Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 21.11.2023, Az.: 9 LA 89/23

Gefährlichkeitsfeststellung; allgemeiner Gleichheitsatz; gefährlicher Hund; Hundesteuer; Wesenstest; Erhöhte Hundesteuer nach Beißvorfall und Gefährlichkeitsfeststellung

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
21.11.2023
Aktenzeichen
9 LA 89/23
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2023, 44831
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2023:1121.9LA89.23.00

Verfahrensgang

vorgehend
VG Osnabrück - 10.08.2023 - AZ: 1 A 130/21

Fundstellen

  • DÖV 2024, 242
  • KommJur 2024, 25-29
  • NordÖR 2024, 151

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Für einen Hund, der einen Menschen gebissen hat und dessen Gefährlichkeit aufgrund dieses Vorfalls bestandskräftig nach § 7 Abs. 1 NHundG festgestellt worden ist, kann eine erhöhte Hundesteuer erhoben werden.

  2. 2.

    Es liegt kein Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG vor, wenn der Satzungsgeber einen Hund, der bereits in der Öffentlichkeit als erhöhte Gefahr aufgefallen ist, mit einem erhöhten Steuersatz gegenüber anderen, nicht gefährlichen Hunden belegt.

  3. 3.

    Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet es auch nicht, Hunde, deren Gefährlichkeit nach § 7 Abs. 1 NHundG festgestellt wurde, von der erhöhten Hundesteuer zu befreien, wenn sie einen positiven Wesenstest nach § 13 NHundG durchlaufen haben. Denn der positive Wesenstest ist lediglich eine Voraussetzung für die Erteilung einer Erlaubnis zur Haltung eines gefährlichen Hundes; er ändert nichts an der Gefährlichkeitsfeststellung.

Tenor:

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das auf die mündliche Verhandlung vom 9. August 2023 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Osnabrück - Einzelrichterin der 1. Kammer - wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes für das Zulassungsverfahren wird auf 1.800,00 EUR festgesetzt.

Gründe

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Osnabrück, mit dem dieses seine auf die (Teil-)Aufhebung des Bescheids der Beklagten vom 21. Juni 2021 gerichtete Klage abgewiesen hat, bleibt ohne Erfolg.

Mit dem genannten Bescheid setzte die Beklagte gegenüber dem Kläger für den Zeitraum vom 1. Juni 2021 bis zum 31. Dezember 2021 eine Hundesteuer in Höhe von 420,00 EUR fest und die Jahressteuer für Folgejahre auf 720,00 EUR fest. In dem Bescheid wurde vermerkt, dass er solange gilt, bis er durch einen neuen ersetzt wird. Der Steuerfestsetzung wurde der in § 3 Abs. 1 d) der Hundesteuersatzung der Beklagten vorgesehene (erhöhte) Steuersatz für gefährliche Hunde zugrunde gelegt, nachdem mit (bestandskräftigem) Bescheid der Beklagten vom 8. Mai 2019 die Gefährlichkeit des Hundes "E." (Rasse Dobermann) des Klägers festgestellt worden war. Auslöser für diese Gefährlichkeitsfeststellung war ein Vorfall am 30. März 2019 gewesen, bei dem "E." einen Inlineskater in den linken Oberschenkel gebissen hatte. Der Kläger wendet sich gegen den Hundesteuerbescheid, soweit darin Hundesteuern festgesetzt werden, die über den für einen Ersthund zu zahlenden monatlichen Betrag in Höhe von 10,00 EUR hinausgehen.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, dass die Hundesteuersatzung der Beklagten formell und materiell rechtmäßig sei und dass die Beklagte die Rechtsgrundlage ordnungsgemäß angewandt habe. Die Voraussetzungen gemäß § 3 Abs. 2 a) der Hundesteuersatzung lägen vor. Danach seien gefährliche Hunde im Sinne dieser Satzung solche Hunde, bei denen nach ihrer besonderen Veranlagung, Erziehung und/oder Charaktereigenschaft die erhöhte Gefahr einer Verletzung von Personen bestehe oder von denen eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgehen könne. Gefährliche Hunde in diesem Sinne seien insbesondere auch diejenigen Hunde, die bereits in der Öffentlichkeit durch eine gesteigerte Aggressivität aufgefallen seien, insbesondere Menschen oder Tiere gebissen oder sonst eine über das natürliche Maß hinausgehende Kampfbereitschaft, Angriffslust oder Schärfe gezeigt hätten, soweit die zuständige Behörde die Gefährlichkeit nach § 7 Abs. 1 NHundG vom 26. Mai 2011 festgestellt habe. Eine solche Feststellung habe für "E." in dem streitgegenständlichen Zeitraum (Juni bis Dezember 2021) vorgelegen. Dass der Hund zwischenzeitlich einen "positiven" Wesenstest durchlaufen habe, führe zu keinem anderen Ergebnis. Der Kläger wäre hier vielmehr in der Pflicht, seinen Anspruch auf Überprüfung bzw. Aufhebung des Feststellungsbescheids gegenüber der Beklagten durchzusetzen. Es bestehe kein Anlass und auch keine Möglichkeit, in dem steuerrechtlichen Verfahren die Überprüfung der Gefährlichkeit vorzunehmen. Die Feststellung der Gefährlichkeit sei unanfechtbar getroffen. Wenn der Kläger vortrage, dass dies bezogen auf die erhöhte Hundesteuer verfassungsrechtlich bedenklich sei, könne dem unter Berücksichtigung des Lenkungszwecks des NHundG sowie der grundsätzlichen Zulässigkeit der erhöhten Hundesteuer von gewissen Hunden nicht gefolgt werden. Letztlich sei auch die von der Beklagten festgesetzte Steuerhöhe nicht zu beanstanden.

Der Kläger hat mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung den von ihm allein geltend gemachten Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Weise dargelegt bzw. er liegt in der Sache nicht vor.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils im Sinne dieser Vorschrift sind gegeben, wenn ein die Entscheidung tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird. Sie sind nicht erst dann gegeben, wenn bei der im Zulassungsverfahren allein möglichen summarischen Überprüfung der Erfolg des Rechtsmittels wahrscheinlicher ist als der Misserfolg. Das Zulassungsverfahren hat nicht die Aufgabe, das Berufungsverfahren vorwegzunehmen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 21.12.2009 - 1 BvR 812/09 - juris Rn. 16). Schlüssige Gegenargumente liegen dann vor, wenn der Antragsteller substantiiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung unrichtig ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 20.12.2010 - 1 BvR 2011/10 - juris Rn. 19). Um ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils darzulegen, muss sich der Zulassungsantragsteller substantiiert mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen. Welche Anforderungen an Umfang und Dichte seiner Darlegung zu stellen sind, hängt deshalb auch von der Intensität ab, mit der die Entscheidung des Verwaltungsgerichts begründet worden ist (vgl. Senatsbeschlüsse vom 1.11.2021 - 9 LA 11/20 - juris Rn. 37, vom 16.8.2021 - 9 LA 53/20 - n. v., vom 16.7.2019 - 9 LA 45/18 - juris Rn. 5 m. w. N. und vom 29.11.2018 - 9 LA 63/18 - n. v.).

Die Richtigkeitszweifel müssen sich allerdings auch auf das Ergebnis der Entscheidung beziehen; es muss also mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anzunehmen sein, dass die Berufung zu einer Änderung der angefochtenen Entscheidung führen wird. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegen daher nicht vor, wenn zwar einzelne Rechtssätze oder tatsächliche Feststellungen, welche das Urteil tragen, zu Zweifeln Anlass bieten, das Urteil aber im Ergebnis aus anderen Gründen offensichtlich richtig ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10.3.2004 - 7 AV 4.03 - juris Rn. 7 ff.).

Gemessen hieran hat der Kläger keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Ergebnisses der angefochtenen Entscheidung dargelegt.

1.

Der Kläger macht zunächst geltend, das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass § 3 Abs. 2 a) Satz 2 der Hundesteuersatzung der Beklagten nicht besage, dass ein Hund immer dann (und automatisch) als gefährlich im Sinne der Satzung gelte, wenn die Gefährlichkeit nach § 7 Abs. 1 NHundG festgestellt sei. Vielmehr besage § 3 Abs. 2 a) Satz 2 der Hundesteuersatzung, dass ein Hund als gefährlich im Sinne der Satzung gelte, wenn er durch "gesteigerte Aggressivität" aufgefallen sei, soweit die Gefährlichkeit des Hundes nach § 7 Abs. 1 NHundG festgestellt sei. Die beiden Voraussetzungen müssten kumulativ vorliegen: Erforderlich sei, dass der Hund durch gesteigerte Aggressivität aufgefallen sei und die Gefährlichkeit durch Bescheid nach § 7 Abs. 1 NHundG festgestellt worden sei. Die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass allein das Vorliegen eines Feststellungsbescheids gemäß § 7 Abs. 1 NHundG genüge, wäre nur dann richtig, wenn mit dem Feststellungsbescheid nach seinem Inhalt und seiner Wirkung gerade das Vorliegen der ersten Voraussetzung (Gefährlichkeit aufgrund gesteigerter Aggressivität) festgestellt würde. Dies treffe jedoch nicht zu. Nach der Rechtsprechung des 11. Senats des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts genüge schon der sich aus einem einzelnen Beißvorfall ergebende Gefahrenverdacht für eine Feststellung nach § 7 Abs. 1 NHundG. Ob der Hund tatsächlich gefährlich sei, sei erst im Rahmen des Wesenstests nach § 13 NHundG zu überprüfen, so dass es für die Feststellung der Gefährlichkeit im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 2 NHundG nicht einer abschließenden Prüfung bedürfe, ob das von dem Hund bei dem Beißvorfall gezeigte Verhalten eine gesteigerte Aggressivität oder eine über das natürliche Maß hinausgehende Angriffslust aufweise. Vorliegend weise das Verhalten von "E." keine gesteigerte Aggressivität auf. Aufgrund des Ergebnisses des durchgeführten Wesenstests sei festgestellt, dass das Gegenteil der Fall sei und dass von dem Hund keine Gefahr ausgehe. Soweit das Verwaltungsgericht ihn, den Kläger, auf die Möglichkeit verwiesen habe, bei der Beklagten unter Hinweis auf den erfolgreich absolvierten Wesenstest die Aufhebung der Feststellung gemäß § 7 Abs. 1 NHundG zu beantragen, habe es verkannt, dass die Aufhebung des gemäß § 7 Abs. 1 NHundG wegen eines Beißvorfalls ergangenen Feststellungsbescheids nach der Rechtsprechung des 11. Senats des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts nicht mit der Begründung erreicht werden könne, durch das Ergebnis eines Wesenstests sei die Fähigkeit eines Hundes zu sozialverträglichem Verhalten nachgewiesen und der Verdacht einer Gefahr ausgeräumt. Das Verwaltungsgericht hätte daher nicht zu dem Ergebnis kommen dürfen, dass die Gefährlichkeit des Hundes durch den Bescheid nach § 7 Abs. 1 NHundG festgestellt sei. Es hätte vielmehr zu dem Ergebnis kommen müssen, dass eine gesteigerte Aggressivität des Hundes und/oder eine über das natürliche Maß hinausgehende Angriffslust nicht festgestellt sei und dass daher nicht alle Voraussetzungen für die Erhebung der erhöhten Hundesteuer vorlägen.

Dieses Vorbringen führt nicht auf ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Ergebnisses der erstinstanzlichen Entscheidung. Im Ergebnis zu Recht ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass es sich bei dem Hund "E." um einen gefährlichen Hund im Sinne der Hundesteuersatzung der Beklagten handelt.

Gefährliche Hunde im Sinne der Hundesteuersatzung der Beklagten sind nach § 3 Abs. 2 a) der Satzung solche Hunde, bei denen nach ihrer besonderen Veranlagung, Erziehung und/oder Charaktereigenschaft die erhöhte Gefahr einer Verletzung von Personen besteht oder von denen eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgehen kann. Gefährliche Hunde in diesem Sinne sind insbesondere auch diejenigen Hunde, die bereits in der Öffentlichkeit durch eine gesteigerte Aggressivität aufgefallen sind, insbesondere Menschen oder Tiere gebissen oder sonst eine über das natürliche Maß hinausgehende Kampfbereitschaft, Angriffslust oder Schärfe gezeigt haben, soweit die zuständige Behörde die Gefährlichkeit nach § 7 Abs. 1 NHundG vom 26. Mai 2011 festgestellt hat.

Zwar mag dem Kläger noch darin zu folgen sein, dass § 3 Abs. 2 a) Satz 2 der Hundesteuersatzung der Beklagten es - wohl entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts - nicht genügen lässt, dass für den Hund die Gefährlichkeit nach § 7 Abs. 1 NHundG festgestellt worden ist. Nach dem Wortlaut des § 3 Abs. 2 a) Satz 2 der Hundesteuersatzung ist die - im letzten Halbsatz vorausgesetzte - Feststellung der Gefährlichkeit nach § 7 Abs. 1 NHundG lediglich eine von mehreren Voraussetzungen für die Einstufung eines Hundes als gefährlich im Sinne der Hundesteuersatzung. Hinzukommen muss nach dem ersten Halbsatz des § 3 Abs. 2 a) Satz 2 der Hundesteuersatzung, dass der Hund "bereits in der Öffentlichkeit durch eine gesteigerte Aggressivität aufgefallen" ist. Entgegen der Auffassung des Klägers ist diese Voraussetzung hier jedoch zu bejahen und erweist sich daher das verwaltungsgerichtliche Urteil im Ergebnis als richtig.

Der Kläger übersieht, dass § 3 Abs. 2 a) Satz 2 der Hundesteuersatzung selbst eine Regelung in Form von Regelbeispielen ("insbesondere") enthält, in welchen Fällen ein Hund "bereits in der Öffentlichkeit durch eine gesteigerte Aggressivität aufgefallen" ist. Dies ist nach der Hundesteuersatzung insbesondere dann der Fall, wenn der Hund Menschen oder Tiere gebissen oder sonst eine über das natürliche Maß hinausgehende Kampfbereitschaft, Angriffslust oder Schärfe gezeigt hat. Diese Voraussetzung ist hier erfüllt. Der Hund "E." des Klägers hat am 30. März 2019 einen Inlineskater in den linken Oberschenkel gebissen; dieser Vorfall war Gegenstand der mit (bestandskräftigem) Bescheid vom 8. Mai 2019 erfolgten Gefährlichkeitsfeststellung nach dem NHundG. Hat "E." damit einen Menschen gebissen, ist er nach dem Wortlaut der Hundesteuersatzung in der Öffentlichkeit durch eine gesteigerte Aggressivität aufgefallen. Auf weitere Voraussetzungen kommt es nach dem Wortlaut der Hundesteuersatzung insoweit nicht an. Insbesondere bedarf es keiner Überprüfung der tatsächlichen Gefährlichkeit des Hundes. Eine tatsächliche "Gefährlichkeit aufgrund gesteigerter Aggressivität" fordert § 3 Abs. 2 a) Satz 2 der Hundesteuersatzung entgegen der Auffassung des Klägers nicht. Vorausgesetzt wird lediglich, dass der Hund bereits - d. h. in der Vergangenheit - in der Öffentlichkeit durch eine gesteigerte Aggressivität aufgefallen ist, etwa indem er einen Menschen gebissen hat.

2.

Der Kläger trägt weiter vor, dass es denkbar (und vertretbar) sein möge, § 3 Abs. 2 a) Satz 2 der Hundesteuersatzung so auszulegen, dass sich aus dem Vorliegen eines Feststellungsbescheids nach § 7 Abs. 1 NHundG eine "widerlegliche" Vermutung für eine die Erhebung des erhöhten Hundesteuersatzes rechtfertigende Gefährlichkeit des Hundes ergebe. Diese Auffassung habe das Verwaltungsgericht aber nicht vertreten. Ansonsten hätte es seinen, des Klägers, Beweisantrag nicht mit der Begründung ablehnen dürfen, dass es auf das Ergebnis der beantragten Beweiserhebung nicht ankomme.

Dieses Vorbringen führt aus den unter 1. dargelegten Gründen nicht auf ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Ergebnisses der Entscheidung des Verwaltungsgerichts. Eine solche "widerlegliche" Vermutung spricht § 3 Abs. 2 a) Satz 2 der Hundesteuersatzung dem Feststellungsbescheid nicht zu. Vielmehr erfordert § 3 Abs. 2 a) Satz 2 der Hundesteuersatzung für die Einstufung eines Hundes als gefährlich im Sinne der Hundesteuersatzung neben dem Feststellungsbescheid nach § 7 Abs. 1 NHundG lediglich, dass der Hund "bereits in der Öffentlichkeit durch eine gesteigerte Aggressivität aufgefallen" ist. Eine Möglichkeit zur Widerlegung der Gefährlichkeitsfeststellung nach § 7 Abs. 1 NHundG sieht die Hundesteuersatzung nicht vor.

3.

Schließlich trägt der Kläger noch folgendes vor: Wenn man die Regelung des § 3 Abs. 2 a) Satz 2 der Hundesteuersatzung der Beklagten - mit dem Verwaltungsgericht - so verstehen wollte, dass das Vorliegen eines Feststellungsbescheids nach § 7 Abs. 1 NHundG zwingend (unabhängig vom Vorliegen weiterer Voraussetzungen sowie ohne Möglichkeit zur Widerlegung einer Vermutung) zur Anwendung des erhöhten Steuersatzes für gefährliche Hunde führen würde, müsste diese Satzungsregelung wegen Verstoßes gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG als unwirksam angesehen werden. Die Satzungsregelung hätte dann die Konsequenz, dass der erhöhte Steuersatz ausnahmslos für jeden Hund zu zahlen sei, der einmal an einem Vorfall beteiligt gewesen sei, welcher Anlass zur Annahme eines Gefahrenverdachts und damit zu einem Feststellungsbescheid nach § 7 Abs. 1 NHundG gegeben habe. Der erhöhte Steuersatz müsste in jedem derartigen Fall unabhängig davon gezahlt werden, ob wirklich eine erhöhte Aggressivität vorliege und ob wirklich eine Gefahr bestehe. Eine Differenzierung der Höhe der Hundesteuer, die allein an die auf einen einzigen Vorfall ohne nähere Prüfung gestützte Annahme eines Gefahrenverdachts geknüpft wäre, könnte nicht durch einen mit der Festlegung des Steuersatzes in rechtspolitisch legitimer Weise verfolgten "Lenkungszweck" und auch nicht durch andere sachliche Gesichtspunkte gerechtfertigt werden. Ergäben sich die Voraussetzungen für die Anwendung des erhöhten Steuersatzes unwiderleglich aus dem Vorliegen eines Feststellungsbescheids nach § 7 Abs. 1 NHundG, würde das im Ergebnis dazu führen, dass der sechsfach erhöhte Hundesteuersatz auch für Hunde zu zahlen sei, die tatsächlich ungefährlich seien und deren Fähigkeit zu sozialverträglichem Verhalten durch einen Wesenstest nach § 13 NHundG nachgewiesen sei oder nachgewiesen werden könne. Die darin liegende Ungleichbehandlung gegenüber anderen Hunden, für die der erhöhte Steuersatz nicht erhoben werde, würde in eklatanter Weise gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen.

Auch dieses Vorbringen führt nicht auf ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Ergebnisses der erstinstanzlichen Entscheidung.

Zunächst führt nicht allein das Vorliegen eines Feststellungsbescheids nach § 7 Abs. 1 NHundG unabhängig vom Vorliegen weiterer Voraussetzungen zur Anwendung des erhöhten Steuersatzes für gefährliche Hunde, so dass streng genommen bereits deshalb das weitere Zulassungsvorbringen des Klägers ins Leere geht. Wie unter 1. dargelegt, ist vielmehr - auch nach dem eigenen Vorbringen des Klägers - zusätzlich erforderlich, dass der Hund "bereits in der Öffentlichkeit durch eine gesteigerte Aggressivität aufgefallen" ist. Dies ist nach dem Wortlaut der Satzung insbesondere dann zu bejahen, wenn der Hund einen Menschen gebissen hat.

Aber selbst wann man das Zulassungsvorbringen des Klägers so verstehen wollte, dass die Satzungsregelung auch in dieser - unter 1. dargelegten - Auslegung gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstoße, da auch dann die Satzungsregelung die Konsequenz habe, dass der erhöhte Steuersatz ausnahmslos für jeden Hund zu zahlen sei, der einmal an einem Beißvorfall beteiligt gewesen sei, welcher Anlass zur Annahme eines Gefahrenverdachts und damit zu einem Feststellungsbescheid nach § 7 Abs. 1 NHundG gegeben habe, führt der Zulassungsantrag nicht zum Erfolg. Ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG ist nicht zu erkennen.

Der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG bedeutet für den Gesetzgeber die allgemeine Weisung, Gleiches gleich und Ungleiches seiner Eigenart entsprechend verschieden zu behandeln. Dies gilt nicht ausnahmslos, sondern nur, wenn die Gleichheit oder Ungleichheit der Sachverhalte so bedeutsam sind, dass ihre Beachtung unter Gerechtigkeitsgesichtspunkten geboten erscheint. Dabei ist dem Gesetzgeber weitgehende Gestaltungsfreiheit zuzugestehen. Dies gilt auch für die das Steuerrecht beherrschende Ausprägung des Art. 3 Abs. 1 GG als Grundsatz der Steuergerechtigkeit. Durchbrechungen des Gleichheitssatzes durch Typisierungen und Pauschalierungen können - insbesondere bei der Regelung von Massenerscheinungen - durch Erwägungen der Verwaltungsvereinfachung und -praktikabilität gerechtfertigt sein, solange die durch jede typisierende Regelung entstehende Ungerechtigkeit noch in einem angemessenen Verhältnis zu den steuerlichen Vorteilen der Typisierung steht (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.1.2000 - 11 C 8.99 - juris Rn. 40).

Die mit der Typisierungsbefugnis einhergehende Gestaltungsfreiheit muss der Gesetzgeber allerdings sachgerecht ausüben. Eine vom Gesetz vorgenommene ungleiche Behandlung muss sich im Hinblick auf die Eigenart des zu regelnden Sachbereichs auf einen vernünftigen oder sonst wie einleuchtenden Grund zurückführen lassen. Was dabei in Anwendung des Gleichheitssatzes sachlich vertretbar oder sachfremd ist, lässt sich nicht allgemein und abstrakt feststellen, sondern nur in Bezug auf die Eigenart des konkreten Sachbereichs, der geregelt wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.1.2000 - 11 C 8.99 - juris Rn. 41).

Unter Anwendung dieser Maßstäbe ist es nicht zu beanstanden, wenn der Satzungsgeber einen Hund als gefährlichen Hund im Sinne des Hundesteuerrechts einstuft - und damit mit einem sechsfach erhöhten Steuersatz gegenüber anderen, ungefährlichen Hunden belegt -, der bereits in der Öffentlichkeit durch eine gesteigerte Aggressivität aufgefallen ist, da er einen Menschen gebissen hat, und für den deshalb die Gefährlichkeit nach § 7 Abs. 1 NHundG festgestellt worden ist (vgl. für eine vergleichbare Satzungsregelung: Senatsbeschluss vom 30.6.2021 - 9 PA 81/21 - n. v.). Bereits dieser - aufgrund eines Beißvorfalls in der Vergangenheit - tatsächlich begründete konkrete Gefahrenverdacht rechtfertigt nicht nur die Gefährlichkeitsfeststellung nach § 7 Abs. 1 NHundG und die damit verbundenen Einschränkungen, sondern zugleich den erhöhten Steuersatz. Denn damit werden Halter solcher Hunde dem erhöhten Steuersatz unterworfen, die in der Öffentlichkeit als erhöhte Gefahr aufgefallen sind (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 19.1.2000 - 11 C 8.99 - juris Rn. 43); dem erhöhten Steuersatz unterliegen Hunde auch dann, wenn sie nicht über ein abstraktes Gefährdungspotential verfügen, aber bereits durch konkrete Gefährdungen auffällig geworden sind (vgl. HessVGH, Beschluss vom 29.5.2001 - 5 N 92/00 - juris Rn. 43). Mit diesem auf sachlichen Gründen beruhenden Regelungskonzept hat sich der Satzungsgeber im Rahmen der Erfordernisse des Gleichheitssatzes gehalten. Ob er dabei die zweckmäßigste oder vernünftigste Lösung gewählt hat, ist im Rahmen des Art. 3 Abs. 1 GG nicht zu überprüfen. Willkürlich ist die gefundene steuerrechtliche Lösung jedenfalls nicht (vgl. HessVGH, Beschluss vom 29.5.2001, a. a. O., Rn. 43 m. w. N.).

Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet es auch nicht, Hunde, deren Gefährlichkeit nach § 7 Abs. 1 NHundG festgestellt wurde, von der erhöhten Hundesteuer zu befreien, wenn sie einen positiven Wesenstest nach § 13 NHundG durchlaufen und damit ihre Fähigkeit zu sozialverträglichem Verhalten nachgewiesen haben. Bereits nach der Regelungssystematik des NHundG stellt ein solcher Nachweis nach § 8 Abs. 1 i. V. m. § 10 Abs. 1 Nr. 2 NHundG lediglich eine Voraussetzung für die Erteilung einer Erlaubnis zur Haltung eines gefährlichen Hundes dar. Ein positives Gutachten führt nach dem Willen des Gesetzgebers aber nicht dazu, dass die Erlaubnispflicht als solche entfällt; der bestandene Wesenstest ändert nichts an der Gefährlichkeitsfeststellung nach § 7 Abs. 1 NHundG. Nach der Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts ist in den Fällen eines bestandenen Wesenstests unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit lediglich zu prüfen, ob eine (teilweise) Aufhebung des generell geltenden Leinenzwangs in Betracht kommt (vgl. NdsOVG, Beschlüsse vom 30.6.2015 - 11 LA 250/14 - juris Rn. 7 und vom 18.1.2012 - 11 ME 423/11 - juris Rn. 8; siehe auch § 14 Abs. 3 Satz 2 NHundG). Unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten und unter dem Aspekt des allgemeinen Gleichheitssatzes ist es daher auch nicht zu beanstanden, wenn für diese Hunde aufgrund der fortbestehenden Gefährlichkeitsfeststellung - die seinerseits auf einer konkreten Gefährdung in der Vergangenheit beruht - ein erhöhter Steuersatz festgesetzt wird.

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 3 Satz 2 GKG und folgt der Streitwertfestsetzung durch das Verwaltungsgericht.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).