Vergabekammer Lüneburg
Beschl. v. 13.09.2005, Az.: VgK 40/2005

Ausschluss von Wertung wegen unzulässiger Mischkalkulation; Versäumnisse in der Angabe der tatsächlichen Einheitspreise der Leistungen für die einzelnen Positionen; Mischkalkulation durch Einkalkulierung der Kosten für eine Sandgrube bei Position "Baustelleneinrichtung" und Abpreisung anderer Positionen im Gegenzug

Bibliographie

Gericht
VK Lüneburg
Datum
13.09.2005
Aktenzeichen
VgK 40/2005
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2005, 22323
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgegenstand

VOB-Ausschreibung Bau der Bundesstraße 402 Bundesgrenze Niederlande/Deutschland - A 31 (Lückenschluss Rijksweg 37) - Erd- und Deckenbau.

Die Vergabekammer hat
durch
die Vorsitzende ORR'in Dr. Raab,
die hauptamtliche Beisitzerin BOAR'in Schulte und
den ehrenamtlichen Beisitzer Dipl.-Ing. Lohmöller
auf die mündliche Verhandlung
vom 13.09.2005
beschlossen:

Tenor:

  1. 1.

    Der Nachprüfungsantrag wird zurückgewiesen.

  2. 2.

    Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin.

  3. 3.

    Die Kosten werden auf 5.680 Euro festgesetzt.

  4. 4.

    Die Antragstellerin hat der Auftraggeberin und der Beigeladenen die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten zu erstatten. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes war für die Beigeladene notwendig.

Begründung

1

I.

Die Auftraggeberin hat mit Datum vom 04.02.2005 die Erd- und Deckenbauarbeiten für den Neubau der Bundesstraße 402 als Lückenschluss zwischen dem Rijksweg 37 von der Bundesgrenze Niederlande/Deutschland zur A 31 europaweit im offenen Verfahren als Bauauftrag gem. VOB/A ausgeschrieben, nachdem sie am 13.12.2004 vorab darüber informiert hatte. Der Bekanntmachung war zu entnehmen, dass eine Unterteilung der zu erbringenden Leistungen in Lose nicht vorgesehen ist. Die Bieter wurden jedoch darauf hingewiesen, dass Nebenangebote/Alternativvorschläge berücksichtigt werden.

2

Hinsichtlich der Bedingungen für die Teilnahme am Wettbewerb hatte die Auftraggeberin Nachweise zur Beurteilung der Eignung gefordert.

3

Der Zuschlag sollte auf das wirtschaftlich günstigste Angebot auf Grund der in den Unterlagen genannten Kriterien erteilt werden.

4

In der Aufforderung zur Angebotsabgabe waren unter Ziffer 9 des Vordruckes HVA B-StB-Aufforderung 2 (10/03) hinsichtlich der maßgeblichen Kriterien für die Angebotswertung gemäß § 25 Nr. 3 Abs. 3 VOB/A genannt:

5

  • Preis, Betriebs- und Folgekosten, technischer Wert, Gestaltung.
  • Bei Nebenangeboten/Änderungsvorschlägen zusätzlich mindestens Gleichwertigkeit mit der geforderten Leistung.
  • Nebenangebote mit Pauschalierungen für Leistungen im Erdbau werden - nicht gewertet -

6

Zusätzlich war unter Ziffer 10.1 des Vordruckes HVA B-StB-Aufforderung 2 (10/03) festgelegt:

"Ein Bieter, der in seinem Angebot die von ihm tatsächlich für einzelne Leistungspositionen geforderten Einheitspreise auf verschiedene Einheitspreise anderer Leistungspositionen verteilt, benennt nicht die von ihm geforderten Preise im Sinne von § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 VOB/A. Deshalb werden Angebote, bei denen der Bieter die Einheitspreise einzelner Leistungspositionen in "Mischkalkulationen" auf andere Leistungspositionen umlegt, grundsätzlich von der Wertung ausgeschlossen. (§ 25 Nr. 1 Abs. 1 b VOB/A)."

7

Den Vergabeunterlagen ist zu entnehmen, dass vier Bieter ein Angebot zur Verdingungsverhandlung am 10.03.2005 vorgelegt hatten. Zusätzlich hatten die Bieter noch insgesamt 46 Nebenangebote eingereicht. Drei Bieter gewährten zusätzlich Preisnachlässe. Das Hauptangebot der Antragstellerin lag mit einer ungeprüften Angebotssumme in Höhe von 10.328.341,17 EUR (ohne 3,0 % Preisnachlass) an erster Stelle und das der Beigeladenen mit 11.045.117,32 EUR (ebenfalls ohne 3,0 % Preisnachlass) an zweiter Stelle.

8

Da der Auftraggeberin offenbar einige Punkte bei der Angebotswertung unklar waren, lud sie die Antragstellerin am 18.03.2005 und am 29.03.2005 jeweils zu einem Aufklärungsgespräch gemäß § 24 VOB/A ein. Ferner bat sie um Vorlage der Urkalkulation und noch fehlender Bescheinigungen und Nachweise.

9

Da die Antragstellerin zu den Aufklärungsgesprächen offenbar die geforderte Urkalkulation nicht vorgelegt hatte, forderte die Auftraggeberin die Antragstellerin mit Schreiben vom 06.04.2005 auf, nicht nur diese nachzureichen sondern auch die Kostenanteile bestimmter Einheitspreise einzelner Positionen vorzulegen.

10

Auf Grund der vorgelegten Unterlagen bat die Auftraggeberin mit Schreiben vom 11.04.2005 ihre vorgesetzte Dienststelle um Prüfung und Zustimmung, das Angebot der Antragstellerin von der Wertung auszuschließen, da es in einigen Positionen auffällig niedrige Preise aufweise und Pauschalpreise, wie für die Baustelleneinrichtung, außergewöhnlich hoch seien. In diese Position habe die Antragstellerin nach eigenen Angaben andere Kosten einkalkuliert.

11

Mit Schreiben vom 21.04.2005 erteilte die vorgesetzte Dienststelle die Zustimmung zum Ausschluss der Antragstellerin.

12

In einem separaten, undatierten Vermerk hielt die Auftraggeberin ausführlich die Gründe für den Ausschluss des Angebotes der Antragstellerin fest und vermerkte abschließend, dass das Angebot unvollständig und spekulativ sei und daher von der Wertung ausgeschlossen werden müsse.

13

Die Auftraggeberin lud auch die Beigeladene zu einem Aufklärungsgespräch am 01.04.2005 gemäß § 24 VOB/A ein und bat um Aufklärung über die Kalkulation einzelner Positionen.

14

Mit Schreiben vom 21.07.2005 informierte die Auftraggeberin die Antragstellerin, dass ihr Angebot ausgeschlossen worden sei, da es Preise bzw. Erklärungen nicht enthalte, nicht vollständig sei und es nicht alle in den Verdingungsunterlagen gestellten Bedingungen erfülle. In einem zweiten Schreiben vom 22.07.2005 teilte die Auftraggeberin der Antragstellerin mit, dass der Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen mit einer Wertungssumme von 10.582.006,61 EUR erteilt werden soll.

15

Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 27.07.2005 rügte die Antragstellerin die beabsichtigte Vergabe und führte aus, dass ein Verstoß gegen § 13 VgV vorläge, da ihr nicht der Grund für die Nichtberücksichtigung ihres Angebotes genannt worden sei, der im Übrigen auch nicht im Sinne der VOB/A vorliegen würde. Sie habe alle angeforderten ergänzenden Unterlagen fristgerecht vorgelegt, so dass die genannten Gründe unzutreffend seien. In einem späteren Gespräch sei ihr bestätigt worden, dass alle "Ergänzungsauflagen" erfüllt seien und alle Unterlagen vorlägen.

16

Nachdem die Auftraggeberin der Antragstellerin mitgeteilt hat, dass sie der Rüge nicht abhelfen könne und die Antragstellerin über die im undatierten Vermerk festgehaltenen Ausschlussgründe des Angebotes informierte, beantragte diese mit Schriftsatz vom 01.08.2005, eingegangen in der Vergabekammer am 02.08.2005, die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens. Die Antragstellerin ergänzt und vertieft ihren Vortrag in Bezug auf die bereits in den Rügeschreiben vom 27.07.2005 gegenüber der Auftraggeberin monierten Vergaberechtsverstöße.

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Sie führt insbesondere aus, dass eine Mischkalkulation, die einen Ausschluss rechtfertigen würde, nicht vorliege. Auf Grund der Aufklärungsgespräche, der überreichten und eingesehenen Urkalkulation, sei ihr Angebot transparent und vergleichbar. Insoweit sei der Ausschluss vergaberechtswidrig. Sie habe dargelegt, dass geeignete Sandabbauflächen in ausreichender Menge und Qualität zur Verfügung ständen. Ferner habe sie erläutert, weshalb das "Material Sand" in die Baustelleneinrichtung einkalkuliert wurde und welcher Preis hierfür in Ansatz gebracht worden ist. Dass in den Positionen 00.03.0022; 00.03.0026 und 00.03.0028 nicht der "Materialpreis Sand" ausgewiesen sei, sondern nur die Kosten der Logistik (Laden, Fahren, Zuschläge und Einbaukosten), sei unschädlich. Sie habe im Aufklärungsgespräch dargelegt, dass und in welchem Umfang der Sand in der Position 00.01.0001 (Baustelleneinrichtung) enthalten sei und darüber hinaus keine Kosten anfallen würden. Auch sei die Annahme, dass Angebote, die eine Mischkalkulation enthalten, immer auszuschließen seien, falsch.

18

Ferner habe die Auftraggeberin erstmalig im Schreiben vom 08.08.2005 den Ausschluss zusätzlich damit begründet, dass die Angebotspreise zu den Positionen 00.01.0003, 00.01.0004 und 00.02.0001 hoch seien und der Verdacht einer Mischkalkulation vorliege. Es sei ihre Sache, wie sie die Preise kalkuliere und zu welchen Preisen sie welche Leistungen anbiete. Es gäbe keine vergaberechtlichen Vorschriften, nach denen die Auftraggeberin gehalten sei, die Preiskalkulation eines Bieters auf ihre Richtigkeit oder Angemessenheit zu überprüfen und zu bewerten.

19

Die Antragstellerin beantragt:

  1. 1.

    die Antragsgegnerin zu verpflichten, den Zuschlag unter Berücksichtigung des Angebotes der Antragstellerin zu erteilen;

  2. 2.

    der Antragstellerin Einsicht in die Vergabeakten zu gewähren;

  3. 3.

    die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin für notwendig zu erklären (§ 128 Abs. 4 GWB);

  4. 4.

    der Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung der Antragstellerin aufzuerlegen.

20

Die Auftraggeberin beantragt:

den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen.

21

Die Auftraggeberin tritt den Behauptungen und Rechtsauffassungen der Antragstellerin entgegen.

22

Sie führt aus, dass sie die Antragstellerin im ersten Aufklärungsgespräch aufgefordert habe, Nachweise vorzulegen, nach denen sie berechtigt sei, die genehmigte "örtliche Grube" zur Sandentnahme von 140.000 cbm auf 600.000 cbm zu erweitern. Die Nachweise konnte die Antragstellerin nicht vorlegen. Zwar lägen der Antragstellerin genehmigte Sandentnahmen in der geforderten Größenordnung vor; dabei handele es sich jedoch nicht um die im Bieterangaben-Verzeichnis angegebene "örtliche Grube", sondern um eine in 55 km Entfernung befindliche Entnahmestelle. Eine Kalkulationsgrundlage für die Nutzung anderer Sandentnahmestellen habe die Antragstellerin nicht vorgelegt, sondern lediglich erklärt, dass keine Mehrkosten bzw. Zeitverzögerungen entstehen. Insoweit sei das Angebot bezüglich der Sandpositionen nicht gesichert.

23

Weiterhin zeige das Angebot der Antragstellerin auffällig niedrige Preise für das Liefern und Einbauen frostsicheren Sandes. Die Antragstellerin habe im ersten Aufklärungsgespräch erklärt, dass Kosten für die Sandgruben bei der Position Baustelleneinrichtung kalkuliert worden seien. Die Höhe der Kosten habe sie nur überschlägig angenommen, da die entsprechende Genehmigung noch nicht beantragt worden sei. Die von der Antragstellerin bei der Baustelleneinrichtung einkalkulierte Summe beinhalte unstreitig Kosten für Planung, Genehmigung, Aufwendungen für Vor- und Nachbereitung der Sandgrube sowie Zuwendungen an die Eigentümer. Es stehe damit fest, dass es sich bei der Kalkulation um eine Mischkalkulation handelt, die von der Wertung auszuschließen sei.

24

Es seien auch die hohen Einheitspreise für die Pauschalpositionen Verkehrssicherung, Baugelände räumen und Abbruch einer Wirtschaftswegbrücke auffällig. Diese hohen Einheitspreise ließen vermuten, dass die Antragstellerin durch weitere Mischkalkulationen möglichst frühzeitig hohe Beträge abzurechnen versuche.

25

Soweit die Antragstellerin die Auffassung vertrete, dass die eingestandene Mischkalkulation durch die Aufklärungsgespräche "geheilt" sei, widerspräche dies der einschlägigen Rechtsprechung des BGH und des BayOLG.

26

Die Beigeladene beantragt:

  1. 1.

    den Vergabenachprüfungsantrag zurückzuweisen;

  2. 2.

    die hinzuzuziehenden Verfahrensbevollmächtigten der Beigeladenen für erforderlich zu erklären;

  3. 3.

    der Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens einschließlich außergerichtlicher Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen;

27

Die Beigeladene unterstützt das Vorbringen der Auftraggeberin. Zusätzlich weist sie darauf hin, dass das Genehmigungsverfahren für die geplante Erweiterung der genehmigten örtlichen Grube mindestens ein Jahr dauern werde.

28

Soweit die Antragstellerin im Rahmen der Aufklärung auf alternative Entnahmestellen für den Sandabbau verweist, stelle dies eine unzulässige Änderung des Angebotes dar, da es sich nicht mehr um eine örtliche Grube handeln würde. Mit örtlicher Grube können nur Gruben auf den Gemeindegebieten der unmittelbar an die Baumaßnahme angrenzenden Gemeinden gemeint sein und nicht eine 55 km entfernte Grube.

29

Wegen des übrigen Sachverhalts wird auf die Vergabeakte, die Schriftsätze der Beteiligten und das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 13.09.2005 Bezug genommen.

30

II.

Der Nachprüfungsantrag ist zulässig, aber unbegründet. Die Antragstellerin ist nicht in ihren Rechten gem. §§ 97 Abs. 7, 114 Abs. 1 GWB verletzt. Die Auftraggeberin hat das Angebot der Antragstellerin zu Recht gemäß §§ 25 Nr. 1 Abs. 1 b. i.V.m. 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 VOB/A von der Wertung ausgeschlossen, weil es eine unzulässige Mischkalkulation aufweist, die die Antragstellerin selbst in einem Aufklärungsgespräch eingestanden hat.

31

1.

Der Nachprüfungsantrag ist zulässig. Bei der Auftraggeberin, der Bundesrepublik

32

Deutschland, handelt es sich um eine Gebietskörperschaft und damit einen öffentlichen Auftraggeber im Sinne des § 98 Nr. 1 GWB. Das Land Niedersachsen, vertreten durch die Niedersächsische Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr - Geschäftsbereich xxx - führt das beanstandete Vergabeverfahren im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung gem. Art. 85 GG für die Bundesrepublik Deutschland - Straßenbauverwaltung - durch. Der streitbefangene Auftrag übersteigt auch den für die Zuständigkeit der Vergabekammer maßgeblichen Schwellenwert gem. § 100 Abs. 1 GWB. Danach gilt der 4. Teil des GWB nur für solche Aufträge, die die Auftragswerte erreichen oder überschreiten, die durch Rechtsverordnung nach § 127 GWB festgelegt sind. Bei den ausgeschriebenen Leistungen handelt es sich um einen Bauauftrag im Sinne des § 1 VOB/A. Für Bauaufträge gilt gem. § 2 Nr. 4 der am 01.02.2001 in Kraft getretenen Vergabeverordnung (VgV) vom 09.01.2001 ein Schwellenwert von 5 Mio. EUR. Werden Bauaufträge losweise ausgeschrieben, gilt gem. § 2 Nr. 7 VgV ein Schwellenwert von 1 Mio. EUR oder bei Losen unterhalb 1 Mio. EUR deren addierter Wert ab 20 % des Gesamtwertes aller Lose. Bereits auf der Grundlage des von der Auftraggeberin als wirtschaftlichstes Angebot ermittelten Angebotes der Beigeladenen beträgt der Gesamtpreis 10.582.006,61 EUR. Der Wert des ausgeschriebenen Gesamtauftrages übersteigt damit deutlich den für die Anrufung der Vergabekammer maßgeblichen Schwellenwert.

33

Die Antragstellerin ist auch gem. § 107 Abs. 2 GWB antragsbefugt, da sie als Bieterin ein Interesse am Auftrag hat und eine Verletzung von Rechten durch die Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht, indem sie vorträgt, die Auftraggeberin habe ihr Angebot zu Unrecht ausgeschlossen, weil sie - die Antragstellerin - die in den Aufklärungsgesprächen geforderten ergänzenden Unterlagen vorgelegt habe, damit ihr Angebot u.a. in Bezug auf die Preise vollständig sei. Voraussetzung für die Antragsbefugnis nach § 107 Abs. 2 GWB ist, dass das Antrag stellende Unternehmen einen durch die behauptete Rechtsverletzung entstandenen oder drohenden Schaden darlegt. Das bedeutet, dass die Antragstellerin diejenigen Umstände aufzeigen muss, aus denen sich die Möglichkeit eines solchen Schadens ergibt. Die diesbezüglichen Anforderungen an die Darlegungslast dürfen aber nicht überspannt werden (vgl. Byok/Jaeger, VergabeR, 2. Aufl., § 107 GWB, Rdnr. 954). Die Antragstellerin hat ein entsprechendes Rechtsschutzbedürfnis dargelegt. Sie hat schlüssig vorgetragen, dass sie bei aus ihrer Sicht vergaberechtskonformer Angebotswertung eine Chance auf den Zuschlag gehabt hätte, was sich vorliegend schon daraus ergibt, dass sie überhaupt zu zwei Aufklärungsgesprächen geladen wurde und mit einer Angebotssumme ihres Hauptangebots von 10.018.490,93 EUR das wirtschaftlichste Angebot abgegeben hatte. Es ist im Übrigen nicht erforderlich, dass ein Antragsteller auch schlüssig darlegt, dass er bei vergabekonformem Verhalten des Auftraggebers den Zuschlag auch tatsächlich erhalten hätte (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss v. 13.04.1999, Az.: Verg 1/99, S. 24).

34

Die Antragstellerin ist auch ihrer Pflicht gem. § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB nachgekommen, vor Anrufung der Vergabekammer die behaupteten Verstöße gegen die Vergabevorschriften bereits im Vergabeverfahren selbst gegenüber dem Auftraggeber unverzüglich zu rügen. Bei der Vorschrift des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB handelt es sich um eine Präklusionsregel unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben. Der Bieter soll Vergabefehler nicht auf Vorrat sammeln. Die Rügepflicht des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB entsteht, sobald ein Bieter oder Bewerber im Vergabeverfahren einen vermeintlichen Fehler erkennt. Vorausgesetzt ist die positive Kenntnis des Anbieters von den Tatsachen. Ausreichend für die positive Kenntnis eines Mangels im Sinne des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB ist bereits das Wissen um einen Sachverhalt, der den Schluss auf die Verletzung vergaberechtlicher Bestimmungen erlaubt und es bei vernünftiger Betrachtung gerechtfertigt erscheinen lässt, das Vergabeverfahren als fehlerhaft zu beanstanden (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss v. 22.08.2002, Az.: Verg 9/02). Unter Zugrundelegung dieses zutreffenden Maßstabes hat die Antragstellerin die vermeintlichen Vergaberechtsverstöße rechtzeitig gerügt. Die Auftraggeberin hat die Antragstellerin mit Schreiben vom 21.07.2005, eingegangen bei der Antragstellerin am 21.07.2005, in Kenntnis gesetzt, dass ihr Angebot ausgeschlossen wurde und am 22.07.2005, eingegangen am 22.07.2005, gem. § 13 VgV darüber informiert, dass beabsichtigt sei, der Beigeladenen den Zuschlag zu erteilen. Mit Anwaltsschreiben vom 27.07.2005, eingegangen bei der Auftraggeberin am 27.07.2005, rügte die Antragstellerin die Vergabeentscheidung der Auftraggeberin, wobei sie detailliert darlegte, warum ihrer Auffassung nach ihr Angebot zu werten war. Unter Berücksichtigung des zwischen dem 22.07.2005 und dem 27.07.2005 liegenden Wochenendes und der berechtigten Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes erfolgte die Rüge der Antragstellerin unverzüglich im Sinne des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB.

35

2.

Der Nachprüfungsantrag ist jedoch unbegründet. Der Angebotsausschluss verletzt die Antragstellerin nicht in ihren Rechten im Sinne des § 97 Abs. 7 GWB. Ihr Angebot war zwingend gemäß §§ 25 Nr. 1 Abs. 1 b VOB/A i.V.m. § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 VOB/A von der Wertung auszuschließen, weil sie eine unzulässige Mischkalkulation vorgenommen hat, indem sie in die Position "Baustelleneinrichtung" Kosten für die Sandgrube einkalkuliert hat, im Gegenzug andere Positionen abgepreist hat. Dabei hat sie dies in ihrem Angebot nicht ausdrücklich bei den einzelnen Positionen vermerkt.

36

Laut Bundesgerichtshof (BGH, Beschluss v. 18.05.2004, Az. X ZB 7/04) ist es für die Wertbarkeit von Angeboten maßgeblich, dass das Angebot die tatsächlich geforderten Einheitspreise für die jeweiligen Leistungspositionen ausweist, so dass die Vergabestelle auf transparenter und alle Bieter gleich behandelnder Grundlage regelmäßig ohne weiteres in die Wertung der Angebote eintreten kann. Der BGH führt aus, dass ein Bieter, der in seinem Angebot Positionen des Leistungsverzeichnisses mit Preisen versieht, bei denen Teile des tatsächlich geforderten Entgelts nicht bei der jeweils ausgewiesenen Position ausgewiesen werden, sondern in andere Positionen eingerechnet werden, ohne dass aus dem Angebot der tatsächlich geforderte Preis für die Leistung etwa infolge erläuternder Zusätze ersichtlich wird, schon objektiv die geforderten Erklärungen nicht vollständig im Sinne von § 21 Nr. Abs. 1 VOB/A abgibt, so dass sein Angebot als Grundlage eines transparenten und alle Bieter gleich behandelnden Wettbewerbs ungeeignet und daher nach § 25 Abs. 1 b VOB/A von der Wertung auszuscheiden ist. Demnach enthielt das Angebot der Antragstellerin, die ihre Umverteilung der Preise zu den Positionen zur Sandgrube auf die Position "Baustelleneinrichtung" nicht in ihrem Angebot selbst erklärt hat, eine unzulässige Mischkalkulation. Den erforderlichen Nachweis hat die Antragstellerin selbst in den Aufklärungsgesprächen vom 18. und 29.03.2005 erbracht, da sie u.a. die Umverteilung von Teilen der Preise für die Positionen 00.03.0020, 00.03.0022, 00.03.0026 und 00.03.0028 (jeweils Lieferung und Einbau von frostsicherem Sand) in die Position 00.01.0001 (Baustelleneinrichtung) erläutert hat. In den erstgenannten Positionen sind demnach lediglich die Kosten der Logistik enthalten, hingegen ist der "Materialpreis Sand" in der Position 00.01.0001 "Baustelleneinrichtung" berücksichtigt. Im Protokoll über das Aufklärungsgespräch vom 29.03.2005 ist niedergelegt: "In die Kalkulation der Baustelleneinrichtung wurde ein Anteil von 575.000,00 EUR für die Sandgruben eingerechnet (siehe Aufklärungsgespräch am 18.03.2005), der sich aus folgenden Bestandteilen zusammensetzt: Planung, Genehmigungen, Aufwendungen für Vor- und Nachbereitung der Grube, Zuwendungen an die Eigentümer." Gleiches ergibt sich aus dem Schriftsatz der Antragstellerin vom 16.08.2005. Laut BGH, a.a.O., und OLG Koblenz, Beschluss vom 10.05.2005, Az. 1 Verg 3/05, ist der Nachweis geführt, wenn der Bieter selbst eingesteht, eine Mischkalkulation vorgenommen zu haben.

37

Ferner hatte die Auftraggeberin in ihrer Aufforderung zur Angebotsabgabe unter Ziffer 10.1 des Vordruckes HVA B-StB- Aufforderung 2 (10/03) die Bieter darauf hingewiesen, dass Angebote mit "Mischkalkulationen" unter Bezugnahme auf § 25 Nr. 1 Abs. 1b VOB/A grundsätzlich von der Wertung ausgeschlossen werden.

38

Die Ausführungen der Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung, bei den in die Baustelleneinrichtung eingerechneten Positionen handele es sich nicht um Einheitspreispositionen, sondern um bei Beginn der Baumaßnahmen anfallende Fixkosten, die richtigerweise in der Position Baustelleneinrichtung zu berücksichtigen seien, können hier zu keinem anderen Ergebnis führen. Eine andere Gestaltung des Leistungsverzeichnisses wäre sicherlich denkbar, in diesem konkreten Fall bleibt es aber bei der unzulässigen Mischkalkulation, da das Leistungsverzeichnis unmissverständlich die entsprechenden Einheits- und Pauschalpreispositionen benennt. Sofern die Antragstellerin von den Vorgaben im Leistungsverzeichnis (konkret benannte Einheits- und Pauschalpreispositionen) hätte abweichen wollte, hätte sie ihre Intention zumindest durch erläuternde Zusätze bei der Angebotsabgabe offen legen müssen.

39

Unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen und der Tatsache, dass keine nachvollziehbaren Gründe für eine Wertung des Angebotes trotz "Mischkalkulationen" vorgetragen worden und auch nicht erkennbar sind, war der Ausschluss des Angebots folglich zwingend. Die von der Antragstellerin unter Bezugnahme auf den Beschluss des OLG Naumburg vom 05.08.2005, Az. 1 Verg 7/05, angeführte Argumentation zu betrieblichen Besonderheiten vermag nicht durchzugreifen. Zwar sind laut o.g. Beschluss des OLG Naumburg, a.a.O., betriebliche Besonderheiten in der Kalkulation zu berücksichtigen, dies darf aber keinesfalls zu Lasten der erforderlichen Transparenz gehen. Sofern hier betriebliche Besonderheiten der Antragstellerin einzubeziehen waren, hätte sie dies bereits in ihrem Angebot darlegen müssen. Darin fehlte es hier unstrittig.

40

Die Versäumnisse in der Angabe der tatsächlichen Einheitspreise der Leistungen für die einzelnen Positionen bzw. in der Erläuterung der abweichenden Verteilung von Preisen auf andere Positionen konnten nicht mehr durch ein Aufklärungsgespräch behoben werden. Es war also insoweit unerheblich, ob die Antragstellerin in den Aufklärungsgesprächen geforderte Erklärungen und Unterlagen vollständig nachgereicht hat. Auch lässt sich entgegen der Auffassung der Antragstellerin kein Vertrauensschutz daraus herleiten, dass die Auftraggeberin nach Aufklärung der festgestellten Abweichungen der Einheitspreise im ersten Aufklärungsgespräch ein weiteres Aufklärungsgespräch mit der Antragstellerin durchgeführt hat. Den zwingenden Ausschlussgrund der unzulässigen Mischkalkulation vermag ein zweites Aufklärungsgespräch nicht zu beseitigen, dies stellte u.a. eine vergaberechtswidrige Benachteiligung der anderen Bieter dar.

41

Der Vorwurf der Antragstellerin, die Auftraggeberin habe den Ausschlussgrund der Mischkalkulation nur vorgeschoben, entbehrt jeder Grundlage. Die Auftraggeberin ist an die oben angeführten rechtlichen Vorgaben der Rechtsprechung des BGH zum zwingenden Ausschluss von Angeboten mit einer unzulässigen Mischkalkulation gebunden, sofern diese Mischkalkulation nachgewiesen wurde. Unerheblich ist auch, dass die Auftraggeberin u.a. durch das Rügeschreiben der Beigeladenen vom 24.03.2005 auf die Mischkalkulation aufmerksam wurde. Die Abweichung zu den Einheitspreisen der Konkurrenzbieter ist jedenfalls evident.

42

Es kann im Ergebnis dahin stehen, ob der weitere Ausschlussgrund der Auftraggeberin, die fehlenden Nachweise über die Verfügbarkeit der ausreichenden Menge Sand von 600.000 cbm für die Durchführung des Auftrags in nahe gelegenen Gruben, berechtigt ist. Die Antragstellerin verfügt laut ihren Angaben im Angebot lediglich über eine Genehmigung in der nächst gelegenen Grube Mxxx, Ortsteil Vxxx für eine Sandentnahme von 140.000 cbm, außerdem über eine Genehmigung für 100.000 cbm in der 12 km entfernten Grube Gxxx, Ortsteil Dxxx und über 1.000.000 cbm in der weiter entfernten Grube Axxx. Die Antragstellerin hat sich lt. eigenen Angaben in ihrem Angebot zur Kapazität der Grube Vxxx verrechnet. Sie hat nach ihren Angaben in der mündlichen Verhandlung dort tatsächlich eine Genehmigung für die Entnahme von 320.000 cbm Sand und verfügt neben den 100.000 cbm in der Grube Dxxx überdies über 500.000 cbm aus der ebenfalls nahe gelegenen Grube Kxxx. Die Kapazität in der Grube Kxxx hat die Antragstellerin erst nach dem zweiten Aufklärungsgespräch mit Schreiben vom 15.04.2005 durch den entsprechenden Nachweis eingereicht. Die Zweifel der Auftraggeberin, ob das Angebot der Antragstellerin bezüglich der Sandpositionen überhaupt gesichert ist, sind jedenfalls mit Blick auf die mit dem Angebot vorgelegten Nachweise nachvollziehbar, da von erheblichen zusätzlichen Kosten für den Transport von 360.000 cbm Sand von der Sandgrube Axxx auszugehen war.

43

Der Nachprüfungsantrag war daher als unbegründet zurückzuweisen.

44

III. Kosten

45

Die Kostenentscheidung folgt aus § 128 GWB. Nach Art. 7 Nr. 5 des 9. Euro - Einführungsgesetzes (BGBl. 58/2001 vom 14.11.2001, S. 2992 ff.) vom 10.11.2001 werden die

46

DM-Angaben in § 128 GWB für die von der Vergabekammer festzusetzende Gebühr durch Angaben in Euro im Verhältnis 1 : 2 ersetzt, so dass die regelmäßige Mindestgebühr nunmehr 2.500 Euro, die Höchstgebühr 25.000 Euro bzw., in Ausnahmefällen, 50.000 Euro beträgt.

47

Es wird eine Gebühr in Höhe von 5.680 EUR gemäß § 128 Abs. 2 GWB festgesetzt.

48

Der zu Grunde zu legende Auftragswert beträgt nach dem Ergebnis der streitbefangenen Ausschreibung 10.018.490,93 EUR. Dieser Betrag entspricht den Kosten nach dem rechnerisch geprüften Hauptangebot der Antragstellerin und damit ihrem Interesse am Auftrag.

49

Die Gebührenermittlung erfolgt anhand einer Gebührentabelle des Bundeskartellamtes vom 09.02.1999 in der z. Zt. gültigen Fassung vom 01.01.2003. Hiernach wird der Mindestgebühr von 2.500 EUR (§ 128 (2) GWB) eine Ausschreibungssumme von bis zu 80.000 EUR zugeordnet und dem regelmäßigen Höchstwert von 25.000 EUR (§ 128 (2) GWB) eine Ausschreibungssumme von 70 Mio. EUR (höchste Summe der Nachprüfungsfälle 1996 -1998) gegenübergestellt. Bei einer gewerteten Angebotssumme von 10.018.490, 93 EUR ergibt sich eine Gebühr von 5.680 EUR.

50

Diese Gebühr schließt einen durchschnittlichen sachlichen und personellen Aufwand ein.

51

Die im Tenor verfügteKostentragungspflicht ergibt sich daraus, dass die Antragstellerin im Nachprüfungsverfahren i.S.d. § 128 Abs.3 Satz 1 GWB im vollen Umfang unterlegen ist.

52

Die Erstattungspflicht bezüglich der Kosten des Auftraggebers, die diesem zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstanden sind, folgt aus § 128 Abs. 4 GWB i.V.m. § 80 VwVfG. Danach war festzustellen, dass die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes durch den Auftraggeber im konkreten Verfahren erforderlich war. Auch wenn man von öffentlichen Auftraggebern grundsätzlich verlangen darf, dass sie über das notwendige personelle Know-how bezüglich der für eine Ausschreibung erforderlichen Rechtsgrundlagen, insbesondere der VOL/A und der VOB/A verfügen, bedurfte der Auftraggeber für eine angemessene Reaktion in der auch für einen erfahrenen öffentlichen Auftraggeber ungewohnten Situation eines vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahrens besonderen rechtskundigen Beistandes.

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Nach den zu § 80 VwVfG geltenden Grundsätzen ist die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes dann notwendig, wenn sie vom Standpunkt eines verständigen Beteiligten für erforderlich gehalten werden durfte (BVerwGE 55, 299, 306) [BVerwG 10.04.1978 - 6 C 27/77]. Dies ist nach der herrschenden Lehre nicht nur in schwierigen und umfangreichen Verfahren zu bejahen, sondern entspricht der Regel (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 7. Aufl., § 80, Rdnr. 45; Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 5. Aufl., § 80, Rdnr. 81). Dieser Grundsatz soll allerdings nur im Verhältnis des Bürgers zum Staat gelten. Zu Gunsten der Ausgangsbehörde im Verwaltungsverfahren wird demgegenüber die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten nur in besonders gelagerten Einzelfällen angenommen, da die Ausgangsbehörde in der Regel mit eigenem Fachpersonal so gut ausgestattet sein muss, dass sie ihre Verwaltungstätigkeit, zu der auch die Mitwirkung im Vorverfahren (Widerspruchsverfahren) gehört, ohne fremde Unterstützung ausführen kann. Diese für die Situation der Ausgangsbehörde in einem Widerspruchsverfahren zutreffende Auffassung kann jedoch nicht auf das vergaberechtliche Nachprüfungsverfahren übertragen werden. Schon beim materiellen Vergaberecht handelt es sich um eine überdurchschnittlich komplizierte Materie, die nicht nur in kurzer Zeit zahlreiche Veränderungen und Neuregelungen erfahren hat, sondern auch durch komplexe gemeinschaftsrechtliche Fragen überlagert ist. Entscheidend aber ist, dass das Nachprüfungsverfahren gerichtsähnlich ausgebildet ist, die Beteiligten also auch prozessuale Kenntnisse haben müssen, um ihre Rechte umfassend zu wahren. Deshalb ist im vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren die nach § 80 VwVfG gebotene Rechtspraxis zur Erstattung der Rechtsanwaltskosten nicht übertragbar (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09.11.2001, Az.: Verg 1/01; OLG Stuttgart, Beschluss v. 19.07.2000, 2 Verg 4/00, NZBau 11/2000, S. 543 ff.). Denn durch seinen Charakter als gerichtsähnlich ausgestaltetes Verfahren unterscheidet sich das Vergabenachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer eben grundlegend von dem Widerspruchsverfahren nach der VwGO.

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Kosten der Beigeladenen:

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Die Kostenentscheidung hinsichtlich der Erstattungsfähigkeit der Kosten der Beigeladenen folgt aus analoger Anwendung des § 162 Abs. 3 VwGO. Dort ist für das verwaltungsgerichtliche Verfahren geregelt, dass die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen nur erstattungsfähig sind, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt. Die analoge Anwendung dieser Vorschrift zu Gunsten eines obsiegenden Beigeladenen ist im Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer geboten (vgl. OLG Düsseldorf, NZBau 2000, S. 155, 158; sowie OLG Düsseldorf, Beschluss v. 15.06.2000, Az.: Verg 6/00). Die für eine analoge Anwendung von Vorschriften erforderliche Regelungslücke ergibt sich daraus, dass gem. § 128 Abs. 4 Satz 2 lediglich geregelt wird: "Soweit ein Beteiligter im Verfahren unterliegt, hat er die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Auslagen des Antragsgegners zu tragen. § 80 des Verwaltungsverfahrensgesetzes und die entsprechenden Vorschriften der Verwaltungsverfahrensgesetze der Länder gelten entsprechend." Eine daraus folgende Ungleichbehandlung eines Beigeladenen gegenüber den anderen Beteiligten des Nachprüfungsverfahrens wäre jedoch nicht sachgerecht, zumal der Beigeladene schließlich gem. § 109 GWB deshalb den Beteiligten-Status erhält, weil "dessen Interessen durch die Entscheidung schwer wiegend berührt werden".

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Einerseits darf daher zwar für den Antragsteller durch (mögliche) Beiladungen kein unkalkulierbares und damit abschreckendes Kostenrisiko entstehen. Andererseits dürfen aber auch Kosten des Beigeladenen nicht zu einer Waffenungleichheit zu seinen Lasten führen (vgl. Byok/Jaeger, Vergaberecht, § 128, Rdnr. 1034).

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Unter Berücksichtigung dieser sachgerechten Grundsätze entspricht es im vorliegenden Fall der Billigkeit i.S.d. hier analog anzuwendenden § 162 Abs. 3 VwGO, dass die unterlegene Antragstellerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung im Nachprüfungsverfahren erforderlichen Aufwendungen der Beigeladenen, zu denen auch die Kosten einer in einem derartig komplexen, nicht nur materielles Vergaberecht, sondern auch prozessuale Rechtsfragen berührenden Verfahren ohne weiteres erforderlichen Hinzuziehung eines Rechtsanwalts gehören, zu tragen hat.

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Die Antragstellerin wird aufgefordert, den Betrag von 5.680 EUR unter Angabe des Kassenzeichens xxx innerhalb einer Frist von einem Monat nach Rechtskraft dieses Beschlusses auf folgendes Konto zu überweisen: xxx.

Dr. Raab
Schulte
Lohmöller