Verwaltungsgericht Oldenburg
Urt. v. 22.03.2023, Az.: 15 A 233/18

Rundfunkbeitragspflicht der Eigentümer von durch einen Vermietungsservice verwalteten Ferienwohnungen

Bibliographie

Gericht
VG Oldenburg
Datum
22.03.2023
Aktenzeichen
15 A 233/18
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2023, 14077
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGOLDBG:2023:0322.15A233.18.00

Fundstelle

  • NJW-Spezial 2023, 355

Amtlicher Leitsatz

Die gem. § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 RBStV bestehende Rundfunkbeitragspflicht des Eigentümers einer Ferienwohnung geht nur dann auf einen von ihm beauftragten Vermittler über, wenn dieser das Objekt im eigenen Namen (als Vermieter) an Feriengäste vermietet, während zwischen den Mietern und dem Eigentümer ein rechtliches Verhältnis nicht besteht. Auf die dem Eigentümer vertraglich eingeräumte Möglichkeit zur Eigennutzung der Ferienwohnung oder die Frage der tatsächlichen Verfügungsgewalt kommt es nicht an. Ferienwohnungen stellen keine Betriebsstätten i.S.d. § 6 Abs. 1 RBStV dar.

Tenor:

Der Bescheid der Beklagten vom 27. Oktober 2016 in der Fassung des Abhilfe-/ Widerspruchsbescheides vom 22. September 2017 wird aufgehoben, soweit die Klägerin damit zur Zahlung von Rundfunkbeiträgen für Ferienwohnungen in Höhe von 1.419,63 Euro herangezogen wird.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Heranziehung zu Rundfunkbeiträgen für den Betrieb von Ferienwohnungen.

Die Klägerin betreibt unter der Anschrift A-Straße (vormals: D.), A-Stadt, seit 1993 einen Vermietungsservice, in dessen Rahmen sie für die jeweiligen Eigentümer Ferienwohnungen vermietet und betreut. Nach einer unter dem 14. April 2014 erfolgten Anmeldung wurde die Klägerin zunächst ab Mai 2014 unter der Beitragsnummer E. als Beitragsschuldnerin für eine Betriebsstätte mit neun Beschäftigten (Staffel 2, 17,98 Euro mtl.), für 100 Ferienwohnungen (5,99 Euro je Ferienwohnung) sowie für ein Kraftfahrzeug (5,99 Euro) geführt (Bl. 3 Beiakte).

Die Klägerin machte am 21. Mai 2014 telefonisch und unter dem 1. August 2014 schriftsätzlich unter Verweis auf einen vorgelegten Mietvertrag (Bl. 4 Beiakte) geltend, dass die Berechnung von 100 Ferienwohnungen zu Unrecht erfolgt sei. Sie betreibe einen Vermietungsservice für Ferienwohnungen, in dessen Rahmen sie diese im Auftrag der Eigentümer an Feriengäste vermiete. Alle anfallenden Nebenkosten gingen zu Lasten der Eigentümer, sie sei nur für die Vermietung und Reinigung der Wohnungen zuständig (Bl. 4 - 6, 12 Beiakte).

In dem Vertrag heißt es:

"Die Firma A. (::::) übernimmt ab (...) ausschließlich die Vermietung und Betreuung im Namen und Auftrag von ... sowie sämtliche damit verbundene Arbeiten des Kapitänshauses (...) an wechselnde Mieter (Feriengäste).

§ 1 Betreuung

Die Betreuung der Wohnung umfasst folgende Leistungen:

- Gästevermietung mit Abschluss und Abwicklung von Zeitmietverträgen

Die Firma .... übernimmt die durch Vermietung anfallenden Aufgaben wie Übergabe der Wohnung, Einweisung der Gäste, Vollständigkeit des Inventars, Kontrolle der Wohnung, Endreinigung und Reinigung der Fenster.

- Wäschepflege (...)

- Verbrauchsmittel wie Waschmittel, Putzmittel gehen zulasten der Firma ..

- Renovierung- und Instandhaltungskosten trägt der Eigentümer.

- Sämtliche Reparaturkosten durch Fremdfirmen werden vom Eigentümer übernommen, sind jedoch vor Beauftragung mit dem Eigentümer abzustimmen. In Notfällen können Fremdfirmen mit Reparaturen ohne Zustimmung beauftragt werden.

§ 2 Vermietung

Die Vermietung der Wohnung obliegt ausschließlich der Aktivität und Verantwortung der Firma .... Dieses umfasst den Abschluss der Mietverträge, Überwachung der Zahlungseingänge und Erstellung der Abrechnungen. (...)

Die Firma .... behält sich vor, Gäste abzulehnen und Hausverbot zu erteilen.

Die Eigennutzung ist ausgeschlossen.

§ 3 Vergütung

Für die Vermietung und Betreuung wird eine Provision (...) auf den Mietpreis erhoben."

Unter dem 22. Mai 2014 teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass bei der Vermietung von Ferienwohnungen über Verwaltungsgesellschaften oder Wohnungseigentümergemeinschaften nicht der jeweilige Eigentümer Beitragsschuldner sei, sondern die Verwaltungsgesellschaft bzw. Wohnungseigentümergemeinschaft, wenn diese durch entsprechende vertragliche Vereinbarungen die tatsächliche Verfügungsgewalt über die Wohnung habe. Dies sei nach dem vorgelegten Vertrag der Fall, der eine Eigennutzung durch die Eigentümer ausschließe.

Nachdem die Klägerin die rückständigen Rundfunkbeiträge nicht bezahlte, setzte der Beklagte mit Bescheid vom 1. Mai 2015 für den Zeitraum von Mai 2014 bis Juli 2014 Rundfunkbeiträge in Höhe von 1.868,91 Euro sowie einen Säumniszuschlag in Höhe von 18,69 Euro fest (Bl. 20 Beiakte).

Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin Widerspruch ein (Bl. 24 Beiakte). Bei ihrem Betrieb handele es sich um einen reinen Vermietungsservice, die zu vermietenden Wohnungen befänden sich nicht in ihrem Eigentum. Die Vermietung an Feriengäste erfolge nur im Auftrag der jeweiligen Eigentümer, demgemäß hätten auch die Eigentümer die anfallenden Kosten für die Wohnungen zu tragen. Die mit den Eigentümern abgeschlossenen Verträge seien unterschiedlich. Teilweise sei eine begrenzte Eigennutzung von 30 Tagen geregelt, in anderen Verträgen sei sie ganz ausgeschlossen. Es gebe auch Verträge ohne Regelung zur Eigennutzung, bei denen die Eigentümer die Wohnung oft selbst nutzten. Sie sei auch nicht verpflichtet, die Namen der Eigentümer der von ihr vermieteten Ferienwohnungen zu nennen, bei denen es sich zudem mehrheitlich um private Zweitwohnungen handeln dürfte. Ob die jeweiligen Wohnungen Teile von Wohnungseigentümergemeinschaften seien und gegebenenfalls fremdverwaltet würden, sei ihr größtenteils auch nicht bekannt, sie übernehme ausschließlich im direkten Auftrag der Wohnungseigentümer die saisonale Vermietung der betreffenden Wohnungen. Die Anmeldung von ursprünglich 100 Ferienwohnungen sei irrtümlich erfolgt. Es bestehe auch nicht die Absicht, die Beitragsschulden für die jeweiligen Eigentümer zu übernehmen. Nach den geschlossenen Verträgen seien die von ihr zu erbringenden Dienstleistungen ausschließlich darauf beschränkt, die Gästevermietung sowie die damit regelmäßig einhergehenden Servicetätigkeiten wie Endreinigung und Wäscheservice zu erledigen. Der Vermietungsservice stelle keine Verwaltungsgesellschaft, Wohnungseigentümergemeinschaft oder Hausverwaltung dar, sondern sei vielmehr vergleichbar mit Online-Vermittlungsportalen oder örtlichen Zimmervermittlungen, wobei neben der reinen Vermittlungstätigkeit zusätzlich noch die Gästebetreuung und der Wäscheservice vor Ort gegen Provision übernommen werde.

Eine Beitragspflicht scheide aus, da sie nicht Inhaberin der betreffenden Ferienwohnungen sei. Dies sei gemäß § 6 Abs. 2 Rundfunkbeitragsstaatsvertrag (RBStV) nur derjenige, der die Betriebsstätte im eigenen Namen nutze oder in dessen Namen sie genutzt werde. Die Vermietung der Ferienwohnungen erfolge ausschließlich stellvertretend im fremden Namen mit Wirkung für und gegen die jeweiligen Eigentümer als tatsächliche Vermieter. Ein direktes Vertragsverhältnis werde zwischen ihr und den Feriengästen nicht begründet, insoweit bestehe auch kein unmittelbares oder mittelbares Nutzungsverhältnis an den Wohnungen. Die Vorschrift stelle weder auf den Begriff der "tatsächlichen Verfügungsgewalt" ab noch lasse sie den Schluss zu, dass die tatsächliche Verfügungsgewalt immer dann gegeben sei, wenn die Eigennutzung der Eigentümer ganz oder teilweise vertraglich ausgeschlossen sei. Sie übe allenfalls die Rolle einer Besitzdienerin aus, die tatsächliche Sachherrschaft über die Wohnung verbleibe bei den jeweiligen Eigentümern, denen sie vollständig weisungsunterworfen sei und die jederzeit einen anderen Vermietungsservice mit der Erledigung der im Zusammenhang mit der Gästevermietung anfallenden Aufgaben beauftragen könnten. Die vertraglichen Absprachen zur Eigennutzung dienten vornehmlich steuerrechtlichen Erwägungen sowie der Verhinderung von Doppelbelegungen im Falle der Selbstbelegung durch die Eigentümer.

Mit Bescheid vom 3. November 2016 (Bl. 77 Beiakte) hob der Beklagte den Festsetzungsbescheid vom 1. Mai 2015 auf.

Mit Bescheid vom 27. Oktober 2016 setzte der Beklagte für den bisherigen Zeitraum von Mai 2014 bis Juli 2014 erneut Rundfunkbeiträge fest, jetzt aber in Höhe von 2.767,41 Euro unter Zugrundlegung von 150 statt zuvor 100 Ferienwohnungen (Bl. 73 Beiakte).

Gegen diesen Festsetzungsbescheid legte die Klägerin am 28. November 2016 Widerspruch ein (Bl. 104 Beiakte). Zur Begründung wiederholte sie ihre Ausführungen aus dem vorangegangenen Widerspruchsverfahren und ergänzte, dass eine Heranziehung zur Zahlung von Rundfunkbeiträgen für insgesamt 150 Ferienwohnungen auch deshalb rechtsfehlerhaft sei, weil diese in zahlreichen Fällen von den jeweiligen Eigentümern bereits selbst gezahlt und damit doppelt erhoben würden. Als Anlage (Bl. 92 Beiakte) übersandte die Klägerin eine Übersicht über die von ihr vermieteten Wohnungen, aus der sich für einen Teil der Wohnungen auch die jeweilige Beitragsnummer der Eigentümer ergab. Danach vermietete die Klägerin insgesamt 146 Ferienwohnungen, von denen 66 einer Beitragsnummer zugeordnet waren.

Mit Abhilfe- bzw. Widerspruchsbescheid vom 22. September 2017 (Bl. 112 Beiakte) hob der Beklagte den Festsetzungsbescheid vom 27. Oktober 2016 insoweit auf, als damit Beiträge für den Zeitraum vom 1. Mai bis 31. Juli 2014 in Höhe von 1.293,84 Euro festgesetzt wurden, im Übrigen wies er den Widerspruch zurück.

Für das von der Klägerin angegebene Kraftfahrzeug sei aufgrund der Verbindung mit ihrer Betriebsstätte kein Rundfunkbeitrag zu entrichten. Hinsichtlich der Ferienwohnungen ergebe sich aus der übersandten Übersicht, dass die Klägerin insgesamt 146 Ferienwohnungen vermiete, von denen 66 durch die Eigentümer selbst angemeldet worden seien, sodass für diese keine Beitragspflicht bestehe. Da die erste Ferienwohnung beitragsfrei sei, verbleibe es anders als zuvor festgesetzt bei 79 beitragspflichtigen Ferienwohnungen. Nach der Rechtsprechung des Nds. Oberverwaltungsgerichts zur Vorgängernorm (Beschlüsse vom 24. Juni 2010 - 4 LB 118/10 - und 6. Januar 2012 - 4 LA 213/10 -) sei ein Dienstleister, der eine Ferienwohnung für einen Eigentümer verwalte, anstelle des Eigentümers Beitragsschuldner, wenn die tatsächliche Verfügungsgewalt vertraglich auf den Dienstleister übertragen worden sei. Die Rundfunkbeitragspflicht sei nicht an die Eigentumsverhältnisse geknüpft, sondern an die Nutzungsmöglichkeit. Allein die Klägerin entscheide, welche Ferienwohnung wann an wen vermietet werde. Dass dies im Namen der Eigentümer geschehe, wirke sich nicht auf die tatsächlichen Verfügungsverhältnisse aus. Entsprechend dem übersandten Mustervertrag werde die Vermietung der Ferienwohnungen ausschließlich von der Klägerin übernommen, die auch sämtliche damit verbundenen Aufgaben wie Übergabe der Wohnung, Einweisung der Gäste, Kontrolle der Vollständigkeit des Inventars und der Wohnung sowie Reinigungsarbeiten übernehme sowie Gäste ablehnen und Hausverbote für die Ferienwohnungen erteilen könne. Zwar habe die Klägerin schriftlich mitgeteilt, dass abweichende Vertragskonstellationen mit unterschiedlicher Eigennutzungsmöglichkeit der Eigentümer möglich seien. Weil sie aber konkrete Einzelheiten nicht dargelegt habe, obwohl sie hierzu gemäß § 8 RBStV verpflichtet sei, habe eine Differenzierung nicht vorgenommen werden können.

Die Klägerin hat am 26. Oktober 2017 Klage erhoben. Zur Begründung wiederholt, vertieft und ergänzt sie ihre bisherigen Ausführungen: Der Anmeldevordruck für u.a. pauschal 100 Ferienwohnungen sei in der irrtümlichen Annahme ausgefüllt worden, hierzu verpflichtet zu sein. Die zur Vorgängernorm ergangenen Entscheidungen des Nds. Oberverwaltungsgerichts aus den Jahren 2010 und 2012, nach denen die tatsächliche Verfügungsgewalt über eine Ferienwohnung immer gegeben sei, wenn die Eigennutzung der Eigentümer im Betreuungsvertrag ganz oder teilweise ausgeschlossen sei, entsprächen nicht mehr der aktuellen Rechtslage. Auch die Einrichtung und Ausstattung der Ferienwohnungen obliege allein den Eigentümern, die zudem für etwaige Schlecht- oder Nichtleistungen gegenüber den Urlaubsgästen im Rahmen der im Wege der Stellvertretung für und gegen sie abgeschlossen Zeitmiet- bzw. Beherbergungsverträge hafteten. Die vertraglichen Absprachen zwischen ihr, der Klägerin, und den jeweiligen Wohnungseigentümern über den Umfang oder Ausschluss einer etwaigen Eigennutzung seien aus steuerrechtlichen Erwägungen erfolgt und dienten der Klarstellung, dass eine Belegung der Ferienwohnungen durch den Vermietungsservice Vorrang habe, was mit dem provisionsbasierten Geschäftsmodell zu tun habe und zudem Doppelbelegungen verhindern solle. Als Kriterium für eine "Inhaberschaft" als Voraussetzung der Rundfunkbeitragspflicht seien diese Vertragsinhalte ebenso ungeeignet wie unzulässig. § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 RBStV gehe ersichtlich von einem inneren, räumlichen Zusammenhang von Betriebsstätte und darin befindlichen Raumeinheiten aus. Auf diese Weise solle eine Gebührenprivilegierung von Beherbergungsbetrieben für zusätzliche Raumeinheiten innerhalb der jeweiligen Betriebsstätte gewährleistet werden, zumal bei der Nutzungsform der Fremdenbeherbergung anders als bei Dauerwohnraum nicht von einer ganzjährigen Vollbelegung auszugehen sei. Die von ihr betreuten Ferienwohnungen befänden sich jedoch nicht in ihrer Betriebsstätte, sodass sie hierfür auch nicht die Beitragsschuld trage. Die Legaldefinition aus § 6 Abs. 2 RBStV zur Frage der Inhaberschaft von Betriebsstätten müsse ebenso ergänzend herangezogen werden, wie die in § 2 Abs. 2 RBStV erfolgte Konkretisierung des jeweiligen Beitragsschuldners für eine Privatwohnung, wobei dort als Inhaber jede Person vermutet werde, die dort nach dem Melderecht gemeldet sei. Wesentliches Kriterium nach § 6 Abs. 2 RBStV für die Inhaberschaft sei hierbei die Nutzung im eigenen oder im fremden Namen. Im Bereich des Wohnungseigentums seien auch keine anderen öffentlichen Lasten, Abgaben oder Steuern bekannt, bei denen nicht die jeweiligen Eigentümer selbst Kostenschuldner seien. Der Beklagte hätte im Rahmen einfacher Melderegisterauskünfte die Möglichkeit und die Verpflichtung, den Rundfunkbeitrag bei den jeweiligen Wohnungseigentümern selbst anzufordern.

Aufgrund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Juli 2018 zur Erhebung des Rundfunkbeitrags für Zweitwohnungen sei zudem zweifelhaft, ob im Zusammenhang mit der Vermietung von Ferienwohnungen überhaupt noch eine zusätzliche Rundfunkbeitragspflicht angenommen werden könne, weil entweder vorwiegend inländische Urlaubsgäste oder die Wohnungseigentümer selbst die Ferienwohnung nutzten und gleichzeitig einer Rundfunkbeitragspflicht für die Erstwohnung unterlägen.

Schließlich bestehe gegenüber dem Beklagten auch keine Auskunftsverpflichtung gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 i.V.m § 8 Abs. 4 RBStV über die Anzahl der von ihr betreuten Ferienwohnungen oder die Art der vertraglich vereinbarten Eigennutzung. § 8 Abs. 1 Satz 1 der Satzung des Norddeutschen Rundfunks enthalte ausdrücklich eine Subsidiarität der Datenerhebung bei nichtöffentlichen Stellen. Vorrangig seien Anfragen bei zuständigen Meldebehörden oder sonstigen öffentlichen Registern durchzuführen.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid vom 27. Oktober 2016 in der Fassung des Abhilfe-/ Widerspruchsbescheides vom 22. September 2017 aufzuheben, soweit sie damit zur Zahlung von Rundfunkbeiträgen für Ferienwohnungen in Höhe von 1.419,63 Euro herangezogen wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung führt er ergänzend zum bisherigen Vorbringen aus: Bei Ferienwohnungen handele es sich gerade nicht um Betriebsstätten, sodass die Bezugnahme auf die Legaldefinition aus § 6 Abs. 2 RBStV bezüglich der Ferienwohnungen keine Anwendung finden könne. Die zu einer Ferienwohnung gehörige Betriebsstätte sei vielmehr der Ort, an dem die Verwaltung der Ferienwohnung abgewickelt werde. Die Klägerin sei Inhaberin der zu den streitgegenständlichen Ferienwohnungen gehörenden Betriebsstätte. Das von ihr in ihrer Betriebsstätte betriebene Gewerbe bestehe in der Vermietung und Betreuung der Ferienwohnungen. Nach den vorgelegten Mietverträgen werde die Vermietung ausdrücklich "ausschließlich" durch die Klägerin übernommen, die auch Gäste ablehnen und Hausverbote erteilen dürfe sowie die mit der Vermietung verbundenen Aufgaben übernehme. Sie sei für den ihr vertraglich eingeräumten Zeitraum als einzige zur Vermietung berechtigt, worin auch ihr provisionsbasiertes Geschäftsmodell bestehe. Zu einer doppelten Heranziehung zur Beitragszahlung könne es nur kommen, wenn nicht bekannt sei, welche Ferienwohnungen die Klägerin verwalte. Die bloße Mitteilung einer Anzahl der betreuten Wohnungen genüge nicht, da sie keine Rückschlüsse auf ein bestehendes Beitragskonto zulasse und sich die Zahl betreuten Räumlichkeiten ständig ändere. Als Beitragsschuldnerin sei die Klägerin die richtige Adressatin des Auskunftsrechts aus § 9 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 8 Abs. 4 RBStV.

Eine Konstellation der Nebenwohnung im Sinne des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Juli 2018 liege nicht vor. Eine nach § 3 Abs. 2 Nr. 7 RBStV endgültig vermietete Ferienwohnung sei keine Wohnung im Sinne des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.

Der Festsetzungsbescheid der Beklagten vom 27. Oktober 2016 in der Fassung des Abhilfe-/ Widerspruchsbescheides vom 22. September 2017 ist im angefochtenen Umfang rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Der Beklagte hat die Klägerin für den Zeitraum vom 1. Mai bis 31. Juli 2014 zu Unrecht zu Rundfunkbeiträgen für von ihr betreute Ferienwohnungen herangezogen.

Die Klägerin unterhält unter der Anschrift A-Straße (vormals: D.), A-Stadt, mit ihrem Vermietungsservice eine Betriebstätte, für die sie entsprechend dem insoweit bestandskräftigen Festsetzungsbescheid gem. § 5 Abs. 1 Rundfunkbeitragsstaatsvertrag (RBStV) Rundfunkbeiträge entrichtet.

Dagegen sind die von der Klägerin verwalteten Ferienwohnungen von der Rundfunkbeitragspflicht nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 RBStV nicht erfasst.

Die Rundfunkbeitragspflicht der Inhaber von Beherbergungsstätten ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts grundsätzlich mit dem Grundgesetz vereinbar. Die Möglichkeit des Rundfunkempfangs stellt einen mit der Beitragspflicht des Inhabers für seine Gästezimmer und Ferienwohnungen abzugeltenden Vorteil dar, der dem Inhaber individuell zurechenbar ist, wenn er die Raumeinheiten mit Empfangsgeräten oder einem Internetzugang ausstattet. Der Beherbergungsbeitrag des § 5 Abs. 2 RBStV zielt auf einen besonderen, das Beherbergungsentgelt beeinflussenden Vorteil der Rundfunkempfangsmöglichkeit für den Inhaber ab, der von dem Betriebsstättenbeitrag des § 5 Abs. 1 RBStV nicht erfasst wird und den Gästen nicht zuzurechnen ist (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. September 2017 - 6 C 32.16 -, juris Rn. 21 ff., und vom 21. März 2018 - 6 C 53. 16 -, juris Rn. 33 f.; Beschluss vom 8. Juni 2020 - 6 B 50.19).

Gem. § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 RBStV ist unbeschadet der Beitragspflicht für Betriebsstätten nach Absatz 1 jeweils ein Drittel des Rundfunkbeitrags zu entrichten vom Inhaber einer Betriebsstätte für jedes darin befindliche Hotel- und Gästezimmer und für jede Ferienwohnung zur vorübergehenden entgeltlichen Beherbergung Dritter ab der zweiten Raumeinheit. Die Klägerin erfüllt diese Voraussetzungen in Bezug auf die von ihr vermittelten und verwalteten Ferienwohnungen nicht.

Für die Beantwortung der Frage, wer als Inhaber der Betriebsstätte für jede Ferienwohnung gem. § 5 Abs. 2 RBStV rundfunkbeitragspflichtig ist, kann nicht auf die Legaldefinition in § 6 Abs. 2 Satz 1 RBStV abgestellt werden. Danach ist Inhaber der Betriebsstätte die natürliche oder juristische Person, die die Betriebsstätte im eigenen Namen nutzt oder in deren Namen die Betriebsstätte genutzt wird.

Ferienwohnungen stellen keine Betriebsstätten i.S.d. § 6 Abs. 1 RBStV dar.

§ 6 Abs. 1 RBStV definiert als Betriebsstätte jede zu einem eigenständigen, nicht ausschließlich privaten Zweck bestimmte oder genutzte ortsfeste Raumeinheit oder Fläche innerhalb einer Raumeinheit. Dabei gelten mehrere Raumeinheiten auf einem Grundstück oder auf zusammenhängenden Grundstücken, die demselben Inhaber zuzurechnen sind, als eine Betriebsstätte. Auf den Umfang der Nutzung zu den jeweiligen nicht privaten Zwecken sowie auf eine Gewinnerzielungsabsicht oder eine steuerliche Veranlagung des Beitragsschuldners kommt es nicht an. Laut der Gesetzesbegründung zu § 6 Abs. 1 RBStV (Nds. LT-Drs. 16/3437, S. 34 f.) soll die Definition des rundfunkrechtlichen Begriffs der Betriebsstätte "den Ort der potenziellen Mediennutzung außerhalb des privaten Bereichs" beschreiben.

Zwar handelt es sich bei einer Ferienwohnung um eine ortsfeste Raumeinheit, die zu einem eigenständigen, nicht ausschließlich privaten Zweck bestimmt ist und die auch den Ort der potenziellen Mediennutzung darstellt, welche laut Gesetzesbegründung zu § 5 Abs. 1 RBStV (Nds. LT-Drs. 16/3437, S. 31) im Beherbergungsgewerbe sogar "überdurchschnittlich intensiv" ist.

Aus der Gesetzessystematik ergibt sich jedoch, dass Ferienwohnungen wie auch Hotel- und Gästezimmer nicht unter den Begriff der Betriebsstätte fallen sollen, sondern lediglich einer bestehenden Betriebsstätte zugeordnet werden. Gem. § 5 Abs. 2 RBStV ist ein anteiliger Rundfunkbeitrag zu entrichten "vom Inhaber einer Betriebsstätte für jedes darin befindliche Hotel und Gästezimmer und für jede Ferienwohnung". Die Vorschrift differenziert - anders als § 5 Abs. 1 RBStV - zwischen der Betriebsstätte einerseits und Hotel-/ Gästezimmern bzw. Ferienwohnungen andererseits und stellt diese gerade nicht gleich. Handelte es sich bei einem Hotel-/ Gästezimmer bzw. einer Ferienwohnung um eine eigenständige Betriebsstätte, würde diese zusätzlich auch der Beitragspflicht des § 5 Abs. 1 RBStV unterfallen. Dem ließe sich auch nicht mit einem Verweis auf das Vorliegen einer einheitlichen Betriebsstätte nach § 6 Abs. 1 Satz 2 RBStV begegnen, wonach mehrere Raumeinheiten auf einem Grundstück oder auf zusammenhängenden Grundstücken, die demselben Inhaber zuzurechnen sind, als eine gelten. Abgesehen davon, dass sich Ferienwohnungen - außer etwa in Ferienparkanlagen - typischerweise nicht auf einem Grundstück oder auf zusammenhängenden Grundstücken befinden, soll die Vorschrift laut Gesetzesbegründung (Nds. LT-Drs. 16/3437, S. 34) mehrere Raumeinheiten "im Sinne von Haupt- und Nebengebäuden" zu einer Betriebsstätte zusammenfassen, was auf Hotel- und Gästezimmer bzw. Ferienwohnungen regelmäßig nicht zutrifft.

Im Falle einer Vermietung und Bewirtschaftung einer Ferienwohnung durch den Eigentümer ist die dazugehörige Betriebsstätte regelmäßig in der privaten Wohnung des Vermietenden gelegen (Schneider/ Siekmann, in: Binder/ Vesting, RBStV, 4. Auflage 2018, § 5 Rn. 19; wie hier, ohne Begründung: VG Schleswig, Urteil vom 19. Oktober 2015 - 4 A 277/13 -, V.n.b., a.A.: VG Köln, Urteil vom 6. Dezember 2017 - 6 K 6217/17 -, juris). Sie unterfällt damit nach § 5 Abs. 1 RBStV grundsätzlich der Beitragspflicht für Betriebsstätten, bleibt aber gem. § 5 Abs. 5 Nr. 3 RBStV beitragsfrei, wenn sie sich, wie im Regelfall, innerhalb einer beitragspflichtigen Wohnung befindet, für die bereits ein Rundfunkbeitrag entrichtet wird. Eine Beitragspflicht für die vermietete Ferienwohnung besteht für den die Ferienwohnung vermietenden Eigentümer gem. § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 RBStV erst ab der zweiten Raumeinheit, die erste Raumeinheit (Hotelzimmer, Gästezimmer, Ferienwohnung) bleibt also beitragsfrei. Mit dieser Einschränkung der Beitragspflicht sollen sog. Kleinstvermieter entlastet werden (Nds. LT-Drs. 16/3437, S. 31 f.).

Übernimmt der Eigentümer einer einzelnen Ferienwohnung deren Bewirtschaftung (z.B. Übergabe der Wohnung, Einweisung der Gäste, Kontrolle der Wohnung einschließlich Vollständigkeit des Inventars, Endreinigung, Wäschepflege und -austausch) nicht selbst, etwa weil dies für ihn aufgrund der Entfernung vom eigenen Hauptwohnsitz wirtschaftlich nicht rentabel erscheint, sondern delegiert er die damit verbundenen Aufgaben durch Dienstleistungsvertrag (§ 611 BGB) gegen Bezahlung auf einen Dritten, führt dies allein noch nicht zu einem Übergang der Rundfunkbeitragspflicht auf den Dienstleister. Auch eine auf den Dienstleister übertragene Anwerbung und Vermittlung der Vermietung, bei der dieser den Mietvertrag lediglich als Stellvertreter (§ 164 BGB) im Namen und im Auftrag des Eigentümers mit den jeweiligen Mietern abschließt, rechtfertigt den Übergang der Rundfunkbeitragspflicht vom Eigentümer auf den Vermittler nicht, da der Vermittler hierdurch gerade nicht zum Vermieter wird. Daran ändern auch weitere durch Dienstleistungsvertrag an den Vermittler übertragene Aufgaben betreffend die Bewirtschaftung der Ferienwohnung nichts. Die Beitragspflicht des Eigentümers einer Ferienwohnung geht nur dann auf einen von ihm beauftragten Vermittler über, wenn dieser das Objekt selbst, d.h. im eigenen Namen (als Vermieter) an den Gast vermietet, der Mietvertrag (§ 535 BGB) also zwischen dem Mieter und dem Verwalter zustande kommt, während zwischen dem Mieter und dem Eigentümer kein rechtliches Verhältnis besteht. Gibt der Eigentümer im Außenverhältnis seine rechtliche Stellung als (Kleinst-) Vermieter auf, führt dies nicht nur zum Wegfall der nur für Kleinstvermieter vorgesehenen Privilegierung, sondern auch zum Wegfall der Rundfunkbeitragspflicht.

Aus den von ihr beispielhaft vorgelegten Dienstleistungsverträgen (Bl. 4 f., 38 f. Beiakte) ergibt sich, dass die Klägerin die Vermietung und Betreuung an wechselnde Mieter sowie sämtliche damit verbundene Arbeiten "im Namen und Auftrag" der jeweiligen Eigentümer übernimmt. Auch laut den dazugehörigen Mietverträgen erfolgt die Vermietung der Ferienwohnungen nicht durch die Klägerin in ihrem eigenen Namen, sondern ausdrücklich im Namen der jeweiligen Eigentümer, sodass die Klägerin nicht (Miet-) Vertragspartei im Verhältnis zu den jeweiligen Mietern wird.

Auf die vom Beklagten angeführte tatsächliche Verfügungsgewalt über die Ferienwohnung kommt es dagegen ebenso wenig an wie auf eine den Eigentümern der Ferienwohnungen eingeräumte Eigennutzungsmöglichkeit.

Die Entscheidungen des Nds. Oberverwaltungsgerichts (Beschlüsse vom 24. Juni 2010 - 4 LB 118/10 - und 6. Januar 2012 - 4 LA 213/10 -, beide juris) zu der Fragestellung, ob der Eigentümer einer Ferienwohnung rundfunkbeitragspflichtig ist oder derjenige, mit dem der Eigentümer einen Vertrag über die Besorgung der Vermittlung, Vermietung und Betreuung der Wohnung geschlossen hat, sind durch die Änderung der rundfunkrechtlichen Vorschriften überholt. Der zum Zeitpunkt der Entscheidungen des Nds. Oberverwaltungsgerichts geltende Rundfunkgebührenstaatsvertrag (RGebStV) legte in § 1 Abs. 2, § 2 Abs. 2 Satz 1 fest, dass derjenige als Rundfunkteilnehmer Gebühren zu entrichten hat, der ein Rundfunkempfangsgerät zum Empfang bereithält. Mittlerweile hat sich die Rechtslage geändert, der Rundfunkgebührenstaatsvertrag wurde zum 1. Januar 2013 aufgehoben und durch den Rundfunkbeitragsstaatsvertrag vom 15./21. Dezember 2010 (Nds. GVBl. 2011 S. 186 - RBStV -) ersetzt. Die Beitragspflicht ist an das Innehaben einer Wohnung oder einer Betriebsstätte unabhängig vom Besitz eines Empfangsgeräts geknüpft, so dass es auf die Bereitstellung eines Empfangsgeräts bzw. die tatsächliche Verfügungsgewalt hierüber nicht mehr ankommt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11 ZPO.

Die Zulassung der Berufung beruht auf § 124 Abs. 2 Nr. 3 und 4 VwGO. Von grundsätzlicher Bedeutung ist die Frage, ob der Eigentümer einer Ferienwohnung rundfunkbeitragspflichtig ist oder derjenige, mit dem der Eigentümer einen Vertrag über die Besorgung der Vermittlung, Vermietung und Betreuung der Wohnung geschlossen hat. Die Kammer weicht zudem mit seiner Entscheidung von der zur früheren Rechtslage ergangenen Rechtsprechung des Nds. Oberverwaltungsgerichts ab (Beschluss vom 6. Januar 2012 - 4 LA 213/10 -).