Landgericht Braunschweig
Urt. v. 04.09.2017, Az.: 11 O 3702/16
Motorsteuerungssoftware; Abschalteinrichtung; Nachlieferung; Rücktritt; Nacherfüllung
Bibliographie
- Gericht
- LG Braunschweig
- Datum
- 04.09.2017
- Aktenzeichen
- 11 O 3702/16
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2017, 53741
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Der Käufer eines mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehenen Kfz kann - jedenfalls nach Beseitigung dieses Mangels - weder Lieferung eines neuwertigen Kfz verlangen, noch vom Kaufvertrag zurücktreten.
Tenor:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert wird auf die Wertstufe bis 35.000 € festgesetzt.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Lieferung eines Neufahrzeugs Zug-um-Zug gegen Rückgabe des ursprünglich von der Beklagten erworbenen Fahrzeugs, hilfsweise Rückabwicklung des Kaufvertrages.
Aufgrund eines mit Belegdatum vom 15.03.2013 versehenen zwischen der Klägerin als Käuferin und der Beklagten als Verkäuferin und Herstellerin des Fahrzeugs geschlossenen Kaufvertrages erwarb die Klägerin einen PKW XXX zum Kaufpreis mit Gesamtbetrag von 30.655,24 €.
In dem Fahrzeug ist ein Motor der Baureihe EA 189 verbaut. In der EG-Übereinstimmungsbescheinigung wird als Abgasnorm EURO 5 bescheinigt. Die Einhaltung der dafür nach der EG-Verordnung maßgeblichen Grenzwerte für Stickoxide hängt davon ab, in welchem Ausmaß Abgase aus dem Auslassbereich des Motors über ein Abgasrückführungsventil in den Ansaugtrakt des Motors zurückgeleitet werden. Im streitgegenständlichen Fahrzeug lässt die das Abgasrückführungsventil steuernde Software des Motorsteuerungsgerätes eine Abgasrückführung im zur Einhaltung der Grenzwerte nötigen Umfang unter den Bedingungen des zur Erlangung der Typgenehmigung durchgeführten gesetzlich vorgeschriebenen Testlaufs zu. Bewegt sich das Fahrzeug nicht in diesem eng vorgegebenen Geschwindigkeitsmuster, erkennt die Software dies und verringert die Abgasrückführung im Verhältnis zur Fahrt auf dem Prüfstand, wodurch sich die Stickoxidemissionen erhöhen.
Das Kraftfahrbundesamt (KBA) erkannte in der genannten Software eine unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne von Art. 5 Abs. 2, Art. 3 Ziff. 10 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 und ordnete einen Rückruf an.
Unter dem 24.02.2016 wandte sich die Klägerin an die Beklagte und machte Schadensersatz in Form der Neulieferung sowie für den Fall, dass die Beklagte den Vorrang von Mangelbeseitigungsmaßnahmen geltend mache, Mangelbeseitigung geltend (Anlage JFM 2).
Am 20.10.2016 wurde bei dem Fahrzeug der Klägerin XXX diese Software gemäß den Vorgaben des Kraftfahrbundesamtes bei einem Vertragshändler der Beklagten entfernt. Die Klage wurde unter dem 15.11.2016 erhoben, der Hilfsantrag unter dem 27.04.2017 gestellt.
Das Modell XXX wird nicht mehr hergestellt.
Die Klägerin trägt im Wesentlichen vor, dass sie mangelbedingt einen Anspruch auf Lieferung eines Neufahrzeugs habe. Hilfsweise macht sie einen Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrages aufgrund Rücktritts geltend.
Die Klägerin beantragte zuletzt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin ein mangelfreies, fabrikneues und typengleiches Ersatzfahrzeug aus der aktuellen Serienproduktion desselben Herstellers mit identischer technischer Ausstattung wie das klägerische Fahrzeug der Marke XXX, Fahrzeugidentifikationsnummer (FIN) XXX und amtliches Kennzeichen XXX, Zug um Zug gegen Rückübereignung des vorgenannten Fahrzeugs nachzuliefern.
2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Neulieferung und der Rücknahme gemäß Ziff. 1) in Verzug befindet.
3. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.358,86 € nebst Verzugszinsen von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.03.2016 zu zahlen.
4. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Hilfsweise:
Die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 27.058,66 € nebst Verzugszinsen von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.03.2016, Zug um Zug gegen Herausgabe des Fahrzeugs der Marke XXX mit der Fahrzeugidentifikationsnummer (FIN) XXX und dem amtlichen Kennzeichen XXX, zu zahlen.
Die Beklagte beantragte:
Klagabweisung
Die Beklagte trägt im Wesentlichen vor, der Klägerin bereits mangels Sachmangels, jedenfalls aber aufgrund Unmöglichkeit nicht aus kaufrechtlicher Gewährleistung zur Nachlieferung verpflichtet zu sein; auch weitere Ansprüche bestünden nicht.
Es fand mündliche Verhandlung statt am 15.08.2017.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den gesamten Inhalt der Akten verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist im Haupt- wie im Hilfsantrag unbegründet.
A. Die Klägerin hat keinen mit dem Hauptantrag verfolgten Anspruch auf Lieferung eines typengleichen Ersatzfahrzeugs aus der aktuellen Serienproduktion des Herstellers:
1. Die Klägerin kann diese Lieferung eines typengleichen Ersatzfahrzeugs nicht im Wege der Nacherfüllung nach § 439 BGB verlangen:
Zwar war das verfahrensgegenständliche Fahrzeug im maßgeblichen Zeitpunkt des Gefahrübergangs mangelhaft und das alleine schon deswegen, weil die Klägerin aufgrund der streitgegenständlichen Software verpflichtet war, an einer Rückrufaktion teilzunehmen, um eine ansonsten etwaig drohende Betriebsuntersagung auszuschließen.
Der durch das KBA erkannte Mangel in Gestalt der Software als einer unzulässigen Abschalteinrichtung wurde jedoch durch die Beklagte unter Einschaltung eines ihrer Vertragshändler am 20.10.2016 beseitigt, indem die Software entfernt wurde. Insofern wurde der Anspruch auf Nacherfüllung, den die Klägerin unter dem 24.02.2016 geltend gemacht hatte, erfüllt.
Weitere Sachmängel des klägerischen Fahrzeugs - sei es bereits bei Gefahrübergang bestehende oder durch die Entfernung der Software erst neu entstandene - werden seitens der Klägerin nicht mit der erforderlichen Vereinzelung im Tatsächlichen sondern lediglich als allgemein gehaltene Befürchtungen vorgetragen. Welche weiteren Mängel das konkrete klägerische Fahrzeug auch nach dem 20.10.2016 noch aufweisen soll, erschließt sich für das Gericht nicht. Die generelle Befürchtung höherer Beanspruchung des Rußpartikelfilters sowie die Behauptung einer Häufung von Abschalteinrichtungen und eines höheren Kraftstoffverbrauchs bei geringerer Leistung genügt insoweit nicht den Anforderungen an vereinzelten klägerischen Sachvortrag, zumal die Klägerin nach durchgeführter Entfernung der Software bei ihrem Fahrzeug hierzu ohne Weiteres im Tatsächlichen konkretisiert vortragen könnte, falls diese Mängel denn bestünden.
Einen Mangel weist das klägerische Fahrzeug auch nicht deshalb auf, weil es etwa mit einem „merkantilen Minderwert“ versehen wäre:
Für den Fall eines sogenannten Unfallwagens ist anerkannt, dass der Charakter des Fahrzeugs als Unfallwagen und ein damit verbundener merkantiler Minderwert als Mangel auch nach einer technischen Reparatur verbleibt (BGH, Urteil vom 10.10.2007, VIII ZR 330/06, zit. nach juris, Rn. 23; BGH, Urteil vom 07.06.2006, VIII ZR 209/05, zit. nach juris, Rn. 17). Hintergrund dieser Rechtsprechung ist die am Gebrauchtwagenmarkt gewonnene Erfahrung, dass trotz völliger und ordnungsgemäßer Instandsetzung eines Fahrzeugs bei einem großen Teil der Kaufinteressenten, vor allem wegen des Verdachts verborgen gebliebener Schäden, eine den Preis beeinflussende Abneigung gegen den Erwerb unfallbeschädigter Fahrzeuge besteht (so schon BGH, Urteil vom 29.04.1958, VI ZR 82/57, zit nach juris, Rn. 4).
Diese Rechtsprechung jedoch ist auf die vorliegende Fallkonstellation nicht übertragbar, da eine vergleichbare am Markt gewonnene Erfahrung, dass sich die ursprüngliche Motorsteuerungssoftware auch nach ihrem Entfernen zwangsläufig preismindernd auswirkt, fehlt.
2. Keine Ansprüche im Zusammenhang mit einer unwirksamen EG-Übereinstimmungsbescheinigung:
Der geltend gemachte Anspruch auf Lieferung eines Neufahrzeugs steht der Klägerin auch nicht unter dem Blickwinkel des Vorliegens einer - weil das Fahrzeug nicht allen maßgeblichen Vorschriften entspricht - unwirksamen EG-Übereinstimmungsbescheinigung zu:
a) Es ist bereits fraglich, ob die EG-Übereinstimmungsbescheinigung überhaupt die Erklärung enthält, dass das Fahrzeug allen maßgeblichen Vorschriften entspricht. Zwar soll sie nach der Legaldefinition in Art. 3 Ziff. 36 der Richtlinie 2007/46/EG und der ähnlich formulierten Zielbeschreibung in der VO (EG) 385/2009 eine Erklärung im vorgenannten Sinne darstellen. Das eigentliche Muster enthält eine solche Erklärung dann aber - jedenfalls ausdrücklich - doch nicht.
b) Sollte die EG-Übereinstimmungsbescheinigung eine Erklärung im vorgenannten Sinne tatsächlich enthalten, ist es fraglich, ob die inhaltliche Unrichtigkeit der Erklärung zur Ungültigkeit der Bescheinigung führt. Die (auch nach den nationalen Vorschriften) maßgebliche Vorschrift über den Inhalt der EG-Übereinstimmungsbescheinigung - Art. 18 der Richtlinie 2007/46/EG - enthält nämlich lediglich eine Anzahl einzuhaltender Kriterien formaler Natur. Eine Regelung betreffend die inhaltliche Richtigkeit der Bescheinigung über die Einhaltung der geltenden Rechtsvorschriften fehlt, könnte sich allenfalls aus der Legaldefinition in Art. 3 Ziff. 36 der Richtlinie 2007/46/EG oder der Zielbestimmung der VO (EG) 385/2009 ergeben. Aus einer Legaldefinition bzw. Zielbestimmung Rechtsfolgen herzuleiten, ist aber gesetzessystematisch mindestens bedenklich.
Dafür, dass die EG-Übereinstimmungsbescheinigung nicht materiell unwirksam ist, wenn das betroffene Fahrzeug nicht allen maßgeblichen gesetzlichen Vorschriften entspricht, spricht auch eine Auslegung der Richtlinie selbst:
Nach Art. 28 Abs. 1 der Richtlinie 2007/46/EG werden der Verkauf und die Inbetriebnahme von Bauteilen ausdrücklich auch davon abhängig gemacht, dass diese den einschlägigen Rechtsakten entsprechen. Der komplette Fahrzeuge betreffende Art. 26 Abs. 1 der Richtlinie 2007/46/EG enthält eine entsprechende Regelung jedenfalls seinem Wortlaut nach nicht. Weiter könnte zwar die Voraussetzung, dass (auch) ein Fahrzeug den einschlägigen Rechtsakten entsprechen muss, in Art. 26 Abs. 1 der Richtlinie 2007/46/EG durch das - in Art. 28 Abs. 1 der Richtlinie nicht vorkommende - Wort „gültig“ in Verbindung mit der Legaldefinition der Übereinstimmungsbescheinigung in Art. 3 Ziff. 36 der Richtlinie 2007/46/EG zum Ausdruck gebracht worden sein, zumal zunächst nicht recht ersichtlich sein könnte, aus welchem Grund der europäische Gesetzgeber bei Fahrzeugen anders als bei Bauteilen auf diese Voraussetzung verzichten haben sollte. Zu beachten ist gleichzeitig aber die sprachliche Fassung des Art. 28 Abs. 1 der Richtlinie 2007/46/EG: Die besondere Betonung der Voraussetzungen „dann und nur dann“ - zum Vergleich heißt es in Art. 26 Abs. 1 der Richtlinie 2007/46/EG, insofern schwächer, „nur dann“- legt nahe, dass es dem Gesetzgeber klar war, dass in Art. 28 im Vergleich zu Art. 26 Abs. 1 Richtlinie 2007/46/EG erhöhte Anforderungen erhoben werden. Ein Grund für die unterschiedliche Behandlung von kompletten Fahrzeugen und Bauteilen könnte gleichzeitig darin liegen, dass Adressat der Umsetzung von Art. 28 der Richtlinie 2007/46/EG nicht die Mitgliedstaaten selbst sind: Art. 28 regelt nur den Verkauf und die Inbetriebnahme von Bauteilen. Adressat von Art. 26 der Richtlinie 2007/46/EG sind bei dessen Umsetzung dagegen auch die Mitgliedstaaten selbst, da sie für die dort - auch - geregelte Zulassung der Fahrzeuge zuständig sind. Würde Art. 26 der Richtlinie voraussetzen, dass die Fahrzeuge nur zugelassen werden könnten, wenn sie allen rechtlichen Akten entsprechen, weil nur dann die EG-Übereinstimmungserklärung gültig wäre, würde dies unter Umständen erneute Prüfungspflichten begründen, was dem Ziel der Richtlinie, die Zulassung von Fahrzeugen zu vereinfachen, widersprechen würde.
Weiter dürfte aus der Auslegung der die Richtlinie 2007/46/EG umsetzenden nationalen Vorschriften folgen, dass jedenfalls der nationale Gesetzgeber davon ausging, dass Unregelmäßigkeiten im Typgenehmigungsverfahren, wodurch der genehmigte Fahrzeugtyp nicht allen maßgeblichen gesetzlichen Vorschriften entspricht, nicht zur Unwirksamkeit der EG-Übereinstimmungsbescheinigung führen:
Der Gesetzgeber hat den Fall vorhergesehen, dass bereits im Verkehr befindliche Fahrzeuge nicht vorschriftsmäßig sind: Er ermächtigt das KBA für diesen Fall in § 25 Abs. 2 EG-FGV, die Typgenehmigung nachträglich mit Nebenbestimmungen zu versehen. Betreffend die EG-Übereinstimmungserklärung fehlt eine entsprechende Regelung. Dies lässt den Schluss darauf zu, dass der Umstand, dass ein bereits im Verkehr befindliches Fahrzeug nicht vorschriftsmäßig ist, keine Auswirkungen auf die EG-Übereinstimmungsbescheinigung haben sollte.
Weiter: Nach § 37 EG-FGV handelt ordnungswidrig, wer ein Fahrzeug entgegen § 27 EG-FGV ohne eine „gültige“ Übereinstimmungsbescheinigung anbietet oder in Umlauf bringt. Mit § 37 EG-FGV wollte der Gesetzgeber „die in § 27 EG-FGV enthaltenen Anforderungen besser durchsetzen“, ging gleichzeitig aber davon aus, dass „bestimmte Verstöße im Rahmen des Genehmigungsverfahrens wie die Vorlage gefälschter Prüfergebnisse oder technischer Spezifikationen oder sonstige unrichtige oder unvollständige Erklärungen“ bereits anderweitig sanktioniert werden und damit keiner Ahndung durch § 37 EG-FGV bedurften (vgl. BR-Drucksache 190/09, S. 57). Verstöße im Rahmen des Typgenehmigungsverfahrens sollen danach nicht § 37 EG-FGV unterfallen, also keinen Verstoß gegen § 27 EG-FGV darstellen, also die Gültigkeit der Übereinstimmungsbescheinigung im Sinne von § 27 EG-FGV nicht berühren.
c) Letztendlich dürfte die vorgenannte Frage aber dahinstehen können. Selbst wenn die EG-Übereinstimmungsbescheinigung unwirksam sein sollte, weil das Fahrzeug nicht allen maßgeblichen Rechtsakten entspricht, ergeben sich daraus keine Ansprüche der Klägerin:
(1) Die EG-Übereinstimmungsbescheinigung stellt zunächst keine Garantieerklärung dar:
Nach der in der VO (EG) 385/2009 gewählten Formulierung stellt die Bescheinigung zwar eine „Versicherung“ des Herstellers da, was für einen verpflichtenden Charakter sprechen könnte. Im Muster und damit in der eigentlichen Bescheinigung selbst ist aber wiederum nur von „Bestätigung“ die Rede, was bereits weniger verpflichtend klingt. Weitere Anhaltspunkte dafür, dass der Hersteller die ihn schon nicht treffende (so er denn nicht ausnahmsweise gegenüber dem Verbraucher als Verkäufer auftritt) übliche Gewährleistung verstärken und ergänzen wollte, enthält die EG-Übereinstim-mungsbescheinigung nicht.
Weiter ist davon auszugehen, dass auch der Verordnungsgeber mit der Richtlinie 2007/46/EG und der diese Richtlinie konkretisierenden Verordnung VO (EG) 385/2009 nicht einen neuen/neuartigen Anspruch des Käufers schaffen wollte, indem die Übereinstimmungsbescheinigung eine Garantieerklärung darstellen sollte. Ein solcher neuer/neuartiger Anspruch würde nämlich eine Sanktionierung von Regelverstößen des Herstellers darstellen. Die Schaffung von Sanktionen bei Regelverstößen des Herstellers sollte aber gem. Art. 46 der Richtlinie 2007/46/EG ausdrücklich dem nationalen Gesetzgeber vorbehalten bleiben.
(2) Als vertrauensbegründende Maßnahme, aus der sich entsprechende Ansprüche ergeben könnten, dürfte die EG-Übereinstimmungsbescheinigung weiter schon deshalb ausscheiden, weil sie zeitlich erst nach Abschluss des Kaufvertrages erstellt wird und in Erfüllung desselben zusammen mit dem Fahrzeug zu übergeben ist. Dafür, dass die EG-Übereinstimmungsbescheinigung nicht vertrauensbegründend wirken soll, dürfte ferner auch sprechen, dass sie nach Art. 18 Abs. 2 der Richtlinie 2007/46EG noch nicht einmal zwingend in einer vom konkreten Verbraucher beherrschten Sprache formuliert werden muss.
(3) Letztlich können die vorgenannten Fragen aber ohnehin allesamt dahinstehen, denn: Die Richtlinie 2007/46/EG und die sie konkretisierende VO (EG) 385/2009 dienen ausweislich ihrer Gründe ausschließlich gesamtgesellschaftlichen Zielen, nämlich der Weiterentwicklung des Binnenmarktes und der Sicherstellung eines hohen Sicherheits- und Umweltschutzniveaus (Entsprechend für die die Richtlinie umsetzende EG-FGV: BR-Drucksache 190/09, A. Problem und Ziel, ferner S. 36, 49.), was der Anerkennung von sich aus der EG-Übereinstimmungserklärung ergebenden individualrechtlichen Ansprüchen, wie dem vorliegend geltend gemachten, insgesamt entgegensteht.
3. Kein Anspruch aus §§ 823 Abs. 2 BGB, 263 Abs. 1 StGB:
Ein Anspruch auf Lieferung eines Neufahrzeuges ergibt sich auch nicht aus §§ 823 Abs. 2 BGB, 263 Abs. 1 StGB, 249 Abs. 1 BGB. Als schädigendes Ereignis kommt allein der Abschluss des verfahrensgegenständlichen Kaufvertrages in Betracht. Der Anspruch aus §§ 823 Abs. 2 BGB, 263 StGB aber ist auf Naturalrestitution gem. § 249 Abs. 1 BGB gerichtet, d.h. darauf, den Geschädigten so zu stellen, wie er ohne das schädigende Ereignis stehen würde. Ohne Abschluss des verfahrensgegenständlichen Kaufvertrages aber hätte die Klägerin auch kein Fahrzeug erhalten.
4. Kein Anspruch aus § 826 BGB:
Ein Anspruch auf Lieferung eines Neufahrzeugs ergibt sich schließlich auch nicht aus § 826 BGB. Als sie schädigendes Verhalten könnte sich die Klägerin auf die Herbeiführung des verfahrensgegenständlichen Kaufvertrags berufen. Besteht der im Sinne von § 826 BGB geltend gemachte Schaden jedoch in der geltend gemachten sittenwidrigen Herbeiführung eines Vertrages, so richtet sich der Anspruch allein auf Ersatz des negativen Interesses und nicht des vorliegend geltend gemachten Erfüllungsinteresses (Palandt/Sprau, BGB, 76. Aufl., § 826, Rn. 15).
B. Keine Feststellung Verzug:
Mangels Anspruchs auf Neulieferung und Rücknahme konnte auch der Feststellungsantrag in Ziffer 2. keinen Erfolg haben.
C. Unbegründeter Hilfsantrag aus Rücktritt:
Auch der Hilfsantrag aus Rücktritt nach §§ 433, 434, 437 Ziff.2, 346ff. BGB kann keinen Erfolg haben: Der Sachmangel „Software“ des klägerischen Fahrzeugs war durch die Beklagte am 20.10.2016 beseitigt worden. Weitere Sachmängel sind zur Überzeugung des Gerichts nicht ersichtlich. Somit konnte die in der Stellung des Hilfsantrages auf Rücktritt am 27.04.2017 liegende Rücktrittserklärung den Kaufvertrag zwischen den Parteien des Rechtsstreits schon deshalb nicht in ein Rückgewährschuldverhältnis umwandeln, weil es bereits zu diesem Zeitpunkt an der Rücktrittsvoraussetzung des Sachmangels fehlte.
Da dieser Antrag von Beginn an unbegründet war ergibt sich aus der in der mündlichen Verhandlung am 15.08.2017 erklärten Teilerledigung keine andere Rechtsfolge.
D. Keine Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten:
Der mit dem Klagantrag Ziffer 3. verfolgte Anspruch auf Erstattung ihrer vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten steht der Klägerin nicht zu, da sich dieser nur unter dem Gesichtspunkt des Verzögerungsschadens nach §§ 280 Absatz 2, 286 BGB ergeben könnte. Die Kostennote der Prozessvertreter der Klägerin (Anlage JFM 4) in der eingeklagten Höhe stammt vom 12.11.2015. Es ist nicht ersichtlich, inwieweit die Beklagte zu diesem Zeitpunkt mit einer Leistungspflicht in Verzug gewesen sein sollte - der anwaltliche Schriftsatz in Anlage JFM 2 stammt vom 24.02.2016.
E. Prozessuale Nebenentscheidungen:
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 ZPO, 48 Abs. 1 GKG, 3, 4 Abs. 1 ZPO.