Vergabekammer Lüneburg
Beschl. v. 12.07.2005, Az.: VgK 29/2005
Zulässigkeit der Aufhebung einer öffentlichen Ausschreibung; Ausschluss von Nebenangeboten aus der Angebotswertung wegen ungenügender Beschreibung und mangelnder Darlegung der Gleichwertigkeit; Berücksichtigungsfähige Gesichtspunkte bei der Ermessensentscheidung des Auftraggebers über die Aufhebung einer Ausschreibung; Berechtigung und Verpflichtung des Auftraggebers zur Nachforderung von im Angebot fehlenden Erläuterungen und Angaben im Wege von Aufklärungsverhandlungen; Möglichkeit der Nachbesserung von Nebenangeboten im Wege der Aufklärung nach § 24 Allgemeine Bestimmungen für die Vergabe von Leistungen (VOL/A) ; Beurteilung der Beachtung der Pflicht zur Vergabe von Leistungen unter ausschließlicher Verantwortung der Vergabestelle bei Beauftragung eines Beratungsbüros; Anforderungen an die Rechtzeitigkeit einer Rüge im Sinne des § 107 Abs. 3 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB)
Bibliographie
- Gericht
- VK Lüneburg
- Datum
- 12.07.2005
- Aktenzeichen
- VgK 29/2005
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2005, 22324
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 26 Nr. 1 Buchst. a VOL/A
- § 24 Nr. 1 VOL/A
- § 25 Nr. 1 Abs. 2 Buchst. a VOL/A
- § 25 Nr. 3 VOL/A
- § 25 Nr. 4 VOL/A
- § 21 Nr. 1 Abs. 1 VOL/A
- § 23 Nr. 1 VOL/A
- § 97 Abs. 7 GWB
- § 107 Abs. 2 GWB
- § 107 Abs. 3 GWB
- § 2 Nr. 3 VOL/A
Verfahrensgegenstand
VOL-Vergabeverfahren "TK-Lösung für die Stadt- und Landkreisverwaltung xxx , Lieferung einer Telekommunikationsanlage - Vergabe-Nr. 66.3/202/04"
Die Vergabekammer hat
durch
den Vorsitzenden RD Gause,
die hauptamtliche Beisitzerin Dipl.-Ing. Rohn und
den ehrenamtlichen Beisitzer RA Hintz
auf die mündliche Verhandlung
vom 07.07.2005
beschlossen:
Tenor:
- 1.
Der Nachprüfungsantrag wird zurückgewiesen.
- 2.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin.
- 3.
Die Kosten werden auf 2.788 EUR festgesetzt.
Begründung
I.
Die Stadt xxx hatte die Lieferung einer Telekommunikationsanlage für Stadtverwaltung, Landkreisverwaltung und Berufsfeuerwehr in der Stadt xxx bereits mit Datum vom 07.03.2003 im Nichtoffenen Verfahren europaweit ausgeschrieben. Ein Nachprüfungsverfahren führte jedoch zur Aufhebung des Vergabeverfahrens. Im Beschluss der Vergabekammer vom 03.02.04 (Az.: 203-VgK-41/2003) wurde anheim gestellt, künftig neben Gesamtangeboten auch Angebote auf Einzellose zuzulassen oder aber alle drei streitbefangenen Kapitel in separaten europaweiten Vergabeverfahren zu vergeben. Die Stadt ist dieser Empfehlung insoweit gefolgt, als sie das in der ursprünglichen Ausschreibung enthaltene Notrufsystem für die Berufsfeuerwehr xxx separat ausgeschrieben hat.
Mit Bekanntmachung vom 01.10.04 wurde die Teilnahme am Nichtoffenen Verfahren zur Lieferung einer Telekommunikationsanlage sowohl für die Stadtverwaltung als auch - auf Grund einer entsprechenden Verwaltungsvereinbarung - für die Verwaltung des Landkreises xxx , erneut europaweit ausgeschrieben. Als Auftraggeber ist die Stadt xxx benannt, das Verfahren wird durch die Fa. xxx, betreut. Eine Aufteilung in Lose ist nicht vorgesehen, Nebenangebote / Alternativvorschläge sind zugelassen. Der Zuschlag soll auf das wirtschaftlich günstigste Angebot auf Grund der in den Unterlagen genannten Kriterien erteilt werden.
Um die Teilnahme haben sich 16 Firmen beworben. Hiervon wurden 7 Bewerber ausgewählt und mit Schreiben vom 11.11.04 zur Abgabe eines Angebotes aufgefordert. Der Aufforderung beigefügt war neben den üblichen Unterlagen ein "Wichtiges Merkblatt für die Ausfüllung des Leistungsverzeichnisses". Der Zuschlag soll auf das wirtschaftlich günstigste Angebot bezüglich der Kriterien Preis, Wartung, Funktionalität und Folgekosten erteilt werden. Zur Priorität dieser Kriterien wird auf die Leistungsbeschreibung verwiesen.
Die Bewerbungsbedingungen fordern u.a. die Vollständigkeit der Angebote und kündigen an, dass unvollständige Angebote ausgeschlossen werden können. Das Angebot muss die Preise und die in den Verdingungsunterlagen geforderten Erklärungen und Angaben enthalten. Änderungen an den Verdingungsunterlagen sind unzulässig. Macht der Bieter bei Vorgabe eines Leitfabrikats mit dem Zusatz "oder gleichwertiger Art" keine Angaben, gilt das im Leistungsverzeichnis genannte Fabrikat als angeboten. Nebenangebote sind auf besonderer Anlage zu machen, als solche deutlich zu kennzeichnen und im Angebotsschreiben aufzuführen. Nebenangebote, die in technischer Hinsicht von der Leistungsbeschreibung abweichen, sind auch ohne Abgabe eines Hauptangebotes zugelassen. Andere Änderungsvorschläge oder Nebenangebote sind nur in Verbindung mit einem Hauptangebot zugelassen.
Das Angebotsschreiben sieht als Anlagen des Angebots die Besonderen und Zusätzlichen Vertragsbedingungen, das Merkblatt für die Ausfüllung des Leistungsverzeichnisses und die Leistungsbeschreibung vor.
Das "Wichtige Merkblatt für die Ausfüllung des Leistungsverzeichnisses" enthält - neben Regelungen zur korrekten Eintragung der Einheitspreise - den Hinweis, dass nach der aktuellen Rechtsprechung des BGH Bieterangebote stets zwingend auszuschließen sind, wenn geforderte Erklärungen fehlen, z.B. die genaue Angabe eines gleichwertigen Produktes. Daher werden nur Angebote gewertet, die alle geforderten Erklärungen enthalten.
Das Leistungsverzeichnis stellt in seiner Projektbeschreibung zunächst klar, dass die für Stadt und Landkreis anzubietenden Telekommunikationslösungen ganzheitlich wirtschaftlich betrachtet und bewertet, die Aufträge für die jeweiligen Kapitel aber vom entsprechenden Auftraggeber erteilt werden. Das Leistungsverzeichnis unterscheidet demgemäß in zwei Kapiteln zwischen dem TK-Netz der Stadt xxx (Anfangsziffer 1) und dem TK-Netz L10 des Landkreises xxx (Anfangsziffer 2). Die gemeinsamen Vorbemerkungen zu beiden Kapiteln informieren u.a. über die vorgesehene Gewichtung der Wertungskriterien und enthalten weitere Forderungen zu Form und Inhalt der Angebote und notwendiger Angebotsbestandteile. Nochmals wird ausdrücklich gefordert, dass Angaben zum Hersteller und zum Fabrikat in den Bieterergänzungen der jeweiligen Positionen einzutragen sind. Nebenangebote sind zugelassen. Die Gleichwertigkeit aller geforderten Leistungen muss mit Angebotsabgabe detailliert nachgewiesen werden. Bei fehlenden Angaben können die Funktionen/Leistungen im Zweifelsfall als nicht gewährleistet angesehen werden.
In den Vorbemerkungen zu den einzelnen Kapiteln werden die vorhandenen Systeme, die Hardware und diesbezüglich vorhandene vertragliche Bindungen beschrieben, außerdem werden weitere Detailhinweise für das Angebot gegeben.
Das Leistungsverzeichnis ist untergliedert nach den anzuschließenden / zu versorgenden Standorten. Nach weiteren standortbezogenen Detailinformationen werden zu jedem Standort die jeweils anzubietenden Leistungen in verschiedenen Titeln mit nachgeordneten Positionen beschrieben und mit entsprechenden Bieterergänzungen abgefragt.
Unter dem Titel 1.2.13 Unified Message Server informiert die Vergabestelle über die Anforderungen an das anzubietende Messaging-System, an die Hardware, die Anforderungen an die vom Server zu verwaltenden Dienste, an die Administration, den Datenschutz und die Informationssicherheit. In der zugeordneten Pos. 1.2.13.79 werden die Bieter schließlich zum Angebot für einen UMS Hardware Server aufgefordert. Verlangt werden hier Angaben zum Fabrikat und zum Typ des angebotenen Servers sowie eine detaillierte Beschreibung der Serverlösung.
Die Titel 1.2.9 und 2.1.9 betreffen die Datensynchronisation der TK-Anlage und das ADS (Erläuterung der Vergabekammer: Aktive Directory Services (ADS) ordnet verschiedenen Netzwerkobjekten, wie Benutzern, Computern u.a., Eigenschaften zu und verwaltet diese). Es wird hingewiesen auf den flächendeckenden Einsatz der ADS in Stadt und Landkreis und auf die hierfür vorhandene Hardware. ADS, TK-Benutzerdaten, Gebühren und Administrationsdaten sollen synchronisiert werden, um Redundanzen zu vermeiden und die Mitarbeiterverwaltung effektiv zu gestalten. Bevorzugt ist eine ADS-Schemaerweiterung anzubieten, bei welcher die TK-Daten direkt in die ADS integriert werden. Falls eine solche Erweiterung nicht möglich sein sollte, ist die Datensynchronisation über eine Meta Directory (Erläuterung der Vergabekammer: Bei einer Meta-Directory handelt es sich um ein Meta-Verzeichnis, welches eine zentrale Sammlung von Mitarbeiter- und Kundeninformationen ermöglicht. Die automatische Synchronisation durch den Replizierungsprozess fasst die existierenden Mitarbeiter- und Kundendaten aus verschiedenen Informationsinseln zusammen) herzustellen. Ausdrücklich werden eine genaue Beschreibung der Lösung sowie Angabenüber den Aufwand zur Integration der Daten gefordert. Die kalkulierten Mengen sind in die Bieterergänzung einzutragen.
Die Positionen zu den Titeln 2.2.5, 2.3.5, 2.4.5 und 2.5.5 beziehen sich auf die Titel Gebührencomputer und Administration bei den Berufsbildenden Schulen des Landkreises. Zu diesen Titeln gibt es keine speziellen Vorbemerkungen. In den Vorbemerkungen zum Kapitel L10 Landkreis xxx finden sich Hinweise auf den Umfang der Erneuerungen an den BBS und auf bestehende Mietverträge, für welche ein Ablösekonzept anzubieten ist. Neben Einheitspreis und Gesamtpreis werden für die hierzu anzubieten Positionen (Auswertesoftware, Administration, Computer) Fabrikat und Typenangaben angefragt.
Auf Grund verschiedener Anfragen während der Angebotsfrist gab die Vergabestelle mit Rundschreiben vom 16.12.04 mehrere Änderungen und Ergänzungen zu den Ausschreibungsunterlagen bekannt. U.a. definierte sie auf Anfrage der Antragstellerin folgende Mindestbedingungen für Nebenangebote:
Die Gleichwertigkeit muss sich aus den mitgelieferten Unterlagen und Beschreibungen einfach erschließen.
Für die angebotenen Produkte sind Gütezeugnisse, Prüfnachweise oder Zertifikate sowie Referenzen mit Ansprechpartnern beizufügen.
Die technische Lösung muss gleichwertig oder besser sein.
Die beschriebenen Funktionalitäten und Standards müssen mindestens erfüllt sein.
Das Nebenangebot muss eine im Sinne des Leistungsverzeichnisses vollständige Lösung darstellen.
Die sich aus dem Nebenangebot zusätzlich ergebenden Folgekosten müssen dargestellt werden.
Das Nebenangebot muss im Wesentlichen der Struktur des Leistungsverzeichnisses entsprechen. Die Angaben müssen denen des Leistungsverzeichnisses entsprechen.
Fristgerecht gingen 5 Hauptangebote, dazu 1 Nebenangebot und 2 selbstständige Nebenangebote bei der Vergabestelle ein. Alle Angebote wurden auf Vollständigkeit und Richtigkeit geprüft. Nach einem Gesprächsvermerk haben Vertreter von Stadt und Landkreis am 30.03.05 über die Nebenangebote der Antragstellerin beraten. Für diese sind 3 Mängel festgestellt worden, die einen Ausschluss der Nebenangebote aus der Wertung nahe legen. Es sind dies eine fehlerhafte Fabrikatsangabe und eine fehlende Typenangabe in Pos. 1.2.13.79. Außerdem sei die in den Titeln 1.2.9 und 2.1.9 geforderte Datensynchronisation nicht ausreichend beschrieben worden und daher nicht eindeutig nachvollziehbar. Soweit erkennbar, sei die angebotene Lösung wegen ihrer geringeren Flexibilität und eines höheren Pflegeaufwands auch nicht gleichwertig. Die zu den Titeln 2.2.5, 2.3.5, 2.4.5 und 2.5.5 abgefragte dezentrale Lösung mittels anzubietenden PCs und entsprechender Software sei von der Antragstellerin nicht angeboten worden. Das angebotene OmniVista 4760 Management benötige eine bisher nicht vorhandene und auch nicht zusätzlich angebotene LAN/WAN Verbindung. Hierauf sei in den Nebenangeboten nicht eingegangen worden. Die angebotene Lösung sei nicht funktionsfähig und nicht vergleichbar mit der ausgeschriebenen Lösung.
Für den Fall, dass hierüber Aufklärungsgespräche geführt werden dürfen, wurden entsprechende Nachfragen formuliert.
Das Beratungsbüro xxx erstellte einen Preisspiegel und eine Bieterliste. Im Vergabevorschlag des Büros vom 19.04.05 wird die Aufhebung der Ausschreibung nach § 26 Nr. 1 lit a VOL/A vorgeschlagen, da kein Angebot eingegangen sei, welches die Ausschreibungsbedingungen erfüllt. Die Mängel der Angebote werden detailliert aufgeführt. Zu den Nebenangeboten der Antragstellerin wird bemerkt, dass diese keine wesentlich anderen technischen Lösungen anböten. Technische Änderungen gegenüber dem Leistungsverzeichnis seien nur in Pos. 1.2.1.8 "Digitale Teilnehmerschnittstelle mit erhöhter Reichweite" zu erkennen. Hier seien jedoch lediglich weitere Positionen eingefügt worden, welche zur technischen Realisierung der Pos. 1.2.1.8 notwendig seien. Andere Bieter hätten Vergleichbares in Form eines Nebenangebotes zum Hauptangebot angeboten.
Als mangelhaft - mit gleicher Begründung - werden auch hier die Angaben der Antragstellerin zu den Titeln 1.2.9 und 2.1.9 und zu den Titeln 2.2.5, 2.3.5, 2.4.5 und 2.5.5 bewertet. Die fehlerhafte Fabrikatsangabe zu Pos. 1.2.13.79 wird nicht erwähnt.
Auf Anfrage der Vergabestelle führt der Fachdienst Recht der Stadt xxx in einer innerdienstlichen Mitteilung vom 08.04.05 aus, dass eine Aufklärung der Nebenangebote der Antragstellerin allenfalls und nur bedingt bezüglich der fehlerhaften Fabrikatsangabe / fehlenden Typenangabe in Betracht käme, nicht aber bezüglich der Unklarheiten der Angebotspositionen zu den Titeln 1.2.9 und 2.1.9 und zu den Titeln 2.2.5, 2.3.5, 2.4.5 und 2.5.5. Mit den Ausschreibungsbedingungen seien die Bieter verpflichtet worden, die Gleichwertigkeit von Nebenangeboten zur Angebotsabgabe durch ausführliche Beschreibungen und mitgelieferte Unterlagen einfach zu erschließen. Dabei war auf den verständigen Empfängerhorizont der Auftraggeberin abzustellen. Hierzu sollten die Bieter eine klare, in sich geschlossene, übersichtliche und erschöpfende Beschreibung ihres Nebenangebots abgeben.
Aufklärungsgespräche seien nur in den Grenzen eines unveränderlich feststehenden Angebots erlaubt. Die Nebenangebote der Antragstellerin seien jedoch inhaltlich zu unbestimmt, ein Aufklärungsgespräch sei im vorliegenden Fall sogar als unzulässige Nachverhandlung zu werten.
In ihrer innerdienstlichen Mitteilung an das RPA vom 20.04.05 fasst die Sachbearbeiterin der Vergabestelle das Ergebnis der Überprüfung zusammen und stellt fest, dass nach Maßgabe der Regelungen im "Wichtigen Merkblatt für die Ausfüllung des Leistungsverzeichnisses" alle Angebote von der Wertung auszuschließen seien, sodass im Ergebnis die Ausschreibung nach § 26 Nr. 1 lit a VOL/A aufzuheben sei. Ausschlussgründe sind für den Großteil der Angebote im Wesentlichen fehlende Angaben zu Hersteller und Typ bei Positionen, bei denen kein Leitfabrikat vorgegeben war. Für die Nebenangebote der Antragstellerin werden die bereits erwähnten Mängel in den Titeln 1.2.9 und 2.1.9 und den Titeln 2.2.5, 2.3.5, 2.4.5 und 2.5.5 sowie in Pos. 1.2.13.79 herausgestellt. An einer Aufklärung der Mängel in den Titeln 1.2.9 und 2.1.9 und 2.2.5, 2.3.5, 2.4.5 und 2.5.5 nach § 24 VOL/A sieht sich die Vergabestelle gehindert, da diese der Antragstellerin die Möglichkeit zu unzulässiger Nachbesserung ihrer unvollständigen Nebenangebote eröffnet hätte.
Über das VOL-Vergabeverfahren wurde - allerdings auf einem VOB-Formular mit entsprechenden handschriftlichen Korrekturen - ein Vergabevermerk gefertigt. Dieser enthält selbst keine Ausführungen zum Ausschluss der Angebote und zur Aufhebung des Vergabeverfahrens, sondern verweist auf denVergabevorschlag. Der Vergabevermerk enthält unter XI. die Feststellung, dass das Vergabeverfahren gemäß § 26 Nr. 1 lit. a VOL/A aufzuheben sei und ist von der für das Verfahren zuständigen Sachbearbeiterin und dem Dezernenten der Stadt mit Datum vom 20.04.05 abgezeichnet worden. Jüngere Eintragungen enthält der Vergabevermerk nicht.
Mit Schreiben vom 17.05.05 informierte die Stadt den Landkreis xxx über das Ergebnis der Prüfung. Der Vorlage zur Dezernentenkonferenz am 26.05.05 ist zu entnehmen, dass auch das RPA des Landkreises die Mängel in den Nebenangeboten der Antragstellerin nicht für aufklärungsfähig hält. Am 26.05.05 beschloss die Dezernentenkonferenz der Stadt die Aufhebung der Ausschreibung und den Anschluss eines Verhandlungsverfahrens ohne Vergabebekanntmachung mit allen beteiligten Bietern.
Mit Schreiben vom 31.05.05 wurden die Bieter über die Aufhebung der Ausschreibung gem.
§ 26 Nr. 1 lit. a VOL/A informiert. Gleichzeitig wurde ein Verhandlungsverfahren ohne öffentliche Vergabebekanntmachung gemäß § 3 a Nr. 1 Abs. 4 lit. a VOL/A unter Beibehaltung der ursprünglichen Bedingungen des Auftrages mit allen beteiligten Bietern angekündigt.
Am 01.06.05 fragte die Antragstellerin schriftlich an, warum ihr Angebot den Ausschreibungsbedingungen nicht entsprochen haben soll. Per Fax wurde der Antragstellerin am 02.06.05 mitgeteilt, dass ihre Nebenangebote aus sich heraus unverständlich und damit in mehreren Punkten zu unbestimmt waren. Daher habe die technische Gleichwertigkeit der angebotenen Lösungen gegenüber den Anforderungen des Leistungsverzeichnisses nicht nachvollzogen werden können. Mindestanforderung sei jedoch gewesen, dass sich die Gleichwertigkeit aus den mitgelieferten Unterlagen einfach erschließen müsse.
Mit Fax vom 08.06.05 rügte die inzwischen anwaltlich vertretene Antragstellerin die Aufhebung des Vergabeverfahrens, da aus ihrer Sicht Gründe nach § 26 Nr. 1 lit. a VOL/A nicht vorlägen. Weder könnten ihre Nebenangebote bereits nach § 23 Nr. 1 VOL/A von der Prüfung ausgeschlossen werden, noch lägen Gründe für ihren zwingenden Ausschluss von der Wertung nach § 25 Nr. 1 VOL/A vor. Es gäbe daher auch keine Voraussetzungen für den beabsichtigten Übergang in ein Verhandlungsverfahren nach § 3 a Nr. 1 Abs. 4 lit. a VOL/A.
Ihre Nebenangebote erfüllten die Mindestanforderungen der Ausschreibung, sie seien aus sich heraus verständlich und inhaltlich bestimmt. Unter Fristsetzung forderte sie eine Bestätigung über die Fortsetzung des Vergabeverfahrens oder zumindest die Durchführung eines erneuten Offenen bzw. Nichtoffenen Verfahrens.
Die Vergabestelle ist dieser Forderung nicht innerhalb der Frist nachgekommen, sagte jedoch eineÜberprüfung zu.
Mit Schreiben vom 10.06.05, per Fax eingegangen am gleichen Tage, beantragte die Antragstellerin bei der Vergabekammer Lüneburg ein Nachprüfungsverfahren nach § 107 GWB. Sie verweist auf ihre Rüge und befürchtet einen vergaberechtswidrigen Zuschlag auf das Angebot eines anderen Bieters. Inhaltlich begründet sie nach Akteneinsicht ihren Nachprüfungsantrag mit den unverzüglich gerügten fehlenden Voraussetzungen für eine Aufhebung. Nicht vorstellbar sei, in welcher Weise eine einfachere Beschreibung ihrer Nebenangebote hätte erfolgen sollen. Die Nebenangebote seien auch nicht unbestimmt. Zu den Titeln 1.2.9 und 2.1.9 sei in den Angeboten ausgeführt worden, dass die Datensynchronisation mit dem ADS-Verzeichnis über das angebotene Managementsystem Alcatel OmniVista 4760, namentlich über das Modul Adressbuchserver, hergestellt werde. Damit sei eine durchaus gleichwertige Lösung angeboten worden, welche die gestellten Anforderungen, nämlich eine Datensynchronisation mit dem ADS über eine Meta-Directory, vollständig erfülle. Mit den Titeln 2.2.5, 2.3.5, 2.4.5 und 2.5.5 habe sie eine extrem kostengünstige Lösung angeboten, die ohne zusätzliche Rechner für die Gebührenerhebung auskomme. Diese Lösung führe weder zu Folgekosten noch sei sie mit Störungsrisiken behaftet. Die Antragstellerin sei auch nicht von der Existenz von LAN/WAN-Verbindungen ausgegangen, sondern die zu den Titeln erwähnten LAN/WAN-Verbindungen müssten im Rahmen der Auftragsdurchführung nach dem Lösungskonzept der Antragstellerin in Form einer IP-Verbindung ohnehin hergestellt werden. Zusätzliche Kosten entstünden hierdurch also nicht.
Andernfalls hätte die Antragstellerin in ihren Nebenangeboten selbstverständlich auf derartige Sachverhalte hingewiesen. Die vermeintlich fehlerhafte Bietereintragung zur Pos. 1.12.13.79 erkläre sich daraus, dass die Antragstellerin von der hier eingetragenen Fa. xxx nicht nur die PC-Software, sondern zu Gunsten optimaler Funktion und Kompatibilität auch die Hardware als Komplettlieferung beziehe. Mit der Angabe des Fabrikats Cycos sei daher zugleich über das PC-Fabrikat entschieden worden. Die Leistungsbeschreibung setze die Anforderungen an die Hardware zudem so detailliert fest, dass nachträglich eingeholte zusätzliche Erklärungen hierzu wettbewerbsneutral gewesen wären. Aus Sicht der Antragstellerin hätten sämtliche bei der Vergabestelle bestehenden Zweifel durch einfaches Nachfragen wettbewerbsneutral beseitigt werden können.
Eine von der Vergabestelle vermisste einfache Verständlichkeit der detaillierten und ausführlichen Erklärungen zu ihren Nebenangeboten sei nicht unter die Ausschlussgründe zu subsumieren, die eine Aufhebung der Ausschreibung nach § 26 Nr. 1 lit. a VOL/A rechtfertigen. Soweit in dem vermeintlichen Mangel ihrer Nebenangebote das Fehlen geforderter Angaben und Erklärungen i. S. von § 25 Nr. 1 Abs. 2 lit. a VOL/A gesehen werde, sei außerdem darauf hinzuweisen, dass diese Regelungen nur einen fakultativen Ausschluss vorsehen und auf die Nebenangebote der Antragstellerin gar nicht angewandt werden könnten. Auch hätte die Vergabestelle ein für einen fakultativen Ausschluss erforderliches Ermessen gar nicht erkennbar ausgeübt.
Die kurze Frist zwischen Vorlage des Vergabevorschlags des Beratungsbüros und der im Vergabevermerk eingetragenen Entscheidung zur Aufhebung der Ausschreibung lasse darauf schließen, dass über den Ausschluss der Angebote und die Aufhebung des Vergabeverfahrens nicht die Vergabestelle, sondern das von ihr beauftragte Beratungsbüro entschieden habe.
Im Hinblick auf das auf ihren Nachprüfungsantrag mit Beschluss der Vergabekammer vom 08.04.04 aufgehobene erste Vergabeverfahren mutmaßt die Antragstellerin eine Diskriminierungsabsicht der Auftraggeberin.
Die Antragstellerin beantragt,
der Auftraggeberin aufzugeben, die Aufhebung des Vergabeverfahrens rückgängig zu machen und den Zuschlag auf eines der Nebenangebote der Antragstellerin zu erteilen;
hilfsweise der Auftraggeberin aufzugeben,
das Vergabeverfahren unter alleiniger Berücksichtigung der Nebenangebote der Antragstellerin fortzusetzen und mit der Antragstellerin eine Aufklärungsverhandlung unter Aufsicht der Vergabekammer nach § 24 Nr. 1 Abs. 1 VOL/A,
hilfsweise
eine Nachverhandlung nach § 24 Nr. 2 Abs. 2 VOL/A, durchzuführen;
höchst hilfsweise der Auftraggeberin aufzugeben,
den Auftrag für die ausgeschriebene TK-Lösung nicht im Verhandlungsverfahren, sondern erst nach vorheriger Durchführung eines erneuten Nichtoffenen Vergabeverfahrens unter Beteiligung der Antragstellerin zu erteilen.
Die Auftraggeberin beantragt,
den Antrag der Antragstellerin auf Rückgängigmachung der Aufhebung unter Fortsetzung des Vergabeverfahrens sowie den Hilfsantrag zurückzuweisen.
Sie tritt der Rechtsauffassung der Antragstellerin entgegen und weist den Vorhalt von Intransparenz und gezielten Maßnahmen zur Diskriminierung entschieden zurück.
Für die Antragstellerin bestehe kein Rechtsschutzbedürfnis, denn zu keiner Zeit habe die Gefahr bestanden, dass die Auftraggeberin vergaberechtswidrig einem anderen Bieter den Zuschlag erteilen würde. Die Antragstellerin habe den Ausschluss ihrer Nebenangebote und die Aufhebung der Ausschreibung nicht unverzüglich gerügt und sei auch nicht antragsbefugt, da ihre Nebenangebote begründet aus der Wertung auszuschließen waren.
Selbst unter Berücksichtigung der im Nachprüfungsverfahren von der Antragstellerin zu den strittigen Positionen vorgetragenen Erläuterungen seien die technischen Lösungen nicht vollständig beschrieben, sodass es ihr nicht möglich sei zu prüfen, ob die angebotene Technik, ohne zusätzliche Maßnahmen und entsprechende Folgekosten, auch wirklich umsetzbar und gleichwertig ist. Hierzu hätten im Übrigen die geforderten Gütezeugnisse, Prüfnachweise etc. beigefügt werden müssen.
Auch die Rechtsprechung verlange von Nebenangeboten eine klare und in sich geschlossene übersichtliche und erschöpfende Beschreibung, die nicht im Wege der Aufklärung nachgebessert werden könne. Dies gelte im vorliegenden Fall umso mehr, als in den Verdingungsunterlagen der Ausschluss unvollständiger Angebote eindeutig und unmissverständlich festgelegt worden sei.
Der Vorwurf, nicht die Vergabestelle, sondern das Beratungsbüro habe über Angebotsausschluss und Aufhebung der Ausschreibung entschieden, wird unter Hinweis auf die innerdienstlichen Mitteilungen und Vermerke der Vergabestelle und schließlich auf das in der Vergabeakte dokumentierte Ergebnis der Dezernentenkonferenz zurückgewiesen.
Wegen des übrigen Sachverhalts wird auf die Vergabeakte, die Schriftsätze der Beteiligten und das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 07.07.2005 Bezug genommen.
II.
Der Nachprüfungsantrag ist zulässig, aber unbegründet. Die Antragsgegnerin hat sich ermessensfehlerfrei entschieden, die streitbefangene Ausschreibung gem. § 26 Nr. 1 lit. a VOL/A aufzuheben. Sie ist zu Recht davon ausgegangen, dass kein den Ausschreibungsbedingungen entsprechendes Angebot eingegangen ist. Dies gilt auch für die streitbefangenen Nebenangebote der Antragstellerin. Die Antragsgegnerin war nicht verpflichtet, die fehlenden Darlegungen der Antragstellerin zur Gleichwertigkeit der Nebenangebote im Rahmen der Aufklärung gem. § 24 VOL/A von der Antragstellerin nachzufordern.
1.
Der Nachprüfungsantrag ist zulässig. Bei der Antragsgegnerin wie bei dem von ihr als Vergabestelle im streitbefangenen Vergabeverfahren mitbetreuten Landkreis xxx handelt es sich um Gebietskörperschaften und damit um öffentliche Auftraggeber im Sinne des § 98 Nr. 1 GWB. Der streitbefangene Auftrag übersteigt auch den für die Zuständigkeit der Vergabekammer maßgeblichen Schwellenwert gem. § 100 Abs. 1 GWB. Danach gilt der 4. Teil des GWB nur für solche Aufträge, die die Auftragswerte erreichen oder überschreiten, die durch Rechtsverordnung nach § 127 GWB festgelegt sind. Bei den ausgeschriebenen Leistungen handelt es sich um einen Lieferungs- und Dienstleistungsauftrag im Sinne des § 99 Abs. 1, Abs. 2 GWB, für den gem. § 2 Nr. 3 der Vergabeverordnung (VgV) vom 09.01.2001 ein Schwellenwert von 200.000 EUR gilt. Der Wert des ausgeschriebenen Auftrags überschreitet nach dem Ergebnis der Ausschreibung den für die Anrufung der Vergabekammer maßgeblichen Schwellenwert. So beträgt z.B. der Gesamtpreis des von der Antragstellerin abgegebenen Nebenangebotes 2 980.183,83 EUR (brutto).
Die Antragstellerin ist auch antragsbefugt gem. § 107 Abs. 2 GWB, da sie als Bieterin ein Interesse am Auftrag hat und eine Verletzung von Rechten durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht, indem sie behauptet, die Antragsgegnerin habe die Ausschreibung aufgehoben, obwohl die zur Begründung angeführten Voraussetzungen des § 26 Nr. 1 lit. a VOL/A nicht vorlägen. Die Antragsbefugnis entfällt nicht deshalb, weil die Antragsgegnerin das streitbefangene Vergabeverfahren bereits vor Stellung des Nachprüfungsantrags gem. § 26 VOL/A aufgehoben hat. Nach dem Beschluss des BGH vom 18.02.2003, Az.: X ZB 43/02 ("Jugendstrafanstalt"; vgl. VergabeR 3/2003, S. 313 ff.), kann ein Bieter auch dann, wenn einöffentlicher Auftraggeber die Ausschreibung für einenöffentlichen Auftrag bereits aufgehoben hat, noch in zulässiger Weise die Vergabekammer anrufen und geltend machen, durch Nichtbeachtung der die Aufhebung der Ausschreibung betreffenden Vergabevorschrift in seinen Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB verletzt zu sein. Allerdings kann auch nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur in Ausnahmefällen eine "Aufhebung der Aufhebung" erreicht werden. Eine solche Rückgängigmachung der Aufhebung kommt nur bei fortbestehendem Vergabewillen des Auftraggebers in Betracht. Diese Auffassung stützt der Bundesgerichtshof maßgeblich auf die Feststellung, dass ein Auftraggeber nach wie vor nicht zur Zuschlagserteilung gezwungen werden kann und darf, selbst wenn er im Ergebnis nach den maßgeblichen Vorschriften keinen Grund zur Aufhebung des Ausschreibungsverfahrens hat (vgl. auch OLG Celle, Beschluss v. 22.05.2003, Az.: 13 Verg 9/03; OLG Koblenz, Beschluss v. 23.12.2003, Az.: 1 Verg 8/03). Daher kann eine Vergabekammer überhaupt nur dann eine Aufhebung der Aufhebung anordnen, wenn der Vergabewille der Vergabestelle fortbesteht (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 03.01.2005, Az.: VII - Verg 72/04). Ansonsten könnte der Auftraggeber gegen seinen Willen zur Zuschlagserteilung verpflichtet werden. Im vorliegenden Fall besteht der Vergabewille der Antragsgegnerin für den streitbefangenen Auftragsgegenstand unstreitig fort. Entgegen der bis zur zitierten Entscheidung des BGH - bis in die jüngste Zeit - nahezu einhellig vertretenen Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum (statt aller: Franke/Kemper/Zanner/ Grünhagen, 1. Auflage, § 26 VOB/A, Rdnr. 7, m.w.N.) kann eine Vergabestelle damit nicht mehr jederzeit und ohne nähere Begründung, sondern nur unter den Voraussetzungen des § 26 VOL/A bzw. VOB/A eine Ausschreibung unanfechtbar aufheben. Ist die Aufhebung nicht durch § 26 VOL/A bzw. 26 VOB/A gedeckt, kann ein Bieter grundsätzlich nunmehr die Rückgängigmachung einer Aufhebung im Wege des Nachprüfungsverfahrens erreichen. Voraussetzung für die Antragsbefugnis gem. § 107 Abs. 2 GWB ist, dass das antragstellende Unternehmen einen durch die behauptete Rechtsverletzung entstandenen oder drohenden Schaden darlegt. Das bedeutet, dass der Antragsteller diejenigen Umstände aufzeigen muss, aus denen sich schlüssig die Möglichkeit eines solchen Schadens ergibt (vgl. Boesen, Vergaberecht, 1. Auflage, § 107, Rdnr. 52). Die Antragstellerin hat ein entsprechendes Rechtsschutzbedürfnis dargelegt, indem sie vorträgt, dass sie ohne die von ihr angefochtene Aufhebung des Vergabeverfahrens eine Chance auf Erhalt des Zuschlags gehabt hätte. Es ist nicht erforderlich, dass die Antragstellerin auch schlüssig darlegt, dass sie bei vergabekonformem Verhalten der Auftraggeberin den Zuschlag auch tatsächlich erhalten hätte (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss v. 13.04.1999, Az.: Verg 1/99, S. 24).
Die Antragstellerin ist auch ihrer Pflicht gem. § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB nachgekommen, vor Anrufung der Vergabekammer den geltend gemachten Verstoß gegen die Vergabevorschriften bereits im Vergabeverfahren gegenüber der Auftraggeberin unverzüglich zu rügen. Bei der Vorschrift des § 107 Abs. 3 GWB handelt es sich um eine Präklusionsregel unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben. Der Bieter soll Vergabefehler nicht auf Vorrat sammeln. Die Rügepflicht des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB entsteht, sobald ein Bieter oder Bewerber im Vergabeverfahren einen vermeintlichen Fehler erkennt. Vorausgesetzt ist die positive Kenntnis des Anbieters von den Tatsachen. Die Antragsgegnerin hatte mit Schreiben vom 31.05.2005 die Bieter über die Aufhebung der Ausschreibung gem. § 26 Nr. 1 lit. a VOL/A informiert. Gleichzeitig kündigte sie ein sich anschließendes Verhandlungsverfahren ohne öffentliche Vergabebekanntmachung gem. § 3 a Nr. 1 Abs. 4 lit. a VOL/A unter Beibehaltung der ursprünglichen Bedingungen des Auftrags mit allen beteiligten Bietern an. Darauf reagierte die Antragstellerin bereits mit Schreiben vom 01.06.2005 und fragte an, warum ihr Angebot den Ausschreibungsbedingungen nicht entsprochen haben soll. Nachdem die Antragsgegnerin der Antragstellerin per Telefax am 02.06.2005 mitgeteilt hatte, dass sich aus ihrem Angebot die technische Gleichwertigkeit der angebotenen Lösungen gegenüber den Anforderungen des Leistungsverzeichnisses nicht nachvollziehen ließ, rügte die Antragstellerin mit Anwaltsschriftsatz vom 08.06.2005 diese Entscheidung der Antragsgegnerin. Die Frage, ob eine Rüge noch unverzüglich nach positiver Kenntniserlangung erfolgt, hängt vom Einzelfall ab. Nach der Rechtsprechung muss die Rüge angesichts der kurzen Fristen, die im Vergaberecht allgemein gelten, grundsätzlich innerhalb von 1 - 3 Tagen erfolgen (vgl. OLG Koblenz, Beschluss v. 18.09.2003, Az.: 1 Verg 4/00; Bechtold, GWB, § 107, Rdnr. 2). Eine Rügefrist von zwei Wochen, die in der Rechtsprechung als Obergrenze anerkannt wird (vgl. OLG Düsseldorf, NZBau 2000, S. 45 ff. [OLG Düsseldorf 13.04.1999 - Verg 1/99]), kann einem Bieterunternehmen allenfalls dann zugestanden werden, wenn eine verständliche Abfassung der Rüge durch eine schwierige Sachverhalts- und/oder Rechtslage erschwert wird und die Inanspruchnahme fachkundiger Hilfe erfordert. Unter Zugrundelegung dieses zutreffenden Maßstabes erfolgte die Rüge der Antragstellerin noch unverzüglich im Sinne des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB. Insbesondere auf Grund der Tatsache, dass die Antragstellerin in nicht zu beanstandender Weise mit der Absetzung der Rüge einen Rechtsanwalt beauftragt hat, erfolgte die Rüge innerhalb von 6 Tagen nach Darlegung der vermeintlichen Ausschlussgründe per Telefax der Antragsgegnerin vom 02.06.2005 noch unverzüglich im Sinne des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB.
2.
Der Nachprüfungsantrag ist jedoch unbegründet. Die Antragstellerin ist durch die Aufhebung des streitbefangenen Vergabeverfahrens nicht im Sinne der §§ 97 Abs. 7, 114 Abs. 1 GWB in ihren Rechten verletzt. Die Antragsgegnerin hat sich vielmehr im Rahmen des ihr durch § 26 VOL/A eingeräumten Ermessens gehalten, als sie sich entschied, die Ausschreibung aufzuheben, weil nach ihrer Wertung kein Angebot eingegangen war, das den Ausschreibungsbedingungen entspricht (§ 26 Nr. 1 lit. a VOL/A). Entgegen der Auffassung der Antragstellerin war die Antragsgegnerin gem. § 25 Nr. 1 Abs. 2 lit. a VOL/A i.V.m. § 21 Nr. 1 Abs. 1 VOL/A berechtigt, auch die Nebenangebote der Antragstellerin wegen ungenügender Beschreibung und mangelnder Darlegung der Gleichwertigkeit von der Angebotswertung auszuschließen. Die Antragsgegnerin war weder verpflichtet noch berechtigt, die fehlenden Angaben im Wege einer Aufklärungsverhandlung von der Antragstellerin nachzuholen. Damit wären die Nebenangebote erst wertbar gemacht worden, was den zulässigen Rahmen des § 24 VOL/Aüberschreitet (im Folgenden a). Es ist auch nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin beabsichtigt, den streitbefangenen Auftrag nach Aufhebung des Nichtoffenen Verfahrens nunmehr im Verhandlungsverfahren unter Einbeziehung aller bisherigen Bieterunternehmen zu vergeben. Diese Verfahrensart ist durch § 3 a Abs. 4 lit. a VOL/A gedeckt (im Folgenden b).
a)
Die Antragsgegnerin war berechtigt, die Ausschreibung gem. § 26 Nr. 1 lit. a VOL/A aufzuheben. Nach dieser Vorschrift kann die Ausschreibung aufgehoben werden, wenn kein Angebot eingegangen ist, das den Ausschreibungsbedingungen entspricht. Ein Vergabeverfahren wird normalerweise mit dem Zuschlag, d. h. mit der Annahmeerklärung des Ausschreibenden auf das Angebot eines Bieters beendet (§ 28 VOL/A). Von diesem Regelfall stellt die "Aufhebung der Ausschreibung" nach § 26 VOL/A unter den dort festgelegten Voraussetzungen die Ausnahme dar. Zwar kann sich der Auftraggeber nach den Allgemeinen Vertragsvorschriften des bürgerlichen Rechts (§§ 145 ff. BGB) frei entscheiden, ob er den Auftrag erteilen will oder nicht. Eine willkürliche Aufhebung der Ausschreibung trotz Nichtvorliegens der Aufhebungsgründe des § 26 VOL/A würde jedoch mit dem Sinn und dem Zweck des Vergabesystems und - bei Auftragsvergaben oberhalb der Schwellenwerte - auch mit dem Rechtsanspruch auf Einhaltung der Vergaberegeln gem. § 97 Abs. 7 GWB, der faktisch in der Folge zu einem Anspruch auf Zuschlagserteilung führen kann, nicht in Einklang stehen (vgl. Portz in: Daub/Eberstein, VOL/A, 5. Auflage, § 26, Rdnr. 12, m.w.N.). Bei Vorliegen einer der vier abschließend in § 26 Nr. 1 VOL/A geregelten Fallgruppen kann der Auftraggeber die Ausschreibung aufheben. Er hat das ihm diesbezüglich eingeräumte vergaberechtliche Ermessen unter Abwägung und Beachtung nicht nur seiner eigenen Interessen, sondern auch der Bieter auszuüben. Dabei kann sich das ihm grundsätzlich eingeräumte Ermessen sogar ausnahmsweise auf Null zu Gunsten einer Aufhebung reduzieren. Von einer derartigen Pflicht zur Aufhebung ist immer dann auszugehen, wenn auf der Grundlage der eingegangenen Angebote eine ordnungsgemäße Vergabe nicht möglich wäre. Ein solcher Fall ist immer dann gegeben, wenn ohne die Aufhebung das Wettbewerbsprinzip, das Gleichbehandlungsgebot oder das Diskriminierungsverbot verletzt werden würde oder aber eine sachgerechte Wertung der Angebote mangels Vergleichbarkeit nicht möglich ist (vgl. Portz, a.a.O., Rdnr. 17). Im vorliegenden Fall hat sich die Auftraggeberin zumindest im Rahmen des ihr nach § 26 Nr. 1 VOL/A eingeräumten Ermessens gehalten, als sie sich entschied, das streitbefangene Vergabeverfahren aufzuheben.
Nach § 26 Nr. 1 lit. a VOL/A kann der Auftraggeber die Ausschreibung aufheben, wenn kein Angebot eingegangen ist, das den Ausschreibungsbedingungen entspricht. Darunter sind hauptsächlich Angebote zu verstehen, die schon nach § 23 Nr. 1 VOL/A nicht geprüft werden brauchen bzw. nach § 25 Nr. 1 VOL/A von der Wertung ausgeschlossen sind, weil sie insbesondere den Anforderungen des § 21 Nr. 1 und 2 nicht genügen (vgl. OLG Dresden, Beschluss v. 10.01.2000, Az.: W Verg 0001/99). Danach entsprechen Angebote, die entgegen § 21 Nr. 1 Abs. 1 nicht die Preise sowie die geforderten Angaben und Erklärungen enthalten, nicht der Ausschreibung (vgl. Portz in: Daub/Eberstein, VOL/A, 5. Auflage, § 26, Rdnr. 18, m.w.N.). Der § 26 Nr. 1 a spricht von der Aufhebung der Ausschreibung, wenn alle eingegangenen Angebote bedingungswidrig sind. Ist nur ein Teil der Angebote bedingungswidrig oder liegt nur ein ordnungsgemäßes Angebot vor, genügt dieser Umstand für sich allein nicht zur Aufhebung der Ausschreibung. Die Antragsgegnerin ist jedoch auf der Grundlage des in der Vergabeakte enthaltenen Vergabevorschlags des beauftragten Büros xxx , xxx , vom 07.03./19.04.2005 in nachvollziehbarer Weise zu dem Schluss gelangt, dass keines der abgegebenen Angebote den Anforderungen der Verdingungsunterlagen an die eindeutige Bestimmbarkeit der Leistung bzw. des Produkts entspricht und somit sämtlich bei der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes gem. § 25 Nr. 3 VOL/A nicht berücksichtigt werden können. So fehlten bei vier der insgesamt sechs eingegangenen Angebote zwischen 10 und 236 Angaben zu Hersteller und Typ einzelner Leistungspositionen (vgl. Nr. 4.2, S. 15 der Vergabeempfehlung). Darüber hinaus stellte das beauftragte Büro bei fünf der sechs Angebote - darunter die Nebenangebote der Antragstellerin - unterschiedlichste Ausschlussgründe nach § 25 Nr. 1 VOL/A fest, die nach Auffassung des beauftragten Büros und der Antragsgegnerin zur mangelnden Wertungsfähigkeit der Angebote führten (vgl. Nr. 3 des Vergabevorschlags vom 19.04.2005, S. 8 bis 14). Die ausführliche Dokumentation der Auseinandersetzung mit den Angeboten erfüllt die Anforderungen an den zur Wahrung des vergaberechtlichen Transparenzgebotes erforderlichen Vergabevermerk gem. § 30 VOL/A.
Streitig ist im vorliegenden Nachprüfungsverfahren lediglich die Frage, ob auch die beiden Nebenangebote der Antragstellerin auszuschließen waren. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin hat die Antragsgegnerin beide Nebenangebote zu Recht gem. § 25 Nr. 1 Abs. 2 lit. a VOL/A i.V.m. § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 1 VOL/A von der Angebotswertung ausgeschlossen, weil sie nicht die nach den Verdingungsunterlagen geforderten Angaben und Erklärungen enthielten, die für eine hinreichende Beschreibung der Nebenangebote und insbesondere auch die für die erforderliche Prüfung der Gleichwertigkeit der Nebenangebote zu den Festlegungen der Leistungsbeschreibung für das Hauptangebot erforderlich waren (vgl. S. 13, 14 des Vergabevorschlags). Die Nebenangebote der Antragstellerin entsprechen nicht den Anforderungen des § 25 Nr. 4 VOL/A. Danach sind Nebenangebote und Änderungsvorschläge, die der Auftraggeber bei der Ausschreibung gewünscht oder ausdrücklich zugelassen hat, ebenso zu werten wie Hauptangebote. Die Kriterien zur Wertung des Nebenangebotes ergeben sich daher wie bei einem Hauptangebot aus § 25 Nr. 1, 2 und 3 VOL/A. Unzulässig ist es nur, wenn der Auftraggeber ein Nebenangebot berücksichtigt, das nicht gleichwertig zu den Hauptangeboten ist. Insbesondere können sich aus der Leistungsbeschreibung ausdrücklich oder im Wege der Auslegung Mindestanforderungen an Nebenangebote ergeben (vgl. Brinker/Ohler in: Beck'scher VOB-Kommentar, § 25 VOB/A, Rdnr. 142, 143, m.w.N.). Nebenangebote, die diesen Kriterien nicht entsprechen oder diese abändern, sind nach § 25 Abs. 1 lit. d VOL/A auszuschließen. Darüber hinaus können gem. § 25 Nr. 1 Abs. 2 lit. a Angebote ausgeschlossen werden, die nicht die geforderten Angaben und Erklärungen im Sinne des § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 1 VOL/A enthalten.
Die Antragsgegnerin hat sich im Rahmen des ihr nach § 25 Nr. 1 Abs. 2 VOL/A eingeräumten Ermessens gehalten, als sie zu dem Schluss gelangte, dass die Nebenangebote der Antragstellerin nicht die für eine Wertbarkeit erforderlichen Angaben und Erklärungen enthielten. Die Antragsgegnerin hatte die Bieter unmissverständlich auf die Bedeutung der Abgabe der geforderten Erklärungen mit Angebotsabgabe hingewiesen. So war den Verdingungsunterlagen ein "Wichtiges Merkblatt über die Ausfüllung des Leistungsverzeichnisses" beigefügt. Dort heißt es:
"Geforderte Erklärungen
Nach der aktuellen Rechtsprechung des BGH sind Bieterangebote stets zwingend auszuschließen, wenn geforderte Erklärungen fehlen, z.B. die genaue Angabe eines gleichwertigen Produktes. Eine Gleichbehandlung aller Bieter ist jedoch nur gewährleistet, soweit Angebote diese Erklärung enthalten. Da dieses Gleichbehandlungsgebot durch öffentliche Auftraggeber zu beachten ist, werden nur Angebote gewertet, die alle geforderten Erklärungen enthalten."
Darüber hinaus enthält das Leistungsverzeichnis, das in zwei Kapiteln gegliedert ist (TK-Netz Stadt xxx (Anfangsziffer 1) und TK-Netz L10 Landkreis xxx (Anfangsziffer 2)), auf Seite 3 weitere wichtige Hinweise zum Projekt. Dort heißt es ausdrücklich:
"Nebenangebote sind zugelassen. Die Gleichwertigkeit aller geforderten Leistungen muss mit Angebotsabgabe detailliert nachgewiesen werden."
Auf Seite 5 des Leistungsverzeichnisses heißt es darüber hinaus:
"Bei fehlenden Angaben können die Funktionen/Leistungen im Zweifelsfall als nicht gewährleistet angesehen werden."
Auf Grund einer Anfrage der Antragstellerin hatte die Antragsgegnerin zudem mit Bieterrundschreiben vom 16.12.2004 folgende Mindestbedingungen für Nebenangebote definiert:
"- Die Gleichwertigkeit muss sich aus den mitgelieferten Unterlagen und Beschreibungen einfach erschließen.
- Für die angebotenen Produkte sind Gütezeugnisse, Prüfnachweise oder Zertifikate sowie Referenzen mit Ansprechpartnern beizufügen.
- Die technische Lösung muss gleichwertig oder besser sein. Die beschriebenen Funktionalitäten und Standards müssen mindestens erfüllt sein.
- Das Nebenangebot muss eine im Sinne des Leistungsverzeichnisses vollständige Lösung darstellen.
- Die sich aus dem Nebenangebot zusätzlich ergebenden Folgekosten müssen dargestellt werden."
Diesen Anforderungen an die Darlegung von Nebenangeboten genügten die Erläuterungen in den Nebenangeboten der Antragstellerin nicht. Die Antragstellerin hatte mit Schreiben vom 11.01.2005 zwei Nebenangebote mit abweichender technischer Spezifikation im Sinne der Ziffer 4.2 der Bewerbungsbedingungen zu verschiedenen Leistungspositionen abgegeben. Im Angebotsanschreiben heißt es dazu eingangs:
"Für alle hier nicht dezidiert aufgeführten Punkte entspricht das jeweilige Nebenangebot den Anforderungen ihrer Ausschreibung. Damit erkennen wir die LV-Texte hierfür als verbindlich an."
Im Folgenden hat die Antragstellerin sodann die Abweichungen zu den einzelnen Positionen aufgeführt und kurz beschrieben. Unter den Positionen 2.2.5, 2.3.5, 2.4.5 und 2.5.5 hatte die Antragsgegnerin in der Leistungsbeschreibung unter dem Titel "Gebührencomputer und Administration" für die vier im Landkreis xxx gelegenen Berufsschulen eine Software für die Auswertung der Gesprächsgebühren, eine Software für die Administration der TK-Anlage, einen gesonderten PC für die Gebühren- und Administrationssoftware sowie einen elektronischen Umschalter für Monitor, Tastatur und Mouse ausgeschrieben. Die Bieter wurden darauf hingewiesen, dass die Berufsschulen noch nicht an das Kabelnetz des Landkreises angeschlossen sind, dieses mittelfristig jedoch vorgesehen ist. Unter Pos. 2.1.2 "Vernetzung zu anderen Anlagen" heißt es:
"Die Berufsbildenden Schulen des Landkreises im Stadtgebiet xxx können mittelfristig an das Netz der Kreisverwaltung angeschaltet werden. Es sind die entsprechenden Schnittstellen für die Vernetzung über LWL (Lichtwellenleiter) in der Anlage des Landkreises vorzusehen."
Daraus ergab sich für die Bieter, dass für die Berufsschulen im Gegensatz zu den anderen Objekten des Landkreises und der Stadt eine dezentrale Lösung für einen Gebühren- und Administrationscomputer angeboten werden musste, die lediglich - im Hinblick auf die mittelfristig vorgesehene Anbindung an das Telekommunikationsnetz der Stadt xxx und des Landkreises xxx - bereits die erforderlichen Schnittstellen aufweisen musste. Dies ergab sich auch aus der dem Leistungsverzeichnis als Anlage 1 beigefügten Gesamtübersicht "Telekommunikationsnetz" der Stadt xxx und des Landkreises xxx (Bestand: Oktober 2004). Auch daraus war ersichtlich, dass die vier Berufsschulen im Gegensatz zu den anderen Liegenschaften des Landkreises und der Stadt noch nicht an das Telekommunikationsnetz angebunden sind. Der daraus folgenden Tatsache, dass zumindest bis auf weiteres für die Berufsschulen eine dezentrale Lösung notwendig ist, hat die Antragstellerin mit ihrem Nebenangebot zu den o. g. Positionen nicht hinreichend Rechnung getragen. Ihr Nebenangebot geht vielmehr von einer Software und Netzlösung auf Basis vorhandener PCs in den Berufsschulen mit Anbindung an das Telekommunikationsnetz des Landkreises aus. So heißt es in ihrem Nebenangebot 1 zu Pos. 2.2.5 BBS 1 Administration:
"Die Administration und Gebührenabrechnung bzw. Gebührenauswertung erfolgt über einen zusätzliche Web Client des angebotenen Management- und Gebührentools für die Stadt und den Landkreis. Eine zusätzliche Hardware ist daher nicht notwendig. Der Zugriff erfolgt über LAN/WAN Verbindungen."
Auch für die übrigen Berufsschulen wird hier eine wortgleiche Lösung angeboten. Die Antragstellerin ist bei Abfassung ihres Nebenangebotes offenbar irrtümlich davon ausgegangen, dass eine irgendwie geartete Netzverbindung mit den zentralen Management- und Gebührentools von Stadt und Landkreis bereits vorhanden ist. Dies ergibt sich auch aus dem Vortrag der Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung vom 07.07.2005. Dort hat die Antragstellerin erklärt, dass sie davon ausgegangen ist, dass zwar erst zukünftig eine Vernetzung per LWL für die Berufsschulen angestrebt werde, dass aber bereits derzeit ein Anschluss per gewöhnlichem Kupferkabel vorhanden sei, was nach den Verdingungsunterlagen aber ausdrücklich nicht zutrifft. Auch der Hinweis im Nebenangebot der Antragstellerin, der Zugriff erfolge über LAN (Local Area Network) oder WAN (Wide Area Network) Verbindungen, lässt den Schluss darauf zu, dass die Antragstellerin hinsichtlich der derzeitigen Anbindung der Berufsschulen an das Telekommunikationsnetz des Landkreises und der Stadt xxx von falschen Voraussetzungen ausgegangen ist. Zwar hat die Antragstellerin noch im Zuge der mündlichen Verhandlung sowie in einem im Nachgang zur mündlichen Verhandlung bei der Vergabekammer eingegangenen Schriftsatz vom 12.07.2005 erläutert, dass sie sich diesbezüglich eine Verbindung per Internet vorstellt. Diese Lösung hätte die Antragstellerin dann jedoch in ihren Nebenangeboten auch ausdrücklich inklusive der notwendigen Firewall-Lösungen anbieten und beschreiben müssen, um so die Antragsgegnerin in die Lage zu versetzen, bereits auf der Grundlage des Nebenangebotes die Umsetzbarkeit und die Gleichwertigkeit dieser Lösung zu prüfen.
Das Nebenangebot 2 der Antragstellerin beinhaltet lediglich eine alternative Lösung für die Pos. 1.2.1.8 - "Digitale Teilnehmerschnittstelle mit erhöhter Reichweite". In allen anderen Punkten gelten laut Nebenangebot 2 ausdrücklich die Aussagen und Preise des Nebenangebotes 1, so dass auch das Nebenangebot 2 für die Pos. 2.2.5, 2.3.5, 2.4.5 und 2.5.5 die gleichen Mängel aufweist.
Nicht hinreichend detailliert ist auch die Beschreibung der Nebenangebote hinsichtlich der Pos. 1.2.9 / 2.1.9 "Datensynchronisation TK-Anlage und Aktive Directory Service (ADS)" (Erläuterung der Vergabekammer: das Aktive Directory ordnet verschiedenen Netzwerkobjekten, wie Benutzern, Computern u.a., Eigenschaften zu und verwaltet diese) in den Nebenangeboten nur unzureichend erläutert. Dazu heißt es unter 1.2.9 des Leistungsverzeichnisses:
"Bei der Stadt xxx werden flächendeckend die ADS eingesetzt. ... Es besteht ein Exchangeserver 2003 Cluster. Vorzugsweise ist eine Lösung anzubieten, mit der die TK-Daten in die ADS direkt integriert werden (ADS-Schemaerweiterung). Falls diese Lösung nicht möglich sein sollte, ist die Datensynchronisation über ein Meta-Directory herzustellen. Die Lösung ist genau zu beschreiben und der Aufwand zur Integration möglichst genau anzugeben. Die kalkulierten Mengen sind in der Bieterergänzung einzutragen."
Die Pos. 1.2.9 des Leistungsverzeichnisses enthält entsprechende Unterpositionen zu Hardware/Server/Schnittstellen, notwendige Software, Schnittstellenanalyse sowie für den Bereich Customizing Hardware und Software und Sonstiges. Für alle Unterpositionen waren sämtliche Kosten der kalkulierten Tage zusammenzurechnen und einzutragen. Ferner waren das angebotene Fabrikat und der angebotene Typ einzutragen. Die Antragstellerin hatte in ihren Nebenangeboten zu den Pos. 1.2.9 und 2.1.9 eine Datensynchronisation mit dem ADS-Verzeichnis und die TK-Anlage des Landkreises xxx über einen OmniVista 4760-Server angeboten, der in der Stadtverwaltung aufgestellt werden soll. Die Antragstellerin wies darauf hin, dass eine separate Server-Hard- und -Software nicht notwendig sei, da der LDAP-Verzeichnisdienst als integraler Task auf dem Server läuft. Die abgefragten Positionen Customizing Hardware und Software sowie Sonstiges würden ebenfalls nicht benötigt. Die Auftraggeberin hat im Zuge der Angebotsprüfung ausweislich der Vergabeempfehlung vom 19.04.2005 (S. 13, 14) bemängelt, dass die Nebenangebote der Antragstellerin nicht darauf eingehen, ob hier eine - vorrangig geforderte - ADS-Schemaerweiterung zur Synchronisation der Daten oder aber - falls dies nicht möglich sein sollte - eine Datensynchronisation über ein Meta-Directory angeboten werden sollte (Erläuterung: Bei einem Meta-Directory handelt es sich um ein Meta-Verzeichnis, welches eine zentrale Sammlung von Mitarbeiter- und Kundeninformationen ermöglicht. Die automatische Synchronisation durch den Replizierungsprozess fasst die existierenden Mitarbeiter- und Kundendaten aus verschiedenen Informationsinseln zusammen). Die Vergabekammer teilt die Auffassung der Antragstellerin nicht, dass die Antragsgegnerin aus der textlichen Darstellung des Nebenangebotes ohne weiteres entnehmen konnte, dass eine Lösung auf der Grundlage einer Meta-Directory an Stelle einer ADS-Schemaerweiterung angeboten werden sollte. Da die Lösung per Meta-Directory nach dem Wortlaut der Ziffer 1.2.9 des Leistungsverzeichnisses ausdrücklich nur nachrangig zu einer ADS-Schemaerweiterung und unter Angabe von Gründen angeboten werden sollte, war die Antragstellerin verpflichtet, ihr Nebenangebot auch diesbezüglich näher zu erläutern, damit die Antragsgegnerin feststellen konnte, ob die angebotene Lösung gemessen an den Vorgaben des Leistungsverzeichnisses gleichwertig ist.
Angesichts der in den Verdingungsunterlagen festgelegten klaren Anforderungen an die Transparenz und den Aussagegehalt von Nebenangeboten war die Antragsgegnerin entgegen der Auffassung der Antragstellerin auch weder gehalten noch berechtigt, die fehlenden Erläuterungen und Angaben von der Antragstellerin im Wege der Aufklärungsverhandlungen gem. § 24 VOL/A nachzufordern. Grundsätzlich hat ein Bieter, der ein unklares Angebot vorgelegt hat, keinen Anspruch auf Nachverhandlung (vgl. Weyand, Vergaberecht,§ 24 VOL/A, Rdnr. 5852, m.w.N.). Die restriktive Regelung des § 24 Nr. 1 VOL/A gestattet es dem Auftraggeber - ebenso wie die entsprechende Regelung des § 24 Nr. 1 VOB/A - lediglich, nach Öffnung der Angebote bis zur Zuschlagserteilung mit den Bietern über ihre Angebote zu verhandeln, um Zweifel über die Angebote oder die Bieter zu beheben. § 24 VOL/A enthält eine abschließende Aufzählung der zulässigen Verhandlungsgründe. Hiernach sind Verhandlungen erlaubt, soweit sie sich auf das rein Informatorische beschränken. Die ungenügende Beschreibung eines Nebenangebotes kann dagegen nicht mit einer Aufklärung des Angebotsinhalts nach § 24 VOL/A nachgebessert werden. Wird - wie im vorliegenden Fall - der Nachweis der Gleichwertigkeit eines Nebenangebotes nicht, wie gefordert, mit der Angebotsabgabe erbracht, so kann der Nachweis nicht im Wege des § 24 VOL/A nachgeholt werden. Derartig weit reichende nachgereichte Angaben sind im Hinblick auf das Verhandlungsverbot nicht zulässig. Soweit die erforderlichen Präzisierungen derÄnderungsvorschläge und Nebenangebote dazu führen, dass der Bieter den Leistungsumfang ändern und im Rahmen der sog. "Aufklärung" eine in seinem Angebot so nicht enthaltene Leistung anbieten kann, entstehen Manipulationsmöglichkeiten (vgl. Jasper in: Beck'scher VOB-Kommentar, § 24 VOB/A, Rdnr. 26, 27, m.w.N.). Die Nebenangebote der Antragstellerin können daher nicht im Wege der Aufklärung nach § 24 VOL/A nachgebessert und damit erst wertbar gemacht werden. Derartige Verhandlungen sind durch § 24 VOL/A nicht gedeckt, weil dies zu einer nachträglichen Verbesserung der Wettbewerbsstellung der Antragstellerin führen und deshalb den Wettbewerbs- und Gleichbehandlungsgrundsatz nach § 97 Abs. 1 und 2 GWB verletzen würde (vgl. VK Nordbayern, Beschluss v. 25.03.2002, Az.: 320-VK-3194-06/02).
b)
Auch soweit die Antragstellerin höchst hilfsweise beantragt hat, der Antragsgegnerin aufzugeben, den Auftrag für die ausgeschriebene TK-Lösung nicht im Verhandlungsverfahren, sondern erst nach vorheriger Durchführung eines erneuten Nichtoffenen Vergabeverfahrens unter Beteiligung der Antragstellerin zu erteilen, liegt eine Verletzung von Rechten der Antragstellerin nicht vor. Da die Antragsgegnerin mangels ausschreibungskonformer Angebote das streitbefangene Nichtoffene Verfahren zu Recht gem. § 26 Nr. 1 lit. a VOL/A aufgehoben hat, ist sie berechtigt, den Auftrag im Wege eines Verhandlungsverfahrens gem. § 3 a Nr. 1 Abs. 4 lit. a, Satz 2 VOL/A im Verhandlungsverfahren zu vergeben. Nach dieser Vorschrift ist ein Verhandlungsverfahren auch ohne vorherige Vergabebekanntmachung zulässig, wenn in einem Offenen oder Nichtoffenen Verfahren nur nicht wertbare Angebote im Sinne der §§ 23 Nr. 1 oder 25 Nr. 1 VOL/A abgegeben wurden, die ursprünglichen Bedingungen des Auftrags nicht grundlegend geändert werden und der Auftraggeber in das Verhandlungsverfahren alle Unternehmen einbezieht, die die Eignungsvoraussetzungen des § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A erfüllen und in dem Offenen oder Nichtoffenen Verfahren Angebote abgegeben haben. Diese Voraussetzungen liegen im vorliegenden Fall vor. Die Antragsgegnerin beabsichtigt, die in dem streitbefangenen Nichtoffenen Verfahren zu Grunde liegenden, im Leistungsverzeichnis beschriebenen Leistungen unverändert im Wege eines Verhandlungsverfahrens zu vergeben und dabei alle bisherigen Bieter und damit auch die Antragstellerin im Verfahren zu beteiligen.
Die Antragsgegnerin hat entgegen der Vermutung der Antragstellerin ausweislich der Dokumentation in der Vergabeakte auch den Grundsatz des § 2 Nr. 3 VOL/A beachtet, wonach die Leistungen unter ausschließlicher Verantwortung der Vergabestelle zu vergeben sind. Die Antragsgegnerin hat den Vergabevorschlag des beauftragten Beratungsbüros nicht einfach unreflektiert umgesetzt, sondern fachlich und rechtlich geprüft. So hat sich u.a. ihr Fachdienst Recht (Schreiben vom 08.04.2005), ihr RPA (Schreiben vom 09.05.2005) und die Dezernentenkonferenz am 26.05.2005 mit der Angebotswertung und dem Vergabevorschlag ausführlich befasst. Die Antragsgegnerin hat die Entscheidungen im Vergabeverfahren selbst getroffen.
Der Nachprüfungsantrag war daher zurückzuweisen.
III. Kosten
Die Kostenentscheidung folgt aus § 128 GWB. Nach Art. 7 Nr. 5 des 9. Euro-Einführungsgesetzes (BGBl. 58/2001 vom 14.11.2001, S. 2992 ff.) vom 10.11.2001 werden die DM-Angaben in § 128 GWB für die von der Vergabekammer festzusetzende Gebühr durch Angaben in Euro im Verhältnis 1:2 ersetzt, so dass die regelmäßige Mindestgebühr nunmehr 2.500 EUR, die Höchstgebühr 25.000 EUR bzw., in Ausnahmefällen, 50.000 EUR beträgt.
Es wird eine Gebühr in Höhe von 2.788 EUR gemäß § 128 Abs. 2 GWB festgesetzt.
Der zu Grunde zu legende Auftragswert für den streitbefangenen Gesamtauftrag beträgt nach dem Ergebnis der streitbefangenen Ausschreibung 980.183,83 EUR. Dieser Betrag entspricht den Kosten nach dem niedrigsten Angebot der Antragstellerin (Nebenangebot 2) und damit ihrem Interesse am Auftrag.
Die Gebührenermittlung erfolgt anhand einer Gebührentabelle des Bundeskartellamtes vom 09.02.1999 in der zurzeit gültigen Fassung vom 01.01.2003. Hiernach wird der Mindestgebühr von 2.500 EUR (§ 128 (2) GWB) eine Ausschreibungssumme von bis zu 80.000 EUR zugeordnet und dem regelmäßigen Höchstwert von 25.000 EUR (§ 128 (2) GWB) eine Ausschreibungssumme von 70 Mio. EUR (höchste Summe der Nachprüfungsfälle 1996 -1998) gegenübergestellt. Bei einer Ausschreibungssumme von 980.183,83 EUR ergibt sich durch Interpolation eine Basisgebühr von 2.788 EUR.
Diese Gebühr schließt einen durchschnittlichen sachlichen und personellen Aufwand ein. Gutachterkosten und Kosten von Zeugenvernehmungen sind nicht angefallen.
Die in Ziffer 2 des Tenors geregelte Kostentragungspflicht folgt aus § 128 Abs. 3 Satz 1 GWB. Danach hat ein Beteiligter, soweit er im Verfahren unterliegt, die Kosten zu tragen. Hier war zu berücksichtigen, dass der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin keinen Erfolg hatte.
Die Antragstellerin wird aufgefordert, innerhalb einer Frist von einem Monat nach Rechtskraft dieses Beschlusses den Betrag von 2.788 EUR unter Angabe des Kassenzeichens xxx auf folgendes Konto zu überweisen: xxx.
Rohn
Hintz