Landgericht Braunschweig
Urt. v. 29.11.2017, Az.: 3 O 299/17
Abgasskandal; Minderung; Schadensersatz
Bibliographie
- Gericht
- LG Braunschweig
- Datum
- 29.11.2017
- Aktenzeichen
- 3 O 299/17
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2017, 53769
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 323 BGB
- § 434 BGB
- § 437 Nr 2 BGB
- § 441 BGB
- § 823 Abs 2 BGB
- § 826 BGB
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
1. Aus den bindenden Feststellungen des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) im bestandskräftigen Rückrufbescheid vom 15.10.2015 und der sich darauf beziehenden Freigabebestätigung des KBA ergibt sich für die zivilrechtliche Würdigung, dass es sich bei der in den betreffenden Fahrzeugen verwendeten, zu beseitigenden unzulässigen Abschalteinrichtung i. S. von Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 um einen Sachmangel i. S. von § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB handelt und dass die vom KBA freigegebene technische Überarbeitung durch ein Software-Update und den Einbau eines Strömungsgleichrichters geeignet ist, diesen Mangel gem. § 439 Abs. 1, 1. Alt. BGB zu beseitigen, die Nachbesserung mithin möglich ist.
2. Eine Minderung des Kaufpreises wegen des sog. Abgasskandals setzt auch beim Direkterwerb
vom Fahrzeughersteller voraus, dass diesem zuvor gem. § 323 Abs. 1 BGB erfolglos eine angemessene Frist zur Nacherfüllung gesetzt worden ist. Eine Fristsetzung zur Nacherfüllung ist in diesen Fällen weder nach §§ 326 Abs. 5, § 275 Abs. 1 BGB noch nach § 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB oder § 440 S. 1 3. Alt. i. V. m. § 441 Abs. 1 BGB entbehrlich.
3. Dem Käufer eines beim Fahrzeughersteller direkt gekauften, vom sog Abgasskandal betroffenen Pkws steht gegen den Fahrzeughersteller kein Schadensersatzanspruch zu.
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Streitwert:
bis zum 27.07.2017: Wertstufe bis 6.000,00 €
seit dem 28.07.2017: Wertstufe bis 7.000,00 €
Tatbestand:
Die Klägerin verlangt von der Beklagten im Zusammenhang mit dem sog. Abgasskandal Minderung des Kaufpreises ihres bei der Beklagten gekauften Autos sowie die Feststellung der Verpflichtung zum Ersatz darüber hinausgehender Schäden.
Die Klägerin kaufte am 23.12.2010 über das xxx, das für die Beklagte handelte, einen neuen Pkw xxx mit xxx zum rabattierten Kaufpreis von 26.350,02 € (Anlage K 1), der ihr am 14.04.2011 übergeben wurde.
Das streitgegenständliche Fahrzeug ist mit einem Dieselmotor der Baureihe xxx ausgestattet. Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) kam mit - nicht angefochtenem - Bescheid vom 15.10.2015 - xxx - (Anlage B 7) zu dem Ergebnis, dass diese Motoren mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung i. S. von Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. xxx ausgerüstet seien, und ordnete als nachträgliche Nebenbestimmungen für die jeweils erteilten Typgenehmigungen gem. § 25 Abs. 2 EG-FGV an, dass die Beklagte zur Vermeidung des Widerrufs oder der Rücknahme der Typgenehmigungen verpflichtet ist, die unzulässigen Abschalteinrichtungen zu entfernen sowie geeignete Maßnahmen zur Wiederherstellung der Vorschriftsmäßigkeit zu ergreifen, was durch Beibringen geeigneter Nachweise zu belegen ist.
Vor diesem Hintergrund forderte die Klägerin die Beklagte mit Anwaltsschreiben vom 13.12.2016 (Anlage K 2) auf, ihre Verpflichtung zum Ersatz von Schäden, die aus der Manipulation der Software am streitgegenständlichen Pkw resultierten, sowie ein Minderungsrecht ihrerseits anzuerkennen. Mit Antwortschreiben vom 17.01.2017 (Anlage K 2a) wies die Beklagte darauf hin, dass die technischen Maßnahmen für die betroffenen Motoren derzeit umgesetzt würden und dass die Maßnahme für das klägerische Fahrzeug inzwischen zur Verfügung stehe, bat die Klägerin, einen Termin zur Umsetzung bei einem Volkswagen Partner ihrer Wahl zu vereinbaren, und um ihr Verständnis, dass sie ihrem Anliegen nicht entsprechen könne. Die Klägerin hat ihren Golf, den sie weiterhin ohne Einschränkungen nutzt, bislang nicht umrüsten lassen.
Mit Schreiben vom 14.12.2016 (Anlage B 1) bestätigte das KBA unter Bezugnahme auf seinen Bescheid xxx vom 15.10.2015 (bei der Datumsangabe 14.10.2015 handelt es sich um einen offenbaren Übertragungsfehler), dass für die betroffenen Fahrzeugtypen aus xxx (Verkaufsbezeichnungen: u. a. xxx), der geforderte Nachweis inzwischen geführt worden und dass die von der Beklagten vorgestellte Änderung der Applikationsdaten geeignet sei, die Vorschriftsmäßigkeit der genannten Fahrzeuge herzustellen.
Die Klägerin behauptet, das streitgegenständliche Fahrzeug habe infolge der Manipulation durch die Beklagte eine Wertminderung um mindestens 25 % erfahren, die sie mit ihrer am 28.07.2017 bei Gericht eingegangenen Replik vom 26.07.2017 beziffert hat. Des Weiteren verlangt sie die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zum Ersatz darüber hinausgehender Schäden.
Die Klägerin hat zuletzt beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, ihr einen Betrag bezüglich des Fahrzeugs xxx, FIN: xxx, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, jedoch mindestens 6.587,51 € betragen muss, zu bezahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit;
2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr weiteren Schadensersatz, der über den Minderungsbetrag hinausgeht, zu bezahlen für Schäden, die aus der Manipulation des Fahrzeugs xxx, FIN: xxx, durch die Beklagte resultieren;
3. die Beklagte zu verurteilen, sie von den durch die Beauftragung ihrer Prozessbevollmächtigten entstandenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von jeweils 866,32 € freizustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte meint, es liege schon kein Sachmangel vor. Jedenfalls fehle es seitens der Klägerin aber an einer Fristsetzung zur Nacherfüllung, welche hier auch nicht entbehrlich sei. Des Weiteren bestreitet sie, die Klägerin getäuscht und geschädigt zu haben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.
Entscheidungsgründe
I.
Die - nach Umstellung der Klageanträge mit der Replik vom 26.07.2017 - zulässige Klage ist unbegründet.
Der Klägerin steht gegen die Beklagte weder ein Minderungsrecht (1.) noch ein Schadensersatzanspruch zu (2.). Mangels Begründetheit der Hauptforderungen zu 1. und 2. konnte auch der Klageantrag zu 3. keinen Erfolg haben.
1. Soweit die Klägerin konkludent mit ihrer Klageschrift vom 02.02.2017 und noch einmal ausdrücklich mit ihrer Replik vom 26.07.2017 die Minderung des Kaufpreises i. S. von §§ 434 Abs. 1, 437 Nr. 2, 441 BGB erklärt hat, war das streitgegenständliche Fahrzeug zwar bei Gefahrübergang mit einem Sachmangel behaftet, weil es mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung i. S. von Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 ausgerüstet war, die aufgrund des Bescheides des KBA vom 15.10.2015 zu beseitigen ist, womit der Klägerin die Gewährleistungsrechte aus § 437 BGB eröffnet sind (a). Doch ist die Minderungserklärung nicht wirksam geworden, weil die Klägerin der Beklagten zuvor entgegen § 441 Abs. 1 S. 1, 323 Abs. 1 BGB keine angemessene Frist zur Nacherfüllung gesetzt hat und eine solche Fristsetzung auch nicht entbehrlich war (b).
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH NJW-RR 2007, 398, 399 [BGH 21.09.2006 - IX ZR 89/05] m. w. N.), der die Kammer folgt, sind Verwaltungsakte in den Grenzen ihrer Bestandskraft für andere Gerichte und Behörden bindend. Gerichte haben Verwaltungsakte deshalb, auch wenn sie fehlerhaft sein sollten, grundsätzlich zu beachten, solange sie nicht durch die zuständige Behörde oder durch ein zuständiges Gericht aufgehoben worden sind. Sie haben die durch den Verwaltungsakt getroffene Regelung oder Feststellung unbesehen, d. h. ohne eigene Nachprüfung der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes, zu Grunde zu legen. Durch den bestandskräftigen Rückrufbescheid des KBA vom 15.10.2015 und dessen Freigabebestätigung vom 14.12.2016 ist in diesem Sinne bindend festgestellt bzw. geregelt,
dass es sich bei der in den betreffenden Fahrzeugen verwendeten Software um eine unzulässige Abschalteinrichtung i. S. von Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. xxx handelt;
dass die Beklagte zur Vermeidung des Widerrufs oder der Rücknahme der Typgenehmigungen verpflichtet ist, diese unzulässigen Abschalteinrichtungen zu entfernen und geeignete Maßnahmen zur Wiederherstellung der Vorschriftsmäßigkeit zu ergreifen, was durch Beibringen geeigneter Nachweise zu belegen ist;
dass für die betroffenen Fahrzeuge dieser Nachweis inzwischen geführt wurde und dass die von der Beklagten vorgestellte Änderung der Applikationsdaten geeignet ist, die Vorschriftsmäßigkeit der genannten Fahrzeuge herzustellen;
dass das KBA dabei folgende Sachverhalte mit folgenden Ergebnissen überprüft hat: keine unzulässigen Abschalteinrichtungen mehr, vorhandene Abschalteinrichtungen zulässig, Grenzwerte und andere Anforderungen an emissionsmindernde Einrichtungen eingehalten, ursprünglich vom Hersteller angegebene Kraftstoffverbrauchwerte und CO2-Emissionen in Prüfungen durch einen Technischen Dienst bestätigt, bisherige Motorleistung und maximales Drehmoment unverändert sowie bisherige Geräuschemissionswerte unverändert.
Aus diesen Feststellungen und Regelungen ergibt sich für die zivilrechtliche Würdigung, dass
es sich bei der unzulässigen, zu beseitigenden Abschalteinrichtung um einen Sachmangel i. S. von § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB handelt und dass
die vom KBA freigegebene technische Überarbeitung durch Software-Update und Einbau eines Strömungsgleichrichters geeignet ist, diesen Mangel gem. § 439 Abs. 1, 1. Alt. BGB zu beseitigen, die Nachbesserung mithin möglich ist (so im Ergebnis auch OLG Hamm, Beschluss vom 21.06.2016 - 28 W 14/16 -, juris Rn. 37).
b) § 323 Abs. 1 BGB, der gem. § 441 Abs. 1 BGB („Statt zurückzutreten“) auch für die Minderung gilt, bestimmt, dass der Gläubiger dem Schuldner vor Erklärung der Minderung erfolglos eine angemessene Frist zur Nacherfüllung gesetzt haben muss. Eine solche Frist hat die Klägerin der Beklagten nicht gesetzt. Mit ihrem vorprozessualen Anwaltsschreiben vom 13.12.2016 hat die Klägerin der Beklagten lediglich eine Frist zum Anerkenntnis einer Schadensersatzverpflichtung und eines Minderungsrechts gesetzt. Eine Fristsetzung nach § 323 Abs. 1 BGB war entgegen der Ansicht der Klägerin auch nicht entbehrlich, weil keiner der hier in Betracht kommenden Ausnahmetatbestände erfüllt ist:
aa) Die §§ 326 Abs. 5, 275 Abs. 1 BGB berechtigen i. V. m. § 441 Abs.1 BGB zur Minderungserklärung ohne vorherige Fristsetzung, wenn die Nacherfüllung unmöglich ist. Das ist vorliegend nicht der Fall, weil durch die Freigabebestätigung des KBA vom 14.12.2016 festgestellt ist, dass der in der Verwendung der unzulässigen Abschalteinrichtung bestehende Mangel durch die von der Beklagten vorgestellte technische Maßnahme behoben wird und dass dadurch auch keine Nachteile für Grenzwerte und andere Anforderungen an emissionsmindernde Einrichtungen, ursprünglich vom Hersteller angegebene Kraftstoffverbrauchwerte und CO2-Emissionen, bisherige Motorleistung und maximales Drehmoment sowie bisherige Geräuschemissionswerte verbleiben. Diese Freigabebestätigung sowie die Information der Klägerin durch Schreiben der Beklagten vom 17.01.2017, dass die technische Maßnahme für ihr Fahrzeug inzwischen zur Verfügung stehe und sie einen Termin zur Umsetzung bei einem Volkswagen Partner ihrer Wahl vereinbaren möge, lagen zum Zeitpunkt der - konkludenten - Rücktrittserklärung mit der Klageschrift vom 02.02.2017 auch schon vor.
Soweit die Klägerin den Verbleib eines merkantilen Minderwertes behauptet, ist ihr Vorbringen gegenüber dem qualifizierten Bestreiten der Beklagten nicht hinreichend substantiiert. Für den Fall eines sog. Unfallwagens ist anerkannt, dass der Charakter des Fahrzeugs als Unfallwagen und ein damit verbundener merkantiler Minderwert als Mangel auch nach einer technischen Reparatur verbleibt (vgl. BGH, Urteil vom 10.10.2007 - VIII ZR 330/06 -, juris Rn. 23). Hintergrund dieser Rechtsprechung ist die am Gebrauchtwagenmarkt gewonnene Erfahrung, dass trotz völliger und ordnungsgemäßer Instandsetzung eines Fahrzeugs bei einem großen Teil der Kaufinteressenten, vor allem wegen des Verdachts verborgen gebliebener Schäden, eine den Preis beeinflussende Abneigung gegen den Erwerb unfallbeschädigter Fahrzeuge besteht (so schon BGH, Urteil vom 29.04.1958 - VI ZR 82/57 -, juris Rn. 4). Diese Rechtsprechung ist jedoch auf die vorliegende Fallkonstellation nicht übertragbar, weil es im Zusammenhang mit dem Abgasskandal an einer vergleichbaren am Markt gewonnenen Erfahrung fehlt.
Die Klägerin hätte deshalb einen Preisverfall, der gerade auf die unzulässige Abschalteinrichtung zurückzuführen ist, konkret darlegen müssen. Das wäre ihr, wenn es eine solche Wertverschiebung denn gäbe, auch ohne Weiteres möglich gewesen, weil der Kraftfahrzeugmarkt generell schon sehr transparent ist (wie z. B. durch die sog. Schwacke-Liste) und die Preisentwicklung von gebrauchten Dieselfahrzeugen zudem unter besonderer medialer Aufmerksamkeit (wie z. B. durch das „DAT Diesel-Barometer“) steht. Ohne solche Anknüpfungstatsachen würde aber die dazu angebotene Einholung eines Sachverständigengutachtens auf einen im Zivilprozess nicht zulässigen Ausforschungsbeweis hinauslaufen.
bb) Nach § 323 Abs. 2 Nr. 3 i. V. m. § 441 Abs. 1 BGB ist eine Fristsetzung entbehrlich, wenn im Falle einer nicht vertragsgemäß erbrachten Leistung besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen eine sofortige Minderungserklärung rechtfertigen. Das kommt hier unter zwei Gesichtspunkten in Betracht, nämlich dem des arglistigen Verschweigens des Mangels und dem der Befürchtung, dass das Software-Update nebst Einbau eines Strömungsleichrichters entweder nicht erfolgreich sein oder zu Folgemängeln führen könnte. Beide Gesichtspunkte dringen im Ergebnis aber nicht durch.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Beschluss vom 08.12.2006 - V ZR 249/05 -, juris m. w. N.) ist der Käufer im Regelfall berechtigt, gem. § 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB sofort vom Kaufvertrag zurückzutreten, wenn der Verkäufer dem Käufer einen Mangel bei Abschluss des Kaufvertrages arglistig verschwiegen hat, was gem. § 441 Abs. 1 BGB für die Minderung entsprechend gilt. Soweit hier ein arglistiges Verschweigen der unzulässigen Abschalteinrichtung und des damit verbundenen Verstoßes gegen Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 in Betracht kommt, gebietet § 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB gleichwohl eine Abwägung der beiderseitigen Interessen, weshalb auch der BGH ausdrücklich nur von einem „Regelfall“ spricht. Hinter diesem Regelfall steht die Erwägung, dass eine arglistige Täuschung die für die Nacherfüllung erforderliche Vertrauensgrundlage in der Regel beschädigt. Der Käufer hat dann ein berechtigtes Interesse daran, von einer weiteren Zusammenarbeit mit dem Verkäufer Abstand zu nehmen, um sich vor eventuellen weiteren Täuschungsverboten zu schützen (vgl. BGH, a. a. O., Rn. 13). Demgegenüber handelt es sich bei der vorliegenden Konstellation insofern um einen Sonderfall, als die von der Beklagten angebotene Nachbesserung in Abstimmung mit dem KBA, d. h. der dafür zuständigen, unabhängigen Bundesbehörde und damit unter staatlicher Aufsicht erfolgt. Die Befürchtung vor einem neuerlichen Täuschungsversuch ist vor diesem Hintergrund von vornherein unbegründet.
Die bloße Möglichkeit oder Befürchtung, dass nach der (ersten) Nachbesserung Mängel verbleiben oder neue Mängel entstehen, begründet nicht die Entbehrlichkeit einer Fristsetzung zur Mangelbeseitigung. Diese Möglichkeit hat der Gesetzgeber vielmehr in § 440 S. 2 BGB ausdrücklich berücksichtigt. Danach gilt eine Nachbesserung jedenfalls grundsätzlich erst nach dem erfolglosen zweiten Versuch als fehlgeschlagen. Die Klägerin hat das von ihr beschriebene Risiko also zunächst hinzunehmen. Die Rechte aus § 437 Nr. 2 BGB bleiben ihr für den Fall, dass die durchgeführte Nachbesserung fehlschlagen sollte, unbenommen.
Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang insbesondere auf eine mögliche Lebenszeitverkürzung von Motorbauteilen verweist, kommt hinzu, dass die Beklagte bei Abschluss des Kaufvertrages gar keine Zusagen betreffend die Lebensdauer von Motorbauteilen gemacht hat, die darüber hinausgehen, dass auftretende Mängel innerhalb der gesetzlichen Gewährleistung beseitigt werden. Der Nacherfüllungsanspruch des Käufers kann aber nicht weiter reichen als der ursprüngliche Erfüllungsanspruch.
cc) Der in § 440 S. 1 3. Alt. BGB geregelte Ausnahmetatbestand der Entbehrlichkeit einer Fristsetzung, wenn die dem Käufer zustehende Art der Nacherfüllung diesem unzumutbar ist, setzt schon begrifflich voraus, dass die Nacherfüllung als solche möglich ist. Daraus und aus der verwendeten Formulierung „außer in den Fällen des … § 323 Abs. 2 bedarf es der Fristsetzung auch dann nicht“ ergibt sich, dass es sich um eine Spezialregelung für Fälle handelt, die nicht schon von den §§ 326 Abs. 5 und 323 Abs. 2 BGB erfasst werden. Unter welchem Gesichtspunkt danach § 440 S. 1 3. Alt. BGB hier noch einschlägig sein sollte, ist nicht ersichtlich.
2. Ein Schadensersatzanspruch steht der Klägerin gegen die Beklagte weder aus §§ 434 Abs. 1, 437 Nr. 3, 280 Abs. 3, 281 BGB (a) bzw. § 283 BGB (b) noch aus Prospekthaftung (c) oder aus § 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB (d) bzw. § 443 BGB (e), aber auch nicht aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 263 StGB (f), i. V. m. §§ 6, 27 EG-FGV (g), i. V. m. § 16 UWG (h) bzw. § 4 Nr. 11 UWG a. F. (i) oder § 826 BGB (j) und § 831 BGB (k) zu.
a) Ein Schadensersatzanspruch aus § 281 BGB setzt ebenfalls den erfolglosen Ablauf einer angemessenen Frist zur Nacherfüllung voraus, und der in § 281 Abs. 2 BGB geregelte Ausnahmetatbestand entspricht dem des § 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB, weshalb auf die entsprechenden Ausführungen (siehe oben I. 1. b bb) verwiesen wird.
b) Für einen Schadensersatzanspruch aus § 283 BGB fehlt es wiederum an einer Unmöglichkeit der Nacherfüllung (siehe oben I. 1. b aa).
c) Für die von der Rechtsprechung für den nicht gesetzlich regulierten und organisierten sog. Grauen Kapitalmarkt entwickelten Grundsätze der Prospekthaftung ist beim Autokauf neben dem Gewährleistungsecht, das ohnehin schon durch § 434 Abs. 1 S. 3 BGB Prospektangaben zur Beschaffenheit zählt, kein Raum. Die Prospekthaftung geht davon aus, dass der Emissionsprospekt in der Regel die einzige Informationsquelle des Anlegers ist. Nur unter der Voraussetzung, dass die durch den Prospekt vermittelte Information vollständig und richtig ist, kann der Kunde die ihm angebotene Kapitalanlage objektiv beurteilen und sein Anlagerisiko, das ihm ohnehin verbleibt, richtig einschätzen. Anders als bei Kapitalanlagen steht für die Entscheidung über den Erwerb eines bestimmten Fahrzeugs eine Vielzahl verschiedener Informationsquellen zur Verfügung. Der Kaufinteressent kann sich etwa in diversen Autotest- und Fachzeitschriften sowie im Internet über das jeweilige Fahrzeug informieren und ein ihn interessierendes Fahrzeug anschauen und sogar probefahren (vgl. Urteil der Kammer vom 31.08.2017 - 3 O 21/17 -, juris Rn. 56).
d) Eine Haftung wegen Verschuldens bei Vertragsschluss (§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB) kann die Klägerin auf die EG-Übereinstimmungsbescheinigung (Anlage R 24a) bereits deshalb nicht stützen, weil sich die Übereinstimmungsbescheinigung schon aus zeitlichen Gründen nicht auf die Vertragsanbahnung ausgewirkt haben kann. Die betreffende Bescheinigung ist von der Beklagten erst am 31.03.2011, d. h. über drei Monate nach Vertragsschluss am 23.12.2010 ausgestellt und erst am 14.04.2011 mit dem Fahrzeug an die Klägerin übergeben worden.
e) Entgegen der Auffassung der Klägerin ist durch die Entgegennahme der EG-Übereinstimmungsbescheinigung auch keine selbständige Garantie i. S. von § 443 BGB zustande gekommen, weil der Übereinstimmungsbescheinigung weder ihrem Wortlaut noch ihrem Zweck nach ein solcher Erklärungs- und Rechtsbindungswillen beigemessen werden kann.
Ihrem Wortlaut nach wird in der EG-Übereinstimmungsbescheinigung vom 31.03.2011, die nicht einmal an die Klägerin adressiert ist, sondern gem. § 6 Abs. 1 S. 1 EG-FGV lediglich dem Fahrzeug beizufügen ist, nur „bestätigt“, dass der streitgegenständliche xxx Plus mit dem in der Genehmigung beschriebenen Typ übereinstimmt. Der Zweck der Übereinstimmungsbescheinigung besteht in der Vereinfachung und Formalisierung des Zulassungsverfahrens: Die Zulassungsbehörden sollen allein aufgrund der vorgelegten Übereinstimmungsbescheinigung das jeweilige Fahrzeug zulassen (§ 6 Abs. 3 S. 1 FZV), d. h. ohne die vom KBA im Genehmigungsverfahren geprüften materiellen Anforderungen erneut prüfen zu müssen. Die Übereinstimmungsbescheinigung dient also allein dazu, die problemlose Zulassung des jeweiligen Fahrzeugs zu gewährleisten.
Vor diesem Hintergrund bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass sich die Beklagte mit der Ausstellung der Übereinstimmungsbescheinigung im Sinne einer selbständigen Garantie zu einer über die gesetzliche Mängelgewährleistung hinausgehenden Haftung verpflichten wollte (vgl. Urteil der Kammer vom 31.08.2017, a. a. O., Rn. 37 ff., 51, 176).
f) Voraussetzung für einen Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 263 StGB wäre zunächst eine Täuschung der Klägerin. Hinreichend dargetan hat die Klägerin allein eine Täuschung hinsichtlich der verwendeten unzulässigen Abschalteinrichtung. Insoweit ist aber keine aktive Täuschungshandlung der Beklagten ersichtlich, sondern allenfalls eine Täuschung durch Unterlassen der Aufklärung über die unzulässige Abschalteinrichtung.
Eine solche Täuschung durch Unterlassen setzt aber eine Garantenstellung gem. § 13 Abs. 1 StGB voraus, d. h. dass der Täter als „Garant“ für die Abwendung des Erfolgs einzustehen hat. Soweit es um Aufklärungspflichten im Zusammenhang mit einem Kaufvertrag geht, wird eine solche Aufklärungspflicht beim Verkäufer, mit dem immerhin ein Vertragsverhältnis besteht, erst dann gesehen, wenn es um wertbildende Faktoren der Kaufsache von ganz besonderem Gewicht geht (vgl. BayObLG, Beschluss vom 09.12.1993 - 3 St RR 127/93 -, juris Rn. 24 f.).
Eine solche Aufklärungspflicht würde in der Tat dann bestehen, wenn, wie die Klägerin meint, infolge der Verwendung der unzulässigen Abschalteinrichtung die EG-Typgenehmigung für das streitgegenständliche Fahrzeug erloschen wäre oder deren Entziehung drohe würde. Das ist aber nicht der Fall. Nach § 19 Abs. 7 in Verbindung mit Abs. 2 StVZO erlischt die Betriebserlaubnis - in Form der Wirksamkeit der EG-Typgenehmigung für das einzelne Fahrzeug - zwar dann, wenn Änderungen vorgenommen werden, durch die das Abgas- oder Geräuschverhalten verschlechtert wird. Nach Auffassung der Kammer sind damit aber nur Veränderungen am Fahrzeug gemeint, die nach Abschluss des Produktionsprozesses vorgenommen werden. Hierfür spricht nicht nur der Wortlaut, sondern auch die historische Auslegung der Vorschrift. Der Gesetzgeber hat nämlich in der Bundesrats-Drucksache 629/93 zur 16. Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften, mit dem unter anderem § 19 Abs. 2 StVZO geändert wurde und ihre im Wesentlichen bis heute geltende Fassung erhielt, ausgeführt, dass „die bisherigen EWG-Vorschriften keine Aussagen über Veränderungen an bereits zugelassenen Fahrzeugen treffen“ und daher „gegenwärtig der Schluss gezogen werden [kann], dass den EG-Mitgliedstaaten die Regelungen von Veränderungen an bereits im Verkehr befindlichen Fahrzeugen überlassen ist“ (vgl. Urteil der Kammer vom 31.08.2017, a. a O., Rn. 117 ff., 137 ff.).
Auch droht keine Entziehung der Gesamtfahrzeug-Typgenehmigung, weil das KBA in seinem Bescheid vom 15.10.2015 sein gem. § 25 Abs. 3 EG-FGV zustehendes Ermessen gerade nicht dahingehend ausgeübt hat, dass es eine Entziehung der EG-Typgenehmigung in die Wege geleitet hat. Die Behörde ist vielmehr nach § 25 Abs. 2 EG-FGV vorgegangen und hat Nebenbestimmungen zur bestehenden Typgenehmigung angeordnet. Doch selbst eine Entziehung der Typgenehmigung hätte erst dann die Folge der Nichtnutzbarkeit des klägerischen Fahrzeugs, wenn die zuständige Landesbehörde daraufhin wiederum von dem ihr gem. § 5 FZV zustehenden Ermessen Gebrauch machen würde, die Nutzung des Fahrzeugs dauerhaft zu untersagen, was eine Entziehung der Zulassung beinhalten würde.
Dass aber die Verwendung der zwar unzulässigen, aber allein durch ein vom KBA freigegebenes Software-Update nebst Einbau eines Strömungsgleichrichters zu beseitigende Abschalteinrichtung auf andere Weise einen wertbildenden Faktor darstellt, dem der Markt ein ganz besonderes Gewicht beimisst, ist, weder hinreichend dargetan noch ersichtlich. Insoweit gelten die obigen Ausführungen zum behaupteten merkantilen Minderwert (siehe oben I. 1. b aa) entsprechend.
Eine Garantenpflicht zugunsten der Klägerin ergibt sich auch nicht aus pflichtwidrigem Vorverhalten (Ingerenz). Die Verwendung der unzulässigen Abschalteinrichtung stellt zwar ein pflichtwidriges Vorverhalten dar. Eine Pflichtwidrigkeit löst im Einzelfall aber nur dann eine Garantenpflicht aus, wenn die verletzte Norm gerade dem Schutz des fraglichen Rechtsgutes zu dienen bestimmt ist (vgl. Schönke/Schröder-Stree/Bosch, StGB, 28. Aufl., § 13 Rn. 35a m. w. N.). Den Erwägungsgründen (1) bis (6) und (27) der verletzten Verordnung (EG) Nr. 715/2007 ist zu entnehmen, dass diese nicht dem Schutz individueller Vermögensinteressen dient, sondern der Weiterentwicklung des Binnenmarkts durch Harmonisierung der technischen Vorschriften über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich ihrer Emissionen, insbesondere mit dem Ziel der erheblichen Minderung der Stickstoffoxidemissionen bei Dieselfahrzeugen zur Verbesserung der Luftqualität und zur Einhaltung der Luftverschmutzungsgrenzwerte. Der von der Klägerin geltend gemachte Vermögensschaden fällt daher nicht in den Schutzbereich dieser Norm.
g) Entsprechendes gilt für § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. §§ 6, 27 EG-FGV. Denn unabhängig davon, ob die Beklagte diese Vorschriften verletzt hat, fehlt ihnen der von § 823 Abs. 2 BGB vorausgesetzte Schutzgesetzcharakter. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (EuGH-Vorlage vom 09.04.2015 - VII ZR 36/15 -, juris Rn. 20, 23) ist eine Norm als Schutzgesetz anzusehen, wenn sie nach Zweck und Inhalt zumindest auch dazu dienen soll, den Einzelnen oder einzelne Personenkreise gegen die Verletzung eines bestimmten Rechtsguts zu schützen. Dafür kommt es nicht auf die Wirkung, sondern auf Inhalt und Zweck des Gesetzes sowie darauf an, ob der Gesetzgeber bei Erlass des Gesetzes gerade einen Rechtsschutz, wie er wegen der behaupteten Verletzung in Anspruch genommen wird, zu Gunsten von Einzelpersonen oder bestimmten Personenkreisen gewollt oder doch mit gewollt hat. Bei Vorschriften, die - wie hier die EG-FGV - Richtlinien umsetzen, kommt es nach der gebotenen richtlinienkonformen Auslegung insoweit maßgeblich auf den Inhalt und Zweck der Richtlinie - hier der Richtlinie 2007/46/EG - an.
Den Erwägungsgründen 2, 4 und 23 zufolge bezweckt die Richtlinie 2007/46/EG die Vollendung des Binnenmarkts und dessen ordnungsgemäßes Funktionieren. Darüber hinaus sollen die technischen Anforderungen in Rechtsakten harmonisiert und spezifiziert werden, wobei die Rechtsakte vor allem auf eine hohe Verkehrssicherheit, hohen Gesundheits- und Umweltschutz, rationelle Energienutzung und wirksamen Schutz gegen unbefugte Benutzung abzielen (Erwägungsgrund 2 der Richtlinie). Weder an diesen Stellen noch unter den anderen Erwägungsgründen der Richtlinie lässt sich demgegenüber ein Hinweis dafür finden, dass der Richtliniengeber darüber hinaus den Schutz des einzelnen Fahrzeugerwerbers bzw. -besitzers gegen Vermögensbeeinträchtigungen im Blick hatte. Auch der nationale Gesetzgeber hat in der Begründung zur EG-FGV (Seite 36 der BR-Drucks. 190/09) in Übereinstimmung damit ausführt, dass die Richtlinie dem Abbau von Handelshemmnissen und der Verwirklichung des Binnenmarktes der Gemeinschaft dienen und die EG-FGV darüber hinaus zur Rechtsvereinfachung und zum Bürokratieabbau beitragen soll (vgl. Urteil der Kammer vom 31.08.2017, a. a. O., Rn. 189 ff.)
h) Soweit die Klägerin ihre Schadensersatzforderung auf § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 16 UWG stützt, dient § 16 UWG zwar ohne Zweifel dem Schutz des Verbrauchers. Es ist aber nicht ersichtlich, dass die Beklagte i. S. von § 16 Abs. 1 UWG den Anschein eines besonders günstigen Angebots hervorrufen wollte. Der Vorwurf der Klägerin geht im Kern dahin, dass die Beklagte mit der Einhaltung der Grenzwerte der Euro 5-Norm geworben hat. Diese mussten aber alle vergleichbaren Fahrzeuge am Markt einhalten. Damit wäre also kein besonderer Vorteil angepriesen.
i) Es ist bereits fraglich, ob § 4 Nr.11 UWG in der Fassung vom 03.03.2010 überhaupt ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs.2 BGB darstellt. Jedenfalls hat die Beklagte hier nicht gegen Vorschriften verstoßen, deren Einhaltung § 4 Nr.11 UWG a. F. schützt. Die §§ 1, 4, 5 Pkw-EnVKV gebieten lediglich, dass die im Typgenehmigungsverfahren erzielten Kraftstoffverbrauchs- und Emissionswerte zu nennen sind (vgl. Begriffsbestimmungen in § 2 Nr.5, Nr.6 Pkw-EnVKV). Die Klägerin bezweifelt aber selbst nicht, dass die genannten Werte im Typgenehmigungsverfahren (Fahrkurven des NEFZ) erzielt wurden.
j) Für eine Haftung aus § 826 BGB reicht allein der - feststehende - Verstoß der Beklagten gegen die Verordnung (EG) Nr. 715/2007 nicht aus. Der Bundesgerichtshof hat vielmehr schon 1985 entschieden (Urteil vom 11.11.1985 - II ZR 109/84 -, juris Rn. 15 m. w. N.), dass für Ansprüche aus unerlaubter Handlung allgemein gilt, dass die Ersatzpflicht auf solche Schäden begrenzt ist, die in den Schutzbereich des verletzten Ge- oder Verbots fallen und dass auf eine derartige Eingrenzung der Haftung, um das Haftungsrisiko in angemessenen und zumutbaren Grenzen zu halten, auch im Rahmen des § 826 BGB nicht verzichtet werden kann. Aus den Erwägungsgründen der verletzten EG-Verordnung ergibt sich aber, wie bereits ausgeführt (siehe oben I. 2. f), dass diese nicht dem Schutz individueller Vermögensinteressen dient.
Damit verbleibt auch insoweit allenfalls eine Täuschung durch Verschweigen der unzulässigen Abschalteinrichtung. Das Verschweigen eines Umstandes rechtfertigt aber nicht ohne Weiteres den Vorwurf eines Sittenverstoßes, sondern nur dann, wenn eine Seite der anderen zu entsprechender Offenbarung verpflichtet ist. Eine Offenbarungspflicht entsteht, wenn die andere Seite nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte eine Mitteilung erwarten durfte. Auch innerhalb einer vertraglichen Beziehung darf der Vertragspartner nach Treu und Glauben nicht eine vollumfängliche Information über alle Belange des Geschäftes erwarten. Es besteht keine allgemeine Offenbarungspflicht, weil im Vertragsrecht zunächst jedes Privatrechtssubjekt für die Verteidigung seiner Interessen selbst verantwortlich ist. Die Grenze des nach der Verkehrsauffassung Hinnehmbaren ist auch im Rahmen von § 826 BGB erst dann überschritten, wenn es um erhebliche wertbildende Umstände beim Kaufvertragsabschluss geht (Palandt-Sprau, BGB, 76. Aufl., § 826 Rn. 20 m. w. N.). Wie bereits im Zusammenhang mit der Garantenstellung (§ 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 263 StGB) ausgeführt (siehe oben I. 2. f), trifft das auf die Verwendung der unzulässigen Abschalteinrichtung nicht zu.
k) Mangels erfüllter deliktischer Haftungstatbestände vermag schließlich auch § 831 BGB den Klageantrag zu 2. nicht zu begründen.
II.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 ZPO.
III.
Die im Beschlusswege erfolgte Streitwertfestsetzung hat ihre Grundlage in § 48 GKG, § 3 ZPO.