Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 29.11.2023, Az.: 14 KN 60/22

2G-Plus-Regelung; Weihnachtsmärkte

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
29.11.2023
Aktenzeichen
14 KN 60/22
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2023, 45836
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2023:1129.14KN60.22.00

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Die 2G-Plus-Regelung für Weihnachtsmärkte in § 11b Abs. 7 Satz 1 HS 2 i.V.m. § 7 der Niedersächsischen Corona-Verordnung vom 23.11.2021 beruhte in ihrem Geltungszeitraum auf einer tragfähigen Rechtsgrundlage, sie war formell rechtmäßig, inhaltlich hinreichend bestimmt und auch im Übrigen materiell rechtmäßig.

  2. 2.

    Die 2G-Plus-Regelung für Weihnachtsmärkte stellte sich vor dem Hintergrund der damaligen Corona-Lage im Hinblick auf das Coronavirus als notwendige Schutzmaßnahme im Sinne des § 28 Abs. 1 Satz 1, § 28a Abs. 1 Nrn. 5 und 14 IfSG a.F. dar.

  3. 3.

    Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz lag weder darin, dass für Sitzungen, Zusammenkünfte und Veranstaltungen (vgl. § 10 der Niedersächsischen Corona-Verordnung) sowie Großveranstaltungen (§ 11 der Niedersächsischen Corona-Verordnung) unter freiem Himmel bzw. Messen (§ 11a der Niedersächsischen Corona-Verordnung) grundsätzlich keine 2G-Plus-Regelung normiert war noch darin, dass für Zusammentreffen von Personen in geschlossenen Räumen teilweise eine 2G-Plus-Regelung vorgesehen war.

Tenor:

Der Antrag wird abgelehnt

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Antragsteller kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Antragsgegner zuvor Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Antragsteller - ein Schausteller und Beschicker des E.-Weihnachtsmarktes in A-Stadt - wendet sich gegen eine durch die Covid-19-Pandemie veranlasste Anordnung der sog. "2G-Plus-Regelung" (geimpft oder genesen sowie zusätzlich getestet) für den Besuch von Weihnachtsmärkten in A-Stadt.

Das Niedersächsische Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung - handelnd durch die damalige Ministerin - erließ am 23. November 2021 die (11.) Niedersächsische Verordnung über infektionspräventive Schutzmaßnahmen gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 und dessen Varianten (Niedersächsische Corona-Verordnung) und verkündete diese im Niedersächsischen Gesetz- und Verordnungsblatt (Nds. GVBl. S. 770); die Verordnung trat am 24. November 2021 in Kraft. § 11b (Herbstmärkte, Weihnachtsmärkte) dieser Verordnung lautete auszugsweise:

"(1) Abweichend von den §§ 8 bis 11 sind Herbstmärkte und Weihnachtsmärkte nach den Absätzen 2 bis 9 zulässig.

(2) (...)

(3) 1Auf einem Herbst- oder Weihnachtsmarkt muss jede Person sowohl in geschlossenen Räumen als auch unter freiem Himmel eine medizinische Maske tragen. (...) 4Gilt mindestens die Warnstufe 2 in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt, so hat jede Person eine Atemschutzmaske mindestens des Schutzniveaus FFP2, KN 95 oder eines gleichwertigen Schutzniveaus zu tragen; (...).

(4) 1Die Betreiberin oder der Betreiber des Herbst- oder Weihnachtsmarkts hat ein Hygienekonzept zu erstellen, (...)

(5) 1Bewirtungsleistungen und Leistungen von Fahrgeschäften dürfen auf einem Herbst- oder Weihnachtsmarkt nur gegenüber Personen erbracht und von Personen entgegengenommen werden, die über einen Impfnachweis gemäß § 2 Nr. 3 SchAusnahmV, einen Genesenennachweis gemäß § 2 Nr. 5 SchAusnahmV oder einen Nachweis über eine negative Testung gemäß § 7 verfügen (berechtigte Personen). 2Auch ohne Vorlage eines Nachweises nach Satz 1 sind berechtigte Personen auch Kinder und Jugendliche bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres.

(6) (...).

(7) 1Gilt die Warnstufe 1 in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt, so gilt Absatz 5 Satz 1 mit der Maßgabe, dass die Leistungen nur gegenüber Personen erbracht werden dürfen, die über einen Impfnachweis gemäß § 2 Nr. 3 SchAusnahmV oder einen Genesenennachweis gemäß § 2 Nr. 5 SchAusnahmV verfügen; gilt mindestens die Warnstufe 2 in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt, so gilt Absatz 5 Satz 1 mit der Maßgabe, dass die Leistungen nur gegenüber Personen erbracht werden dürfen, die neben einem Impfnachweis gemäß § 2 Nr. 3 SchAusnahmV oder einem Genesenennachweis gemäß § 2 Nr. 5 SchAusnahmV zusätzlich über den Nachweis über eine negative Testung gemäß § 7 verfügen. (...)

(8) (...)"

Mit Verordnung vom 30. November 2021 (Nds. GVBl. S. 826) wurde die Niedersächsische Corona-Verordnung geändert, § 11b blieb dabei allerdings unverändert.

Am 29.11.2021 erließ die Stadt A-Stadt gemäß § 3 Abs. 2 der Niedersächsischen Corona-Verordnung eine Allgemeinverfügung zur Feststellung der Warnstufe 2 in der Stadt A-Stadt. Darin hießt es u.a.:

"1. Es wird festgestellt, dass im Bereich der Stadt A-Stadt (Oldb) ab dem 1.12.2021 die Warnstufe 2 und damit die Schutzmaßnahmen des [...] § 11b Abs. 3 Satz 4 und Abs. 7 [...] Nds. Corona-Verordnung gelten. [...]"

Ab Mittwoch, dem 1. Dezember 2021 durften daher Bewirtungsleistungen und Leistungen von Fahrgeschäften nur noch gegenüber Personen erbracht werden, die neben einem Impfnachweis gemäß § 2 Nr. 3 SchAusnV a.F. oder einem Genesenennachweis gemäß § 2 Abs. 5 SchAusnV zusätzlich über eine negative Testung gemäß § 7 der Niedersächsischen Corona-Verordnung (sog. 2G-Plus-Regelung) verfügten. Zum 5. Dezember beendete der Oberbürgermeister der Stadt A-Stadt im Einvernehmen mit dem Verwaltungsausschuss der Stadt den Markt auf Bitte des A-Stadter Schaustellerverbandes. Die 2G-Plus-Regelung für die Inanspruchnahme von Bewirtungsleistungen sowie Leistungen von Fahrgeschäfte habe zu einem Publikumsschwund geführt, der keinen wirtschaftlichen Betrieb mehr ermöglicht habe. Es sollte weiterer finanzieller Schaden von den Marktteilnehmern abgewendet werden.

Am 2. Dezember 2021 hat der Antragsteller einen Normenkontrollantrag gegen § 11b Abs. 7 i.V.m. § 7 der Niedersächsischen Corona-Verordnung gestellt, soweit danach bei Feststellung der Warnstufe 2 die 2G-Plus-Regelung für den Besuch von Weihnachtsmärkten galt.

Nach der Schließung des E.-Marktes hat der Antragsteller auf ein gerichtliches Hinweisschreiben vom 13. Dezember 2021 mit Schriftsatz vom 16. Dezember 2021 mitgeteilt, dass er an seinem Normkontrollantrag weiter festhalte und nunmehr die nachträgliche Feststellung der Unwirksamkeit der angegriffenen Normen begehre. Dies hat er in der Folgezeit wederholt bekräftigt.

Zur Begründung macht der Antragsteller im Wesentlichen geltend: Er habe das erforderliche Interesse an der nachträglichen Feststellung der Unwirksamkeit von § 11b Abs. 7 i.V.m. § 7 der Niedersächsischen Corona-Verordnung. Sein Feststellungsinteresse ergebe sich aus dem Präjudizinteresse, aus der drohenden und begründeten Wiederholungsgefahr sowie aus der Beeinträchtigung wesentlicher Grundrechtspositionen. Die angegriffene 2G-Plus-Regelung habe insbesondere den allgemeinen Gleichheitssatz gem. Art. 3 Abs. 1 GG verletzt. § 11b Abs. 7 i.V.m. § 7 der Niedersächsischen Corona-Verordnung habe zum einen wesentlich Ungleiches gleich behandelt. So hätten Weihnachtsmärkte unter freiem Himmel einerseits und Betriebsstätten, Sitzungen, Zusammenkünfte, Veranstaltungen und Großveranstaltungen in geschlossenen Räumen andererseits ab Warnstufe 2 der 2G-Plus-Regelung unterlegen. Zum anderen habe die Verordnung wesentlich Gleiches ungleich behandelt. So hätten alle übrigen Sitzungen, Zusammenkünfte, Veranstaltungen und Großveranstaltungen unter freiem Himmel lediglich der 3G-Regelung (geimpft, genesen oder getestet) unterlegen. Die Ansteckungsgefahr am neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 sei unter freiem Himmel nach der Einschätzung führender Aerosolforscher jedoch grundsätzlich erheblich geringer zu bewerten als innerhalb geschlossener Räume. Hinzu komme, dass gemäß § 11b der Niedersächsischen Corona-Verordnung Messen zu keinem Zeitpunkt der 2G-Plus-Regelung unterlegen hätten, was nicht zu rechtfertigen sei.

Die angegriffene Regelung habe ihn zudem in seiner Berufsausübungsfreiheit massiv beschränkt, da sie erhebliche Umsatzeinbußen zur Folge gehabt habe. Da die große Mehrheit möglicher Besucher der Weihnachtsmärkte durch die verordnete Testpflicht trotz Impfung den Besuch und Handel auf dem Weihnachtsmarkt gemieden habe, sei die Regelung einem passiven Lockdown gleichgekommen. Die Schwere des Eingriffs sei aufgrund der laufenden Personal- und Warenkosten sogar höher gewesen als bei einem tatsächlichen Lockdown und habe daher für ihn wie auch für die anderen betroffenen Schausteller existenzgefährdenden Charakter gehabt.

Die 2G-Plus-Regelung sei darüber hinaus zur Eindämmung des anhaltenden Infektionsgeschehens wegen des Verkaufs unter freiem Himmel nicht zwingend notwendig gewesen und wissenschaftlich anzuzweifeln.

Der Antragsteller beantragt sinngemäß,

festzustellen, dass § 11b Abs. 7 Satz 1 i.V.m. § 7 der Niedersächsischen Verordnung über infektionspräventive Schutzmaßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus SARS-CoV-2 und dessen Varianten (Niedersächsische Corona-Verordnung) vom 23.11.2021 (Nds. GVBl. S. 770) unwirksam gewesen ist, soweit unter Geltung der Warnstufe 2 Bewirtungsleistungen und Leistungen von Fahrgeschäften auf Weihnachtsmärkten nur gegenüber Personen erbracht werden durften, die neben einem Impfausweis oder einem Genesenenausweis auch über eine negative Testung gemäß § 7 (sog. 2G-Plus-Regelung) verfügten.

Der Beklagte beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Er macht geltend, die Voraussetzungen des § 32 Satz 1 in Verbindung mit § 28 Abs. 1 Satz 1 und 2 IfSG hätten mit Blick auf das "Ob" eines staatlichen Handelns seinerzeit vorgelegen. Der seit Ende September 2021 beobachte Anstieg der 7-Tage-Inzidenz habe sich in den Wochen vor Erlass der streitgegenständlichen Verordnung erheblich beschleunigt. Das Robert Koch-Institut (RKI) habe die Gefährdung für die Gesundheit in Deutschland aufgrund der Dynamik der Verbreitung einiger Varianten von SARS-CoV-2, wie der Delta-Variante, deshalb seinerzeit als hoch eingeschätzt. Die Anzahl der in der syndromischen Krankenhaussurveillance erfassten hospitalisierten und intensivpflichtigen Fälle mit schweren akuten Atemwegsinfektionen (SARI-Fälle) mit Covid-19 sei in den Wochen vor Erlass der streitgegenständlichen Verordnung in den Altersgruppen über 35 Jahre angestiegen und habe sich auf vergleichbarem Niveau wie im Jahr zuvor befunden. Dies habe sich aus den wöchentlichen Lageberichten des RKI, beispielsweise demjenigen vom 2. Dezember 2021 (https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/Wochenbericht/Wochenbericht_2021-12-02.pdf?__blob=publicationFile) ergeben.

Eine besondere Berücksichtigung bei den Schutzmaßnahmen hätten seinerzeit Berichte über Mutationen des Corona-Virus finden müssen, z.B. über die Delta-Variante oder über die seinerzeit gerade neu aufgetretene Omikron-Variante. Im maßgeblichen Zeitraum habe der Anteil der hochansteckenden und tendenziell schwerere Krankheitsverläufe hervorrufenden Delta-Variante in Niedersachsen (und bundesweit) nahezu 100% betragen (https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/Wochenbericht/Wochenbericht_2021-12-02.pdf?__blob=publicationFile).

Die Mutationen hätten ein besonderes Risiko dargestellt, z.B. hinsichtlich einer nachgewiesenen leichteren Übertragbarkeit und anderen Eigenschaften, die die Krankheitsschwere verstärkt hätten oder gegen welche die Wirkung einer durch Impfung oder durchgemachte Infektion erworbene Immunität abgeschwächt gewesen sei. Vor diesem Hintergrund sei es umso wichtiger gewesen, das Infektionsgeschehen so rasch und so effektiv wie möglich einzuschränken und die Verbreitungsgeschwindigkeit deutlich abzusenken.

Die streitgegenständliche Fassung der Niedersächsischen Corona-Verordnung habe daher sowohl die tagesaktuell erhobene Hospitalisierung von COVID-19-Patienten für schwere Krankheitsverläufe (Belegung der COVID-19-Fälle in Krankenhäusern) als Basisindikator sowie die prozentuale Belegung der COVID-19-Intensivbetten und auch die Inzidenzwerte an Neuinfektionen auf der einen und den Fortschritt der Impfkampagne auf der anderen Seite in ihr Schutzkonzept aufgenommen. So habe schnell und präzise abgeschätzt werden können, in welchem Umfang das Neuinfektionsgeschehen angesichts der wachsenden Immunität in der Bevölkerung zu schweren Verläufen geführt und damit sowohl für die Betroffenen als auch für die Belastung des Gesundheitssystems eine Gefahr dargestellt habe.

Dabei sei auch von Geimpften und Genesenen eine Infektionsgefahr ausgegangen. Bei Geimpften und Genesenen sei zwar gemäß dem RKI grundsätzlich von einem gegenüber Ungeimpften deutlich reduzierten Risiko auszugehen gewesen, an dem Corona-Virus zu erkranken und andere damit anzustecken. Dementsprechend seien die Infektions- und Hospitalisierungsinzidenzen für Geimpfte weitaus niedriger als für Ungeimpfte gewesen (https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/Wochenbericht/Wochenbericht_2021-12-02.pdf?__blob=publicationFile, S. 20 ff.). Dennoch hätten die Daten gezeigt, dass es auch bei einer Impfung oder nach einer Genesung keinen vollständigen Schutz gegeben habe.

Die in der angegriffenen Niedersächsischen Corona-Verordnung vorgesehene Testpflicht auch für Geimpfte und Genesene für den Besuch des Weihnachtsmarktes bei Geltung der Warnstufe 2 sei auch eine notwendige, insbesondere verhältnismäßige Schutzmaßnahme gewesen.

Die Regelung habe nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßen. Die Veranstaltung "Weihnachtsmarkt" sei von vornherein nicht ohne Weiteres mit den sonstigen vom Antragsteller genannten Lebensbereichen vergleichbar. Bei einem Weihnachtsmarkt handele es sich um eine saisonal eng begrenzte und emotional in besonderer Weise besetzte Veranstaltung mit hoher Attraktivität auf weite Bevölkerungsanteile. Sie sei damit grundsätzlich geeignet, eine große Zahl von Besucherinnen und Besuchern anzuziehen.

Im Übrigen lasse der Antragsteller andere Beschränkungen außer Betracht, die bei den von ihm benannten Veranstaltungen zu beachten seien, insbesondere die Pflicht zur Dokumentierung oder anderweitigen Nachverfolgung der Teilnehmenden. Bei Messen habe gemäß § 11a der Niedersächsischen Corona-Verordnung ergänzend eine Einschränkung der Personenkapazität gegolten.

Die Beteiligten haben mit Schriftsätzen vom 1. Dezember 2022 (Antragsgegner) und vom 15. Dezember 2022 (Antragsteller) einer Entscheidung durch den Senat ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte verwiesen.

Entscheidungsgründe

Der Normenkontrollantrag, über den der Senat gemäß § 101 Abs. 2 VwGO im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet, hat keinen Erfolg. Er ist zulässig (I.), aber unbegründet (II.).

I. Der Normenkontrollantrag ist zulässig.

1. Streitgegenstand des Normenkontrollverfahrens ist die bereits außer Kraft getretenen Regelung in § 11b Abs. 7 Satz 1 HS 2 i.V.m. § 7 der Niedersächsischen Corona-Verordnung vom 23. November 2021.

2. Der Antrag ist nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO und § 75 NJG statthaft. Die vom Antragsteller angegriffene Verordnungsregelung ist eine im Range unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschrift im Sinne des § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 75 NJG (vgl. zu den insoweit bestehenden Anforderungen: NdsOVG, Beschl. v. 31.1.2019 - 13 KN 510/18 -, juris Rn. 16 ff.).

3. Der Antragsteller ist nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt.

Nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO kann den Antrag eine natürliche oder juristische Person stellen, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. An die Geltendmachung einer Rechtsverletzung im Sinne dieser Bestimmung sind die gleichen Maßstäbe anzulegen wie bei der Klagebefugnis im Sinne von § 42 Abs. 2 VwGO (vgl. BVerwG, Beschl. v. 22.8.2005 - BVerwG 6 BN 1.05 -, juris Rn. 3 ff., insbes. 7; Urt. v. 26.2.1999 - BVerwG 4 CN 6.98 -, juris Rn. 9). Ausreichend, aber auch erforderlich ist es daher, dass der jeweilige Antragsteller hinreichend substantiiert Tatsachen vorträgt, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass er durch den zur Prüfung gestellten Rechtssatz in seinen subjektiven Rechten verletzt wird. Die Antragsbefugnis fehlt, wenn offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise subjektive Rechte des Antragstellers verletzt sein können (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.1.2001 - BVerwG 6 CN 4.00 -, juris Rn. 10; grundlegend: Urt. v. 24.9.1998 - BVerwG 4 CN 2.98 -, juris Rn. 8; NdsOVG, Beschl. v. 22.5.2020 - 13 MN 158/20 -, juris Rn. 8; NdsOVG, Urt. v. 20.12.2017 - 13 KN 67/14 -, juris Rn. 65).

Unter Anwendung dieses Maßstabs ist der Antragsteller antragsbefugt. Die unmittelbar an ihn adressierte Regelung des § 11b Abs. 7 Satz 1 HS 2 i.V.m. § 7 der Niedersächsischen Corona-Verordnung untersagte ihm das Erbringen von Bewirtungsleistungen und Leistungen von Fahrgeschäften an Personen, die nicht geimpft oder genesen sowie zusätzlich negativ getestet waren, und griff damit in einen durch die Berufsausübungsfreiheit geschützten Bereich ein. Eine Verletzung des Grundrechts des Antragstellers aus Art. 12 Abs. 1 GG erscheint damit ebenso möglich wie - angesichts des differenzierten Regelungsregimes der § 8 ff. der Niedersächsischen Corona-Verordnung - eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG).

Der Zulässigkeit des Normenkontrollantrags steht nicht entgegen, dass die streitgegenständliche Regelung wegen der Schließung des E.-Marktes zum 5. Dezember 2021 für den Antragsteller keine Wirkung mehr entfaltete und mit Wirkung zum 15. Januar 2022 (vgl. Art. 1 Ziff. 10, Art. 2 der Verordnung zur Änderung der Niedersächsischen Corona-Verordnung vom 14. Januar 2022 (Nds. GVBl. S. 14)) gänzlich außer Kraft getreten ist. Zwar ist ein Normenkontrollantrag nur gegen eine erlassene Rechtsvorschrift zulässig (vgl. NdsOVG, Beschl. v. 24.3.2021 - 13 MN 145/21 -, juris Rn. 108; Hoppe, in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 47 Rn. 11 jeweils m.w.N.) und dies grundsätzlich nur solange, wie die mit ihm angegriffene Rechtsvorschrift gültig ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 28.7.2022 - 3 BN 8.21 -, juris Rn. 6; Urt. v. 19.2.2004 - 7 CN 1.03 -, juris Rn. 13; Urt. v. 29.6.2001 - 6 CN 1.01 -, juris Rn. 10; Beschl. v. 2.9.1983 - 4 N 1.83 -, juris Rn. 8; Beschl. v. 14.7.1978 - 7 N 1.78 -, juris Rn. 11). Von diesem Grundsatz werden aber in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts Ausnahmen gemacht, bei denen die Aufhebung oder das Außerkrafttreten nach Ablauf der Geltungsdauer einer Rechtsvorschrift die Zulässigkeit eines Normenkontrollantrags nicht beeinflusst (vgl. hierzu den Überblick von Ziekow, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 47 Rn. 71 ff. m.w.N.). Ein gestellter Normenkontrollantrag kann u.a. trotz Aufhebung oder Außerkrafttretens nach Ablauf der Geltungsdauer der angegriffenen Rechtsvorschrift zulässig bleiben, wenn die Vorschrift während der Anhängigkeit eines zulässigerweise gestellten Normenkontrollantrags aufgehoben wird oder außer Kraft tritt. Die Aufhebung oder das Außerkrafttreten der Norm allein lässt den zulässig gestellten Normenkontrollantrag nicht ohne Weiteres zu einem unzulässigen Antrag werden, wenn die Voraussetzung der Zulässigkeit nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO fortbesteht, mithin der Antragsteller weiterhin geltend machen kann, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in seinen Rechten verletzt (worden) zu sein. Dies folgt unmittelbar aus § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Einer entsprechenden Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO bedarf es nicht. Erforderlich ist in diesen Fallgestaltungen aber, dass ein berechtigtes individuelles Interesse an der begehrten Feststellung, die bereits außer Kraft getretene Rechtsvorschrift sei unwirksam gewesen, besteht (vgl. BVerwG, Beschl. v. 28.7.2022 - 3 BN 8.21 -, juris Rn. 6; Urt. v. 19.2.2004 - 7 CN 1.03 -, juris Rn. 13; Beschl. v. 2.9.1983 - 4 N 1.83 -, juris Rn. 9 ff.). Ein berechtigtes individuelles Interesse an der Fortführung des Normenkontrollverfahrens kann sich u.a. ergeben zur Rechtsklärung bei schwerwiegenden Beeinträchtigungen grundrechtlich geschützter Freiheiten des Antragstellers durch die angegriffene Rechtsvorschrift, insbesondere dann, wenn die Rechtsvorschrift typischerweise auf kurze Geltung angelegt ist mit der Folge, dass sie regelmäßig außer Kraft tritt, bevor ihre Rechtmäßigkeit in einem Normenkontrollverfahren abschließend gerichtlich geklärt werden kann (vgl. BVerfG, Beschl. v. 15.7.2020 - 1 BvR 1630/20 -, juris Rn. 9; Beschl. v. 3.6.2020 - 1 BvR 990/20 -, juris Rn. 8; BVerwG, Urt. v. 29.6.2001 - 6 CN 1.01 -, juris Rn. 10; Urt. v. 16.5.2023 - 3 CN 6.22 -, juris Rn. 14; Beschl. v. 2.9.1983 - 4 N 1.83 -, juris Rn. 9; vgl. hierzu auch Schübel-Pfister, in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 113 Rn. 111 und 122 f.). Auch eine Wiederholungsgefahr kann grundsätzlich ein solches Feststellungsinteresse begründen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 2.8.2018 - 3 BN 1.18 -, juris Rn. 4). Schließlich kann sich ein berechtigtes individuelles Interesse an der Fortführung des Normenkontrollverfahrens aus der präjudiziellen Wirkung einer Entscheidung im Normenkontrollverfahren für die Frage der Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit eines auf die angegriffene Rechtsvorschrift gestützten behördlichen Verhaltens und daran anknüpfende Entschädigungs- oder Schadensersatzansprüche, deren Durchsetzung der Antragsteller ernsthaft beabsichtigt, ergeben (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.2.2004 - BVerwG 7 CN 1.03 -, juris Rn. 14; Beschl. v. 2.9.1983 - BVerwG 4 N 1.83 -, BVerwGE 68, 12, 15 -, juris Rn. 11 f.).

Der Senat schließt sich dieser Rechtsprechung - wie schon zuvor der 13. Senat des erkennenden Gerichts (vgl. Beschl. v. 9.6.2021 -13 KN 127/20 -, juris Rn. 60 ff.) - aus eigener Überzeugung an. Auch das Bundesverfassungsgericht hat auf die in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entwickelten Ausnahmefälle verwiesen, wonach "ein Normenkontrollantrag auch gegen eine bereits aufgehobene Rechtsnorm zulässig sein kann, wenn während des Normenkontrollverfahrens eine auf kurzfristige Geltung angelegte Norm etwa wegen Zeitablaufs außer Kraft getreten ist", und lediglich klargestellt, dass eine solche Überprüfung auch bei den infektionsschutzrechtlichen Verordnungen nach § 32 des Infektionsschutzgesetzes während der Corona-Pandemie angesichts deren kurzer Geltungsdauer und häufig schwerwiegender Grundrechtsbeeinträchtigungen naheliege (vgl. BVerfG, Beschl. v. 15.7.2020 - 1 BvR 1630/20 -, juris Rn. 9; Beschl. v. 3.6.2020 - 1 BvR 990/20 -, juris Rn. 8).

Daran gemessen ist der Antragsteller trotz des zwischenzeitlichen Außerkrafttretens der angegriffenen Norm antragsbefugt. Die Niedersächsischen Corona-Verordnungen waren sämtlich auf eine höchstens mehrwöchige Geltungsdauer angelegt, weshalb ihre Rechtmäßigkeit vor ihrem Außerkrafttreten regelmäßig nicht in einem Hauptsacheverfahren abschließend gerichtlich geklärt werden konnte. Den angegriffenen Regelungen kam auch ein ausreichendes Gewicht der Beeinträchtigung grundrechtlich geschützter Freiheiten zu, um ein Interesse an der nachträglichen Klärung der Wirksamkeit der Norm zu begründen. Der Antragsteller durfte seine Leistungen auf dem Weihnachtsmarkt nur noch Personen anbieten, die geimpft oder genesen sowie negativ getestet waren. Die damit verbundenen Auswirkungen sind in ihrer grundrechtlichen Bedeutung nicht von einem so geringen Gewicht, dass systematische Rechtsschutzlücken durch die regelhaft kurzfristige Überholung der Verordnungsregelungen zumutbar erscheinen. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der E.-Markt auf Wunsch der Schausteller, insbesondere auch des Antragstellers, bereits am 5. Dezember 2021 geschlossen wurde, so dass die streitgegenständliche 2G-Plus-Regelung nur 4 Tage galt. Die Schließung erfolgte aufgrund des erheblichen Einbruchs der Besucherzahlen nach Einführung der 2G-Plus-Regelung, so dass die Schausteller keine Möglichkeit mehr sahen, den Weihnachtsmarkt weiterhin wirtschaftlich zu betreiben.

Ob der Antragsteller sein besonderes Interesse an der nachträglichen Feststellung der Unwirksamkeit der Norm darüber hinaus auch mit Erfolg auf eine zu erwartende Wiederholungsgefahr stützen kann, kann danach offenbleiben.

4. Der Antrag ist zutreffend gegen das Land Niedersachsen als normerlassende Körperschaft im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 2 VwGO gerichtet. Das Land Niedersachsen wird durch das Niedersächsische Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Gleichstellung vertreten (vgl. Nr. II. des Gemeinsamen Runderlasses der Staatskanzlei und sämtlicher Ministerien, Vertretung des Landes Niedersachsen v. 12.7.2012 (Nds. MBl. S. 578), zuletzt geändert am 3.6.2021 (Nds. MBl. S. 1020), in Verbindung mit Nr. 4.22 des Beschlusses der Landesregierung, Geschäftsverteilung der Niedersächsischen Landesregierung, v. 17.7.2012 (Nds. MBl. S. 610), zuletzt geändert durch Beschluss der Landesregierung vom 26. September 2023 (Nds. MBl. S. 758)).

5. Die Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO, wonach der Normenkontrollantrag innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift zu stellen ist, ist gewahrt.

II. Der Normenkontrollantrag ist allerdings unbegründet. Der Antragsteller kann die begehrte Feststellung, dass § 11b Abs. 7 Satz 1 HS 2 i.V.m. § 7 der Niedersächsischen Corona-Verordnung unwirksam gewesen ist, nicht beanspruchen.

Die streitgegenständliche Regelung beruhte in ihrem Geltungszeitraum auf einer tragfähigen Rechtsgrundlage (1.), sie war formell rechtmäßig (2.), inhaltlich hinreichend bestimmt (3.) und auch im Übrigen materiell rechtmäßig (4.).

1. Die streitgegenständliche Verordnungsregelung fand in § 32 Sätze 1 und 2 in Verbindung mit § 28 Abs. 1 Sätze 1 und 2 und § 28a Abs. 1 Nrn. 5 und 14, Abs. 9 Satz 2 des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz - IfSG -) vom 20. Juli 2000 (BGBl. I S. 1045) in der zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes und weiterer Gesetze anlässlich der Aufhebung der Feststellung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite vom 22. November 2021 (BGBl. I S. 4906) geänderten Fassung (im Folgenden: IfSG a.F.) eine tragfähige Rechtsgrundlage.

Nach § 32 Sätze 1 und 2 IfSG a.F. durften die Landesregierungen unter den Voraussetzungen, die für Maßnahmen nach den §§ 28, 28a und 29 bis 31 maßgebend waren, durch Rechtsverordnungen entsprechende Ge- und Verbote zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten erlassen; die Landesregierungen konnten die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf andere Stellen übertragen. § 28 Abs. 1 Satz 1 und 2 IfSG a.F. bestimmte zu diesen Voraussetzungen: Werden Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider festgestellt oder ergibt sich, dass ein Verstorbener krank, krankheitsverdächtig oder Ausscheider war, so trifft die zuständige Behörde die notwendigen Schutzmaßnahmen, insbesondere die in § 28a und in den §§ 29 bis 31 IfSG a.F. genannten, soweit und solange es zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich ist; sie kann insbesondere Personen verpflichten, den Ort, an dem sie sich befinden, nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen zu verlassen oder von ihr bestimmte Orte oder öffentliche Orte nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen zu betreten. Unter den Voraussetzungen von Satz 1 konnte die zuständige Behörde Veranstaltungen oder sonstige Ansammlungen von Menschen beschränken oder verbieten und Badeanstalten oder in § 33 IfSG a.F. genannte Gemeinschaftseinrichtungen oder Teile davon schließen. Gemäß § 28a Abs. 1 Nr. 5 IfSG a.F. konnten notwendige Schutzmaßnahmen im Sinne des § 28 Absatz 1 Satz 1 und 2 zur Verhinderung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) für die Dauer der Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite nach § 5 Abs. 1 Satz 1 IfSG insbesondere sein die Untersagung oder Beschränkung von Freizeitveranstaltungen und ähnlichen Veranstaltungen. § 28a Abs. 1 Nr. 14 IfSG a.F. ermöglichte die Schließung oder Beschränkung von Betrieben, Gewerben, Einzel- oder Großhandel. § 28a Abs. 9 Sätze 1 und 2 IfSG a.F. sahen vor: Absatz 1 bleibt nach dem Ende einer durch den Deutschen Bundestag nach § 5 Absatz 1 Satz 1 festgestellten epidemischen Lage von nationaler Tragweite bis längstens zum Ablauf des 15. Dezember 2021 für Schutzmaßnahmen nach Absatz 1 in Verbindung mit § 28 Absatz 1 Satz 1 und 2 anwendbar, die bis zum 25. November 2021 in Kraft getreten sind. Satz 1 gilt für Schutzmaßnahmen nach Absatz 1 in Verbindung mit § 28 Absatz 1 Satz 1 und 2 und § 32 entsprechend, sofern das Parlament in dem betroffenen Land die Rechtsverordnungen nicht aufhebt. Mit dem Gesetz zur Stärkung der Impfprävention gegen COVID-19 und zur Änderung weiterer Vorschriften im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie vom 10. Dezember 2021 (BGBl. I, S. 5162) wurde § 28a Abs. 9 Satz 1 IfSG a.F. dahin geändert, dass in Abs. 9 Satz 1 die Angabe "15. Dezember 2021" durch die Angabe "19. März 2022" ersetzt wurde.

Diese Verordnungsermächtigung begegnet, insbesondere mit Blick auf die Bestimmtheit der getroffenen Regelungen und deren Vereinbarkeit mit dem Vorbehalt des Gesetzes, keinen durchgreifenden Bedenken. Dies hat der erkennende Senat bereits mehrfach entschieden (vgl. z.B. Senatsurt. v. 17.8.2023 - 14 K 48/22 -, juris Rn. 99 ff. m.w.N. und Senatsurt. v. 16.2.2023 - 14 KN 41/22 -, juris Rn. 53 ff. m.w.N.). Der Antragsteller macht auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken geltend.

2. Die streitgegenständliche Verordnungsregelung war formell rechtmäßig.

a) Anstelle der nach § 32 Satz 1 IfSG a.F. ermächtigten Landesregierung war aufgrund der nach § 32 Satz 2 IfSG a.F. gestatteten und durch § 3 Nr. 1 der Verordnung zur Übertragung von Ermächtigungen aufgrund bundesgesetzlicher Vorschriften (Subdelegationsverordnung) vom 9. Dezember 2011 (Nds. GVBl. S. 487) in der hier maßgeblichen, zuletzt durch Verordnung vom 2. Februar 2021 (Nds. GVBl. S. 32) geänderten Fassung betätigten Subdelegation das Niedersächsische Ministerium für Gesundheit, Soziales und Gleichstellung für den Erlass der Verordnung zuständig.

b) Gemäß Art. 45 Abs. 1 Satz 2 NV sind die (11.) Niedersächsische Verordnung über infektionspräventive Schutzmaßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus SARS-CoV-2 und dessen Varianten (Nds. GVBl. S. 770) von der das Ministerium seinerzeit vertretenden Ministerin ausgefertigt und im Niedersächsischen Gesetz- und Verordnungsblatt verkündet worden.

c)§ 23 Abs. 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung bestimmte, wie von Art. 45 Abs. 3 Satz 1 NV gefordert, den Tag des Inkrafttretens.

d) Auch dem Zitiergebot des Art. 43 Abs. 2 Satz 1 NV (vgl. zu den insoweit bestehenden Anforderungen: BVerfG, Urt. v. 6.7.1999 - 2 BvF 3/90 -, juris Rn. 152 ff. [zu Art. 80 Abs. 1 Satz 3 GG]; Brosius-Gersdorf/Remé, in: Butzer/Epping u.a., Hannoverscher Kommentar zur Niedersächsischen Verfassung, 2. Aufl. 2021, Art. 43 Rn. 20 m.w.N.) genügte die Niedersächsische Corona-Verordnung vom 23. November 2021. Dabei ist unschädlich, dass in der (subdelegierten) Verordnung die Subdelegationsermächtigung in § 32 Satz 2 IfSG nicht genannt ist. Denn das Zitiergebot entfaltet die ihm zugedachte Wirkung bereits hinreichend, wenn die subdelegierte Verordnung ihre Grundlage in der subdelegierenden Verordnung angibt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 18.6.2019 - 1 BvR 587/17 -, BVerfGE 151, 173 - juris Rn. 21 ff.; a.A. Brosius-Gersdorf/Remé, in: Butzer/Epping u.a., Hannoverscher Kommentar zur Niedersächsischen Verfassung, 2. Aufl. 2021, Art. 43 Rn. 42). Die subdelegierende Verordnung, hier die (Nds.) Subdelegationsverordnung, nennt in ihrer Präambel die Subdelegationsermächtigung in § 32 Satz 2 IfSG.

3. Die streitgegenständliche Verordnungsregelung war hinreichend bestimmt. Sie ließ für die Regelungsadressaten ihren Inhalt und ihre Tragweite, insbesondere welche Handlungen ge- und verboten sind (vgl. zu den Anforderungen des Bestimmtheitserfordernisses: Bayerischer VGH, Urt. v. 13.2.2019 - 19 N 15.420 -, juris Rn. 125), hinreichend klar erkennen.

4. Die streitgegenständliche Verordnungsregelung war auch im Übrigen materiell rechtmäßig. Die materielle Rechtmäßigkeit war weder im Hinblick auf das "Ob" eines staatlichen Handelns (a)) noch in Bezug auf die Notwendigkeit der Infektionsschutzmaßnahme durchgreifenden Bedenken ausgesetzt (b)).

Nach § 32 Satz 1 IfSG a.F. durften unter den Voraussetzungen, die für Maßnahmen nach den §§ 28, 28a und 29 bis 31 IfSG maßgebend waren, auch durch Rechtsverordnung entsprechende Gebote und Verbote zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten erlassen werden.

a) Die tatbestandlichen Voraussetzungen der Rechtsgrundlage des § 28 Abs. 1 Sätze 1 und 2 und § 28a Abs. 1 Nrn. 5 und 14, Abs. 3, Abs. 9 Satz 2 IfSG a.F. für den Erlass der infektionsschutzrechtlichen Maßnahme waren im Geltungszeitraum der hier zu beurteilenden Verordnungsregelung erfüllt.

aa) Zum Zeitpunkt des Erlasses der (11.) Niedersächsischen Corona-Verordnung vom 23. November 2021 wurden zahlreiche Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider (vgl. die Begriffsbestimmungen in § 2 Nrn. 3 ff. IfSG) im Sinne des § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG festgestellt, und COVID-19 stellte sich im hier zu beurteilenden Zeitraum als eine übertragbare Krankheit im Sinne des § 2 Nr. 3 IfSG dar.

Im Einzelnen: Die weltweite Ausbreitung von COVID-19, die offizielle Bezeichnung der durch das neuartige Coronavirus SARS-CoV-2 (anfangs 2019-nCoV) als Krankheitserreger ausgelösten Erkrankung, wurde am 11. März 2020 von der WHO zu einer Pandemie erklärt (vgl. WHO, Coronavirus disease (COVID-19) Pandemic, veröffentlicht unter: www.who.int/emergencies/diseases/novel-coronavirus-2019/interactive-timeline#!). Bei Erlass der angegriffenen Regelung waren im Bundesgebiet mehr als 842.000 Menschen infiziert und mehr als 101.300 Menschen im Zusammenhang mit der Erkrankung verstorben; in Niedersachsen waren mehr als 375.100 Menschen infiziert und 6.300 Menschen im Zusammenhang mit der Erkrankung verstorben (vgl. Robert Koch-Institut (RKI), Täglicher Lagebericht des RKI zur Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) vom 30. November 2021, S. 1 f.). Diese aktuellen Fallzahlen waren höher als alle bisher auf den Höhepunkten der vorangegangenen Erkrankungswellen verzeichneten Werte und die Summe der labordiagnostisch bestätigten Todesfälle seit Beginn der Pandemie hatte jetzt die Zahl von 100.000 überschritten (vgl. RKI, Wöchentlicher Lagebericht zur Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) vom 25. November 2021, S. 3).

Die Erkrankung manifestierte sich zum maßgeblichen Zeitpunkt als Infektion der Atemwege mit den Leitsymptomen Husten, Fieber und Schnupfen. Der Hauptübertragungsweg für SARS-CoV-2 war und ist die respiratorische Aufnahme virushaltiger Partikel, die beim Atmen, Husten, Sprechen, Singen und Niesen entstehen. Eine Übertragung durch kontaminierte Oberflächen wurde insbesondere in der unmittelbaren Umgebung der infektiösen Person nicht ausgeschlossen. Da im Zeitraum vor dem Auftreten von Symptomen eine hohe Infektiosität bestand, steckte sich ein relevanter Anteil von Personen innerhalb von ein bis zwei Tagen bei bereits infektiösen, aber noch nicht symptomatischen Personen an. Frauen und Männer waren von einer SARS-CoV-2-Infektion etwa gleich häufig betroffen. Männer erkrankten jedoch häufiger schwer und starben doppelt so häufig wie Frauen. Der Krankheitsverlauf variierte stark in Symptomatik und Schwere, es konnten symptomlose Infektionen bis hin zu schweren Pneumonien mit Lungenversagen und Tod auftreten. Insgesamt waren mit Stand 23. November 2021 1,8% aller Personen, für die bestätigte SARS-CoV-2-Infektionen in Deutschland übermittelt wurden, im Zusammenhang mit einer COVID-19-Erkrankung verstorben. COVID-19 konnte sich in vielfältiger Weise und nicht nur in der Lunge, sondern auch in anderen Organsystemen manifestieren. Beschrieben wurden u.a. pulmonale Erkrankungen, neurologische Symptome und Erkrankungen, gastrointestinale Symptome, Herz-Kreislauf-Symptome und -Erkrankungen, Nierenerkrankungen, dermatologische Manifestationen, PIMS und Hyperinflammationssyndrome. Insbesondere schwer erkrankte COVID-19-Patientinnen und -Patienten konnten zudem unter Ko-Infektionen leiden. Nach den ersten Hinweisen Mitte 2020 wurden außerdem mögliche längerfristige gesundheitliche Folgen einer SARS-CoV-2-Infektion intensiv erforscht. Es ließ sich aber noch kein einheitliches Krankheitsbild abgrenzen, und die zugrundeliegenden Mechanismen waren noch nicht klar. Es wurden sehr unterschiedliche Symptome berichtet, die über Wochen und Monate fortbestanden, phasenweise wieder auftraten oder auch neu hinzukommen konnten. Nach einer Analyse der Daten aus dem deutschen Meldesystem (bis Februar 2021) wurden kumulativ ca. 10 % der in Deutschland übermittelten Fälle der COVID-19-Erkrankten hospitalisiert. In Auswertungen der Daten der ersten und zweiten COVID-19-Welle in Deutschland wurde der Anteil der Hospitalisierten, die auf Intensivtherapiestationen behandelt wurden, auf insgesamt 33 % geschätzt. Hierbei gab es jedoch deutliche altersspezifische Unterschiede: während jüngere Altersgruppen unter 15 Jahren nur sehr selten intensivmedizinisch behandelt wurden, lag der Anteil bei hospitalisierten COVID-19-Fällen ab 35 Jahren bei mindestens 27 %, und am häufigsten wurden Patienten und Patientinnen in der Altersgruppe 60 bis 79 Jahre intensivmedizinisch behandelt (41 %). Gemäß einer Analyse von Daten der syndromischen Surveillance sind in der ersten und zweiten COVID-19-Welle in Deutschland insgesamt 26 % der hospitalisierten COVID-19-Fälle verstorben. Es zeigten sich große altersspezifische Unterschiede. So verstarben 5 % der Fälle aus der Altersgruppe 35 bis 59 Jahre, jedoch 40 % der Fälle aus der Altersgruppe ab 80 Jahre, und der Altersmedian der verstorbenen Fälle lag bei 82 Jahren.

Nur ein Teil der COVID-19-Erkrankungen verlief schwer. Schwere Verläufe konnten auch bei Personen ohne bekannte Vorerkrankung und bei jüngeren Patienten auftreten. Bei folgenden Personengruppen wurden schwere Krankheitsverläufe häufiger beobachtet:

- ältere Personen (mit stetig steigendem Risiko für einen schweren Verlauf ab etwa 50-60 Jahren)

- männliches Geschlecht

- Raucher (schwache Evidenz)

- adipöse (BMI>30) und stark adipöse (BMI>35) Menschen

- Schwangere

- Menschen mit Down-Syndrom (Trisomie 21)

- Personen mit bestimmten Vorerkrankungen, etwa des Herz-Kreislauf-Systems (z. B. koronare Herzerkrankung und Bluthochdruck), mit chronischen Lungenerkrankungen (z. B. COPD), chronischen Leber- und Nierenerkrankungen (insbesondere bei Dialysepflichtigkeit), neurologischen und psychiatrischen Erkrankungen (z. B. Demenz), Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit), Krebserkrankungen, mit geschwächtem Immunsystem

(vgl. zum Vorstehendem im Einzelnen und mit zahlreichen weiteren Nachweisen: RKI, Epidemiologischer Steckbrief zu SARS-CoV-2 und COVID-19, Stand: 26.11.2021, veröffentlicht unter www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Steckbrief.html).

Seit dem 26. Dezember 2020 wird in Deutschland gegen COVID-19 geimpft. Im November 2021 standen vier Impfstoffe zur Verfügung, und jeder hatte - anders als noch zu Beginn des Jahres 2021 - die Möglichkeit, sich impfen zu lassen. In dem Beschluss der Ständigen Impfkommission beim Robert Koch-Institut (STIKO) zur 14. Aktualisierung der COVID-19-Impfempfehlung (Aktualisierung vom 29. November 2021, Epidemiologisches Bulletin Nr. 48/2021 vom 2. Dezember 2021, S. 3 ff.) wurde die COVID-19-Auffrischimpfung allen Personen im Alter ab 18 Jahren empfohlen. Ziel der Auffrischimpfung war die Aufrechterhaltung des Individualschutzes sowie die Reduktion der Transmission von SARS-CoV-2 in der Bevölkerung. Beides sollte wiederum zu einer Verhinderung schwerer Erkrankungs- und Todesfälle und somit zu einer Entlastung des Gesundheitssystems in Deutschland während der damaligen wie auch möglichen nachfolgenden Infektionswellen beitragen. Der zeitliche Verlauf der wöchentlich geschätzten Impfeffektivität zeigte ab der KW 28/2021 - seit eine Dominanz der Delta-Variante bestand - ein langsames Absinken der Werte in beiden dargestellten Altersgruppen. Dies deutete neben der geringeren Impfeffektivität gegenüber der Verhinderung von SARS-CoV-2-Infektionen durch die Delta-Variante auch auf einen mit der Zeit nachlassenden Impfschutz hin. Am ausgeprägtesten war der Abfall hinsichtlich des Schutzes gegenüber einer symptomatischen Infektion, aber auch gegenüber schweren Verläufen deutete sich eine Abnahme der Effektivität an, wobei diese Abnahme geringer ausprägt war und weiterhin von einem sehr guten Schutz gegenüber Hospitalisierung, Intensivbehandlung und Tod ausgegangen werden konnte. Es wurde angenommen, dass eine vollständige Grundimmunisierung mit einem COVID-19-Impfstoff im Falle einer Infektion die Weitergabe des Virus an ungeimpfte Kontaktpersonen reduzierte. Epidemiologische Studien legten nahe, dass das Ausmaß der Transmissionsreduktion unter der Delta-Variante im Vergleich zu ungeimpften Indexfällen bei etwa 50 % lag und damit im Vergleich zur Alpha-Variante vermindert war. Bis zum 23. November 2021 waren 71 % der Bevölkerung mindestens einmal und 68 % vollständig geimpft. Darüber hinaus erhielten 8 % der Bevölkerung eine Auffrischimpfung (vgl. zu letzterem RKI, Wöchentlicher Lagebericht zur Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) vom 25. November 2021, S. 4).

Seit Mitte Oktober 2021 gab es in Deutschland eine 4. SARS-CoV-2-Infektionswelle der Pandemie. Die höchsten Infektionswerte wurden bei Kindern und Jugendlichen in den Altersgruppen von 5-9 und 10-14 Jahren erreicht mit Werten von über 800 bzw. 900/100.000 (vgl. RKI, Wöchentlicher Lagebericht zur Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) vom 25. November 2021, S. 3). Die exponentiell ansteigenden Infektionszahlen führten bereits Anfang November 2021 zu einer hohen Auslastung der Intensivstationen. Betroffen waren neben ungeimpften Erwachsenen insbesondere immunkompromittierte Menschen, bei denen die durchgeführte Grundimmunisierung infolge eines hohen Alters oder einer iatrogenen Immunsuppression an Wirkung verloren hatte oder von vornherein unzureichend war. Die vierte Infektionswelle wurde zu diesem Zeitpunkt nahezu ausschließlich von der Delta-Virusvariante bestimmt; seit Mitte August betrug der Anteil von Delta an allen sequenzierten SARS-CoV-2-Virusvarianten >99 %. Am 25. November 2021 betrug die bundesweite 7-Tage-Inzidenz 420/100.000 Einwohner. Die Inzidenz der COVID-19-Hospitalisierungen nahm seit Anfang Oktober 2021 in allen Altersgruppen zu. Besonders deutlich war die kontinuierliche Zunahme der schweren COVID-19-Erkrankungen bei den ?70-Jährigen (vgl. auch insoweit Beschluss der STIKO zur 14. Aktualisierung der COVID-19-Impfempfehlung, Aktualisierung vom 29. November 2021, Epidemiologisches Bulletin Nr. 48/2021 vom 2. Dezember 2021, S. 15 ff.). Mit Datenstand vom 24. November 2021 wurden nach Daten aus dem Intensivregister 4.070 Personen mit einer COVID-19-Diagnose auf einer Intensivstation behandelt (vgl. RKI, Wöchentlicher Lagebericht zur Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) vom 25. November 2021, S. 3).

Das RKI stufte diese Entwicklung als sehr besorgniserregend ein. Es sei zu befürchten, dass es zu einer weiteren Zunahme schwerer Erkrankungen und Todesfälle kommen werde und die verfügbaren intensivmedizinischen Behandlungskapazitäten überschritten würden. Es sei unbedingt erforderlich, bei Symptomen einer neu auftretenden Atemwegserkrankung wie z.B. Schnupfen, Halsschmerzen oder Husten (unabhängig vom Impfstatus) zuhause zu bleiben, die Hausarztpraxis zu kontaktieren und einen PCR-Test durchführen zu lassen. Grundsätzlich sollten alle nicht notwendigen Kontakte reduziert werden. Sofern Kontakte nicht gemieden werden könnten, sollten Masken getragen, Mindestabstände eingehalten und die Hygiene beachtet werden. Das RKI riet dringend dazu, größere Veranstaltungen und enge Kontaktsituationen, wie z.B. Tanzveranstaltungen, möglichst abzusagen oder zu meiden. Sämtliche Empfehlungen galten auch für Geimpfte und Genesene. Die Gefährdung für die Gesundheit der nicht oder nur einmal geimpften Bevölkerung in Deutschland sei insgesamt sehr hoch; für vollständig Geimpfte wurde die Gefährdung als moderat eingeschätzt, sie steige aber mit zunehmenden Infektionszahlen an (vgl. RKI, Wöchentlicher Lagebericht zur Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) vom 25. November 2021, S. 4).

Vor diesem Hintergrund blieben trotz der Möglichkeit, sich gegen COVID-19 impfen zu lassen, intensive gesamtgesellschaftliche Gegenmaßnahmen nötig, um die Folgen der COVID-19-Pandemie für Deutschland zu minimieren. Diese Maßnahmen verfolgten weiterhin das Ziel, die Infektionen in Deutschland so früh wie möglich zu erkennen und die weitere Ausbreitung des Virus einzudämmen. Belastungsspitzen im Gesundheitswesen sollten vermieden werden (vgl. zum Vorstehenden bereits: Senatsurt. v. 16.2.2023 - 14 KN 41/22 -, juris Rn. 72 ff.; vgl. auch: BayVGH, Beschl. v. 28.10.2021 - 25 NE 21.2579 -, juris Rn. 29).

Die danach gegebenen tatbestandlichen Voraussetzungen des § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG a.F. verpflichteten die zuständigen Behörden zum Handeln (gebundene Entscheidung, vgl. BVerwG, Urt. v. 22.3.2012 - 3 C 16.11 -, juris Rn. 23).

bb) Auch die speziellen Voraussetzungen des § 28a Abs. 1 Nrn. 5 und 14, Abs. 9 Satz 2 IfSG a.F. lagen vor. Gemäß § 28a Abs. 1 Nr. 5 IfSG a.F. konnten notwendige Schutzmaßnahmen im Sinne des § 28 Absatz 1 Satz 1 und 2 zur Verhinderung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) für die Dauer der Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite nach § 5 Abs. 1 Satz 1 IfSG insbesondere die Untersagung oder Beschränkung von Freizeitveranstaltungen und ähnlichen Veranstaltungen sein, nach Nr. 14 der Vorschrift auch die Schließung oder Beschränkung von Betrieben, Gewerben, Einzel- oder Großhandel. Ein Weihnachtsmarkt stellt eine Freizeitveranstaltung im Sinne des § 28a Abs. 1 Nr. 5 IfSG a.F. dar. Die einzelnen betroffenen Stände sind zudem Betriebe i.S.d. Nr. 14. Diese Regelungen fanden gemäß § 28a Abs. 9 IfSG a.F. auch nach Auslaufen der Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite nach § 5 Absatz 1 Satz 1 durch den Deutschen Bundestag mit Ablauf des 25. November 2021 weiterhin für Schutzmaßnahmen Anwendung, die bis zum 25. November 2021 in Kraft getreten waren. Diese Voraussetzung erfüllte die streitgegenständliche Maßnahme.

Gemäß § 28a Abs. 3 Sätze 3 bis 5 IfSG a.F. sollten u.a. Schutzmaßnahmen nach § 28a Abs. 1 Nrn. 5 und 14 IfSG a.F. unter Berücksichtigung des jeweiligen regionalen und überregionalen Infektionsgeschehens mit dem Ziel getroffen werden, eine drohende Überlastung der regionalen und überregionalen stationären Versorgung zu vermeiden. Wesentlicher Maßstab für die weitergehenden Schutzmaßnahmen war insbesondere die Anzahl der in Bezug auf die Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) in ein Krankenhaus aufgenommenen Personen je 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen. Weitere Indikatoren wie die unter infektionsepidemiologischen Aspekten differenzierte Anzahl der Neuinfektionen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 je 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen, die verfügbaren intensivmedizinischen Behandlungskapazitäten und die Anzahl der gegen die Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) geimpften Personen sollen bei der Bewertung des Infektionsgeschehens berücksichtigt werden. Gegen die angefochtene Regelung bestehen auch unter diesen Gesichtspunkten keine Bedenken. Zunächst wird auf die obigen Ausführungen zur allgemeinen Infektionslage zum Zeitpunkt des Erlasses der Verordnung verwiesen. Der Niedersächsische Verordnungsgeber hat in der Begründung zur (11.) Niedersächsischen Corona-Verordnung vertiefend ausgeführt:

"Niedersachsen liegt glücklicherweise aktuell mit der vorherrschenden 7-Tage-Inzidenz von 174,3 weit unter dem Bundesdurchschnitt von 386,5 (vgl. https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Fallzahlen.html, Stand 22. November 2021). Die Trendlinie ist aber auch hier ansteigend. Dies bestätigt auch der aktuelle 7-Tage R-Wert, also die Reproduktionszahl (Ansteckungsrate), die angibt, wie viele Menschen eine infizierte Person im Durchschnitt ansteckt. Dieser liegt im Bundesdurchschnitt bei 1,07, in Niedersachsen sogar bei 1,10 (vgl. https://www.rki.de/DE/Content/ InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Projekte_RKI/Nowcasting.html, Stand: 22. November 2021). Da der R-Wert derzeit stetig über 1 liegt, nehmen auch die Fallzahlen kontinuierlich zu. Inzwischen ist bekannt, dass es mit einem Anstieg der Infektionszahlen, hier dargestellt durch die 7-Tage-Inzidenz, zeitversetzt auch zu einem Anstieg in der Hospitalisierung von Erkrankten und im Anschluss bei den intensivpflichtig Behandelten kommt. Im Median liegen zwischen Symptombeginn und Hospitalisierung vier Tage. Laut der Daten aus dem deutschen Meldesystem wurden kumulativ ca. 10% der in Deutschland übermittelten Fälle hospitalisiert. Von den hospitalisierten Fällen werden im Median ca. einen Tag später schätzungsweise zwischen 14 - 37 Prozent intensivmedizinisch behandelt. Bisher betrug die tatsächliche Verweildauer im Krankenhaus 10,03 Tage. Das entsprach 1,5 Wochen. Nach aktuellen Bundesdaten liegt die durchschnittliche Verweildauer bei 13,9 Tagen, sprich 2 Wochen. Bei einer Intensivbehandlung mit invasiver Beatmung sind COVID-19-Patienten im Median laut RKI sogar für 18 Tage hospitalisiert (vgl. RKI, Epidemiologischer Steckbrief zu SARS-CoV-2 und COVID-19, https://www.rki.de/ DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Steckbrief, Stand: 14. Juli 2021). Der Leitindikator, wie durch § 28a Abs. 3 IfSG vorgeschrieben, ist weiterhin die "Hospitalisierung", welcher sich nach der landesweiten Zahl der Hospitalisierungsfälle mit COVID-19-Erkrankung je 100 000 Einwohnerinnen und Einwohner in den letzten sieben Tagen (7-Tage-Hospitalisierungs-Inzidenz) bestimmt. Die Warnstufen für die Sieben-Tage-Hospitalisierungs-Inzidenz wird auf den Wert 3 in Warnstufe 1, 6 für die Warnstufe 2 und 9 für die Warnstufe 3 festgelegt. Näheres ist der Begründung zu § 2 (Warnstufen) zu entnehmen. Der aktuelle Wert für den Leitindikator "Hospitalisierung" beträgt 5,6. Hier lässt sich bei mittelfristiger Betrachtung eine deutlich steigende Tendenz in Richtung des Schwellenwertes von 6 zur Warnstufe 2 erkennen (vgl. https://www.niedersachsen.de/Coronavirus/ak-tuelle_lage_in_niedersachsen/niedersachsen- und-corona-aktuelle-leitindikatoren-203487.html, Stand 22. November 2021). Ein Blick auf den Indikator "Intensivbetten" (landesweiter prozentualer Anteil der mit COVID-19-Erkrankten belegten Intensivbetten an der Intensivbettenkapazität) zeigt, dass mit Beginn des Monats November 2021 der Schwellenwert von 5 Prozent zur Warnstufe 1 überschritten wurde. Während dieser in den letzten zwei Wochen relativ stabil geblieben ist, so spiegelt sich erwartungsgemäß die steigende Anzahl der Infektionen nun auch in der prozentualen Belegung der COVID-19-Intensivbetten wieder. Der aktuelle Wert für den Indikator "Intensivbetten" beträgt 7,7 Prozent (vgl. https://www.niedersachsen.de/Coronavirus/aktuelle _lage_in_niedersachsen/niedersachsen- und-corona-aktuelle-leitindikatoren-203487.html, Stand 22. November 2021). Da es, wie zuvor dargelegt, zeitversetzt zur steigenden 7-Tage-Inzidenz auch zu einem Anstieg in der Hospitalisierung von Erkrankten und im Anschluss bei den intensivpflichtig Behandelten kommt, ist mit einer Zuspitzung der Lage in den niedersächsischen Kliniken und auf den Intensivstationen zu rechnen. Die dargestellte Entwicklung des Leitindikators sowie der weiteren Indikatoren zeigt zudem deutlich, dass sich die Bundesrepublik Deutschland und damit das Land Niedersachsen mitten in der vom RKI prognostizierten vierten Welle der COVID-19-Pandemie befindet. Das RKI beschreibt die Entwicklung der Lage im aktuellen Wochenbericht als sehr besorgniserregend. Es ist zu befürchten, dass es zu einer weiteren Zunahme schwerer Erkrankungen und Todesfälle kommen wird und die verfügbaren intensivmedizinischen Behandlungskapazitäten überschritten werden. Dies betrifft dann auch die intensivmedizinische Behandlungskapazität für schwere Erkrankungen anderer Ursache."

b) Die angegriffene 2G-Plus-Regelung stellt sich vor dem Hintergrund der damaligen Corona-Lage im Hinblick auf das Coronavirus als notwendige Schutzmaßnahme im Sinne des § 28 Abs. 1 Satz 1, § 28a Abs. 1 Nrn. 5 und 14 IfSG a.F. dar.

aa) Der Verordnungsgeber verfolgte mit den angegriffenen Verordnungsregelungen die legitimen Ziele, im Interesse des Schutzes von Leben und Gesundheit eines und einer jeden die Bevölkerung vor der Infektion mit dem SARS-CoV-2-Virus zu schützen, die Verbreitung der Krankheit COVID-19 zu verhindern und eine Überlastung des Gesundheitssystems infolge eines ungebremsten Anstiegs der Zahl von Ansteckungen, Krankheits- und Todesfällen zu vermeiden (vgl. auch § 28a Abs. 3 Satz 1 IfSG a.F.). Zur Vorbeugung einer akuten nationalen Gesundheitsnotlage sollte dort, wo Personen sich begegneten, die Wahrscheinlichkeit einer Übertragung der Krankheit COVID-19 eingedämmt werden, um das Infektionsgeschehen insgesamt zu verlangsamen und die Zahl der Neuinfektionen wieder in durch den öffentlichen Gesundheitsdienst nachverfolgbare Größenordnungen zu senken (vgl. hierzu BVerfG, Beschl. v. 19.11.2021 - 1 BvR 781/21 u.a. -, juris Rn. 174). Diese Zielrichtung wahrte die besonderen Anforderungen des § 28a Abs. 3 Satz 1 IfSG a.F. Belastbare Erkenntnisse, wonach nur geringe oder keine Gefahren für Leben und Gesundheit durch eine Infektion oder nur geringe oder keine Gefahren auch durch Überlastung des Gesundheitssystems vorlägen, waren nicht vorhanden (so ausdrücklich BVerfG, Beschl. v. 19.11.2021 - 1 BvR 781/21 u.a. -, juris Rn. 182).

bb) Zur Erreichung dieser legitimen Ziele waren die angegriffenen Verordnungsbestimmungen auch verhältnismäßig, d.h. geeignet, erforderlich und angemessen.

(1) Die 2G-Plus-Regelung für die Entgegennahme von Bewirtungsleistungen und Leistungen von Fahrgeschäften unter Geltung der Warnstufe 2 auf Weihnachtsmärkten war - eingebettet in das in der Verordnung geregelte Gesamtkonzept aus Betriebsschließungen und Kontaktbeschränkungen - zur Erreichung der Ziele geeignet.

Für die Eignung reicht es bereits aus, dass die Verordnungsregelungen den verfolgten Zweck fördern können. Bereits die Möglichkeit der Zweckerreichung genügt (vgl. zuletzt BVerwG, Urt. v. 22.11.2022 - 3 CN 1/21 -, juris Rn. 59; BVerfG, Beschl. v. 19.11.2021 - 1 BvR 781/21 u.a. -, juris Rn. 185). Eine Regelung ist erst dann nicht mehr geeignet, wenn sie die Erreichung des Gesetzeszwecks in keiner Weise fördern kann oder sich sogar gegenläufig auswirkt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 27.4.2022 - 1 BvR 2649/21 -, juris Rn. 166).

Dem Antragsgegner stand bei der Beurteilung der Eignung der in Betracht kommenden Maßnahmen ein Spielraum zu, der sich auf die Einschätzung und Bewertung der tatsächlichen Verhältnisse, auf die erforderliche Prognose und auf die Wahl der Mittel zur Erreichung der Ziele bezog (vgl. dazu bereits Senatsurt. v. 30.3.2023 - 14 LC 32/22 -, juris Rn. 47 m.w.N.). Der Beurteilung von Prognoseentscheidungen durch den Gesetzgeber legt das Bundesverfassungsgericht je nach Zusammenhang differenzierte Maßstäbe zugrunde, die von einer bloßen Evidenz- über eine Vertretbarkeitskontrolle bis hin zu einer intensivierten inhaltlichen Kontrolle reichen. Im Einzelnen maßgebend sind Faktoren wie die Eigenart des in Rede stehenden Sachbereichs, die Möglichkeiten, sich ein hinreichend sicheres Urteil zu bilden, und die Bedeutung der betroffenen Rechtsgüter. Bei schwerwiegenden Grundrechtseingriffen dürfen tatsächliche Unsicherheiten grundsätzlich nicht ohne Weiteres zulasten der Grundrechtsträger gehen. Erfolgt der Eingriff jedoch zum Schutz gewichtiger verfassungsrechtlicher Güter und ist es dem Gesetzgeber angesichts der tatsächlichen Unsicherheiten nur begrenzt möglich, sich ein hinreichend sicheres Bild zu machen, ist die verfassungsgerichtliche Prüfung auf die Vertretbarkeit der Eignungsprognose beschränkt (BVerfG, Beschl. v. 19.11.2021 - 1 BvR 781/21 u.a. -, juris Rn. 185). Liegen der gesetzlichen Regelung prognostische Entscheidungen zugrunde, kann die Eignung nicht nach der tatsächlichen späteren Entwicklung, sondern lediglich danach beurteilt werden, ob der Gesetzgeber aus seiner Sicht davon ausgehen durfte, dass die Maßnahme zur Erreichung des gesetzten Ziels geeignet, ob seine Prognose also sachgerecht und vertretbar war. Die Eignung setzt folglich nicht voraus, dass es zweifelsfreie empirische Nachweise der Wirksamkeit der Maßnahmen gibt (BVerfG, Beschl. v. 19.11.2021 - 1 BvR 781/21 u.a. -, juris Rn. 186). Allerdings kann eine zunächst verfassungskonforme Regelung später mit Wirkung für die Zukunft verfassungswidrig werden, wenn ursprüngliche Annahmen des Gesetzgebers nicht mehr tragen (BVerfG, Beschl. v. 19.11.2021 - 1 BvR 781/21 u.a. -, juris Rn. 186).

Diese Maßstäbe, die das Bundesverfassungsgericht zunächst mit Blick auf den gesetzgeberischen Entscheidungsspielraum aufgestellt hat, werden in der höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung auch auf die Exekutive angewandt (BVerwG, Urt. v. 22.11.2022 - 3 CN 1/21 -, juris Rn. 59; OVG NRW, Urt. v. 22.9.2022 - 13 D 38.20.NE -, juris Rn. 185 ff.; BremOVG, Urt. v. 19.4.2022 - 1 D 126/21 -, juris Rn. 94 m.w.N.; OVG NRW, Beschl. v. 2.3.2022 - 13 B 195/22.NE -, juris Rn. 42; SächsOVG, Urt. v. 16.12.2021 - 3 C 20/20 - juris Rn. 26 m.w.N.; ThürOVG, Beschl. v. 13.01.2022 - 3 EN 764/21 -, juris Rn. 67; vgl. auch zum Erlass von Allgemeinverfügungen: Schneider, in: Schoch/Schneider, VwVfG, Stand: 3. EL August 2022, § 24 Rn. 173). Ein exekutives Handeln auf infektionsschutzrechtlicher Grundlage in einer akuten Krisensituation bedeutet zwangsläufig oftmals ein Handeln im Ungewissen, das auf gewisse Spielräume für unterschiedliche Handlungsoptionen und Gewichtungen im Einzelfall angewiesen ist (Senatsurt. v. 30.3.2023 - 14 LC 32/22 -, juris Rn. 70; Greve, in: Sangs/Eibenstein, IfSG, 1. Aufl. 2022, Einführung B Rn. 48). Denn nur so kann die Exekutive die auch ihr vom Gesetzgeber zugewiesene Aufgabe, Gefahren für hoch- und höchstrangige Rechtsgüter durch den Ausbruch einer übertragbaren Krankheit abzuwenden oder jedenfalls einzudämmen, nachkommen (Senatsurt. v. 30.3.2023 - 14 LC 32/22 -, juris Rn. 70). Wenn eine neuartige übertragbare Krankheit auftritt, ist typisch, dass Entscheidungen jedenfalls zunächst häufig auf einer unsicheren Erkenntnislage getroffen werden müssen und es an empirischen Nachweisen für die Wirksamkeit von Infektionsschutzmaßnahmen fehlen kann. Wenn die Exekutive nicht allein deswegen verpflichtet sein soll, das Infektionsgeschehen mit den damit einhergehenden Gefahren für Leben und Gesundheit der Bevölkerung unreguliert "laufen zu lassen", ist sie darauf angewiesen, Entscheidungen über Infektionsschutzmaßnahmen auf Prognosen zu stützen. Korrespondierend mit der zunehmenden Aufklärung der Gefahrenlage durch gewonnene Erkenntnisse und wissenschaftliche Gewissheiten verengen sich dann auch die Einschätzungsspielräume (vgl. Greve, in: Sangs/Eibenstein, IfSG, 1. Aufl. 2022, Einführung B Rn. 50 m.w.N.; Senatsurt. v. 30.3.2023 - 14 LC 32/22 -, juris Rn. 70).

Gemessen an diesem Maßstab war das der 2G-Plus-Regelung zugrunde liegende Ziel der Kontaktreduzierung geeignet, das Infektionsgeschehen einzudämmen.

SARS-CoV-2 war und ist grundsätzlich sehr leicht von Mensch zu Mensch übertragbar, das galt insbesondere für die seinerzeit besonders stark zirkulierende Delta Variante und noch mehr für die seinerzeit neu aufkommende Omikron-Variante. Die Übertragung durch Tröpfchen und Aerosole spielte eine besondere Rolle. Dies galt nicht nur für Innenräume, sondern auch für Veranstaltungen im Freien. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Beschluss vom 19. November 2021 (- 1 BvR 781/21 u.a. -, juris) entschieden, dass nach den wissenschaftlichen Erkenntnissen (dazu im Einzelnen juris Rn. 193 ff.) direkte Übertragungen des Virus sowohl in Innenräumen als auch im Freien stattfinden und für die Transmission unerheblich ist, ob der Kontakt mit infektiösen Partikeln im öffentlichen oder privaten Raum stattfindet. Nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts durfte der Gesetzgeber deshalb vertretbar annehmen, dass jede Einschränkung von Zusammenkünften von Menschen im öffentlichen oder privaten Raum einen wesentlichen Beitrag zur Eindämmung von Virusübertragungen leisten kann und demnach zum Lebens- und Gesundheitsschutz geeignet ist (juris Rn. 196). Diese Erwägung gilt auch für die hier streitgegenständliche Verordnungsregelung.

Soweit die 2G-Plus-Regelung zugunsten von Geimpften und Genesenen von einer ausnahmslosen Kontaktreduzierung absah, stellt dies nicht die Eignung der Maßnahme in Frage. Wie vorstehend ausgeführt, zeigte die Entwicklung der Infektionszahlen - insbesondere aber auch der Erkrankungszahlen -, deutliche Unterschiede von Geimpften bzw. Genesenen zu Nichtgeimpften bzw. Nichtgenesenen auf, was eine Differenzierung rechtfertigt und das grundsätzliche Ziel, einen geeigneten Infektionsschutz zu erreichen, nicht in Frage stellt. Das Robert Koch-Institut schätzte die Gefährdung durch COVID-19 für die Gesundheit der nicht oder nur einmal geimpften Bevölkerung in Deutschland insgesamt als sehr hoch ein. Für vollständig Geimpfte wurde die Gefährdung lediglich als (noch) moderat eingeschätzt (vgl. z.B. den Wochenbericht vom 2. Dezember 2021 S. 4: https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/Wochenbericht/Wochenbericht_2021-12-02.pdf?__blob=publicationFile).

Diese Öffnung durch das Erfordernis einer Testung wiederum einzuschränken, war durchaus eine geeignete Maßnahme, um einen weiteren Infektionsschutz zu erzielen. Untersuchungen deuteten darauf hin, dass die Impfung zwar auch das Risiko einer Übertragung reduzierte, diese aber nicht durchgängig verhinderte (vgl. z.B. den Wochenbericht vom 2. Dezember 2021 S. 3, 4: https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/Wochenbericht/Wochenbericht_2021-12-02.pdf?__blob=publicationFile). Ausgehend davon, dass SARS-CoV-2 sich überall dort verbreitete, wo Menschen zusammenkamen und Häufungen oft in Anknüpfung an Aktivitäten in Privathaushalten und in der Freizeit dokumentiert wurden, war die Einschätzung des Verordnungsgebers nicht zu beanstanden, für solche besonders gefährdeten Aufenthaltsorte und Situationen weitergehende Schutzmaßnahmen - wie eine zusätzliche Testung - anzuordnen.

(2) Die in § 11b Abs. 7 Satz 1 HS 2 der Niedersächsischen Corona-Verordnung angeordnete 2G-Plus-Regelung war auch erforderlich. Gegenüber der Beschränkung in ihrer Eingriffsintensität mildere, zur Zielerreichung in der damaligen Situation aber gleich geeignete Maßnahmen sind nach Auffassung des Senats nicht ersichtlich.

Grundrechtseingriffe dürfen nicht weitergehen, als es der Schutz des Gemeinwohls erfordert. Daran fehlt es, wenn ein gleich wirksames Mittel zur Erreichung des Gemeinwohlziels zur Verfügung steht, das die Grundrechtsträgerinnen und -träger weniger sowie Dritte und die Allgemeinheit nicht stärker belastet. Die sachliche Gleichwertigkeit der alternativen Maßnahmen zur Zweckerreichung muss dafür allerdings in jeder Hinsicht eindeutig feststehen (stRspr, vgl. BVerfG, Beschl. v. 19.11.2021 - 1 BvR 781/21 u.a. -, juris Rn. 203 ff.; BVerwG, Urt. v. 22.11.2022 - 3 CN 2.21 -, juris Rn. 15).

Bei der Beurteilung der Erforderlichkeit von Maßnahmen zum Schutz vor COVID-19 hatte der Verordnungsgeber angesichts der fehlenden Erfahrungen mit dem SARS-CoV-2-Virus und den Wirkungen von Schutzmaßnahmen einen tatsächlichen Einschätzungsspielraum, der sich darauf bezog, die Wirkung der von ihm gewählten Maßnahmen im Vergleich zu anderen, weniger belastenden Maßnahmen zu prognostizieren (vgl. BVerfG, Beschl. v. 19.11.2021 - 1 BvR 781/21 u.a. -, juris Rn. 204; BVerwG, Urt. v. 22.11.2022 - 3 CN 2.21 -, juris Rn. 17). Der Spielraum kann sich wegen des betroffenen Grundrechts und der Intensität des Eingriffs verengen. Umgekehrt reicht er umso weiter, je höher die Komplexität der zu regelnden Materie ist. Auch hier gilt, dass bei schwerwiegenden Grundrechtseingriffen tatsächliche Unsicherheiten grundsätzlich nicht ohne weiteres zulasten der Grundrechtsträger gehen dürfen. Dient der Eingriff dem Schutz gewichtiger verfassungsrechtlicher Güter und ist es dem Gesetzgeber angesichts der tatsächlichen Unsicherheiten nur begrenzt möglich, sich ein hinreichend sicheres Bild zu machen, ist die gerichtliche Prüfung auf die Vertretbarkeit der gesetzgeberischen Eignungsprognose beschränkt (vgl. Senatsurt. v. 17.8.2023 - 14 KN 48/22 -, juris Rn. 148 m.w.N.).

Weder die ohne festgestellte Warnstufe anzuwendende 3G-Regelung (vgl. § 11b Abs. 5 Satz 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung) noch die nach Feststellung der Warnstufe 1 anzuwendende 2G-Regelung (§ 11b Abs. 7 Satz 1 HS 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung) wären zur Erreichung der Ziele gleich wirksam wie die 2G-Plus-Regelung gewesen. Die 2G-Plus-Regelung war gerade darauf gerichtet, in Zeiten eines erheblichen Infektionsgeschehens mit hohen Inzidenzwerten Kontakte ganz zu vermeiden oder, um sie überhaupt zu ermöglichen, dies auf einem möglichst hohen Schutzniveau zu gewährleisten. Die Anwendung der 3G- oder der 2G-Regelung wäre jeweils hinter dem Schutzniveau bei zusätzlich erforderlicher Testung zurückgeblieben. Zusätzliche Schutzmaßnahmen wären als mildere Mittel ebenfalls nicht in Betracht gekommen. So war wegen des Verzehrs von Speisen und Getränke das konsequente Tragen einer qualifizierten Gesichtsmaske auf dem Weihnachtsmarkt nicht möglich und angesichts der engen räumlichen Verhältnisse konnte auch der Mindestabstand von 1,5 m (§ 1 Abs. 2 der Niedersächsischen Corona-Verordnung) nicht durchweg eingehalten werden.

(3) Die streitgegenständliche Regelung war auch angemessen.

Die Angemessenheit erfordert, dass der mit der Maßnahme verfolgte Zweck und die zu erwartende Zweckerreichung nicht außer Verhältnis zu der Schwere des Eingriffs stehen (BVerfG, Beschl. v. 19.11.2021 - 1 BvR 781/21 u.a. -, juris Rn. 216; BremOVG, Urt. v. 23.3.2022 - 1 D 349/20 -, juris Rn. 85; BVerwG, Urt. v. 22.11.2022 - 3 CN 2.21 -, juris Rn. 28; Senatsurt. v. 30.3.2023 - 14 LC 32/22 -, juris Rn. 75). Es ist Aufgabe des Normgebers, in einer Abwägung Reichweite und Gewicht des Eingriffs in Grundrechte einerseits der Bedeutung der Regelung für die Erreichung legitimer Ziele andererseits gegenüberzustellen. Um dem Übermaßverbot zu genügen, müssen hierbei die Interessen des Gemeinwohls umso gewichtiger sein, je empfindlicher die Einzelnen in ihrer Freiheit beeinträchtigt werden (BVerfG, Beschl. v. 19.11.2021 - 1 BvR 781/21 u.a. -, juris Rn. 216; Senatsurt. v. 30.3.2023 - 14 LC 32/22 -, juris Rn. 75). Umgekehrt wird gesetzgeberisches Handeln umso dringlicher, je größer die Nachteile und Gefahren sind, die bei gänzlich freier Grundrechtsausübung erwachsen können. Auch bei der Prüfung der Angemessenheit besteht grundsätzlich ein Einschätzungsspielraum des Normgebers. Die verfassungsrechtliche Prüfung bezieht sich dann darauf, ob dieser seinen Einschätzungsspielraum in vertretbarer Weise gehandhabt hat. Bei der Kontrolle prognostischer Entscheidungen setzt dies wiederum voraus, dass die Prognose des Normgebers auf einer hinreichend gesicherten Grundlage beruht (BVerfG, Beschl. v. 19.11.2021 - 1 BvR 781/21 u.a. -, juris Rn. 216; ThürOVG, Beschl. v. 10.1.2022 - 3 EN 801/21 -, juris Rn. 57; OVG NRW, Beschl. v. 21.2.2022 - 13 B 232/22.NE -, juris Rn. 123 m.w.N.).

Der Vortrag des Antragstellers zeigt nicht auf, dass das von ihm angegriffene Erfordernis der zusätzlichen Testung offensichtlich außer Verhältnis zu der Schwere des Eingriffs steht. Dies vermag der Senat auch im Übrigen nicht zu erkennen. Die Maßnahme hat zwar zu weiteren Grundrechtseinschränkungen geführt, vorrangig in Bezug auf das Grundrecht der Berufsfreiheit der Schausteller (Art. 12 Abs. 1 GG), aber auch der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) von Besuchern von Weihnachtsmärkten. Diese Rechte - wie auch andere Grundrechtspositionen - werden jedoch nicht unbeschränkt gewährt, sondern unterliegen einem Gesetzesvorbehalt. Dass den hier betroffenen Grundrechten im Ergebnis ein unbedingter Vorrang gegenüber dem mit der Verordnung bezweckten Schutz von Leib und Leben (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) gebührt, ist nicht festzustellen. Die Berufsausübung und die existenzsichernde Erzielung von Einnahmen in einem Bereich von gefahrerhöhender Tätigkeit hatten vorübergehend gegenüber der Durchsetzung überragend gewichtiger Gemeinwohlbelange zurückzustehen.

Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass dem Antragsteller und anderen Schaustellern ihre Geschäftstätigkeit nicht vollständig entzogen war, sondern sie lediglich Bewirtungsleistungen und Leistungen von Fahrgeschäften nur gegenüber Personen erbringen durften, die geimpft oder genesen waren und zusätzlich einen Testnachweis erbringen konnten.

Überdies zeigt der Vortrag des Antragstellers auch nicht auf, inwieweit ihm staatliche Hilfsangebote aus Programmen des Bundes und der Länder zur wirtschaftlichen Bewältigung der Pandemiefolgen, wie etwa die erweiterten Möglichkeiten der Gewährung von Kurzarbeitergeld, der Aussetzung von Insolvenzverfahren und von branchenspezifischen Hilfsprogrammen, zugänglich waren (zur Relevanz dieses Gesichtspunktes: BVerfG, Beschl. v. 23.3.2022 - 1 BvR 1295/21 -, juris Rn. 28; Senatsurt. v. 30.3.2023 - 14 LC 32/22 -, juris Rn. 76).

cc) Schließlich liegt ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG nicht vor.

Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet dem Normgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (vgl. BVerfG, Beschl. v. 7.2.2012 - 1 BvL 14/07 -, juris Rn. 40; Beschl. v. 15.7.1998 - 1 BvR 1554/89 u. a. -, juris Rn. 63; BremOVG, Urt. v. 23.3.2022 - 1 D 349/20 -, juris Rn. 90; NdsOVG, Beschl. v. 4.3.2021 - 13 MN 81/21 -, V.n.b. sowie Senatsurt. v. 30.3.2023 - 14 LC 32/22 -, juris Rn. 78). Es sind nicht jegliche Differenzierungen verwehrt, allerdings bedürfen sie der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen reichen die Grenzen für die Normsetzung vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse. Insoweit gilt ein stufenloser, am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 18.7.2012 - 1 BvL 16/11 -, juris Rn. 30; Beschl. v. 21.6.2011 - 1 BvR 2035/07 -, juris Rn. 65; Beschl. v. 21.7.2010 - 1 BvR 611/07 u. a. -, juris Rn. 79; Senatsurt. v. 30.3.2023 - 14 LC 32/22 -, juris Rn. 78; BremOVG, Urt. v. 23.3.2022 - 1 D 349/20 -, juris Rn. 90; NdsOVG, Beschl. v. 4.3.2021 - 13 MN 81/21 -, V.n.b.).

Bei der Regelung eines dynamischen Infektionsgeschehens und der Notwendigkeit, schnelle, effektive Entscheidungen in einer sich ständig verändernden Lage zur Gefahrenabwehr zu treffen, sind die sich aus dem Gleichheitssatz ergebenden Grenzen für die Infektionsschutzbehörde grundsätzlich weniger streng (zum Maßstab NdsOVG, Beschl. v. 14.05.2020 - 13 MN 156/20 -, juris Rn. 35 sowie Senatsurt. v. 30.3.2023 - 14 LC 32/22 -, juris Rn. 79; OVG B-Stadt-Brandenburg, Beschl. v. 17.4.2020 - OVG 11 S 22/20 -, juris Rn. 25). Auch kann die strikte Beachtung des Gebots innerer Folgerichtigkeit nicht eingefordert werden (vgl. NdsOVG, Beschl. v. 14.05.2020 - 13 MN 156/20 -, juris Rn. 37, Beschl. v. 4.3.2021 - 13 MN 81/21 -, V.n.b., m.w.N. sowie Senatsurt. v. 30.3.2023 - 14 LC 32/22 -, juris Rn. 79; BremOVG, Beschl. v. 4.1.2022 - 1 B 479/21 -, juris Rn. 54 sowie Urt. v. 23.3.2022 - 1 D 349/20 -, juris Rn. 91; OVG MV, Beschl. v. 24.3.2021 - 2 KM 120/21 -, juris Rn. 59; HambOVG, Beschl. v. 26.3.2020 - 5 Bs 48/20 -, juris Rn. 13; OVG LSA, Beschl. v. 22.3.2021 - 3 R 22/21 -, juris Rn. 78). Für die Rechtsbereiche der Gefahrenabwehr - wie das Infektionsschutzrecht - ist zu berücksichtigen, dass die Verwaltung ihre Entscheidungen hier oftmals - wie in der vorliegenden Krisensituation - unter Zeitdruck und unter Bedingungen einer sich ständig verändernden Lage zu treffen hat. Dem Einschätzungsspielraum hinsichtlich der zu ergreifenden Maßnahmen wohnen notwendigerweise Pauschalierungen, Typisierungen und Generalisierungen inne. In diesem Zusammenhang sind auch Unebenheiten, Friktionen und Mängel sowie gewisse Benachteiligungen in besonders gelagerten Einzelfällen, die sich im Zusammenhang mit Differenzierungen zwangsläufig ergeben, hinzunehmen, solange sich für das insgesamt gefundene Regelungsergebnis ein plausibler, sachlich vertretbarer Grund anführen lässt (vgl. NdsOVG, Senatsurt. v. 30.3.2023 - 14 LC 32/22 -, juris Rn. 79; Greve, in: Sangs/Eibenstein, IfSG, 1. Aufl. 2022, Einführung B Rn. 52). Zudem ist die sachliche Rechtfertigung nicht allein anhand des infektionsschutzrechtlichen Gefahrengrades der betroffenen Tätigkeit zu beurteilen, vielmehr sind auch alle sonstigen relevanten Belange zu berücksichtigen, etwa auch öffentliche Interessen an der uneingeschränkten Aufrechterhaltung bestimmter unternehmerischer Tätigkeiten (so BremOVG, Beschl. v. 4.1.2022 - 1 B 479/21 -, juris Rn. 54; BremOVG, Urt. v. 23.3.2022 - 1 D 349/20 -, juris Rn. 91; NdsOVG, Beschl. v. 4.3.2021 - 13 MN 81/21 -, V.n.b., m.w.N.).

Der aus Art. 3 Abs. 1 GG folgende Gestaltungsspielraum ist für die Exekutive enger als für die Legislative. Für diese besteht ein solcher von vornherein nur in dem von der gesetzlichen Ermächtigungsnorm abgesteckten Rahmen. Die Exekutive darf keine Differenzierungen vornehmen, die über die Grenzen einer formell und materiell verfassungsmäßigen Ermächtigung hinaus eine Korrektur der Entscheidungen des Gesetzgebers bedeuten würden. In diesem Rahmen muss sie nach dem Gleichheitssatz im wohlverstandenen Sinn der ihr erteilten Ermächtigung handeln und hat sich von sachfremden Erwägungen freizuhalten (BVerfG, Beschl. v. 26.2.1985 - 2 BvL 17/83 -, juris Rn. 39 m.w.N.; Senatsurt. v. 30.3.2023 - 14 LC 32/22 -, juris Rn. 80; OVG NRW, Urt. v. 22.9.2022 - 13 D 38/20.NE -, juris Rn. 332). Sie muss daher den Zweckerwägungen folgen, die im ermächtigenden Gesetz angelegt sind. Gesetzlich vorgegebene Ziele darf sie weder ignorieren noch korrigieren (VGH BW, Urt. v. 2.6.2022 - 1 S 1079/20 -, juris Rn. 270 m.w.N.; NdsOVG, Senatsurt. v. 30.3.2023 - 14 LC 32/22 -, juris Rn. 80).

Für die gleichheitsbezogene Abwägungsrelation im Hinblick auf den Schutz von Leben und Gesundheit sowie die Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems einerseits und den einzelnen sozialen, gesellschaftlichen oder wirtschaftlichen Belangen andererseits hat der Gesetzgeber durch die Schaffung des § 28a Abs. 6 IfSG a.F. verdeutlicht, dass die Exekutive auch abstrakte Prioritätsentscheidungen treffen darf: Einzelne soziale, gesellschaftliche oder wirtschaftliche Bereiche, die für die Allgemeinheit von besonderer Bedeutung sind, können von den Schutzmaßnahmen ausgenommen werden, soweit ihre Einbeziehung zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 nicht zwingend erforderlich ist, § 28a Abs. 6 Satz 3 IfSG a.F. Die kohärente Ausgestaltung von konkreten Prioritätsentscheidungen wird weiterhin durch den allgemeinen Gleichheitssatz angeleitet (vgl. Kersten/Rixen, Der Verfassungsstaat in der Corona-Krise, 3. Auflage 2022, S. 173 f.).

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe liegt ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz weder darin, dass für Sitzungen, Zusammenkünfte und Veranstaltungen (vgl. § 10 der Niedersächsischen Corona-Verordnung) sowie Großveranstaltungen (§ 11 der Niedersächsischen Corona-Verordnung) unter freiem Himmel bzw. Messen (§ 11a der Niedersächsischen Corona-Verordnung) grundsätzlich keine 2G-Plus-Regelung normiert war (1) noch darin, dass für Zusammentreffen von Personen in geschlossenen Räumen teilweise eine 2G-Plus-Regelung vorgesehen war (2).

(1) Weihnachtsmärkte einerseits und Sitzungen, Zusammenkünfte und Veranstaltungen sowie Großveranstaltungen unter freiem Himmel andererseits waren aus infektionsschutzrechtlicher Sicht bereits keine vergleichbare Gruppe i.S.d. Art. 3 Abs. 1 GG. Jedenfalls aber war die Ungleichbehandlung hinsichtlich der 2G-Plus-Regelung während der Geltung der Warnstufe 2 gerechtfertigt.

Weihnachtsmärkte unterscheiden sich bei generalisierender Betrachtung auch unter infektiologischen Gesichtspunkten erheblich von Sitzungen, Zusammenkünften und Veranstaltungen. Ein Weihnachtsmarkt hat einen besonderen Festcharakter und ist von einer hohen Mobilität der besonders zahlreichen Besucher sowohl durch An- und Abfahrten als auch durch schnell wechselndes Publikum - insbesondere auch viele Touristen - gekennzeichnet. Ein Schwerpunkt beim Besuch eines Weihnachtsmarktes ist zudem der gemeinsame, enthemmende Alkoholkonsum auf besonders engem Raum. Aufgrund der beschriebenen besonderen Enge und Nähe sowie der großen Zahl an wechselnden Besucher mit hoher Mobilität ist es nicht zu beanstanden, dass der Antragsgegner davon ausgegangen ist, dass Weihnachtsmärkte, obwohl sie unter freiem Himmel stattfinden, eine besonders infektionsanfällige Situation darstellten. Der Antragsgegner hat zudem nachvollziehbar dargelegt, dass Sitzungen, Zusammenkünfte und (Groß-)Veranstaltungen anderen Schutzmaßnahmen unterlagen, die deren besonderen Charakter jeweils Rechnung trugen. So hätten diese Zusammentreffen zunächst auf Antrag von der zuständigen Behörde genehmigt werden müssen, die dabei einen strengen Maßstab angelegt habe. Zudem seien bei Warnstufe 2 insbesondere Maßnahmen wie eine Reduzierung der Teilnehmerzahl im Vergleich zu den freien Plätzen, ein Abstandsgebot, eine Maskenpflicht und insbesondere eine Aufnahme der Kontaktdaten der Teilnehmerinnen und Teilnehmer vorgeschrieben gewesen. Diese Maßnahmen seien bei Weihnachtsmärkten bereits nicht realisierbar bzw. nicht effektiv gewesen. Der Antragsgegner hat weiter zutreffend darauf hingewiesen, dass es auch für Messen Beschränkungen gab; so galt bei Warnstufe 2 entweder die 2G-Plus-Regelung oder eine Begrenzung der Teilnehmerzahl auf 50% der Personenkapazität (vgl. § 11a Abs. 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung). Zudem galt eine Maskenpflicht.

(2) Es verstößt auch nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG, dass eine 2G-Plus Regelung während der Geltung der Warnstufe 2 einerseits für Weihnachtsmärkte und andererseits für eine Reihe von Zusammentreffen innerhalb geschlossener Räume galt. Dies stellt keine verfassungswidrige Gleichbehandlung von Wesentlich Ungleichem dar. Das Bundesverfassungsgericht hat - wie bereits ausgeführt - in seinem Beschluss vom 19. November 2021 (1 BvR 781/21 u.a. -, juris) darauf verwiesen, dass nach den wissenschaftlichen Erkenntnissen (dazu im Einzelnen juris Rn. 193 ff.) direkte Übertragungen des Virus sowohl in Innenräumen als auch im Freien stattfinden. Auch wenn eine Übertragung des Virus in geschlossenen Räumen leichter möglich ist, lassen es gerade die beschriebenen Besonderheiten bei Weihnachtsmärkten als gerechtfertigt erscheinen, sich bei den infektionsschutzrechtlichen Maßnahmen insoweit an Zusammentreffen in geschlossenen Räumen zu orientieren. Die Maßnahmen, die eine Übertragung des Virus erschweren, greifen sowohl in Innenräumen wie auch im Freien.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

IV. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10 ZPO (in analoger Anwendung, vgl. Senatsurt. v. 16.2.2023 - 14 KN 41/22 -, juris Rn. 135 m.w.N.), § 711 ZPO.

V. Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.