Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 09.01.2020, Az.: 10 LA 271/18
Tierzucht; Tierzuchtrecht; Zucht; Zucht von Tieren, gewerbsmäßig; Zuchttier
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 09.01.2020
- Aktenzeichen
- 10 LA 271/18
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2020, 72077
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG - 23.03.2018 - AZ: 1 A 689/17
Rechtsgrundlagen
- § 15 TierZG 2006
- § 16 TierZG 2019
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
1. Mit Zucht im Sinne des § 1 Abs. 1 TierZG 2006 (und § 1 Abs. 1 TierZG 2019) ist jegliche Form von Vermehrung gemeint, also auch von Tieren, die nicht Zuchttiere
im Sinne der gesetzlichen Definition des § 2 Nr. 11 TierZG 2006 sind, und unabhängig davon, ob diese Vermehrung zu gewerblichen oder zu privaten Zwecken erfolgt.
2. Das Angebot oder die Abgabe von Eizellen und Embryonen unterliegt auch bei privater
Tierzucht den Anforderungen nach § 15 TierZG 2006 bzw. § 16 TierZG 2019.
Tenor:
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Osnabrück - Einzelrichterin der 1. Kammer - vom 23. März 2018 wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes für das Zulassungsverfahren wird auf 5000 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Der Kläger wendet sich gegen die nachträglich erteilte Auflage, Embryonen ausschließlich von Zuchtrindern zu gewinnen.
Der Kläger ist Tierarzt und zugleich verantwortlicher Stationsarzt für eine Embryonen-Entnahmeeinheit, deren Nutzung er auch außerhalb der gewerblichen Zucht für private Tierhalter anbietet. Für die Tiere dieser Tierhalter lag nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts in den meisten Fällen keine Zuchtbescheinigung vor.
Die Beklagte ergänzte die dem Kläger erteilte Zulassung zum innergemeinschaftlichen Handel mit Rinderembryonen aus dem Jahr 2008 am 20. Juni 2017 um die Auflage, ausschließlich von Zuchttieren Embryonen zu gewinnen und dies durch Vorlage einer Zuchtbescheinigung vorab sicherzustellen. Die dagegen erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 23. März 2018 abgewiesen. Zur Begründung hat das Gericht ausgeführt, für die Embryo-Entnahmeeinheit gelte § 15 Abs. 3 Nr. 2 des Tierzuchtgesetzes (TierZG) (in der seinerzeit geltenden Fassung). Danach müssen Embryonen, vorbehaltlich besonderer Bestimmungen, durch eine Embryo-Entnahmeeinheit gewonnen und behandelt worden sein und in einer Embryo-Entnahmeeinheit oder in anderen dafür zugelassenen Einrichtungen gelagert werden, von Zuchttieren stammen und so gekennzeichnet sein, dass sie einer Zucht- oder Herkunftsbescheinigung für Eizellen oder für Embryonen sowie den erforderlichen Verwendungsnachweisen zugeordnet werden können; befindet sich der Embryo in einem Empfängertier, so muss dieses entsprechend gekennzeichnet sein. Diese Vorschrift verstoße nicht gegen das Grundrecht der Berufsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG) liege nicht vor.
Gegen dieses Urteil, dem Kläger am 7. Mai 2018 zugestellt, richtet sich der am 30. Mai 2018 beim Verwaltungsgericht vorab per Fax eingegangene Antrag auf Zulassung der Berufung vom gleichen Tage, den der Kläger mit am 5. Juli 2018 vorab per Fax beim Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht eingegangenen Schriftsatz vom gleichen Tage begründet hat.
II.
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil hat keinen Erfolg. Denn der von ihm allein geltend gemachte Zulassungsgrund ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegt nicht vor.
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind zu bejahen, wenn bei der Überprüfung im Zulassungsverfahren, also aufgrund der Begründung des Zulassungsantrags und der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts, gewichtige, gegen die Richtigkeit der Entscheidung sprechende Gründe zutage treten (Senatsbeschlüsse vom 23.01.2018 – 10 LA 21/18 –, juris Rn. 7, und vom 24.10.2017 – 10 LA 90/16 –, juris Rn. 11; Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 11.07.2013 – 8 LA 148/12 –, juris Rn. 9). Das ist grundsätzlich der Fall, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (BVerfG, Stattgebende Kammerbeschlüsse vom 06.06.2018 – 2 BvR 350/18 –, juris Rn. 16, und vom 16.10.2017 – 2 BvR 2615/14 –, juris Rn. 19; Senatsbeschluss vom 23.01.2018 – 10 LA 21/18 –, juris Rn. 7; vgl. auch Gaier, NVwZ 2011, 385, 388 ff.). Die Richtigkeitszweifel müssen sich auch auf das Ergebnis der Entscheidung beziehen. Es muss also mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anzunehmen sein, dass die Berufung zur Änderung der angefochtenen Entscheidung führt (Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 04.07.2018 – 13 LA 247/17 –, juris Rn. 4 m.w.N.; vgl. dazu auch BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 09.06.2016 – 1 BvR 2453/12 –, juris Rn. 17). Zur Darlegung der ernstlichen Zweifel bedarf es regelmäßig qualifizierter, ins Einzelne gehender, fallbezogener und aus sich heraus verständlicher Ausführungen, die sich mit der angefochtenen Entscheidung auf der Grundlage einer eigenständigen Sichtung und Durchdringung des Prozessstoffs auseinandersetzen (Niedersächsisches OVG, Beschlüsse vom 08.03.2018 – 7 LA 67/17 –, juris Rn. 6, vom 11.12.2017 – 2 LA 1/17 –, juris Rn. 3, vom 31.08.2017 – 13 LA 188/15 –, juris Rn. 8, und vom 13.07.2017 – 8 LA 40/17 –, juris Rn. 10).
1. Der Kläger macht geltend, dass TierZG sei auf die Zucht von Nichtzuchttieren nicht anwendbar. Sowohl § 1 Abs. 2 TierZG wie auch die damit korrespondierende Gesetzesbegründung zeigten deutlich, dass der Gesetzgeber bei Erlass des Tierzuchtgesetzes ausschließlich die gewerbliche Tierzucht im Blick hatte. Die Tierzucht im privaten Bereich habe der Gesetzgeber nicht erfassen wollen. Die in § 1 Abs. 2 TierZG genannten Ziele beträfen jedenfalls weit überwiegend die gewerbliche Tierzucht. Anlass des Embryo-Transfers im nichtgewerblichen Bereich sei in der Regel ein besonderes Verhältnis zwischen Tierhalter und Tier, nicht aber die Steigerung der Leistungsfähigkeit bzw. der Wirtschaftlichkeit. Durch den nur vereinzelten Einsatz im privaten Bereich werde auch die genetische Vielfalt nicht gefährdet.
Mit diesem Vortrag zeigt der Kläger keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils im oben genannten Sinne auf.
a) § 15 Abs. 3 Nr. 2 des Tierzuchtgesetzes in der zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Bescheids geltenden Fassung vom 21. Dezember 2006 (BGBl. I 3294) (im Folgenden: TierZG 2006), insofern unverändert bis zum 24. Januar 2019 in Kraft, bestimmt, dass Eizellen und Embryonen, vorbehaltlich besonderer Bestimmungen, von Zuchttieren stammen müssen, um gemäß Abs. 1 Satz 1 von der Embryo-Entnahmeeinheit im Rahmen ihres sachlichen Tätigkeitsbereiches angeboten oder abgegeben werden zu dürfen. Der Begriff des Zuchttiers ist in § 2 Nr. 11 TierZG legal definiert. Danach ist ein Zuchttier a) ein Tier, das in einem Zuchtbuch eingetragen ist (eingetragenes Zuchttier), b) ein Tier, das selbst in der Hauptabteilung eines Zuchtbuches eingetragen ist oder vermerkt ist und dort eingetragen werden kann (reinrassiges Zuchttier), oder c) ein Tier, das in einem Zuchtregister eingetragen ist (registriertes Zuchttier). § 15 Abs. 3 Nr. 2 TierZG 2006 stellt somit eine generell geltende Voraussetzung für den Betrieb einer Embryo-Entnahmeeinheit auf, wie sie der Kläger betreibt. Dies gilt auch unabhängig davon, ob anderweitig – etwa im Natursprung – Nachkommen von Tieren erzeugt werden dürfen, die nicht Zuchttiere im Sinne des TierZG sind (vgl. dazu Pelhak, Tierzuchtrecht, Stand: September 2017, 7. Kapitel I-1, Seite 3 unten).
b) Es trifft auch nicht zu, dass das Tierzuchtgesetz von vornherein nur für die gewerbliche Zucht gilt. Das ergibt sich aus der Entstehungsgeschichte des Tierzuchtgesetzes in der bei Erlass der Auflage geltenden Fassung aus dem Jahre 2006.
Am 1. August 1949 trat das Tierzuchtgesetz vom 7. Juli 1949 als erstes Tierzuchtgesetz seit Gründung der Bundesrepublik Deutschland in Kraft (Gesetzblatt der Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes, S. 181; im Folgenden: TierZG 1949). § 1 Abs. 1 Satz 1 TierZG 1949 bestimmte:
„Männliche Tiere (Hengste, Bullen, Eber, Schafböcke, Ziegenböcke und nach näherer Bestimmung andere männliche Tiere) dürfen nur dann zum Decken oder zur künstlichen Besamung verwendet werden, wenn sie gekört sind und für sie eine Deckerlaubnis nach § 5 erteilt ist.“
Vor der (in den §§ 2, 3 TierZG 1949 näher geregelten) Körung waren lediglich Probesprünge zur Feststellung der Deckfähigkeit zulässig, soweit nicht anders verordnet (§ 1 Abs. 2 TierZG 1949). Die Verwendung eines nicht gekörten Tieres zum Decken oder zur künstlichen Besamung eines weiblichen Tieres war mit Geldstrafe bedroht (§ 9 Abs. 1 Buchst. a TierZG 1949). Gemäß § 6 Abs. 2 TierZG 1949 konnte die Oberste Landesbehörde für Landwirtschaft bestimmen, dass (u. a.) nicht gekörte Tiere zu schlachten oder unfruchtbar zu machen sind.
Aus der Gesamtheit der zitierten Vorschriften des TierZG 1949 geht hervor, dass sämtliche männliche Tiere, die bei der Erzeugung von Nachkommen zum Einsatz kommen sollten, gekört sein mussten. Dies entsprach auch Vorläuferregelungen im Deutschen Reich (Nachweise bei Pelhak, a.a.O., 2. Kapitel I.1). Nicht gekörte Tiere, die keine den Zuchtzielen entsprechenden Nachkommen zu zeugen in der Lage waren, sollten sich nicht fortpflanzen. Das ergibt sich insbesondere aus der zitierten Norm des § 6 Abs. 2 TierZG 1949, wonach diese Tiere nach Maßgabe der zuständigen Behörde sogar sterilisiert bzw. geschlachtet werden mussten. Eine „Parallelzüchtung“ im privaten, nicht gewerblichen Bereich mit ungekörten Tieren sollte demnach gerade ausgeschlossen sein.
Das Tierzuchtgesetz vom 20. April 1976 (BGBl. I, S. 1045; im Folgenden: TierZG 1976) brachte diesbezüglich keine Änderungen mit sich. Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 TierZG 1976 durfte – übereinstimmend mit § 1 Satz 1 TierZG 1949 – nur ein gekörtes, männliches Tier zum Decken verwendet werden. Der Gesetzgeber wollte ausnahmslos an der Körung als Voraussetzung für die Erzeugung von Nachkommen festhalten (BT-Drs. 7/4008, S. 13, 15).
Mit dem Tierzuchtgesetz vom 22. Dezember 1989 (BGBl. I, S. 2493; im Folgenden: TierZG 1989) wurde die Körung als Voraussetzung für die Zuchtverwendung eines Tieres durch eine Regelung des Anbietens und Abgebens von Zuchttieren, Samen, Eizellen und Embryonen abgelöst (so die Gesetzesbegründung BT-Drs. 11/4868, S. 14 re. Sp.). Daraus ergab sich aber keine Beschränkung des Anwendungsbereichs des TierZG auf die Züchtung oder die Vermehrung von Tieren allein im gewerblichen Bereich. Zwar beschränkte sich das TierZG 1989 auf Zuchttiere im Sinne der gesetzlichen Definition (§ 2 Nr. 1 TierZG 1989). Voraussetzung für das Inverkehrbringen von Zuchtprodukten war fortan statt der staatlichen Körung die Sicherstellung der Identität der Zuchtprodukte und das Vorliegen einer EG-weit vereinheitlichten Zuchtbescheinigung (Hötzel, Das neue Tierzuchtgesetz, AgrarR 1992, 297, 298). Unerheblich war aber, ob der Halter des Tieres dieses zu gewerblichen oder nicht-gewerblichen Zwecken hielt.
Das TierZG 2006 hat hieran nichts geändert (Pelhak, a.a.O., 7. Kapitel I-1, Seite 1 unten).
c) Der Anwendungsbereich des TierZG 2006 und mithin des § 15 Abs. 3 Nr. 2 TierZG 2006 ist auch entgegen der Darstellung des Klägers nicht auf die Vermehrung von Zuchttieren im Sinne des § 2 Nr. 11 TierZG 2006 beschränkt. Mit Zucht im Sinne des § 1 Abs. 1 TierZG 2006 ist jegliche Form von Vermehrung gemeint, also auch von Tieren, die nicht Zuchttiere im Sinne der gesetzlichen Definition des § 2 Nr. 11 TierZG 2006 sind.
Das TierZG 2006 enthält allerdings keine eigenständige Definition des Begriffs Zucht. Der weite Anwendungsbereich ergibt sich aber wiederum aus der Entstehungsgeschichte des TierZG 2006.
Nach § 2 Abs. 1 TierZG 1976 galt das damalige Tierzuchtgesetz für die Zuchtverwendung von Bullen, Ebern, Schafböcken und Hengsten (männliche Tiere). Gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 1 TierZG 1976 war Zuchtverwendung (erstmals) legal definiert als Verwendung männlicher Tiere zum Decken bzw. dem gleichgestellt die Verwendung seines Samens zur künstlichen Besamung.
Daraus folgt, dass seinerzeit jegliche Vermehrung eines Tieres als Zucht im Sinne des Gesetzes angesehen wurde. Daran hat sich durch die Nachfolgeregelungen des TierZG 1989 sowie des TierZG 2006 nichts geändert. Dessen ungeachtet sind einige Bestimmungen des TierZG 2006 nur auf Zuchttiere im Sinne des § 2 Nr. 11 TierZG 2006 anwendbar. So erfasst etwa § 12 TierZG 2006 nur das Anbieten oder Abgeben eines Zuchttieres zur Erzeugung von Nachkommen (ohne Verwendung von künstlicher Besamung oder Embryo-Entnahme), nicht aber von Nichtzuchttieren (Pelhak, a.a.O., 7. Kapitel I-1, Seite 3 unten).
2. Der Kläger macht darüber hinaus geltend, durch die Auflage werde in ungerechtfertigter Weise in seine Berufsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 GG eingegriffen. Es seien keine sachgerechten und vernünftigen Erwägungen des Gemeinwohls ersichtlich, die den Eingriff rechtfertigen könnten. Eine Gefährdung der tiergenetischen Ressourcen sei durch den vereinzelten Einsatz der Embryo-Transfertechnologie nicht zu befürchten. Der Weg der einzelnen Eizelle und des einzelnen Embryos könne auch anhand anderweitig zu erfüllender Dokumentationspflichten nachverfolgt werden. Ein Nutzen für eine lückenlose Nachweisbarkeit sei nicht ersichtlich. Die Tiere dienten regelmäßig vorrangig der Selbstversorgung und seien nicht dafür bestimmt, etwa in einer gewerblichen Zucht eingesetzt zu werden.
Aus diesem Vortrag des Klägers ergeben sich keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken.
Zutreffend hat das Verwaltungsgericht die Regelung des § 15 Abs. 3 Nr. 2 TierZG 2006 als Regelung der Berufsausübung gewertet. Eine solche Regelung wird durch jede sachgerechte und vernünftige Erwägung des Gemeinwohls gerechtfertigt, in deren Rahmen weithin auch Gesichtspunkte der Zweckmäßigkeit berücksichtigt werden können. Es gilt aber auch hier der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, nach dem die freie Gestaltung der beruflichen Tätigkeit einerseits und die Interessen der Allgemeinheit andererseits in Einklang zu bringen sind. Je empfindlicher der einzelne in seiner freien Betätigung im Beruf beeinträchtigt wird, desto stärker müssen die Interessen des Gemeinwohls sein, denen diese Regelung zu dienen bestimmt ist (BGH, Urteil vom 11.07.1983 – II ZR 92/82 –, juris Rn. 15).
Ausreichende Belange des Gemeinwohls liegen hier vor. Der Embryotransfer dient gerade dazu, möglichst schnell ein oder mehrere Nachkommen eines Tieres zu erzeugen, um das Generationsintervall zu verkürzen und die Selektionsintensität zu steigern. Damit ist er mit der künstlichen Besamung vergleichbar, „die ausgewählten Vatertieren zu vorher ungeahnten Nachkommenzahlen verhalf“ (Pelhak, a.a.O., 17. Kapitel I-1, Seite 1 unten und Seite 2). Bereits die Erteilung einer Besamungserlaubnis kam deshalb gemäß § 14 Abs. 1 TierZG 1976 nur dann in Betracht, wenn der Zuchtwert des männlichen Tieres über dem durchschnittlichen Zuchtwert vergleichbarer Tiere lag (BT-Drs. 7/4008, S. 19 zu § 14 TierZG 1976). Die Verbesserung der Leistungsfähigkeit der Tiere ist auch ein Ziel des TierZG 2006 (§ 1 Abs. 2 Nr. 1 TierZG 2006). Es liegt daher ein hinreichender Grund des Gemeinwohls vor, um die besonders intensive Erzeugung von Nachkommen, die gerade die Embryo-Transfereinrichtungen ermöglichen, nur für Zuchttiere zu eröffnen, die auch den Leistungsprüfungen und Zuchtwertschätzungen gemäß § 7 TierZG 2006 unterliegen.
Der Kläger kann auch nicht damit durchdringen, dass er aufgrund anderweitiger Vorschriften unabhängig von den Vorschriften des TierZG 2006 den Weg der einzelnen Eizelle und des einzelnen Embryos in jeder Phase lückenlos nachweisen könne. Mit diesem Argument kann der Kläger nicht belegen, dass die Regelung des § 15 Abs. 3 Nr. 2 TierZG 2006 unverhältnismäßig in seine Berufsausübungsfreiheit eingreift. Es kann dahinstehen, ob der Kläger die vorgenannten Informationen auch anderweitig hinreichend dokumentiert. Dies ist zweifelhaft, da die von ihm beispielhaft angeführte Regelung des § 3 Abs. 1 Nr. 5 der Berufsordnung der Tierärztekammer Niedersachsen in der Fassung vom 20. November 2013 (DTBl. 1/2014, S. 110), zuletzt geändert durch die Satzung vom 26. Juni 2018 (DTBl. 08/2018, S. 1122), Tierärztinnen und Tierärzte lediglich dazu verpflichtet, (u. a.) über in Ausübung ihres Berufes gemachte Feststellungen Aufzeichnungen zu fertigen. Jedenfalls ist der Grund für die Verpflichtung, in einer Embryo-Entnahmeeinheit nur Nachkommen von Zuchttieren zu erzeugen, nicht die Dokumentation des Weges der einzelnen Eizelle und des einzelnen Embryos. Vielmehr geht es – wie ausgeführt – um die Erhaltung und Verbesserung der Leistungsfähigkeit (§ 1 Abs. 2 Nr. 1 TierZG 2006) und der Wirtschaftlichkeit (§ 1 Abs. 2 Nr. 2 TierZG 2006) der Tiere.
Das TierZG 2006 ist durch das Gesetz vom 18. Januar 2019 mit Wirkung vom 25. Januar 2019 aufgehoben und durch das Tierzuchtgesetz vom 18. Januar 2019 (BGBl. I S. 18, im Folgenden: TierZG 2019) ersetzt worden. Ob diese Änderung der Rechtslage nach Ablauf der Zulassungsantragsbegründungsfrist gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO von Amts wegen zu berücksichtigen ist (zum Streitstand Schenke in Kopp/Schenke, 25. Aufl. 2019, § 124 Rn. 7c), weil sich die streitige Auflage einem Dauerverwaltungsakt gleich an der jeweils geltenden Rechtslage messen lassen muss, bedarf hier keiner Entscheidung. Denn § 1 TierZG 2006 und § 15 TierZG 2006 sind – soweit hier relevant – unverändert als §§ 1, 16 TierZG 2019 Teil der Neuregelung.