Landgericht Braunschweig
Urt. v. 02.10.2017, Az.: 11 O 4059/16
Motorsteuerungssoftware; Abschalteinrichtung; Rücktritt; Fristsetzung; Anfechtung
Bibliographie
- Gericht
- LG Braunschweig
- Datum
- 02.10.2017
- Aktenzeichen
- 11 O 4059/16
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2017, 53749
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Dem Käufer eines mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung (Motorsteuerungssoftware) versehenen Kfz steht kein Recht zum Rücktritt von Kaufvertrag ohne das Setzen einer angemessenen Frist zur Nacherfüllung/Mangelbeseitigung zu.
Tenor:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert wird auf die Wertstufe bis 30.000,00 € festgesetzt.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt Rückabwicklung eines Kaufvertrages über einen Pkw xxx.
Die Klägerin kaufte mit Auftragsbestätigung vom 19.08.2014 von der Beklagten, welche auch die Herstellerin des Fahrzeugs ist, einen Pkw xxx mit der Fahrzeugidentifikationsnummer (FIN): xxx zum Gesamtbetrag von 29.849,37 €.
In dem Fahrzeug ist ein Motor der Baureihe EA 189 verbaut. In der EG-Übereinstimmungsbescheinigung wird als Abgasnorm EURO 5 bescheinigt. Die Einhaltung der dafür nach der EG-Verordnung maßgeblichen Grenzwerte für Stickoxide hängt davon ab, in welchem Ausmaß Abgase aus dem Auslassbereich des Motors über ein Abgasrückführungsventil in den Ansaugtrakt des Motors zurückgeleitet werden. Im streitgegenständlichen Fahrzeug lässt die das Abgasrückführungsventil steuernde Software des Motorsteuerungsgerätes eine Abgasrückführung im zur Einhaltung der Grenzwerte nötigen Umfang unter den Bedingungen des zur Erlangung der Typgenehmigung durchgeführten gesetzlich vorgeschriebenen Testlaufs zu. Bewegt sich das Fahrzeug nicht in diesem eng vorgegebenen Geschwindigkeitsmuster, erkennt die Software dies und verringert die Abgasrückführung im Verhältnis zur Fahrt auf dem Prüfstand, wodurch sich die Stickoxidemissionen erhöhen.
Das Kraftfahrbundesamt (KBA) erkannte in der genannten Software eine unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne von Art. 5 Abs. 2, Art. 3 Ziff. 10 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 und ordnete einen Rückruf an.
Unter dem 16.11.2015 erklärte die Klägerin gegenüber der Beklagten, dass sie sich von der Beklagten arglistig getäuscht fühle und bat um Rücknahme des Fahrzeugs gegen Erstattung des Kaufpreises und der Zulassungskosten (Anlage K 4).
Mit Schreiben vom 11.12.2015 kündigte die Beklagte der Klägerin gegenüber an, in Abstimmung mit dem KBA auf eigene Kosten eine technische Lösung zu erarbeiten und lehnte eine Rücknahme des Fahrzeugs ab (Anlage K 2).
Mit anwaltlichem Schreiben vom 23.03.2016 erklärte die Klägerin gegenüber der Beklagten die Anfechtung ihrer auf den Abschluss des Kaufvertrages über das streitgegenständliche Kfz gerichteten Willenserklärung wegen arglistiger Täuschung (Anlage K 5).
Mit Schreiben vom 06.04.2016 verwies die Beklagte auf die Erarbeitung technischer Lösungen und lehnte eine Rücknahme des Fahrzeugs ab (Anlage K 6).
Mit anwaltlichem Schreiben vom 05.12.2016 setzte die Klägerin der Beklagten eine Frist zur Mangelbeseitigung bis zum 16.12.2016 und drohte für den erfolglosen Ablauf dieser Frist den Rücktritt vom Kaufvertrag an (Anlage K 7), welchen sie unter dem 16.12.2016 erklärte (Anlage K 8).
Die von der Beklagten erarbeitete technische Lösung wurde unter dem 14.12.2016 durch das KBA gebilligt (Anlage B 3) und der Klägerin seitens der Beklagten im Januar 2017 angeboten. Die Klägerin hat diese bis zum Tage der mündlichen Verhandlung nicht durchführen lassen.
Die Klägerin trägt im Wesentlichen vor, ihr stehe aufgrund der Motorsteuerungssoftware ein Recht auf Rückabwicklung des Kaufvertrages über das Fahrzeug zu und zwar aus den Gesichtspunkten der Arglistanfechtung und des Rücktritts sowie des Rechts der unerlaubten Handlungen.
Die Klägerin beantragte:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 29.256,16 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14. Mai 2016 Zug um Zug gegen Rückgabe des PKW xxx - Fahrgestellnummer xxx, zu zahlen.
2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme des unter dem Klagantrag zu 1. genannten Fahrzeugs in Verzug befindet.
3. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von den vorgerichtlichen Kosten ihrer Prozessbevollmächtigten in Höhe von EUR 1.358,86 € freizuhalten.
Die Beklagte beantragte:
Klagabweisung
Die Beklagte trägt im Wesentlichen vor, dass der Klägerin bereits aufgrund Mangelfreiheit des Fahrzeugs, jedenfalls aber mangels angemessener Fristsetzung zur Nacherfüllung kein Recht zum Rücktritt zustehe sowie dass auch ein Recht zur Anfechtung mangels Täuschung der Klägerin durch die Beklagte nicht gegeben sei.
Es fand mündliche Verhandlung statt am 22.08.2017.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den gesamten Inhalt der Akten verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist nicht begründet.
A.
Die Klägerin kann von der Beklagten nicht die Rückgewähr erbrachter Leistungen nach §§ 812 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 BGB unter dem Gesichtspunkt der Arglistanfechtung nach §§ 123 Abs. 1, 142 Abs. 1 BGB verlangen.
Die Klägerin konnte ihre auf den Abschluss des Kaufvertrages gerichtete Willenserklärung mangels Anfechtungsgrundes nicht gemäß § 123 Abs. 1 BGB anfechten, so dass dahinstehen kann, ob die Anfechtungserklärung bereits in dem Schreiben der Klägerin vom 15.11.2015 (Anlage K 4) oder erst in dem anwaltlichen Schreiben vom 23.03.2016 zu sehen ist (Anlage K 5).
I.
Eine aktive Täuschungshandlung der Beklagten gegenüber der Klägerin in Bezug auf die Motorsteuerungssoftware wird seitens der Klägerin nicht behauptet.
II.
Auch ein eventuelles Unterlassen der Aufklärung über die Funktionsweise der Motorsteuerungssoftware durch die Beklagte gegenüber der Klägerin stellt hier keine nach § 123 BGB relevante Täuschung dar. Hierfür fehlt es an einer entsprechenden Aufklärungspflicht der Beklagten gegenüber der Klägerin. Es besteht keine allgemeine Offenbarungspflicht des Verkäufers gegenüber dem Käufer über Mängel der Kaufsache: Eine solche kann vielmehr nur dann angenommen werden, wenn im konkreten Falle entweder wertbildende Faktoren von erheblichem Gewicht in Rede stehen oder wenn die Verwendbarkeit der Kaufsache für den beabsichtigten Zweck in Frage steht.
1. Die seitens der Klägerin bemängelten Einstellungen der Motorsteuerungssoftware stellen aber keinen wertbildenden Faktor von erheblichem Gewicht dar, der eine Offenbarungspflicht eines Verkäufers begründen würde: Zwar führt die Klägerin in dem Schriftsatz vom 24.07.2017 aus, der Pkw habe durch die Motorsteuerungssoftware einen wesentlichen Wertverlust erlitten. Dies aber stellt keine dem Beweis zugängliche Tatsachenbehauptung dar. Hier würde eine Beweiserhebung zum Thema Wertminderung eine unzulässige Ausforschung darstellen. Der Gebrauchtwagenmarkt ist derart transparent, dass die Klägerin konkrete Anknüpfungstatsachen zu einer etwaigen Wertminderung des von ihr erworbenen Fahrzeugs aufgrund der Motorsteuerungssoftware vortragen müsste und zwar auch für den Fall, dass sie das verfügbare Software-Update nunmehr aufspielen lässt, was sie aber bislang nicht hat vornehmen lassen.
2. Eine Offenbarungspflicht für die Beklagte folgt auch nicht aus einer eingeschränkten Verwendbarkeit des Fahrzeugs zu seinem Zwecke: Die Typgenehmigung für das streitgegenständliche Fahrzeug ist nicht gemäß § 19 Abs. 7, Abs. 2 S. 2 Nr. 3 StVZO erloschen, da diese Vorschrift nicht für Abweichungen vom genehmigten Typ vor Inverkehrbringen gilt. § 19 Abs. 7, Abs. 2 S. 2 Nr. 3 StVZO sieht ein - automatisches - Erlöschen der Typgenehmigung nur für den Fall vor, dass an einem Fahrzeug Veränderungen vorgenommen werden. Als § 19 Abs. 2 StVZO neu gefasst wurde, stellte der Gesetzgeber klar, dass diese Vorschrift nur für bereits im Verkehr befindliche Fahrzeuge gilt (vgl. BR-Drs 629/93 S. 15 - 16). Anderenfalls würde auch die später in Kraft getretene Vorschrift des § 25 Abs .3 Nr. 2 EG-FGV leer laufen, die den Widerruf (nicht etwa das automatische Erlöschen) der Typgenehmigung erst dann ermöglicht, wenn von dem Fahrzeug ein erhebliches Risiko für die Verkehrssicherheit ausgeht, wobei diese Entscheidung zudem in das Ermessen der Behörde gestellt ist.
Die Typgenehmigung ist auch nicht analog § 19 Abs. 7, Abs. 2 S. 2 Nr. 3 StVZO erloschen. Es besteht keine planwidrige Regelungslücke, sondern § 25 Abs. 3 Nr. 1 EG-FGV stellt die Ermessensvorschrift dar, nach der eine Typgenehmigung ganz oder teilweise widerrufen werden kann, wenn es an der Übereinstimmung eines Fahrzeugs mit dem genehmigten Typ fehlt.
Es droht auch kein Widerruf der Typgenehmigung mit Wirkung für alle Fahrzeuge des streitgegenständlichen Typs. Das KBA als zuständige Behörde hat das ihm zustehende Ermessen gerade nicht dahingehend ausgeübt, eine Entziehung der Typgenehmigung in die Wege zu leiten. Es ist vielmehr nach § 25 Abs. 2 EG-FGV vorgegangen.
Die Beklagte traf gegenüber dem Kläger daher keine Offenbarungspflicht über die Motorsteuerungssoftware, so dass eine Täuschung durch Unterlassen nicht vorliegt.
B.
Die Klägerin kann von der Beklagten nicht die Rückgewähr erbrachter Leistungen nach §§ 433, 434, 437 Ziffer 2, 346 Abs. 1 BGB unter dem Gesichtspunkt des Rücktritts vom Kaufvertrag verlangen, da es hierfür an der tatbestandlichen Voraussetzung des erfolglosen Ablaufs einer angemessenen Frist zur Nacherfüllung fehlt.
I.
Zunächst hat die Klägerin nicht dargelegt, dass eine Fristsetzung zur Nacherfüllung entbehrlich war:
1. Eine Fristsetzung zur Nacherfüllung war nicht gem. §§ 326 Abs. 5, 275 Abs. 1 BGB entbehrlich, weil der Beklagten eine Nacherfüllung im maßgeblichen Zeitpunkt der Rücktrittserklärung am 16.12.2016 unmöglich gewesen wäre. Eine Leistung ist gem. § 275 Abs. 1 BGB unmöglich, wenn sie nach den Naturgesetzen oder nach dem Stand von Wissenschaft und Technik nicht erbracht werden kann (Palandt/Grüneberg, BGB, 76. Aufl., § 275, Rn. 14). Dabei kann eine nur vorübergehende Unmöglichkeit einer dauerhaften Unmöglichkeit gleichstehen, wenn sie die Erreichung des Geschäftszwecks in Frage stellt und dem anderen Teil das Festhalten am Vertrag bis zum Wegfall des Leistungshindernisses nicht zuzumuten ist (Paland/Grünberg, a. a. O., § 275, Rn. 11, m. w. N.). Eine Situation der vorbeschriebenen Art bestand vorliegend nicht: Im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung war eine Softwarelösung für die Motorsteuerungssoftware bereits durch die Beklagte entwickelt, dem KBA vorgelegt und durch das KBA im Grundsatz bestätigt worden (Anlage B 3). Selbst wenn zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung noch keine Aufforderung zur Nacherfüllung durch ein Software-Update durch die Beklagte an die Klägerin ergangen sein sollte, so läge hierin mangels Gefährdung des Geschäftszwecks des Kaufvertrages oder Unzumutbarkeit noch keine Unmöglichkeit, denn die Klägerin konnte das erworbene Fahrzeug jederzeit ohne Einschränkungen benutzen und in der Tat bot die Beklagte der Klägerin unstreitig jedenfalls im Januar 2017 die Durchführung der technischen Maßnahme an.
2. Eine Fristsetzung zur Nacherfüllung war auch nicht gem. §§ 326 Abs. 5, 275 Abs. 1 BGB entbehrlich, weil das Fahrzeug mit einem merkantilen Minderwert behaftet bleibt:
Für den Fall eines sogenannten Unfallwagens ist anerkannt, dass ein Rücktritt auch ohne vorherige Fristsetzung zur Nacherfüllung gemäß §§ 326 Abs. 5, 275 Abs. 1 BGB möglich ist, weil der Charakter des Fahrzeugs als Unfallwagen und ein damit verbundener merkantiler Minderwert auch nach einer technischen Reparatur verbleibt (BGH, Urteil vom 10.10.2007, VIII ZR 330/06, zit. nach juris, Rn. 23; BGH, Urteil vom 07.06.2006, VIII ZR 209/05, zit. nach juris, Rn. 17). Hintergrund dieser Rechtsprechung ist die am Gebrauchtwagenmarkt gewonnene Erfahrung, dass trotz völliger und ordnungsgemäßer Instandsetzung eines Fahrzeugs bei einem großen Teil der Kaufinteressenten, vor allem wegen des Verdachts verborgen gebliebener Schäden, eine den Preis beeinflussende Abneigung gegen den Erwerb unfallbeschädigter Fahrzeuge besteht (so schon BGH, Urteil vom 29.04.1958, VI ZR 82/57, zit nach juris, Rn. 4).
Diese Rechtsprechung jedoch ist auf die vorliegende Fallkonstellation nicht übertragbar, da eine vergleichbare am Markt gewonnene Erfahrung, dass sich die ursprüngliche Motorsteuerungssoftware auch nach ihrem Entfernen zwangsläufig preismindernd auswirkt, fehlt.
3. Eine Fristsetzung zur Nacherfüllung war auch nicht gem. § 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB entbehrlich. Es lagen keine besonderen Umstände vor, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen den Rücktritt vor Ablauf einer angemessenen Frist gerechtfertigt hätten:
a. Unter vorgenanntem Gesichtspunkt war eine Fristsetzung vorliegend zunächst nicht deshalb entbehrlich, weil die Nacherfüllung zwingend durch die Beklagte, damit aber denjenigen durchgeführt werden muss, der den beim Verkauf vorhandenen Mangel nicht mitgeteilt hat. Selbst das arglistige Verschweigen eines Mangels führt nämlich nur in der Regel dazu, dass die für eine Nacherfüllung erforderliche Vertrauensgrundlage entfällt und damit keine Veranlassung besteht, dem Verkäufer nach Entdecken des Mangels durch den Käufer eine zweite Möglichkeit der Erfüllung zu gewähren (BGH, Urteil vom 09.01.2008, VIII ZR 210/08, zit. nach juris, Rn. 19). Ein arglistiges Verschweigen der Verantwortlichen der Beklagten unterstellt, führt vorliegend der Umstand, dass die Nacherfüllung in Absprache und unter Aufsicht des KBA erfolgt, dazu, dass eine Ausnahme vom vorgenannten Grundsatz anzunehmen ist: Die Klägerin muss sich bei der Nacherfüllung eben nicht alleine auf die Beklagte verlassen, deren Nacherfüllung ja behördlich geprüft und freigegeben wurde.
b. Eine Fristsetzung war auch nicht deswegen entbehrlich, weil die Klägerin im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung befürchtete, dass das zur Nacherfüllung vorgesehene Software-Update entweder nicht erfolgreich sein oder zu Folgemängeln führen würde. Die bloße Möglichkeit oder Befürchtung, dass auch nach der (ersten) Nachbesserung Mängel verbleiben oder neue Mängel entstehen, begründet vorliegend nicht die Entbehrlichkeit einer Fristsetzung zur Mangelbeseitigung. Die Möglichkeit, dass auch nach der (ersten) Nachbesserung Mängel verbleiben oder entstehen, hat der Gesetzgeber in § 440 S. 2 BGB vorhergesehen, wonach eine Nachbesserung jedenfalls grundsätzlich erst nach dem erfolglosen zweiten Versuch als fehlgeschlagen gilt. Die Klägerin hat dieses Risiko also zunächst hinzunehmen. Der Rücktritt vom Kaufvertrag bleibt ihr für den Fall, dass die durchgeführte Nacherfüllung fehlschlagen sollte, unbenommen (Vgl. LG Münster, Urteil vom 05.04.2017, 10 O 359/16, zit. nach juris, Rn. 118. Im Ergebnis unter dem Stichwort „Vorrang der Nacherfüllung“ LG Düsseldorf, Urteil vom (24.10.2016, 21 O 10/16, zit. nach juris, Rn. 33.).
4. Die Beklagte hatte die Nacherfüllung auch nicht ernsthaft und endgültig verweigert, so dass die Fristsetzung gemäß § 323 Abs. 2 Nr. 1 BGB entbehrlich wäre: Die Schreiben der Beklagten vom 11.12.2015 (Anlage K 2), vom Februar 2016 (Anlage K 3) wie vom 06.04.2016 (Anlage K 6) heben jeweils auf eine anstehende technische Maßnahme („Software-Update“) ab. Die Beklagte verweigerte die Beseitigung des Mangels also gerade nicht.
II.
Die von der Klägerin unter dem 05.12.2016 gesetzte Frist zur Mangelbeseitigung bis zum 16.12.2016 war angesichts der Tatsache, dass die Beklagte - für die Klägerin erkennbar - die technische Maßnahme „Software-Update“ an einer Vielzahl von Fahrzeugen durchzuführen hatte, während die Klägerin ihr Fahrzeug ohne Einschränkungen nutzen konnte, jedenfalls nicht angemessen, so dass mit der zu kurz bemessenen Frist (so sie denn überhaupt Rechtswirkung entfalten kann) allenfalls eine angemessene Frist in Gang gesetzt wurde. Diese aber dürfte auch vor dem Hintergrund der Mitteilungen der Beklagten vom 11.12.2015 (Anlage K 2), vom Februar 2016 (Anlage K 3) wie vom 06.04.2016 (Anlage K 6) jedenfalls nicht kürzer als drei Monate zu bemessen sein und ist damit nicht erfolglos abgelaufen, denn im Januar 2017 wurde der Klägerin die Nachbesserung durch die Beklagte angeboten, welche sie aber nicht annahm.
C.
Der Klägerin steht gegenüber der Beklagten auch kein deliktischer Anspruch aus § 826 BGB auf Rückabwicklung zu.
Der Einbau der eingangs genannten Software, die den Prüfstandlauf erkennt, begründet keinen Anspruch wegen vorsätzlich sittenwidriger Schädigung der Vermögensinteressen der Klägerin.
Bei der Prüfung, ob sich eine Handlung im Verhältnis zu den geltend gemachten Interessen des Anspruchstellers als vorsätzlich sittenwidrige Schädigung darstellt, ist eine zusammenfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck der Handlung sowie ihrer Folgen vorzunehmen. Auch im Rahmen des § 826 BGB gilt wie bei allen Ansprüchen aus unerlaubten Handlungen, dass die Ersatzpflicht auf solche Schäden beschränkt ist, die in den Schutzbereich des verletzten Ge- oder Verbots fallen. Der Verstoß muss in Beziehung zu den (Vermögens-)Interessen der Parteien gesetzt werden, um zu beurteilen, ob sich die Schädigung als sittenwidrig darstellt.
I.
Hier kommt ein Verstoß gegen das Verbot unzulässiger Abschalteinrichtungen aus Art. 5 Abs. 2, Art. 3 Ziffer 10 der EU-Verordnung VO 715/2007 in Betracht. Den Vermögensinteressen des einzelnen Pkw-Käufers ist der Hersteller nach dieser Norm aber nicht verpflichtet. Die Richtlinie 2007/46/EG und die Verordnung VO 715/2007 dienen der Harmonisierung des Binnenmarktes und zielen auf hohe Verkehrssicherheit, hohen Schutz der Umwelt und der Gesundheit, rationelle Energienutzung und wirksamen Schutz gegen unbefugte Benutzung ab. Interessen der einzelnen Fahrzeugkäufer können durch die Verordnung als Einzelrechtsakt im gemeinschaftlichen Typgenehmigungssystem allenfalls in Bezug auf die Zulassungsfähigkeit eines Fahrzeugs geschützt werden. Solche Schäden macht die Klägerin hier aber nicht geltend.
II.
Die Beklagte hat die Klägerin auch nicht durch eine arglistige Täuschung bezüglich der Schadstoffemission vorsätzlich sittenwidrig geschädigt. Aussagen die zur Typgenehmigung oder zu Werten in der Übereinstimmungsbescheinigung getroffen werden, beziehen sich immer auf die Emissionen im NEFZ. Nur diesbezüglich sind die Wertangaben in etwaigen Prospekten miteinander vergleichbar.
III.
Auch das Verschweigen der eingangs genannten Software, die den Prüfstandlauf erkennt, führt nicht zu einem Anspruch der Klägerin wegen vorsätzlich sittenwidriger Schädigung. Ein Verschweigen kann nur dann sittenwidrig sein, wenn eine entsprechende Offenbarungspflicht besteht. Eine solche kommt bei Kaufverträgen bezüglich erheblicher wertbildender Faktoren oder der Verwendbarkeit des Kaufgegenstandes zu Ihrem Zweck in Betracht, was vorliegend jedoch nicht der Fall ist (s.o. A.).
D.
Mangels zuerkannten Anspruchs in der Hauptsache auf Rückabwicklung konnte auch der Anspruch auf Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten keinen Erfolg haben.
E.
Mangels zuerkannten Anspruchs in der Hauptsache waren der Klägerin auch keine vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten zuzusprechen.
F.
Die Nebenentscheidungen richten sich nach den §§ 91, 709 ZPO, 48 Abs. 1 GKG, 3, 4 Abs. 1 ZPO.