Sozialgericht Stade
Urt. v. 29.06.2015, Az.: S 1 KR 22/14

Erhebung von Säumniszuschlägen infolge der Betriebsprüfung einer Rechtsanwaltskanzlei im Hinblick auf das Mitarbeitern gezahlte Urlaubsgeld

Bibliographie

Gericht
SG Stade
Datum
29.06.2015
Aktenzeichen
S 1 KR 22/14
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2015, 21045
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:SGSTADE:2015:0629.S1KR22.14.0A

Redaktioneller Leitsatz

1.

Bei den Voraussetzungen des § 24 Abs. 2 SGB IV kommt es auch bei einer GbR auf die Kenntnis der zuständigen Funktionsträger an.

2.

Eine verschuldete Unkenntnis von der Zahlungspflicht nach § 24 SGB IV ist nur bei Vorsatz gegeben, also wenn Bewusstsein und Wille vorliegen, die Abführung der fälligen Beiträge zu unterlassen.

Tenor:

Der Bescheid vom 22. Oktober 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Januar 2014 wird hinsichtlich der Säumniszuschläge in Höhe von EUR 953,00 aufgehoben. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte. Der Streitwert wird auf EUR 953,00 festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin wehrt sich gegen die Erhebung von Säumniszuschlägen infolge einer Betriebsprüfung der Beklagten nach den Vorschriften des Vierten Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV). Die Klägerin ist eine in Form der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) betriebene Rechts- anwaltskanzlei, für die derzeit vier Rechtsanwälte tätig sind. Zusätzlich sind in der Kanzlei ca zehn Personen nichtanwaltlich beschäftigt. Die Beklagte führte eine Betriebsprüfung gemäß § 28p SGB IV am 9. Oktober 2013 für den Zeitraum Januar 2009 bis einschließlich Dezember 2012 durch. Am gleichen Tage nahm die Beklagte im Rahmen der Schlussbesprechung die Anhörung zum Erlass des beabsichtigten Bescheides vor. Mit Bescheid vom 11. Oktober 2013 forderte die Beklagte einen Gesamtbetrag von EUR 3.196,82 einschließlich Säumniszuschlägen in Höhe von EUR 953,00 nach. Zur Begründung der Beitragsnachforderung verwies die Beklagte darauf, dass die Beitragserhebung in mehreren Fällen unzutreffend erfolgt sei. So seien für eine Mitarbeiterin der Klägerin die im Laufe mehrerer Monate angefallenen Überstunden im Dezember 2009 ausgezahlt worden. Beitrags- rechtlich sei unzutreffend die Bemessung nur bis zur Jahresarbeitsentgeltgrenze erfolgt, ohne die Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze gemäß § 23a Abs 3 SGB IV zu beachten. Im Juni 2009 sei das Urlaubsgeld, das derselben Mitarbeiterin gezahlt worden sei, ebenfalls unzutreffend als laufendes Entgelt abgerechnet worden und nicht als einmaliges Arbeitsentgelt nach den Vorgaben des § 23a SGB IV erhoben worden. Zudem seien in einigen Monaten zu niedrige Sätze zur Umlage U1 und U2 nach dem AAG angewendet worden. Die Säumniszuschläge waren in dem Bescheid mit EUR 935,00 ausgewiesen. Diese seien zu erheben, da keine unverschuldete Unkenntnis der Beitragspflicht bestanden habe. Als Maßstab verwies die Beklagte auf die Vorgaben des Urteils des Bundessozialgerichts (BSG) vom 26. Januar 2005, B 12 KR 3/04 R, das seinerseits auf das Urteil vom 30. März 2000, B 12 KR 14/99 R, Bezug nehme. Aus den Ausführungen des BSG sei der Gegenschluss zu entnehmen, dass ein Vorsatz gegeben sei, wenn eine Beitragsberechnung durch Fachpersonal vorgenommen werde. Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch unter dem 22. Oktober 2013. Dabei beschränkte die Klägerin den Widerspruch auf die Erhebung von Säumniszuschlägen, während in der Sache gegen die Beitragsnachforderung keine Einwände erhoben wurden. Die Säumniszuschläge seien niederzuschlagen, weil kein Vorsatz gegeben sei. Die mit der Lohnbuchhaltung betraute Mitarbeiterin habe bei der Abrechnung gemeint, alles richtig zu machen. Es sei daher allenfalls eine fahrlässige Nichtabführung von Beiträgen gegeben. Der Widerspruch wurde im Widerspruchsbescheid vom 3. Januar 2014 zurückgewiesen. Neben den Urteilen, auf die die Beklagte bereits zuvor Bezug genommen hatte, verwies sie nunmehr auch auf das Urteil des BSG vom 1. Juli 2010 zum Aktenzeichen B 13 R 67/09 R. Darin sei festgehalten worden, dass neben Vorsatz auch Fahrlässigkeit im Sinne des § 276 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) dazu führe, nicht von einer unverschuldeten Unkenntnis der Beitragspflicht auszugehen. Die Beklagte stützte sich bei der Konkretisierung der Anforderungen an eine unverschuldete Unkenntnis auch auf das Rundschreiben Prüfung der Rentenversicherungsträger bei den Arbeitgebern vom 3. November 2010 bzw die darin aufgeführten Kategorien. Auch die Klägerin gehöre dazu, hier sei ein typisches Arbeitsverhältnis mit einem typischen Arbeitsentgelt gegeben. Es sei von einem Verschulden auszugehen, "da Sie mit Vorsatz vorenthalten haben". Die Klägerin erhob am 7. Februar 2014 Klage zu dem Sozialgericht Stade. Sie vertieft ihr Vorbringen und ist weiterhin der Auffassung, ein Verschulden sei nicht gegeben, da lediglich eine fahrlässige Nichtabführung von Beiträgen vorgelegen habe. Sie beantragt,

die Beklagte unter Teilaufhebung des Bescheides vom 11. Oktober 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Januar 2014 zu verpflichten, an die Klägerin EUR 935,00 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, ihre Bescheide seien nicht zu beanstanden. Insbesondere sei die Unkenntnis der Beitragspflicht von der Klägerin verschuldet. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakte verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der Entscheidungs- findung geworden sind.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet. Die Bescheide der Beklagten waren hinsichtlich der Säumniszuschläge aufzuheben. Dies folgt aus § 24 SGB IV. Nach Abs 1 Satz 1 der Vorschrift ist für Beiträge und Beitragsvor- schüsse, die der Zahlungspflichtige nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages gezahlt hat, für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von 1 vH des rückständigen, auf EUR 50,00 nach unten abgerundeten Betrages zu zahlen. Wird eine Beitragsforderung durch Bescheid mit Wirkung für die Vergangenheit festgestellt, ist nach Abs 2 der Vorschrift ein darauf entfallender Säumniszuschlag nicht zu erheben, soweit der Beitragsschuldner glaubhaft macht, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte. Die Voraussetzungen des § 24 Abs 2 SGB IV sind erfüllt. Die Klägerin hat glaubhaft gemacht, dass sie unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte. Ausgangspunkt der gerichtlichen Bewertung ist, dass nach der Rechtsprechung des BSG eine juristische Person des Privatrechts selbst keine Kenntnis bestimmter Umstände haben kann, auch wenn die Materialien zur Einführung von § 24 Abs 2 SGB IV mit dem 2. SGBÄndG davon sprechen, dass "der Beitragsschuldner" unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht gehabt haben müsse (BR-Drs 243/93, S. 86). Vielmehr ist auf die Kenntnis der zuständigen Funktionsträger ab- zustellen (BSG, Urteil vom 17. April 2008, B 13 R 123/07 R). Dies muss nach Auffassung des Gerichts vorliegend auch für die Klägerin gelten, selbst wenn es sich nicht um eine juristische Person im engeren Sinn handelt, sondern sie als GbR und damit als Personengesellschaft verfasst ist. Offen bleiben kann hier, ob als Funktionsträger iSd der vorstehend genannten Rechtsprechung die Geschäftsführung der Klägerin oder die für die Lohnbuchhaltung und Meldungsabgabe an die Beklagte zuständige Mitarbeiterin anzusehen ist. Denn bei beiden genannten Personen (-kreisen) lag unverschuldete Unkenntnis der Beitragspflicht vor. Das Gericht legt als Maßstab für das Vorliegen einer unverschuldeten Unkenntnis die Auffassung des für das Beitragsrecht und Rechtsstreitigkeiten aus Betriebsprüfungen zuständigen 12. Senats des BSG zu Grunde. Dieser hat in der Entscheidung vom 26. Januar 2005, B 12 KR 3/04 R, festgehalten, dass in Ermangelung anderer Maßstäbe auf diejenigen zurückzugreifen sei, die für die Beurteilung des Vorsatzes im Sinne des § 25 Abs 1 Satz 2 SGB IV durch das BSG entwickelt wurden. Nach der damit bezuggenommenen Entscheidung des 12. Senats zum Aktenzeichen B 12 KR 14/99 R vom 30. März 2000 ist von Vorsatz auszugehen, wenn Bewusstsein und Wille vorliegen, die Abführung der fälligen Beiträge zu unterlassen. Ausreichend sei bedingter Vorsatz, dh dass eine Beitragspflicht für möglich gehalten, die Nichtabführung der Beiträge aber billigend in Kauf genommen werde. Hingegen sei Fahrlässigkeit, auch in den Erscheinungsformen der bewussten oder der groben Fahrlässigkeit, nicht ausreichend. Das Vorliegen des inneren (subjektiven) Tatbestandes müsse festgestellt werden, dh anhand der konkreten Umstände des Einzelfalles bezogen auf den betreffenden Beitragsschuldner durch Sachverhaltsaufklärung individuell ermittelt werden. Allgemein gehaltene Aussagen zum Vorliegen des subjektiven Tatbestandes seien insgesamt insoweit ausgeschlossen. Jedoch werde Vorsatz regelmäßig vorliegen, wenn für das gesamte typische Arbeitsentgelt (zB bei "Schwarzarbeit") überhaupt keine Beiträge entrichtet werden. Vorsatz sei auch dann gegeben, wenn Beiträge für verbreitete "Nebenleistungen" zum Arbeitsentgelt nicht gezahlt würden und zwischen steuerrechtlicher und beitragsrechtlicher Behandlung eine bekannte oder ohne weiteres erkennbare Übereinstimmung bestehe. Dem gegenüber müsse der Vorsatz bei wenig verbreiteten Nebenleistungen, bei denen die Steuer- und Beitragspflicht in komplizierten Vorschriften geregelt seien und nicht voll übereinstimmten, eingehend geprüft und festgestellt werden. Fehler bei der Beitragsentrichtung dürften in diesen Fällen nicht selten nur auf fahrlässiger Rechtsunkenntnis beruhen, zumal wenn es sich um kleine Betriebe handele, bei denen der Arbeitgeber die Beitragsberechnung ohne Fachpersonal selbst vornehme. Zum Vorsatz gehöre aber auch in diesen Fällen, dass es der Arbeitgeber zumindest für möglich halten müsse, dass bestimmte Zuwendungen an die Arbeitnehmer dem Grunde nach beitragspflichtiges Arbeitsentgelt und, sofern noch nicht geschehen, Beiträge und die Umlage zu zahlen seien. Das Gericht folgt nicht der Rechtsprechung des 13. Senats aus dem Urteil vom 1. Juli 2010, B 13 R 67/09 R. Darin ist festgehalten, dass neben Vorsatz auch Fahrlässigkeit im Sinne des § 276 BGB dazu führe, nicht von einer unverschuldeten Unkenntnis auszugehen. Der 13. Senat hat in der Entscheidung die vorstehend dargelegten Urteile des 12. Senats erörtert, aber nicht feststellen können, dass hieraus eine Einengung des Verschuldensmaßstabes iR des § 24 SGB IV auf Vorsatz hergeleitet werden könne. Die Kammer erkennt hingegen durchaus eine Divergenz zwischen den Entscheidungen. Sie folgt der Auffassung des 12. Senats, schon weil dieser für das Beitragsrecht und Rechtsstreitigkeiten aus Betriebsprüfungen - und damit letztlich auch für die Überprüfung von Entscheidungen wie die hier vorliegende - zuständig ist. Zudem zitiert die Beklagte im Widerspruchsbescheid zwar die Entscheidung des 13. Senats, aaO, hält aber letztlich auch das Vorliegen von Vorsatz für erforderlich. Dem entsprechend hält die Beklagt an ihrer Auffassung fest, dass von einer unverschuldeten Unkenntnis der Beitragspflicht keine Rede sein könne, weil der erforderliche Vorsatz gegeben sei. Nach dem so definierten Maßstab hat die Klägerin glaubhaft gemacht, dass eine unverschuldete Unkenntnis von der Beitragspflicht vorlag. Dies gilt unabhängig davon, ob man auf die Geschäftsführung oder auf die mit der Lohnbuchhaltung betraute Mitarbeiterin abstellt. 1. Ein auch nur bedingter Vorsatz innerhalb der Geschäftsführung der Klägerin war nicht gegeben. Keiner der GbR-Gesellschafter hatte Kenntnis von der Nichtabführung der Beiträge zur Sozialversicherung; dies behauptet auch die Beklagte nicht. Daher war nicht näher zu ermitteln, ob für die Klägerin Gemeinschaftliche Geschäftsführung gem § 709 BGB bestand oder eine Übertragung der Geschäftsführung gem § 710 BGB erfolgt war. Auch in der Person der Angestellten, die die Lohnbuchhaltung für die Klägerin durchgeführt hat, war ein Vorsatz nicht gegeben. Der Mitarbeiterin war nach dem festgestellten Sachverhalt die Regelung des § 23a SGB IV offenbar nicht vertraut. Zweifellos handelte es sich bei dem gezahlten Urlaubsgeld bzw den später ausgezahlten Überstunden um eine im Sinne der Rechtsprechung des 12. Senats verbreitete "Nebenleistung" zum Arbeitsentgelt. Dass hierfür grundsätzlich Beiträge zu entrichten sind, ist seitens der Mitarbeiterin der Klägerin auch berücksichtigt worden. Der Fehler bestand darin, dass die Modifikation der Beitragsbemessungsgrenze durch § 23a SGB IV zu Unrecht nicht beachtet wurde. Für die vorgetragene bloße Unkenntnis spricht aus Sicht des Gerichts auch, dass die beiden beitragsrechtlichen Fehl- bewertungen, die wesentlich die Höhe der Beitragsnacherhebung und Säumniszuschläge prägen, in einem Verstoß gegen dieselbe Vorschrift des SGB IV bestehen. Untauglich ist der von der Beklagten in dem Ausgangsbescheid vom 11. Oktober 2013 vorgenommene Versuch, dennoch aus einem Gegenschluss zu den Entscheidungen des BSG vom 26. Januar 2005, aaO, bzw vom 30. März 2000, aaO, einen Vorsatz daraus abzuleiten, dass die Beitragsberechnung und Lohnbuchhaltung hier durch Fachpersonal vorgenommen worden sei. Schon der Umkehrschluss der Beklagten im Widerspruchsbescheid, dass von Vorsatz auszugehen sei, wenn die Beitragsabrechnung im Betrieb durch eigenes fachkundiges Personal ausgeführt werde, erscheint nicht haltbar. Vielmehr hat das BSG in der Entscheidung vom 30. März 2000, aaO, den Verweis auf das Fachpersonal im Sinnzusammenhang mit Ausführungen dazu geäußert, dass nicht selten fahrlässige Rechtsunkenntnis bestehen werde. Es ist weiterhin fraglich, ob die mit der Lohnbuchhaltung betraute Mitarbeiterin der Klägerin vorliegend als "Fachpersonal" iSd Entscheidung des BSG vom 26. Januar 2005, aaO, bezeichnet werden kann, wenn in der genannten Entscheidung ein Gegensatz zwischen der Durchführung der Meldungen zur Sozialversicherung "durch den Arbeitgeber selbst" einerseits und der Einschaltung von "Fachpersonal" andererseits differenziert wird. Der Verwaltungsakte sind keinerlei Ermittlungen der Beklagten zu der Frage zu entnehmen, welche Qualifikation die mit der Lohnbuchhaltung betraute Mitarbeiterin der Klägerin aufweist. Dies wäre aber nach den Vorgaben der Entscheidung des BSG vom 26. Januar 2005, aaO, erforderlich gewesen. Vollends zum Zirkelschluss geraten die Ausführungen zum Verschulden im Widerspruchsbescheid, wenn darin festgehalten wird, dass hier ein typisches Arbeitsverhältnis mit typischem Arbeitsentgelt vorgelegen habe und von Verschulden auszugehen sei, "da Sie mit Vorsatz vorenthalten haben". Ermittlungen zu diesem geltend gemachten Vorsatz sind der Akte und den angegriffenen Bescheiden nicht zu entnehmen. Auch konkretisiert die Beklagte nicht, welcher der von ihr aus dem Rundschreiben Prüfung der Rentenversicherungsträger bei den Arbeitgebern vom 3. November 2010 zitierten Kategorien einschlägig sein soll, nach denen eine unverschuldete Unkenntnis nicht vorliegt. Für das Gericht, das nicht an die Vorgaben dieses Rundschreibens gebunden ist, ist keine Kategorie ersichtlich, unter die das Verhalten der Mitarbeiterin der Klägerin subsumiert werden könnte. 2. Ein Verschulden kann auch nicht nach den Grundsätzen des Organisationsverschuldens begründet werden. Dabei kann offen bleiben, inwiefern die Grundsätze des Organisationsverschuldens vorliegend überhaupt greifen und auf die Klägerin übertragbar sind. Das BSG hat ursprünglich für Körperschaften des öffentlichen Rechts den Grundsatz entwickelt, dass jede am Rechtsverkehr teilnehmende Organisation sicherzustellen hat, dass die ordnungsgemäß zugehenden, rechtserheblichen Informationen von ihren Entscheidungsträgern zur Kenntnis genommen werden können. Sie muss es deshalb so einrichten, dass ihre Repräsentanten, die dazu berufen sind, im Rechtsverkehr bestimmte Angaben in eigener Verantwortung wahr- zunehmen, die erkennbar erheblichen Informationen tatsächlich an die entscheidenden Personen weiterleiten. Hieraus folgt die Notwendigkeit eines internen Informationsaustausches. Dazu kann ein Informationsfluss von unten nach oben, aber auch ein horizontaler Austausch erforderlich sein. Die Notwendigkeit eines Informationsaustausches bedingt entsprechende organisatorische Maßnahmen. Jedenfalls dann, wenn es an der derartigen organisatorischen Maßnahmen fehlt, muss die Organisation das Wissen einzelner Mitarbeiter - auf welcher Ebene auch immer diese angesiedelt sind - zurechnen lassen (vgl hierzu BSG, Urteil vom 17. April 2008, B 13 R 123/07 R). In der Rechtsprechung sind diese Grundsätze weiterentwickelt worden und auch auf juristische Personen des Privatrechts übertragen worden. Das LSG Nordrhein-Westfalen hat in dem Urteil vom 17. Oktober 2008, L 16 R 41/08, diskutiert, ob eine Zurechnung möglich sei, wenn die Kontrolle und die Überwachung der sich fehlverhaltenden Mitarbeiter ihrerseits nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden ist, also bei ordnungsgemäßem Geschäftsablauf ein Fehlverhalten hätte bemerkt werden müssen. Im Ergebnis kann offen bleiben, ob diese Grundsätze auch auf die Klägerin als - grundsätzlich nicht rechtsfähige - GbR übertragbar sind. Denn die Voraussetzungen für ein Organisations- verschulden liegen jedenfalls nicht vor. Für die Zwecke der Lohnbuchhaltung in einem Betrieb mit insgesamt etwa zehn Mitarbeitern begründen die Übertragung dieser Aufgaben an eine gelernte Rechtsanwalts- und Notargehilfin, die diese Tätigkeit nach einer Einarbeitung bereits seit vielen Jahren durchgeführt hat, als ausreichend. Insoweit hat das Gericht berücksichtigt, dass, wie die Klägerin unwidersprochen vorgetragen hat, üblicherweise keine Entgelte an die Mitarbeiter gezahlt werden, die die Beitragsbemessungsgrenze erreichen oder sogar überschreiten. Daraus ist abzulesen, dass die im Rahmen der Lohnbuchhaltung zu bewältigenden Fragestellungen im Wesentlichen einfacher Natur waren und daher von einer Beschäftigten sachgerecht durchgeführt werden konnten, die nicht ausgebildete Lohnbuchhalterin ist. Auch das Unterlassen der Einführung eines weiteren Kontrollsystems, zB im Sinne eines Vier-Augen-Prinzips, erscheint vor diesem Hintergrund für die Lohnbuchhaltung als nicht unangemessen. Vielmehr erachtet es das Gericht eingedenk der geringen Betriebsgröße als ausreichend, dass die Mitarbeiterin in Eigenregie Fortbildungsveranstaltungen besucht hat bzw Änderungen im Sozialversicherungswesen durch die Lektüre von Fachliteratur nachvollzieht. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs 1 Verwaltungsgerichtsordnung. § 193 SGG ist nicht anwendbar, da die Beteiligten in kostenrechtlicher Hinsicht nach Maßgabe des § 183 SGG nicht privilegiert sind. Die Festsetzung des Streitwertes hat ihre Grundlage in § 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGG i.V.m. § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 1 Gerichtskostengesetz.