Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 20.01.2020, Az.: 13 ME 348/19

Abwesenheit; Abwesenheitshöchstdauer; Anwesenheit; Aufenthalt; Aufenthaltsbeziehungen, inländische; Aufenthaltserlaubnis; Aufenthaltsrecht; Aufenthaltstitel; Auslandsaufenthalt; Ausreise; Ausreisepflicht; Betreuung der Tochter; Bundesgebiet; Einreise; Erlöschen; Erlöschenstatbestand; Fortbestandsfiktion; Gesamtbetrachtung; geschäftlicher Termin; Heilbehandlung; Importunternehmen; kurzfristig; Leben in zwei Welten; Lebensmittelpunkt; Obliegenheit; Pflicht; Rückkehr; selbständige Erwerbstätigkeit; ununterbrochen; vorübergehend; Zweck

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
20.01.2020
Aktenzeichen
13 ME 348/19
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2020, 72112
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 23.09.2019 - AZ: 5 B 285/19

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Ein Aufenthaltstitel erlischt nach § 51 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG nur bei einer ununterbrochenen Abwesenheit des Ausländers aus dem Bundesgebiet von länger als sechs Monaten bzw. bei einer Überschreitung der von der Ausländerbehörde bestimmten längeren, nicht durch Wiedereinreise unterbrochenen Frist.
2. Nach § 51 Abs. 1 Nr. 6 AufenthG kann ein Aufenthaltstitel hingegen auch bei Einhaltung der in § 51 Abs. 1 Nr. 7 (sowie ggf. Abs. 1a bis 4, 7, 9 und 10) AufenthG jeweils vorgesehenen "Abwesenheitshöchstdauer" bereits mit der Ausreise aus dem Bundesgebiet erlöschen, wenn diese den Schluss zulässt, dass der Ausländer von seinem Aufenthaltsrecht keinen Gebrauch mehr machen will. Das setzt voraus, dass die Ausreise aus einem nicht nur vorübergehenden Grunde erfolgt, namentlich bei einem nicht nur vorübergehenden Abwesenheitszweck (das heißt einer endgültigen Abkehr von einem Leben in Deutschland) oder bei einer unabsehbar langen Unterbrechung des Lebens im Bundesgebiet. Diese Feststellung erfordert eine Gesamtbetrachtung aller Umstände des Einzelfalls.

Tenor:

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Braunschweig - 5. Kammer - vom 23. September 2019 geändert.

Die aufschiebende Wirkung der Klage 5 A 284/19 des Antragstellers vom 26. Juli 2019 gegen Ziffer 1. des Bescheides der Antragsgegnerin vom 9. Juli 2019 wird angeordnet.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 2.500 EUR festgesetzt.

Gründe

I. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Braunschweig vom 23. September 2019 hat Erfolg. Dieser Beschluss ist zu ändern.

Wie vom Antragsteller zureichend gemäß § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO dargelegt, hat es das Verwaltungsgericht mit diesem Beschluss zu Unrecht abgelehnt, die aufschiebende Wirkung der vom Antragsteller am 26. Juli 2019 erhobenen Klage 5 A 284/19 gegen die in Ziffer 1. des Bescheides der Antragsgegnerin vom 9. Juli 2019 enthaltene, auf die Volksrepublik China bezogene Abschiebungsandrohung mit Ausreiseaufforderung anzuordnen. Das gegen diese belastenden Verfügung gerichtete Eilrechtsschutzbegehren des Antragstellers ist nach § 80 Abs. 5 Satz 1, 1. Alt. VwGO in Verbindung mit § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO, § 70 Abs. 1 NVwVG, § 64 Abs. 4 NPOG statthaft, auch im Übrigen zulässig und begründet. Denn eine materielle Interessenabwägung ergibt, dass das private Aussetzungsinteresse des Antragstellers gegenüber dem öffentlichen Vollzugsinteresse überwiegt, weil bei gebotener, aber auch ausreichender summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieser Verfügung bestehen.

Die Prämisse des Verwaltungsgerichts, die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung nach § 59 Abs. 1 Satz 1 AufenthG setze eine Ausreisepflicht (§ 50 Abs. 1 AufenthG) des Antragstellers voraus, ist zwar nicht zu beanstanden. Jedoch ist diese Voraussetzung entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts und der Antragsgegnerin hier nicht erfüllt. Vielmehr streitet für den Antragsteller derzeit die nach § 81 Abs. 4 Satz 1 AufenthG durch rechtzeitig am 15./18. Juni 2019 gestellten Verlängerungsantrag erzeugte Fortbestandsfiktion hinsichtlich dessen zuletzt am 22. Juni 2017 zum Zwecke einer selbständigen Erwerbstätigkeit bis zum 22. Juni 2019 verlängerter Aufenthaltserlaubnis nach § 21 Abs. 1 AufenthG. Dieser Aufenthaltstitel war bei Stellung des Verlängerungsantrags entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts und der Antragsgegnerin nicht bereits durch Auslandsaufenthalte des Antragstellers in der Volksrepublik China nach § 51 Abs. 1 AufenthG erloschen. Als „schädlich“ kommen insoweit überhaupt nur die Auslandsaufenthalte in der Zeit nach der ersten Verlängerung des Aufenthaltstitels nach § 21 Abs. 1 AufenthG im Juni 2017 in Betracht (1.: 21.08.2017 bis 28.01.2018; 2.: 04.02.2018 bis 21.07.2018; 3.: 15.08.2018 bis 12.01.2019). Im Ergebnis haben diese jedoch nicht zu einem Erlöschen des betreffenden Titels geführt.

1. Zu Recht geht das Verwaltungsgericht (vgl. S. 4 unten des angefochtenen Beschlusses) - anders als die Antragsgegnerin in ihrem Bescheid vom 9. Juli 2019, Seite 4 (Bl. 13 der GA = Bl. 228 der BA 001) - davon aus, dass der Erlöschenstatbestand des § 51 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG im vorliegenden Fall nicht erfüllt ist.

Nach dieser Vorschrift erlischt ein Aufenthaltstitel grundsätzlich (vgl. zu den hier nicht einschlägigen Ausnahmen Absätze 1a bis 4 sowie Absätze 7, 9 und 10 des § 51 AufenthG), wenn der Ausländer ausgereist und nicht innerhalb von sechs Monaten oder einer von der Ausländerbehörde bestimmten längeren Frist wieder eingereist ist. Ist die jeweils geltende „Abwesenheitshöchstfrist“ in zeitlicher Hinsicht überschritten, so tritt das Erlöschen von Gesetzes wegen ohne Rücksicht darauf ein, ob die Abwesenheit tatsächlich lediglich einem vorübergehenden Zweck gedient hat oder nicht und ob „berechtigte Gründe“ für die Abwesenheit aus dem Bundesgebiet vorgelegen haben (vgl. zu Letzterem Nds. OVG, Beschl. v. 19.9.2011 - 11 LA 198/11 -, juris Rn. 14). Denn nach Ablauf der Höchstfrist wird unwiderleglich angenommen, dass der Ausländer aus einem seiner Natur nach nicht nur vorübergehenden Grunde ausgereist und sein Aufenthaltstitel damit - wie ansonsten nach § 51 Abs. 1 Nr. 6 AufenthG - erloschen ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.1.2012 - BVerwG 1 C 1.11 -, BVerwGE 141, 325, juris Rn. 9). Die Regelung des § 51 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG setzt allerdings eine ununterbrochene Abwesenheit voraus und gilt nicht schon dann, wenn sich die Überschreitung des Zeitraums aus der Zusammenrechnung mehrerer Abwesenheitszeiten ergibt (vgl. Hailbronner, Ausländerrecht, AufenthG § 51 Rn. 26 (Stand: 102. Akt. Mai 2017)).

Eine ununterbrochen länger als sechs Monate betragende Abwesenheitsdauer weist jedoch keiner der drei oben genannten Auslandsaufenthalte des Antragstellers auf. Soweit die Antragsgegnerin in ihrem Bescheid vom 9. Juli 2019 (a.a.O.) unter Verweis auf Judikatur u.a. des Bayerischen VGH (Beschl. v. 17.12.2007 - 24 CE 07.2964 -, juris Rn. 5, 8; deutlicher, explizit zu § 51 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG: OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 28.9.2010 - OVG 11 B 14.10 -, juris Rn. 22; VG Hamburg, Urt. v. 20.11.2012 - 10 K 2198/11 -, juris Rn. 23; VG Ansbach, Beschl. v. 24.7.2009 - AN 19 K 08.01973 -, juris Rn. 21; ähnlich, aber auf § 51 Abs. 1 Nr. 6 AufenthG bezogen: OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 24.4.2007 - 18 B 2764/06 -, juris Rn. 8, und v. 25.8.2003 - 18 B 978/03 -, juris Rn. 3, 11; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 9.7.2010 - OVG 3 N 58.10 -, juris Rn. 7; widersprüchlich Hailbronner, a.a.O., Rn. 26 a.E.) den Standpunkt eingenommen hat, der Antragsteller habe durch eine mehr oder weniger kurzfristige Rückkehr kurz vor Ablauf von sechs Monaten (dies betrifft hier insbesondere die Einreise am 21. Juli 2018) ein Erlöschen seiner Aufenthaltserlaubnis nach § 51 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG nicht verhindern können, folgt der Senat dem nicht.

Der klare Wortlaut dieser Norm stellt nicht auf eine (qualifizierte) „Rückkehr“, sondern lediglich auf eine „Einreise“ (im Sinne eines Grenzübertritts (= Überschreiten der Grenzlinie mit Passieren der Grenzübergangsstelle), vgl. § 13 Abs. 2 Satz 1 AufenthG) ab (ebenso VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 13.5.2014 - 11 S 713/14 -, V.n.b., S. 5 f. des Beschlussabdrucks; Funke-Kaiser, in: Fritz/Vormeier (Hrsg.), GK-AufenthG, § 51 Rn. 58 (Stand: 82. EL Dezember 2015); Bauer/Dollinger, in: Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 12. Aufl. 2018, AufenthG § 51 Rn. 17). Die von der Antragsgegnerin zitierte Entscheidung des Bayerischen VGH vom 17. Dezember 2007 erging im Übrigen zu § 51 Abs. 1 Nr. 6 AufenthG und nahm ihrerseits auf den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. Dezember 1988 - BVerwG 1 B 135.88 -, InfAuslR 1989, 114, juris Rn. 7) Bezug, der für die Auslegung des § 51 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG, der Nachfolgenorm des § 44 Abs. 1 Nr. 3 AuslG 1990, ohne Bedeutung ist. Denn diese Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ist zu dem früher in § 9 Abs. 1 Nr. 3 AuslG 1965 geregelten Erlöschenstatbestand (in seiner Auslegung durch Ziffer 2. Satz 3 zu § 9 AuslG 1965 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Ausführung des Ausländergesetzes - AuslVwV - i.d.F. der Neubekanntmachung v. 10.5.1977, GMBl. S. 202) ergangen, der - mit gewissen Unschärfen - dem später in § 44 Abs. 1 Nr. 2 AuslG 1990 und heute in § 51 Abs. 1 Nr. 6 AufenthG (Ausreise aus einem seiner Natur nach nicht vorübergehenden Grunde, dazu sogleich unten 2.) geregelten Erlöschenstatbestand entspricht. Auf den überhaupt erst mit Wirkung vom 1. Januar 1991 mit § 44 Abs. 1 Nr. 3 AuslG 1990 eingeführten und nunmehr in § 51 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG enthaltenen gesonderten Erlöschensgrund des Überschreitens einer „gesetzlichen Abwesenheitshöchstfrist“ lässt sich diese Rechtsprechung, mag auch Ziffer 2. Satz 3 AuslVwV sich ebenfalls grundsätzlich an einer Sechsmonatsfrist orientiert haben, nicht übertragen; ganz abgesehen davon, dass in der genannten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts betont worden ist, Rückschlüsse auf den Grund für das Verlassen des Bundesgebietes und seine Natur könnten nur aufgrund einer umfassenden Abwägung der Umstände des Einzelfalls gezogen werden, und auch eine bestimmte Dauer des jeweiligen (neuen) Inlandsaufenthalts, aus der generell herzuleiten wäre, der Ausländer habe das Bundesgebiet nur vorübergehend gelassen, lasse sich nicht festlegen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 30.12.1988, a.a.O., Rn. 7 a.E.).

Zustimmung verdient nach Ansicht des Senats nach alledem nur der präzisierte Satz, ein bereits nach § 51 Abs. 1 Nr. 6 AufenthG eingetretenes Erlöschen des Aufenthaltstitels könne durch kurzfristige Rückreisen vor Ablauf der Höchstfrist des § 51 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG nicht mehr ungeschehen gemacht werden (in diese Richtung denn auch die Formulierung des OVG Berlin-Brandenburg im Beschl. v. 9.7.2010, a.a.O., Rn. 7 a.E., und des OVG Nordrhein-Westfalen im Beschl. v. 24.4.2007, a.a.O., Rn. 8).

2. Auch § 51 Abs. 1 Nr. 6 AufenthG bildet jedoch keine Grundlage für die Annahme, die Aufenthaltserlaubnis des Antragstellers sei - wovon die Antragsgegnerin in ihrem Bescheid ausgeht - mit der ersten zu betrachtenden Ausreise am 21. August 2017 bzw. einer der beiden weiteren Ausreisen oder - wie das Verwaltungsgericht auf Seite 3 oben des angefochtenen Beschlusses annimmt - spätestens mit der letzten Wiedereinreise am 12. Januar 2019 erloschen und damit jedenfalls am 15./18. Juni 2019 nicht mehr wirksam gewesen.

Nach § 51 Abs. 1 Nr. 6 AufenthG erlischt ein Aufenthaltstitel bereits dann - und zwar schon mit der Ausreise, vgl. BVerwG, Urt. v. 17.1.2012, a.a.O., Rn. 9, so dass jedenfalls der auf einen Rückkehrzeitpunkt bezogene Ansatz des Verwaltungsgerichts verfehlt ist -, wenn der Ausländer aus einem seiner Natur nach nicht vorübergehenden Grunde ausreist. Unschädlich im Hinblick auf diese Vorschrift sind Auslandsaufenthalte, die nach ihrem Zweck typischerweise zeitlich begrenzt sind und die keine wesentliche Änderung der gewöhnlichen Lebensumstände in Deutschland, insbesondere keine Aufgabe des Lebensmittelpunktes im Bundesgebiet, mit sich bringen. Fehlt es an einem dieser Erfordernisse, liegt ein seiner Natur nach nicht nur vorübergehender Grund vor. Zu Recht ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass bei der Beurteilung, ob der Ausländer aus einem seiner Natur nach nicht vorübergehenden Grund ausreist, neben der Dauer und dem Zweck des Aufenthalts alle objektiven Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen sind, während es auf den inneren (subjektiven) Willen des Ausländers - insbesondere auf seine Planung der späteren Rückkehr nach Deutschland - nicht allein ankommen kann; gänzlich unerheblich ist er aber nicht (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.12.2012 - BVerwG 1 C 15.11 -, juris Rn. 16; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 9.11.2015 - 11 S 714/15 -, juris Rn. 43).

Als ihrer Natur nach vorübergehende Gründe für Auslandsaufenthalte können danach etwa Urlaubsreisen oder beruflich veranlasste Aufenthalte von ähnlicher Dauer anzusehen sein (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.12.2012, a.a.O.), ebenso Aufenthalte zur vorübergehenden Pflege von Angehörigen (nicht jedoch in Dauerpflegefällen, vgl. BVerwG, Beschl. v. 30.12.1988, a.a.O., Rn. 8; Sächsisches OVG, Urt. v. 18.9.2014 - 3 A 554/13 -, juris Rn. 30), zur Ableistung der Wehrpflicht oder Aufenthalte während der Schul-, Hochschul- oder Berufsausbildung, die nur zeitlich begrenzte Ausbildungsabschnitte ins Ausland verlagern (nicht jedoch die Ausbildung insgesamt, vgl. BVerwG, Urt. v. 11.12.2012, a.a.O., Rn. 16 f., und VG Hamburg, Urt. v. 20.11.2012, a.a.O., Rn. 19 (vollständiges Studium im Heimatstaat); OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 10.12.2012 - 2 M 175/12 -, juris Rn. 2, 5 (vollständiger Schulbesuch bis zum Abitur im Ausland)). Eine Ausreise aus einem vorübergehenden Grund liegt auch bei sonstigen besonderen Anlässen vor, die regelmäßig zeitlich begrenzt sind; hierzu zählen etwa ein Hausbau, eine umfangreiche Nachlassregulierung, die Erledigung von Geschäften sowie die Durchführung einer Heilbehandlung (vgl. Bayerischer VGH, Urt. v. 25.07.2011 - 19 B 10.2547 -, juris Rn. 33 a.E. m.w.N.). Eine feste Zeitspanne, bei deren Überschreitung (ungeachtet der Abwesenheitshöchstfrist des § 51 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG, vgl. oben 1.) stets von einem nicht mehr vorübergehenden Grund auszugehen wäre, lässt sich nicht abstrakt benennen. Je weiter sich die Aufenthaltsdauer im Ausland über die Zeiten hinaus ausdehnt, die mit den o.g. begrenzten Aufenthaltszwecken typischerweise verbunden sind, desto eher liegt die Annahme eines nicht nur vorübergehenden Grundes im Sinne des § 51 Abs. 1 Nr. 6 AufenthG nahe (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.12.2012, a.a.O., Rn. 16). Der seiner Natur nach nicht vorübergehende Grund muss nicht bereits im Zeitpunkt der Ausreise vorliegen; es genügt vielmehr, wenn er erst später während des Aufenthalts des Ausländers im Ausland eintritt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 28.4.1982 - BVerwG 1 B 148.81 -, juris Rn. 3), wenngleich dieser Ansatz im Hinblick auf den möglicherweise vom Grundsatz abweichenden Erlöschenszeitpunkt (ex nunc statt ex tunc?) sowie bei der Abgrenzung zu dem 1991 hinzugetretenen eigenständigen Erlöschenstatbestand kraft Überschreitung bestimmter Anwesenheitshöchstfristen (vgl. dazu oben 1.) Probleme aufwirft.

Schließlich ist zu beachten, dass sich § 51 Abs. 1 Nr. 6 AufenthG nicht auf die Fälle beschränkt, in denen sich der Ausländer endgültig aus dem Bundesgebiet „verabschiedet“; vielmehr kann auch bei einem „an sich“ begrenzten Zweck eine Abwesenheitsdauer mit unabsehbarem Ende ausreichen. Deshalb erlischt der Aufenthaltstitel nach dieser Norm auch dann, wenn der Ausländer zwar irgendwann in das Bundesgebiet zurückzukehren wünscht, sich der Zweck der Ausreise aus dem Bundesgebiet jedoch nicht auf einen überschaubaren Zeitraum bezieht, sondern langfristig und zeitlich völlig unbestimmt ist, der Auslandsaufenthalt also letztlich auf unabsehbare Zeit angelegt ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 30.12.1988, a.a.O., Rn. 8) und das in Deutschland erworbene Aufenthaltsrecht damit gewissermaßen nur „in Reserve“ gehalten wird (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 24.4.2007, a.a.O., Rn. 14).

Bei Anlegung dieser Maßstäbe sieht der Senat im Fall des Antragstellers bei summarischer Prüfung keine ausreichenden Anhaltspunkte für ein Verlassen des Bundesgebiets zu einem nicht nur vorübergehenden Zweck im Sinne des § 51 Abs. 1 Nr. 6 AufenthG. Eine von dieser Vorschrift vorausgesetzte Endgültigkeit oder Unabsehbarkeit der Abwesenheit kann hier, wie vom Antragsteller hinreichend dargelegt, für keine der drei oben genannten Ausreisen des Antragstellers aus dem Bundesgebiet, die in den Jahren 2017 und 2018 stattgefunden haben, angenommen werden.

a) Zunächst gilt es grundsätzlich festzuhalten, dass aus dem Verhältnis der heute existierenden Erlöschenstatbestände in Nummern 6 und 7 des § 51 Abs. 1 AufenthG zueinander eine wie hier erfolgte jeweilige Wiedereinreise des Ausländers vor Ablauf von sechs Monaten im Zweifelsfall dafür spricht, dass dem jeweiligen Auslandsaufenthalt nur ein vorübergehender Abwesenheitszweck zugrunde gelegen hat (vgl. zu diesem Zusammenhang Bayerischer VGH, Urt. v. 25.7.2011, a.a.O., Rn. 35; ebenso Bauer/Dollinger, a.a.O., § 51 Rn. 15).

Die gegenteilige Argumentation der Antragsgegnerin im vorliegenden Fall fußt im Kern auf einer Addition von Abwesenheitszeiten zu einer in Summe längeren Abwesenheitsdauer als sechs Monaten, die nach den Grundsätzen zu § 51 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG, wie unter 1. ausgeführt, unzulässig ist. Desgleichen ist die auf Seite 2 des Bescheides der Antragsgegnerin vom 9. Juli 2019 (Bl. 11 der GA = Bl. 226 der BA 001) erfolgte „mathematisierte“ Gegenüberstellung von solchermaßen summierten Abwesenheitszeiten des Antragstellers von 16 Monaten mit ebenfalls kumulierten Anwesenheitszeiten von 6,5 Monaten innerhalb eines - willkürlich gebildeten - Gesamtzeitraums von knapp zwei Jahren für sich gesehen nicht ausreichend, um einen „nicht nur vorübergehenden“ Abwesenheitszweck im Sinne des § 51 Abs. 1 Nr. 6 AufenthG zu begründen, weil sie dem Gebot der Gesamtbetrachtung aller Umstände des Einzelfalls nicht gerecht wird.

Soweit die Antragsgegnerin und mit ihr das Verwaltungsgericht offenbar grundsätzlich eine Pflicht oder Obliegenheit des Antragstellers zum Aufenthalt bzw. zur Anwesenheit im Bundesgebiet in gewissem Umfang postulieren, bei deren Nichterfüllung ohne Weiteres Nachteile im Hinblick auf das aus dem Aufenthaltstitel folgende Recht zur Einreise und zum Aufenthalt resultierten, ist diesem Ansatz in seiner Pauschalität zu widersprechen. Die Regelungen eines Erlöschens von Aufenthaltstiteln in § 51 Abs. 1 Nrn. 6 und 7 AufenthG versuchen ihrem Sinn und Zweck nach vielmehr lediglich Fälle zu lösen, in denen das Verhalten des Ausländers typischerweise den Schluss rechtfertigt, dass er von seinem Aufenthaltsrecht keinen Gebrauch mehr machen will (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.1.2012, a.a.O., Rn. 9). Während dieser Schluss bei Nummer 7, die hier tatbestandlich nicht erfüllt ist (vgl. oben 1.), formal-rechtstechnisch allein aufgrund zeitlicher Überschreitung von Höchstfristen im Wege unwiderleglicher Vermutungen gezogen wird, ist er bei Nummer 6, die hier allein verbleibt, nur dann gerechtfertigt, wenn eine materielle Gesamtabwägung aller bekannten persönlichen Umstände ergibt, dass sich der Ausländer mit Ausreise endgültig oder auf unabsehbare Zeit aus dem Bundesgebiet „verabschiedet“ hat und deshalb sein Aufenthaltsrecht in Deutschland nicht mehr wahrnehmen will. Eine solche Feststellung lässt sich hier nach Auffassung des Senats für keine der drei Ausreisen des Antragstellers seit 2017 treffen und auch nicht aufgrund einer Gesamtschau aller drei Ausreisen und Auslandsaufenthalte bejahen. Vielmehr hat dieser unter Berücksichtigung eines zu konstatierenden und anzuerkennenden „Lebens in zwei Welten“ (vgl. zum Begriff u.a. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 13.5.2014, a.a.O., S. 6 des Beschlussabdrucks, und v. 9.7.2010 - 11 S 1412/10 -, juris Rn. 3) ausreichende Bezüge zu einem auch zukünftigen Leben im Bundesgebiet behalten und ein konkretes Rückkehrinteresse manifestiert. Unter solchen Umständen erlischt eine Aufenthaltserlaubnis nicht allein deshalb nach § 51 Abs. 1 Nr. 6 AufenthG, weil sich der Ausländer drei Mal für längere Zeit in seiner Wohnung im Ausland aufhält (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 9.7.2010, a.a.O.).

b) Im Sinne des § 294 Abs. 1 ZPO glaubhaft gemacht sind vorliegend Zwecke für Aufenthalte außerhalb des Bundesgebietes, die bei gebotener Gesamtbetrachtung lediglich vorübergehender Natur sind (aa)). Für eine endgültige oder unabsehbar lange Abwendung des Antragstellers von einem Leben in Deutschland auf der Basis der innegehabten Aufenthaltserlaubnis zur selbständigen Erwerbstätigkeit nach § 21 Abs. 1 AufenthG und eine Änderung der gewöhnlichen Lebensverhältnisse des Antragstellers in Deutschland, insbesondere eine Verlagerung des Lebensmittelpunkts nach China fehlen demgegenüber überwiegende Anhaltspunkte (bb)). Entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts (vgl. S. 4 des angefochtenen Beschlusses) und der Antragsgegnerin (vgl. S. 3 f. deren Bescheides, Bl. 12 f. der GA = Bl. 227 f. der BA 001) obliegt es dabei nicht dem Antragsteller zu beweisen, dass er seinen Lebensmittelpunkt nicht ins Ausland verlagert hat. Vielmehr trägt die Antragsgegnerin, die sich auf die für sie günstige Rechtsfolge eines Erlöschens des Aufenthaltstitels beruft, angesichts der Negativformulierung in § 51 Abs. 1 Nr. 6 AufenthG („aus einem […] nicht nur vorübergehenden Grunde“) in Anwendung der sog. Normentheorie die objektive bzw. materielle Beweislast dafür, dass mit einer der Ausreisen und Abwesenheiten tatsächlich eine Änderung der gewöhnlichen inländischen Lebensverhältnisse unter Verlagerung des Lebensmittelpunkts einhergegangen ist und der Abwesenheitszweck damit nicht nur vorübergehender Natur war. Insoweit ist die Antragsgegnerin beweisfällig geblieben. Im Einzelnen:

aa) Nachvollziehbar und glaubhaft gemacht sind zunächst bereits für sich genommen, jedenfalls aber in der Gesamtschau folgende vorübergehende Gründe für wiederkehrende Abwesenheiten:

(1) Belegt durch die als BA 002 zur GA geführten medizinischen Unterlagen sind vom Antragsteller aus anerkennenswerten Termin-, Sprach-, Vertrauens- und kulturellen Gründen gewählte spezielle Heilbehandlungen in der VR China nach den Grundsätzen der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) während der drei Abwesenheitszeiten (1.: 21.08.2017 bis 28.01.2018 (Gastroskopie am 18.9.2017 und radiologische Untersuchung am 19.01.2018); 2.: 04.02.2018 bis 21.07.2018 (ambulante Behandlung am 28.3.2018, Koloskopie am 3.4.2018 mit Bericht v. 10.4.2018, ambulante Behandlung am 5.6.2018); 3.: 15.08.2018 bis 12.01.2019 (Koloskopie am 31.10.2018 mit Bericht v. 6.11.2018)), denen ihrer Art nach ungeachtet der seit 2016 bestehenden gesundheitlichen Probleme des Antragstellers im Magen-Darm-Trakt nach den eingangs geschilderten Grundsätzen jeweils ein vorübergehender Zweck zugrunde liegt (vgl. Bayerischer VGH, Beschl. v. 25.7.2011, a.a.O., Rn. 33 a.E.).

Unschädlich ist, dass sich der Antragsteller erst im Beschwerdeverfahren hierauf berufen und Belege hierzu eingereicht hat. Denn er hat hierzu nachvollziehbar vorgetragen, dass er diesen höchstpersönlichen Umstand aus Gründen der Scham zunächst nicht habe offenlegen wollen, sich aber nach dem Ausgang des erstinstanzlichen Eilverfahrens doch dafür entschieden habe (vgl. Beschwerdebegründung v. 9.10.2019, Bl. 78 der GA).

Soweit die Antragsgegnerin in der Beschwerdeerwiderung vom 14. November 2019 (Bl. 89 der GA) ausführt, ihr „dränge sich der Eindruck auf“, der Antragsteller habe seinen Lebensmittelpunkt bereits nach China verlagert und lasse sich deshalb auch dort ärztlich behandeln, stellt diese - spekulative - Überlegung den vorübergehenden Charakter der jeweiligen Heilbehandlungen - ungeachtet deren Wiederholung - nicht in Frage. Dass sie sich überhaupt mit einer gewissen Regelmäßigkeit wiederholen, ist ersichtlich auf einen noch nicht erreichten Ausheilungsgrad der zugrundeliegenden Erkrankung im Magen-Darm-Bereich zurückzuführen. Der Antragsteller ist nach Abschluss des jeweiligen Behandlungszyklus‘ aber noch ausreichend zeitnah wieder nach Deutschland zurückgereist. Davon, dass dieser Fall einer Ausreise zu einer langfristigen und zeitlich völlig unbestimmten „Dauer-Heilbehandlung“ unabsehbaren Endes gleichkomme, der mit der Ausreise zur Pflege eines dauerhaft pflegedürftigen Angehörigen (vgl. zum Archetyp „Dauerpflegefall“, allerdings aus der Sicht der Pflegeperson, etwa Sächsisches OVG, Urt. v. 18.9.2014, a.a.O., juris Rn. 30), vergleichbar wäre, kann keine Rede sein. Die von der Antragsgegnerin zuletzt in der Beschwerdeerwiderung (a.a.O.) offenbar aufgestellte Anforderung einer (taggenauen?) „Deckungsgleichheit“ der für die Heilbehandlungen im Ausland erforderlichen Zeiten mit der Dauer der jeweiligen Abwesenheit aus dem Bundesgebiet teilt der Senat nicht. Derartige Belege oder Erklärungen im Einzelnen waren dem Antragsteller hier nicht abzuverlangen. Wie eingangs ausgeführt, könnte erst bei einer erheblichen Überschreitung der typischerweise für die begrenzten Zwecke (hier im Wesentlichen: Heilbehandlungen im Ausland, vgl. aber auch die weiteren Zwecke unter (2) und (3)) benötigten Zeiten von einem Anhaltspunkt für einen nicht nur vorübergehenden Charakter der Abwesenheit ausgegangen werden. Diese Schwelle ist hier nach Ansicht des Senats noch nicht erreicht.

(2) Dass der Antragsteller während der drei behandlungsbedingten Abwesenheitszeiträume, wie er eidesstattlich versichert hat (vgl. Bl. 81 f. der GA), in Shenzhen auch seine Tochter C.., die dort zusammen mit ihrer Mutter (der Ehefrau des Antragstellers, Frau D.) lebt und die Grundschule besucht, insbesondere an Schulnachmittagen intensiver betreut hat, ist verständlich und nimmt den drei Aufenthalten weder den vorübergehenden Zweck, noch führt allein dieser Umstand zu einer Verlagerung des Lebensmittelpunkts des Antragstellers. Diese beiden Familienangehörigen leben seit der Einschulung der Tochter im September 2017 wieder dort, weil - wie ebenfalls eidesstattlich versichert worden ist - dem Kind ein umfassenderes und verlässlicheres Erlernen der chinesischen Schrift(zeichen)sprache ermöglicht werden soll, als dies an einer chinesischen Schule in Deutschland erfolgen könnte. Der Senat nimmt es dem Antragsteller derzeit noch ab, dass dieser Zustand selbst nur als Übergangsszenario geplant ist und dass ab Sommer 2020 [gemeint wohl: 2021] (dem Ende der Grundschulzeit) im Zusammenhang mit dem dann anstehenden Wechsel auf eine weiterführende Schule mittelfristig ein Familiennachzug beider Personen ins Bundesgebiet beabsichtigt ist. Dass diese Betreuungstätigkeiten des Antragstellers in dieser Weise dauerhaft in China auszuführen wären, weil die gesamte Schulausbildung der Tochter im dortigen Ausland absolviert würde (vgl. hierzu, wenngleich aus der Perspektive des Schulkindes, OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 10.12.2012, a.a.O., juris Rn. 2, 5), ist nicht ersichtlich, so dass der Senat nicht der Frage nachgehen muss, ob daraus auch für den Antragsteller als betreuenden Vater ein nicht mehr nur vorübergehender Zweck resultierte. Vielmehr ist auch diese Situation derzeit nachvollziehbar Ausdruck des „Lebens in zwei Welten“, das der Antragsteller führt.

(3) Schließlich ist vom Antragsteller für alle drei Abwesenheitszeiträume auch die Wahrnehmung geschäftlicher Termine in der VR China im Rahmen seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der von ihm gehaltenen E. GmbH vorgetragen worden. Deren Notwendigkeit leuchtet aus der Natur dieser Firma heraus schon deshalb ohne Weiteres ein, weil es sich dabei um ein Importunternehmen für Arbeitshandschuhe, Arbeitssicherheitsschuhe und andere in China gefertigte Arbeitsschutzartikel aus Leder handelt (vgl. Gesellschaftsvertrag v. 27.5.2014, Bl. 18 der BA 001), und zwar ohne dass es hierfür einer weitergehenden Glaubhaftmachung bedürfte. Die Erledigung von Geschäften stellt anerkanntermaßen einen nur vorübergehenden Abwesenheitszweck dar (vgl. Bayerischer VGH, Urt. v. 25.07.2011, a.a.O., Rn. 33 a.E.). Die Annahme des Verwaltungsgerichts und der Antragsgegnerin, dass der Antragsteller seine geschäftliche Unternehmung auch (allein) vom Ausland aus oder mittels Touristenvisa (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG) oder Betretenserlaubnissen (§ 11 Abs. 8 AufenthG) aufrechterhalten könnte, ist reine Spekulation und verkehrt letztlich Tatbestandsvoraussetzungen und Rechtsfolge der Anspruchsgrundlage des innegehabten Titels (§ 21 Abs. 1 AufenthG): dem Antragsteller wurde danach der Aufenthalt zur selbständigen Erwerbstätigkeit erlaubt; er muss zur Vermeidung des Erlöschens nicht nachweisen, dass er die Geschäfte auch ganz überwiegend in Deutschland geleitet hat, zumal wenn es sich wie hier um ein Importunternehmen handelt; dass er ein Recht zu Einreise und Aufenthalt in Deutschland dem Grunde nach überhaupt benötigt, um hier Geschäfte zu erledigen, liegt bei einer derartigen Unternehmung auf der Hand.

bb) Eine endgültige oder unabsehbar lange Abkehr des Antragstellers von seinem Leben in Deutschland wurde demgegenüber bei keiner der drei Ausreisen oder der während der drei Abwesenheiten durch objektive Umstände manifestiert.

Dass sich abgesehen von der zeitlichen Dimension - wie das Verwaltungsgericht und die Antragsgegnerin aber angenommen haben - eine wesentliche Veränderung der Lebensumstände des Antragstellers bezogen auf seine inländischen Aufenthaltsbeziehungen ereignet hat, ist nicht erkennbar geworden. Im Gegenteil sprechen gewichtige Umstände für eine Beibehaltung oder sogar eine Intensivierung des Integrationsniveaus und damit der Anbindung an die hiesigen Lebensverhältnisse auch in diesen Zeiträumen oder in dem diese umgebenden zeitlichen Umfeld. So hat der Antragsteller etwa seine Wohnung und seinen Wohnsitz im Inland (A-Straße, A-Stadt) behalten. Nicht erkennbar geworden ist, dass er Versicherungs- oder steuerliche Verhältnisse nachhaltig verändert oder beendet hätte. Die E. GmbH hat weiterhin ihren Sitz und führt ihre wirtschaftlichen Aktivitäten in A-Stadt. Wie dem eingereichten Jahresabschluss zu entnehmen ist, hat diese Firma des Antragstellers in 2018, dem Jahr sogar zweier längerer Abwesenheitszeiträume, ihr Geschäftsergebnis gegenüber dem Vorjahr deutlich verbessern können (vgl. Bl. 42 ff. der GA). Der Antragsteller hat ferner mit dem Bestehen des Tests „Leben in Deutschland“ mit vollen 33 Punkten am 9. Mai 2019 (zugleich Einbürgerungstest i.S.d. § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 StAG; vgl. Bl. 50 f. der GA) und des „Deutsch-Tests für Zuwanderer“ mit dem Sprachniveau B1 GERR am 9. Februar 2019 (vgl. Bl. 29 f. der GA) - der wenige Tage nach seiner letzten Rückreise ins Bundesgebiet absolviert wurde - den Integrationskurs erfolgreich abgeschlossen. Den „Deutsch-Test für Zuwanderer“ hatte er zuvor bereits am 5. August 2017 absolviert und darin damals jedenfalls das Sprachniveau A2 GERR gezeigt (vgl. Bl. 51 der GA). Die Durchführung dieses Tests wenige Tage vor der ersten hier zu betrachtenden Ausreise am 21. August 2017 spricht deutlich gegen die Annahme, schon diese Ausreise könnte eine endgültige Abkehr vom Leben in Deutschland bedeutet haben. Auch hat er im Mai 2019 die Theorie-Prüfung für die deutsche Fahrerlaubnis Klasse B mit null Fehlerpunkten bestanden (Bl. 20 der GA). Diese deutlichen Integrationsaspekte, die der Annahme einer endgültigen Abkehr von den deutschen Verhältnissen mit einer Ausreise oder später eindeutig zuwiderlaufen, spricht der angefochtene Beschluss des Verwaltungsgerichts zwar auf Seite 4 an, misst ihnen jedoch in der Gesamtbetrachtung eine zu geringe Rolle zu.

Im Ergebnis spricht damit Überwiegendes dafür, dass der Aufenthaltstitel des Antragstellers nicht erloschen war, als dieser am 15./18. Juni 2019 die Verlängerung beantragte.

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

III. Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 und Abs. 2 GKG und Nrn. 8.1, 1.5 Satz 1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NordÖR 2014, 11).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).