Landgericht Braunschweig
Urt. v. 30.08.2017, Az.: 3 O 1165/16

Abgasskandal; unzulässige Abschalteinrichtung; Neulieferung

Bibliographie

Gericht
LG Braunschweig
Datum
30.08.2017
Aktenzeichen
3 O 1165/16
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2017, 53740
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

1. Aus den bindenden Feststellungen des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) im bestandskräftigen Bescheid vom 15.10.2015 und der sich darauf beziehenden Freigabe ergibt sich für die zivilrechtliche Würdigung, dass es sich bei der in den betreffenden Fahrzeugen verwendeten, zu beseitigenden unzulässigen Abschalteinrichtung i. S. von Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 um einen Sachmangel i. S. von § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB handelt und dass die vom KBA freigegebene technische Überarbeitung durch ein Software-Update geeignet ist, diesen Mangel gem. § 439 Abs. 1, 1. Alt. BGB zu beseitigen, die Nachbesserung mithin möglich ist.
2. Im Falle eines zwischenzeitlichen Modellwechsels scheidet eine Ersatzlieferung schon wegen Unmöglichkeit aus (§ 275 Abs. 1 BGB); die Lieferung eines Neufahrzeugs aus der aktuellen Serienproduktion kann der Käufer ebenfalls nicht beanspruchen, weil diese nicht mehr durch den Erfüllungsanspruch umfasst ist.
3. In jedem Falle aber wäre die Nachlieferung gegenüber dem geringen Aufwand der von der Beklagten angebotenen Nachbesserung unverhältnismäßig, weshalb sich der Anspruch des Käufers gem. § 439 Abs. 3 BGB auf die Mangelbeseitigung beschränkt.
4. Auf unerlaubte Handlung kann das Neulieferungsverlangen nicht gestützt werden, weil solche Schadensersatzansprüche gem. § 249 BGB auf den Ersatz des negativen Interesses gerichtet sind und auch nicht feststeht, dass bei Unterbleiben der unerlaubten Handlung der Vertrag mit einem anderen Inhalt zustande gekommen wäre.

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Streitwert: Wertstufe bis 35.000,00 €

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt von der Beklagten im Zusammenhang mit dem sog. Abgasskandal die Lieferung eines Neufahrzeugs Zug um Zug gegen Rückgabe des bei der Beklagten gekauften Autos.

Die Klägerin erwarb am 27.09.2013 über das Autohaus XXX, das für die Beklagte handelte, einen neuen XXX der 1. Modellgeneration zum Kaufpreis von 34.266,50 €, welcher ihm im November 2013 übergeben wurde. Der Abschluss des Kaufvertrages erfolgte unter Einbeziehung der Neuwagen-Verkaufsbedingungen der Beklagten, die unter Ziffer IV. folgende Klausel enthalten (Anlage K 3):

„6. Konstruktions- oder Formänderungen, Abweichungen im Farbton sowie Änderungen des Lieferumfangs seitens des Herstellers bleiben während der Lieferzeit vorbehalten, sofern die Änderungen oder Abweichungen unter Berücksichtigung der Interessen des Verkäufers für den Käufer zumutbar sind. Sofern der Verkäufer oder der Hersteller zur Bezeichnung der Bestellung oder des bestellten Kaufgegenstandes Zeichen oder Nummern gebraucht, können allein daraus keine Rechte hergeleitet werden.“

Der streitgegenständliche Pkw ist mit einem Dieselmotor der Baureihe EA 189 EU5 ausgestattet. Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) kam mit - nicht angefochtenem - Bescheid vom 15.10.2015 - 400-52.V/001#018 - (Anlage B 3) zu dem Ergebnis, dass diese Motoren mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung i. S. von Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 ausgerüstet seien, und ordnete als nachträgliche Nebenbestimmungen für die jeweils erteilten Typgenehmigungen gem. § 25 Abs. 2 EG-FGV an, dass die Beklagte zur Vermeidung des Widerrufs oder der Rücknahme der Typgenehmigungen verpflichtet ist, die unzulässigen Abschalteinrichtungen zu entfernen sowie geeignete Maßnahmen zur Wiederherstellung der Vorschriftsmäßigkeit zu ergreifen, was durch Beibringen geeigneter Nachweise zu belegen ist.

Die Klägerin forderte die Beklagte vor diesem Hintergrund mit Anwaltsschreiben vom 20.10.2015 (Anlage K 6) auf, bis zum 30.10.2015 ihre Schadensersatzpflicht dem Grunde nach anzuerkennen und auf die Einrede der Verjährung zu verzichten sowie bis zum 20.11.2015 den Mangel zu beseitigen und für den Fall, dass eine Nachbesserung oder Nacherfüllung innerhalb der gesetzten Frist nicht möglich sein sollte, einer Rückabwicklung oder einer Minderung des Kaufpreises zuzustimmen. Die Beklagte verwies die Klägerin in ihrem Antwortschreiben vom 13.11.2015 (Anlage B 2) auf den mit dem KBA abzustimmenden Maßnahmenplan für eine technische Lösung und verzichtete auf die Einrede der Verjährung bis zum 31.12.2016.

Mit Schreiben vom 01.06.2016 (Anlage B 1) bestätigte das KBA unter Bezugnahme auf seinen Bescheid 400-52.V/001#018 vom 15.10.2015 (bei der Datumsangabe 14.10.2015 handelt es sich um einen offenbaren Übertragungsfehler), dass für die betroffenen Fahrzeugtypen aus Cluster 6, Verkaufsbezeichnungen: u. a. XXX, der geforderte Nachweis inzwischen geführt worden und dass die von der Beklagten vorgestellte Änderung der Applikationsdaten geeignet sei, die Vorschriftsmäßigkeit der genannten Fahrzeuge herzustellen. Die Beklagte informierte die Klägerin davon mit ihrer Klageerwiderung vom 21.19.2016 und teilte des Weiteren mit, dass die technische Überarbeitung des klägerische Fahrzeug bereits durchgeführt werden und die Klägerin einen Termin mit einem Servicepartner ihrer Wahl dafür vereinbaren könne. Die Klägerin, die das Fahrzeug weiterhin nutzt, ist dem nicht nachgekommen.

Die Klägerin ist der Ansicht, sie habe mangelbedingt einen Anspruch gegen die Beklagte auf Lieferung eines Ersatzfahrzeugs, hilfsweise auf Nachbesserung bzw. Rückabwicklung. Sie stützt diese Forderung in erster Linie auf kaufrechtliche Gewährleistung, in zweiter Linie auf unerlaubte Handlung, wegen derer sie von der Beklagten auch den Ersatz sämtlicher darüber hinausgehender Schäden verlangt.

Die Klägerin beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, ihr einen Pkw XXX, Pepper Grey Metallic, Titanschwarz/Titanschwarz/Schwarz/Perlgrau, 1D4 Anhängervorrichtung manuell einklappbar, 1S1 Bordwerkzeug und Wagenheber, 0NA Entfall der Schriftzüge für die Modell- und Motorbezeichnung, PXF Gepäckmanagement-Notrad-Paket, 8T2 Geschwindigkeitsregelanlage, 94K Klimaanlage Climatronic, WKS Komfortsitze vorn, PJM New Orleans 7Jx17 (5-V-Speichen-Design), Reifen 235/55 R17, 7X1 Parkpilot, akustische Warnsignale bei Hindernissen im Heckbereich, P14 Spiegelpaket, 0TD Textilfußmatten vorn und hinten, WW6 Winterräder, zusätzlich vier Stahlräder 6,5 J x 16 zu übergeben und zu übereignen, das die bei Kauf angegebenen Abgaswerte und Verbrauchwerte sowie die gesetzlichen EU-Grenzwerte, insbesondere die Euro5-Norm, im Mess- und im normalen Straßenbetrieb nicht überschreitet, Zug um Zug gegen Rücknahme des ursprünglich gelieferten Fahrzeugs Pkw XXX mit der Fahrzeug-Ident.-Nummer XXX, zu vollziehen am Sitz der Beklagten;

2. festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des in Ziffer 1 aufgeführten Kraftfahrzeugs seit dem 21.11.2015 in Annahmeverzug befindet;

3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr sämtliche Schäden zu ersetzen, die sich aus den fehlerhaften Angaben zu den Abgas- und Verbrauchswerten sowie der Nichteinhaltung der gesetzlichen EU-Grenzwerte, insbesondere der Euro5-Norm, ergeben;

4. die Beklagte zu verurteilen, sie von vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 2.256,24 € € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit freizustellen;

hilfsweise für den Fall, dass das Gericht die Einrede nach § 439 Abs. 3 BGB für berechtigt hält oder den Ersatzlieferungsanspruch nach § 275 Abs. 1 BGB als ausgeschlossen ansehen sollte, etwa wegen inzwischen eingestellter Produktion, die Beklagte zur Nachbesserung zu verurteilen;

hilfsweise für den Fall, dass das Gericht die Klage für unbegründet halten sollte, die Beklagte auf Kaufpreisrückzahlung nach - vorbehaltenem - Rücktritt vom Vertrag zu verurteilen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte meint, es liege schon kein Sachmangel vor. Selbst wenn ein solcher gegeben sei, scheide im Hinblick auf den zwischenzeitlichen Modellwechsel eine Ersatzlieferung wegen Unmöglichkeit aus, eine Neulieferung aus der 2. Modellgeneration sei vom Erfüllungsanspruch nicht mehr gedeckt, jedenfalls aber wäre eine Nachlieferung gegenüber der von ihr angebotenen Nachbesserung unverhältnismäßig. Für einen Schadensersatzanspruch fehle es an einer unerlaubten Handlung ihrerseits gegenüber der Klägerin.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.

Entscheidungsgründe

I.

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Klägerin steht gegen die Beklagte weder ein vertraglicher (1.) noch ein deliktischer (2.) Anspruch auf Lieferung eines Neufahrzeugs (Klageantrag zu 1.) bzw. darüber hinausgehenden Schadensersatz (Klageantrag zu 3.) zu. Der auf Nachbesserung gerichtete Hilfsantrag ist ebenso unzulässig (3.) wie der auf Rückabwicklung gerichtete Hilfsantrag (4.). Mangels Begründetheit der Hauptforderungen zu 1. und 3. sind auch die abgeleiteten Klageanträge zu 2. und 4. unbegründet.

1. Die Voraussetzungen eines Nachlieferungsanspruchs aus §§ 434, 437 Nr. 1, 439 BGB sind nicht erfüllt. Zwar war der XXX der Klägerin bei Gefahrübergang mit einem Sachmangel behaftet, weil es mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung i. S. von Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 ausgerüstet war, die aufgrund des Bescheides des KBA vom 15.10.2015 zu beseitigen ist, womit der Klägerin die Gewährleistungsrechte aus § 437 BGB grundsätzlich eröffnet sind (a). Wegen des zwischenzeitlichen Modellwechsel beim XXX scheidet jedoch eine Ersatzlieferung - wie von der Beklagten eingewandt - wegen Unmöglichkeit aus (b), darüber hinaus ist die von der Klägerin beantragte Einhaltung der „bei Kauf angegebenen Abgaswerte und Verbrauchswerte“ sowie der „gesetzlichen EU-Grenzwerte … im … normalen Straßenbetrieb“ vom Erfüllungsanspruch ebenso wenig umfasst (c) wie es eine Neulieferung aus der aktuellen Serienproduktion wäre (d). In jedem Fall aber wäre eine Nachlieferung gegenüber der von der Beklagten angebotenen Nachbesserung - wie von ihr weiter eingewandt - unverhältnismäßig, womit sich der Nacherfüllungsanspruch der Klägerin gem. § 439 Abs. 3 BGB von vornherein auf die Nachbesserung beschränkt (e).

a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der die Kammer folgt, sind Verwaltungsakte in den Grenzen ihrer Bestandskraft für andere Gerichte und Behörden bindend (vgl. hierzu und zum Folgenden: BGH NJW-RR 2007, 398, 399 [BGH 21.09.2006 - IX ZR 89/05] m. w. N.). Gerichte haben Verwaltungsakte deshalb, auch wenn sie fehlerhaft sein sollten, grundsätzlich zu beachten, solange sie nicht durch die zuständige Behörde oder durch ein zuständiges Gericht aufgehoben worden sind. Sie haben die durch den Verwaltungsakt getroffene Regelung oder Feststellung unbesehen, d. h. ohne eigene Nachprüfung der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes, zu Grunde zu legen. Durch die bestandskräftigen Rückrufbescheid des KBA vom 15.10.2015 und dessen Freigabebestätigung vom 01.06.2016 ist in diesem Sinne bindend festgestellt bzw. geregelt,

- dass es sich bei der in den betreffenden Fahrzeugen verwendeten Software um eine unzulässige Abschalteinrichtung i. S. von Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 handelt;

- dass die Beklagte zur Vermeidung des Widerrufs oder der Rücknahme der Typgenehmigungen verpflichtet ist, diese unzulässigen Abschalteinrichtungen zu entfernen und geeignete Maßnahmen zur Wiederherstellung der Vorschriftsmäßigkeit zu ergreifen, was durch Beibringen geeigneter Nachweise zu belegen ist;

- dass für die betroffenen Fahrzeuge dieser Nachweis inzwischen geführt wurde und dass die von der Beklagten vorgestellte Änderung der Applikationsdaten geeignet ist, die Vorschriftsmäßigkeit der genannten Fahrzeuge herzustellen;

- dass das KBA dabei folgende Sachverhalte mit folgenden Ergebnissen überprüft hat: keine unzulässigen Abschalteinrichtungen mehr, vorhandene Abschalteinrichtungen zulässig, Grenzwerte und andere Anforderungen an emissionsmindernde Einrichtungen eingehalten, ursprünglich vom Hersteller angegebene Kraftstoffverbrauchwerte und CO2-Emissionen in Prüfungen durch einen Technischen Dienst bestätigt, bisherige Motorleistung und maximales Drehmoment unverändert sowie bisherige Geräuschemissionswerte unverändert.

Aus diesen Feststellungen und Regelungen ergibt sich für die zivilrechtliche Würdigung, dass

- es sich bei der unzulässigen, zu beseitigenden Abschalteinrichtung um einen Sachmangel i. S. von § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB handelt,

- dass die vom KBA freigegebene technische Überarbeitung durch ein Software-Update geeignet ist, diesen Mangel gem. § 439 Abs. 1, 1. Alt. BGB zu beseitigen, die Nachbesserung mithin möglich ist (so im Ergebnis auch OLG Hamm, Beschluss vom 21.06.2016 - 28 W 14/16 -, juris Rn. 37) und

- dass der Klägerin im Falle des Fehlschlagens der Nachbesserung gem. § 440 S. 2 BGB die Gewährleistungsrechte aus § 437 BGB weiter zustehen.

b) Die Klägerin hat das Vorbringen der Beklagten, dass die 1. Modellgeneration des XXX seit Januar 2016 nicht mehr hergestellt werde sowie dass das intern als „XXX“ bezeichnete Nachfolgemodell der 2. Modellgeneration auf dem neuen modularen Querbaukasten des XXXkonzerns basiere und sich daher hinsichtlich Baureihe, Typ, Karosserie und Motor fundamental von der Vorgängergeneration unterscheide, nicht bestritten. Eine Ersatzlieferung ist damit unmöglich geworden, ein Anspruch der Klägerin auf diese Leistung besteht mithin schon gem. § 275 Abs. 1 BGB nicht.

c) Auch wenn eine Ersatzlieferung noch möglich wäre, hätte die Klägerin keinen Anspruch auf ein Neufahrzeug, das - wie beantragt - die „bei Kauf angegebenen Abgaswerte und Verbrauchswerte“ sowie die „gesetzlichen EU-Grenzwerte … im … normalen Straßenbetrieb“ einhält. Die im betreffenden, im Internet verfügbaren Prospekt der Beklagten („XXX“, Ausgabe: März 2013) angegebenen Kraftstoffverbrauchs- und Emissionswerte sind mit einer Fußnote versehen, wonach diese Werte „nach den vorgeschriebenen Messverfahren (VO [EG] 715/2007 in der gegenwärtig geltenden Fassung) ermittelt“ wurden - d. h. gerade nicht im normalen Straßenbetrieb, sondern auf einem Rollenprüfstand in einem Testdurchlauf, der aus fünf synthetischen Fahrkurven besteht (sog. Neuer Europäischer Fahrzyklus, NEFZ) -, dass sie sich zudem nicht auf ein einzelnes Fahrzeug beziehen und auch nicht Bestandteil des Angebots sind, sondern allein Vergleichszwecken zwischen den verschiedenen Fahrzeugtypen dienen sowie dass der Kraftstoffverbrauch und die CO2-Emissionen eines Fahrzeugs nicht nur von der effizienten Ausnutzung des Kraftstoffs durch das Fahrzeug abhängen, sondern auch vom Fahrverhalten und anderen nichttechnischen Faktoren. Zur Beschaffenheit i. S. von § 434 Abs. 1 S. 3 BGB würden hier somit allenfalls die im NEFZ ermittelten Kraftstoffverbrauchs- und Emissionswerte gehören.

d) Die Klägerin könnte aber auch keine Nachlieferung aus der aktuellen Serienproduktion beanspruchen, weil die Auslegung des Kaufvertrages nicht ergibt, dass die Klägerin im Falle eines Mangels einen Anspruch auf Lieferung des Nachfolgemodells der 2. Modellgeneration des XXX hat. Der Nachlieferungsanspruch aus §§ 437 Nr. 1, 439 Abs. 1, 2. Alt. BGB beschränkt sich vielmehr auf die Lieferung einer anderen Sache, die der verkauften Sache gleich, aber mangelfrei ist (vgl. Palandt-Weidenkaff, BGB, 76. Aufl., § 437 Rn. 7), kann also nicht weiter reichen als der ursprüngliche Erfüllungsanspruch.

Etwas anders lässt sich auch nicht aus der Klausel Ziffer IV. 6. der Neuwagen-Verkaufsbedingungen der Beklagten herleiten. Diese Klausel stellt nämlich rechtlich ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht des Verkäufers gem. § 315 Abs. 1 BGB, d. h. eine einseitige Erweiterung der Rechte des Verkäufers bei gleichzeitiger Beschränkung des Rechtes des Käufers auf eine Billigkeitskontrolle dar. Das verbietet es, sie im Wege der Vertragsauslegung zur Begründung einer Benachteiligung des Verkäufers bei gleichzeitiger Erweiterung der Rechte des Käufers heranzuziehen.

e) Doch selbst, wenn eine Ersatzlieferung aus der 1. Modellgeneration noch möglich bzw. eine Neulieferung aus der 2. Modellgeneration vom Erfüllungsanspruch umfasst wäre, wäre sie nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich.

§ 439 Abs. 3 BGB ist richtlinienkonform einschränkend dahin auszulegen, dass nur die Berufung auf die relative Unverhältnismäßigkeit der vom Käufer gewählten Art der Nachlieferung statthaft ist (vgl. OLG Hamm, a. a. O., Rn. 34 m. w. N.). Zu vergleichen sind daher die voraussichtlichen Kosten der von der Beklagten angebotenen Nachbesserung auf der einen Seite mit denen der von der Klägerin geforderten Nachlieferung auf der anderen Seite. Bei der dafür vorzunehmenden Gesamtabwägung sind gem. § 439 Abs. 3 S. 2 BGB der Wert des Fahrzeugs in mangelfreiem Zustand, die Bedeutung des Mangels und die Frage zu berücksichtigen, ob auf die von der Beklagten angebotene Nachbesserung ohne erhebliche Nachteile für die Klägerin zurückgegriffen werden kann.

Die Bedeutung des Mangels ist für die Klägerin selbst gering, weil sie das Fahrzeug unstreitig weiterhin nutzt. Dass sich durch die von der Beklagten angebotene Mangelbeseitigung keine Nachteile hinsichtlich der Einhaltung von Grenzwerten und anderen Anforderungen an emissionsmindernde Einrichtungen, der ursprünglich vom Hersteller angegebenen Kraftstoffverbrauchwerte und CO2-Emissionen, der bisherigen Motorleistung, dem maximalen Drehmoment und der bisherigen Geräuschemissionswerte ergeben, hat das KBA in seiner Freigabebestätigung vom 01.06.2016 festgestellt. Soweit die Klägerin darüber hinaus ihre Unsicherheit, ob ihr Fahrzeug danach noch technisch sicher ist, einen merkantilen Minderwert und eine eingeschränkte Merkantilität geltend macht, kann sie damit nicht durchdringen..

Die bloße Möglichkeit oder Befürchtung, dass nach der (ersten) Nachbesserung Mängel verbleiben oder neue Mängel entstehen, hat der Gesetzgeber in § 440 S. 2 BGB ausdrücklich berücksichtigt. Danach gilt eine Nachbesserung jedenfalls grundsätzlich erst nach dem erfolglosen zweiten Versuch als fehlgeschlagen. Die Klägerin hat das von ihr beschriebene Risiko also zunächst hinzunehmen. Die Rechte aus § 437 BGB bleiben ihr für den Fall, dass die durchgeführte Nachbesserung fehlschlagen sollte, unbenommen.

Das Vorbringen der Klägerin zum Verbleib eines merkantilen Minderwertes bzw. einer eingeschränkten Merkantilität ist nicht hinreichend substantiiert. Der Kraftfahrzeugmarkt ist generell schon sehr transparent (wie z. B. durch die sog. Schwacke-Liste), die Preisentwicklung von gebrauchten Dieselfahrzeugen steht vor dem Hintergrund des sog. Abgasskandals zudem unter besonderer medialer Aufmerksamkeit (wie z. B. durch das „DAT Diesel-Barometer“), so dass es der Klägerin ohne Weiteres möglich wäre, etwaige Wertverschiebungen, die gerade auf die unzulässige Abschalteinrichtung zurückzuführen sind, darzulegen. Daran fehlt es hier aber.

Ferner ist entgegen der Ansicht der Klägerin weder die EG-Typgenehmigung für das streitgegenständliche Fahrzeug erloschen noch droht deren Entziehung. Nach § 19 Abs. 7 in Verbindung mit Abs. 2 StVZO erlischt die Betriebserlaubnis in Form der Wirksamkeit der EG-Typgenehmigung für das einzelne Fahrzeug zwar dann, wenn Änderungen vorgenommen werden, durch die das Abgas- oder Geräuschverhalten verschlechtert wird. Nach Auffassung der Kammer sind damit aber nur Veränderungen gemeint, die nach Abschluss des Produktionsprozesses vorgenommen werden. Hierfür spricht nicht nur der Wortlaut, sondern auch die historische Auslegung der Vorschrift. Der Gesetzgeber hat nämlich in der Bundesrats-Drucksache 629/93 zur 16. Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften, mit dem unter anderem § 19 Abs. 2 StVZO geändert wurde und ihre im Wesentlichen bis heute geltende Fassung erhielt, unmissverständlich ausgeführt, dass „die bisherigen EWG-Vorschriften keine Aussagen über Veränderungen an bereits zugelassenen Fahrzeugen treffen“ und daher „gegenwärtig der Schluss gezogen werden [kann], dass den EG-Mitgliedstaaten die Regelungen von Veränderungen an bereits im Verkehr befindlichen Fahrzeugen überlassen ist“.

Auch droht keine Entziehung der EG-Typgenehmigung insgesamt, weil das KBA in seinem Bescheid vom 15.10.2015 sein gem. § 25 Abs. 3 EG-FGV zustehendes Ermessen gerade nicht dahingehend ausgeübt hat, dass es eine Entziehung der EG-Typgenehmigung in die Wege geleitet hat. Die Behörde ist vielmehr nach § 25 Abs. 2 EG-FGV vorgegangen und hat Nebenbestimmungen zur bestehenden Typgenehmigung angeordnet. Doch selbst eine Entziehung der Typgenehmigung hätte erst dann die Folge der Nichtnutzbarkeit des klägerischen Fahrzeugs, wenn die zuständige Landesbehörde daraufhin wiederum von dem ihr gem. § 5 FZV zustehenden Ermessen Gebrauch machen würde, die Nutzung des Fahrzeugs dauerhaft zu untersagen, was eine Entziehung der Zulassung beinhalten würde.

Die Kosten der von ihr angebotenen Mangelbeseitigung hat die Beklagte unbestritten mit ca. 35,00 € (40 Zeiteinheiten, d. h. 24 Minuten Arbeitszeit x durchschnittlicher Lohnstundensatz im XXX-Service Markt Deutschland von 87,00 € netto = 34,80 €) beziffert sowie die Kosten einer Nachlieferung mit mindestens 5.139,98 € (34.266,50 € Nettokaufpreis - 29.125,52 € Wert des zurückgegebenen Fahrzeugs noch ohne Berücksichtigung der - nicht bekannten - Laufleistung). Danach übersteigen die Nachlieferungs- die Nachbesserungskosten um das 145(!)-fache, stellen sich mithin als evident unverhältnismäßig dar.

Nach alledem beschränkt sich der Nacherfüllungsanspruch der Klägerin von vornherein gem. § 439 Abs. 3 BGB auf die von der Beklagten angebotene Mangelbeseitigung.

2. Die Klägerin kann ihr Neulieferungsverlangen (Klageantrag zu 1.) auch nicht auf unerlaubte Handlung stützen, weil solche Schadensersatzansprüche gem. § 249 BGB auf den Ersatz des negativen Interesses gerichtet sind (vgl. Palandt-Sprau, BGB, 76. Aufl., vor § 823 Rn. 24), die Klägerin mit der begehrten Lieferung eines Neufahrzeugs aber das Erfüllungsinteresse beansprucht. Nur wenn feststeht, dass bei Unterbleiben der unerlaubten Handlung der Vertrag mit einem anderen Inhalt zustande gekommen wäre, kann der Geschädigte auch die Herstellung des Zustandes verlangen, der bei Abschluss dieses Vertrages gegeben wäre, im Ergebnis also das Erfüllungsinteresse verlangen (vgl. Palandt-Sprau, a. a. O.). Ohne die unzulässige Abschalteinrichtung hätten die Parteien aber gar keinen anderen, sondern denselben Vertrag geschlossen.

Aus unerlaubter Handlung ist jedoch auch nicht der auf das negative Interesse gerichtete Klageantrag zu 3. begründet, und zwar weder aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 263 StGB (a) bzw. i. V. m. §§ 6, 27 EG-FGV (b) noch aus § 826 BGB (c).

a) Voraussetzung für einen Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 263 StGB wäre zunächst eine Täuschung der Klägerin durch die Beklagte. Eine aktive Täuschungshandlung über die Kraftstoffverbrauchs- und Emissionswerte im normalen Straßenbetrieb scheidet schon deshalb aus, weil die Beklagte mit der Klägerin allenfalls die im NEFZ ermittelten Werte (s. o. I. 1. c) vereinbart hat. In Betracht kommt daher allein eine Täuschung durch Verschweigen der verwendeten unzulässigen Abschalteinrichtung und des damit verbundenen Verstoßes gegen Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007. Insoweit fehlt es aber an einer Garantenstellung der Beklagten i. S. von § 13 StGB.

§ 13 Abs. 1 StGB setzt voraus, dass der Täter als „Garant“ für die Abwendung des Erfolgs einzustehen hat. Diese Erfolgsabwendungspflicht beruht auf dem Grundgedanken, dass eine bestimmte Person in besonderer Weise zum Schutz des gefährdeten Rechtsguts aufgerufen ist und dass alle übrigen Beteiligten auf das helfende Eingreifen dieser Person vertrauen und vertrauen dürfen (vgl. OLG Bamberg, Beschluss vom 08.03.2013 - 3 Ws 4/12, juris Rn. 18). Der Täter muss rechtlich verpflichtet sein, den deliktischen Erfolg abzuwenden. Eine sittliche Pflicht oder die bloße Möglichkeit, den Erfolg zu verhindern, genügen nicht (vgl. BGH, Urteil vom 02.12.2014 - VI ZR 501/13, juris Rn. 13). Soweit es - wie hier - um Aufklärungspflichten im Zusammenhang mit einem Kaufvertrag geht, wird eine solche Aufklärungspflicht beim Verkäufer erst dann gesehen, wenn es um wertbildende Faktoren der Kaufsache von ganz besonderem Gewicht geht (vgl. BayObLG, Beschluss vom 09.12.1993 - 3 St RR 127/93 -, juris Rn. 24 f.).

Eine Aufklärungspflicht der Beklagten in diesem Sinne würde allenfalls bestehen, wenn infolge der Verwendung der unzulässigen Abschalteinrichtung die EG-Typgenehmigung für das klägerische Fahrzeug erloschen wäre. Das ist aber, wie oben ausgeführt (s. o. I. 1. e), nicht der Fall. Dass die Verwendung der zwar unzulässigen, jedoch allein durch ein vom KBA freigegebenes Software-Update zu beseitigende Abschalteinrichtung auf andere Weise einen wertbildenden Faktor darstellt, dem der Markt ein ganz besonderes Gewicht beimisst, ist weder mit Substanz vorgetragen noch ersichtlich. Wie ebenfalls bereits ausgeführt (s. o. I. 1. e), ist das klägerische Vorbringen zur Wertminderung nicht hinreichend vereinzelt.

Eine Garantenpflicht der Beklagten zugunsten der Klägerin ergibt sich auch nicht aus pflichtwidrigem Vorverhalten (Ingerenz). Die Verwendung der unzulässigen Abschalteinrichtung stellt zwar ein pflichtwidriges Vorverhalten dar. Eine Pflichtwidrigkeit löst im Einzelfall aber nur dann eine Garantenpflicht aus, wenn die verletzte Norm gerade dem Schutz des fraglichen Rechtsgutes zu dienen bestimmt ist (vgl. Schönke/Schröder-Stree/Bosch, StGB, 28. Aufl., § 13 Rn. 35a m. w. N.). Den Erwägungsgründen 1 bis 6 und 27 der verletzten Verordnung (EG) Nr. 715/2007 ist zu entnehmen, dass diese nicht dem Schutz individueller Vermögensinteressen dient, sondern der Weiterentwicklung des Binnenmarkts durch Harmonisierung der technischen Vorschriften über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich ihrer Emissionen, insbesondere mit dem Ziel der erheblichen Minderung der Stickstoffoxidemissionen bei Dieselfahrzeugen zur Verbesserung der Luftqualität und zur Einhaltung der Luftverschmutzungsgrenzwerte. Der von der Klägerin geltend gemachte Vermögensschaden fällt daher nicht in den Schutzbereich dieser Norm.

b) Entsprechendes gilt für § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. §§ 6, 27 EG-FGV. Denn unabhängig davon, ob die Beklagte diese Vorschriften verletzt hat, fehlt ihnen der von § 823 Abs. 2 BGB vorausgesetzte Schutzgesetzcharakter. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine Norm als Schutzgesetz anzusehen, wenn sie nach Zweck und Inhalt zumindest auch dazu dienen soll, den Einzelnen oder einzelne Personenkreise gegen die Verletzung eines bestimmten Rechtsguts zu schützen. Dafür kommt es nicht auf die Wirkung, sondern auf Inhalt und Zweck des Gesetzes sowie darauf an, ob der Gesetzgeber bei Erlass des Gesetzes gerade einen Rechtsschutz, wie er wegen der behaupteten Verletzung in Anspruch genommen wird, zu Gunsten von Einzelpersonen oder bestimmten Personenkreisen gewollt oder doch mit gewollt hat. Bei Vorschriften, die - wie hier die §§ 6, 27 EG-FGV - Richtlinien umsetzen, kommt es nach der gebotenen richtlinienkonformen Auslegung insoweit maßgeblich auf den Inhalt und Zweck der Richtlinie - hier der Richtlinie 2007/46/EG - an (vgl. BGH, EuGH-Vorlage vom 09.04.2015, VII ZR 36/14, juris, Rn. 20, 23).

Den Erwägungsgründen 2, 4 und 23 zufolge bezweckt die Richtlinie 2007/46/EG die Vollendung des Binnenmarkts und dessen ordnungsgemäßes Funktionieren. Darüber hinaus sollen die technischen Anforderungen in Rechtsakten harmonisiert und spezifiziert werden, wobei die Rechtsakte vor allem auf eine hohe Verkehrssicherheit, hohen Gesundheits- und Umweltschutz, rationelle Energienutzung und wirksamen Schutz gegen unbefugte Benutzung abzielen (Erwägungsgrund 2 der Richtlinie). Weder an diesen Stellen noch unter den anderen Erwägungsgründen der Richtlinie lässt sich demgegenüber ein Hinweis dafür finden, dass der Richtliniengeber darüber hinaus den Schutz des einzelnen Fahrzeugerwerbers bzw. -besitzers gegen Vermögensbeeinträchtigungen im Blick hatte.

Auch der nationale Gesetzgeber hat in der Begründung zur EG-FGV in Übereinstimmung damit ausführt, dass die Richtlinie dem Abbau von Handelshemmnissen und der Verwirklichung des Binnenmarktes der Gemeinschaft dienen und die EG-FGV darüber hinaus zur Rechtsvereinfachung und zum Bürokratieabbau beitragen soll (vgl. Seite 36 der BR-Drucks. 190/09).

c) Die Beklagte haftet der Klägerin schließlich auch nicht § 826 BGB.

Allein der Verstoß gegen die Verordnung (EG) Nr. 715/2007 reicht für eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung i. S. von § 826 BGB nicht aus. Der Bundesgerichtshof hat vielmehr schon 1985 entschieden (Urteil vom 11.11.1985 - II ZR 109/84 -, juris Rn. 15 m. w. N.), dass für Ansprüche aus unerlaubter Handlung allgemein gilt, dass die Ersatzpflicht auf solche Schäden begrenzt ist, die in den Schutzbereich des verletzten Ge- oder Verbots fallen und dass auf eine derartige Eingrenzung der Haftung, um das Haftungsrisiko in angemessenen und zumutbaren Grenzen zu halten, auch im Rahmen des § 826 BGB nicht verzichtet werden kann. Wie bereits ausgeführt (s. o. I. 2. c), dient die EG-Verordnung aber nicht dem Schutz individueller Vermögensinteressen.

Damit verbleibt auch insoweit allenfalls eine Täuschung durch Verschweigen der unzulässigen Abschalteinrichtung. Das Verschweigen eines Umstandes rechtfertigt aber nicht ohne Weiteres den Vorwurf eines Sittenverstoßes, sondern nur dann, wenn eine Seite der anderen zu entsprechender Offenbarung verpflichtet ist. Eine Offenbarungspflicht entsteht, wenn die andere Seite nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte eine Mitteilung erwarten durfte. Auch innerhalb einer vertraglichen Beziehung darf der Vertragspartner nach Treu und Glauben nicht eine vollumfängliche Information über alle Belange des Geschäftes erwarten. Es besteht keine allgemeine Offenbarungspflicht, weil im Vertragsrecht zunächst jedes Privatrechtssubjekt für die Verteidigung seiner Interessen selbst verantwortlich ist. Das gilt insbesondere für den Kaufvertrag, der von gegensätzlichen Interessen geprägt ist: Jeder möchte möglichst viel für sich selbst rausholen. Die Grenze des nach der Verkehrsauffassung Hinnehmbaren ist auch im Rahmen von § 826 BGB erst dann überschritten, wenn es um erhebliche wertbildende Umstände beim Kaufvertragsabschluss geht (vgl. Palandt-Sprau, BGB, 76. Aufl., § 826 Rn. 20 m. w. N.). Wie bereits im Zusammenhang mit der Garantenstellung ausgeführt (s. o. I. 2. a), trifft das auf die Verwendung der unzulässigen Abschalteinrichtung nicht zu.

3. Der auf Nachbesserung gerichtete Hilfsantrag ist bereits unzulässig, weil er entgegen § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO nicht hinreichend bestimmt ist. Aus der Klagebegründung ergibt sich, dass die Klägerin die von der Beklagten bereits angebotene Mangelbeseitigung nicht als solche ansieht; dann hätte sie aber angeben müssen, welche Art der Nachbesserung sie stattdessen begehrt.

4. Der auf Rückabwicklung nach - vorbehaltenem - Rücktritt vom Vertrag gerichtete Hilfsantrag ist deshalb unzulässig, weil er an die außerprozessuale Bedingung einer Rücktrittserklärung der Klägerin selbst geknüpft ist. Das OLG Hamm, auf dessen Urteil vom 22.07.2010 - 2 U 242/09 - sich die Klägerin beruft, hat zwar entschieden, dass es keinen Bedenken begegnet, wenn der Kläger im Verlauf des Prozesses den Rücktritt für den Fall erklärt (juris Rn. 33), dass er mit seinem Nachlieferungsbegehren nicht durchdringt. Im vorliegenden Fall hat die Klägerin jedoch den Rücktritt nicht erklärt, sondern ihn sich nur vorbehalten und für diesen Fall den Hilfsantrag auf Kaufpreisrückzahlung gestellt. Das ist nicht zulässig.

II.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 ZPO.

III.

Die im Beschlusswege erfolgte Streitwertfestsetzung hat ihre Grundlage in § 48 GKG, § 3 ZPO.