Vergabekammer Lüneburg
Beschl. v. 08.04.2005, Az.: VgK-10/2005

Angebotsausschluss auf Grund eines unvollständigen Verzeichnisses der vom Bieter beabsichtigten Nachunternehmerleistungen; Beurteilungsspielraum und Entscheidungsspielraum der Vergabestelle hinsichtlich eines Angebotsausschlusses; Qualifizierung der Angaben zu Art und Umfang eines beabsichtigten Nachunternehmereinsatzes als kalkulationserhebliche Erklärung mit wesentlicher Bedeutung für die Beurteilung der Sachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit eines Bieters; Möglichkeit der Bereinigung fehlender oder unklarer Angaben zum beabsichtigten Nachunternehmereinsatz durch Nachverhandlungen gemäß § 24 Nr. 1 Allgemeine Bestimmungen für die Vergabe von Bauleistungen (VOB/A); Anforderungen an die Qualifizierung eines Rückgriffs auf dritte Unternehmen als Nachunternehmereinsatz; Ermessenspielraum des öffentlichen Auftraggebers bei der Beurteilung der Eignung eines Bieters ; Anforderungen an das Angebot bei Anbieten von Leistungen eines Schwesterunternehmens als Eigenleistungen

Bibliographie

Gericht
VK Lüneburg
Datum
08.04.2005
Aktenzeichen
VgK-10/2005
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2005, 23732
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgegenstand

VOB-Vergabeverfahren BAB A 28 / A 1: Lückenschluss ... /... , 2. BA: Umbau des Dreiecks ... /... ; Erd-, Oberbau-, Entwässerungsarbeiten und Brückenbau

In dem Nachprüfungsverfahren
hat die Vergabekammer
durch
den Vorsitzenden RD Gause,
den hauptamtlichen Beisitzer BAR Peter und
den ehrenamtlichen Beisitzer RA Hintz
auf die mündliche Verhandlung vom 31.03.2005
beschlossen:

Tenor:

  1. 1.

    Der Nachprüfungsantrag wird zurückgewiesen.

  2. 2.

    Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin.

  3. 3.

    Die Kosten werden auf 8.497 EUR festgesetzt.

  4. 4.

    Die Antragstellerin hat der Beigeladenen die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten zu erstatten. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes war für die Beigeladene notwendig.

Begründung

1

I.

Die Auftraggeberin hat mit EU-Vergabebekanntmachung 2004/S 199-169635 vom 12.10.2004 den Lückenschluss zwischen der Bundesautobahn A 28 und der Bundesautobahn A 1 zwischen ... und ... europaweit im offenen Verfahren als Bauauftrag gem. VOB/A ausgeschrieben. Der Auftrag umfasst im Wesentlichen Erd-, Oberbau-, Entwässerungs- und Brückenbauarbeiten. Gemäß Vergabebekanntmachung war keine Aufteilung in Lose vorgesehen, Nebenangebote waren zulässig. Die Vergabebekanntmachung enthält keine Anforderungen in Bezug auf die von den Bietern vorzulegenden Nachweise zur Bietereignung. Schlusstermin für den Eingang der Angebote war der 18.11.2004, 11.00 Uhr. Entsprechend der den Bietern übersandten Ausschreibungsunterlagen war den jeweiligen Angeboten eine Liste zum geplanten Nachunternehmereinsatz beizufügen.

2

Gemäß dem Vergabevermerk der Auftraggeberin vom 08.12.2004 forderten insgesamt 26 Unternehmen die Angebotsunterlagen an, drei Bieter reichten bis zum Ende der Angebotsfrist Angebote ein. Im Zuge der Angebotswertung wurde mit der Antragstellerin am 02.12.2004 ein Aufklärungsgespräch gem. § 24 VOB/A geführt. In dem Aufklärungsgespräch wurden u.a. offene Fragen zum geplanten Nachunternehmereinsatz der Antragstellerin und zur Eignung der Antragstellerin in Bezug auf die Herstellung bestimmter Gewerke besprochen. Über den Inhalt des Aufklärungsgespräches wurde von der Auftraggeberin ein Vermerk gefertigt und dieser der Antragstellerin übersandt. Eine Reaktion der Antragstellerin auf das übersandte Protokoll über das Aufklärungsgespräch erfolgte nach Auskunft der Auftraggeberin nicht. Dem Vergabevermerk der Auftraggeberin vom 08.12.2004 ist unter der lfd. Nr. 8.9 (Vergabevorschlag) zu entnehmen, dass der Zuschlag nunmehr auf das Angebot der Antragstellerin mit einer Angebotsendsumme (brutto) von 18.821.103,15 EUR erteilt werden sollte.

3

Wegen zwischenzeitlich offensichtlich bei der Auftraggeberin aufgetretenen Zweifel in Bezug auf den geplanten Nachunternehmereinsatz und die Eignung der Antragstellerin in Bezug auf die Herstellung der Gewerke "Bituminöser Straßenbau" und "Verfestigung des Straßenoberbaus" wurde das Rechtsamt der Auftraggeberin um Stellungnahme gebeten. Der diesbezügliche Vermerk des Rechtsamtes der Antragstellerin vom 20.12.2004 schließt mit dem Fazit, dass die Antragstellerin nicht nur wegen der unvollständigen Vergabeunterlagen in Bezug auf den geplanten Nachunternehmereinsatz, sondern auch wegen mangelnder Qualifikation von der Teilnahme am Wettbewerb auszuschließen sei.

4

Nachdem mit den beteiligten Bietern zunächst eine Verlängerung der Bindefrist vereinbart wurde, teilt die Auftraggeberin der Antragstellerin mit Informationsschreiben gem. § 13 VgV vom 24.02.2005 mit, dass es beabsichtigt sei, der Antragstellerin den Zuschlag nicht zu erteilen. Unter Punkt 4 "Sonstiges" des Informationsschreibens gem. § 13 VgV teilt die Auftraggeberin der Antragstellerin Folgendes mit:

" 1.
Für die Deckenbauarbeiten wurde im Hauptangebot kein Nachunternehmer benannt. Im Aufklärungsgespräch erklärten Sie dann jedoch, diesen Leistungsabschnitt nicht im eigenen Betrieb durchführen zu wollen und stellten auch die Qualifikation ihrer Firma für Asphaltierungsarbeiten größeren Umfanges selbst in Frage. Als Nachunternehmer wurde dann, auf Nachfrage, die Firma ... , benannt.

Es wurde daher gegen die Obliegenheit des Bewerbers verstoßen, Teile der Leistung, die durch Nachunternehmer ausgeführt werden sollen, eindeutig in Art und Umfang mit dem Angebot zu beschreiben (vgl. Bewerbungsbedingungen für den Straßen- und Brückenbau, Ausgabe September 2002, Teil A, Nr.6). Der Ausschluss erfolgt auf der Grundlage der §§ 25, Nr. 1, Abs. 1 b; 21, Nr.1, Abs. 1 VOB/A.

2.
Sie können für wesentliche Teilleistungen (Verfestigung des Straßenoberbaus) keine ausreichende Eignung, Fachkunde und Leistungsfähigkeit nachweisen und werden dementsprechend auch gem. § 25, Nr. 2, Abs. 1, VOB/A wegen mangelnder Eignung, Fachkunde und Leistungsfähigkeit nicht berücksichtigt."

5

Abschließend teilt die Auftraggeberin der Antragstellerin in dem Informationsschreiben mit, dass es beabsichtigt sei, den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen mit einer Wertungssumme von 19.294.491,07 EUR (brutto) zu erteilen.

6

Mit anwaltlichem Schreiben vom 01.03.2005 rügte die Antragstellerin erstmalig die beabsichtigte Vergabeentscheidung der Auftraggeberin. Die von der Auftraggeberin in der Vorabinformation vom 24.02.2005 angegebenen Gründe, die die Nichtberücksichtigung des Angebots der Antragstellerin nach sich ziehen sollen, seien nicht stichhaltig. Unzutreffend sei zunächst die Behauptung der Auftraggeberin, die Antragstellerin habe entgegen ursprünglicher Angaben im Aufklärungsgespräch für die Asphaltierungsarbeiten einen Nachunternehmer benannt. Bereits anlässlich des Aufklärungsgespräches sei der Auftraggeberin ausweislich des entsprechenden Gesprächsvermerks dargelegt worden, dass es sich bei der Firma ... um ein Unternehmen aus dem Konzernverbund der Antragstellerin handele. Des Weiteren habe die Antragstellerin mit Schreiben vom 14. und 15.12.2004 der Auftraggeberin noch detaillierte Unterlagen zur Konzernstruktur und den Beteiligungsverhältnissenüberreicht. Da es sich bei der Firma ... nachgewiesenermaßen um ein konzernverbundenes Unternehmen der Antragstellerin handele, sei diese nicht verpflichtet gewesen, in den Angebotsunterlagen den Einsatz der Firma ... als "Nachunternehmereinsatz" zu kennzeichnen. In die von der Auftraggeberin geforderten Nachunternehmerliste seien nur "echte Nachunternehmerleistungen" einzutragen gewesen, also tatsächliche Fremdleistungen. Keinesfalls seien in die Nachunternehmerliste Leistungen konzernverbundener Unternehmen einzutragen gewesen. Dies würde auch durch die eindeutige Rechtsprechung des EuGH bestätigt. Der beabsichtigte Ausschluss des Angebotes der Antragstellerin sei insoweit vergaberechtswidrig.

7

Auch sei die Feststellung der Auftraggeberin, die Antragstellerin habe keine ausreichende Eignung, Fachkunde und Leistungsfähigkeit nachweisen können, bereits aus formalen Gründen vergaberechtlich zu beanstanden. Gemäß § 17 Nr. 1 Abs. 2 lit. s VOB/A müssten Eignungsanforderungen bereits in der Vergabebekanntmachung aufgeführt werden. Abweichungen hiervon, z.B. in der Aufforderung zur Angebotsabgabe oder Nachforderungen anlässlich der Aufklärungsverhandlung, seien unzulässig. Die Auftraggeberin habe es aber unterlassen, in der Vergabebekanntmachung Angaben zur Bietereignung zu fordern. Es sei der Auftraggeberin von daher bereits nicht gestattet, anlässlich der Aufklärungsverhandlung Referenzunterlagen oder sonstige Angaben zur Bietereignung zu fordern. Beides laufe nämlich den Vorgaben des Transparenz- und Gleichbehandlungsgebotes des § 97 Abs. 1, 2 GWB zuwider, in dessen Lichte die Vorschriften der VOB/A auszulegen und zu handhaben seien.

8

Obgleich die Antragstellerin hierzu nicht verpflichtet gewesen sei, habe sie der Auftraggeberin anlässlich der Aufklärungsverhandlung wie auch mit weiterem Schreiben vom 14. und 15.12.2004 noch zahlreiche Referenzmaßnahmen benannt, die ihre Bietereignung in vollem Umfange bestätigen würden. Insbesondere die von der Auftraggeberin in der Vorabinformation genannte Begründung, die Antragstellerin habe für die Verfestigung des Straßenoberbaus die ausreichende Eignung, Fachkunde und Leistungsfähigkeit nicht nachweisen können, sei vor dem Hintergrund der dargelegten Referenzobjekte falsch. Dies ergebe sich bereits aus dem Protokoll zur Aufklärungsverhandlung vom 02.12.2004, in dem die Referenzen im Einzelnen benannt seien. Die Antragstellerin verfüge nicht nur über einen umfangreichen, für die Arbeiten geeigneten Maschinenpark, sondern auch über eigenes Personal, welches im Bereich Bodenverbesserung und Bodenverfestigung umfangreiche Fachkunde besitzen würde. Dies sei der Auftraggeberin anlässlich der Aufklärungsverhandlung umfassend dargelegt worden. ImÜbrigen stellten die Leistungspositionen zur Zementverfestigung auch lediglich einen kalkulierten Gesamtwert von 31.360,00 EUR dar. Dass die Auftraggeberin in diesem Zusammenhang von einer "wesentlichen Teilleistung" spreche, könne bei einer Angebotssumme von rd. 19 Mio. EUR ebenfalls nicht unwidersprochen hingenommen werden.

9

Im Ergebnis sei es damit ermessensfehlerhaft, die Fachkunde und Leistungsfähigkeit der Antragstellerin aufgrund der vorliegenden Informationen und Unterlagen zu verneinen.

10

Unter Fristsetzung zum 07.03.2005 forderte die Antragstellerin die Auftraggeberin auf, ihrer Rüge abzuhelfen und den Zuschlag auf das Angebot der Antragstellerin vom 17.11.2004 zu erteilen.

11

Mit Schreiben vom 07.03.2005 teilte die Auftraggeberin der Antragstellerin mit, dass sie ihre Vergabeentscheidung nicht ändern werde.

12

Es sei zunächst einmal darauf hinzuweisen, dass die Antragstellerin im Aufklärungsgespräch geäußert habe, dass sie im Zuge der Angebotsbearbeitung für die Asphaltierungsarbeiten keinen Partner (Nachunternehmer) gefunden habe. Es sei lediglich angedacht gewesen, diesbezüglich mit der Firma ... zusammenzuarbeiten. Diese Aussage lasse eindeutig den Schluss zu, dass die Antragstellerin bei Angebotsabgabe weder selbst in der Lage gewesen sei, die Asphaltierungsarbeiten auszuführen, noch verbindlich ein Partner (Nachunternehmer) zur Verfügung gestanden habe, der diese Leistungen hätte ausführen können. Bereits diese Tatsache führe dazu, dass das Angebot der Antragstellerin zwingend gem. § 25 Nr. 1 Abs. 1 b VOB/A auszuschließen gewesen sei.

13

Des Weiteren vertritt die Auftraggeberin die Auffassung, dass der von der Antragstellerin angedachte Einsatz der Firma ... einen Nachunternehmereinsatz darstelle, der im Verzeichnis der Nachunternehmerleistungen hätte benannt werden müssen. Ein Nachunternehmer sei im Zweifel anzunehmen, wenn dieses Unternehmen selbstständig agiere und durch auszuhandelnde Verträge an den Bieter gebunden werden müsse. Nach der der Auftraggeberin vorliegenden Konzernstruktur sei klar, dass die Antragstellerin und die ... zwei selbstständige Unternehmen seien. Die ... werde eindeutig nicht von der Antragstellerin beherrscht. Diese Firmenstruktur führe dazu, dass die Antragstellerin im Nachunternehmerverzeichnis zwingend die Firma ... hätte benennen müssen. Die fehlende Angabe führe zwingend zum Ausschluss des Angebots der Antragstellerin gem. §§ 25 Nr.1 Abs. 1 b, 21 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A. Die fehlende Angabe zum beabsichtigten Nachunternehmereinsatz könne auch nicht im Rahmen einer Aufklärungsverhandlung nachgeholt werden. Selbst wenn man der Auffassung wäre, dass die Firma ... kein Nachunternehmer sei, so wäre die Antragstellerin zwingend verpflichtet gewesen, bereits bei Angebotsabgabe darzulegen, mit welchen unmittelbar oder mittelbar verbundenen Unternehmen sie beabsichtige, die Leistungen auszuführen und dass diese mit ihren personellen und technischen Mitteln ihr auch tatsächlich zur Verfügung stehen würden. Die diesbezüglich notwendige Erklärung könne, ebenso wie die Erklärung zum Nachunternehmereinsatz, nicht nach Angebotsabgabe nachgeholt werden.

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Weiterhin sei festzustellen, dass die Antragstellerin nicht die gebotene Fachkunde und Leistungsfähigkeit besitze, um die wesentliche Teilleistung des bituminösen Straßenbaus und die Verfestigung von Tragschichten des Straßenoberbaus qualifiziert herzustellen. In Bezug auf die Teilleistung des bituminösen Straßenbaus habe die Antragstellerin bereits im Aufklärungsgespräch Hinweise gegeben, dass keine ausreichende Qualifikation und Leistungsfähigkeit vorliege. So habe die Antragstellerin im Aufklärungsgespräch selbst darauf hingewiesen, dass ihr nur begrenzt Ressourcen zur Verfügung stehen würden. In Bezug auf die Teilleistung "Verfestigung des Straßenoberbaus" habe die Antragstellerin erklärt, dass zwar in ihrem Hause entsprechende Geräte vorhanden seien, mit der Verfestigung im Straßenoberbau habe sie aber noch keine Erfahrungen gesammelt. Auch wenn die Antragstellerin angebe, dass sie über Erfahrungen im Bereich von Untergrundverbesserung im Bahnbau verfüge, blieben die Zweifel an der Qualifikation der Antragstellerin bestehen.

15

Auch die Darlegung der Antragstellerin, dass § 17 Nr. 1 Abs. 2 s VOB/A den Ausschluss ihres Angebotes verbiete, weil in der Vergabebekanntmachung keine Eignungsanforderungen genannt worden seien, sei rechtlich fehlerhaft. Diese Vorschrift fordere von der ausschreibenden Stelle, dass in der Bekanntmachung u.a. die verlangten Nachweise für die Beurteilung der Eignung der Bieter benannt werden sollen. Diese Vorschrift solle damit die Bieter in die Lage versetzen, bereits bei Bekanntmachung zu erfahren, welche Nachweise von ihnen vorzulegen seien. Diese Vorschrift verbiete ausdrücklich nicht, dass ein Angebot eines Bieters gem. § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOB/A ausgeschlossen werden könne, weil die Vergabestelle zu der Entscheidung gelangt sei, dass es dem Bieter an der erforderlichen Fachkunde und Leistungsfähigkeit mangele. Insoweit gehe auch diese Darlegung der Antragstellerin fehl.

16

Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 09.03.2005 beantragte die Antragstellerin die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens. Die Antragstellerin ergänzt und vertieft ihren Vortrag in Bezug auf die bereits im Rügeschreiben vom 01.03.2005 gegenüber der Auftraggeberin monierten Vergaberechtsverstöße hinsichtlich der Stellung der Firma ... als konzernverbundenes Unternehmen und der damit verbundenen Möglichkeit der Antragstellerin, jederzeit auf deren innerbetriebliche Ressourcen zurückgreifen zu können, hinsichtlich des Unterlassens der Auftraggeberin, die Eignungsanforderungen an die Bieter bereits in der Vergabebekanntmachung aufzuführen und hinsichtlich der von der Auftraggeberin bestrittenen Bietereignung der Antragstellerin in Bezug auf die Herstellung der Gewerke "Bituminöser Oberbau" und "Verfestigung des Straßenoberbaus".

17

Die Antragstellerin beantragt,

  1. 1.

    der Auftraggeberin aufzugeben, den Zuschlag nur unter Berücksichtigung des Angebots der Antragstellerin vom 17.11.2004 zu erteilen, hilfsweise und für die Fälle des § 114 Abs. 2 GWB festzustellen, dass die Antragstellerin in ihren Bieterrechten nach § 97 Abs. 7 GWB verletzt wurde,

  2. 2.

    die Hinzuziehung des Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin gem. § 128 Abs. 4 GWB für notwendig zu erklären,

  3. 3.

    der Auftraggeberin die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung der Antragstellerin aufzuerlegen.

18

Die Auftraggeberin beantragt,

  1. 1.

    den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen,

  2. 2.

    der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

19

Mit Schriftsatz vom 17.03.2005 ergänzt und vertieft die Auftraggeberin ihren Vortrag in Bezug auf die bereits mit Schriftsatz vom 07.03.2005 gegenüber der Antragstellerin vorgetragene Argumentation. Insbesondere aus der unzutreffenden Aussage der Antragstellerin, bei den Asphaltierungsarbeiten und den Maßnahmen zur Verfestigung des Straßenoberbaus handele es sich um nicht wesentliche Teilleistungen, lasse sich der Schluss ziehen, dass die Antragstellerin diese Arbeiten vollkommen unterschätzt habe. Unter Zugrundelegung des Angebots der Antragstellerin hätten allein die Asphaltierungsarbeiten einen monetären Umfang von ca. 3,2 Mio. EUR. Es sei somit nicht nachvollziehbar, wie die Antragstellerin zu der Auffassung gelangen könne, dass die Asphaltierungsarbeiten bei einer Straßenbaumaßnahme keine wesentliche Teilleistung darstellen würden. Im Gegensatz zur Auffassung der Antragstellerin seien die Asphaltierungsarbeiten auch keine einfach gelagerte Arbeit. Dasselbe gelte für die speziellen Vermörtelungsarbeiten für die Frostschutzschicht. Diese Arbeiten hätten unter Zugrundelegung des Angebots der Antragstellerin einen monetären Umfang von rd. 230.000,00 EUR. Auch diese Arbeiten hätten für die Qualität der herzustellenden Straße eine entscheidende Bedeutung, denn auf der Frostschutzschicht würden die weiteren Asphaltschichten für die zu errichtende Straße aufgebracht. Es sei klar, dass eine unzureichend hergestellte Frostschutzschicht negative Auswirkungen auf die Qualität des weiteren Straßenbaus habe.

20

Auch die Bepreisung der Antragstellerin in ihrem Hauptangebot bei den einschlägigen Positionen für die Asphaltierungsarbeiten sei ein weiteres Indiz, dass die Antragstellerin diese Positionen bei Angebotsabgabe nicht richtig erfasst habe. Bei den Positionen 0.03.02.0004-0.03.02.0008 habe die Antragstellerin für die zu erbringenden Leistungen einen Preis angegeben, der rd. 410.000,00 EUR unterhalb des Preises der Beigeladenen liege. Auch zum Drittplatzierten betrage der Abstand rd. 320.000,00 EUR. Bei den Positionen 0.04.00.0001-0.04.00.0008 betrage der Preisabstand rd. 180.000,00 EUR zur Beigeladenen und rd. 230.000,00 EUR zum Drittplatzierten. Bei dem Leistungsumfang der Positionen 0.03.02.0004-0.03.02.0008 und 0.04.00.0001-0.04.00.0008 habe die Antragstellerin rd. 24 % günstiger kalkuliert als die Beigeladene und die Drittplatzierte. Bei den Vermörtelungsarbeiten für die Frostschutzschicht gelte dasselbe. Hier liege der Preis der Antragstellerin um ca.

21

40.000,00 EUR (rd.25%) niedriger als der Preis der beigeladenen Bietergemeinschaft.

22

Die Beigeladene beantragt,

  1. 1.

    den Nachprüfungsantrag abzuweisen,

  2. 2.

    die Hinzuziehung des Verfahrensbevollmächtigten auf Seiten der Beigeladenen für erforderlich zu erklären und

  3. 3.

    der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

23

Die Beigeladene unterstützt das Vorbringen der Auftraggeberin. Die Antragstellerin habe ihre Eignung für die streitbefangene Maßnahme nicht nachgewiesen. Sie könne diesbezüglich nicht auf die Fa. ... verweisen. Die Rechtsprechung des EuGH zur Berücksichtigungsfähigkeit konzernverbundener Unternehmen greife im vorliegenden Fall nicht, da es sich bei der Fa. ... nicht um ein Tochter-, sondern lediglich um ein Schwesterunternehmen handele. Die Antragstellerin habe aber mit ihrem Angebot nicht erklärt, geschweige denn nachgewiesen, dass sie über entsprechende Personal- und Geräteressourcen ihrer Schwestergesellschaft verfügt. Aber auch ein Einsatz des Schwesterunternehmens als Nachunternehmer scheide hier aus, weil die Antragstellerin in ihrem Angebot keine Teilleistungen benannt habe, für die sie einen Nachunternehmer einsetzen möchte.

24

Wegen des übrigen Sachverhalts wird auf die Vergabeakte, die Schriftsätze der Beteiligten und das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 31.03.2005 Bezug genommen.

25

II.

Der Nachprüfungsantrag ist zulässig, aber unbegründet. Die Antragstellerin ist nicht in ihren Rechten gem. §§ 97 Abs. 7, 114 Abs. 1 GWB verletzt. Die Auftraggeberin ist zwar weder gehalten noch berechtigt, das Angebot der Antragstellerin wegen vermeintlich unvollständiger Nachunternehmerangaben auf der 1. Stufe der Angebotswertung auszuschließen. Denn die Antragstellerin hat weder mit ihrem Angebot noch im Zuge der Aufklärungsverhandlungen erklärt, dass sie beabsichtigt, Teilleistungen im Wege der Untervergabe an ihr Konzern-Schwesterunternehmen ... zu erbringen. Die Auftraggeberin hat sich aber im Rahmen des von ihr gemäß § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOB/A auszuübenden Ermessens gehalten, als sie sich auf der Grundlage des Aufklärungsgesprächs im Ergebnis entschloss, das Angebot aufgrund nicht hinreichend nachgewiesener Eignung der Antragstellerin für wesentliche Teilleistungen der streitbefangenen Baumaßnahme auf der 2. Stufe der Angebotswertung auszuschließen. Der erstmalig im Zuge des Aufklärungsgespräches vom 02.12.2004 erfolgte Hinweis der Antragstellerin, dass man beabsichtige, Mitarbeiter und Geräte für die Asphaltierung bei der Firma ... anzumieten, hätte mitsamt einer korrespondierenden Erklärung dieses Konzernverbundenen Schwesterunternehmens bereits mit dem Angebot erfolgen müssen, um sich auch diese Leistungen als Leistungserbringung im eigenen Betrieb zurechnen zu können. Der Vortrag der Antragstellerin im Nachprüfungsverfahren, sie habe auch diese Leistungen von Anfang an im eigenen Betrieb erbringen wollen, steht im Widerspruch zu der im Aufklärungsgespräch vom 02.12.2004 unstreitig erfolgten Erklärung der Antragstellerin, sie wolle mit der Fa. ... hinsichtlich der Asphaltierungsarbeiten zusammenarbeiten und nur die kleineren Arbeiten (Umleitung, Verbreiterungen, Lückenschlüsse) selbst ausführen, weil sie selbst nurüber einen begrenzten Mitarbeiter- und Gerätestamm verfüge.

26

1.

Der Nachprüfungsantrag ist zulässig. Bei der Auftraggeberin, der Bundesrepublik Deutschland, handelt es sich um eine Gebietskörperschaft und damit einenöffentlichen Auftraggeber im Sinne des § 98 Nr. 1 GWB. Das Land Niedersachsen, vertreten durch die Niedersächsische Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr - Außenstelle ... - (vormals: Straßenbauamt ... ) führt das beanstandete Vergabeverfahren im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung gem. Art. 85 GG für die Bundesrepublik Deutschland - Straßenbauverwaltung - durch. Der streitbefangene Auftrag übersteigt auch den für die Zuständigkeit der Vergabekammer maßgeblichen Schwellenwert gem. § 100 Abs. 1 GWB. Danach gilt der 4. Teil des GWB nur für solche Aufträge, die die Auftragswerte erreichen oder überschreiten, die durch Rechtsverordnung nach § 127 GWB festgelegt sind. Bei den ausgeschriebenen Leistungen handelt es sich um einen Bauauftrag im Sinne des § 1 VOB/A. Für Bauaufträge gilt gem. § 2 Nr. 4 der am 01.02.2001 in Kraft getretenen Vergabeverordnung (VgV) vom 09.01.2001 ein Schwellenwert von 5 Mio. EUR. Werden Bauaufträge losweise ausgeschrieben, gilt gem. § 2 Nr. 7 VgV ein Schwellenwert von 1 Mio. EUR oder bei Losen unterhalb 1 Mio. EUR deren addierter Wert ab 20 % des Gesamtwertes aller Lose. Bereits auf der Grundlage des vom Auftraggeber als wirtschaftlichstes Angebot ermittelten Angebotes der Beigeladen beträgt der Gesamtpreis 19.223.088,48 EUR. Der Wert des ausgeschriebenen Gesamtauftrages übersteigt damit deutlich den für die Anrufung der Vergabekammer maßgeblichen Schwellenwert.

27

Die Antragstellerin ist auch gem. § 107 Abs. 2 GWB antragsbefugt, da sie als Bieterin ein Interesse am Auftrag hat und eine Verletzung von Rechten durch die Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht, indem sie vorträgt, die Auftraggeberin habe ihr Angebot zu Unrecht ausgeschlossen, obwohl die von der Auftraggeberin zur Begründung angeführten Regelungen gem. § 25 Nr. 1 lit. b VOB/A, § 21 Nr. 1 VOB/A wegen vermeintlich unvollständiger Erklärungen im Angebot und gem. § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOB/A wegen vermeintlich fehlender Eignung nicht vorlägen. Sie beabsichtige, auch die streitbefangenen Teilleistungen "Bituminöser Straßenoberbau" und "Verfestigung des Straßenoberbaues" im eigenen Betrieb durchzuführen und verfüge auch diesbezüglich über die erforderliche Fachkunde und Leistungsfähigkeit. Voraussetzung für die Antragsbefugnis nach § 107 Abs. 2 GWB ist, dass das antragstellende Unternehmen einen durch die behauptete Rechtsverletzung entstandenen oder drohenden Schaden darlegt. Das bedeutet, dass die Antragstellerin diejenigen Umstände aufzeigen muss, aus denen sich die Möglichkeit eines solchen Schadens ergibt. Die diesbezüglichen Anforderungen an die Darlegungslast dürfen aber nicht überspannt werden (vgl. Byok/Jaeger, VergabeR, 2. Aufl., § 107 GWB, Rn. 954). Die Antragstellerin hat ein entsprechendes Rechtsschutzbedürfnis dargelegt. Sie hat schlüssig vorgetragen, dass sie bei aus ihrer Sicht vergaberechtskonformer Angebotswertung eine Chance auf den Zuschlag gehabt hätte, was sich vorliegend schon daraus ergibt, dass sie nach der ursprünglichen Fassung des Vergabevermerkes des Straßenbauamtes ... vom 08.12.2004 das wirtschaftlichste Angebot abgegeben hatte. Es ist im Übrigen nicht erforderlich, dass ein Antragsteller auch schlüssig darlegt, dass er bei vergabekonformem Verhalten des Auftraggebers den Zuschlag auch tatsächlich erhalten hätte (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss v. 13.04.1999, Az.: Verg 1/99, S. 24).

28

Die Antragstellerin ist auch ihrer Pflicht gem. § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB nachgekommen, vor Anrufung der Vergabekammer die behaupteten Verstöße gegen die Vergabevorschriften bereits im Vergabeverfahren selbst gegenüber dem Auftraggeber unverzüglich zu rügen. Bei der Vorschrift des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB handelt es sich um eine Präklusionsregel unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben. Der Bieter soll Vergabefehler nicht auf Vorrat sammeln. Die Rügepflicht des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB entsteht, sobald ein Bieter oder Bewerber im Vergabeverfahren einen vermeintlichen Fehler erkennt. Vorausgesetzt ist die positive Kenntnis des Anbieters von den Tatsachen. Ausreichend für die positive Kenntnis eines Mangels im Sinne des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB ist bereits das Wissen um einen Sachverhalt, der den Schluss auf die Verletzung vergaberechtlicher Bestimmungen erlaubt und es bei vernünftiger Betrachtung gerechtfertigt erscheinen lässt, das Vergabeverfahren als fehlerhaft zu beanstanden (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss v. 22.08.2002, Az.: Verg 9/02). Unter Zugrundelegung dieses zutreffenden Maßstabes hat die Antragstellerin die vermeintlichen Vergaberechtsverstöße rechtzeitig gerügt. Die Auftraggeberin hat die Antragstellerin mit Schreiben vom 24.02.2005, eingegangen bei der Antragstellerin am 25.02.2005, gem.§ 13 VgV darüber informiert, dass ihr Angebot ausgeschlossen wurde und dass beabsichtigt sei, der Beigeladenen den Zuschlag zu erteilen. Mit Anwaltsschreiben vom 01.03.2005 rügte die Antragstellerin die Vergabeentscheidung der Auftraggeberin, wobei sie detailliert darlegte, warum ihrer Auffassung nach die Voraussetzungen für einen Angebotsausschluss gem. § 25 Nr. 1 oder Nr. 2 VOB A nicht vorliegen. Unter Berücksichtigung des zwischen dem 25.02.2005 und dem 01.03.2005 liegenden Wochenendes und der berechtigten Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes erfolgte die Rüge der Antragstellerin unverzüglich im Sinne des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB.

29

2.

Der Nachprüfungsantrag ist jedoch unbegründet. Der Angebotsausschluss verletzt die Antragstellerin nicht in ihren Rechten im Sinne des § 97 Abs. 7 GWB. Zwar liegen die Voraussetzungen für einen zwingenden Angebotsausschluss gem. §§ 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b, 21 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A nicht vor. Das nach den Verdingungsunterlagen mit dem Angebot vorzulegende Verzeichnis der Nachunternehmerleistungen im Angebot der Antragstellerin war nicht unvollständig, weil die Antragstellerin weder im Angebot selbst noch im Zuge des Vergabeverfahrens erklärt hat, Teilleistungen an die Firma ... als Nachunternehmer zu vergeben (im Folgenden a). Soweit die Antragstellerin den Angebotsausschluss darüber hinaus jedoch auf die auf der 2. Stufe der Angebotswertung erfolgte Feststellung stützt, dass die Antragstellerin ihre Eignung für wesentliche streitbefangene Teilleistungen nicht hinreichend dargelegt habe, ist der Angebotsausschluss gem. § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOB/A zu Recht erfolgt. Die Antragstellerin hat im Zuge des Aufklärungsgesprächs vom 02.12.2004 die bei der Auftraggeberin nach wie vor bestehenden Zweifel hinsichtlich der Leistungsfähigkeit bezüglich der ausgeschriebenen Asphaltierungsarbeiten selbst geweckt, indem sie gegenüber der Auftraggeberin erstmalig erklärt hat, sie beabsichtige eine Zusammenarbeit mit dem Schwesterunternehmen ... , da sie selbst nur über einen begrenzten Mitarbeiter- und Gerätestamm verfüge. Lediglich die kleineren Arbeiten (Umleitungen, Verbreiterungen, Lückenschlüsse) würden von der Antragstellerin selbst ausgeführt (im Folgenden b).

30

a)

Die Auftraggeberin war weder verpflichtet noch berechtigt, das Angebot der Antragstellerin gem. § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b VOB/A i.V.m. § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 VOB/A von der Angebotswertung aufgrund eines vermeintlich unvollständigen Verzeichnisses der vom Bieter beabsichtigten Nachunternehmerleistungen im Angebot der Antragstellerin auszuschließen. Gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b VOB/A müssen unter anderem Angebote ausgeschlossen werden, die die geforderten Erklärungen im Sinne des § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 VOB/A nicht enthalten. Der Bundesgerichtshof hat in zwei Entscheidungen den zwingenden Charakter dieser Regelung betont und die damit verbundene Beschränkung des Beurteilungs- und Entscheidungsspielraums des Auftraggebers herausgestellt. Mit Urteil vom 07.01.2003 (Az.: X ZR 50/01 = VergabeR 5/2003, S. 558 ff.) hat er betont, dass ein Angebot, das nicht alle geforderten Preisangaben enthalte und deshalb nicht § 21 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A entspricht, zwingend auszuschließen ist. Ein transparentes, auf Gleichbehandlung aller Bieter beruhendes Vergabeverfahren, wie es die VOB/A Gewähr leisten solle, sei nur zu erreichen, wenn in jeder sich aus den Verdingungsunterlagen ergebenden Hinsicht vergleichbare Angebote abgegeben werden. Mit Beschluss vom 18.02.2003 (Az.: X ZB 43/02 = VergabeR 3/2003, S. 313 ff., 317, 318) hat der BGH noch einmal auf die vorgenannte Entscheidung Bezug genommen und das vorlegende Oberlandesgericht angewiesen zu prüfen, ob die fehlende Angabe von Fabrikaten und Herstellern in mehr als 120 Positionen im dortigen konkreten Fall dazu führt, dass das Angebot der Antragstellerin nicht dem § 21 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A entspricht und deshalb gem. § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b VOB/A auszuschließen ist. Der BGH betont, dass der öffentliche Auftraggeber im Rahmen des§ 25 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A bei Vorliegen der dort aufgestellten Voraussetzungen kein Recht zu einer wie auch immer gearteten großzügigen Handhabe hat, sondern gezwungen ist, das betreffende Angebot aus der Wertung zu nehmen. Nach der Rechtsprechung des BayObLG (Beschluss v. 15.04.2003, Az.: 5/03 = Vergaberechts-Report 5/2003, S. 1 ff.) handelt es sich auch bei den Angaben des Bieters zu Art und Umfang eines beabsichtigten Nachunternehmereinsatzes grundsätzlich um eine kalkulationserhebliche Erklärung, die sich wegen ihrer wesentlichen Bedeutung für die Beurteilung der Sachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit eines Bieters auf die Wettbewerbsstellung auswirkt. Es bestehe keine Veranlassung für den Auftraggeber, erst durch langwierige Durchsicht von Unterlagen und arbeitsintensive Berechnungen herauszufinden, welche konkrete Bedeutung die Angaben des Bieters zum Nachunternehmereinsatz haben. Vor allem muss sich der Auftraggeber nicht auf eigene unsichere und streitträchtige Rückschlüsse verweisen lassen. Der Bieter sei zur eindeutigen und klaren Angabe über den beabsichtigten Nachunternehmereinsatz verpflichtet. Fehlende oder unklare Angaben zum beabsichtigten Nachunternehmereinsatz dürfen nach Auffassung des BayObLG nicht durch Nachverhandlungen gem. § 24 Nr. 1 VOB/A bereinigt werden. Demgegenüber hat das OLG Celle (vgl. Beschluss v. 22.05.2003, Az.: 13 Verg 10/03) entschieden, dass die Nichtvorlage einer Unterauftragnehmererklärung zum Submissionstermin nicht ohne weiteres den Ausschluss vom Vergabeverfahren rechtfertigt. Auch das OLG Celle bestätigt zwar, dass die Frage des Nachunternehmereinsatzes für die Beurteilung der Eignung der Bieter von entscheidender Bedeutung ist. Es sei jedoch grundsätzlich für den Auftraggeber zumutbar und im Rahmen der ihm zur Verfügung stehenden Aufklärungsmöglichkeiten nach § 24 VOL/A / § 24 VOB/A auch geboten, die Antragstellerin zunächst aufzufordern, die fehlende Nachunternehmererklärung nachzureichen. Das OLG Celle hat damit seine Rechtsprechung im Beschluss vom 08.11.2001, Az.: 13 Verg 12/01 (= VergabeR 2/2002, S. 176 ff.) noch einmal bestätigt. Angedeutet hatte das OLG im dortigen Beschluss allerdings, dass die Nichtabgabe eines Nachunternehmerverzeichnisses dann möglicherweise anders zu behandeln sei, wenn die an Dritte zu vergebenden Arbeiten einen ganz erheblichen Teil des Leistungsverzeichnis ausmachen, was aber im dort zu Grunde liegenden Sachverhalt nicht er Fall war.

31

Dies kann jedoch im folgenden Fall dahinstehen. Weder die Äußerungen der Antragstellerin im Aufklärungsgespräch vom 02.12.2004 über den beabsichtigten Rückgriff auf Material und Personal des Schwesterunternehmens ... noch der Vortrag der Antragstellerin im Zuge des Nachprüfungsverfahrens lassen den Rückschluss zu, dass die Antragstellerin insbesondere hinsichtlich der streitbefangenen Teilleistung "Asphaltierungsarbeiten" mit ihrem Angebot ein unvollständiges Verzeichnis der Nachunternehmerleistungen abgegeben hätte. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass die Antragstellerin weder bei Angebotsabgabe noch im Zuge der Aufklärungsverhandlungen beabsichtigt hat, die entsprechenden Teilleistungen an die Firma ... als Nachunternehmer zu vergeben. Entgegen der Auffassung der Auftraggeberin findet diese Bewertung auch keine Stütze in dem Vermerk über das Aufklärungsgespräch mit der Antragstellerin vom 02.12.2002. Darin hat die Antragstellerin ausweislich dieses Vermerks ausdrücklich erklärt, dass man im Laufe der Angebotsbearbeitung für die Asphaltierungsarbeiten keine Partner gefunden habe, weshalb hat sie, die Antragstellerin, die Mitarbeiter und Geräte für die Asphaltierung anmieten möchte. Konkret könne man sich diesbezüglich eine Zusammenarbeit mit der Firma ... als Mitglied des Firmenverbundes vorstellen. Dies lässt im Kontext allein den Schluss zu, dass die Antragstellerin tatsächlich mit Angebotsabgabe beabsichtigt hat, auch die Asphaltierungsarbeiten und die im Aufklärungsgespräch angebotenen Vermörtelungsarbeiten des Frostschutzes im eigenen Betrieb durchzuführen. Sie hat sich dabei lediglich - spätestens ab dem Zeitpunkt des Aufklärungsgespräches - auch den Einsatz von Mitarbeitern und Geräten der Konzernschwester ... als eigene Leistung zugerechnet. Nicht jeder Rückgriff auf dritte Unternehmen ist als Nachunternehmereinsatz im Sinne des § 4 Nr. 8 Abs. 1 Satz 2 VOB/B einzustufen. Der Nachunternehmer (Subunternehmer) zeichnet sich vielmehr dadurch aus, dass er zum Hauptunternehmer, nicht aber zum Auftraggeber in einem Vertragsverhältnis steht. Er soll die von ihm übernommene Leistung oder Leistungsteile in eigener Verantwortung erbringen, ohne dadurch zum Vertragspartner des Auftraggebers zu werden (vgl. Heiermann/Riedl, VOB, 10. Aufl., B § 4, Rn. 104, m.w.N.). Dagegen sind begrifflich nicht den Nachunternehmern zuzurechnen solche Unternehmer, die selbst keine Teile der in Auftrag gegebenen Bauleistung erbringen, sondern in Hilfsfunktionen tätig sind. Dazu gehören beispielsweise regelmäßig Fuhrunternehmer sowie Baumaschinen- und Geräteverleiher (vgl. Heiermann/Rusam, a.a.O., A § 8, Rn. 13). Im vorliegenden Fall hat die Antragstellerin gegenüber der Auftraggeberin weder in ihrem Angebot noch im Zuge des Vergabeverfahrens erklärt, dass sie eine komplette Teilleistung, insbesondere die Asphaltierungsarbeiten durch die Firma ... durchführen lassen wolle. Vielmehr will sie diesbezüglich ausdrücklich auf Mitarbeiter und Geräte der Firma ... zurückgreifen. Im Nachgang zum Bietergespräch vom 12.02.2004 hat sie mit Schreiben vom 16.12.2004 diesen Rückgriff auf die Firma ... dahingehend konkretisiert, dass für den Auftragsfall verbindlich vereinbart sei, dass der Baustelle Herr ... von der ... als Fachbauleiter für die Herstellung der Asphalttragschichten sowie Deck- und Binderschichten zur Verfügung steht. Die Antragstellerin hat somit ihrem Angebot kein unvollständiges Verzeichnis der Nachunternehmerleistungen beigefügt. Ein Ausschluss des Angebotes gem. § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b VOB/A i.V.m. § 21 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A wäre daher nicht gerechtfertigt. Vielmehr musste die Auftraggeberin im Zuge der Angebotswertung davon ausgehen, dass die Antragstellerin auch die streitbefangene Teilleistung Asphaltierungsarbeiten im eigenen Betrieb erbringen würde, und hatte deshalb - wie ausweislich der Vergabeakte auch geschehen - auf der 2. Wertungsstufe auch die Eignung der Antragstellerin bezüglich dieser Teilleistung zu überprüfen.

32

b)

Die Auftraggeberin hat sich jedoch im Namen des ihr durch § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOB/A eingeräumten Ermessens gehalten, als sie auf der Grundlage des Angebotes der Antragstellerin und dem Ergebnis des Aufklärungsgespräches vom 02.12.2004 im Zuge der 2. Wertungsstufe entschieden hat, das Angebot der Antragstellerin auszuschließen, weil sie für die streitbefangenen wesentlichen Teilleistungen "Bituminöser Straßenbau" (Asphaltierungsarbeiten) und "Verfestigung von Tragschichten des Straßenoberbaues" die Eignung der Antragstellerin nicht als hinreichend nachgewiesen angesehen werden konnte. Gemäß § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOB/A muss der Auftraggeber die Eignung des Bieterunternehmens zwingend prüfen. Die Bieter müssen die erforderliche Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit besitzen und über ausreichende technische und wirtschaftliche Mittel verfügen. Dabei ist grundsätzlich davon auszugehen, dass dem Auftraggeber bei der Beurteilung der Eignung eines Bieters ein Ermessensspielraum zukommt. Dieser ist nur auf Ermessensfehler zu überprüfen, insbesondere ob die Vergabestelle ihr Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt hat, ob der Sachverhalt zutreffend und vollständig ermittelt worden ist oder ob die Entscheidung durch sachfremde Erwägungen bestimmt ist (vgl. Brinker/Ohler in: Beck'scher VOB-Kommentar, § 25 VOB/A, Rn. 29, m.w.N.). Die Vergabekammern und Vergabesenate können die Entscheidung eines Auftraggebers über die Eignung eines Unternehmens folglich nur daraufhin überprüfen, ob die rechtlichen Grenzen dieses Beurteilungsspielraumes überschritten sind (vgl. Weyand, VergabeR, § 97 GWB, Rn. 240, 241; OLG Celle, Beschluss v. 11.03.2004, Az.: 13 Verg 3/04). Die Fachkundeüberprüfung bezieht sich dabei auf die technischen Fertigkeiten eines Bieters. Fachkundig ist, wer über die für die Vorbereitung und Ausführung der Bauleistung notwendigen technischen Kenntnisse verfügt. Leistungsfähig ist der Bieter, derüber das für die fach- und fristgerechte Ausführung des Bauauftrages notwendige Personal und Gerät verfügt und die Erfüllung seiner Verbindlichkeiten erwarten lässt. Zuverlässig schließlich ist der Bieter, der seinen gesamten gesetzlichen Verpflichtungen nachgekommen ist, so dass er, auch aufgrund der Erfüllung früherer Verträge, eine einwandfreie Ausführung des Bauauftrages einschließlich der Erbringung der Gewährleistungen erwarten lässt (vgl. Brinker/Ohler, a.a.O., § 25 VOB/A, Rn. 33, 37, 38, m.w.N.).

33

Die Zuverlässigkeit der Antragstellerin ist im vorliegenden Fall unstreitig gegeben. Auch die erforderliche Fachkunde kann nach Auffassung der Vergabekammer entgegen der Auffassung der Auftraggeberin auf der Grundlage des in der Vergabeakte enthaltenen detaillierten Vermerks des Straßenbauamtes ... vom 02.12.2004 über die Qualifikation der Antragstellerin durchaus unterstellt werden. Danach liegt das bisherige Betätigungsfeld der Antragstellerin bislang zwar nicht auf dem Gebiet des Autobahnbaus. Es ist jedoch zu mehr als 50 % auf den Verkehrswegebau, den Ingenieurbau sowie den Straßen- und Wegebau ausgerichtet. Öffentlicher Hauptauftraggeber der Firma waren unter anderem die ... sowie in geringerem Umfang einzelne Kommunen. Auch Bauleistungen größeren straßenbaulichen Umfangs (darunter auch Umlegungen von BAB-Teilabschnitten) und die Erstellung komplexer und komplizierter Ingenieurbauwerke seien vornehmlich im Zusammenhang mit Ausbauvorhaben der ... erbracht worden. Im Rahmen von Arbeitsgemeinschaften seien darüber hinaus weitere straßenbauliche Projekte realisiert worden. Der Antragstellerin kann nach den Feststellungen des Straßenbauamtes ... eine entsprechende Kompetenz und das Know-how im Verkehrswegebau, Schiene und Straße, Ingenieurbau, Umwelttechnik und Schlüsselfertigkeit bescheinigt werden. Unstreitig kann die Antragstellerin auf die für die Auftraggeberin durchgeführte Baumaßnahme (Grunderneuerung der Bundesstraße ... ) verweisen, die von ihrem eigenen Bauleiter, Herrn ... , betreut wurde. Dabei wurden die ausführenden Mitarbeiterkolonnen der Antragstellerin, die die dortigen Asphaltierungsarbeiten durchgeführt haben, von den eigenen Mitarbeitern ... und ... geführt. Die Auftraggeberin hat ausweislich der Vergabeakte daher auch zu Recht ursprünglich selbst keinen Anlass gesehen, die Fachkunde der Antragstellerin für die im Rahmen des Autobahnbaus durchzuführenden Tätigkeit grundsätzlich in Frage zu stellen.

34

Die Auftraggeberin ist jedoch aus ausweislich des in der Vergabeakte enthaltenen Vermerks des dem Straßenbauamt ... vorgesetzten Niedersächsischen Landesamtes für Straßenbau (jetzt: Niedersächsische Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr) vom 20.12.2004 zum Vergabevermerk des Straßenbauamtes vom 08.12.2004 nachvollziehbar und im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass die Antragstellerin ihre Leistungsfähigkeit für die im Rahmen der konkreten streitbefangenen Baumaßnahme zu erbringenden Teilleistungen "Bituminöser Straßenbau" (Asphaltierungsarbeiten) und "Verfestigung des Straßenoberbaues" nicht nachgewiesen hat. Die entsprechenden, auch bislang nicht ausgeräumten Zweifel hat die Antragstellerin selbst im Aufklärungsgespräch am 02.12.2004 geweckt. Der Inhalt des in der Vergabeakte enthaltenen Vermerks über das Gespräch vom 02.12.2004 und der dort dokumentierte Verlauf des Gesprächs wurde von der Antragstellerin auch im Zuge des Nachprüfungsverfahrens nicht bestritten. Die Antragstellerin hat lediglich schriftsätzlich und auch in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass ihrer Auffassung nach das dem Straßenbauamt ... vorgesetzte Niedersächsische Landesamt für Straßenbau die falschen Schlüsse aus diesem Aufklärungsgespräch gezogen habe, während das Straßenbauamt ... selbst zunächst ausweislich der ursprünglichen Fassung des Vergabevermerks vom 08.12.2004 und dem beigefügten Vermerk über die Qualifikation der Antragstellerin vom 02.12.2004 im Rahmen der Eignungsprüfung zutreffend davon ausgegangen sei, dass die Eignung der Antragstellerin für die Erbringung sämtlicher Leistungen im eigenen Betrieb unterstellt werden könne. Die Antragstellerin hat jedoch ausweislich des in der Vergabeakte enthaltenen Vermerks vom 02.12.2004 im Aufklärungsgespräch hinsichtlich ihrer Leistungsfähigkeit folgende Erklärungen abgegeben:

"Auf Nachfrage, wie beispielsweise die wichtigen Asphaltierungsarbeiten oder auch die recht speziellen Vermörtelungsarbeiten des Frostschutzes ausgeführt werden sollen, wurde folgende Antwort gegeben: Die Firma ... (Antragstellerin) befindet sich in einem Firmenverbund unter französischer Leitung (Fa. ... , ca. 40.000 Mitarbeiter). Da man selbst nur über einen begrenzten Mitarbeiter- und Gerätestamm (2 Fertiger, 4 Walzen) für Asphaltbau verfügt, könnte man sich eine Zusammenarbeit mit der Firma ... als Mitglied des Firmenverbundes vorstellen. Die kleineren Arbeiten (Umleitungen, Verbreiterungen, Lückenschlüsse) werden von der Firma ... (Antragstellerin) selbst ausgeführt. Da man im Laufe der Angebotsbearbeitung keine Partner für die Asphaltarbeiten gefunden hat, möchte die Firma ... die Mitarbeiter und Geräte für die Asphaltierung anmieten. Man sieht den Anteil für Lohn und Geräte mit einem Anteil von 160.000 EUR beim Deckenbau im Gegensatz zum Materialeinsatz von rd. 3.000.000 EUR auch als relativ gering an. In Hinsicht auf die vorgesehenen Vermörtelungsarbeiten erklärt die Baufirma, dass im Hause entsprechende Geräte vorhanden sind. Mit der Verfestigung von Tragschichten im Straßenoberbau habe man zwar noch keine Erfahrungen gesammelt, jedoch wurden bereits mehrfach vergleichbare Arbeiten im Zuge von Untergrundverbesserungen im Bahnbau durchgeführt." (Hervorhebungen durch die Vergabekammer).

35

Im Nachgang und unter Bezug auf dieses Aufklärungsgespräch hat die Antragstellerin dann erstmals mit Schreiben vom 16.12.2004 der Auftraggeberin ein Organigramm mit der Struktur des ... -Konzerns in Deutschland übersandt, die Struktur und die Beteiligungsverhältnisse innerhalb des Konzerns erläutert und konkret erläutert, wie sie sich die Einbindung der ebenfalls zum Konzern gehörenden Firma ... in die Baumaßnahme vorstellt. Dort heißt es:

"Für den Auftragsfall ist verbindlich vereinbart, dass der Baustelle Herr ... von der ... GmbH als Fachbauleiter für die Herstellung der Asphalttragschichten sowie Deck- und Binderschichten zur Verfügung steht. In jüngster Zeit hat Herr ... u.a. auf den Autobahnen A 42, A 52 und B 1 im Auftrag des Landesbetriebes Straßenbau NRW, NL ... Deckenerneuerungen durchgeführt." ...

36

Diese erstmalig im Zuge der Aufklärungsverhandlungen erfolgten Hinweise auf den beabsichtigten Einsatz des Konzern-Schwesterunternehmens ... GmbH hätten nur dann nicht im Widerspruch zu der Erklärung der Antragstellerin gestanden, dass sie von Anfang an beabsichtigt habe, auch die streitbefangenen Teilleistungen im eigenen Betrieb zu erbringen und dies auch nach wie vor beabsichtige, wenn sich die Antragstellerin die Leistungen der ... AG teils im eigenen Betrieb zu erbringende Leistungen zurechnen könnte. Dem steht jedoch nach der Rechtsprechung der Vergabesenate und der Vergabekammern zur Berücksichtigung von konzernverbundenen Unternehmen im Rahmen der Eignungsprüfung entgegen, dass die Antragstellerin auf den beabsichtigten Rückgriff auf Leistungen ihres Konzern-Schwesterunternehmens ... GmbH nicht bereits im Angebot hingewiesen hat. Geschweige denn hat sie mit Angebotsabgabe eine entsprechende Bestätigung der Firma ... GmbH dahingehend beigebracht, dass ihre personellen und materiellen Ressourcen der Antragstellerin für den streitbefangenen Auftrag auch zur Verfügung stehen. Grundsätzlich gibt der Bieter durch seine Teilnahme am Wettbewerb zu erkennen, dass er aus seiner Sicht in der Lage ist, die Gesamtleistung vertragsgerecht zu erbringen (vgl. Beck'scher VOB-Kommentar, § 25 VOB/A, Rn. 47). Ungeachtet der Möglichkeit der Übertragung von Teilleistungen auf Nachunternehmer, darf zwar allein der Umstand, dass ein Bieter zur Ausführung des Auftrages Mittel einzusetzen beabsichtigt, die er selbst nicht besitzt, nicht allein zum zwingenden Ausschluss dieses Bieters aus der Wertung führen (vgl. EuGH, Rs. 389/92 Ballast Nedam Groep I, Rs. C 5/97, Ballast Nedam Groep II und Rs. C 176/98 Holst Italia). In einem solchen Fall muss der Bieter jedoch zur Gewissheit des Auftraggebers mit Angebotsabgabe darlegen, dass diesem tatsächlich während des gesamten Auftragszeitraumes diejenigen Betriebsmittel zur Verfügung stehen werden, auf die der Bieter zurückgreifen will (vgl. VK Sachsen, Beschluss v. 28.01.2004, Az.: 1/SVK/158-03 = Vergaberechts-Report 3/2004, S. 3). Der Nachweis der tatsächlichen Verfügungsgewalt des Bieters über Kapazitäten konzernverbundener Unternehmen ist innerhalb der Angebotsfrist zu führen (vgl. OLG Naumburg, Beschluss v. 09.09.2003, Az.: 1 Verg 9/03, S. 7, zitiert nach VERIS).

37

Bei der grundsätzlich vergaberechtlich bestehenden Möglichkeit des Rückgriffs auf konzernverbundene Unternehmen ist zu unterscheiden, in welchem Verhältnis das Bieterunternehmen zum entsprechenden Konzernunternehmen steht. Bietet z.B. eine Holding mit ihrem Tochterunternehmen an und kann die Holding jederzeit auf die Tochterunternehmen zurückgreifen, so sind deren Leistungen ohne weiteres Eigenleistungen des Bieters. Bietet ein Tochterunternehmen mit einemübergeordneten Konzernunternehmen an, wäre bereits eine verbindliche Absichtserklärung des beherrschenden Unternehmens mit Angebotsabgabe erforderlich. Ebenso, wie ein Tochterunternehmen nicht ohne weiteres für die Konzernmutter anbieten kann, kann aber auch - wie im vorliegenden Fall - ein Schwesterunternehmen nicht weitere Schwestern ohne weiteres verbindlich als eigene Leistungserbringer verpflichten. Will ein Bieter Leistungen eines Schwesterunternehmens als Eigenleistungen anbieten, so muss er in jedem Fall mit dem Angebot eindeutig den Nachweis erbringen, dass das Schwesterunternehmen so in die Leistungserbringung eingebunden werden soll, als wenn die Leistung durch ihn selbst erbracht werden würde (vgl. VK Sachsen, a.a.O., VK Lüneburg, Beschluss v. 14.02.2003, Az.: 203-VgK-35/2002, m.w.N.). Im vorliegenden Fall sind die Antragstellerin und die ... GmbH unstreitig selbstständige juristische Personen innerhalb des ... - Konzerns, die lediglich über eine gemeinsame Holding, die ... Verwaltungsgesellschaft mbH verbunden sind. Diese Holding hält 51 % der Anteile an der Antragstellerin und 100% der Anteile der ... GmbH. Die Antragstellerin war somit gehalten, bereits mit dem Angebot auf den beabsichtigten Einsatz von Ressourcen der Konzernschwester hinzuweisen und als Beleg eine entsprechende schriftliche Bestätigung der ... GmbH beizubringen, in der die Zur-Verfügung-Stellung der materiellen und personellen Ressourcen bestätigt wird. Die Antragstellerin hat jedoch im vorliegenden Fall nicht nur weder im Allgemeinen noch für den besonderen Auftragsfall dargelegt, wie sie effizient auf ihr Schwesterunternehmen zugreifen kann, um dieses - neben ihr - gegenüber dem Auftraggeber zu verpflichten und so sicherzustellen, dass die von dem Schwesterunternehmen zu erbringenden Leistungen auch tatsächlich erbracht werden können. Sie hat darüber hinaus auch versäumt,überhaupt auf den beabsichtigten Einsatz mit dem Angebot hinzuweisen. Die Auftraggeberin hat daher im Ergebnis zutreffend entschieden, dass sie die erstmalig im Zuge des Aufklärungsgesprächs am 02.12.2005 angebotenen personellen und materiellen Leistungen der ... GmbH bei der Prüfung der Eignung der Antragstellerin für die Erbringung der streitbefangenen Teilleistungen Asphaltierungsarbeiten und "Verfestigung des Straßenoberbaues" nicht berücksichtigen darf. Denn die erstmalig nach Ablauf der Angebotsfrist angebotene Zusammenarbeit mit dem Konzernschwesterunternehmen ... GmbH liefe im Ergebnis darauf hinaus, dass die Antragstellerin ihr ursprüngliches Angebot nach Ablauf der Angebotsfrist hinsichtlich dieser wesentlichen Teilleistungen inhaltlich abändert (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss v. 20.11.2001, Az.: Verg 33/01, S. 6, zitiert nach VERIS).

38

Der Ausschluss der Angebotes der Antragstellerin auf der 2. Wertungsstufe ist im vorliegenden Fall somit nicht sachwidrig erfolgt.

39

Der Nachprüfungsantrag war daher als unbegründet zurückzuweisen.

40

III. Kosten

41

Die Kostenentscheidung folgt aus § 128 GWB. Nach Art. 7 Nr. 5 des 9. Euro - Einführungsgesetzes (BGBl. 58/2001 vom 14.11.2001, S. 2992 ff.) vom 10.11.2001 werden die DM-Angaben in § 128 GWB für die von der Vergabekammer festzusetzende Gebühr durch Angaben in Euro im Verhältnis 1 : 2 ersetzt, so dass die regelmäßige Mindestgebühr nunmehr 2.500 Euro, die Höchstgebühr 25.000 Euro bzw., in Ausnahmefällen, 50.000 Euro beträgt.

42

Es wird eine Gebühr in Höhe von 8.497 EUR gemäß § 128 Abs. 2 GWB festgesetzt.

43

Der zu Grunde zu legende Auftragswert beträgt 18.821.103,15 EUR. Dieser Betrag entspricht der Angebotssumme des Angebotes der Antragstellerin und damit ihrem Interesse am Auftrag.

44

Die Gebührenermittlung erfolgt anhand einer Gebührentabelle des Bundeskartellamtes vom 09.02.1999 in der z. Zt. gültigen Fassung vom 01.01.2003. Hiernach wird der Mindestgebühr von 2.500 EUR (§ 128 (2) GWB) eine Ausschreibungssumme von bis zu 80.000 EUR zugeordnet und dem regelmäßigen Höchstwert von 25.000 EUR (§ 128 (2) GWB) eine Ausschreibungssumme von 70 Mio. EUR (höchste Summe der Nachprüfungsfälle 1996 -1998) gegenübergestellt. Bei einer Ausschreibungssumme von 18.821.103,15 EUR ergibt sich durch Interpolation eine Basisgebühr von 8.497 EUR.

45

Diese Gebühr schließt einen durchschnittlichen sachlichen und personellen Aufwand ein. Gutachterkosten und Kosten von Zeugenvernehmungen sind nicht angefallen.

46

Die im Tenor verfügte Kostentragungspflicht ergibt sich daraus, dass die Antragstellerin im Nachprüfungsverfahren i.S.d. § 128 Abs.3 Satz 1 GWB unterlegen ist.

47

Kosten der Beigeladenen:

48

Die Kostenentscheidung hinsichtlich der Erstattungsfähigkeit der Kosten der Beigeladenen folgt aus analoger Anwendung des § 162 Abs. 3 VwGO. Dort ist für das verwaltungsgerichtliche Verfahren geregelt, dass die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen nur erstattungsfähig sind, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt. Die analoge Anwendung dieser Vorschrift zu Gunsten eines obsiegenden Beigeladenen ist im Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer geboten (vgl. OLG Düsseldorf, NZBau 2000, S. 155, 158 [OLG Düsseldorf 12.01.2000 - Verg 3/99]; sowie OLG Düsseldorf, Beschluss v. 15.06.2000, Az.: Verg 6/00). Die für eine analoge Anwendung von Vorschriften erforderliche Regelungslücke ergibt sich daraus, dass gem. § 128 Abs. 4 Satz 2 lediglich geregelt wird: "Soweit ein Beteiligter im Verfahren unterliegt, hat er die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Auslagen des Antragsgegners zu tragen. § 80 des Verwaltungsverfahrensgesetzes und die entsprechenden Vorschriften der Verwaltungsverfahrensgesetze der Länder gelten entsprechend." Eine daraus folgende Ungleichbehandlung eines Beigeladenen gegenüber den anderen Beteiligten des Nachprüfungsverfahrens wäre jedoch nicht sachgerecht, zumal der Beigeladene schließlich gem. § 109 GWB deshalb den Beteiligten-Status erhält, weil "dessen Interessen durch die Entscheidung schwer wiegend berührt werden".

49

Einerseits darf daher zwar für den Antragsteller durch (mögliche) Beiladungen kein unkalkulierbares und damit abschreckendes Kostenrisiko entstehen. Andererseits dürfen aber auch Kosten des Beigeladenen nicht zu einer Waffenungleichheit zu seinen Lasten führen (vgl. Byok/Jaeger, Vergaberecht, § 128, Rdnr. 1034).

50

Unter Berücksichtigung dieser sachgerechten Grundsätze entspricht es im vorliegenden Fall der Billigkeit i.S.d. hier analog anzuwendenden § 162 Abs. 3 VwGO, dass die unterlegene Antragstellerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung im Nachprüfungsverfahren erforderlichen Aufwendungen der Beigeladenen, zu denen auch die Kosten einer in einem derartig komplexen, nicht nur materielles Vergaberecht, sondern auch prozessuale Rechtsfragen berührenden Verfahren ohne weiteres erforderlichen Hinzuziehung eines Rechtsanwalts gehören, zu tragen hat.

51

Die Auftraggeberin war nicht anwaltlich vertreten und hat keine Kostenerstattung beantragt.

52

Die Antragstellerin wird aufgefordert, den Betrag von 8.497 EUR unter Angabe des Kassenzeichens ... innerhalb einer Frist von einem Monat nach Rechtskraft dieses Beschlusses auf folgendes Konto zu überweisen:

53

XXX

Gause
Peter
Hintz