Landgericht Braunschweig
Urt. v. 01.06.2017, Az.: 11 O 3683/16
Bibliographie
- Gericht
- LG Braunschweig
- Datum
- 01.06.2017
- Aktenzeichen
- 11 O 3683/16
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2017, 53593
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt Schadensersatz aufgrund des von der Beklagten hergestellten Dieselmotors EA 189 in seinem Pkw Skoda.
Der Kläger kaufte am 01.05.2014 einen Pkw Skoda Superb Combi 2,0 TDI Greentec Ambition zu einem Preis von 28.449,00 € von der xxx in xxx. Das Fahrzeug wurde ihm am 12.05.2014 übergeben.
Als Herstellerin des Fahrzeugs ist in der EG-Übereinstimmungsbescheinigung die xxx a.s. in xxx in xxx ausgewiesen (Anlage R 22 a).
In dem Fahrzeug ist ein Motor der Baureihe EA 189 verbaut. Es verfügt über eine Typgenehmigung nach Euro 5. Die Einhaltung der dafür maßgeblichen Grenzwerte für Stickoxide (Art. 10 Verordnung EG Nr. 715/2007, Anhang I, Tabelle 1) hängt davon ab, in welchem Ausmaß Abgase aus dem Auslassbereich des Motors über ein Abgasrückführungsventil in den Ansaugtrakt des Motors zurückgeleitet werden. Im streitgegenständlichen Fahrzeug lässt die das Abgasrückführungsventil steuernde Software des Motorsteuerungsgerätes eine Abgasrückführung im zur Einhaltung der Grenzwerte nötigen Umfang nur unter den Bedingungen des zum Erlangen der Typgenehmigung durchgeführten gesetzlich vorgeschriebenen Testlaufs zu. Es ist nahezu ausgeschlossen, dass im normalen Straßenverkehr die Fahrkurven dieses Testlaufs - neuer europäischer Fahrzyklus (NEFZ) - exakt nachgefahren werden.
Der Kläger ist der Ansicht, ihm stehe gegen die Beklagte ein Anspruch auf Schadensersatz zu. Da die Beklagte Herstellerin des Motors sei, sei ihr der Verstoß gegen EU-Recht anzulasten. Die Beklagte sei deshalb verpflichtet, das Fahrzeug des Klägers gegen Zahlung des Kaufpreises zurückzunehmen. Auch weitere Schäden habe die Beklagte zu ersetzen. Es drohten steuerliche Schäden.
Der Schadensersatzanspruch ergebe sich aus §§ 311, 241 Abs.2 BGB aufgrund der Fehlerhaftigkeit des Prospekts und der Preisliste. Er folge außerdem aus § 823 Abs.2 BGB i.V.m. § 263 StGB. Durch aktives Tun seien die für die Typgenehmigung zuständigen Stellen getäuscht worden. Ferner habe die Beklagte die Käufer durch Unterlassen der Information über die Ausstattung des Fahrzeugs mit einer unzulässigen Abschaltvorrichtung getäuscht. Zur Aufklärung darüber sei die Beklagte aufgrund ihrer Garantenstellung verpflichtet gewesen.
Der Kläger ist der Ansicht, dass sich der Schadensersatzanspruch ferner aus § 823 Abs.2 BGB i.V.m § 16 UWG und aus § 823 Abs.2 BGB i.V.m § 4 Nr. 11 UWG a.F. ergebe.
Außerdem ergebe sich der Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs.2 BGB i.V.m. Art. 12 und Art. 18 der Richtlinie 2007/46/EG. Die EG-Übereinstimmungs-bescheinigung sei fehlerhaft und zudem ungültig. Dies stelle gleichzeitig einen Verstoß gegen §§ 4, 6, 25 EG-FGV dar. Diese Rechtsansicht wird auf Seite 131 - 142 der Replik vom 05.04.2017 (Bl. 248 - 259 Bd II d.A.) weiter ausgeführt.
Ferner habe die Beklagte gegen die guten Sitten verstoßen, indem sie die Software eingebaut habe, damit die Herstellungskosten nicht zu hoch werden. Im Einklang damit verstoße die arglistige Täuschung über die tatsächliche Schadstoffemission gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden.
Der Kläger ist weiterhin der Ansicht, die Beklagte habe durch die EG-Übereinstimmungsbescheinigung und die Erklärung, es liege ein ordentliches QMS vor, nach Art. 12 und 18 der Richtlinie 2007/46/EG, eine Garantie nach § 443 BGB abgegeben, mit der Folge, dass die Beklagte Schadensersatz schulde. Durch die EG-Übereinstimmungsbescheinigung nach Art. 18 der Richtlinie 2007/46/EG liege eine vereinbarte Beschaffenheit im Sinne des § 434 Abs.1 S.1 BGB vor.
Des Weiteren folge ein Schadensersatzanspruch aus der Vertrauenshaftung nach § 311 Abs.3, § 241 Abs.2 BGB.
Der Kläger ist der Ansicht, ein Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten folge aus § 280 Abs.1 BGB.
Der Kläger hält eine Feststellungsklage für zulässig, da hier nur ein Teil der Klageforderung bezifferbar sei, weitere Schäden drohten und die Höhe der Nutzungsentschädigung nach § 287 ZPO von einer Schätzung des Gerichts abhänge bzw. von einem Sachverständigengutachten. Die Beklagte müsse darlegen und beweisen, wie hoch die Nutzungsentschädigung sei. Eine Pflicht zur Bezifferung durch den Kläger würde diese Darlegungslast umdrehen. Außerdem sei von der Beklagten zu erwarten, dass sie auch aufgrund eines Feststellungsurteils leisten werde.
Der Kläger beantragt,
1. festzustellen, dass die Beklagtenpartei verpflichtet ist, der Klägerpartei Schadensersatz zu leisten für Schäden, die aus der Manipulation des Fahrzeugs Skoda Superb 2,0 l TDI (Fahrzeugidentifikatonsnummer: xxx) durch die Beklagtenpartei resultieren.
2. Die Beklagte zu verurteilen, die Klagepartei von den durch die Beauftragung der Prozessbevollmächtigten der Klagepartei entstandenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 866,32 € freizustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist bezüglich des Klageantrags zu 1. unzulässig (A) und bezüglich des Klageantrags zu 2. zulässig aber unbegründet (B).
A) Dem Klageantrag zu 1. fehlt es an dem erforderlichen Feststellungsinteresse im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO.
I. Das Feststellungsinteresse fehlt hier, weil die Leistungsklage vorrangig ist. Die Höhe des Kaufpreises, dessen Rückzahlung der Kläger hier - abzüglich etwaiger Nutzungsentschädigungen im Rahmen der Vorteilsausgleichung - begehrt, ist bezifferbar. Für einen den Anforderungen des 253 Abs.2 Nr.2 ZPO genügenden Antrag ist dafür keine Darlegung der Höhe der Nutzungsentschädigung durch die Beklagte und auch kein Sachverständigengutachten erforderlich. Zwar wird ein etwaiger Vorteil vom Ersatzanspruch abgezogen, ohne dass es einer Gestaltungserklärung oder Einrede des Schädigers bedarf (BGH NJW 15, 3160 [BGH 23.06.2015 - XI ZR 536/14]). Die diesbezügliche Möglichkeit der gerichtlichen Schätzung nach § 287 ZPO entbindet den Kläger allerdings gerade nicht von der Angabe, in welcher Höhe er sich hier Vorteile für die gefahrenen Kilometer anrechnen lassen will, sondern führt zu einer Erleichterung seiner Darlegung. Der Kläger hat jedenfalls die Pflicht, eine Schätzgrundlage für den Nutzungsersatz anzugeben. Hierbei wird er seinen Standpunkt zur Höhe einer etwaigen Nutzungsentschädigung, die er als „hoch streitig zwischen den Parteien“ (Seite 2 der Replik vom 05.04.2017, Bl. 119 Bd I d.A.) angibt, nennen müssen, etwa unter Einbeziehung des seiner Ansicht nach dabei zu berücksichtigenden Minderwerts des Fahrzeugs. Für die Angabe einer Schätzgrundlage ist vor diesem Hintergrund auch kein aufwändiges Sachverständigengutachten (vgl. zum Feststellungsinteresse für den Fall, dass ein solches zur Schadensbezifferung erforderlich ist: BGH, Urteil vom 12.07.2005, VI ZR 83/04, Rn 57, juris) erforderlich.
II. Eine Feststellungsklage ist hier auch nicht - wie der Kläger meint - im Hinblick auf das Urteil des Bundesgerichtshofes vom 19.04.2016, VI ZR 506/14, deshalb zulässig, weil nur ein Teil des geltend gemachten Schadens schon entstanden und damit bezifferbar ist. Anders als in dem vom BGH entschiedenen Fall (Hirnschädigung des Klägers bei rechtswidriger Kaiserschnittentbindung), ist im vorliegenden Fall nicht die Entstehung weiteren Schadens zu erwarten. Die Durchführung des Feststellungsverfahrens erschien dem Bundesgerichtshof aber im o.g. Fall gerade deshalb prozesswirtschaftlich vorzugswürdig, weil die Schadensentwicklung dort noch nicht abgeschlossen war (vgl. BGH aaO Rn 6, juris). Der Kläger ist hier zwar der Ansicht, es drohten steuerliche Schäden. Dafür dass etwa die steuerliche Entlastung von Dieselfahrzeugen rückwirkend aufgehoben werden könnte, bestehen allerdings keinerlei Anhaltspunkte. Andere drohende Schäden sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Vielmehr hält bereits der vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur veröffentlichte Bericht der Untersuchungskommission „xxx“ (vorgelegt vom Kläger, Anlage R 30, dort Seite 13) fest, dass für Fahrzeuge die bereits in Deutschland oder im EU-Ausland zugelassen gewesen sind, kein Zulassungshindernis besteht, insbesondere im Fall eines Weiterverkaufs. Für solche Fahrzeuge wird in dem Bericht auch keine Rechtsgrundlage für ein Verkaufsverbot gesehen. Der Kläger selbst geht zudem davon aus, dass - derzeit - die Preise für Dieselfahrzeuge mit dem Motor EA 189 nicht sinken, da die Beklagte die Marktpreise - noch - manipuliere. Zudem trägt er keine Anknüpfungstatsachen vor, nach denen ein etwaiger Preisverfall - aufgrund des sogenannten Abgasskandals - von einem Sachverständigen bestätigt werden könnte. Ein entsprechender Vortrag wäre dem Kläger indes angesichts der hohen Transparenz des Gebrauchtwagenmarktes ohne Weiteres möglich.
III. Das Feststellungsinteresse besteht auch nicht etwa ausnahmsweise deshalb, weil die Beklagte mit einer Behörde oder einer Versicherung im Sinne der Rechtsprechung (vgl. Nachweise bei Zöller-Greger ZPO, 31. Aufl. 2016, § 256 Rn 8) verglichen werden könnte, die aufgrund eines Feststellungsurteils leisten würde. Diese Ausnahme gilt nur für Fälle, in denen schon das Feststellungsurteil zu endgültiger Streitbeilegung führen würde, was hier nach dem übrigen Vortrag beider Parteien nicht zu erwarten ist. Der Kläger selbst weist schließlich darauf hin, es sei „zwischen den Parteien hoch streitig, wie hoch die Nutzungsentschädigung sei“ (s.o.). Außerdem hegt der Kläger „erhebliche Zweifel an der Redlichkeit des VW-Konzerns“ und wirft diesem Scheinheiligkeit vor (Seite 114 der Replik vom 05.04.2017, Bl. 231 Bd I d.A.).
B) Der Kläger hat keinen Anspruch auf die mit dem Klageantrag zu Ziffer 2. begehrte Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten.
I. Ein solcher folgt schon deshalb nicht aus § 280 Abs.1 BGB, weil die Beklagte hier keine Pflichtverletzung aus einem Kaufvertrag begangen hat, wie der Kläger auf Seite 142 der Replik (Bl. 259 Bd II d.A.) meint. Dass die „Gegenseite eine mangelhafte Sache geliefert“ habe, hält das Gericht für ein Versehen des Klägervertreters und nicht für neuen Sachvortrag. Der Kläger trägt auf Seite 14 der Replik (Bl. 131 Bd I d.A.) nämlich ausdrücklich vor, dass der Pkw durch die Verkäuferin xxx geliefert worden sei, was zwischen den Parteien unstreitig ist.
II. Die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten sind hier auch keine Schadensposition im Rahmen des § 249 BGB, da bereits dem Grunde nach kein Schadensersatzanspruch des Klägers besteht:
1. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte aus §§ 311, 241 Abs.2 BGB.
a) Die vom Bundesgerichtshof entwickelten Grundsätze zur Prospekthaftung (vgl. etwa Palandt-Grüneberg, BGB 76. Aufl. 2017, § 311 Rn 67) sind auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. Die Prospekthaftung geht davon aus, dass der Emissionsprospekt in der Regel die einzige Informationsquelle des Anlegers ist. Nur unter der Voraussetzung, dass die durch den Prospekt vermittelte Information vollständig und richtig ist, kann der Kunde die ihm angebotene Kapitalanlage objektiv beurteilen und sein Anlagerisiko, das ihm ohnehin verbleibt, richtig einschätzen (BGH, Urteil vom 31. Mai 1990 – VII ZR 340/88 –, BGHZ 111, 314-324, Rn. 14). Anders als bei Kapitalanlagen gibt es für Pkw zahlreiche Möglichkeiten, sich vor der Kaufentscheidung über ein bestimmtes Modell zu informieren, wie Artikel in Zeitschriften oder im Internet oder gegebenenfalls eine Probefahrt. Dass für den Pkw-Kauf eine ähnliche Schutzbedürftigkeit des Käufers wie für Anleger auf dem grauen Kapitalmarkt bestünde, folgt auch nicht aus dem vom Kläger angeführten Urteil des OLG München (20 U 4749/12, bei juris ist nicht der 08.07.2013 sondern der 10.04.2013 als Entscheidungsdatum genannt). Dort konnte der Kläger aufgrund einer Prospektangabe, die die Sollbeschaffenheit über die übliche Beschaffenheit hinaus erweiterte, sofort vom Pkw-Kaufvertrag zurücktreten, als sich diese Prospektangabe als falsch erwies, § 434 Abs.1 S. 3 BGB. Der Schutz des Vertrauens in Prospektangaben wird im Kaufrecht also durch das Gewährleistungsrecht sichergestellt. Dass darüber hinaus ein Pkw-Hersteller (Herstellerin ist hier ohnehin nicht die Beklagte, sondern die xxx a.s.) oder sogar die Herstellerin des Motors dem Käufer für Prospektangaben hafte, ohne selbst dessen Vertragspartner zu sein, folgt aus dieser Entscheidung gerade nicht.
b) Aus den unter a) genannten Gründen hat das Gericht auf einen Hinweis verzichtet, dass der Kläger keine Werbung der Beklagten dargelegt hat, die sich auf das streitgegenständliche Fahrzeug - einen Skoda - beziehen würde.
2. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte aus einer Garantie gemäß § 443 BGB.
Ein solcher vertraglicher Anspruch wäre ohnehin nicht auf Schadensersatz gerichtet, dessen Feststellung mit dem Klageantrag zu 1. begehrt wird. Es liegt aber auch schon keine Garantieerklärung der Beklagten vor. Die Beklagte hat keine Vertrags-erklärung unmittelbar an den Kläger gerichtet. Denn nicht die Beklagte sondern die Skoda Auto a.s. hat als Herstellerin die EG-Übereinstimmungsbescheinigung (Anlage R 22a) für das hier streitgegenständliche Fahrzeug ausgestellt.
3. Der Kläger hat keinen Anspruch aus c.i.c. gegen die Beklagte als besonderes Vertrauen in Anspruch nehmende Dritte, § 311 Abs.3, 241 Abs.2 BGB.
Der Kläger trägt keine Tatsachen vor, aus denen sich ergeben könnte, dass die Beklagte - die xxx AG - besonderes persönliches Vertrauen des Klägers in Bezug auf dessen Vertrag mit der xxx über ein von der xxx a.s. hergestelltes Fahrzeug in Anspruch genommen hätte.
4. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB.
a) Eine Täuschung über Tatsachen durch aktives Tun oder konkludente Erklärungen ist nicht dargelegt. Es ist schon nicht ersichtlich, worüber und in welcher Art und Weise die für die Typgenehmigung zuständigen Stellen aktiv getäuscht worden sein sollen. Hier kommt hinzu, dass Herstellerin des Fahrzeugs, für das die Typgenehmigung erlangt wurde, nicht die Beklagte sondern die xxx a.s. ist.
b) Auch ein eventuelles Unterlassen der Aufklärung über die Funktionsweise der Motorsteuerungssoftware stellt hier keine strafrechtlich relevante Täuschung über Tatsachen dar. Hierfür fehlt es an einer Garantenstellung der Beklagten. Dem aktiv Handelnden kann nur gleichgestellt werden, wer rechtlich verpflichtet ist, die Rechtsgutsbeeinträchtigung zu verhindern (BGH, NJW 10, 1087, 1090). Die Handlungspflicht muss dabei dem Schutz des jeweiligen Rechtsgutes dienen (BGHSt 37, 106, 119).
Die Beklagte hatte als Herstellerin des im streitgegenständlichen Fahrzeug verbauten Motors gegenüber dem Kläger weder eine Garantenstellung aus einem besonderen Vertrauensverhältnis, noch aus Ingerenz (vgl. zu den eine solche Garantenstellung begründenden Umständen Fischer, StGB, 64. Aufl. 2017, § 13 Rn 43 - 59).
aa) Die Beklagte könnte allenfalls ein besonderes Vertrauensverhältnis zum Kläger als Käufer eines Pkw Skoda gehabt haben, falls sie - was der Kläger aber nicht vereinzelt vorträgt - für den von ihr entwickelten Motor geworben haben sollte. Werbung dient allerdings allein den Absatzinteressen des Werbenden und ist daher grundsätzlich ungeeignet, ein besonderes Vertrauensverhältnis mit Aufklärungspflichten zu begründen. Etwas anderes könnte allenfalls für wertbildende Faktoren von ganz besonderem Gewicht gelten. In dem - engeren - Verhältnis zwischen Parteien eines Kaufvertrages wurde eine Offenbarungspflicht des Gebrauchtwagenhändlers hinsichtlich schwerwiegender Schäden bei einem wucherhaften Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung angenommen (BayOblG, Beschluss vom 09.12.1993, 3St RR 127/93, Rn. 24, 25, juris). Die vom Kläger bemängelten Einstellungen der Motorsteuerungssoftware stellen aber keinen wertbildenden Faktor von ganz besonderem Gewicht dar. So geht der Kläger selbst davon aus, dass - derzeit - die Preise für Dieselfahrzeuge mit dem Motor EA 189 nicht sinken, da die Beklagte die Marktpreise - noch - manipuliere. Erst in ein bis zwei Jahren sei dann mit massiven Verlusten zu rechnen (Bl. 181 Bd I d.A.). Dass es dem gesunden Menschenverstand entspreche, dass ein derart manipuliertes Fahrzeug geringer bewertet werde als ein nicht manipuliertes Fahrzeug, so dass die Wertminderung weiter spürbar sei (so die Behauptung des Klägers, Bl. 178 Bd I d.A.) stellt keine dem angebotenen Sachverständigenbeweis zugängliche Tatsachenbehauptung dar. Hier würde eine Beweiserhebung zum Thema Wertminderung eine unzulässige Ausforschung darstellen. Der Gebrauchtwagenmarkt ist derart transparent, dass der Kläger konkrete Anknüpfungstatsachen zu einer etwaigen Wertminderung aufgrund der Motorsteuerungssoftware vortragen müsste - etwa unter Bezugnahme auf Schwacke-Listen oder mobile.de - die auf Seite 62 der Replik vom 05.04.2017, Bl. 179 Bd I d.A., zitierte Studie oder deren Fundstelle wird indes nicht vorgelegt.
Eine Täuschung über die Nutzbarkeit des Fahrzeugs - welche einen wertbildenden Faktor von besonderem Gewicht darstellen dürfte - hat der Kläger nicht dargelegt. Entgegen der Ansicht des Klägers ist die Typgenehmigung für das streitgegenständliche Fahrzeug nicht gemäß § 19 Abs. 7, Abs. 2 S. 2 Nr. 3 StVZO erloschen, da diese Vorschrift nicht für Abweichungen vom genehmigten Typ vor Inverkehrbringen gilt. § 19 Abs.7, Abs. 2 S. 2 Nr. 3 StVZO sieht ein - automatisches - Erlöschen der Typgenehmigung nur für den Fall vor, dass an einem Fahrzeug Veränderungen vorgenommen werden. Als § 19 Abs. 2 StVZO neu gefasst wurde, stellte der Gesetzgeber klar, dass diese Vorschrift nur für bereits im Verkehr befindliche Fahrzeuge gilt (vgl. BR-Drs 629/93 S. 15 - 16). Anderenfalls würde auch die später in Kraft getretene Vorschrift des § 25 Abs.3 Nr.2 EG-FGV leer laufen, die den Widerruf (nicht etwa das automatische Erlöschen) der Typgenehmigung erst dann ermöglicht, wenn von dem Fahrzeug ein erhebliches Risiko für die Verkehrssicherheit ausgeht, wobei diese Entscheidung noch in das Ermessen der Behörde gestellt ist.
Die Typgenehmigung ist auch nicht analog § 19 Abs.7, Abs. 2 S. 2 Nr. 3 StVZO erloschen. Es besteht keine planwidrige Regelungslücke, sondern § 25 Abs. 3 Nr. 1 EG-FGV stellt die Ermessensvorschrift dar, nach der eine Typgenehmigung ganz oder teilweise widerrufen werden kann, wenn es an der Übereinstimmung eines Fahrzeugs mit dem genehmigten Typ fehlt.
Es droht auch kein Widerruf der Typgenehmigung mit Wirkung für alle Fahrzeuge des streitgegenständlichen Typs. Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) als zuständige Behörde hat das ihm zustehende Ermessen gerade nicht dahingehend ausgeübt, eine Entziehung der Typgenehmigung in die Wege zu leiten. Es ist vielmehr nach § 25 Abs. 2 EG-FGV vorgegangen.
bb) Auch aus pflichtwidrigem Vorverhalten (Ingerenz) folgt hier keine Garantenstellung der Beklagten. Eine Pflichtwidrigkeit löst nur dann eine Garantenpflicht aus, wenn die verletzte Norm gerade dem Schutz des betroffenen Rechtgutes dient (Schönke/Schröder/Stree/Bosch StGB, 28. Aufl., § 13 Rn 35a mwN). Es ist bereits zweifelhaft, dass ein etwaiger Verstoß gegen die europarechtlichen Normen, die bei der Typgenehmigung den Einsatz von Abschalteinrichtungen verbieten - Art. 5 Abs. 2, Art. 3 Ziffer 10 der EU-Verordnung VO 715/2007; EU Richtlinie 2007/46/EG - in Bezug auf den hier streitgegenständlichen Pkw Skoda der Beklagten zuzurechnen sein könnte, bei der es sich nicht um die Herstellerin der Fahrzeuge handelt. Jedenfalls aber fallen die hier vom Kläger allein geltend gemachten Vermögensinteressen nicht in den Schutzbereich dieser Normen. Diese dienen der Harmonisierung des Binnenmarktes (Erwägungsgrund 2 der Richtlinie) und zielen auf hohe Verkehrssicherheit, hohen Schutz der Umwelt und der Gesundheit, rationelle Energienutzung und wirksamen Schutz gegen unbefugte Benutzung (Erwägungsgrund 3 der Richtlinie) ab. Interessen der einzelnen Fahrzeugkäufer könnten hierdurch allenfalls in Bezug auf die Zulassungsfähigkeit der von ihnen erworbenen Fahrzeuge geschützt sein. Diesbezüglich macht der Kläger aber keinen Schaden geltend.
5. Der Kläger hat keinen Anspruch aus § 823 Abs.2 i.V.m. § 16 UWG.
Es kann dahingestellt bleiben, ob der Kläger ausreichend substantiiert dargelegt hat, welche Tatsachenbehauptungen der Beklagten in Bezug auf das streitgegenständliche Fahrzeug - einen Skoda - aus seiner Sicht unwahr und irreführend sind.
Die Beklagte hat jedenfalls nicht in der Absicht gehandelt, ein besonders günstiges Angebot abzugeben. Nach den Vorstellungen des Täters muss die Entscheidung des Adressaten für das Erwerbsgeschäft von dem angepriesenen - besonderen - Vorteil, der tatsächlich nicht gegeben ist, beeinflusst werden (Hart-Bavendamm/Henning-Bodewig/Dreyer, UWG, 3. Aufl., § 16, Rn. 31, 32; für § 4 UWG aF auch BGHSt 27, 293 - 295, zit. nach juris, Rn. 6, 7). Falls die Beklagte tatsächlich in Werbeunterlagen bezüglich von ihr hergestellter - in Pkw Skoda verbauter - Motoren falsche Informationen durch Prospekte und Broschüren verbreitet haben sollte, würde darin mit bestimmten Leistungswerten unter Einhaltung der Euro 5 Norm kein - besonderer - Vorteil des streitgegenständlichen Fahrzeugs angepriesen. Die vom Kläger genannten Grenzwerte der Euro 5 Norm (Seite 36 der Klageschrift vom 17.11.2016, Bl. 38 Bd I d.A.) mussten schließlich alle vergleichbaren Fahrzeuge am Markt einhalten, um die Typgenehmigung zu erlangen.
6. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch aus § 823 Abs.2 BGB i.V.m. § 4 Nr. 11 UWG in der Fassung vom 03.03.2010 (im Folgenden § 4 Nr.11 UWG a.F.).
Es ist bereits fraglich, ob § 4 Nr.11 UWG a.F. überhaupt ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs.2 BGB darstellt. Jedenfalls hat die Beklagte hier nicht gegen Vor-schriften verstoßen, deren Einhaltung § 4 Nr.11 a.F. schützt. §§ 1, 4, 5 Pkw-EnVKV gebieten lediglich, dass die im Typgenehmigungsverfahren erzielten Kraftstoff-verbrauchs- und Emissionswerte zu nennen sind (vgl. Begriffsbestimmungen in § 2 Nr.5, Nr.6 Pkw-EnVKV). Der Kläger selbst bezweifelt nicht, dass die genannten Werte im Typgenehmigungsverfahren (Fahrkurven des NEFZ) erzielt wurden.
7. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Schadensersatz aus § 823 Abs.2 BGB i.V.m. Art.12, Art.18 der Richtlinie Nr. 2007/46/EG und §§ 4, 6, 25 EG-FGV.
Es ist nicht ersichtlich, wie die Beklagte, die nicht die Herstellerin des streitgegenständlichen Pkw Skoda ist, eine falsche oder gar ungültige Übereinstimmungsbescheinigung beigefügt haben könnte.
8. Der Kläger hat keinen Anspruch aus § 826 BGB.
a) Der Einbau der eingangs genannten Software, die den Prüfstandlauf erkennt, begründet keinen Anspruch wegen vorsätzlich sittenwidriger Schädigung der Vermögensinteressen des Klägers.
Bei der Prüfung, ob sich eine Handlung im Verhältnis zu den geltend gemachten Interessen des Anspruchstellers als vorsätzlich sittenwidrige Schädigung darstellt, ist eine zusammenfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck der Handlung sowie ihrer Folgen vorzunehmen (vgl. Palandt-Sprau BGB, 76. Aufl. 2017 § 826 Rn 4). Auch im Rahmen des § 826 BGB gilt wie bei allen Ansprüchen aus unerlaubten Handlungen, dass die Ersatzpflicht auf solche Schäden beschränkt ist, die in den Schutzbereich des verletzten Ge- oder Verbots fallen (BGH, Urteil vom 11. November 1985 – II ZR 109/84 –, BGHZ 96, 231-244, zit. nach juris, Rn. 15). Der Verstoß muss in Beziehung zu den (Vermögens-)Interessen der Parteien gesetzt werden, um zu beurteilen, ob sich die Schädigung als sittenwidrig darstellt (BGH, Urteil vom 20. November 1990 – VI ZR 6/90 –, Rn 17, juris).
Hier kommt ein Verstoß gegen das Verbot unzulässiger Abschalteinrichtungen aus Art. 5 Abs.2, Art. 3 Ziffer 10 der EU-Verordnung VO 715/2007 in Betracht. Den Vermögensinteressen des einzelnen Pkw-Käufers ist der Hersteller (hier ist die Beklagte noch nicht einmal Herstellerin des streitgegenständlichen Skoda sondern allenfalls dessen Motors) nach dieser Norm aber nicht verpflichtet. Die Richtlinie 2007/46/EG und die Verordnung VO 715/2007 dienen der Harmonisierung des Binnenmarktes und zielen auf hohe Verkehrssicherheit, hohen Schutz der Umwelt und der Gesundheit, rationelle Energienutzung und wirksamen Schutz gegen unbefugte Benutzung ab (s.o.). Interessen der einzelnen Fahrzeugkäufer können durch die Verordnung als Einzelrechtsakt im gemeinschaftlichen Typgenehmigungssystem allenfalls in Bezug auf die Zulassungsfähigkeit geschützt werden. Solche Schäden macht der Kläger hier aber nicht geltend.
b) Die Beklagte hat den Kläger auch nicht durch eine arglistige Täuschung bezüglich der Schadstoffemission vorsätzlich sittenwidrig geschädigt. Aussagen die zur Typgenehmigung oder zu Werten in der Übereinstimmungsbescheinigung getroffen werden, beziehen sich immer auf die Emissionen im NEFZ. Nur diesbezüglich sind die Wertangaben in etwaigen Prospekten (hier hat der Kläger einen Skoda gekauft und keine Prospekte vorgelegt, aus denen sich die Täuschung ergeben soll) miteinander vergleichbar.
c) Auch das Verschweigen der eingangs genannten Software, die den Prüfstandlauf erkennt, führt nicht zu einem Anspruch des Klägers wegen vorsätzlich sittenwidriger Schädigung. Ein Verschweigen kann nur dann sittenwidrig sein, wenn eine entsprechende Offenbarungspflicht besteht. Eine solche kommt bei Kaufverträgen - und im vorliegenden Fall besteht noch nicht einmal eine vertragliche Beziehung zwischen den Parteien - bezüglich erheblicher wertbildender Faktoren in Betracht (Bamberger/Roth BGB, 3. Aufl., § 826 Rn 23 Fn 148). Dass es sich bei der Software und ihrer o.g. Wirkung um erhebliche wertbildende Umstände handeln würde, hat der Kläger aber nicht dargelegt (s.o. B II 4 b) aa)).
C) Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs.1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.