Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 28.11.2023, Az.: 11 LC 273/21

Übermittlung von das Vater-Kind-Verhältnis betreffenden Daten vom Jugendamt an die Ausländerbehörde

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
28.11.2023
Aktenzeichen
11 LC 273/21
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2023, 47096
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2023:1128.11LC273.21.00

Verfahrensgang

vorgehend
VG Hannover - 07.07.2021 - AZ: 10 A 215/21
VG Hannover - 14.07.2021

Fundstellen

  • JAmt 2024, 307-314
  • NVwZ-RR 2024, 237
  • NZFam 2024, 1005
  • NordÖR 2024, 151

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Die Übermittlung von das Vater-Kind-Verhältnis betreffenden Daten vom Jugendamt an die Ausländerbehörde verstößt nicht gegen § 65 Abs. 1 SGB VIII, wenn die Daten dem Mitarbeiter des (öffentlichen oder freien) Trägers der Jugendhilfe nicht zum Zwecke persönlicher und erzieherischer Hilfe anvertraut worden sind.

  2. 2.

    "Anvertraut" im Sinne des § 65 Abs. 1 SGB VIII sind nur die Daten, die dem Mitarbeiter eines Trägers der Jugendhilfe zum Zwecke persönlicher und erzieherischer Hilfe in einem bewußten "Akt des Anvertrauens" mitgeteilt worden sind oder die dem Mitarbeiter in einem sensiblen Lebensbereich in Erwartung einer Vertraulichkeit bekannt werden.

  3. 3.

    Die Datenübermittlung kann auch bei einem erwachsenen Ausländer auf § 71 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 lit.d) SGB X gestützt werden.

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover - 10. Kammer - vom 14. Juli 2021 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger beansprucht die Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Datenübermittlung vom Jugendamt an die Ausländerbehörde des Beklagten.

Der Kläger ist nigerianischer Staatsangehöriger. Er reiste nach eigenen Angaben am 4. Dezember 2003 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 5. Dezember 2003 einen Asylantrag. Dieser wurde mit Bescheid vom 6. September 2004 als offensichtlich unbegründet abgelehnt; die dagegen erhobene Klage wurde durch Urteil vom 11. Januar 2005 (- 4 A 4392/04 -) als offensichtlich unbegründet abgewiesen. Der Kläger ist seit dem 11. Januar 2005 vollziehbar ausreisepflichtig. Die Abschiebung des Klägers konnte bisher - bis 2020 in Ermangelung von Pass- oder Passersatzpapieren - nicht erfolgen. Dem Kläger wurden deshalb seit 2005 aufenthaltsrechtliche Duldungen erteilt.

Der Kläger ist im Bundesgebiet wiederholt strafrechtlich in Erscheinung getreten. Wie sich aus der Auskunft aus dem Bundeszentralregister vom 17. Juni 2020 (S. 724 f. der beigezogenen Ausländerakte) ergibt, wurde der Kläger von 2006 bis 2019 u.a. wegen wiederholter Zuwiderhandlung gegen eine Aufenthaltsbeschränkung zu einer Freiheitsstrafe von einem Monat (AG A-Stadt, Entscheidung v. 17.5.2006 - 4 Ds 117 Js 39656/05 (488/05) -) sowie wegen Hehlerei, Diebstahls, Erschleichens von Leistungen, Betruges und unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln wiederholt zu Geldstrafen verurteilt (u.a. AG A-Stadt, Entscheidung v. 19.11.2012 - 4 Ds 411 Js 23467/11 -; AG A-Stadt, Entscheidung v. 26.11.2018 - 4 Cs 611 Js 14993/15 -). Im Jahr 2019 erging ein weiterer Strafbefehl zu einer Geldstrafe wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln (AG A-Stadt - Cs 611 Js 21534/19 - Bl. 663 Ausländerakte). Zudem wurde am 23. Oktober 2019 erneut ein Strafverfahren wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln eingeleitet, welches die Staatsanwaltschaft Verden einstellte (Bl. 667 Ausländerakte).

Mit bestandskräftigem Bescheid vom 27. Juli 2012 wies der Beklagte den Kläger aus der Bundesrepublik Deutschland aus.

Am ... 2019 wurde das nichteheliche Kind deutscher Nationalität, G., geboren, dessen Vaterschaft der Kläger am 19. Februar 2020 anerkannte. Im Rahmen der Vaterschaftsanerkennung wurde der Heimatpass des Klägers sichergestellt.

Am 22. Juli 2020 schloss der Kläger mit der Kindesmutter vor dem Amtsgericht A-Stadt (1 F 95/20 UG) einen gerichtlichen Vergleich über den Umgang mit seiner Tochter. Nach diesem war es dem Kläger gestattet, ab dem 3. August 2020 für sechs Monate alle 14 Tage an einem durch das Jugendamt festgesetzten Termin in den Räumlichkeiten des Jugendamtes oder in den Räumlichkeiten eines von diesem beauftragten Trägers und in Begleitung eines Mitarbeiters des Jugendamtes oder des beauftragten Trägers Umgang mit dem Kind zu haben. Die Umgangstermine fanden in der Folge in Begleitung einer Mitarbeiterin des durch das Jugendamt des Beklagten beauftragten H. und koordiniert durch das Jugendamt statt. Zu Beginn der ersten Sitzung und in Teilen weiterer Einzeltermine war ferner eine Fachkraft des Jugendamtes anwesend.

Der Kläger beantragte am 4. August 2020 eine nachträgliche Befristung der Wirkungen des Ausweisungsbescheides vom 27. Juli 2012 auf den 18. Oktober 2019 oder - hilfsweise - einen späteren Zeitpunkt.

Am 8. September 2020 bat ein Mitarbeiter der Ausländerbehörde des Beklagten im Rahmen der Antragsbearbeitung das Jugendamt des Beklagten um eine Auskunft zum Umgangsrecht des Klägers mit seiner Tochter. Daraufhin kontaktierte am 16. September 2020 (Bl. 769 Ausländerakte) die für den Kläger zuständige Mitarbeiterin des Jugendamtes die Ausländerbehörde. Die Mitarbeiterin des Jugendamtes teilte der Ausländerbehörde telefonisch mit, dass der Kläger seit der Geburt seiner Tochter stets bemüht um Kontakt und Umgang mit dem Kind gewesen sei. Zu Weihnachten habe er altersgerechte Geschenke an das Jugendamt mit der Bitte um Weitergabe übergeben. Insgesamt sei er sehr interessiert an dem Kind und ein stolzer Vater. Bei den Besuchsterminen hinterlasse er einen klaren und nüchternen Eindruck. Der Umgang und die Kontaktaufnahmen mit dem Kind seien angemessen. Problematisch sei der Konflikt zur Kindesmutter. Diese wolle keinen Kontakt zum Kläger und das Kind vor ihm schützen. Sie - die Kindesmutter - kenne den Kläger aus dem Drogenmilieu. Dorthin wolle sie alle Kontakte abbrechen, was sich aufgrund des Kindes nicht gut umsetzen lasse. Dieser Konflikt werde langfristige Auswirkungen auf das Umgangsrecht des Vaters mit dem Kind haben. Daher könne die zukünftige Vater-Kind-Beziehung nicht als stabil eingeschätzt werden. Am 9. Dezember 2020 (Bl. 800 Ausländerakte) bestätigte die zuständige Mitarbeiterin des Jugendamtes diese Einschätzung nochmals telefonisch gegenüber der Ausländerbehörde. Der Umgang des Klägers mit seiner Tochter erfolge "spielerisch und auf spaßiger Ebene", die Betreuung und Versorgung des Kindes könne der Kläger nicht übernehmen. Der vor dem Amtsgericht geschlossene Vergleich laufe aus. Seitens der Kindesmutter werde kein weitergehender Umgang des Klägers mit dem Kind gewünscht. Der Kläger habe seinen Lebensstil seit der Geburt seiner Tochter nicht verändert. Er zeige keinerlei Initiative, sich an den Unterhaltskosten durch Aufnahme einer Berufstätigkeit zu beteiligen oder sich in der Bundesrepublik Deutschland zu integrieren.

Bereits mit Bescheid vom 30. Oktober 2020 hatte der Beklagte eine Aufhebung der Ausweisungsentscheidung vom 27. Juli 2012 abgelehnt, ein Einreise- und Aufenthaltsverbot gegen den Kläger angeordnet und dieses auf zwei Jahre befristet. Hiergegen erhob der Kläger am 3. Dezember 2020 Klage vor dem Verwaltungsgericht, über die noch nicht entschieden worden ist (15 A 6248/20). Auf den gleichzeitig gestellten einstweiligen Rechtsschutzantrag hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 15. März 2021 den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung bis zu einer Entscheidung über die Klage verpflichtet, von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen gegenüber dem Kläger abzusehen (15 B 6249/20).

Mit Schriftsatz vom 22. Dezember 2020 forderte der Kläger das Jugendamt des Beklagten auf, Auskunftserteilungen gegenüber der Ausländerbehörde hinsichtlich der Vater-Kind-Kontakte zukünftig zu unterlassen und dies bis zum 31. Dezember 2020 schriftlich zu bestätigen.

Am 8. Januar 2021 hat der Kläger diesbezüglich beim Verwaltungsgericht den Erlass einer einstweiligen Anordnung (10 B 216/21) beantragt und die vorliegende Feststellungsklage erhoben. Zur Begründung hat er angegeben, dass ohne gerichtliche Klärung eine Fortsetzung des Verhaltens des Beklagten drohe. Die Weitergabe von Daten Dritter über die Eltern-Kind-Beziehung stelle einen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und das Recht auf ein geschütztes Familienleben dar. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gebe das Erfordernis eines effektiven Rechtsschutzes dem Betroffenen das Recht, in Fällen tiefgreifender, tatsächlich jedoch nicht mehr fortwirkender Grundrechtseingriffe auch dann die Berechtigung des Eingriffs gerichtlich klären zu lassen, wenn die direkte Belastung des angegriffenen Hoheitsaktes sich nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränke, in welcher der Betroffene die gerichtliche Entscheidung in der von der Prozessordnung vorgegebenen Instanz kaum erlangen könne. Die Klage sei auch begründet. Das Verwaltungsgericht B-Stadt habe einen identischen Fall bereits entsprechend entschieden (Beschl. v. 15.9.2011 - 4 V 732/11 - juris). Hieran habe sich auch unter der Geltung der Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) nichts geändert. Die Datenübermittlung sei insbesondere nicht erforderlich gewesen, die von dem Jugendamt getroffenen Wertungen seien unzutreffend und die juristische Beurteilung des Sachverhalts durch die Ausländerbehörde nicht haltbar.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, dass die Übermittlung von die Beziehung zu seinem Kind G. betreffenden Daten zwischen dem Jugendamt und der Ausländerbehörde des Beklagten am 16. September und 9. Dezember 2020 rechtswidrig war.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat erwidert, dass die Datenübermittlung nach § 71 Abs. 2 SGB X zulässig gewesen sei. § 65 SGB VIII sei auf den hier zu beurteilenden Sachverhalt nicht anwendbar. Dies ergebe sich nicht zuletzt daraus, dass dessen tatbestandlichen Voraussetzungen nicht vorlägen. Denn die an die Ausländerbehörde übermittelten Daten seien dem Jugendamt nicht im Sinne der Vorschrift anvertraut worden. Das Jugendamt habe lediglich seine eigene Wahrnehmung der Beziehung zwischen dem Kläger und seinem Kind wiedergegeben und dabei in zulässiger Weise die Gesamtumstände gewürdigt. Aufgrund dieser Einschätzung sei dann eine Prognose für das weitere Umgangsrecht erfolgt. Es komme hinzu, dass es aus ausländerrechtlicher Perspektive ungenügend sei, dass ein Umgangsrecht bestehe. Dieses müsse einen erzieherischen Beitrag haben und auch erfolgsversprechend sein. Um dies adäquat würdigen zu können, sei die Perspektive und die Wertung des Jugendamtes essentiell. Deshalb sei in jedem Einzelfall zu untersuchen, ob tatsächlich eine persönliche Verbundenheit bestehe, auf deren Aufrechterhaltung das Kind zu seinem Wohl angewiesen sei. Insofern sei die Einholung einer sachverständigen Stellungnahme des Jugendamtes zumindest sachdienlich, wenn nicht gar unumgänglich.

Das einstweilige Rechtsschutzverfahren stellte das Verwaltungsgericht am 2. März 2021 ein, nachdem die Beteiligten dieses übereinstimmend für erledigt erklärt hatten (10 B 216/21).

Das Verwaltungsgericht hat mit dem angefochtenen Urteil die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass die Feststellungsklage zulässig, aber nicht begründet sei. Die Übermittlung der das Vater-Kind-Verhältnis betreffenden Daten durch das Jugendamt an die Ausländerbehörde des Beklagten am 16. September und 9. Dezember 2020 seien rechtmäßig gewesen und hätten den Kläger nicht in seinen Grundrechten aus Art. 2 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG und Art. 8 Abs. 1 EUGrdRCh verletzt. Die Datenübermittlung könne auf §§ 87 f. AufenthG i.V.m. § 71 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 lit. d) SGB X gestützt werden. § 65 Abs. 1 SGB VIII stehe dem nicht entgegen. Die hier in Rede stehenden Sozialdaten seien nicht einem Mitarbeiter des Jugendamts anvertraut worden. Vielmehr habe der Umgang zwischen dem Kläger und seiner Tochter weit überwiegend nicht im Beisein eines Mitarbeiters des Jugendamtes stattgefunden, da die Termine unmittelbar vom I. - im Auftrag des Jugendamtes - begleitet worden seien. Der besondere Vertrauensschutz, den § 65 SGB VIII vermittele, erstrecke sich auf solche Konstellationen nicht. Die Vorschrift des § 71 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 lit. d) SGB X sei nach ihrem Wortlaut sowie nach Auslegung auch auf einen Fall wie den vorliegenden anwendbar und nicht auf die Ausweisung jugendlicher oder heranwachsender Ausländer beschränkt. Die streitige Datenübermittlung sei von dieser Rechtsgrundlage gedeckt und auch erforderlich gewesen. Die Ausländerbehörde habe prüfen müssen, ob sich die Beziehung des Klägers zu seiner Tochter auf die Ausweisungsentscheidung vom 27. Juli 2012 und auf die weitere Berechtigung des Klägers zum Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland auswirke. Dabei sei sie auf die Stellungnahme der für die Begleitung der Ausübung des Umgangsrechts zwischen dem Kläger und seiner Tochter zuständigen Fachbehörde angewiesen gewesen. Denn nur so habe sie eine objektive Bewertung der Beziehung des Klägers zu seiner Tochter erlangen können.

Gegen das ihm am 20. Juli 2021 zugestellte Urteil hat der Kläger am 19. August 2021 die vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassene Berufung eingelegt.

Der Kläger trägt zur Begründung der Berufung vor, dass das Verwaltungsgericht bei seiner Argumentation, dass § 65 SGB VIII auf die vorliegende Konstellation nicht anwendbar sei, weil die streitbefangenen Daten über den persönlichen Umgang nicht dem Jugendamt direkt, sondern einem freien Träger - dem I. - gegenüber abgegeben und von diesem an das Jugendamt weitergegeben worden seien, die Norm des § 61 Abs. 3 SGB VIII komplett ignoriert habe. Danach sei bei der Inanspruchnahme von Einrichtungen und Diensten der freien Jugendhilfe sicherzustellen, dass der Schutz der personenbezogenen Daten bei der Verarbeitung in entsprechender Weise gewährleistet sei. Entsprechendes sei in Art. 28 DS-GVO geregelt. Im Übrigen könne er sich im familiengerichtlichen Verfahren auch nicht aussuchen, ob das Jugendamt direkt die Umgangstermine begleite, oder ob dies ein freier Träger im Auftrag des Jugendamtes mache. Der Grund für letzteres seien schlicht Personalengpässe. Wenn die begleiteten Kontakte, wie es beim Jugendamt in A-Stadt der Fall sei, an den freien Träger I. ausgelagert seien, würde es Kindeskontakte mindestens um Wochen verzögern, wenn der Kindesvater darauf bestehe, dass nur das Jugendamt die Umgangstermine begleite. Nach § 61 Abs. 3 SGB VIII i.V.m. Art. 28 DS-GVO dürften daher entsprechende Daten auch beim freien Träger gar nicht erst abgefragt werden.

Weiter seien Sozialdaten nach § 62 Abs. 2 und 3 SGB VIII beim Betroffenen bzw. beim Leistungsberechtigten/-beteiligten zu erheben. Bevor hinter dem Rücken des Betroffenen reger Datenaustausch betrieben werde, müsse aus Gründen der Verhältnismäßigkeit mindestens versucht worden sein, die entsprechenden Daten beim Betroffenen zu erheben. Dies sei unstreitig nie versucht worden. Er habe im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht wegen seiner Aufenthaltserlaubnis mehrfach Auskunft zu Umgangskontakten gegeben und auch Vergleichsprotokolle des Familiengerichts vorgelegt. Er sei also durchaus auskunftsbereit. Es sei abwegig, in Bezug auf die Beziehung zu seiner Tochter von einer "objektiven Bewertung" durch das Jugendamt zu sprechen. Das Jugendamt sei genauso Teil der Beklagten wie die Ausländerbehörde. Es könne daher in diesem Konflikt nicht "objektiv" sein. Was das Verwaltungsgericht hier billigen wolle, sei das Ingangsetzen einer Negativspirale von einem Mix aus unwahren Gerüchten, Wahrheiten und Bewertungen, gegen die sich der Betroffene kaum wehren könne. Genau diese Übermacht einer die selbst erwünschten Akteninhalte erzeugenden Bürokratie solle aber das Recht auf informationelle Selbstbestimmung verhindern.

Die Erwägungen des Verwaltungsgerichts zur angeblichen Anwendbarkeit des § 71 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 lit. d) SGB X auf die hier streitbefangenen Daten zum Kindesumgang seien unzutreffend. Eine Anwendung des § 71 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 lit. d) SGB X scheide schon wegen des Vorrangs der Spezialvorschrift des § 65 SGB VIII aus. Hilfsweise werde angeführt: § 71 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 lit. d) SGB X beziehe sich auf Daten eines Ausländers. Ausländer sei der, der nicht Deutscher sei. Die Vorschrift eröffne keine Übermittlungsbefugnis für Daten deutscher Familienangehöriger. Daten zum Vater-Kind-Verhältnis seien zwangsläufig nicht nur Daten über den Vater, der hier zweifellos Ausländer sei, sondern stets auch zur Mutter und zum Kind, die hier beide deutsche Staatsbürger seien. § 71 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 lit. d) SGB X betreffe auch nur Angaben der Jugendämter über das künftig zu erwartende soziale Verhalten eines jugendlichen Ausländers. Soweit das Verwaltungsgericht meine, den Anwendungsbereich auf den erwachsenen Kläger und die Daten zur Vater-Kind-Beziehung ausdehnen zu können, übersehe es, dass im Wortlaut der Norm ausdrücklich von "Angaben über das zu erwartende soziale Verhalten" die Rede sei. Vorliegend gehe es hingegen um die Prognose der Entwicklung einer Beziehung von mindestens zwei Personen (Vater und Kind), möglicherweise sogar drei Personen (Vater-Mutter-Kind). Das sei nicht das in § 71 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 lit. d) SGB X gemeinte soziale Verhalten eines Ausländers.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgericht Hannover - 10. Kammer - vom 14. Juli 2021 zu ändern und festzustellen, dass die Übermittlung von die Beziehung zu seinem Kind G. betreffenden Daten des Klägers zwischen dem Jugendamt und der Ausländerbehörde des Beklagten am 16. September und 9. Dezember 2020 rechtswidrig war,

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er tritt dem Vorbringen des Klägers unter Bezugnahme auf die Gründe des angefochtenen Urteils entgegen und trägt ergänzend vor, dass die Ausländerbehörde im Rahmen ihrer Entscheidung über die Beschränkung der Ausweisungsentscheidung die Entwicklung der Beziehung des Klägers zu seiner Tochter bewerten müsse, um festzustellen, ob eine Ausreise aus diesem Grund aus rechtlichen und tatsächlichen Gründen unmöglich sei. Dafür sei sie auf die fachliche Kompetenz des Jugendamtes angewiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die Beiakten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Sie ist zulässig, aber nicht begründet.

Die aufgrund der Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthafte Berufung ist von dem Kläger entsprechend § 124 a Abs. 2 Satz 1 VwGO fristgerecht eingelegt worden und auch sonst zulässig. Die Berufungsbegründungsschrift wurde innerhalb der Begründungsfrist nach § 124 a Abs. 3 Satz 1 VwGO beim Oberverwaltungsgericht eingereicht und entspricht inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen nach § 124 a Abs. 3 Satz 4 VwGO.

Die Berufung ist aber nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht festgestellt, dass die von dem Kläger beanstandeten Datenübermittlungen nicht rechtswidrig gewesen sind. Die von dem Kläger erhobene Klage ist zwar zulässig (A.), aber nicht begründet (B.).

A. Die Klage ist zulässig.

Die Feststellungsklage ist nicht nach § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO ausgeschlossen. Danach kann die Feststellung nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, könnte sich der Kläger zwar mit einer vorbeugenden Unterlassungsklage gegen zukünftige Datenübermittlungen durch das Jugendamt wenden. Damit wäre sein mit der Klage verfolgtes Begehren jedoch nicht bzw. nicht vollständig erfasst, da sich dieses gerade auf die in der Vergangenheit bereits durchgeführten Datenübermittlungen an die Ausländerbehörde bezieht. Dieses Begehren kann der Kläger nur mit der Feststellungsklage verfolgen.

Das nach § 43 Abs. 1 VwGO erforderliche berechtigte Interesse an der baldigen Feststellung liegt vor. Dem Kläger steht gestützt auf das Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG ein berechtigtes und damit das erforderliche qualifizierte Feststellungsinteresse zur Seite. Bei Maßnahmen, die sich typischerweise kurzfristig erledigen, gilt die Garantie effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG nicht nur für schwerwiegende Grundrechtseingriffe, sondern auch für einfach-rechtliche Rechtsverletzungen, die - von der allgemeinen Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG abgesehen - kein Grundrecht tangieren, und für weniger schwerwiegende Eingriffe in Grundrechte und Grundfreiheiten. Wenn und soweit sich die Kurzfristigkeit der Maßnahme aus der Eigenart der Maßnahme selbst ergibt und der Betroffene gerade aufgrund dieser Kurzfristigkeit ansonsten keinen Rechtsschutz erlangen kann, verlangt das Gebot des effektiven Rechtsschutzes, dass der Betroffene die ihn belastende Maßnahme unabhängig von der Schwere des damit verbundenen Rechtseingriffs in einem gerichtlichen Hauptsacheverfahren überprüfen lassen kann (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.5.2013 - 8 C 20/12 - juris Rn. 22 ff.; BVerwG, Urt. v. 16.5.2013 - 8 C 38/12 - juris Rn. 20 f.; BVerwG, Urt. v. 23.1.2008 - 6 A 1/07 - juris Rn. 26; Senatsurt. v. 2.12.2021 - 11 LB 231/20 - juris Rn. 28 u. v. 14.1.2020 - 11 LB 464/18 - juris Rn. 27; SächsOVG, Urt. v. 27.1.2015 - 4 A 533/13 - juris Rn. 29; OVG B-Stadt, Urt. v. 27.3.1990 - 1 BA 18/89 - juris Rn. 44; W.-R. Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, 28. Aufl. 2022, § 113 Rn. 145; Schübel-Pfister, in: Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 113 Rn. 122; Wolff, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 113 Rn. 282, jeweils m.w.N.).

Davon ausgehend ist vorliegend ein qualifiziertes Rechtsschutzinteresse des Klägers zu bejahen. Datenübermittlungen zwischen Ämtern oder Behörden, wie die hier in Rede stehenden, erledigen sich typischerweise mit ihrer Ausführung und mithin (äußerst) kurzfristig. Sie weisen zudem Grundrechtsrelevanz auf, da Übermittlungen von Daten das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG und das Grundrecht auf Schutz der personenbezogenen Daten aus Art. 8 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (EUGrdRCh) betreffen. Insofern handelt es sich um den Kläger belastende Datenübermittlungen, die sich typischerweise kurzfristig erledigen und sich hier auch kurzfristig erledigt haben. Insofern ist es zur Verwirklichung des grundgesetzlich geschützten Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz geboten, die Datenübermittlungen einer gerichtlichen Prüfung zugänglich zu machen, ohne dass es (zusätzlich) darauf ankommt, ob der dadurch bewirkte Eingriff in Grundrechte des Klägers als besonders schwerwiegend zu bewerten ist.

Angesichts der vorstehenden Ausführungen kann dahingestellt bleiben, ob ein (Fortsetzungs-)Feststellungsinteresse auch aufgrund einer Wiederholungsgefahr anzunehmen wäre.

B. Die Klage ist nicht begründet.

Die Übermittlung der das Vater-Kind-Verhältnis betreffenden Daten des Klägers durch das Jugendamt an die Ausländerbehörde des Beklagten am 16. September 2020 (Bl. 769 Ausländerakte) und am 9. Dezember 2020 (Bl. 800 Ausländerakte) war rechtmäßig (I.) und verletzte den Kläger nicht in seinen Grundrechten aus Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG und Art. 8 Abs. 1 EUGrdRCh (II.).

I. Die Datenübermittlung findet ihre Grundlage in §§ 87 f. AufenthG. Nach § 87 Abs. 1 AufenthG haben öffentliche Stellen mit Ausnahme von Schulen sowie Bildungs- und Erziehungseinrichtungen ihnen bekannt gewordene Umstände den Ausländerbehörden auf Ersuchen mitzuteilen, soweit dies für die Erfüllung der Aufgaben der Ausländerbehörden erforderlich ist. Die Ausländerbehörde des Beklagten hat hier das Jugendamt des Beklagten um die Übermittlung von Informationen über das Vater-Kind-Verhältnis des Klägers zu seiner Tochter ersucht.

Die Übermittlung musste auch nicht gemäß § 88 Abs. 1 AufenthG unterbleiben. Nach dieser Vorschrift hat eine Übermittlung personenbezogener Daten und sonstiger Angaben nach § 87 AufenthG an die Ausländerbehörde zu unterbleiben, soweit besondere gesetzliche Verarbeitungsregelungen entgegenstehen. Dazu gehören Vorschriften, die die Verwendung von Daten über die allgemeine Zweckbindung hinaus einschränken, insbesondere die Berufs- und besonderen Amtsgeheimnisse, wie das Sozialgeheimnis (§ 35 SGB I und § 65 SGB VIII) sowie die in § 203 StGB strafrechtlich geschützten Geheimnisse (Kluth, in: BeckOK AuslR, Stand: 1.1.2023, § 88 AufenthG Rn. 1).

Vorliegend handelte es sich zwar um Sozialdaten i.S.d. §§ 35 Abs. 1 Satz 1 SGB I, 67 Abs. 2 SGB X, die nur bei Vorliegen einer besonderen Erlaubnis verarbeitet, also auch übermittelt, werden dürfen (1.). Der Übermittlung der in Rede stehenden Daten stand § 65 SGB VIII nicht entgegen (2.). Für die Übermittlung dieser Daten besteht aber eine spezielle Verarbeitungserlaubnis (3.).

1. Bei den vom Jugendamt an die Ausländerbehörde übermittelten Daten handelt es sich um Sozialdaten i.S.d. §§ 35 Abs. 1 Satz 1 SGB I, 67 Abs. 2 SGB X. Nach § 35 Abs. 1 Satz 1 SGB I hat jeder Anspruch darauf, dass die ihn betreffenden Sozialdaten (§ 67 Abs. 2 SGB X) von den Leistungsträgern nicht unbefugt verarbeitet werden (Sozialgeheimnis).

Sozialdaten sind nach § 67 Abs. 2 Satz 1 SGB X personenbezogene Daten gemäß Art. 4 Nr. 1 DS-GVO, die von einer in § 35 SGB I genannten Stelle, also einem Sozialleistungsträger, im Hinblick auf ihre Aufgaben nach dem SGB verarbeitet werden.

Nach Art. 4 Nr. 1 DS-GVO sind personenbezogene Daten alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person beziehen. Zu einem Sozialdatum wird ein Datum dadurch, dass es ein Sozialleistungsträger verarbeitet (vgl. § 67 Abs. 2 Satz 1 SGB X). Der Begriff der Verarbeitung ist nach Art. 4 Nr. 2 DS-GVO sehr weitgehend und umfasst jeden Vorgang mit personenbezogenen Daten wie z.B. das Erheben, das Erfassen, die Verwendung und die Übermittlung.

Dass die Informationen über das Vater-Kind-Verhältnis einen Personenbezug zum Kläger aufweisen und damit personenbezogene Daten darstellen, ist offensichtlich. Diese Daten hat das Jugendamt auch im Hinblick auf seine gesetzlichen Aufgaben nach dem SGB verarbeitet, da es den Kläger nach § 18 Abs. 3 SGB VIII bei der Ausübung des Umgangsrechts zwischen ihm und seiner Tochter unterstützt hat. Ob das Jugendamt die Daten erhoben hat, kann dahingestellt bleiben. Denn das Jugendamt hat die Daten jedenfalls durch Übermittlung offengelegt und damit im Sinne von Art. 4 Nr. 2 DS-GVO verarbeitet.

§ 35 Abs. 2 SGB I stellt die Verarbeitung von Sozialdaten unter den Erlaubnisvorbehalt der Datenschutz-Grundverordnung sowie des Sozialgesetzbuchs X und der übrigen Bücher des Sozialgesetzbuchs.

2. Die streitige Datenübermittlung hat nicht gegen § 65 Abs. 1 SGB VIII verstoßen. Nach § 65 Abs. 1 SGB VIII dürfen Sozialdaten, die dem Mitarbeiter eines Trägers der öffentlichen Jugendhilfe zum Zwecke persönlicher und erzieherischer Hilfe anvertraut worden sind, nur unter den in den Nrn. 1 bis 6 genannten Voraussetzungen bzw. zu den dort benannten Zwecken weitergegeben oder übermittelt werden. Aus dieser Vorschrift folgt hier kein Datenübermittlungsverbot.

Zwar ist die hier streitige Datenübermittlung im Zusammenhang mit persönlichen und erzieherischen Hilfen erfolgt (a.). Zudem findet § 65 Abs. 1 SGB VIII auch Anwendung, wenn Hilfe von einem vom Jugendamt beauftragten freien Träger der Jugendhilfe geleistet wird (b.). Die hier übermittelten Sozialdaten sind allerdings nicht einem Mitarbeiter des freien Trägers zum Zweck persönlicher und erzieherischer Hilfe anvertraut worden (c.).

a. Der Begriff der persönlichen und erzieherischen Hilfe ist selbst nicht im Sozialgesetzbuch VIII definiert, sondern knüpft an § 11 Satz 2 SGB I an. Danach sind persönliche und erzieherische Hilfen Dienstleistungen in Abgrenzung zu Sach- und Geldleistungen. Sozialdaten, die ausschließlich zu dem Zweck, eine Sach- oder Geldleistung zu erhalten, preisgegeben worden sind, unterliegen nicht dem besonderen Schutz des § 65 SGB VIII (Kirchhoff, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VIII, 3. Aufl., Stand: 6.7.2023, § 65 Rn. 29). Eine persönliche und erzieherische Hilfe liegt insbesondere in den Beratungssituationen der §§ 16 ff. SGB VIII und bei allen Formen der Hilfe zur Erziehung nach §§ 27 ff. SGB VIII vor (Bretthauer, in: BeckOGK, Stand: 1.7.2023, SGB VIII § 65 Rn. 6).

Im vorliegenden Fall hat das Jugendamt des Beklagten in dem hier maßgeblichen Zeitraum der streitigen Datenübermittlung Hilfe nach § 18 Abs. 3 SGB VIII geleistet. Nach dieser Vorschrift haben Kinder (Satz 1) und Eltern (Satz 3) Anspruch auf Beratung und Unterstützung bei der Ausübung des Umgangsrechts nach § 1684 Abs. 1 BGB. Gemäß § 18 Abs. 3 Satz 4 SGB VIII soll u.a. bei der Herstellung von Umgangskontakten und bei der Ausführung gerichtlicher oder vereinbarter Umgangsregelungen vermittelt und in geeigneten Fällen Hilfestellung geleistet werden. Hier haben der Kläger und die Kindesmutter am 22. Juli 2020 im Umgangsverfahren vor dem Amtsgericht A-Stadt einen Vergleich geschlossen, der für sechs Monate einen 14-tägigen Umgang zwischen dem Kläger und seiner Tochter für jeweils eine Stunde unter Begleitung einer pädagogischen Fachkraft des Jugendamtes bzw. des von diesem beauftragten Trägers der freien Jugendhilfe in dessen Räumlichkeiten regelte. Das Jugendamt des Beklagten beauftragte daraufhin den freien Träger der Jugendhilfe H. mit der Organisation und Durchführung des begleiteten Umgangs. Hilfebeginn war der 1. August 2020. Dem Jugendhilfeträger wurde dabei vom Jugendamt ein bestimmter pädagogischer Auftrag mit Blick auf den Kläger vorgegeben (siehe zu den Einzelheiten den Vermerk vom 3.6.2021, Bl. 89 Gerichtsakte). Die dem Kläger danach geleistete Hilfe in Form des begleiteten Umgangs nach § 18 Abs. 3 Satz 3 SGB VIII enthält somit auch eine persönliche und erzieherische Hilfe im Sinne von § 65 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII (vgl. OVG NW, Beschl. v. 13.9.2018 - 12 A 1057/17 - juris Rn. 12; Walther, in: Wiesner/Wapler, SGB VIII, 6. Aufl. 2022, § 65 Rn. 11).

b. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts kann die Anwendung von § 65 Abs. 1 SGB VIII hier nicht mit der Begründung ausgeschlossen werden, dass § 65 Abs. 1 SGB VIII für Mitarbeiter eines Trägers der freien Jugendhilfe nicht gilt.

Das Verwaltungsgericht hat dazu ausgeführt, dass der Umgang zwischen dem Kläger und seiner Tochter weit überwiegend nicht im Beisein eines Mitarbeiters des Jugendamtes stattgefunden habe, sondern die Termine unmittelbar vom I. - im Auftrag des Jugendamtes - begleitet worden seien. Der besondere Vertrauensschutz, den § 65 SGB VIII vermittele, erstrecke sich auf solche Konstellationen nicht. Er sei auf das für eine persönliche und erzieherische Hilfe in der Kinder- und Jugendhilfe erforderliche besondere Vertrauensverhältnis zwischen der Fachkraft des Jugendamtes und dem Klienten beschränkt und erfasse nicht allgemein gegenüber dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder Dritten zugänglich gemachte Informationen. Der Kläger hätte sich nur dann auf den besonderen Vertrauensschutz berufen können, wenn er darauf bestanden hätte, dass ausschließlich die für ihn zuständige Fachkraft des Jugendamtes die Umgangstermine selbst begleitet. Indem er dies unterlassen habe, habe er sich des besonderen Vertrauensschutzes, den § 65 SGB VIII vermittele, begeben.

Diese Ausführungen überzeugen nicht. Soweit das Verwaltungsgericht zur Begründung seiner Auffassung den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 27. April 2020 (- 12 S 579/20 - juris Rn. 15) heranzieht, betrifft der dieser Entscheidung zugrundeliegende Sachverhalt gerade keinen Fall der Hilfeleistung durch einen freien Jugendhilfeträger, sondern eine Hilfegewährung durch das Jugendamt, so dass die Ausführungen zu dem durch § 65 SGB VIII geschützten besonderen Vertrauensverhältnis zwischen der Fachkraft des Jugendamtes und dem Hilfeempfänger nichts darüber aussagen, ob § 65 SGB VIII bei einer Hilfeleistung durch einen freien Jugendhilfeträger anwendbar ist. Entsprechendes gilt, soweit das Verwaltungsgericht auf einen Aufsatz von Kuchler (NJW 2012, 2321, 2322, beck-online) verweist. Auch in der dort besprochenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts Augsburg (Urt. v. 27.9.2011 - Au 3 K 09.1571 - juris) geht es nicht um Hilfegewährung durch einen freien Träger der Jugendhilfe.

Dass § 65 Abs. 1 SGB VIII im vorliegenden Fall anwendbar ist, ergibt sich vielmehr aus der Regelung des § 61 Abs. 3 SGB VIII.

Nach § 61 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII gelten für den Schutz von Sozialdaten bei ihrer Verarbeitung in der Jugendhilfe § 35 SGB I, §§ 67 bis 85 a SGB X sowie die nachfolgenden Vorschriften. Sie gelten für alle Stellen des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe, soweit sie Aufgaben nach dem Sozialgesetzbuch VIII wahrnehmen (Satz 2). Nach § 61 Abs. 3 SGB VIII ist, wenn Einrichtungen und Dienste der Träger der freien Jugendhilfe in Anspruch genommen werden, sicherzustellen, dass der Schutz der personenbezogenen Daten bei der Verarbeitung in entsprechender Weise gewährleistet ist.

Aufgrund der Regelung in § 61 Abs. 3 SGB VIII gilt § 65 Abs. 1 SGB VIII auch für Mitarbeiter von freien Trägern der Jugendhilfe, soweit deren Einrichtungen und Dienste von Trägern der öffentlichen Jugendhilfe in Anspruch genommen werden (Walther, in: Wiesner/Wapler, SGB VIII, 6. Aufl. 2022, § 65 Rn. 7; Peter-Christian Kunkel/Henrike Vetter, in: LPK-SGB VIII, 8. Aufl. 2022, § 65 Rn. 8, § 61 Rn. 298 ff., 300; Rombach in: Hauck/Noftz SGB VIII, 3. Ergänzungslieferung 2023, § 65 Rn. 4; vgl. auch: Kirchhoff, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VIII, 3. Aufl., Stand: 6.7.2023, § 65 Rn. 28 i.V.m. § 61 Rn. 76 ff.).

Das Übermittlungsverbot des § 65 Abs. 1 SGB VIII war daher im vorliegenden Verfahren grundsätzlich zu beachten. Wie bereits ausgeführt worden ist, hat das Jugendamt des Beklagten den Träger der freien Jugendhilfe mit der Durchführung der Hilfeleistung beauftragt. Dies gilt erst recht im Hinblick darauf, dass an den Umgangsterminen teilweise auch die zuständige Fachkraft des Jugendamtes teilgenommen hat, für die § 65 Abs. 1 SGB VIII unmittelbar gilt.

c. Bei der beanstandeten Datenübermittlung sind aber nicht i.S.d. § 65 Abs. 1 SGB VIII zum Zwecke persönlicher und erzieherischer Hilfe "anvertraute" Sozialdaten weitergeleitet worden.

Dem besonderen Schutz des § 65 SGB VIII unterliegen nicht alle Daten, die zum Zweck persönlicher und erzieherischer Hilfe mitgeteilt worden sind, sondern nur die Teilmenge der Daten, die dem Mitarbeiter in einem bewussten "Akt des Anvertrauens" mitgeteilt worden oder offenbar geworden sind. Der Begriff des "Anvertrauens" ist ebenso auszulegen wie der in § 203 Abs. 1 StGB verwandte (Peter-Christian Kunkel/Henrike Vetter, in: LPK-SGB VIII, 8. Aufl. 2022, § 65 Rn. 10; vgl. auch: Wolfgang Rombach in: Hauck/Noftz SGB VIII, 3. Ergänzungslieferung 2023, § 65 Rn. 6). Anvertraut sind danach alle Daten, die einem Mitarbeiter im Vertrauen auf eine besondere Schutzpflicht und in der Erwartung mitgeteilt worden sind, dass sie Dritten nicht zugänglich gemacht werden. Daraus, dass - anders als in § 203 StGB - nicht "sonst bekannt gewordene Daten" geschützt werden, ergibt sich weiter, dass nicht jedes anlässlich der Aufgabenwahrnehmung bekanntgewordene Datum geschützt ist, sondern nur ein bewusst anvertrautes. Ein "Anvertrauen" kann dabei ausdrücklich geschehen. Es kann sich auch aus den Umständen ergeben, wenn der Aufgabenbereich der Fachkraft bekannt ist und dieser - in Kenntnis dessen - bewusst Wahrnehmungen aus sensiblen Lebensbereichen zugänglich gemacht werden, wie bei einem erbetenen Hausbesuch (Peter-Christian Kunkel/Henrike Vetter, in: LPK-SGB VIII, 8. Aufl. 2022, § 65 Rn. 10). Die betroffene Person muss den Mitarbeiter nicht ausdrücklich darauf hinweisen, dass die erhaltenen Informationen vertraulich zu behandeln sind. Dem Mitarbeiter ist ein Sachverhalt anvertraut, wenn es ihm unter der mindestens stillschweigenden Auflage oder Anforderung, es geheim zu halten, mitgeteilt wurde. Anvertraut ist eine Information auch dann, wenn sie zum Zweck einer persönlichen und erzieherischen Hilfe in Erwartung einer Vertraulichkeit dem Mitarbeiter bekannt wird (Walther, in: Wiesner/Wapler, SGB VIII, 6. Aufl. 2022, § 65 Rn. 14; vgl. zum Vorstehenden auch: Wolfgang Rombach in: Hauck/Noftz SGB VIII, 3. Ergänzungslieferung 2023, § 65 Rn. 6; Kirchhoff, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VIII, 3. Aufl., Stand: 6.7.2023, § 65 Rn. 28; für enge Voraussetzungen an "anvertraute" Sozialdaten und gegen die pauschale Anwendung von § 65 Abs. 1 SGB VIII: Kuchler, NJW 2012, 2321 f., beck-online).

Nach diesen Maßstäben hat das Jugendamt hier keine vom Kläger zum Zwecke persönlicher und erzieherischer Hilfe anvertraute Sozialdaten weitergegeben.

Die bloße Mitteilung des Jugendamtes an die Ausländerbehörde, dass Hilfe durch begleiteten Umgang geleistet wird, ist durch § 65 Abs. 1 SGB VIII nicht ausgeschlossen. Denn damit werden keine anvertrauten Daten übermittelt. Soweit demgegenüber teilweise die Auffassung vertreten wird, unter Umständen könne die Tatsache der Leistungserbringung selbst ein anvertrautes Datum im Sinne des § 65 Abs. 1 SGB VIII darstellen, dies gelte insbesondere für alle niederschwelligen Angebote der Kinder- und Jugendhilfe wie Beratungen nach §§ 17, 18, 28 SGB VIII (Hoffmann, in: Münder/Meysen/Trenczek, Frankfurter Kommentar SGB VIII, 9. Aufl. 2022, § 65 Rn. 15), ist dies nicht überzeugend. Denn die Information über das Ergebnis des Hilfeprozesses, also über die gewährte Leistung an sich, ist kein zum Zweck der Leistung anvertrautes Sozialdatum (Peter-Christian Kunkel/Henrike Vetter, in: LPK-SGB VIII, 8. Aufl. 2022, § 65 Rn. 12).

Auch bei den weiteren der Ausländerbehörde des Beklagten übermittelten Informationen handelt es sich nicht um dem Mitarbeiter des Jugendamtes bzw. des Jugendhilfeträgers im Rahmen der konkreten Hilfeleistung vom Kläger anvertraute Sozialdaten.

Ein Anhaltspunkt dafür, dass Daten an die Ausländerbehörde weitergegeben wurden, die dem Jugendamt unter der mindestens stillschweigenden Auflage oder Anforderung, sie geheim zu halten, mitgeteilt wurden, ist weder hinreichend vorgetragen worden noch für den Senat sonst zu erkennen. Den Vermerken über die am 16. September 2020 und 9. Dezember 2020 geführten Telefongespräche lässt sich nicht entnehmen, dass hier etwa der Inhalt von Gesprächen wiedergegeben worden wäre, die von einem Mitarbeiter des Jugendamtes bzw. des Jugendhilfeträgers mit dem Kläger anlässlich des begleiteten Umgangs geführt worden sind (vgl. zu einem solchen Fall: OVG NW, Beschl. v. 13.9.2018 - 12 A 1057/17 - juris Rn. 12 f.). Weiter ist nicht aus den jeweiligen Umgangsberichten der zuständigen Mitarbeiterin des Jugendhilfeträgers zitiert worden. Auch sonst ist nicht ersichtlich, dass besonders schutzwürdige Informationen weitergegeben worden sind, die der Kläger der zuständigen Fachkraft des Jugendhilfeträgers im Rahmen des besonderen Vertrauensverhältnisses in der Erwartung, dass diese geheim gehalten werden, offenbart hat. Vielmehr hat das Jugendamt dem Ausländeramt in den betreffenden Telefongesprächen zusammenfassend allgemein über Kontaktbemühungen des Klägers zu seinem Kind, das Erfolgen der im gerichtlichen Vergleich vereinbarten bisherigen Umgangskontakte des Klägers mit seiner Tochter und deren Art und Weise ("angemessen", "spielerisch und auf spaßiger Ebene") und deren Rahmen ("Kindesmutter wartet in der Zeit vor der Tür") sowie den bestehenden Konflikt zur Kindesmutter berichtet und neben den dargestellten Bewertungen eine Prognose hinsichtlich der künftigen Ausübung des Umgangs erstellt.

Dass nach den vorstehenden Maßgaben ein "Anvertrauen" nicht nur ausdrücklich geschehen, sondern sich auch aus den Umständen ergeben kann, führt zu keiner anderen Bewertung. Auch unter diesem Aspekt sind hier keine der Fachkraft offenbarten, bereits nach den äußeren Umständen vertraulich zu behandelnden höchstpersönlichen Daten des Klägers weitergeleitet worden, mit deren Weitergabe der Kläger nicht rechnen musste.

Dazu im Einzelnen:

Dem Ausländeramt ist am 16. September 2020 vom Jugendamt mitgeteilt worden, dass der Kläger seit der Geburt des Kindes stets bemüht sei um Kontakt und Umgang und dass er alters- und sachgerechte Geschenke mache. Dies sind ersichtlich keine höchstpersönlichen Daten, die der Kläger der zuständigen Fachkraft im Vertrauen auf Geheimhaltung offenbart hat. Zudem waren diese Daten dem Jugendamt bereits vor Aufnahme der begleiteten Umgangskontakte bekannt und sind nicht erst anlässlich der konkreten Hilfeleistung von der zuständigen Fachkraft wahrgenommen worden.

Auch die über den Kläger weitergegebenen Informationen "Bei den Besuchsterminen machte er einen nüchternen und klaren Eindruck (clean). Der Umgang und die Kontaktaufnahme mit dem Kind sind ebenfalls angemessen" stellen keine bereits nach den äußeren Umständen vertraulich zu behandelnde höchstpersönliche Daten des Klägers dar. Vielmehr handelt es sich um eine fachliche Bewertung des Jugendamtes, die auf der Grundlage von Beobachtungen der die Termine begleitenden Fachkraft erfolgte.

Soweit dem Ausländeramt mitgeteilt worden ist, dass der Konflikt mit der Kindesmutter problematisch sei, die keinen Kontakt zum Vater wolle und das Kind vor ihm schützen möchte, gibt es ebenfalls keinen Anhaltspunkt dafür, dass Daten an die Ausländerbehörde weitergegeben wurden, die dem Jugendamt unter der mindestens stillschweigenden Auflage oder Anforderung, sie geheim zu halten, mitgeteilt wurden. Gleiches gilt, soweit es um die Informationen geht, dass die Mutter den Vater aus dem Drogenmilieu kenne und nunmehr sämtliche Kontakte dieser Richtung abbrechen wolle. Unabhängig davon handelt es sich dabei ersichtlich nicht um vom Kläger anvertraute Daten. Denn die Informationen stammen nicht von dem Kläger, sondern von der Kindesmutter, so dass durch die Weitergabe dieser Daten - wenn überhaupt - nur Rechte der Kindesmutter verletzt worden sein könnten, auf die sich der Kläger nicht berufen kann. Soweit das Jugendamt der Ausländerbehörde weiter mitgeteilt hat, dies werde langfristige Auswirkungen auf das Umgangsrecht des Vaters mit dem Kind haben, da der Umgang aufgrund der Streitigkeiten der Eltern in absehbarer Zeit nicht ohne pädagogische Begleitung stattfinden könne, handelt es sich ebenfalls ersichtlich nicht um vom Kläger anvertraute Daten, sondern um eine fachliche Bewertung des Jugendamtes.

Eine andere Beurteilung ist weiter nicht im Hinblick auf das Telefonat vom 9. Dezember 2020 geboten. Darin ist dem Ausländeramt vom Jugendamt mitgeteilt worden, dass es keine Veränderung an der Einschätzung zum Umgangskontakt gebe. Der Kläger nehme die Termine wahr, der Umgang erfolge nur spielerisch und auf spaßiger Ebene, er sei nicht fähig, die Versorgung und Betreuung des Kindes zu übernehmen oder einen erzieherischen Beitrag zu leisten, eine finanzielle Beteiligung am Unterhalt für das Kind oder Bestrebungen, sich in Deutschland zu integrieren, seien nicht ersichtlich. Auch hierin sind keine Informationen zu sehen, die der Kläger der Fachkraft des Jugendamtes in der Erwartung, diese werden geheim gehalten, anvertraut hat. Insgesamt handelt es sich auch bei diesem Telefongespräch um eine zusammenfassende fachliche Wertung der Umgangskontakte und die Abgabe einer Prognose, wie sich aus Sicht des Jugendamtes der Umgang voraussichtlich weiter entwickeln wird.

3. Eine spezielle Verarbeitungserlaubnis liegt vor. Sie ergibt sich zwar nicht unmittelbar aus der Datenschutz-Grundverordnung (a.). Die Datenübermittlung kann aber auf § 71 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 lit. d) SGB X gestützt werden (b.)

a. Die Datenschutz-Grundverordnung bestimmt in Art. 6 Abs. 1, unter welchen Bedingungen eine Datenverarbeitung als rechtmäßig anzusehen ist. Vorliegend kommen allein Satz 1 lit. a) sowie c) und e) in Betracht. Danach ist die Datenverarbeitung öffentlicher Stellen rechtmäßig, wenn sie auf Grundlage einer Einwilligung erfolgt (lit. a)) oder wenn die Verarbeitung zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung erforderlich ist, der der Verantwortliche unterliegt (lit. c)), bzw. wenn die Verarbeitung für die Wahrnehmung einer Aufgabe erforderlich ist, die im öffentlichen Interesse liegt oder in Ausübung öffentlicher Gewalt erfolgt, die dem Verantwortlichen übertragen wurde (lit. e)). Ersteres kommt in Ermangelung einer klägerischen Einwilligung in die Datenverarbeitung nicht in Betracht. Art. 6 Abs. 1 lit. c) und e) DS-GVO lassen die Konkretisierung von Verarbeitungsbefugnissen durch die Mitgliedstaaten zu. Dies verlangt jeweils eine gesetzliche Grundlage, die - sofern sie nicht das Unionsrecht schafft - durch den Mitgliedstaat zu erlassen ist. In diesem Sinne fungieren die §§ 67 a - 80 SGB X als Verarbeitungsgrundlagen für Sozialdaten (Schifferdecker, in: BeckOGK, Stand: 15.2.2023, § 35 SGB I, Rn. 9; Wolfgang Rombach in: Hauck/Noftz SGB X, 4. Ergänzungslieferung 2023, § 71 SGB X, Rn. 1).

Die Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung kann sich deshalb - in Ermangelung anderer Rechtsgrundlagen - allein aufgrund von § 71 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 lit. d) SGB X ergeben.

b. Die Datenübermittlung kann auf § 71 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 lit. d) SGB X gestützt werden.

§ 71 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB X bestimmt, dass eine Übermittlung von Sozialdaten eines Ausländers auch zulässig ist, soweit sie erforderlich ist im Einzelfall auf Ersuchen der mit der Ausführung des Aufenthaltsgesetzes betrauten Behörden nach § 87 Abs. 1 AufenthG mit der Maßgabe, dass über die Angaben nach § 68 SGB X hinaus nur mitgeteilt werden können (lit. a)) für die Entscheidung über den Aufenthalt des Ausländers oder eines Familienangehörigen des Ausländers Daten über die Gewährung oder Nichtgewährung von Leistungen, Daten über frühere und bestehende Versicherungen und das Nichtbestehen einer Versicherung, (lit. b)) für die Entscheidung über den Aufenthalt oder über die ausländerrechtliche Zulassung oder Beschränkung einer Erwerbstätigkeit des Ausländers Daten über die Zustimmung nach § 4 a Abs. 2 Satz 1, § 16 a Abs. 1 Satz 1 und § 18 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG, (lit. c)) für eine Entscheidung über den Aufenthalt des Ausländers Angaben darüber, ob die in § 54 Abs. 2 Nr. 4 AufenthG bezeichneten Voraussetzungen vorliegen, und (lit. d)) durch die Jugendämter für die Entscheidung über den weiteren Aufenthalt oder die Beendigung des Aufenthalts eines Ausländers, bei dem ein Ausweisungsgrund nach den §§ 53 bis 56 AufenthG vorliegt, Angaben über das zu erwartende soziale Verhalten.

Als Verarbeitungsgrundlage ist hier ausschließlich § 71 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 lit. d) SGB X in Betracht zu ziehen. Wegen einer ausgebliebenen redaktionellen Anpassung durch den Gesetzgeber (Woltjen, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 2. Aufl., § 71 SGB X, Stand: 1.12.2017, Rn. 110) entspricht der Wortlaut des § 71 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 lit. d) SGB X nicht mehr dem geltenden Aufenthaltsrecht. Die Vorschrift kann sich aktuell nur auf die Abwägung der Ausländerbehörden nach § 53 AufenthG zwischen dem Ausweisungsinteresse der Bundesrepublik Deutschland (§ 54 AufenthG n.F.) und dem Bleibeinteresse des Ausländers (§ 55 AufenthG n.F.) beziehen und ist hierauf zu beziehen (Woltjen/Münker/Fromm, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 2. Aufl., Stand: 5.5.2022, § 71 Rn. 123; Martin, in: BeckOGK, SGB X, Stand: 15.8.2023, § 71 Rn. 55).

§ 71 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 lit. d) SGB X ist auf den vorliegenden Fall anwendbar (aa.) und die danach für die Datenübermittlung erforderlichen Voraussetzungen sind erfüllt (bb.).

aa. Der Anwendung des § 71 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 lit. d) SGB X steht nicht entgegen, dass es im vorliegenden Fall nicht um die Ausweisung eines jugendlichen oder heranwachsenden Ausländers, sondern um die eines Erwachsenen geht.

Zwar wird in der Kommentarliteratur zu § 71 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 lit. d) SGB X teilweise (nur) der Fall genannt, dass das Jugendamt auf Ersuchen der Ausländerbehörde Auskunft über das zu erwartende soziale Verhalten eines jugendlichen Ausländers erteilt (ohne Begründung nur auf Jugendliche abstellend: Wolfgang Rombach in: Hauck/Noftz SGB X, 4. Ergänzungslieferung 2023, § 71 SGB 10, Rn. 80; Stähler, in: LPK-SGB X, 6. Aufl. 2023, § 71 Rn. 29; vgl. auch die Beispielsfälle bei Bieresborn, in: Schütze, SGB X, 9. Aufl. 2020, § 71 Rn. 34; siehe demgegenüber: Walther, in: Wiesner/Wapler, SGB X, 6. Aufl. 2022, §§ 70, 71 Rn. 20, der ausdrücklich den hier vorliegenden Fall nennt, in dem das Jugendamt bei der Frage der Ausübung des Umgangs des ausreisepflichtigen Ausländers mit seinen in Deutschland lebenden Kindern aufgrund seiner Erkenntnisse eine Sozialprognose gegenüber der Ausländerbehörde abgibt; darauf verweist auch Martin, in: BeckOGK, SGB X, Stand: 15.8.2023, § 71 Rn. 55; keine Einschränkung bei Woltjen, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 2. Aufl., Stand: 1.12.2017, § 71 Rn. 110).

Gegen diese Sichtweise spricht jedoch, dass der Anwendungsbereich der Vorschrift nach ihrem Wortlaut nicht auf Jugendliche und Heranwachsende beschränkt ist. Danach ist die Datenübermittlung für "die Entscheidung über den weiteren Aufenthalt oder die Beendigung des Aufenthalts eines Ausländers" und somit unabhängig davon zulässig, ob der betreffende Ausländer jugendlich, heranwachsend oder erwachsen ist. Aus der Gesetzessystematik ergeben sich ebenfalls keine Anhaltspunkte, die Anlass geben könnten, den Wortlaut der Vorschrift einzugrenzen. § 71 SGB X räumt Stellen im Sinne des § 35 SGB I sozialdatenschutzrechtliche Übermittlungsbefugnisse für eine Vielzahl gesetzlicher Mitteilungspflichten aus unterschiedlichen Rechtsgebieten aus einem jeweils überwiegenden öffentlichen Interesse ein (Martin, in: BeckOGK, Stand: 15.8.2023, § 71 SGB X, Rn. 3). § 71 Abs. 2 SGB X regelt dabei die Übermittlung von Sozialdaten eines Ausländers, wobei § 71 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 bis 3 SGB X die Fälle der Datenübermittlung an die Ausländerbehörden im Zusammenhang mit der Ausführung des Aufenthaltsgesetzes bestimmt. Dass aus systematischen Gründen die nach dem Wortlaut eindeutig geregelte Übermittlungsbefugnis aus § 71 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 lit. d) SGB X auf jugendliche bzw. heranwachsende Ausländer zu beschränken wäre, ist nicht ersichtlich.

Der Sinn und Zweck der Vorschrift spricht vielmehr dafür, dass die Datenübermittlungsbefugnis gerade auch für erwachsene Ausländer gelten soll. § 71 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 lit. d) SGB X soll der Ausländerbehörde ermöglichen, im Rahmen ihrer Abwägung von Ausweisungs- und Bleibeinteressen bei der Entscheidung über eine Ausweisung auch auf Sozialdaten der Jugendämter zurückzugreifen. Dies kann nicht nur bei der Entscheidung über die Ausweisung eines jugendlichen oder heranwachsenden Ausländers relevant werden, sondern auch dann, wenn der erwachsene Ausländer - wie im vorliegenden Fall - Vater eines berechtigterweise in Deutschland lebenden minderjährigen Kindes ist und der Umgang mit dem Kind unter Beteiligung des Jugendamtes ausgeübt wird. Die Ausländerbehörde muss bei ihrer Entscheidung über die Ausweisung insbesondere der Frage der Ausübung des Personensorgerechts oder des Umgangs des ausreisepflichtigen Ausländers mit seinen in Deutschland lebenden Kindern (§§ 53 Abs. 2, 55 Abs. 1 Nr. 4, 55 Abs. 2 Nrn. 3 und 5 AufenthG) eine besondere Bedeutung zumessen. Für die Geltendmachung von besonderen aufenthaltsrechtlichen Bleibeinteressen ist maßgeblich, dass das bestehende Sorgerecht oder das Umgangsrecht auch tatsächlich ausgeübt wird. Hierzu ist die fachliche Expertise des Jugendamtes notwendig, und § 71 Abs. 2 Nr. 1 lit. d) SGB X eröffnet dem Jugendamt die Möglichkeit, aufgrund seiner Erkenntnisse eine sog. Sozialprognose gegenüber der Ausländerbehörde abzugeben. Das Jugendamt wird bei entsprechenden Auskunftsersuchen die notwendigen Informationen zur Sorgeausübung und zur Ausübung des Umgangsrechts direkt beim Betroffenen und dem anderen Elternteil des Kindes erheben und seine Erkenntnisse dann der Ausländerbehörde mitteilen (Walther, in: Wiesner/Wapler, SGB X, 6. Aufl. 2022, §§ 70, 71 Rn. 20). Zwar bedarf jede Übermittlung von personenbezogenen Daten ohne die Einwilligung oder gegen den Willen des Betroffenen einer engen und konkreten Inhalts- und Zweckbindung (BVerfG, Beschl. v. 13.4.1983 - 1 BvR 209/83 u.a. - juris Rn. 149 ff. 151). Eine solche weist die Vorschrift allerdings zweifelsfrei auch dann auf, wenn sich ihr Geltungsbereich ihrem Wortlaut entsprechend auf Erwachsene erstreckt. Es gibt im Übrigen auch keinen Grund, Erwachsene im Anwendungsbereich des § 71 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 lit. d) SGB X besserzustellen als Jugendliche.

Das Verwaltungsgericht hat weiter zutreffend darauf hingewiesen, dass diesem Ergebnis auch die Entstehungsgeschichte der Norm nicht entgegensteht. § 71 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 lit. d) SGB X wurde zwar auf Initiative des Bundesrates ausdrücklich deshalb eingeführt, weil die Jugendämter nach der damaligen Erlasslage in mehreren Bundesländern bei der den Ausländerbehörden obliegenden Ermessensentscheidung, ob ein ausländischer Jugendlicher oder ein Heranwachsender nach einer Verurteilung wegen einer Straftat auszuweisen ist, eine gutachterliche Stellungnahme zu erstatten hatten und die Offenbarung der hierfür erforderlichen Daten nach der alten Rechtslage nicht auf Vorschriften des Sozialgesetzbuch X gestützt werden konnte. Diese Unzulänglichkeit sollte durch die Rechtsänderung behoben werden (zum Ganzen BT-Drs. 11/6541, S. 9 und S. 14; siehe auch: Bieresborn, in: Schütze, SGB X, 9. Aufl. 2020, § 71 Rn. 34). Der historische Wille des Gesetzgebers umfasste somit explizit Datenverarbeitungen wie die hier in Frage stehenden nicht. Die Ausländerbehörde ist jedoch auch in solchen Fällen auf die Einschätzung des Jugendamtes angewiesen, die im Falle einer gegenteiligen Normauslegung nur mit der Einwilligung des Betroffenen an die Ausländerbehörde übermittelt werden könnte. Die Datenübermittlung dient auch insofern einer Verbesserung der Entscheidungsgrundlage für aufenthaltsrechtliche Maßnahmen. Es ist daher davon auszugehen, dass der Gesetzgeber die Norm auf einen entsprechenden Fall hätte erstrecken wollen, wenn dieser ihm vor Augen gestanden hätte.

bb. Die Voraussetzungen des § 71 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 lit. d) SGB X sind erfüllt.

Die streitige Datenübermittlung ist, wie § 71 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB X es erfordert, auf Ersuchen der zuständigen Ausländerbehörde erfolgt.

Hinsichtlich des Klägers liegt auch ein Ausweisungsgrund vor. Nach § 54 Abs. 2 Nr. 9 AufenthG wiegt das Ausweisungsinteresse im Sinne des § 53 Abs. 1 AufenthG schwer, wenn der Ausländer einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften begangen hat. Dazu zählen insbesondere Verstöße gegen Straf- und Ordnungswidrigkeitentatbestände (Cziersky-Reis, in: Hofmann, Ausländerrecht, 3. Aufl. 2023, § 54 AufenthG Rn. 75). Ausweislich des in den Verwaltungsvorgängen enthaltenen Auszugs aus dem Bundeszentralregister (Bl. 724 Ausländerakte) wurde der Kläger von 2006 bis 2019 mehrfach rechtskräftig strafrechtlich verurteilt. Diesen Verurteilungen lagen nicht nur geringfügige Verstöße gegen strafrechtliche Normen zugrunde. Der Kläger wurde, wie oben ausgeführt, u.a. wegen wiederholter Zuwiderhandlung gegen eine Aufenthaltsbeschränkung zu einer Freiheitsstrafe von einem Monat (sowie wegen Hehlerei, Diebstahls, Erschleichens von Leistungen, Betruges und unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln wiederholt zu Geldstrafen verurteilt. Im Jahr 2019 erging ein weiterer Strafbefehl zu einer Geldstrafe wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln, zudem wurde am 23. Oktober 2019 erneut ein Strafverfahren wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln eingeleitet.

Das Jugendamt hat der Ausländerbehörde unmittelbar nur Daten übermittelt, die das zukünftig zu erwartende Verhalten des Klägers gegenüber seiner Tochter und damit sein Sozialverhalten betreffen, sodass die Datenübermittlung von der Rechtsgrundlage gedeckt ist. Der Einwand des Klägers, im Wortlaut der Norm sei ausdrücklich von "Angaben über das zu erwartende soziale Verhalten" die Rede, vorliegend gehe es hingegen um die Prognose der Entwicklung einer Beziehung von mindestens zwei Personen (Vater und Kind), möglicherweise sogar drei Personen (Vater-Mutter-Kind), das sei nicht das in § 71 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 lit. d) SGB X gemeinte soziale Verhalten eines Ausländers, greift nicht durch. Der in § 71 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 lit. d) SGB X verwendete Begriff des sozialen Verhaltens umfasst alle Verhaltensweisen, die ein Mensch an den Tag legt und die ihrem Sinn nach auf andere bezogen sind oder sich auf andere Personen auswirken. Ob und ggf. in welcher Weise ein Vater das ihm mit seinem Kind eingeräumte Umgangsrecht lebt, ist ein soziales Verhalten und damit vom Wortlaut der Vorschrift umfasst. Dass dem Gesetzgeber - wie ausgeführt - bei der Beschlussfassung über das Gesetz eine andere Fallkonstellation vor Augen gestanden haben mag als die hier in Rede stehende Konstellation, führt zu keiner anderen Beurteilung. Dass der künftige Umgang eines Vaters mit seinem Kind nicht allein von seinem Verhalten, sondern auch von weiteren Faktoren abhängt, wird vom Jugendamt bei der nach § 71 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 lit. d) SGB X anzustellenden Prognose berücksichtigt.

Dass die der Ausländerbehörde offenbarten Sozialdaten des Klägers, soweit sie das Verhältnis zu seiner Tochter und der Kindesmutter betreffen, auch Daten des Kindes und der Kindesmutter enthalten, steht der Zulässigkeit der Datenübermittlung nicht entgegen. Zwar bezieht sich die Übermittlungsbefugnis nach § 71 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 lit. d) SGB X grundsätzlich nur auf Daten des Ausländers. Ausländer ist nach § 2 Abs. 1 AufenthG jeder, der nicht Deutscher im Sinne des Artikels 116 Abs. 1 GG ist. Allerdings ist es nicht zu beanstanden, wenn - wie hier - aufgrund einer zulässigen Übermittlung von Sozialdaten eines Ausländers nur mittelbar auch Sozialdaten seiner Familienangehörigen betroffen sind (vgl. BVerwG, Urt. v. 10.7.1989 - 5 B 59/89 - juris; vorgehend BayVGH, Urt. v. 8.3.1989 - 12 B 86.01845 - juris Rn. 24, wonach das Sozialamt gemäß § 71 Abs. 2 Satz 1 SGB X befugt ist, der Ausländerbehörde mitzuteilen, dass ein Ausländer von seiner Ehefrau getrennt lebt, dieser keinen Unterhalt leistet und dass sein Aufenthalt unbekannt ist; zum Vorstehenden: Wolfgang Rombach in: Hauck/Noftz SGB X, 4. Ergänzungslieferung 2023, § 71 SGB X, Rn. 68). Zudem kann eine im Zusammenhang mit der Übermittlung von Sozialdaten des Klägers erfolgte Weitergabe von Daten der Kindesmutter und des Kindes den Kläger nicht in seinen Rechten verletzten, so dass er sich auch aus diesem Grund nicht mit Erfolg gegen die entsprechende Datenübermittlung wenden kann.

Die Datenübermittlung war auch erforderlich. Der Kläger hat bei dem Beklagten am 4. August 2020 eine nachträgliche Befristung der Wirkung der Ausweisungsentscheidung vom 27. Juli 2012 beantragt. Die Ausländerbehörden müssen bei der Entscheidung über aufenthaltsbeendende Maßnahmen die familiären Bindungen des betroffenen Ausländers an Personen, die sich berechtigterweise im Bundesgebiet aufhalten, berücksichtigen. Die Ausländerbehörde des Beklagten war daher verpflichtet zu prüfen, ob zwischen dem Kläger und seiner am ...S 2019 in Deutschland geborenen Tochter, welche die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, eine schützenswerte Vater-Kind-Beziehung besteht, die dazu führt, dass das öffentliche Interesse an der Vollziehung der Ausweisung des Klägers gegenüber dem privaten Interesse des Klägers am Verbleib in Deutschland zurückzutreten hat. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist bei aufenthaltsrechtlichen Entscheidungen, die den Umgang mit einem Kind berühren, maßgeblich auch auf die Sicht des Kindes abzustellen und im Einzelfall zu untersuchen, ob tatsächlich eine persönliche Verbundenheit besteht, auf deren Aufrechterhaltung das Kind zu seinem Wohl angewiesen ist. Dabei sind die Belange des Elternteils und des Kindes umfassend zu berücksichtigen. Dementsprechend ist im Einzelfall zu würdigen, in welcher Form die Elternverantwortung ausgeübt wird und welche Folgen eine endgültige oder vorübergehende Trennung für die gelebte Eltern-Kind-Beziehung und das Kindeswohl hätte. In diesem Zusammenhang ist davon auszugehen, dass der persönliche Kontakt des Kindes zu seinen Eltern und der damit verbundene Aufbau und die Kontinuität emotionaler Bindungen zu Vater und Mutter in der Regel der Persönlichkeitsentwicklung des Kindes dienen. Eine auch nur vorübergehende Trennung kann nicht als zumutbar angesehen werden, wenn das Gericht keine Vorstellung davon entwickelt, welchen Trennungszeitraum es für zumutbar erachtet. Ein hohes, gegen die Aufenthaltsbeendigung sprechendes Gewicht haben die Folgen einer vorübergehenden Trennung insbesondere, wenn ein noch sehr kleines Kind betroffen ist, das den nur vorübergehenden Charakter einer räumlichen Trennung möglicherweise nicht begreifen kann und diese rasch als endgültigen Verlust erfährt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 5.6.2013 - 2 BvR 586/13 - juris Rn. 14 m.w.N.).

Dass der Kläger auf entsprechende Nachfrage des Beklagten Auskunft darüber erteilt hätte, wie er den Umgang mit seiner Tochter ausübt und diesen bewertet, steht der Erforderlichkeit der Datenübermittlung nicht entgegen. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, war die Ausländerbehörde des Beklagten auf eine objektive Bewertung der Ausübung des Umgangsrechts zwischen dem Kläger und seiner Tochter angewiesen. Maßgebend ist nicht, wie sich die Umgangssituation aus Sicht des Klägers darstellt, sondern ob aufgrund einer objektiven Würdigung aller Umstände des Einzelfalls von einer nach den vorstehenden Maßstäben schützenswerten Vater-Tochter-Beziehung auszugehen ist. Da der Umgang zwischen dem Kläger und seiner Tochter hier aufgrund eines gerichtlichen Vergleichs als begleiteter Umgang stattgefunden hat, konnte das Jugendamt als zuständige Fachbehörde die Gesamtumstände (einschließlich des Verhältnisses des Klägers zur Kindesmutter) bewerten und eine fachliche Einschätzung hinsichtlich der weiteren Ausübung des Umgangsrechts durch den Kläger liefern. Diese fachliche Einschätzung konnte der Kläger naturgemäß selbst nicht leisten. Schon dies schließt es aus, den Beklagten - wie der Kläger meint - allein auf von ihm persönlich zu erteilende Auskünfte zu verweisen. Den Einwänden des Klägers, es sei abwegig, in Bezug auf die Beziehung zu seiner Tochter von einer "objektiven Bewertung" durch das Jugendamt zu sprechen, das Jugendamt sei genauso Teil der Beklagten wie die Ausländerbehörde und könne in diesem Konflikt nicht "objektiv" sein, vermag der Senat nicht zu folgen. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass das Jugendamt hier nicht objektiv gehandelt und informiert haben könnte, hat der Kläger nicht vorgetragen. Solche sind auch für den Senat nicht erkennbar. Insofern entbehrt auch die Annahme des Klägers, das Verwaltungsgericht habe "das Ingangsetzen einer Negativspirale von einem Mix aus unwahren Gerüchten, Wahrheiten und Bewertungen, gegen die sich der Betroffene kaum wehren könne," gebilligt, jeder Grundlage. Ebenso wenig nachvollziehbar ist, was der Kläger im vorliegenden Fall mit der "Übermacht einer die selbst erwünschten Akteninhalte erzeugenden Bürokratie" meint, die durch das Recht auf informationelle Selbstbestimmung verhindert werden solle.

Aus den vorstehenden Gründen steht auch die Verpflichtung des § 62 Abs. 2, 3 SGB VIII, die Daten bei der betroffenen Person zu erheben, der Datenübermittlung nicht entgegen.

II. Wie das Verwaltungsgericht weiter zutreffend dargelegt hat, verletzt die hier streitige Datenübermittlung den Kläger nicht in seinen Grundrechten aus Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG und Art. 8 Abs. 1 EUGrdRCh. Sie erfolgte auf Basis einer hinreichend bestimmten Rechtsgrundlage (vgl. dazu unter I.1. und 3.). Darüber hinaus ist nicht ersichtlich, dass sie unverhältnismäßig wäre. Wie bereits ausgeführt worden ist (vgl. unter I.3.b.bb.), hat der Beklagte überzeugend dargelegt, dass die Einholung einer Stellungnahme des Jugendamtes durch die Ausländerbehörde zur Beurteilung der aufenthaltsrechtlichen Lage des Klägers unumgänglich und mithin erforderlich gewesen ist. Ein unangemessener Eingriff in die Grundrechte des Klägers durch die Einholung dieser Informationen liegt bereits deshalb nicht vor, weil die Ausländerbehörde auf dieser Grundlage ihre eigene bestandskräftige Ausweisungsentscheidung zugunsten des Klägers einer erneuten Prüfung unterzogen hat. Dass dies trotzdem unangemessen sein soll, ist weder ersichtlich noch durch den Kläger substantiiert dargelegt worden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.

Streitwertbeschluss:

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das zweitinstanzliche Verfahren auf 5.000 EUR festgesetzt (§§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 2 GKG).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Seebach
Tröster
Dr. Becker