussetzungen des § 19 Abs. 6 Satz 3 Nr. 2 NHG, die vom Amt für Ausbildungsförderung nicht eigenständig zu überprüfen sein dürften. Davon abgesehen hat der Senat auch keine Zweifel daran, dass die Klägerin die verspätete Vorlage ihres Bachelorabschlusses nach Ablauf der von der Universität gesetzten Frist zu vertreten hat. Bereits im Zulassungsbescheid für das Masterstudium vom 21. September 2016 ist die Klägerin ausdrücklich und durch Fettdruck hervorgehoben darauf hingewiesen worden, dass dringend empfohlen wird, alle Prüfungsleistungen inklusive Abgabe der Bachelorarbeit (Hervorhebung durch den Senat) bis zum 30. September 2016 zu erbringen, damit der Abschluss fristgerecht vorliegt. Gleichwohl hat die Klägerin ihre Bachelorarbeit erst am 24. Februar 2017 abgegeben. Dieser Abgabetermin lag zudem – gemessen an der im vorläufigen Zulassungsbescheid für den Masterstudiengang gesetzten Frist des 31. März 2017 für die Vorlage des Bachelorabschlusses – zeitlich nach dem in § 22 Abs. 7 der Prüfungsordnung für die Fach-Bachelor- und Zwei-Fächer-Bachelorstudiengänge der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg genannten Zeitraum von sechs Wochen, innerhalb dessen die Bachelorarbeit nach ihrer Abgabe durch beide Gutachterinnen oder Gutachter in der Regel zu bewerten ist. Gründe, welche den von der Klägerin gewählten späten Abgabezeitpunkt ihrer Bachelorarbeit rechtfertigen würden, sind nicht ersichtlich und ergeben sich auch nicht aus ihrem Vorbringen im Berufungszulassungsverfahren. Die Information der Gutachter über die gegenüber der Klägerin laufende Frist zur Vorlage ihres Bachelorabschlusses am 31. März 2017 durch die Klägerin stellt keinen Rechtfertigungsgrund für die Nichteinhaltung dieser Frist durch sie dar.

Weiter sind keine Gründe dafür ersichtlich, dass von einer Rückforderung der für den Zeitraum Oktober 2016 bis März 2017 erbrachten Ausbildungsförderung deshalb abgesehen werden müsste, weil die Klägerin die Förderungshöchstdauer ihres neben dem Masterstudium überlappend betriebenen Bachelorstudiums nach § 15 Abs. 3 BAföG überschreiten durfte. Insbesondere stellt die aus Sicht der Klägerin zu lange Korrekturdauer ihrer Bachelorarbeit aus den o.a. Erwägungen keinen zur Verlängerung der Förderungshöchstdauer berechtigenden schwerwiegenden Grund i. S. v. § 15 Abs. 3 Nr. 1 BAföG dar.

Die Zulassung der Berufung ist auch nicht wegen besonderer rechtlicher Schwierigkeiten der Rechtssache gerechtfertigt. Denn die Rechtslage, an der ein Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid nach §§ 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, 7 Abs. 1a Satz 3 BAföG zu messen ist, lässt sich ohne Weiteres anhand der einschlägigen Vorschriften und Gesetzesmaterialien ermitteln.

Schließlich scheidet eine Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache schon deshalb aus, weil die Klägerin eine grundsätzlich zu klärende Rechtsfrage nicht dargetan hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 188 VwGO.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).