Vergabekammer Lüneburg
Beschl. v. 01.09.2005, Az.: VgK 36/05
Vergabe von Dienstleistungen der Stadtentwässerung; Pflicht zur Darlegung der Umstände, aus denen sich die Möglichkeit eines Schadens für das im Teilnahmewettbewerb ausgeschlossene Unternehmen ergibt; Rügepflicht im Vergabeverfahren; Obliegenheit der am Teilnahmewettbewerb beteiligten Unternehmen zur vollständigen Vorlage der vorzulegenden Unterlagen; Fehlende Angaben eigener Bilanzen bzw. eigener Gewinnrechnungen und Verlustrechnungen; Widersprüchliche Angaben zur Gesellschafterstruktur und Konzernzugehörigkeit
Bibliographie
- Gericht
- VK Lüneburg
- Datum
- 01.09.2005
- Aktenzeichen
- VgK 36/05
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2005, 20251
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 97 Abs. 7 GWB
- § 114 Abs. 1 GWB
- § 7a Nr. 5 VOL/A
- § 100 Abs. 1 GWB
- § 1 VOL/A
- § 2 Nr. 3 VgV
- § 107 Abs. 2 GWB
- § 107 Abs. 3 S. 1 GWB
- § 16 VgV
Verfahrensgegenstand
Vergabe von Dienstleistungen der Stadtentwässerung
Redaktioneller Leitsatz
- 1.
Die öffentlichen Auftraggebern durch § 7 a Nr. 5 VOL/A gegebene Möglichkeit, von Teilnehmern eines Teilnahmewettbewerbs unvollständige Unterlagen und Erläuterungen nachzufordern, ist durch das Verbot der Diskriminierung anderer Teilnehmer eingeschränkt. Von einer Nachforderung ist u.a. dann zwingend abzusehen, wenn durch das Nachreichen von Erklärungen und Unterlagen ein zunächst nicht wertbarer Teilnahmeantrag überhaupt erst nachträglich wertbar gemacht würde. Es dürfen auch keine neuen Nachweise verlangt werden, sondern lediglich die Vervollständigung oder Erläuterung bereits vorgelegter Unterlagen.
- 2
Gewinn- und Verlustrechnungen bzw. Umsatzdaten eines Konzerns können nur dann als Eignungsnachweis anerkannt werden, wenn das Bieterunternehmen in seinem Teilnahmeantrag eine Bestätigung vorlegt, dass der Konzern für den streitbefangenen Auftrag mit seinen finanziellen Mitteln zur Verfügung steht.
- 3.
Für die Zulässigkeit eines Nachprüfungsantrags ist nicht erforderlich, dass der Antragsteller auch schlüssig darlegt, dass er bei vergabekonformem Verhalten des Auftraggebers tatsächlich berücksichtigt worden wäre.
- 4.
Auf das vergaberechtliche Nachprüfungsverfahren ist die nach § 80 VwVfG gebotene Rechtspraxis zur Erstattung der Rechtsanwaltskosten, wonach die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten nur in besonders gelagerten Einzelfällen angenommen wird, nicht übertragbar.
In dem Nachprüfungsverfahren
hat die Vergabekammer
durch
die Vorsitzende ORR'in Dr. Raab,
die hauptamtliche Beisitzerin BOAR'in Schulte und
den ehrenamtlichen Beisitzer Bullerdiek
auf die mündliche Verhandlung vom 23.08.2005
beschlossen:
Tenor:
- 1.
Der Nachprüfungsantrag wird zurückgewiesen.
- 2.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin.
- 3.
Die Kosten werden auf 7.274 EUR festgesetzt.
- 4.
Die Antragstellerin hat der Auftraggeberin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten zu erstatten. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes war für die Auftraggeberin notwendig.
Gründe
I.
Die Auftraggeberin hat mit Datum vom 21.04.2005 europaweit zu einem Teilnahmewettbewerb aufgerufen, um Bewerber zu finden, die Interesse an einer Beteiligung an einer Gesellschaft haben, die die Abwasserentsorgungsdienstleistungen in der Stadt xxxxxxx erbringt. Die Bewerber wurden darauf hingewiesen, dass eine Aufteilung in Lose nicht erfolgen soll; jedoch Nebenangebote/Alternativvorschläge berücksichtigt werden sollten. Hinsichtlich der Bedingungen für den Auftrag wurden die Bewerber darauf hingewiesen, dass zwischen der Auftraggeberin und der zu gründenden Gesellschaft ein oder mehrere Verträge abgeschlossen werden sollen, nach denen die Gesellschaft von der Stadt regelmäßig ein Entgelt für die Abwasserentsorgungsleistungen erhält.
Bezüglich der Bedingungen für die Teilnahme am Wettbewerb war von den Unternehmen zur Beurteilung der Frage, ob diese die wirtschaftlichen und technischen Mindestanforderungen erfüllen, wörtlich Folgendes gefordert:
"Für jeden Bewerber sowie im Fall von Bewerbergemeinschaften für jedes Mitglied der Bewerbergemeinschaft sind die für die Eignungsprüfung geforderten Unterlagen jeweils gesondert vorzulegen. Ein Bewerber oder die Mitglieder einer Bewerbergemeinschaft können in begründeten Ausnahmefällen andere geeignete Eignungsnachweise vorlegen."
Ferner führte die Auftraggeberin aus:
"Das Ausstellungsdatum der Nachweise sollte nicht vor dem 30.11.2004 liegen bzw. diese sollten bei Abgabe des Angebotes noch gültig sein. Die Auswahl unter den geeigneten Unternehmen, die zur Angebotsabgabe aufgefordert werden sollen, richtet sich nach folgenden Kriterien:
- Solidität des Bewerbers;
- strategische Ausrichtung des Bewerbers;
- Interesse des Bewerbers am langfristigen Engagement;
- Erfahrung in der Ver- und Entsorgungswirtschaft, insbesondere in der Abwasserentsorgung;
- Erfahrung in der Zusammenarbeit mit Kommunen."
Auch bezüglich der Rechtslage waren Nachweise gefordert. Um die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit der Bewerber beurteilen zu können, waren folgende Nachweise vorzulegen:
- Unternehmensdarstellung, insbesondere Geschäftstätigkeit, Gesellschafterstruktur, Konzernzugehörigkeit und im Jahresdurchschnitt beschäftigte Mitarbeiter (nach Berufsgruppen gegliedert).
- Bilanzen bzw. Bilanzauszüge sowie dazugehörende Gewinn- und Verlustrechnungen der letzten drei abgeschlossenen Geschäftsjahre.
- Umsatzdarstellung der letzten drei abgeschlossenen Geschäftsjahre aller im Bereich der Ver- und Entsorgung, insbesondere der Abwasserentsorgung getätigten Umsätze, jeweils nach Berücksichtigung des Anteils bei gemeinsam mit anderen Unternehmen aufgeführten Aufträgen.
- Vorlage einer Bankauskunft über die wirtschaftliche Situation und/oder das Zahlungsverhalten.
- Erklärung, dass die in § 7 Nr. 5 VOL/A genannten Ausschlussgründe nicht vorliegen.
- Erklärung des strategischen Interesses an einer Beteiligung an einem langfristigen Engagement bezüglich der besonderen Leistungsart, die Gegenstand der Vergabe ist.
- Ferner sollten die Bewerber Nachweise hinsichtlich ihrer technischen Leistungsfähigkeit vorlegen.
- Die Bieter wurden darauf hingewiesen, dass die Vergabe im Verhandlungsverfahren erfolgen soll. Zur Angebotsabgabe sollten mindestens drei und höchstens sechs Unternehmen aufgefordert werden. Zuschlagskriterium sollte das wirtschaftlich günstigste Angebot bezüglich der Kriterien
- Zahlungsmittelzufluss bei der Stadt xxxxxxx
- Mitarbeiterkonzept (Sicherung bzw. Ausbau der bestehenden Arbeitsplätze)
- Standortkonzept (Sicherung der lokalen Wertschöpfung etc.)
- Unternehmenskonzept (Weiterentwicklung der Gesellschaft, neue Geschäftsbereiche)
Diese Veröffentlichung wurde mit Datum vom 26.04.2004 dahingehend korrigiert, dass nicht von einer Höchstteilnehmerzahl, die zur Angebotsabgabe aufgefordert wird, gesprochen wird, sondern nur noch mindestens drei Bewerber zur Angebotsabgabe aufgefordert werden sollen. Ferner wurde das 4. Zuschlagskriterium dahingehend geändert, dass es heißt:
"4.
Unternehmenskonzept (Weiterentwicklung der Gesellschaft, neue Geschäftsbereiche, Maßnahmen zur langfristigen Sicherung der Qualität des übernommenen Anlagevermögens)."
Mit Datum vom 26.05.2005 hielt der zuständige Fachbereich der Auftraggeberin fest, wie die Auswertung der Teilnahmeanträge erfolgen und das Verfahren protokolliert werden sollte. Ferner wurde in einem weiteren Vergabevermerk vom 30.05.2005 der bisherige Verfahrensablauf festgehalten. Mit Datum vom 09.06.2005 hielt die Auftraggeberin fest, dass insgesamt fünf Unternehmen sich um die Teilnahme beworben hätten. Die Einzelheiten der Öffnung der Teilnahmeanträge wurde in dem von der bevollmächtigten Rechtsanwaltsgesellschaft gefertigten Protokoll vom 31.05.2005 festgehalten. Ferner wurde vermerkt, dass von den Bewerbern keine Informationen oder Unterlagen nachgefordert wurden.
In dem mit Datum vom 16.06.2005 von der beauftragten Rechtsanwaltsgesellschaft übersandten Protokoll über dieÖffnung der Teilnahmeanträge am 31.05.2005 wurde zu jedem Bewerber festgehalten, welche Unterlagen mit dem Teilnahmeantrag vorgelegt wurden, ob und welche geforderten Unterlagen fehlten. Auch wurde die Vertretungsberechtigung des Unterzeichners des Teilnahmeantrages notiert und sonstige Anmerkungen niedergelegt.
Zum Teilnahmeantrag der Antragstellerin wurde festgehalten, dass folgende geforderte Unterlagen fehlten:
- Jahr der Leistungserbringung betreffend die vorgelegten Referenzen
- Bilanzen für die Geschäftsjahre 2002, 2003 und 2004 der Antragstellerin
- einschließlich jeweils zugehöriger Gewinn- und Verlustrechnungen der Antragstellerin.
Zum Punkt Vertretungsberechtigung des Unterzeichners wurde festgehalten:
- Teilnahmeantrag unterzeichnet von dem Geschäftsführer und einem Prokuristen
- Erklärung nach § 7 Nr. 5 VOL/A und Erklärung betreffend strategisches Interesse jeweils nur unterzeichnet von dem Geschäftsführer
- Vertretungsberechtigung des Geschäftsführers nur in Verbindung mit einem Prokuristen.
Der zuständige Fachbereich der Auftraggeberin wertete mit Datum vom 28.06.2005 die von der beauftragten Rechtsanwaltsgesellschaft übersandten Unterlagen aus. Er hielt hinsichtlich des Teilnahmeantrages der Antragstellerin u.a. fest, dass der Teilnahmeantrag unvollständig und teilweise nicht plausibel sei.
In der Vergabebekanntmachung habe sie insbesondere zum Punkt Gesellschafterstruktur Angaben gefordert. Es bleibe nach den Angaben im Teilnahmeantrag unklar, wer die unmittelbaren und mittelbaren Gesellschafter seien. Nach den Angaben in Abteilung 1, Seite 3 des Teilnahmeantrages sei Gesellschafter die xxxxxxx GmbH & Co. KG (100%ige Tochter der xxxxxxx GmbH & Co. KG). Ausweislich des vom 04.01.2005 stammenden Handelsregisterauszuges sei persönlich haftender Gesellschafter des Bewerbers die xxxxxxx Axxx Verwaltungsgesellschaft mbH und Kommanditistin die xxxxxxx Entsorgungswirtschaft GmbH & Co. KG.
Gemeint ist wohl: Im Teilnahmeantrag bezeichnet sich die Antragstellerin auf Seite 3 unten als 100%ige Tochter der xxxxxxx GmbH & Co. KG.
Im Auszug aus dem beigefügten Handelsregister ist in Abteilung A als persönlich haftende Gesellschafterin der xxxxxxx Axxx GmbH & Co. KG die xxxxxxx Axxx Verwaltungsgesellschaft mbH eingetragen und als Kommanditist die xxxxxxx Entsorgungswirtschaft GmbH & Co. KG.
In der Bankauskunft der West/LB ist als persönlich haftende Gesellschafterin die xxxxxxx Axxx Verwaltungsgesellschaft mbH genannt und als Kommanditist die xxxxxxx GmbH & Co. KG.
In dem beigefügten Geschäftsbericht der xxxxxxx AG& Co. des Jahres 2003 und der xxxxxxx AG & Co. KG des Jahres 2002 werde keine Gesellschaft mit dem Zusatz "Axxx" erwähnt. Die Auftraggeberin vermutet, dass der Geschäftsbereich Wasserwirtschaft bis zum Jahre 2003 zur xxxxxxx Entsorgungs AG & Co. KG gehörte. Ihrer Auffassung nach fehlt in dem Teilnahmeantrag die Darstellung, auf welche Weise die Umfirmierung der einzelnen Unternehmen erfolgte.
Zum Punkt Bilanzen wurde festgehalten, dass dem Teilnahmeantrag nicht die geforderten Bilanzen der letzten drei abgeschlossenen Geschäftsjahre der xxxxxxx Axxx GmbH & Co. KG beigefügt waren. Dem Antrag war nur der Geschäftsbericht der xxxxxxx AG & Co. des Jahres 2003 und der xxxxxxx AG & Co. KG des Jahres 2002 beigefügt.
Zu den Punkten Gewinn- und Verlustrechnung der letzten drei abgeschlossenen Geschäftsjahre und Umsätze wurde festgehalten, dass die Antragstellerin lediglich Zahlen der xxxxxxx AG & Co des Jahres 2003 und der xxxxxxx AG & Co. KG des Jahres 2002 sowie Angaben zum Umsatz der "xxxxxxx-Gruppe" im Bereich Wasserwirtschaft vorgelegt habe.
Zum geforderten Punkt Erfahrungen wurde zum Teilnahmeantrag der Antragstellerin festgehalten, dass sie zwar grundsätzlich zahlreiche Referenzen vorgelegt habe, jedoch dabei nicht die geforderten Jahresangaben. In der Vergabebekanntmachung sei sodann unter Abschnitt III, Ziff. 2.1.3 im Zusammenhang mit dem Nachweis von Erfahrungen auch die "Angabe von Adresse, Ansprechpartner und Telefonnummer des Ansprechpartners beim jeweiligen Auftraggeber der Referenz genannten Aufträge" gefordert. Bei der Nachfrage bei den angegebenen Ansprechpartnern habe sich herausgestellt, dass die xxxxxxx Axxx GmbH & Co. KG teilweise eigene Mitarbeiter als Ansprechpartner angegeben habe. Diese Angaben entsprechen nicht den Anforderungen aus der Vergabebekanntmachung.
Ferner wurde vermerkt, dass teilweise im Teilnahmeantrag nur von xxxxxxx gesprochen wurde, ohne dass klargestellt sei, welche Gesellschaft gemeint sei. Somit bleibe unklar, ob sich die Informationen auf die xxxxxxx Axxx GmbH & Co. KG oder die xxxxxxx GmbH & Co. KG beziehen.
Abschließend wurde festgehalten, dass sich im Teilnahmeantrag der Bewerber zum Nachweis seiner Eignung auch auf andere Unternehmen der xxxxxxx-Gruppe beziehe. Obwohl es sich nicht um Tochtergesellschaften des Bewerbers handelt, weist er z.B. mittels Erklärung dieses Unternehmens nicht nach, dass er auf diese Unternehmen im Fall der Zuschlagserteilung zurückgreifen könne.
Da nach den Angaben im Teilnahmeantrag auch die gesellschaftsrechtlichen Konzernstrukturen unklar seien, könne sie auch deshalb nicht beurteilen, auf welche Unternehmen der Bewerber im Falle der Zuschlagserteilung zurückgreifen könne.
Sodann hat die Auftraggeberin die Teilnahmeanträge hinsichtlich der Auswahlkriterien ausgewertet. Dabei wurde für jedes Unternehmen eine Wertung hinsichtlich der Solidität, strategischen Ausrichtung, langfristigem Engagement, Erfahrung in der Ver- und Entsorgungswirtschaft, insbesondere in der Abwasserentsorgung und Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit Kommunen vorgenommen. Obwohl die Auftraggeberin die Antragstellerin aufgrund der fehlenden Angaben nicht für geeignet hält, hat sie hypothetisch für den Fall, dass die Eignung der Antragstellerin festgestellt werden könne, geprüft, wie sie im Vergleich zu den anderen Bewerbern steht. Die Auftraggeberin kam dabei zu dem Ergebnis, dass die Antragstellerin insgesamt an vierter Stelle liegen würde, falls sie geeignet gewesen wäre. Der zuständige Fachbereich der Auftraggeberin schlug vor, nur die drei erstplatzierten Unternehmen zu einer Angebotsabgabe aufzufordern.
Als Nächstes befindet sich in der Vergabeakte ein Vermerk des zuständigen Fachbereichs der Auftraggeberin vom 27.07.2005, in dem u.a. die Rügen der Antragstellerin aufgelistet sind. Danach hat die Antragstellerin am 11.05.2005 die Eignungsprüfung und Auswahl der Bieter beanstandet. Ihrer Meinung nach sei es unklar, ob die Auswahlkriterien der Eignungsprüfung dienen sollen oder dazu dienen sollen, unter den geeigneten Unternehmen die Bewerber auszuwählen, die zur Angebotsabgabe aufgefordert werden sollen. Ferner hielt sie auch die Zuschlagskriterien ebenso wenig für vergaberechtskonform wie den unter Ziffer VI.4 genannten Grund zur Aufhebung der Ausschreibung. Diese Rügen der Antragstellerin beantwortete die jetzt bevollmächtigte Rechtsanwaltsgesellschaft in enger Abstimmung mit der Auftraggeberin mit Schreiben vom 20.05.2005. Nachdem offenbar die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft die Antragstellerin am 22.06.2005 informiert hatte, dass sie nicht zu dem Kreis der Bewerber gehört, die zur Abgabe eines Angebotes aufgefordert werden, rügte die Antragstellerin mit Schreiben vom 24.06.2005 die Entscheidung und führte aus, dass sie alle geforderten Nachweise und Unterlagen entgegen den Ausführungen der beauftragten Wirtschaftsprüfungsgesellschaft eingereicht habe. Schließlich sei es ein Vergabefehler, das Angebot eines Bieters wegen fehlender Eignungsnachweise ohne Ermessensausübung auszuschließen. Ferner sei es vergaberechtswidrig, bei Konzernunternehmen im Hinblick auf das Eignungsmerkmal Leistungsfähigkeit und Fachkunde Nachweise zu fordern, da dies nicht erforderlich sei. Nachdem die Rechtsanwaltsgesellschaft wiederum in enger Abstimmung mit der Auftraggeberin mit Schreiben vom 29.06.2005 die Vorwürfe zurückwies, beantragte die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 21.07.2005, eingegangen in der Vergabekammer am selben Tage, die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens. Die Antragstellerin ergänzt und vertieft ihren Vortrag in Bezug auf die bereits in den Rügeschreiben vom 11.05.2005 und 24.06.2005 gegenüber der Auftraggeberin monierten Vergaberechtsverstöße.
Ferner führt sie aus, dass sie mittelbar eine 100%-ige Tochter der xxxxxxx AG & Co. KG sei. Auch sei in der kompletten Gesellschafterkette in den Führungs- und Entscheidungsgremien durch Herrn xxxxxxx xxxxxxx Personenidentität gegeben.
Da sie als GmbH & Co. KG nicht die Größenordnung einer sog. großen Kapitalgesellschaft erreiche, sei sie auch nicht zur Veröffentlichung ihrer Bilanzen verpflichtet, sodass die Vorlage der Bilanzen nicht verlangt werden könne. Zur Begründung verweist sie hierzu auf den § 7a VOL/A.
Soweit die Auftraggeberin sie wegen fehlender Unterlagen nicht berücksichtigt habe, habe diese bei der Wertung der Angebote kein Ermessen ausgeübt und auch nicht dokumentiert. In diesen Zusammenhang sei ferner zu berücksichtigen, dass die von der Auftraggeberin mit dem Vergabeverfahren betraute Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und Rechtsanwaltsgesellschaft ihr, der Antragstellerin, gegenüber voreingenommen seien. Entweder haben die beauftragten Berater die Entscheidung über die Bewerber getroffen, die zur Angebotsabgabe aufgefordert werden sollen, oder aber diese in Zusammenarbeit mit dem Oberbürgermeister. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die Auftraggeberin Anteilseignerin bei einem Mitbewerber sei und ihr Oberbürgermeister im Aufsichtsrat sitze. Es läge damit entweder ein Verstoß gegen § 2 VOL/A oder im anderen Fall gegen § 16 VgV vor.
Hinsichtlich der bekannt gemachten Auswahlkriterien sei ihr immer noch unklar, ob diese der Eignungsprüfung dienen sollen oder aber dazu, unter den geeigneten Unternehmen diejenigen auszuwählen, die zur Angebotsabgabe aufgefordert werden. Insoweit läge ein Verstoß gegen den Transparenzgrundsatz vor.
Auch weist die Antragstellerin darauf hin, dass, falls es sich um Auswahlkriterien handele, diese unzulässig wären, weil es sich um Eignungskriterien handeln würde. Es gäbe jedoch ein "mehr an Eignung" nicht. Auch die weiteren genannten Auswahlkriterien stellen ihrer Meinung nach keine zulässigen Auswahlkriterien dar, da sie unbestimmt seien, mit dem zu erteilenden Auftrag nicht im Zusammenhang stünden und deshalb einzelne Bieter diskriminieren.
Im Übrigen seien auch die bekannt gemachten Zuschlagskriterien nicht vergaberechtskonform, da sie nicht transparent seien und ortsansässige Bewerber bevorzugen würden.
Die Antragstellerin beantragt:
die Antragsgegnerin zu verpflichten, die Antragstellerin in dem Vergabeverfahren zur Abgabe eines Angebotes aufzufordern;
hilfsweise zu 1)
die Entscheidung, welche Teilnehmer zur Angebotsabgabe aufgefordert werden, unter Berücksichtigung der nachfolgenden Rechtsauffassung neu zu treffen;
hilfsweise zu 1) und 2)
- die Antragsgegnerin zu verpflichten, die Ausschreibung aufzuheben;
- der Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen der Antragstellerin aufzuerlegen;
- festzustellen, dass die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig war.
Die Auftraggeberin beantragt:
- die Anträge der Antragstellerin abzuweisen,
- der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer sowie die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung der Antragsgegnerin entstandenen notwendigen Aufwendungen aufzuerlegen,
- festzustellen, dass die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten seitens der Antragsgegnerin zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig war,
- der Antragstellerin die beantragte Akteneinsicht nur insoweit zu gewähren, als dies zur Beurteilung der Zulässigkeit und Begründetheit des Nachprüfungsantrags erforderlich ist.
Die Auftraggeberin tritt den Behauptungen und Rechtsauffassungen der Antragstellerin entgegen. Sie hält den Nachprüfungsantrag in weiten Teilen für unzulässig, auf jeden Fall aber für unbegründet.
Ihrer Meinung nach ist die Antragstellerin nicht antragsbefugt, da sie einen fehlerhaften und unvollständigen Teilnahmeantrag eingereicht habe, der teilweise sogar unplausibel gewesen sei. Die Antragstellerin habe weder eigene Bilanzen noch eigene Gewinn- und Verlustrechnungen vorgelegt. Ferner seien ihre Angaben zur Gesellschafterstruktur und Konzernzugehörigkeit widersprüchlich und unklar, sodass sie die Eignung nicht feststellen konnte. Insoweit fehle es der Antragstellerin an der notwendigen Antragsbefugnis.
Für den behaupteten Verstoß, die Auftraggeberin habe die Entscheidung, wer zur Angebotsabgabe aufgefordert werden soll, nicht selbst getroffen, fehle die Antragsbefugnis. Die Antragstellerin lasse einerseits nicht erkennen, worauf sie ihren Vorwurf stütze und andererseits habe die beauftragte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft durch die Formulierungen wie "namens und in Vollmacht der Stadt" oder "namens und im Auftrag der Stadt" darauf hingewiesen, dass die Berater nur die Entscheidungen der Auftraggeberin kommuniziert hätten und die Auftraggeberin sämtliche Entscheidungen selbst getroffen habe. Dies habe die Auftraggeberin auch durch ihre Schreiben vom 25.05.2005 und 21.07.2005 an die Antragstellerin klargestellt. Sofern die Antragstellerin jetzt moniere, dass sie überhaupt die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft als Berater beauftragt habe, sei der Antrag präkludiert, da sich bereits aus der Vergabebekanntmachung vom 23.04.2005 ergäbe, wen sie mit der Durchführung des Verfahrens als Berater beauftragt habe.
Auch die Behauptung der Antragstellerin, der Oberbürgermeister unterliege einem Interessenkonflikt, sei unwahr und könne durch nichts belegt werden. Dasselbe gelte auch für die Darstellung der zwischen dem Geschäftsführer der Antragstellerin und einem Mitarbeiter der beauftragten Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Mit diesem Vortrag sei die Antragstellerin auch präkludiert, da sie das vermeintliche Fehlverhalten nicht gerügt habe. Gleiches gelte hinsichtlich der Forderung nach Bilanzen bzw. Bilanzauszügen. Bereits der Vergabebekanntmachung vom 23.04.2005 konnte die Antragstellerin entnehmen, dass sie mit ihrem Teilnahmeantrag Bilanzen bzw. Bilanzauszüge der letzten drei abgeschlossenen Geschäftsjahre vorzulegen habe. Erstmals mit Schreiben vom 04.07.2005 habe die Antragstellerin diesen Punkt gerügt.
Die Auftraggeberin führt ferner aus, dass zur Frage der Verpflichtung der Antragstellerin, eigene Bilanzen zu ihrem Teilnahmeantrag vorzulegen, zu berücksichtigen sei, dass die Einschränkung des § 7a Nr. 2 Abs. 1 lit. c VOL/A lediglich eine Diskriminierung von Bewerbern anderer Mitgliedsstaaten verhindern solle, in denen die Veröffentlichung von Bilanzen gesetzlich nicht vorgeschrieben sei. Selbst wenn man unterstellen würde, dass die Vorlage der Bilanzen von ihr nicht gefordert werden durfte, wäre die Antragstellerin verpflichtet gewesen, andere geeignete Unterlagen ersatzweise vorzulegen. Die vorgelegten Konzernberichte der xxxxxxx AG & Co. KG des Jahres 2003 und der xxxxxxx AG & Co. des Jahres 2002 ließen keine Schlüsse auf die Vermögenssituation der Antragstellerin zu.
Aufgrund der fehlenden Informationen und Unterlagen konnte sie, die Auftraggeberin, nicht die Eignung der Antragstellerin abschließend beurteilen. Gleichwohl habe sie es nicht bei dieser Feststellung belassen, sondern hilfsweise die vorgelegten Unterlagen der Antragstellerin in die Entscheidung unter den geeigneten Bewerbern einbezogen. Sie habe dabei zu Gunsten der Antragstellerin eine mit den anderen Bewerbern vergleichbare Solidität unterstellt. Im Rahmen der Gesamtbewertung sei sie jedoch zu dem Ergebnis gekommen, dass die Antragstellerin schlechter abschneide als mindestens drei andere Bewerber, sodass sie von der Nachforderung von Unterlagen, zu der sie nicht verpflichtet , sondern nur berechtigt gewesen sei, abgesehen habe.
Ferner seien die von der Antragstellerin vorgelegten Unterlagen und Informationen zudem teilweise nicht plausibel. Dies gelte hinsichtlich der Punkte Gesellschafterstruktur und Konzernzugehörigkeit, Bilanzen, Gewinn- und Verlustrechnungen, Darstellung der Umsätze, Darstellungen der Erfahrungen im Bereich der Ver- und Entsorgung sowie der fehlenden Differenzierung zwischen den Konzernunternehmen und der Berufung auf verbundene Unternehmen. Da die Antragstellerin die geforderten Nachweise nicht vorgelegt habe, hätte sie damit rechnen müssen, als ungeeignet angesehen und im weiteren Vergabeverfahren nicht mehr berücksichtigt zu werden.
Zwar habe sie hilfsweise die Antragstellerin in die Auswahlentscheidung mit einbezogen, jedoch habe sie in dem Vergabevermerk dokumentiert, dass die Antragstellerin schlechter abgeschnitten habe als drei andere Bewerber, sodass sie auch bei einem Nachweis der Eignung nicht zur Angebotsabgabe aufgefordert worden wäre.
Soweit die Antragstellerin die Auffassung vertritt, die Auswahlkriterien seien unklar, weist die Auftraggeberin darauf hin, dass die fraglichen Kriterien nach dem Wortlaut der Vergabebekanntmachung nur als Auswahlkriterien verstanden werden können. Dies habe sie der Antragstellerin auch seinerzeit unmissverständlich mitgeteilt. Es sei daher widersprüchlich, wenn die Antragstellerin erneut behaupte, dass sie nicht wisse, ob es sich bei den genannten Kriterien um Eignungs- oder Auswahlkriterien handele, wenn sie in ihrem Teilnahmeantrag selbst zwischen den Auswahl- und Ausschlusskriterien differenziere.
Ferner seien die von ihr bekannt gemachten Zuschlagskriterien vergaberechtskonform und bevorzugten keinen ortsansässigen Bewerber. Sie habe bei den Zuschlagskriterien an die Vorgaben zur Konkretisierung der Zuschlagskriterien gehalten. Beim Zuschlagskriterium "Zahlungsmittelzufluss bei der Stadt xxxxxxx" berücksichtige die Antragstellerin aufgrund ihrer Schriftsätze offenbar nicht, dass in diesem Verfahren der Wettbewerb insbesondere über den Kaufpreis der Anteile stattfinde. Auch beim Zuschlagskriterium "Standortkonzept" würden nicht etwa ortsansässige Bewerber bevorzugt werden, sondern sie möchte von den Bewerbern erfahren, welche Pläne sie mit der Gesellschaft haben, deren Geschäftsanteile sie im Rahmen des Vergabeverfahrens erwerben werden.
Wegen des übrigen Sachverhalts wird auf die Vergabeakte, die Schriftsätze der Beteiligten und das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 23.08.2005 Bezug genommen.
II.
Der Nachprüfungsantrag ist teilweise zulässig, da die Antragstellerin einige der von ihr im Nachprüfungsverfahren geltend gemachten vermeintlichen Vergaberechtsverstöße nicht rechtzeitig im Sinne des § 107 Abs. 3 GWB gerügt hat. Soweit der Nachprüfungsantrag zulässig ist, ist er aber unbegründet. Die Antragstellerin ist nicht in ihren Rechten gem. §§ 97 Abs. 7, 114 Abs. 1 GWB verletzt. Die Auftraggeberin hat den Teilnahmeantrag der Antragstellerin zu Recht wegen mangelnden Nachweises der Eignung aus der Wertung ausgeschlossen. Sie hat dabei insbesondere das ihr gem. § 7 a Nr. 5 VOL/A zustehende Ermessen für die Nachforderung von Unterlagen in rechtmäßiger Weise ausgeübt, da ihr Ermessen dahin begrenzt war, von einer Nachforderung von Unterlagen abzusehen. Ein Verstoß gegen § 16 VgV ist nicht ersichtlich.
Der Nachprüfungsantrag ist zum Teil zulässig. Es handelt sich bei der Auftraggeberin um eine Gebietskörperschaft und damit um einen öffentlichen Auftraggeber i. S. des § 98 Nr. 1 GWB. Bei der ausgeschriebenen Beteiligung an einer Gesellschaft, die Abwasserentsorgungsdienstleistungen in xxxxxxx erbringt mit bis zu 100 % der Anteile, handelt es sich um einen vergabepflichtigen öffentlichen Auftrag gem. § 99 Abs. 2 GWB, denn die Privatisierung der Abwasserentsorgung ist mit den entsprechenden Dienstleistungsverträgen verbunden. Den Vorgang hatte die Auftraggeberin entsprechend in einem europaweiten Vergabeverfahren dem Wettbewerb unterworfen. Der streitbefangene Auftrag übersteigt auch den für die Zuständigkeit der Vergabekammer maßgeblichen Schwellenwert gem. § 100 Abs. 1 GWB. Danach gilt der vierte Teil des GWB nur für solche Aufträge, die die Auftragswerte erreichen oderüberschreiten, die durch Rechtsverordnung nach § 127 GWB festgelegt sind. Bei der ausgeschriebenen Leistung handelt es sich um einen Dienstleistungsauftrag i. S. des § 1 VOL/A. Für Dienstleistungsaufträge gilt gem. § 2 Nr. 3 der am 01.02.2001 in Kraft getretenen Vergabeverordnung (VgV) vom 09.01.2001 ein Schwellenwert von 200.000 EUR. Auf Grundlage der von der Auftraggeberin in Ansatz gebrachten Auftragssumme von mindestens 15.000.000 EUR übersteigt der Wert des ausgeschriebenen Gesamtauftrages deutlich den für die Anrufung der Vergabekammer maßgeblichen Schwellenwert.
Die Antragstellerin ist auch gem. § 107 Abs. 2 GWB antragsbefugt, da sie einen Teilnahmeantrag eingereicht hat und damit ein Interesse am Auftrag hat. Sie hat eine Verletzung von Rechten durch die Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend gemacht, indem sie vorträgt, die Auftraggeberin habe ihren Teilnahmeantrag zu Unrecht ausgeschlossen, obwohl er den Anforderungen genügt habe bzw. hilfsweise obwohl die Auftraggeberin vermeintlich fehlende Nachweise zu den Referenzen und Bilanzen bzw. Gewinn- und Verlustrechnungen habe ohne weiteres nachfordern können. Auch weist die Antragstellerin auf die Vergaberechtswidrigkeit der Auswahlkriterien der Auftraggeberin hin und moniert eine Fehlgewichtung. Schließlich kommt eine Verletzung der Rechte der Antragstellerin dadurch in Betracht, dass der Oberbürgermeister der Auftraggeberin Aufsichtsratsvorsitzender einer Gesellschaft ist, die zwar nicht selbst Mitbewerberin ist, deren überwiegende Anteile aber von einer Mitbewerberin gehalten werden. Voraussetzung für die Antragsbefugnis nach § 107 Abs. 2 GWB ist, dass das Antrag stellende Unternehmen einen durch die behauptete Rechtsverletzung entstandenen oder drohenden Schaden darlegt. Das bedeutet, dass die Antragstellerin diejenigen Umstände aufzeigen muss, aus denen sich die Möglichkeit eines solchen Schadens ergibt. Die diesbezüglichen Anforderungen an die Darlegungslast dürfen aber nicht überspannt werden (vgl. Byok/Jaeger, Vergaberecht, 2. Auflage, § 107 GWB, Rdnr. 954). Die Antragstellerin hat ein entsprechendes Rechtsschutzbedürfnis dargelegt. Sie hat schließlich vorgetragen, dass sie bei aus ihrer Sicht vergaberechtskonformer Wertung ihres Teilnahmeantrages eine Chance auf die Aufforderung zur Abgabe eines Angebotes gehabt hätte. Es ist nicht erforderlich, dass ein Antragsteller auch schlüssig darlegt, dass er bei vergabekonformem Verhalten des Auftraggebers tatsächlich berücksichtigt worden wäre. Soweit die Auftraggeberin meint, die Antragsbefugnis entfalle schon deshalb, weil es der Auftraggeberin angesichts des in mehrfacher Hinsicht unvollständigen Teilnahmeantrages aus rechtlichen Gründen unmöglich war, die Antragstellerin zur Abgabe eines Angebots aufzufordern, geht diese Annahme fehl. Die Frage, ob und inwieweit der Teilnahmeantrag unvollständig war und ob tatsächlich gemäß § 7a Nr. 5 VOL/A Unterlagen nachzufordern waren, richtet sich auf das tatsächliche Vorliegen einer Rechtsverletzung und ist damit gerade eine Frage der Begründetheit des Nachprüfungsantrags.
Die Antragstellerin ist jedoch nur zum Teil ihrer Pflicht gem. § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB nachgekommen, vor Anrufung der Vergabekammer die behaupteten Verstöße gegen die Vergabevorschriften bereits im Vergabeverfahren selbst gegenüber der Auftraggeberin unverzüglich zu rügen. Bei der Vorschrift des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB handelt es sich um eine Präklusionsregel unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben. Der Bieter soll Vergabefehler nicht auf Vorrat sammeln. Die Rügepflicht des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB entsteht, sobald ein Bieter oder Bewerber im Vergabeverfahren einen vermeintlichen Fehler erkennt. Vorausgesetzt ist die positive Kenntnis des Anbieters von den Tatsachen. Ausreichend für die positive Kenntnis eines Mangels i. S. des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB ist bereits das Wissen um einen Sachverhalt, der den Schluss auf die Verletzung vergaberechtlicher Bestimmungen erlaubt und es bei vernünftiger Betrachtung gerechtfertigt erscheinen lässt, das Vergabeverfahren als fehlerhaft zu beanstanden (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.08.2000, Az.: Verg 9/00). Unter Zugrundelegung dieses zutreffenden Maßstabes hat die Antragstellerin die vermeintlichen Vergaberechtsverstöße betreffend die Feststellung ihrer Eignung der Auftraggeberin rechtzeitig gerügt. Die Auftraggeberin hat die Antragstellerin mit Schreiben vom 22.06.2005 darüber informiert, dass sie nicht zu dem Kreis der Bewerber gehört, die zur Abgabe eines Angebotes aufgefordert werden. Die Antragstellerin hat daraufhin mit Schreiben vom 24.06.2005, eingegangen bei der Auftraggeberin am selben Tage, die Entscheidung gerügt und ausgeführt, dass sie alle geforderten Nachweise und Unterlagen entgegen den Ausführungen der beauftragten Wirtschaftsprüfungsgesellschaft eingereicht habe. Es sei ein Vergabefehler, das Angebot eines Bieters wegen fehlender Eignungsnachweise ohne Ermessensausübung auszuschließen. Es sei vergaberechtswidrig, bei Konzernunternehmen im Hinblick auf das Eignungsmerkmal Leistungsfähigkeit und Fachkunde Nachweise zu fordern, da dies nicht erforderlich sei. Diese Rügen erfolgten unverzüglich i. S. des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB. Die gegen die Mitwirkung des Oberbürgermeisters gerichtete Rüge war ebenfalls rechtzeitig erhoben, da hinreichende Kenntnis der sie begründenden Situation erst mit der eingeschränkten Akteneinsicht im Nachprüfungsverfahren erlangt werden konnte.
Hingegen hat die Antragstellerin die von ihr geltend gemachten Unklarheiten bei der Zuordnung von Eignungs- bzw. Auswahlkriterien im streitbefangenen Vergabeverfahren nicht unverzüglich gegenüber der Auftraggeberin gem. § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB gerügt. Die mit Schreiben vom 11.05.2005 geltend gemachten Vergaberechtsverletzungen betreffen Sachverhalte, die die Antragstellerin als fachkundiges Unternehmen bereits aus den Vergabebekanntmachung erkennen musste.
Die Auftraggeberin hat mit Datum vom 21.04.2005 europaweit zu dem streitbefangenen Teilnahmewettbewerb aufgerufen. Die von der Antragstellerin erstmalig mit Schreiben vom 11.05.2005 gerügten vermeintlichen Unklarheiten in der Abgrenzung der Eignungs- und Auswahlkriterien waren für die Antragstellerin mit Veröffentlichung des Teilnahmewettbewerbs ersichtlich. Im konkreten Fall war es jedenfalls nach Überzeugung der Vergabekammer für die Antragstellerin als erfahrenes Entsorgungsunternehmen nicht nur möglich und zumutbar, sämtliche Rügen hinsichtlich der von ihr im Nachprüfungsverfahren geltend gemachten, vermeintlichen Mängel der Vergabebekanntmachung spätestens zwei Wochen nach Veröffentlichung des Teilnahmewettbewerbs zu erheben. Eine Rüge, die erst 21 Tage nach Veröffentlichung erhoben wird, ist demnach verspätet, sodass die Antragstellerin mit ihrem gesamten Vortrag zu vermeintlichen Mängeln hinsichtlich der veröffentlichten Eignungs- und Auswahlkriterien präkludiert ist.
Der Nachprüfungsantrag ist, soweit er zulässig ist, im Ergebnis unbegründet. Der Ausschluss im Teilnahmewettbewerb verletzt die Antragstellerin nicht in ihren Rechten i. S. des §§ 97 Abs. 7, 114 Abs. 1 GWB. Die Auftraggeberin hat die Antragstellerin zu Recht vom Teilnahmewettbewerb ausgeschlossen, weil sie deren Eignung angesichts von unvollständigen Unterlagen sowohl hinsichtlich der geforderten Angaben zur Gesellschafterstruktur, als auch zu den Bilanzen, Gewinn- und Verlustrechnungen und Umsätzen sowie zu den Referenzen nicht feststellen konnte. Die Auftraggeberin hat dabei rechtmäßig darauf verzichtet, gem. § 7a Nr. 5 VOL/A die fehlenden Unterlagen nachzufordern, sie unterlag insoweit einer Begrenzung ihres Ermessens. Entsprechend blieb der von der Antragstellerin monierte Verstoß gegen § 16 VgV ohne Auswirkungen.
Grundsätzlich haben die Unternehmen, die sich an einem Teilnahmewettbewerb beteiligen, die Obliegenheit, dafür zu sorgen, dass die vorzulegenden Unterlagen vollständig sind. § 7 a Nr. 5 VOL/A ermöglicht dem Auftraggeber, Unterlagen nachzufordern, jedoch dürfen dabei die gewissenhaft und sorgfältig handelnden Bieterunternehmen, die fristgerecht einen vollständigen Teilnahmeantrag einreichen, nicht benachteiligt werden. Es ist zu beachten, dass nicht neue Nachweise verlangt werden dürfen, sondern es lediglich um die Vervollständigung oder Erläuterung von vorgelegten Bescheinigungen gehen darf. Ein Auftraggeber ist für den Fall, dass es ihm nicht möglich ist, die Zuverlässigkeit und damit die Eignung eines Bewerbers zeitnah und abschließend zu beurteilen, keinesfalls verpflichtet, hierüber weitere Nachforschungen anzustellen. Die Kannvorschrift ist nicht als Soll-Vorschrift umzudeuten (vgl. Müller-Wrede, VOL/A, 1. Auflage 2001, § 7 a, Rdnr. 62-64). Aufgrund der kurzen Fristen im Vergabeverfahren ist der administrative Aufwand der Vergabestelle bei der Eignungsprüfung in vertretbaren Grenzen zu halten. Die Nichtbeachtung von Obliegenheiten durch die Bieter geht zu ihren Lasten (vgl. VK Südbayern, Beschluss v. 10.11.2003, Az. 49-10/03 zur VOB/A).
Im vorliegenden Fall hat die Antragstellerin weder, wie gefordert, ihre Gesellschafterstruktur nachvollziehbar dargestellt noch die geforderten Bilanzen bzw. Gewinn- und Verlustrechnungen vollständig mit Bestätigung der Möglichkeit des Rückgriffs auf den Konzern vorgelegt noch festgehalten, welche Gesellschaft ihrer Konzerngruppe welcher Referenz zuzuordnen ist, noch die erforderlichen Erklärungen eingereicht, dass beim beabsichtigten Einsatz von Konzernschwesterunternehmen oder der Konzernmutter die personellen und materiellen Ressourcen der Antragstellerin für den streitbefangenen Auftrag auch zur Verfügung stehen. In ihrer Auswertung der Teilnahmeanträge vom 28.06.2005 hält die Auftraggeberin zur Gesellschafterstruktur fest:
"In der Vergabebekanntmachung wurden insbesondere Angaben zur Gesellschafterstruktur gefordert. Es bleibt nach den Angaben im Teilnahmeantrag unklar, wer die unmittelbaren und mittelbaren Gesellschafter der xxxxxxx Axxx GmbH & Co. KG sind. Nach den Angaben in Abteilung 1, Seite 3 des Teilnahmeantrags ist Gesellschafter des Bewerbers die xxxxxxx GmbH & Co. KG ("hundertprozentige Tochter der xxxxxxx GmbH & Co. KG"). Ausweislich des vom 04.01.2005 stammenden Handelsregisterauszuges ist persönlich haftender Gesellschafter des Bewerbers die xxxxxxx Axxx Verwaltungsgesellschaft mbH und Kommanditistin die xxxxxxx Entsorgungswirtschaft GmbH & Co. KG. Nach der Auskunft der West/LB AG vom 10.05.2005 ist Kommanditistin dagegen die xxxxxxx GmbH & Co. KG. In dem beigefügten Geschäftsbericht der xxxxxxx AG & Co. des Jahres 2003 und der xxxxxxx AG & Co. KG des Jahres 2002 wird keine Gesellschaft mit dem Zusatz "Axxx" erwähnt. Vermutlich gehörte der Geschäftsbereich Wasser bis zum Jahr 2003 zur xxxxxxx Entsorgungs AG & Co. KG. Dem Teilnahmeantrag fehlt eine Darstellung, auf welche Weise die Umfirmierung der einzelnen Unternehmen erfolgte."
Auch der Vergabekammer war es nicht möglich, aus dem Teilnahmeantrag - trotz Berücksichtigung des Organigramms in Fach 3 des Teilnahmeantrags - Klarheit über die Gesellschafterstruktur der Antragstellerin zu erhalten. Eine Klarstellung durch die Antragstellerin erfolgte erst in der mündlichen Verhandlung dahin, dass es sich nicht um eine Unternehmensumstrukturierung, sondern lediglich um eine Umbenennung vorhandener Gesellschaften gehandelt habe. Die Antragstellerin hat die Mängel ihres Teilnahmeantrags im Hinblick auf die Darstellung der Gesellschafterstruktur in der mündlichen Verhandlung eingeräumt.
Zu den geforderten Bilanzen hält die Auftraggeberin in ihrer Auswertung der Teilnahmeanträge fest:
"In der Vergabebekanntmachung wurde ferner die Vorlage von Bilanzen der letzten drei abgeschlossenen Geschäftsjahre verlangt. Dem Teilnahmeantrag liegen jedoch keine Bilanzen der xxxxxxx Axxx GmbH & Co. KG bei. Dem Antrag wurde nur der Geschäftsbericht der xxxxxxx AG & Co. des Jahres 2003 und der xxxxxxx AG & Co. KG des Jahres 2002 beigefügt."
Zu Gewinn- und Verlustrechnungen hält die Auftraggeberin Folgendes fest:
"Des Weiteren wurde in der Vergabebekanntmachung die Vorlage von Gewinn- und Verlustrechnungen der letzten drei abgeschlossenen Geschäftsjahre verlangt. Dem Teilnahmeantrag des Bewerbers liegen keine Gewinn- und Verlustrechnungen der xxxxxxx Axxx GmbH & Co. KG bei. Es liegen lediglich der Geschäftsbericht der xxxxxxx AG & Co. des Jahres 2003 und der Geschäftsbericht der xxxxxxx AG & Co. KG des Jahres 2002 vor."
Zu den Umsätzen ist Folgendes festgehalten:
"Weiterhin wurde in der Vergabebekanntmachung eine Darstellung aller im Bereich der Ver- und Entsorgung, insbesondere der Abwasserentsorgung getätigten Umsätze der letzten drei abgeschlossenen Geschäftsjahre gefordert. In dem Teilnahmeantrag des Bewerbers fehlt diese Umsatzdarstellung der xxxxxxx Axxx GmbH & Co. KG. Es liegen lediglich der Geschäftsbericht der xxxxxxx AG & Co. des Jahres 2003, der Geschäftsbericht der xxxxxxx AG & Co. KG des Jahres 2002 sowie Angaben zum Umsatz der 'xxxxxxx-Gruppe' im Bereich Wasserwirtschaft und zum Gesamtumsatz der 'xxxxxxx-Gruppe' vor."
Die Auftraggeberin ist insoweit zu dem richtigen Ergebnis gelangt, dass der Teilnahmeantrag der Antragstellerin unvollständig war, weil die Antragstellerin keine eigenen Bilanzen, Gewinn- und Verlustrechnungen sowie Umsatzdarstellungen vorgelegt hat, sondern lediglich diejenigen des Konzerns#. Die Konzernzahlen allein versetzen die Auftraggeberin nicht in die Lage zu ermitteln, ob die Antragstellerin die finanzielle Leistungsfähigkeit besitzt, sich an ihrem Wasserentsorgungsunternehmen zu beteiligen. Dies gilt unabhängig von der umstrittenen Frage, ob die Antragstellerin gem. § 7 a Nr. 2 c VOL/A zur Vorlage von Bilanzen oder Bilanzauszügen verpflichtet ist. Bilanzen sowie Gewinn- und Verlustrechnungen bzw. Umsatzdaten eines Konzerns können nur dann als Eignungsnachweis anerkannt werden, wenn das Bieterunternehmen in seinem Teilnahmeantrag eine Bestätigung vorlegt, dass der Konzern für den streitbefangenen Auftrag mit seinen finanziellen Mitteln zur Verfügung steht (EuGH, Urteil v. 02.12.1999, C - 176/98; OLG Düsseldorf, Beschluss v. 20.11.2001, Az. Verg 33/01). Die Antragstellerin hat es versäumt, mit ihrem Teilnahmeantrag eine derartige Erklärung vorzulegen. Auch der Hinweis auf personelle Identität in den Gesellschaften des Konzerns durch Herrn xxxxxxx vermag nicht durchzugreifen, weil die Antragstellerin dies - umso mehr aufgrund der unklaren Angaben zur Gesellschafterstruktur - hätte darlegen müssen, zumal wiederum im Anschreiben zum Teilnahmeantrag Herr xxxxxxx gerade nicht als Geschäftsführer der Antragstellerin unterschrieben hat. Ihre erst in der mündlichen Verhandlung erklärte Bereitschaft, der Auftraggeberin auf Verlangen die fehlende Nachweise, u.a. eine Bilanz der xxxxxxx Axxx GmbH & Co. KG, also der Antragstellerin selbst, vorzulegen, war insoweit verspätet.
Auch die genannten Referenzen hat die Auftraggeberin zu Recht als unzureichend bewertet. War schon die Gesellschafterstruktur an sich unklar und zum Teil widersprüchlich dargestellt, konnte für die Referenzen aus dem Teilnahmeantrag weder festgestellt werden, welche Gesellschaft des xxxxxxx-Konzerns für welche Referenz benannt wurde, noch waren wiederum die erforderlichen Erklärungen beigefügt, dass der Antragstellerin ein Rückgriff auf die personellen und materiellen Kapazitäten der jeweiligen Schwester- oder Muttergesellschaft gewährleistet ist. Die Übersicht zu den Referenzen in Fach 8 des Teilnahmeantrags ist wie folgt überschrieben:
"Auszug aus der Referenzliste der xxxxxxx".
Den einzelnen Referenzen sind keine Gesellschaften zugeordnet. In der mündlichen Verhandlung erklärte die Antragstellerin, die genannten Referenzen beträfen zum Teil unmittelbar die Antragstellerin, zum Teil den xxxxxxx-Konzern.
Ein Nachfordern von Unterlagen gemäß § 7 a Nr. 5 VOL/A wird durch das Verbot der Diskriminierung von Mitbewerbern begrenzt (vgl. OLG Celle, Beschluss v. 18.12. 2003, Az. 13 Verg 22/03; OLG Saarbrücken, Beschluss vom 21.04.2004, Az. 1 Verg 1/04; VK Leipzig, Beschluss vom 06.03.2000, Az. 1/SVK/11-00). Die Begrenzung des Ermessens ergibt sich insbesondere daraus, dass nicht nur eine einzige Erklärung oder Unterlage der Antragstellerin zu erläutern oder zu vervollständigen war, sondern dass der Teilnahmeantrag, wie dargestellt und in der Auswertung des Teilnahmeantrags von der Auftraggeberin aufgeführt, in mehrfacher und wesentlicher Hinsicht unvollständig war. Die Versäumnisse gingen so weit, dass die Auftraggeberin sogar zweifeln konnte, wer eigentlich ihr zukünftiger Partner sein sollte. Diese Situation ergab sich vor dem Hintergrund, dass der Auftraggeberin vier vollständige Teilnahmeanträge von geeigneten Unternehmen vorlagen, die eine hohe Leistungsdichte aufwiesen. Die Auftraggeberin hat in keinem Fall Unterlagen oder Erklärungen nachfordern müssen, vielmehr lediglich in einem Zeitraum von höchstens einem Tag telefonisch nach den Erfahrungen mit den Bewerbern bei den angegebenen Referenzobjekten gefragt. Es wäre eine Beeinträchtigung des Wettbewerbsgefüges und eine Verletzung des Grundsatzes der Gleichbehandlung des § 97 Abs. 2 GWB gewesen, in dieser Situation die fehlenden Erklärungen und Unterlagen bei der Antragstellerin nachzufordern, da damit ein zunächst nicht wertbarer Teilnahmeantragüberhaupt erst nachträglich wertbar gemacht worden wäre. Auch hat die Auftraggeberin zu Recht zusätzlich ihren zeitlichen Druck im Verfahren berücksichtigt, indem sie von einer Nachforderung von Unterlagen absah. Sowohl die Nachforderung der fehlenden Unterlagen als auch deren Auswertung hätte angesichts des festgestellten Umfangs der Mängel im Teilnahmeantrag zu einer erheblichen Zeitverzögerung geführt, die die Auftraggeberin nicht hinnehmen musste.
Die Entscheidung der Auftraggeberin, von einer Nachforderung von Unterlagen abzusehen, war angesichts der Begrenzung ihres Ermessens die einzig rechtmäßige, sodass es insoweit auf die von der Antragstellerin gerügte Interessenkollision wegen der Tätigkeit des Oberbürgermeisters der Auftraggeberin als Aufsichtsratsvorsitzender einer Konkurrentin, deren Anteile wiederum mehrheitlich von einer etwaigen Mitbewerberin gehalten werden, nicht ankommt. Überdies gibt es nach Erkenntnis der Vergabekammer keine Anhaltspunkte dafür, dass der Oberbürgermeister in für die Antragstellerin nachteiliger Weise auf das Verfahren eingewirkt hat. Vielmehr ergibt sich aus der Vergabeakte, dass die Auswahl der Teilnehmer, die zur Angebotsabgabe aufgefordert werden sollen, ein Geschäft der laufenden Verwaltung war und nicht durch den Rat oder Oberbürgermeister entschieden wurde.
Unerheblich war demnach auch, ob die Gewichtung der Auswahlkriterien, wie sie die Auftraggeberin in ihrer hypothetischen Prüfung der Platzierung der Antragstellerin vorgenommen hat, rechtmäßig war. Schließlich kam es nicht mehr darauf an, ob die Entscheidung der Auftraggeberin, lediglich drei Bewerber zur Abgabe eines Angebots aufzufordern, rechtmäßig war, nachdem sie laut Vergabebekanntmachung mindestens drei Bewerber zur Abgabe eines Angebots auffordern wollte.
Der Nachprüfungsantrag war daher als unbegründet zurückzuweisen.
III.
Kosten
Die Kostenentscheidung folgt aus § 128 GWB. Nach Art. 7 Nr. 5 des 9. Euro - Einführungs-gesetzes (BGBl. 58/2001 vom 14.11.2001, S. 2992 ff.) vom 10.11.2001 werden die DM-Angaben in § 128 GWB für die von der Vergabekammer festzusetzende Gebühr durch Angaben in Euro im Verhältnis 1 : 2 ersetzt, sodass die regelmäßige Mindestgebühr nunmehr 2.500 EUR, die Höchstgebühr 25.000 EUR bzw., in Ausnahmefällen, 50.000 EUR beträgt.
Es wird eine Gebühr in Höhe von 7.274 EUR gemäß § 128 Abs. 2 GWB festgesetzt.
Der zu Grunde zu legende Auftragswert beträgt nach den Berechnungen der Auftraggeberin mindestens 15.000.000 EUR.
Die Gebührenermittlung erfolgt an Hand einer Gebührentabelle des Bundeskartellamtes vom 09.02.1999 in der z. Zt. gültigen Fassung vom 01.01.2003. Hiernach wird der Mindestgebühr von 2.500 EUR (§ 128 (2) GWB) eine Ausschreibungssumme von bis zu 80.000 EUR zugeordnet und dem regelmäßigen Höchstwert von 25.000 EUR (§ 128 (2) GWB) eine Ausschreibungssumme von 70 Mio. EUR (höchste Summe der Nachprüfungsfälle 1996-1998) gegenübergestellt. Bei einem geschätzten Auftragswert von mindestens 15.000.000 EUR ergibt sich eine Gebühr von 7.274 EUR. Diese Gebühr schließt einen durchschnittlichen sachlichen und personellen Aufwand ein.
Die im Tenor verfügte Kostentragungspflicht ergibt sich daraus, dass die Antragstellerin im Nachprüfungsverfahren i.S.d. § 128 Abs. 3 Satz 1 GWB im vollen Umfang unterlegen ist. Die Erstattungspflicht bezüglich der Kosten der Auftraggeberin, die dieser zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstanden sind, folgt aus § 128 Abs. 4 GWB i.V.m. § 80 VwVfG. Danach war festzustellen, dass die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes durch die Auftraggeberin im konkreten Verfahren erforderlich war. Auch wenn man von öffentlichen Auftraggebern grundsätzlich verlangen darf, dass sie über das notwendige personelle Know-how bezüglich der für eine Ausschreibung erforderlichen Rechtsgrundlagen, insbesondere der VOL/A und der VOB/A verfügen, bedurfte die Auftraggeberin für eine angemessene Reaktion in der auch für einen erfahrenenöffentlichen Auftraggeber ungewohnten Situation eines vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahrens besonderen rechtskundigen Beistandes.
Nach den zu § 80 VwVfG geltenden Grundsätzen ist die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes dann notwendig, wenn sie vom Standpunkt eines verständigen Beteiligten für erforderlich gehalten werden durfte (BVerwGE 55, 299, 306). Dies ist nach der herrschenden Lehre nicht nur in schwierigen und umfangreichen Verfahren zu bejahen, sondern entspricht der Regel (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 7. Aufl., § 80, Rdnr. 45; Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 5. Aufl., § 80, Rdnr. 81). Dieser Grundsatz soll allerdings nur im Verhältnis des Bürgers zum Staat gelten. Zu Gunsten der Ausgangsbehörde im Verwaltungsverfahren wird demgegenüber die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten nur in besonders gelagerten Einzelfällen angenommen, da die Ausgangsbehörde in der Regel mit eigenem Fachpersonal so gut ausgestattet sein muss, dass sie ihre Verwaltungstätigkeit, zu der auch die Mitwirkung im Vorverfahren (Widerspruchsverfahren) gehört, ohne fremde Unterstützung ausführen kann. Diese für die Situation der Ausgangsbehörde in einem Widerspruchsverfahren zutreffende Auffassung kann jedoch nicht auf das vergaberechtliche Nachprüfungsverfahrenübertragen werden. Schon beim materiellen Vergaberecht handelt es sich um eine überdurchschnittlich komplizierte Materie, die nicht nur in kurzer Zeit zahlreiche Veränderungen und Neuregelungen erfahren hat, sondern auch durch komplexe gemeinschaftsrechtliche Fragen überlagert ist. Entscheidend aber ist, dass das Nachprüfungsverfahren gerichtsähnlich ausgebildet ist, die Beteiligten also auch prozessuale Kenntnisse haben müssen, um ihre Rechte umfassend zu wahren. Deshalb ist im vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren die nach § 80 VwVfG gebotene Rechtspraxis zur Erstattung der Rechtsanwaltskosten nicht übertragbar (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09.11.2001, Az.: Verg 1/01; OLG Stuttgart, Beschluss v. 19.07.2000, 2 Verg 4/00, NZBau 11/2000, S. 543 ff.). Denn durch seinen Charakter als gerichtsähnlich ausgestaltetes Verfahren unterscheidet sich das Vergabenachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer eben grundlegend von dem Widerspruchsverfahren nach der VwGO.
Die Antragstellerin wird aufgefordert, den Betrag von 7.274 EUR unter Angabe des Kassenzeichens xxxxxxxxxxxx innerhalb einer Frist von einem Monat nach Rechtskraft dieses Beschlusses auf folgendes Konto zu überweisen: NORD/LB (BLZ 250 500 00) Konto 106035355
Schulte
Bullerdiek