Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 16.11.2023, Az.: 1 KN 139/21

Klage eines Grundstückseigentümers außerhalb des Plangebiets gegen eines Bebauungsplans; Anstoßfunktion der Bekanntmachung nach § 3 Abs. 2 Satz 2 BauGB

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
16.11.2023
Aktenzeichen
1 KN 139/21
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2023, 47731
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2023:1116.1KN139.21.00

Fundstelle

  • NVwZ-RR 2024, 674-678

Amtlicher Leitsatz

Die Bekanntmachung nach § 3 Abs. 2 Satz 2 BauGB hat nur dann eine ausreichende Anstoßfunktion, wenn sie - auch hinsichtlich der Lage des Plangebiets - in hinreichendem Umfang Aufschluss über das Planungsvorhaben gibt. Unklarheiten bezüglich der Lokalisation des Plangebiets bzw. einem seiner Teile, die zu Fehleinschätzungen bezüglich der von der Planung ausgelösten Betroffenheiten führen können, gehen zu Lasten der planenden Gemeinde.

Tenor:

Der vom Rat der Antragsgegnerin am 19. Mai 2020 als Satzung beschlossene Bebauungsplan mit örtlicher Bauvorschrift AP 23 "Feldstraße-Süd", 1. Bauabschnitt, wird für unwirksam erklärt.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Antragsgegnerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Antragsteller zuvor Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Antragsteller wendet sich als Grundstückseigentümer außerhalb des Plangebiets gegen den Bebauungsplan "Feldstraße-Süd", 1. Bauabschnitt, AP 23. Er befürchtet insbesondere eine Zunahme von Verkehrslärm sowie die Gefahr von Überschwemmungen.

Der Antragsteller ist Eigentümer des mit einer Doppelhaushälfte bebauten und südlich an die Straße Kälberwiese angrenzenden Grundstücks mit der postalischen Adresse A-Straße (Flurstück F., G. der Gemarkung Altpetritor) im Stadtgebiet der Antragsgegnerin. Südlich seines Grundstücks verläuft - getrennt durch eine im Eigentum der Antragsgegnerin stehende, ca. 20 m tiefe Grünfläche - die Schölke (Fließrichtung nach Nordosten). In diese mündet ca. 53 m südwestlich des Antragstellergrundstücks die von Westen kommende Kleine Mittelriede. Beides sind Gewässer III. Ordnung. Östlich schließt sich an das Antragstellergrundstück eine weitere Grünfläche ("Bolzplatz") an. Sämtliche Flächen liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplans AP 9 (in Kraft getreten am 28.9.1965), der für das Antragstellergrundstück ein Allgemeines Wohngebiet festsetzt. In die in West-Ost-Richtung verlaufende Kälberwiese mündet gut 50 m östlich die von Norden kommende Straße Sommerlust. Ca. 300 m östlich vom Antragstellergrundstück kreuzt die Kälberwiese den hier vierspurigen Sackring. Westlich des Antragstellergrundstücks befindet sich in ca. 260 m Entfernung die Kreuzung Feldstraße/Kälberwiese und gut 600 m entfernt verläuft die A 391.

Bei dem insgesamt gut 200 m südöstlich des Antragstellergrundstücks gelegenen ca. 7,3 ha großen Geltungsbereich A der angegriffenen Planung handelt es sich um die ehemalige Bezirkssportanlage "Kälberwiese". Diese Nutzung wurde mit dem Aufstellungsbeschluss für den streitgegenständlichen Bebauungsplan am 24. Juni 2014 aufgehoben. Ziel der Planung ist es, im westlichen Ringgebiet, das verkehrlich gut an die Innenstadt und die umliegenden Stadtgebiete angeschlossen ist, innenstadtnahen Wohnraum mit guter Infrastruktur zu schaffen. Der Ausgestaltung des Geltungsbereichs A liegt der Siegerentwurf eines städtebaulichen Ideenwettbewerbs aus dem Jahr 2015, der 500 Einheiten im Geschosswohnungsbau vorsieht, zugrunde. Im Zuge der Planung wurden eine Verkehrsuntersuchung (aus März 2019), ein schalltechnisches Gutachten (vom 5.11.2019) sowie zwei Gutachten "zur Klärung der Rahmenbedingungen, Prognosen und ggf. erforderlichen Maßnahmen in Bezug auf die Entsorgung von Niederschlagswasser, Überschwemmungsgebiete und den allgemeinen Hochwasserschutz" (aus Februar 2018 mit Ergänzung aus Dezember 2018) erstellt. Im Plangebiet befinden sich zwei Gewässer III. Ordnung (Schölkegraben im Süden, Entwässerungsgraben zwischen den Grünflächen 2 und 3 im Osten). Unmittelbar nördlich des Plangebiets verläuft die Kleine Mittelriede (Fließrichtung West-Ost). Im Nordosten grenzt an das Plangebiet eine bereits als Regenrückhaltebecken ausgestaltete Fläche an.

Im Zuge der Planung wurde entschieden, das Gebiet in zwei Bauabschnitten zu entwickeln. Die streitgegenständliche Planung umfasst den 1. Bauabschnitt, der im Geltungsbereich A entstehen soll. Hier weist der Plan in der nordwestlichen Ecke angrenzend an die nördlich bereits vorhandene Bebauung westlich der Feldstraße eine Fläche für eine Kindertagesstätte aus. In dem im faktischen Überschwemmungsgebiet gelegenen, direkt an die Feldstraße angrenzenden nordöstlichen Bereich (mit "A" gekennzeichnete Fläche) ist die Errichtung von Nebenanlagen nicht zulässig ist (TF V 1.3). In den weiter südlich ausgewiesenen Allgemeinen Wohngebieten (WA 1.1-1.4, 2.1-2.3, 3) sollen insgesamt 320 Wohneinheiten in 3-4-stöckigen Gebäuden mit einer maximalen Gebäudehöhe von 14 m und einer Grundflächenzahl von 0,4 (WA 2), 0,5 (WA 1) bzw. 1,0 (WA 3) in abweichender Bauweise (Vorgaben zur Gebäudelänge TF IV 1.1-1.4) entstehen. Der 2. Bauabschnitt - bestehend aus der aus dem Geltungsbereich A ausgenommenen innenliegenden Fläche sowie einer nördlich angrenzenden Fläche östlich der Feldstraße - bleibt einer späteren Planung vorbehalten. Nördlich und östlich der vorgesehenen Kindertagesstätte sowie ganz im Osten sind im Geltungsbereich A Flächen für den Hochwasserschutz (Grünflächen 5, 6 und 8) und für ein Regenrückhaltebecken (Grünfläche 4) festgesetzt. Die verkehrliche Anbindung des Plangebiets soll nach Norden über die Feldstraße und nach Süden in Verbindung mit der im Bebauungsplan HO 54 "An der Schölke-Neu" vorgesehenen Planstraße 4 über die Kreuzstraße (Einmündung ggü. der Kleinen Kreuzstraße) erfolgen (= Variante 1 b) der gutachterlich untersuchten Anbindungsoptionen, Verkehrsgutachten S. 16 ff.). Naturschutzrechtliche Ausgleichsmaßnahmen werden in den näher bezeichneten Geltungsbereichen B und C festgesetzt (vgl. TF VII 1. und 2.).

Nach verschiedenen Änderungen des ersten Planentwurfs wurde der Auslegungsbeschluss vom 10. Dezember 2019 gemeinsam mit der unter demselben Datum beschlossenen 123. Änderung des Flächennutzungsplans der Antragsgegnerin am 20. Dezember 2019 in der A-Stadter Zeitung mit folgendem Text bekannt gemacht (Hervorhebungen im Original):

"Der Verwaltungsausschuss der Stadt Braunschweig hat in seiner Sitzung am 10. Dezember 2019 folgende Beschlüsse gefasst:

1. 123. Änderung des Flächennutzungsplans der Stadt Braunschweig "Feldstraße"

Stadtgebiet zwischen Feldstraße, Kleine Mittelriede und Schölke

Auslegungsbeschluss.

Bebauungsplan mit örtlicher Bauvorschrift "Feldstraße-Süd",

2. 1. Bauabschnitt AP 23 Stadtgebiet zwischen Feldstraße und Schölke-(Geltungsbereich A); Gemarkung Ölper, Flur 4, Flurstücke 402/15 und 403/4 (Geltungsbereich B) und Gemarkung Querum, Flur 4, Flurstück 64/8 (Geltungsbereich C)

Auslegungsbeschluss"

Unterhalb des Textes befanden sich drei Karten, von denen die größere im Zentrum die ehemalige Bezirkssportanlage abbildet. Um diese herum ist ein größerer Bereich mit einer gestrichelten Linie abgegrenzt, die im Westen und Osten nicht gerade verläuft, sondern zahlreiche Versprünge aufweist. Im Süden reicht dieser Bereich an die dort vorhandene Bebauung und im Osten an die Schölke heran. Im Westen zeichnet die gestrichelte Linie die Grenze der ehemaligen Bezirksportanlage nach, um dann weiter nördlich - nach Westen verspringend - einen Teil der Feldstraße einzubeziehen, bevor die Linie dann westlich der Feldstraße an der Kleinen Mittelriede endet. Diese bildet die nördliche Grenze. Innerhalb dieses Bereichs ist ungefähr mittig ein weiterer, deutlich kleinerer Bereich mit weitgehend gerade verlaufenden, ebenfalls gestrichelten Linien abgegrenzt. Textlich sind weder der Kartenausschnitt noch die beiden Bereiche bezeichnet. Die beiden darunter befindlichen Karten stellen laut der textlichen Bezeichnung die Geltungsbereiche B und C dar. Zusätzlich zu der Bezeichnung der jeweils umfassten Flurstücke sind die beiden Bereiche durch gestrichelte Linien eingezeichnet. Südwestlich des Geltungsbereichs B ist eine markante Wegschleife zu sehen. Südlich des Geltungsbereichs C ist ein Fließgewässer eingezeichnet. Zudem lässt sich der Schriftzug "Gieseberg" und mit etwas Ortskenntnis der Schriftzug "Borwall" entziffern. Unterhalb der Karten findet sich vor den Modalitäten und Hinweisen zur Auslegung folgender Text:

"Ziel der Planung ist die Entwicklung eines Wohngebietes.

Die Geltungsbereiche zu Ziff. 1 und 2 sind in dem Kartenausschnitt annähernd dargestellt."

Die im Zeitraum vom 3. Januar bis 3. Februar 2020 eingegangenen Stellungnahmen behandelte der Rat der Antragsgegnerin in seiner Sitzung am 19. Mai 2020 und beschloss den Bebauungsplan als Satzung. Der Satzungsbeschluss wurde am 23. September 2020 im Amtsblatt der Antragsgegnerin veröffentlicht.

Der Antragsteller hat seinen am 22. September 2021 gestellten und der Antragsgegnerin an diesem Tag per Fax übersandten Normenkontrollantrag wie folgt begründet: Seine Antragsbefugnis ergebe sich aus den abwägungserheblichen Belangen des Hochwasserschutzes - hierzu verweist er insbesondere auf die Überschwemmung seines Grundstücks anlässlich des Augusthochwassers 2002 und ein Starkregenereignis im Sommer 2020 -, des Lärmschutzes sowie des Verkehrs und der Erschließung. Selbst bei der der Planung zugrundeliegenden Erschließungsvariante, in der lediglich der kleinere Teil des Verkehrs über die Kälberwiese und damit an seinem Grundstück vorbeigeführt werde, überschreite die Zunahme des Verkehrslärms die Bagatellschwelle und sei auch noch von dem übrigen Verkehr unterscheidbar. Zudem unterschätze das Gutachten den durch die zugelassenen gewerblichen Nutzungen bedingten Verkehr. Sein Grundstück in der bisher geschlossenen Siedlung "Kälberwiese" werde erstmals Durchgangsverkehr ausgesetzt, da die Kälberwiese der nördlichen Erschließung des Plangebiets dienen solle. Hinzu komme, dass es an dem für die Erschließung von Süden her erforderlichen Bebauungsplan HO 54 "An der Schölke-Neu" fehle. Die der Planung zugrunde gelegte Fassung sei im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses angefochten gewesen und wenige Monate später für unwirksam erklärt worden. Auch gegen die nachfolgende Fassung (bekannt gemacht am 21.7.2022) sei ein Normenkontrollverfahren anhängig. Die geplante Erschließungsvariante sei damit nicht gesichert. Zu einer alleinigen Erschließung des Geltungsbereichs A nach Norden hin, die eine deutlich stärkere Belastung des Antragstellergrundstücks nach sich zöge, verhalte sich die Planung nicht. Abgesehen davon, dass die erforderlichen Grundstücke - entgegen der Aussage der Antragsgegnerin - auch nicht in deren Eigentum stünden, erfordere auch der isolierte Bau der südlichen Anbindungsstraße eine Planung, an der es fehle.

Der Bebauungsplan leide unter formalrechtlichen Fehlern. Insbesondere erfülle die Auslegungsbekanntmachung vom 20. Dezember 2019 die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 BauGB nicht. Es fehle an der eindeutigen Bezeichnung des Geltungsbereichs A. In Kombination mit der gleichzeitig bekannt gemachten 123. Änderung des Flächennutzungsplans sei nicht erkennbar, dass der größere auf der unbezeichneten Karte eingezeichnete Bereich den Geltungsbereich A darstelle. Insoweit helfe auch nicht die verbale Beschreibung (FNP: "Stadtgebiet zwischen Feldstraße, Kleine Mittelriede und Schölke; Geltungsbereich A: "Stadtgebiet zwischen Feldstraße und Schölke") weiter. Zudem führe der in diesem Bereich durch eine gestrichelte Linie ausgenommene, aber nicht als solcher bezeichnete 2. Bauabschnitt zu weiteren Unklarheiten. Einen Hinweis, wo ggf. vertiefende Informationen über den Geltungsbereich A zu erlangen seien, enthalte die Bekanntmachung nicht. Auch die Bezeichnung der Geltungsbereiche B und C durch die Angabe der jeweiligen Flurstücksbezeichnungen sei nicht sachgerecht. Der Name der Gemarkung sei nicht zwingend mit dem des Ortes, in dem sich das Flurstück befände, identisch. Es fehle auf den Karten an eindeutigen verbalen Bezeichnungen (z.B. "BAB 391", "Schunter"); die Bezeichnung "Giersberg" in der Karte zum Geltungsbereich C sei nicht hinreichend. Unterlassen worden sei auch die Angabe, dass sich der Geltungsbereich C in einem festgesetzten Überschwemmungsgebiet der Schunter befinde.

Der Plan leide auch an materiellen Fehlern. Durch die Aufhebung des südlich anschließenden Bebauungsplans HO 54 "An der Schölke-Neu" durch den erkennenden Senat (Urt. v. 10.12.2020 - 1 KN 170/17 -, BauR 2021, 1413 = juris) fehle es an der südlichen Erschließung des Plangebiets. Auch der insoweit unveränderte Nachfolgeplan sei streitbefangen (1 KN 79/23). Abgesehen davon sei insbesondere die Straße Kälberwiese für die planbedingte Verkehrszunahme nicht hinreichend dimensioniert. Der Plan habe keine tragfähige Konzeption zur Bewältigung des Niederschlagswassers. Obwohl auch die Antragsgegnerin davon ausgehe, dass dieser Punkt problematisch sei, gewährleiste sie nicht die insoweit erforderliche Konfliktbewältigung auf Planebene. Die alleinige Festsetzung eines Regenrückhaltebeckens, das bei einem Starkregenereignis das anfallende Oberflächenwasser aufnehmen solle, reiche nicht aus. Es sei schon nicht geklärt, dass die vorhandene Regenwasserkanalisation - insbesondere die der Kälberwiese - übliche Wassermengen aufnehmen könne, geschweige denn, dass das Prinzip "normale Regenereignisse in die Kanalisation, besondere Regenereignisse in das Regenrückhaltebecken" überhaupt zutreffend sei. Die Planung verstoße auch gegen wasserrechtliche Vorschriften. Mit dem Bau der Hochwasserschutzeinrichtung im Bereich der Kindertagesstätte würden natürliche Rückhalteflächen zerstört. Gleiches gelte für das geplante Regenrückhaltebecken. Bei einem Großteil des Plangebiets handele es sich zudem um ein vorläufig zu sicherndes Überschwemmungsgebiet, für das die "gesetzliche Fiktion der vorläufigen Sicherung" eingreife. Damit stehe der Planung das Erhaltungsgebot des § 78 WHG entgegen.

Der Antragsteller beantragt,

den vom Rat der Antragsgegnerin am 19. Mai 2020 beschlossenen Bebauungsplan mit örtlicher Bauvorschrift "Feldstraße-Süd", 1. Bauabschnitt, AP23 für unwirksam zu erklären.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Sie meint, dass der Antragsteller nicht antragsbefugt sei. Die Planung verändere - wie sich aus den hydrologischen Gutachten ergebe - die Auswirkungen eines 100-jährlichen Hochwassers auf das Antragstellergrundstück nicht. Gleiches gelte für die Regenwasserableitung aus dem Plangebiet. Bei der Dimensionierung des insoweit entscheidenden Regenrückhaltebeckens (Grünfläche 4, TF VI 1.6) habe man ein 100-jährliches Regenereignis (statt wie bei vergleichbaren Baugebieten üblich ein 10- oder 20-jährliches Ereignis) zugrunde gelegt. Zusätzlich sei die übliche Drosselabflussspende aus dem Becken in das Gewässer auf ein Drittel des Üblichen reduziert, sodass im Plan-Zustand im Vergleich zum Ist-Zustand nur 70% der bisherigen Wassermenge in die Schölke gelangten. Die durch die Bebauung im Vergleich zum unbebauten Zustand eingeschränkte Versickerung des Regens wirke sich bei einem Starkregenereignis nicht aus, da auch in diesem Fall das Wasser nicht ausreichend schnell versickern könne. Ausweislich des im Verfahren für das Antragstellergrundstück eingeholten schalltechnischen Gutachtens (vom 29.12.2021) führe die prognostizierte planbedingte Verkehrszunahme zu einer Lärmpegelerhöhung von 2 dB(A) tags (auf bis zu 56 dB(A) tags) bzw. 1 dB(A) nachts (auf bis zu 49 dB(A) nachts). Der Anstieg liege damit unterhalb der Wahrnehmungsschwelle von 3 dB(A). Wegen der bereits in der Ist-Situation vorhandenen erheblichen Vorbelastung des Antragstellergrundstücks durch Verkehrslärm sowie der zweifelhaften Unterscheidbarkeit des planinduzierten Verkehrs sei der Anstieg der Lärmbelastung als geringfügig anzusehen und eine subjektive Rechtsverletzung nicht möglich. Selbst wenn der Antrag zulässig sein sollte, griffen die Einwendungen des Antragstellers nicht durch.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die Beiakten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Der Normenkontrollantrag hat Erfolg.

I.

Der Antrag ist zulässig, insbesondere ist der Antragsteller antragsbefugt.

Gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist im Normenkontrollverfahren eine Person nur antragsbefugt, wenn sie geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Ist ein Antragsteller Eigentümer oder Nutzer von Grundstücken außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs eines Bebauungsplans, kann die Antragsbefugnis insbesondere aus dem subjektiven Recht auf gerechte Abwägung der eigenen Belange aus § 1 Abs. 7 BauGB folgen. Das dort normierte bauplanungsrechtliche Abwägungsgebot gewährt ein subjektives Recht. Der Betroffene kann verlangen, dass seine eigenen Belange in der Abwägung entsprechend ihrem Gewicht "abgearbeitet" werden. Ein Antragsteller kann sich daher im Normenkontrollverfahren darauf berufen, dass seine abwägungserheblichen privaten Belange möglicherweise fehlerhaft abgewogen wurden. In diesem Fall obliegt es ihm, einen eigenen Belang als verletzt zu bezeichnen, der für die Abwägung beachtlich war. Nicht abwägungsbeachtlich sind insbesondere geringwertige oder mit einem Makel behaftete Interessen sowie solche, auf deren Fortbestand kein schutzwürdiges Vertrauen besteht, oder solche, die für die Gemeinde bei der Entscheidung über den Plan nicht erkennbar waren (stRspr., vgl. nur BVerwG, Beschl. v. 28.10.2020 - 4 BN 44.20 -, BRS 88 Nr. 171 = BBB 2021 Nr. 3, 53 = juris Rn. 7 m.w.N.). Auf einen solchen Belang kann sich der Antragsteller berufen.

Es ist nicht schon mit der für die Verneinung der Antragsbefugnis gebotenen Sicherheit auszuschließen, dass die Planung zu einer Verschärfung der Hochwassersituation auf seinem Grundstück führt. Dieses endet ca. 20 m nördlich der Schölke. Nach den Berechnungen der im Aufstellungsverfahren eingeholten hydrologischen Gutachten wird der südliche Bereich zumindest bei einem 100-jährlichen Hochwasserereignis mit einer Dauerstufe von 2 h (im Folgenden HQ100, 2 h) im Ist-Zustand überschwemmt (s. Ergänzungsgutachten v. 14.12.2018, S. 4 Abb. 3-1). Gleiches gilt für den nördlichen Teil Geltungsbereichs A, der direkt an die Kleine Mittelriede grenzt und - so die Befürchtung des Antragstellers - verstärkt in diese entwässert (ebd.). Die Kleine Mittelriede mündet gut 50 m südwestlich des Antragstellergrundstücks in die Schölke, die von Süden kommend in Richtung Nordosten abfließt. Der Antragsteller hat unter Verweis auf in der Vergangenheit liegende Hochwasser- bzw. Starkregenereignisse substantiiert in Frage gestellt, dass es der Antragsgegnerin, die sich auf der Grundlage von Gutachten umfänglich mit der in dem Einzugsgebiet der lokalen Vorfluter Kleine Mittelriede und Schölke problematischen Entwässerungssituation befasst hat, gelungen ist, die Planung so zu gestalten, dass sich die Situation auf seinem Grundstück nicht verschlechtert. Die nähere Prüfung, ob sich seine Einwände gegen die Eignung der insoweit getroffenen Festsetzungen im Geltungsbereich A im Ergebnis als stichhaltig erweisen, würde die im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung statthafte Tiefe überschreiten.

II.

Der Normenkontrollantrag ist auch begründet.

1.

Die Auslegungsbekanntmachung vom 20. Dezember 2019 genügt im Hinblick auf den Geltungsbereich A nicht den rechtlichen Anforderungen.

Nach § 3 Abs. 2 Satz 2 BauGB sind Ort und Dauer der öffentlichen Auslegung eines Bebauungsplans sowie Angaben dazu, welche Arten von umweltbezogenen Informationen verfügbar sind, mindestens eine Woche vorher ortsüblich bekannt zu machen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der der Senat folgt, soll der an der Bauleitplanung interessierte Bürger auf der Grundlage dieser Regelung die Möglichkeit erhalten, durch Anregungen und Bedenken auf den Planungsgang Einfluss zu nehmen. Damit die Bekanntmachung diese Anstoßfunktion erfüllen kann, müssen die Angaben in hinreichendem Umfang Aufschluss über das Planungsvorhaben geben. Diesem Erfordernis ist genügt, wenn der Bürger in die Lage versetzt wird, das Vorhaben einem bestimmten Raum zuzuordnen (vgl. BVerwG, Urt. v. 6.7.1984 - 4 C 22.80 -, BVerwGE 69, 344 = juris Rn. 15 ff.; Beschl. v. 28.1.1997 - 4 NB 39.96 -, Buchholz 406.11 § 3 BauGB Nr. 6; Urt. v. 17.12.2002 - 4 C 15.01 -, juris Rn. 14). Existiert für das Plangebiet keine prägnante Lagebezeichnung oder wird diese nicht verwendet, so setzt das voraus, dass das Plangebiet auf andere Weise im Gemeindegebiet verortet wird. Diese Anforderungen gelten grundsätzlich für das gesamte überplante Gebiet. Werden neben dem zentralen Geltungsbereich weitere, von diesem räumlich entfernte Flächen mit Festsetzungen für Ausgleichsmaßnahmen belegt, so sind auch diese in der oben bezeichneten Weise zu kennzeichnen. Denn auch hier kann die Planung Betroffenheiten auslösen, nicht nur auf den überplanten Grundstücken selbst, sondern ggf. auch in deren Nachbarschaft (Senatsurt.v. 10.12.2020 - 1 KN 170/17 -, BauR 2021, 1413 = juris Rn. 22 m.w.N.).

Diese Anforderungen verfehlt die Auslegungsbekanntmachung vom 20. Dezember 2019 hinsichtlich des Geltungsbereichs A. Dieser ist unter Ziff. 2 der Auslegungsbekanntmachung textlich mit "Stadtgebiet zwischen Feldstraße und Schölke" umschrieben. Von den nachfolgenden drei Kartenausschnitten sind die unteren beiden mit Geltungsbereich B und C beschriftet, während der obere keine entsprechende Angabe enthält. Zwar ist der Antragsgegnerin zuzugeben, dass auch ohne explizite Beschriftung im Umkehrschluss aus der konkreten Zuordnung der Geltungsbereiche B und C zu den kleinen Kartenausschnitten für jedermann erkennbar ist, dass der Geltungsbereich A in dem oberen Kartenausschnitt zu verorten sein muss. Entsprechend dem weiteren Text der Auslegungsbekanntmachung ("Geltungsbereiche zu Ziff. 1 und 2 sind in dem Kartenausschnitt annähernd dargestellt.") gilt dies aber auch für den zugleich bekannt gemachten Beschluss zur 123. Änderung des Flächennutzungsplans der Antragsgegnerin "Stadtgebiet zwischen Feldstraße, Kleine Mittelriede und Schölke" (= Ziff. 1 der Auslegungsbekanntmachung). Erforderlich wäre es daher gewesen, die unterschiedlichen Geltungsbereiche von Flächennutzungsplanänderung und Bebauungsplan eindeutig zu kennzeichnen. Das fehlt.

In dem unbeschrifteten Kartenausschnitt ist ein größerer Bereich mit unregelmäßigen Grenzen im Westen und Osten eingezeichnet, innerhalb dessen ein deutlich kleinerer Bereich markiert ist. Der Geltungsbereich A ist tatsächlich der größere Bereich ohne den inneren Bereich, der den südlichen Teil des in Aussicht genommenen 2. Bauabschnitts bildet. Die 123. Änderung des FNP umfasst hingegen einen Bereich zwischen Kleiner Mittelriede im Norden, dem südlichen Ausläufer der Kälberwiese im Osten sowie der Grenze der ehemaligen Bezirkssportanlage im Süden und Westen. Lediglich im Westen verspringt die Grenze des Änderungsbereichs, während die übrigen Grenzen gerade verlaufen. Dieser Bereich ist in keiner der Karten dargestellt. Hiervon musste der Bürger jedoch nicht ausgehen. Vielmehr war es aus seiner Sicht naheliegend, die beiden in den unteren Karten nicht dargestellten Bereiche (123. Änderung des FNP und Geltungsbereich A) in dem oberen Kartenausschnitt zu verorten. Vor dem Hintergrund, dass es sich bei einem Flächennutzungsplan um eine eher übergeordnete Planung handelt, während der Bebauungsplan eine Ebene darunter angesiedelt ist, sowie dem Umstand, dass auch die verbale Beschreibung der beiden noch fehlenden Bereiche (123. Änderung des FNP: "Stadtgebiet zwischen Feldstraße, Kleine Mittelriede und Schölke", Geltungsbereich A: "Stadtgebiet zwischen Feldstraße und Schölke") nahelegt, dass der Bereich der FNP-Änderung nicht mit dem des Geltungsbereichs A - mehr oder weniger - identisch ist, erscheint die Interpretation, der größere Bereich stelle den Bereich der FNP-Änderung, der kleinere Bereich den 1. Bauabschnitt dar, nicht abwegig. Soweit die Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, dass Bereiche eines Flächennutzungsplans regelmäßig nicht so detailliert ausgewiesen würden, was die Zuordnung der 123. FNP-Änderung zu dem größeren Bereich ausschließe, kann dies nicht als allgemein bekannt vorausgesetzt werden. Gleichzeitig ist es aber auch nicht so, dass der unbeschriftete Kartenausschnitt zwingend als mehrdeutig wahrzunehmen ist, sodass der - insoweit maßgebliche - mündige Bürger angehalten gewesen wäre, sich durch Nachfrage oder Einsichtnahme Klarheit zu verschaffen. Vielmehr erscheint auch die "klare" Zuordnung des Geltungsbereichs A zu dem kleineren Bereich in dem unbeschrifteten Kartenausschnitt nicht fernliegend. Damit ist nicht auszuschließen, dass der interessierte Bürger die von der Planung ausgelösten Betroffenheiten fehlerhaft bewertet. Der kleinere Bereich ist zum einen sehr überschaubar und hält zum anderen von den vorhandenen Bebauungen im Osten und Süden einigen Abstand. Dies könnte dazu führen, dass die Auswirkungen der Planung im Geltungsbereich A unterschätzt werden. Der gemäß § 3 Abs. 2 Satz 2 BauGB erforderliche Anstoß zur Wahrnehmung der Beteiligungsrechte wird damit nicht hinreichend gesetzt.

Für die Geltungsbereiche B und C, für die die angegriffene Planung Festsetzungen enthält (s. TF VII Nr. 1 und 2), wird die Anstoßfunktion noch erreicht. Neben der Angabe der betroffenen Flurstücke sind diese auch in Kartenform dargestellt (anders als in dem Senatsurt. v. 10.12.2020 - 1 KN 170/17 -, BauR 2021, 1413 = juris Rn. 23, zugrundeliegenden Fall, wo nur die Flurstücksbezeichnungen angegeben waren). Die Abbildung markanter Elemente in deren Umgebung (Geltungsbereich B: Wegschleife westlich der BAB 391; Geltungsbereich C: Borwall und Gieseberg) ermöglichen eine für die Erfüllung der Anstoßfunktion hinreichend genaue Lokalisation der Flächen. Dass man dies hätte besser machen können (Beschriftung der BAB 391 bzw. der Schunter), ist unerheblich. Die Bezeichnung der Flächen als festgesetztes Überschwemmungsgebiet ist nicht erforderlich.

Der Fehler der Auslegungsbekanntmachung bezüglich des Geltungsbereichs A ist nach § 214 Abs. 1 Nr. 2, 1. Var. BauGB beachtlich, da die Rügefrist des § 215 Abs. 1 Nr. 1 BauGB gewahrt wurde. Der Antragsteller hat die Antragsschrift per Fax am 22. September 2021 und damit vor Ablauf der Jahresfrist seit Bekanntmachung des streitgegenständlichen Bebauungsplans am 23. September 2020 an die Antragsgegnerin übermittelt.

Da der streitgegenständliche Bebauungsplan bereits aus dem vorstehend aufgeführten Grund unwirksam ist, sind eingehende Ausführungen zu den weiteren formellen Rügen des Antragstellers, die voraussichtlich nicht durchgegriffen hätten, nicht erforderlich.

2.

Lediglich ergänzend mit Blick auf das zu erwartende ergänzende Verfahren weist der Senat darauf hin, dass die angegriffene Planung nicht unter einem nach den §§ 214, 215 BauGB beachtlichen Abwägungsfehler leidet.

a)

Dies gilt zunächst hinsichtlich der verkehrlichen Erschließung des Geltungsbereichs A.

Der Abwägung zugrunde liegt ein Erschließungskonzept, das eine Nord-Süd-Durchbindung des Geltungsbereichs A vorsieht. Die Planung ist insoweit auf den südöstlich anschließenden Plan HO 54 "An der Schölke-Neu" angewiesen, der den Anschluss der Planstraße A an die Kreuzstraße im Süden ermöglicht. Dieser Plan (ein Nachfolger zu dem vom Senat mit Beschl. v. 8.3.2018 - 1 MN 178/16 - vorläufig außer Vollzug gesetzten Bebauungsplan HO 41 "An der Schölke") wurde zwar mit Senatsurteil vom 10. Dezember 2020 (Az. 1 KN 170/17) - und damit nach dem Satzungsbeschluss für die hier streitgegenständliche Planung - wegen eines formellen Fehlers für unwirksam erklärt, im Folgenden aber am 24. Mai 2022 neu als Satzung beschlossen sowie am 27. Juni 2022 und (erneut) am 21. Juli 2022 im Amtsblatt der Antragsgegnerin bekannt gemacht. Diese Fassung des Bebauungsplans HO 54, die wiederum streitbefangen ist, entspricht inhaltlich der Vorgängerfassung. Ob die Antragsgegnerin für die Bewältigung der verkehrlichen Erschließung auf diese Planung vertrauen durfte, sodass sie diesen Punkt in der streitgegenständlichen Planung nicht abschließend regeln musste, ist eine Frage des Einzelfalls, die hier positiv zu beantworten ist.

In der Rechtsprechung geklärt, dass die Gemeinde von einer abschließenden Konfliktbewältigung im Bebauungsplan Abstand nehmen darf, wenn bei vorausschauender Betrachtung die Durchführung der als notwendig erkannten Konfliktlösungsmaßnahmen außerhalb des Planungsverfahrens auf der Stufe der Verwirklichung der Planung sichergestellt ist. Die Gemeinde muss also hinreichend sicher darauf vertrauen dürfen, dass in dem Verfahren, in dem die als Folge planerischer Festsetzungen gebotenen Maßnahmen durchgeführt werden sollen, für die offengebliebenen Fragen eine sachgerechte Lösung gefunden werden wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 5.5.2015 - 4 CN 4.14 -, ZfBR 2015, 689 = BauR 2015, 1620 = juris Rn. 14 m.w.N.; Beschl. v. 15.10.2009 - 4 BN 53.09 - BRS 74 Nr. 17 = juris Rn. 5 m.w.N.).

Die Antragsgegnerin durfte davon ausgehen, dass die für die streitgegenständliche Planung erforderliche Straßenverbindung zwischen der Planstraße A und der Kreuzstraße (= Planstraße 4 des Bebauungsplans HO 54) realisiert werden kann. Ausweislich des für diese Planung eingeholten schalltechnischen Gutachtens vom 12. Juli 2018 hält der Neubau dieser in Nord-Süd-Richtung verlaufenden Planstraße 4 die Grenzwerte der 16. BImSchV für die am stärksten betroffene Wohnbebauung ein (Gutachten v. 12.7.2018, S. 10 Tabelle 5). Zu betrachten ist insoweit nur der Verkehrslärm, der auf dieser Straße entsteht; etwaige Vorbelastungen sind für die Einhaltung der Grenzwerte des § 2 Abs. 1 Nr. 2 der 16. BImSchV unerheblich (BVerwG, Urt. v. 21.3.1996 - 4 C 9.95 -, DVBl. 1996, 916 = DÖV 1997, 72 = juris Rn. 28). Das schalltechnische Gutachten betrachtet dabei neben den Auswirkungen des Bebauungsplans HO 54 auch den zusätzlichen Verkehr aus dem Plangebiet Feldstraße, 1. und 2. Bauabschnitt, d.h. den Verkehr der insgesamt in Aussicht genommenen 500 Wohneinheiten in zwei Szenarien (Szenarium 1 = 100%-ige Erschließung des Baugebiets "Feldstraße" über die Planstraße 4; Szenarium 2: 50%-ige Erschließung des Baugebiets "Feldstraße" über die Planstraße 4, Gutachten v. 12.7.2018, S. 7, 10; vgl. Planbegr. zu HO 54, Stand 12.8.2019, S. 27; Stand 21.4.2022, S. 28). Auch der worst-case (= HO 54 + 100% Feldstraße) führt zu keiner Überschreitung der maßgeblichen Grenzwerte (Gutachten, S. 10 Tabelle 5).

Unter Berücksichtigung der vorhandenen Vorbelastung des Knotenpunktes Planstraße 4/Kreuzstraße/Kleine Kreuzstraße ergeben sich zwar Werte bis zu 60,2/52,3 dB(A) tags/nachts (Gutachten v. 12.7.2018, S. 11 Tabelle 6), die jedoch die Grenze zur Gesundheitsgefährdung (= 70/60 dB(A) tags/nachts) deutlich unterschreiten. Dies hat die Antragsgegnerin in ihre Abwägung eingestellt, jedoch vertretbarerweise als insbesondere gegenüber dem Belang der Schaffung zusätzlichen Wohnraums untergeordnet angesehen (Planbegr. HO 54 aF, S. 65 unten bzw. Planbegr. HO 54 nF, S. 66 unten).

Soweit der Antragsteller behauptet, dass die in das Erschließungskonzept für den Geltungsbereich A einbezogenen angrenzenden Bestandsstraßen, insbesondere die Kälberwiese, nicht ausreichend leistungsfähig seien, hat er damit die insoweit positiven gutachterlichen Feststellungen (Verkehrsuntersuchung aus März 2019, S. 7, 38) nicht entkräftet. Der Ausbauzustand der Kälberwiese ist für den zu erwartenden Mehrverkehr ohne weiteres ausreichend; erforderlichenfalls kann das Parken auf der Fahrbahn beschränkt werden. Der von ihm in diesem Zusammenhang angeführte Parksuchverkehr in der näheren Umgebung seines Grundstücks ist angesichts der im Geltungsbereich A nach Maßgabe der einschlägigen Regelwerke vorgesehenen Stellplätze sowie des räumlichen Abstands der geplanten Wohnbebauung zu dem Antragstellergrundstück nicht in abwägungserheblichem Umfang zu befürchten.

b)

Die Einwände des Antragstellers gegen das der Planung zugrunde gelegte schalltechnische Gutachten sind nicht geeignet, dieses zu erschüttern. Behördliche Prognoseentscheidungen sind gerichtlich lediglich daraufhin zu überprüfen, ob die Prognose nach einer geeigneten Methode durchgeführt wurde, ob der zugrunde gelegte Sachverhalt zutreffend ermittelt wurde und ob das Ergebnis einleuchtend begründet ist (BVerwG, Urt. v. 13.10.2011 - 4 A 4001.10 -, BVerwGE 141, 1 = juris Rn. 59 m.w.N.). Ihre Verwertbarkeit wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass es möglich ist, mit einer anderen, ebenfalls geeigneten Methodik zu abweichenden Ergebnissen zu gelangen (Senatsbeschl. v. 12.9.2022 - 1 ME 48/22 -, BauR 2022, 1753 = juris Rn. 18). Ausgehend hiervon sind das schalltechnische Gutachten vom 5. November 2019 und seine Ergänzung vom 29. Dezember 2021 nicht zu beanstanden. Diese stützen sich hinsichtlich des planbedingten Verkehrs auf die Zahlen der Verkehrsuntersuchung aus März 2019. Entgegen der Ansicht des Antragstellers hat der Gutachter für die neben der Wohnnutzung zugelassenen Nutzungen einen Mehrverkehr von 50 Fahrten für die Kita angesetzt und nachvollziehbar erläutert, dass Kfz-Fahrten zum angedachten Bäcker/Café vernachlässigt werden können, da insoweit zielgesteuerte Kfz-Zufahrten nicht in relevanten Mengen bzw. nur als Binnenverkehre innerhalb des Gebiets stattfinden werden (Verkehrsgutachten, S. 11 f.). Mit dem nach Auffassung des Antragstellers zu Unrecht nicht berücksichtigten Durchgangsverkehr hat sich der Gutachter ebenfalls auseinandergesetzt. Er hat für die der Planung zugrundeliegende Erschließungsvariante 1b) etwaige Verlagerungseffekte betrachtet und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass diese nach den Modellrechnungen nicht in nennenswertem Umfang zu erwarten sind. Etwaige "Schleichverkehre" seien nicht exakt zu quantifizieren, da sie unter anderem auch von persönlichen Präferenzen der Fahrzeugnutzer beeinflusst würden (Verkehrsgutachten, S. 19). Diese Einschätzung hat der Antragsteller durch die bloße Behauptung, es würde in nennenswertem Umfang zu Durchgangsverkehren kommen, nicht in Frage gestellt. Soweit der Antragsteller die für die Wohnnutzung ermittelten Zahlen beanstandet (Antragsschrift S. 16 ff.) ist zudem festzustellen, dass seine Berechnungen - wenn man seinen Rechenfehler (Antragsschrift, S. 17 1. Absatz letzte Zeile) ausblendet - im Ergebnis nicht wesentlich von denen des Gutachters abweichen.

Auf der Grundlage der schalltechnischen Berechnung hat die Antragsgegnerin die planbedingte Zunahme des Verkehrslärms in der Umgebung des Geltungsbereichs A, insbesondere im Bereich der Einmündung der Feldstraße in die Kälberwiese (nördlicher Knotenpunkt) und dem Kreuzungsbereich Planstraße 4/Kreuzstraße/Kleine Kreuzstraße (= südlicher Knotenpunkt) gesehen. Als Reaktion hat sie die ursprüngliche Planung auf den ersten Bauabschnitt beschränkt und eine Erschließungsvariante gewählt, die einen Abfluss des planbedingten Verkehrs sowohl nach Norden als auch nach Süden vorsieht, sodass eine einseitige Belastung der Wohnbereiche an der Kreuzstraße vermieden wird (vgl. Planbegr. S. 76, 55). Dass die Orientierungswerte der DIN 18005 für Allgemeine Wohngebiete in Höhe von 55 dB(A) tags und 45 dB(A) nachts, die hauptsächlich aufgrund der in einiger Entfernung verlaufenden, aber sehr stark befahrenen A 391 bereits im Prognosenullfall am nördlichen und südlichen Knotenpunkt überschritten sind, sich planbedingt um bis zu 2 dB(A) tags und bis zu 3 dB(A) nachts erhöhen, sodass am nördlichen Knotenpunkt 57 dB(A) tags bzw. 50 dB(A) nachts und am südlichen Knotenpunkt 59 dB(A) tags bzw. 52 dB(A) nachts erreicht werden (Gutachten v. 5.11.2019, S. 29 Abb. 14, S. 31 Abb. 17), hat die Antragsgegnerin als noch verträglich und hinnehmbar angesehen. Dabei hat sie berücksichtigt, dass die planbedingte Zunahme maximal 3 dB(A) beträgt und die Schwelle zur Gesundheitsgefährdung deutlich unterschritten wird (vgl. Planbegr. S. 77). Die Entscheidung der Antragsgegnerin, eine gewisse Zunahme der Verkehrslärmbelastung ihrem Ziel der Schaffung von Wohnraum auf einer Brachfläche in Innenstadtnähe mit guter Verkehrsanbindung unterzuordnen, ist nicht zu beanstanden.

c)

Der Plan ist auch hinsichtlich der Entwässerung des Geltungsbereichs A nicht zu beanstanden. Die Planung trägt dem Umstand hinreichend Rechnung, dass sich der Geltungsbereich A wie das Antragstellergrundstück in einem Gebiet befindet, das als hochwassergefährdet ist. Die Antragsgegnerin hat sich vor dem Hintergrund eines Niederschlagsereignisses im Jahr 2002, infolgedessen massive Überschwemmungen im gesamten Bereich Kälberwiese/Feldstraße um die Schölke und die Kleine Mittelriede aufgetreten waren, auf der Grundlage zweier Gutachten aus dem Jahr 2018 ausführlich mit den vorhandenen Rahmenbedingungen, Prognosen und gegebenenfalls erforderlichen Maßnahmen in Bezug auf die Entwässerung und den Hochwasserschutz befasst. Für die streitgegenständliche Planung hat sie ein HQ100, 2 h, das gutachterlich als besonders ungünstige Variante eines 100-jährlichen Hochwasserereignisses ermittelt wurde, zugrunde gelegt und weicht damit vorsorglich - auch zugunsten der Anwohner des Geltungsbereichs A - von dem im Rahmen der Bauleitplanung üblicherweise maßstabsbildenden 10- bis 20-jährlichen Niederschlagsereignis ab. Soweit der Geltungsbereich A im Norden im faktischen Überschwemmungsgebiet der Kleinen Mittelriede liegt, sichert die Planung bereits vorhandene Anlagen zur Hochwasserrückhaltung dauerhaft ab (Grünflächen 5 und 6, TF I 1.7 und 1.8). In der Grünfläche 4 ist eine Erweiterung des vorhandenen Hochwasserrückhaltebeckens um mindestens 1.200 m3 vorgesehen, die nicht einem planbedingten Bedarf entspringt, sondern dem zusätzlichen Hochwasserschutz umliegender Stadtareale dienen soll (vgl. Planbegr. S. 33). Soweit ein kleiner, westlich an die Feldstraße angrenzender Bereich in die festgesetzte Fläche für den Gemeinbedarf, Zweckbestimmung Kindertagesstätte, einbezogen wurde, liegt dieser außerhalb der überbaubaren Grundstücksfläche und ist grundsätzlich von Bebauung freizuhalten (vgl. TF I 1.3). Das mit dem Plan festgesetzte Regenrückhaltebecken ist auf der Grundlage eines HQ100, 2 h so dimensioniert und konzipiert, dass der Abfluss im Plan-Zustand im Verhältnis zum Ist-Zustand auf 70% reduziert wird (Gutachten v. 7.2.2018, S. 36 f., S. 44). Dass die für die Anlage des Regenrückhaltebeckens nach § 68 WHG erforderliche Planfeststellung bzw. -genehmigung nicht erteilt werden kann, ist nicht ersichtlich. Insbesondere liegt die hierfür vorgesehene Fläche bis auf einen sehr kleinen Bereich im Südosten außerhalb des faktischen Überschwemmungsgebiets eines HQ100, 2 h, sodass das von dem Antragsteller ins Feld geführte Verbot der Zerstörung natürlicher Rückhalteflächen (§ 68 Abs. 3 Nr. 1 2. Alt. WHG) - wenn überhaupt - lediglich in einem sehr kleinen Teilbereich zum Tragen käme. Eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit durch Zerstörung natürlicher Rückhalteflächen i.S.d. § 68 Abs. 3 Nr. 1 2. Alt. WHG wäre zudem erst dann gegeben, wenn die Zerstörung erheblich, dauerhaft und nicht ausgleichbar wäre (vgl. BayVGH, Urt. v. 25.10.2019 - 8 A 16.40030 -, juris Rn. 74 m.w.N.). Das ist bei Anlage eines - wie hier - naturnah zu gestaltenden Regenrückhaltebeckens, das im Ergebnis zu einer Zunahme des Retentionsraums führt, nicht der Fall.

Die Planung trifft in hinreichender Weise Vorkehrungen für die schadlose Ableitung des Niederschlagswassers. Die Antragsgegnerin hat in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar erläutert, dass die Kanalisation für außergewöhnliche Niederschlagsereignisse wie beispielsweise das von dem Antragsteller ins Feld geführte Starkregenereignis im Juni 2020 nicht zu bemessen ist. Dass die Kanalisation in der näheren Umgebung des Geltungsbereichs A, die nach dem Niederschlagsereignis im Jahr 2002 insbesondere im Bereich des Pumpwerks am Triftweg ertüchtigt wurde, nicht geeignet ist, übliche Wassermengen aufzunehmen, hat der Antragsteller mit seinem Vorbringen nicht in Frage gestellt. Auch sonst liegen dem Senat dafür keine Anhaltspunkte vor. Soweit die Entwässerung im Süden auf den Bebauungsplan HO 54 "An der Schölke-Neu" angewiesen ist, durfte die Antragsgegnerin von dessen Verwirklichung ausgehen (s.o.). In der Gesamtschau führt die Planung zu keiner Verschlechterung der Hochwassersituation in der näheren Umgebung. Dies reicht für die von der Antragsgegnerin geschuldete Konfliktbewältigung aus. Zu einer umfänglichen Verbesserung des Hochwasserschutzes in der näheren Umgebung des Geltungsbereichs A war sie dagegen - abgesehen von den insoweit nach Aussage der Gutachter lediglich sehr begrenzt vorhandenen Handlungsoptionen - nicht verpflichtet.

d)

Auch der Einwand des Antragstellers, die im Geltungsbereich C vorgesehene Ausgleichsmaßnahme (TF VII 2.) sei nicht zu verwirklichen, verfängt nicht. Dass der Geltungsbereich C im festgesetzten Überschwemmungsgebiet der Schunter liegt, hat die Antragsgegnerin gesehen (Planbegr. S. 33). Die dem Hochwasserschutz dienende Entwicklung eines Auwaldes angrenzend an den dortigen Gehölzbestand soll in Abstimmung mit der Unteren Wasserschutzbehörde erfolgen, die gegen die Planung keine Einwände erhoben hat. Das Verbot aus § 78a Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 WHG steht Anpflanzungen, die das Hochwasserverhalten positiv beeinflussen, nicht entgegen (Landmann/Rohmer UmweltR/Hünnekens, 102. EL September 2023, WHG § 78a Rn. 9).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10 analog, § 709 Satz 2, § 711 Satz 1 und 2 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.

Streitwertbeschluss:

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 25.000 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG).

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Prof. Dr. Lenz
Dr. Tepperwien
Glowienka