Landgericht Braunschweig
Beschl. v. 14.07.2017, Az.: 8 O 1323/15
Bibliographie
- Gericht
- LG Braunschweig
- Datum
- 14.07.2017
- Aktenzeichen
- 8 O 1323/15
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2017, 53780
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Tenor:
Die an den Sachverständigen XX5 zu zahlende Vergütung für das von ihm erstellte schriftliche Gutachten vom 28.04.2017 wird auf 1.000,00€ festgesetzt.
Die Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Beschwerdewert: 806,42€.
Gründe
Die vom Sachverständigen für seine Tätigkeit zu beanspruchende Vergütung war gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 JVEG durch das Gericht festzusetzen, da die Staatskasse die gerichtliche Festsetzung beantragt hat.
Die Vergütung des Sachverständigen war gemäß § 8a Abs. 3 JVEG auf den aus dem Tenor ersichtlichen Betrag herabzusetzen. Gemäß § 8a Abs. 3 JVEG bestimmt das Gericht nach billigem Ermessen und nach Anhörung der Beteiligten die Vergütung anhand eines angemessenen Verhältnisses zum Wert des Streitgegenstands, wenn die geltend gemachte Vergütung erheblich außer Verhältnis zum Wert des Streitgegenstands steht und der Sachverständige nicht rechtzeitig auf diesen Umstand hingewiesen hat.
Die Rechnung des Sachverständigen begegnet inhaltlichen Bedenken.
Der Sachverständige hat in seiner Rechnung vom 28.04.2017 dargelegt, die Erstattung des Gutachtens habe einen Zeitaufwand von 13,5 Stunden erfordert. Dazu im Einzelnen:
Aktenstudium
1,0 Stunden
Einholen von Auskünften
1,0 Stunden
Anschreiben
0,5 Stunden
Fahrtzeit
6,0 Stunden
Ausarbeitung des Gutachtens
5,0 Stunden
Das Gericht folgt der Bezirksrevisorin bei dem Landgericht in der Auffassung, dass zur Ausarbeitung des Gutachtens drei Zeitstunden anzusetzen sind. Dabei hat sich das Gericht davon leiten lassen, das Gutachten einen Umfang von zwölf Seiten aufweist. Enthalten sind 15 Farbfotos, die jeweils um eine textliche Beschreibung ergänzt wurden, was auf der jeweiligen Abbildung zu erkennen ist. Umfassende Erwägungen, die einen höheren Zeitaufwand erforderlich machten, sind nicht vorhanden.
Weiter geht das Gericht mit der Bezirksrevisorin bei dem Landgericht davon aus, dass der Sachverständige nicht in die Honorargruppe 8 gemäß § 9 Abs. 1 JVEG einzugruppieren ist. Denn die Einstufung in das Sachgebiet Nr. 20 („Kraftfahrzeugschäden und -bewertung“) erweist sich als nicht zutreffend. Die dafür vorgesehene Eingruppierung nach Honorargruppe 8 lässt sich damit erklären, dass die Bewertung von Schäden an Kraftfahrzeugen an der Schnittstelle zwischen Konstruktionsfragen, Mechanik und Elektrik erfolgt, was eine höhere Eingruppierung rechtfertigt. Soweit es aber auf die Bewertung eines Fahrrades ankommt, fällt diese Verbindung weg. Vor diesem Hintergrund ist es sachgerecht, die Tätigkeit des Sachverständigen dem Sachgebiet Nr. 12 („Fahrzeugbau“) zuzurechnen. Denn es wird aufgrund des Wortlautes deutlich, dass es hierbei vor allem um technisch-mechanischen geht. Dies führt zu einer Eingruppierung nach Honorargruppe 3 mit einem Stundenhonorar von 75€ führt.
Das Gericht geht hingegen nicht davon aus, dass der Sachverständige anstelle der Fahrt zum Beweisobjekt und zurück veranlasst war, sich das Fahrrad auf dem Transportwege zusenden zu lassen. Denn auch wenn der Versand eines handelsüblichen Fahrrads ab etwa 40€ je Versandweg durchgeführt werden kann, durfte es der Sachverständige als relevanten Vorteil auffassen, das Fahrrad in Gegenwart des Klägers zu besichtigen.
Vor diesem Hintergrund verbleibt ein grundsätzlich zu berücksichtigender Betrag von 1.226,30€. Dieser Betrag steht außer Verhältnis zum Streitwert - bezogen auf den Wert der behaupteten Veränderungen an dem betroffenen Fahrrad. Zwischen der Vergütung und dem Wert des Streitgegenstands besteht immer dann ein Missverhältnis, wenn die Kosten für die Vergütung des Sachverständigen den Streitwert erreichen oder diesen gar übersteigen (BeckOK Kostenrecht, 18. Edition, § 8a JVEG Rn. 23). Diese Voraussetzung ist hier gegeben.
Etwas anderes gilt nicht deshalb, weil der Sachverständige womöglich davon ausgehen durfte, dass die beweisbelastete Partei das Kostenrisiko bewusst in Kauf nehmen wollte. Einem solchen Verständnis steht entgegen, dass dem Kläger Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist.
Dieser Umstand war für den Sachverständigen erkennbar. Etwas anderes gilt hier nicht deshalb, weil dem Kläger ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist und dem Kläger deswegen kein Vorschuss aufgegeben worden ist, denn auch in einem solchen Fall ist es dem Sachverständigen möglich, dass Verhältnis zwischen Wert und Vergütung zu ermitteln.
Der Sachverständige hat es unterlassen, gemäß § 407a Absatz 4 Satz 2 ZPO auf diesen Umstand hinzuweisen. Umstände, die gemäß § 8a Abs. 5 JVEG das erforderliche Verschulden des Sachverständigen entfallen ließen, liegen nicht vor. Der Sachverständige trägt die Beweislast dafür, dass solche Umstände gegeben sind (Binz/Dörndorfer, JVEG, 3. Auflage 2014, § 8a Rn. 17).
Hinsichtlich der Festsetzung der Vergütung nach billigem Ermessen hat das Gericht zum einen berücksichtigt, dass der Sachverständige die abgerechneten Tätigkeiten tatsächlich erbracht hat. Gleichzeitig hat das Gericht aber auch die finanziellen Interessen der Parteien wie auch der öffentlichen Hand im Rahmen der Prozesskostenhilfe zugrunde gelegt.