Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 20.12.2011, Az.: 10 LC 174/09

Vereinbarkeit eines hohen Grasaufwuchses zur Vermeidung von Vogelschlag bei gleichzeitiger Verwendung als Sicherheitsflächen mit der Förderfähigkeit von landwirtschaftlich genutzten Grünlandflächen

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
20.12.2011
Aktenzeichen
10 LC 174/09
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2011, 34835
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2011:1220.10LC174.09.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Hannover - 07.10.2009 - AZ: 11 A 4106/08
nachfolgend
BVerwG - 26.11.2012 - AZ: BVerwG 3 B 17.12

Fundstelle

  • DVBl 2012, 647

Amtlicher Leitsatz

Es steht der Förderfähigkeit von landwirtschaftlich genutzten Grünlandflächen nicht entgegen, dass die Nutzung in einer Weise erfolgt, die zugleich den Zwecken des Flughafens dient (hier: überwiegend hoher Grasaufwuchs zur Vermeidung von Vogelschlag), und die Flächen auch als Sicherheitsflächen des Flughafens dienen. Eine Nutzung der Flächen für eine nichtlandwirtschaftliche Tätigkeit, welche die Förderfähigkeit nach Art. 44 Abs. 2 UAbs. 1 VO (EG) Nr. 1782/2003 ausschließt, liegt in dieser Zwecksetzung nicht.

Tatbestand

1

Der Kläger ist Landwirt und wendet sich gegen die Aufhebung und Neufestsetzung von Zahlungsansprüchen im Rahmen der einheitlichen Betriebsprämienregelung.

2

Der Kläger bewirtschaftet einen Betrieb mit Rinderhaltung. Bereits sein Vater, von dem er den Betrieb im Jahr 2001 übernommen hat, bewirtschaftete aufgrund einer "Nutzungsvereinbarung" mit der Flughafen Bremen GmbH aus dem Jahr 1992 die Grasflächen auf dem Gelände des Flughafens Bremen, wobei der Vertrag vorsah, dass alle Aufwendungen, Verwendungen, des Landwirts gleich welcher Art mit der Überlassung des Mähgutes abgegolten seien, gleichgültig welche Menge geerntet werde. Im Juli 2001 schloss der Kläger selbst mit der Flughafen Bremen GmbH einen Vertrag über die Bearbeitung der Grasflächen, die eine Größe von 160,53 ha haben und zu 16,61 ha in Niedersachsen sowie zu 143,92 ha in Bremen liegen. In dem Vertrag sind Einzelheiten zur Bearbeitung von Flächen in den drei Bereichen "A", "B" und "andere Flächen" geregelt, die insbesondere die Wuchshöhe und die Mähzeiten betreffen. Geregelt ist weiterhin, dass der Flughafen dem Kläger das Schnittgut zur Entsorgung überlässt und der Kläger berechtigt ist, das Mähgut in seinem Betrieb zu verwenden oder anderen Landwirten zur Verfügung zu stellen. Auch verpflichtet der Kläger sich, ein Kreiselmähwerk und einen Schwader auf eigene Kosten anzuschaffen. Schließlich ist die Höhe der jährlichen Vergütung - 95.000 DM zuzüglich Mehrwertsteuer - festgelegt, die alle Leistungen, Aufwendungen und Verwendungen des Klägers abdecken soll. Im Juni 2006 schloss der Kläger mit der Flughafen Bremen GmbH einen bis zum Jahr 2016 geltenden Folgevertrag mit im Wesentlichen entsprechendem Inhalt, wobei die "anderen Flächen" mit "C" bezeichnet sind. Die Vergütung beträgt danach nunmehr 60.000 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer.

3

Wegen der Einzelheiten wird auf die Nutzungsvereinbarung vom 19. Februar 1992 (BA Bl. 154 ff.) und auf den Vertrag vom 12. Juli 2001 einschließlich des Lageplans (BA Bl. 232 ff.) verwiesen.

4

Am 17. Mai 2005 beantragte der Kläger bei der Beklagten mit Antrag auf Festsetzung von Zahlungsansprüchen und Sammelantrag Agrarförderung und Agrar-Umweltmaßnahmen 2005 die Zuweisung von Zahlungsansprüchen zur Beantragung der Betriebsprämie gemäß Verordnung (EG) Nr. 1782/2003. Die zum Flughafengelände gehörenden Flächen führte er dabei im Gesamtflächen- und Nutzungsnachweis auf. Er legte außerdem die Nutzungsvereinbarung aus dem Jahr 1992 zwischen seinem Vater und der Flughafen Bremen GmbH vor.

5

Mit Bescheid vom 7. April 2006 bewilligte die Beklagte dem Kläger insgesamt 281,47 Zahlungsansprüche, wovon 160,53 Zahlungsansprüche für Dauergrünland auf die Grasflächen der Flughafen Bremen GmbH entfielen.

6

Am 17. Oktober 2007 führte ein Mitarbeiter der Beklagten auf den streitgegenständlichen Flächen eine Vor-Ort-Kontrolle durch und nahm dabei den Vertrag vom Juni 2006 zur Kenntnis. Nachdem der Kläger der Beklagten den Vertrag vom 12. Juli 2001 vorgelegt und die Beklagte ihn mit Schreiben vom 4. März 2008 angehört hatte, hob die Beklagte mit Bescheid vom 30. Juli 2008 ihren Festsetzungs- und Zuweisungsbescheid vom 7. April 2006 gemäߧ 10 Abs. 1 des Gesetzes zur Durchführung der Gemeinsamen Marktorganisationen und der Direktzahlungen (MOG) auf und setzte die Anzahl der Zahlungsansprüche unter Aussparung der Flughafenflächen auf nunmehr verbleibende 120,94 Zahlungsansprüche fest.

7

Zur Begründung führte die Beklagte aus, die Prämienvoraussetzungen lägen für die auf dem Gelände des Flughafens Bremen befindlichen Flächen nicht vor. Die Flächen seien nicht beihilfefähig, da der Kläger in Hinblick auf diese Flächen die Voraussetzungen des Art. 2 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 als Betriebsinhaber nicht erfülle. Ausweislich der Ausgestaltung des Vertrags mit der Flughafen Bremen GmbH besitze der Kläger nicht die uneingeschränkte Sachherrschaft über diese Flächen, sondern führe auftragsgemäß Pflegearbeiten nach Vorgabe der Betreibergesellschaft durch. Seine Betriebsinhabereigenschaft sei insoweit nicht gegeben. Nach § 10 Abs. 1 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 2 MOG seien rechtswidrige begünstigende Bescheide zurückzunehmen. Ein Ermessen sei ihr - abweichend von§ 48 VwVfG - nicht eingeräumt. Gem. Art. 73a Abs. 1 VO (EG) Nr. 796/2004 müsse der Betriebsinhaber zu.U.nrecht zugewiesene Zahlungsansprüche an die nationale Reserve zurückgeben.

8

Hiergegen hat der Kläger am 27. August 2008 Klage erhoben.

9

Zur Begründung hat er vorgetragen, ihm stehe die vollständige Nutzungsbefugnis an den streitgegenständlichen Flächen zu. Er nutze die Flächen zur Gewinnung von Futter zur Versorgung seines Viehbestandes. Damit erfülle er die Voraussetzung zur Bewilligung der Betriebsprämie. Die Gewährung eines zusätzlichen Entgeltes durch die Betreibergesellschaft des Flughafens schließe die Prämiengewährung nicht aus. Er besitze zudem die uneingeschränkte Sachherrschaft über die Flächen. Sie stünden ihm durchgehend für die Dauer eines 10-Monatszeitraumes zur Verfügung, eine Nutzung durch Dritte finde nicht statt. Er entscheide selbst über die Nutzung hinsichtlich der Zeit, der zu treffenden Bewirtschaftungsmaßnahmen sowie der Verwertung des Aufwuchses. Er trage allein das wirtschaftliche Risiko der Bewirtschaftung der Flächen. Darüber hinaus beruft er sich auf Vertrauensschutzgesichtspunkte.

10

Der Kläger hat beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 30.07.2008 aufzuheben.

11

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen,

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und sich auf die Begründung des angefochtenen Bescheids bezogen. Darüber hinaus hat sie auf den "Leitfaden der Bund-Länder-Arbeitsgruppe "InVeKoS/Direktzahlungen" zur Anwendung von Artikel 3 c der VO (EG) Nr. 795/2004 - Kriterien zur Abgrenzung von auf beihilfefähigen Hektarflächen zulässigen und nicht zulässigen nichtlandwirtschaftlichen Tätigkeiten" verwiesen, der Flächen auf Flughäfen und Flugplätzen von der Beihilfefähigkeit ausschließe, da eine vorwiegend nichtlandwirtschaftliche Nutzung vorliege.

13

Das Verwaltungsgericht hat der Klage nach Beweiserhebung durch Zeugenvernehmung mit Urteil vom 7. Oktober 2009 stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

14

Der Zuweisungsbescheid vom 7. April 2006 sei rechtmäßig. Die von der Beklagten beanstandeten Flächen erfüllten die "Prämienvoraussetzungen". Bei den im Eigentum der Flughafen Bremen GmbH befindlichen Flächen handele es sich um abstrakt beihilfefähige Flächen i.S.d. Art. 44 Abs. 2 VO (EG) Nr. 1782/2003, denn sie würden vom Kläger als Dauergrünland (vgl. Art. 2 Nr. 2 VO (EG) Nr. 796/2004) genutzt. Der Kläger nutze die Grundstücke seit Jahren - wie zuvor sein Vater - durchgängig als Futterflächen für Rinder, indem er die Flächen mähe und das Mahdgut an seine Tiere verfüttere. Er habe zur Verwendung des Bewuchses der mit unterschiedlichen Buchstaben gekennzeichneten Flächen detailliert vorgetragen. So eigne sich das aus den "A"-Flächen gewonnene Futter aufgrund seines hohen Rohfasergehaltes gut für die Fütterung von Färsen und Pferden. Mit dem zweijährlich durchgeführten Räumschnitt werde hochwertiges Milchviehfutter gewonnen. Auf den mit "B" gekennzeichneten Flächen hätten sich durch den kurzen Schnitt insbesondere Klee und andere hochwertige Untergräser ausgebreitet, die aufgrund ihres Proteinreichtums ebenfalls für die Milchviehfütterung geeignet seien. Dem sei die Beklagte nicht entgegengetreten.

15

Der Qualifizierung als beihilfefähiger Dauergrünlandfläche stehe nicht entgegen, dass die Flächen dem Kläger von der Flughafen Bremen GmbH überlassen worden seien. Dies gelte insbesondere für die mit dem Buchstaben "C" im Vertrag vom Juni 2006 gekennzeichneten Flächen, bestehend aus den Schlägen Nr. 53-56, 58 und 620. Diese Flächen lägen außerhalb des Sicherheitszaunes des Flughafens; sie stünden zwar im Eigentum der Bremer Flughafen GmbH, aber in keinem Zusammenhang mit dem Flugbetrieb und erfüllten angesichts ihrer Lage - im Gegensatz zu den mit "A" und "B" ausgewiesenen Flächen - auch keine flugsicherheitsrelevanten Aufgaben.

16

Aber auch bei den innerhalb des Sicherheitszaunes gelegenen "A"- und "B"-Flächen, deren Zweck für den Eigentümer die Sicherstellung des Flugbetriebs darstelle, handele es sich um beihilfefähige landwirtschaftliche Flächen i.S.d. VO (EG) Nr. 1782/2003. Nach der Verordnung sei nicht auf den abstrakten Zweck der Flächen, sondern auf ihre tatsächliche Nutzung abzustellen. Das Gericht folge zwar den im "Leitfaden der Bund-Länder-Arbeitsgruppe "InVeKoS/Direktzahlungen" zur Anwendung von Artikel 3c der VO (EG) Nr. 795/2004" niedergelegten Kriterien zur Abgrenzung von auf beihilfefähigen Hektarflächen zulässigen und nicht zulässigen nichtlandwirtschaftlichen Tätigkeiten. Hiernach seien Flächen nicht beihilfefähig, wenn sie entweder "keine landwirtschaftlichen Flächen sind und/oder nicht grundsätzlich für eine landwirtschaftliche Tätigkeit genutzt werden und/oder hauptsächlich für eine nichtlandwirtschaftliche Tätigkeit genutzt werden". Nicht zu folgen sei indessen der im Leitfaden genannten Schlussfolgerung, dass auch Flughäfen und Flugplätze generell in die Kategorie der "hauptsächlich für eine nichtlandwirtschaftliche Tätigkeit genutzten Flächen" fielen und damit als prämienfähige Flächen ausschieden. Eine solche Beschränkung lasse sich nicht der VO (EG) Nr. 1782/2003 entnehmen. Die Nutzung der streitigen Flughafenflächen durch den Kläger stehe im Sinne der VO (EG) Nr. 1782/2003 im Vordergrund. Dabei komme es für das Erfüllen des Begriffs der Nutzung auf die ganz konkrete Inanspruchnahme der Fläche an. Diese werde ausschließlich durch den Kläger bearbeitet, wie es - auch - seinen Betriebszwecken diene. Die Flächen würden von der Flughafengesellschaft konkret nicht in Anspruch genommen, es handele sich insbesondere nicht um Verkehrsflächen oder um Standplätze für Beleuchtung o. ä. Wie sich aus den bei der Akte befindlichen Einzeichnungen des Klägers in die einzelnen Feldblockkarten ergebe, seien derartige Bereiche aus den angemeldeten Flächen herausgenommen worden. Die nichtlandwirtschaftliche "Nutzung" durch die Flughafen Bremen GmbH erschöpfe sich in dem bloßen Vorhalten der Grundstücke, sie müssten für den Betrieb vorhanden sein und sollten gerade nicht betreten oder befahren werden, der Flughafenbetreiber wolle nur durch die vom Kläger geschuldeten Tätigkeiten in die Flächen eingreifen. Als Sicherheitsbereich des Flughafens trügen sie dazu bei, dass Flugzeuge, die bei einem Zwischenfall von der Start- und Landebahn abkämen, keine Schäden erlitten.

17

Dabei seien die rechtlichen Grundlagen für die Nutzung nicht auf bestimmte Vertragstypen wie Eigentum und Pacht beschränkt. DieVO (EG) Nr. 1782/2003 und die weiteren Verordnungen (EG) Nr. 795/2004 und Nr. 796/2004 normierten an keiner Stelle, in welchen rechtlichen Beziehungen der Betriebsinhaber zu den Flächen stehen müsse. Atypische Verträge wie der Vertrag des Klägers mit der Bremer Flughafen GmbH stellten daher keinen Ausschlussgrund dar. Diese Offenheit des rechtlichen Rahmens bedinge, dass auch die vom Flughafen Bremen in nicht unerheblichem Maße erbrachte Gegenleistung die Prämienfähigkeit der Flächen nicht entfallen ließe. Nach den Ausführungen des Klägers und des Zeugen A. im Termin zur Beweisaufnahme habe die vom Flughafen an den Kläger entrichtete Vergütung zudem vorrangig nicht die Funktion eines Werklohns, sondern diene der Refinanzierung des vom Kläger - speziell für die Mahd der Flughafenflächen zur Gewährleistung der Schnitthöhe - angeschafften Mähwerks.

18

Die tatsächliche Verfügbarkeit der Flächen für den Kläger sei durch die vertraglichen Regelungen nicht so weit eingeschränkt, dass dies die Annahme rechtfertige, dem Kläger stünden die Flächen im 10-Monatszeitraum des Art. 44 Abs. 3 VO (EG) Nr. 1782/2003 nicht zur Verfügung. Dabei sei der Beklagten zuzugeben, dass der Wortlaut der vom Kläger vorgelegten vertraglichen Vereinbarung in seiner schriftlichen Version den Verfügungsumfang einschränke. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zum Nutzungsumfang der in drei Bereiche mit den Buchstaben "A", "B" und "C" für sonstige Flächen aufgeteilten Areals stehe aber zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Kläger alle Flächen uneingeschränkt landwirtschaftlich nutzen könne. Die Restriktionen wie der Verzicht auf Herbizide und Düngung seien auch Bestandteil von Naturschutzvorgaben und stellten die Qualifikation als beihilfefähige Fläche nicht in Frage. Dies gelte nicht nur für die im Plan mit dem Buchstaben "C" gekennzeichneten Flächen, die für den Kläger frei zugänglich seien. Auch für die mit "A" und "B" gekennzeichneten Flächen gelte trotz der vorhandenen Vorgaben nichts anderes. Sowohl der Kläger als auch der Zeuge A. hätten bekundet, dass der Kläger die Flächen ohne vorherige Genehmigung jederzeit betreten und mit landwirtschaftlichen Geräten befahren dürfe. Der Kläger persönlich sei sicherheitsüberprüft und müsse sich beim Betreten des Flughafens lediglich ausweisen. Allein hinsichtlich derjenigen Flächen, die an die Landebahn angrenzten, sei danach zum Betreten eine Abstimmung mit dem Tower des Flughafens notwendig. Da für den Bremer Flughafen allerdings ein Nachtflugverbot zwischen 22.00 Uhr und 06.00 Uhr bestehe, bewirtschafte der Kläger nach seinem Bekunden in dem Termin zur Beweisaufnahme diese Flächen regelmäßig in diesen Zeiten, so dass auch insoweit eine Abstimmung mit dem Tower nicht erforderlich sei. Der Kläger und der Zeuge hätten darüber hinaus bekundet, dass der Kläger auf allen Flächen (A, B und C) nach Bedarf und nach eigenem Ermessen landwirtschaftliche Pflegemaßnahmen durchführen, diese bspw. bei Bedarf abschleppen, walzen und ggf. auch nachsähen könne. Die vom Flughafen vorgegebene Mähhöhe auf den A-Flächen diene dem Schutz vor Vogelschlag, da Vögel Grasflächen ab einer bestimmten Grashöhe mieden. Diese Schnittpraxis habe sich nach dem Bekunden des Klägers auch unter landwirtschaftlichen Gesichtspunkten als so vorteilhaft erwiesen, dass diese Mähweise von ihm auch auf anderen als den Flughafenflächen angewandt werde. Auch die restriktiven Düngungsvorgaben stellten keine relevante Einschränkung der Nutzbarkeit der Flächen dar. Im Rahmen des ebenfalls vom Kläger durchgeführten Winterdienstes auf dem Flughafen gerieten nach seinem Vorbringen größere Mengen an Harnstoff auf die Flächen, so dass eine weitere Düngung nicht erforderlich sei. Hinsichtlich der Festlegung des Mähzeitpunktes für die A-Flächen im Juli/August im Vertrag habe der Zeuge A. bekundet, dass dies nur grundsätzlich eine Orientierung darstellen solle. Sofern durch Witterungsverhältnisse ein späterer Schnitt für den Kläger sinnvoller sei und der spätere Mähzeitpunkt im Einklang mit den Interessen des Flughafens stehe, sei auch eine spätere Mahd möglich. Ein solcher Widerspruch zu den Interessen des Flughafens habe sich danach bisher nicht ergeben.

19

Der Kläger erhalte für die die Bremer Flughafen GmbH begünstigenden Wirkungen seiner Arbeiten auf den Flughafenflächen ein Entgelt. Dies steigere zwar das wirtschaftliche Ergebnis seines Betriebes, entledige ihn aber nicht des wirtschaftlichen Risikos der Bewirtschaftung. Der Kläger habe in die Anpassung seiner landwirtschaftlichen Geräte zur Auftragsübernahme dort erheblich investiert. Das von der Bremer Flughafen GmbH gezahlte Entgelt fließe in die Refinanzierung dieser Investitionen. Sollte es zur Beendigung des Vertrages kommen und diese Refinanzierungsquelle ausscheiden, habe sich die Bremer Flughafen GmbH folgerichtig verpflichtet, eine anteilige Entschädigung für den getätigten finanziellen Aufwand zu leisten.

20

Das Verwaltungsgericht hat die Berufung zugelassen, ohne einen Zulassungsgrund zu benennen.

21

Gegen das Urteil führt die Beklagte die Berufung. Sie trägt ergänzend zu ihrem erstinstanzlichen Vorbringen vor:

22

Im Leitfaden der Bund-Länder-Arbeitsgruppe InVeKoS zur Anwendung von Artikel 3 c VO (EG) Nr. 795/2004 vom 4. Juni 2009 (Erlass BML 424-40402/0002) sei ausgeführt, dass Flughäfen und Flugplätze zu den Flächen zählten, die dauerhaft nicht landwirtschaftlich genutzt würden. In dem Leitfaden werde als Abgrenzungskriterium neben der bloßen Nutzungsmöglichkeit auch die entgeltliche oder unentgeltliche Nutzung als Kriterium benannt. Letztere sei ein Indiz dafür, dass der Hauptzweck der Flächennutzung die landwirtschaftliche Tätigkeit sei. Ein Entgelt sei demgegenüber Indiz dafür, dass die landwirtschaftliche Tätigkeit nicht im Vordergrund stehe. Vorliegend sei es der Gesamtzweck der zwischen dem Kläger und der Flughafen Bremen GmbH abgeschlossenen Vereinbarung, die Flächen in dem Zustand zu erhalten, der aus Sicht des Flughafenbetreibers erforderlich sei. Der landwirtschaftliche Zweck stehe nach den Verträgen nicht im Vordergrund. Hierfür sprächen die nicht unerhebliche Entlohnung des Klägers, welche die ansonsten in der Landwirtschaft üblichen Sätze für vergleichbare Tätigkeiten weit übersteige, sowie die genauen Pflegevorgaben im Vertrag. Im Hinblick auf die Vergütung sei auch zu prüfen, ob eine unzulässige Doppelförderung des Klägers vorliege, weil die Flughafen Bremen GmbH zu einhundert Prozent der Stadt Bremen gehöre.

23

Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der Rechtsprechung des EuGH. Der EuGH sei im Urteil "Bad Dürkheim" (Rechtssache C-61/09) davon ausgegangen, dass es für die Anerkennung einer Fläche als beihilfefähig auf die tatsächliche landwirtschaftliche Nutzung ankomme. An der tatsächlichen Nutzung der A- und B- Flächen als Dauergrünland bestünden Zweifel. Die Eignung des Grases auf den Flächen in der Nähe der Rollbahnen sei wegen der aus den Abgasen der Flugzeuge beim Start und aus dem Abrieb der Reifen bei der Landung folgenden Schadstoffbelastungen mehr als zweifelhaft. Der Kläger habe auch nicht nachgewiesen, dass der Aufwuchs tatsächlich an Tiere verfüttert werde. Der Kläger bewirtschafte neben den Flughafenflächen etwa 100 ha weitere Flächen, habe im Jahr 2005 aber nur 104 Rinder, Milchkühe und Kälber gehalten. Für jedes Rind würden etwa 1 ha Grünland benötigt. Der Kläger erzeuge mithin mehr Grünfutter als er benötige. Er habe auch nicht vorgetragen und belegt, dass er überschüssiges Grünfutter verkaufe.

24

Die Flächen würden auch nicht hauptsächlich landwirtschaftlich genutzt, sondern dienten ausschließlich oder jedenfalls hauptsächlich der Luftverkehrssicherheit. Auf die hauptsächliche Nutzung komme es aber auch nach der Rechtsprechung des EuGH in der Rechtssache C-61/09 an. Der Wortlaut der einschlägigen Vorschriften bringe zwar kein klares Ergebnis. Nach dem EuGH sei die tatsächliche Nutzung aber eine notwendige, wenn auch nicht hinreichende Begründung für die Förderfähigkeit einer Fläche. Diese könne ausgeschlossen sein, wenn auch nicht durch die in der Rechtssache C-61/09 beurteilte Nutzung zu Naturschutzzwecken. Dass die hauptsächliche landwirtschaftliche Tätigkeit Fördervoraussetzung sei, ergebe sich auch aus systematischen Erwägungen. Art. 29 VO (EG) Nr. 1782/2003 schließe einen Anspruch auf Zahlung der Betriebsprämie aus, wenn er künstlich geschaffen werde. Käme es allein auf die tatsächliche Nutzung von Flächen an, könnte ein unrechtmäßiger Nutzer Zahlungsansprüche entgegen der genannten Bestimmung aktivieren. Zu beachten sei auch Art. 34 VO (EG) Nr. 73/2009, der als Nachfolgeregelung des Art. 44 Abs. 2 VO (EG) Nr. 1782/2003 insoweit eine Klarstellung enthalte, als es auf die hauptsächliche landwirtschaftliche Nutzung einer Fläche ankomme. Eine hauptsächliche landwirtschaftliche Nutzung liege nach Art. 3 c VO (EG) Nr. 795/2004, geändert durch VO (EG) Nr. 370/2009, vor, wenn die landwirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt werden könne, ohne durch die Intensität, Art, Dauer oder den Zeitpunkt der nichtlandwirtschaftlichen Tätigkeit stark eingeschränkt zu sein. Im vorliegenden Fall werde die landwirtschaftliche Tätigkeit stark durch die Flughafennutzung eingeschränkt. Dies betreffe den Zugang zu den Flächen hinsichtlich der Dauer und der Zeit sowie die vorgegebenen Bewuchshöhen und die Entsorgungspflicht hinsichtlich des Mähguts. Insbesondere sei die zeitliche Verfügbarkeit der Flächen stark eingeschränkt, weil sie nur nachts - während des Nachtflugverbots - gemäht werden könnten. Umgerechnet könnten sie also nur während 9 Monaten des Jahres gemäht werden. Schließlich begründe auch nach Sinn und Zweck der Agrarförderung, nämlich der Sicherung einer angemessenen Lebenshaltung für die Landwirte, eine nur geringfügige landwirtschaftliche Nutzung von Flächen nicht deren Förderfähigkeit. Andere Zwecke, wie die der Sicherstellung des Flughafenbetriebs oder gewerbliche Zwecke, sollten gerade nicht unterstützt werden.

25

Die Flächen seien dem Betrieb des Klägers wegen der Einschränkungen der zeitlichen Verfügbarkeit und der Vorgaben zu den Bewuchshöhen nicht zuzurechnen. Gegen eine Zurechnung spreche auch die Vergütung. Schließlich seien die Flächen nicht förderfähig, weil sie nicht zum Zweck der Kontrolle zu begehen seien.

26

Im Übrigen beziehe sich die Entscheidung des EuGH in der Rechtssache C-61/09 ("Bad Dürkheim") nur auf die Nutzungszwecke Umweltschutz und Landwirtschaft und könne nicht auf anders gelagerte Sachverhalte übertragen werden. Auf andere gleichzeitige oder hauptsächliche nichtlandwirtschaftliche Nutzungen sei sie nicht übertragbar. Bei nichtlandwirtschaftlichen Nutzungen komme es vielmehr darauf an, ob die landwirtschaftliche Nutzung zumindest die hauptsächliche sei.

27

Nachdem die Beklagte hinsichtlich der außerhalb des Sicherheitszaunes des Flughafens Bremen gelegenen Flächen ("C-Flächen") zu einer Größe von 20,03 ha die Berufung mit Schriftsatz vom 17. November 2010 zurückgenommen hat, beantragt sie nunmehr,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover vom 7. Oktober 2009 - 11 A 4106/08 - zu ändern und die Klage abzuweisen, soweit sie die Berufung nicht zurückgenommen hat.

28

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen,

29

und erwidert im Wesentlichen, es komme nach Art. 2 a VO (EG) Nr. 795/2004 nur darauf an, ob eine bestimmte Fläche landwirtschaftlich genutzt werde. Nach einem Haupt- und einem Nebenzweck differenziere die Regelung nicht. Die Beklagte setze sich auch nicht damit auseinander, dass vor der Antragstellung von der Landwirtschaftsverwaltung ein Verzeichnis der Feldblöcke mit Angabe der jeweiligen Nutzungsart herausgegeben worden sei, das auch zwischen landwirtschaftlichen Flächen und nicht landwirtschaftlichen Flächen differenziere. Die streitgegenständlichen Flächen seien in dem amtlichen Feldblockkataster als Grünlandflächen bezeichnet worden. Die von ihm bewirtschafteten Flächen dienten im Übrigen ausschließlich der Futterwerbung und nicht dem Flughafen. Es bestünden lediglich Beschränkungen insoweit, als dass diese Flächen von einer Bebauung freigehalten werden müssten und dass aus Sicherheitsgründen auf ihnen kein öffentlicher Verkehr erfolgen dürfe. Dies gelte auch für die Umgebung von Windkraftanlagen; auch hier könne nicht argumentiert werden, dass nicht die landwirtschaftliche Nutzung der Flächen um diese Anlagen im Vordergrund stehe, sondern ihre Nutzung zum Zwecke des Betriebs der Windkraftanlage. Dass vorliegend keine landwirtschaftliche Nutzung stattfinde, treffe nicht zu, das Gras werde seit Jahren an Rinder und insbesondere Milchkühe ohne Beanstandungen verfüttert. Unzutreffend sei auch, dass das Gras wegen der Diskrepanz des Tier-/Flächenverhältnisses nicht verfüttert werde. Er - der Kläger - gebe in erheblichem Umfang Futter (Grassilage und Heu) an andere Landwirte und den Tierfutterhersteller Vitakraft ab. Er beabsichtige auch, seinen Tierbestand auszuweiten.

30

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte, insbesondere das Protokoll über den erstinstanzlichen Erörterungstermin und Termin zur Beweisaufnahme vom 23. Juli 2009, sowie die Beiakte der Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

31

I.

Soweit die Beklagte die Berufung zurückgenommen hat, ist das Berufungsverfahren einzustellen (§§ 126 Abs. 3 Satz 1, 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO).

32

II.

Im Übrigen ist die Berufung zulässig, aber unbegründet.

33

Der Statthaftigkeit der Berufung steht nicht entgegen, dass das Verwaltungsgericht diese ausweislich des Tenors des angefochtenen Urteils vom 7. Oktober 2009 zugelassen hat, seine Entscheidung insoweit aber nicht begründet hat. Gemäß § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO lässt das Verwaltungsgericht die Berufung zu, wenn die Gründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) oder der Divergenz von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) vorliegen. Aus welchem der beiden Gründe das Verwaltungsgericht die Berufung zugelassen hat, ergibt sich aus den Entscheidungsgründen nicht. Die fehlende Angabe des Zulassungsgrundes, die einen bloßen Begründungsmangel darstellt, macht die Zulassung allerdings nicht unwirksam (Kopp/Schenke, VwGO, 17. Aufl. 2011, § 124a Rz. 10). Denn das Oberverwaltungsgericht ist nach § 124a Abs. 1 Satz 2 VwGO an die Zulassung der Berufung gebunden. Ist es mithin gehindert, das Vorliegen der Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 und Nr. 4 VwGO zu überprüfen, können sich aus dem Fehlen einer Begründung auch keine nachteiligen Rechtsfolgen für den Berufungsführer ergeben. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Bindungswirkung nach § 124a Abs. 1 Satz 2 VwGO ausnahmsweise nicht besteht, etwa wenn gegen eine Entscheidung der getroffenen Art keine Berufung statthaft ist, weil diese sondergesetzlich ausgeschlossen ist (ebd., Rz. 11). Dies ist hier aber nicht der Fall.

34

In der Sache hat die Berufung keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben und den Bescheid vom 30. Juli 2008 aufgehoben. Der Bescheid ist formell zwar rechtmäßig (1.), materiell aber rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten,§§ 125 Abs. 1 Satz 1, 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO (2.).

35

1.

Der Bescheid vom 30. Juli 2008 ist formell rechtmäßig. Insbesondere ist die Beklagte zuständig für die Aufhebung des Bescheids vom 7. April 2006 über die Zuweisung von Zahlungsansprüchen und die Neufestsetzung der Zahlungsansprüche. Dies gilt auch für die auf dem Gebiet der Freien Hansestadt Bremen belegenen Flächen der Flughafen Bremen GmbH zu einer Größe von 143,92 ha (BA Bl. 252), die der Kläger pflegt. Nach § 2 Abs. 1 in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Buchst. b und Abs. 2 Nr. 1 der Verordnung über die Durchführung von Stützungsregelungen und des Integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems - InVeKoS-Verordnung - vom 3. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3194) in der Fassung der Verordnung zur Änderung derBetriebsprämiendurchführungsverordnung, der InVeKoS-Verordnung, der Direktzahlungen-Verpflichtungenverordnung und der Seefischereiverordnung - BetrPrämDurchfVuaÄndV 2008 - vom 8. Mai 2008 (BGBl. I S. 801) ist für die Durchführung der einheitlichen Betriebsprämie die nach Landesrecht zuständige Stelle (Landesstelle) des Landes zuständig, in dem der Betriebsinhaber seinen Betriebssitz hat. Die Durchführung der Betriebsprämienregelung erfasst nicht nur die Zuteilung von Zahlungsansprüchen, sondern auch - als actus contrarius - den Einzug von Zahlungsansprüchen. Der für die Zuständigkeit maßgebliche Betriebssitz des Klägers liegt in Niedersachsen. Für Niedersachsen ist die Beklagte die Landesstelle nach § 2 Nr. 2 der Verordnung über die Übertragung von Aufgaben auf die Landwirtschaftskammern vom 20. Dezember 2004 (Nds. GVBl. S. 621) i.d.F. der Verordnung vom 19. Juni 2007 (Nds. GVBl. S. 235).

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2.

Der Bescheid vom 30. Juli 2008 ist materiell rechtswidrig.

37

a. Rechtsgrundlage für die Rücknahme des Bescheids vom 7. April 2006 ist § 10 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Durchführung der Gemeinsamen Marktorganisationen und der Direktzahlungen - MOG - in der zum Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung geltenden Fassung vom 24. Juni 2005 (BGBl. I S. 1847). Danach sind rechtswidrige begünstigende Bescheide in den Fällen der §§ 6 und 8 MOG, auch nachdem sie unanfechtbar geworden sind, zurückzunehmen; § 48 Abs. 2 bis 4 und § 49a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 VwVfG sind anzuwenden.

38

Für die Anwendung des § 10 Abs. 1 Satz 1 MOG kommt es nur darauf an, ob der Regelungsbereich der darin in Bezug genommenen Vorschriften der §§ 6 und 8 MOG den vorliegenden Fall umfasst. Denn § 10 Abs. 1 Satz 1 MOG spricht nicht von Bescheiden, die auf Rechtsverordnungen nach §§ 6 oder 8 MOG beruhen, sondern nur von Bescheiden in den Fällen der §§ 6 und 8 MOG (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.12.1993 - 3 C 18.91 -, RdL 1994, 189). Die dem Kläger zugeteilten und mit dem streitgegenständlichen Bescheid wieder entzogenen Zahlungsansprüche unterfallen als Direktzahlungen im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 2 MOG dem Anwendungsbereich dieses Gesetzes. Zu den Direktzahlungen gehört auch die einheitliche Betriebsprämie nach Titel III der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 des Rates vom 29. September 2003 mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe (ABl. L 270, S. 1) in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 118/2005 der Kommission vom 26. Januar 2005 (ABl. L 24, S. 15); vgl. Begründung des Gesetzentwurfs zur Umsetzung der Reform der gemeinsamen Agrarpolitik vom 20. Februar 2004, BT-Drs. 15/2553, S. 29. Zahlungsansprüche sind Teil der Betriebsprämienregelungen nach Titel III VO (EG) Nr. 1782/2003.

39

§ 10 MOG geht den Regelungen über die Rücknahme rechtswidriger begünstigender bzw. den Widerruf rechtmäßiger Verwaltungsakte in § 1 Abs. 1 des Niedersächsischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (Nds. VwVfG) vom 3. Dezember 1976 (Nds. GVBl. S. 311) i.V.m. §§ 48, 49 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) vor. Denn nach § 1 Abs. 1 Nds. VwVfG und § 1 Abs. 1 VwVfG gilt das Verwaltungsverfahrensgesetz nur in dem Umfang für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden, soweit nicht Rechtsvorschriften des Landes oder des Bundes eine inhaltsgleiche oder eine entgegenstehende Regelung enthalten. Eine solche Regelung ist in§ 10 Abs. 1 und 2 MOG zu sehen.

40

Das Unionsrecht hindert die Anwendung des § 10 MOG nicht. Denn es weist im gegenwärtigen Stand keine Rechtsvorschriften auf, welche die Befugnis der Behörde dem Beihilfeempfänger gegenüber regeln, in der Durchführung des Gemeinschaftsrechts gewährte Prämien und Beihilfen zu widerrufen oder zurückzunehmen (vgl. EuGH,Urt. v. 19.09.2002 - Rs. C-336/00 -, Huber, Slg. 2002, I-7699, Rz. Rn. 54 ff.; Urt. v. 13.03.2008 - C-383/06 -, Vereniging Nationaal Overlegorgaan Sociale Werkvoorziening, Slg. 2008, S. I-1561, Rz. 48 = DStZ 2008, 153; und v. 15.01.2009 - C-281/07 - Bayerische Hypotheken- und Vereinsbank, Slg. 2009, S. I-91, Rz. 24; vgl. auch BVerwG, Urt. v. 10.12.2003 - 3 C 22.02 -, [...] Rz. 16 f.). Dies gilt auch für die Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 und die hierzu ergangenen Durchführungsverordnungen der Kommission. Für sie giltArt. 8 VO (EG) Nr. 1258/1999 des Rates vom 17. Mai 1999 über die Finanzierung der Gemeinsamen Agrarpolitik, nach dem die Mitgliedstaaten alle erforderlichen Maßnahmen treffen müssen, um sich von der tatsächlichen und ordnungsgemäßen Durchführung der vom Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft (EAGFL), Abteilung Garantie, finanzierten Maßnahmen zu überzeugen und Unregelmäßigkeiten zu verhindern und zu ahnden (vgl. Erwägungsgrund 10 zur VO (EG) Nr. 1782/2003). Um die Wirksamkeit und Nützlichkeit der (mitgliedstaatlichen) Verwaltungs- und Kontrollmechanismen zu verbessern, sieht die Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 in Titel II Kapitel 4 lediglich vor, die Direktzahlungen und Stützungsregelungen, die Kontrolle der Einhaltung anderweitiger Verpflichtungen, die Modulation und die Betriebsberatung in das integrierte Verwaltungs- und Kontrollsystem einzubeziehen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus Art. 73a Abs. 1 UAbs. 1 VO (EG) Nr. 796/2004 der Kommission vom 21. April 2004 mit Durchführungsbestimmungen zur Einhaltung anderweitiger Verpflichtungen, zur Modulation und zum Integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystem gemäß der Verordnungen (EG) Nr. 1782/2003 (ABl. L 141, S. 18) i.d.F. der Verordnung (EG) Nr. 436/2005 der Kommission vom 17. März 2005 (ABl. L 72, S. 4). Wird nach der Zuweisung von Zahlungsansprüchen festgestellt, dass bestimmte Zahlungsansprüche zu.U.nrecht zugewiesen wurden, so muss der betreffende Betriebsinhaber nach dieser Bestimmung die zu.U.nrecht zugewiesenen Zahlungsansprüche an die nationale Reserve zurückgeben. Gemäß Art. 73a Abs. 1 UAbs. 3 VO (EG) Nr. 796/2004 gelten die zu.U.nrecht zugewiesenen Zahlungsansprüche als von Anfang an nicht zugewiesen. Die Befugnis der nationalen Behörden, einen Bescheid über die Zuweisung von Zahlungsansprüchen aufzuheben, ergibt sich aus den genannten Bestimmungen nicht.

41

b. Die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Satz 1 MOG liegen nicht vor. Der Bescheid vom 7. April 2006 ist rechtmäßig; die Beklagte hat dem Kläger zu Recht auch für die Grünlandflächen "A" und "B" auf dem Gelände des Flughafens Bremen Zahlungsansprüche zugewiesen.

42

Der Entscheidung des Rechtsstreits sind die Vorschriften zugrunde zu legen, die sich für das Antragsjahr 2005 Geltung beilegten. Hiernach sind Art. 44 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1782/2003 in der o.g. Fassung sowie Art. 2 Buchst. e der Verordnung (EG) Nr. 795/2004 der Kommission vom 21. April 2004 mit Durchführungsbestimmungen zur Betriebsprämienregelung (ABl. Nr. 1 141 S. 1) in der Fassung derVerordnung (EG) Nr. 394/2005 der Kommission vom 8. März 2005 (ABl. Nr. 1 63 S. 17) in Verbindung mit Art. 2 Abs. 2 VO (EG) Nr. 796/2004 in der o.g. Fassung maßgeblich. Weiter finden das Gesetz zur Durchführung der einheitlichen Betriebsprämie - BetrPrämDurchfG - vom 21. Juli 2004 (BGBl. I S. 1763) und die Verordnung zur Durchführung der einheitlichen Betriebsprämie (Betriebsprämiendurchführungsverordnung - BetrPrämDurchfV - vom 3. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3204) Anwendung.

43

Im Rahmen der einheitlichen Betriebsprämienregelung werden die Beihilfen gemäß Art. 36 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1782/2003 auf der Grundlage von Zahlungsansprüchen gezahlt. Dem Betriebsinhaber werden Zahlungsansprüche zugewiesen, die der Hektarzahl der Flächen entspricht, die er im ersten Jahr der Anwendung der Betriebsprämienregelung angemeldet hat (Art. 43 i.V.m. Art. 58, Art. 59 Abs. 4 VO (EG) Nr. 1782/2003 i.V.m § 2 BetrPrämDurchfG). Gemäß Art. 44 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1782/2003 gibt jeder Zahlungsanspruch zusammen mit je einem Hektar beihilfefähiger Fläche Anspruch auf Zahlung des mit dem Zahlungsanspruch festgesetzten Betrags. Eine "beihilfefähige Fläche" im Sinne des Art. 44 Abs. 2 der Verordnung ist jede landwirtschaftliche Fläche des Betriebs, die als Ackerland (Art. 2 Buchst. a VO (EG) Nr. 795/2004 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 VO (EG) Nr. 796/2004) oder Dauergrünland (Art. 2 Buchst. e VO (EG) Nr. 795/2004 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 2 VO (EG) Nr. 796/2004) genutzt wird, ausgenommen Dauerkulturen, Wälder oder nicht für landwirtschaftliche Tätigkeiten (Art. 2 Buchst. c VO (EG) Nr. 1782/2003) genutzte Flächen; hierzu zählen ferner unter eine vorübergehende Stilllegungsverpflichtung fallende Flächen (Art. 44 Abs. 2 UAbs. 2 VO (EG) Nr. 1782/2003). Die Parzellen müssen dem Betriebsinhaber für einen Zeitraum von mindestens zehn Monaten zur Verfügung stehen, wobei der Beginn dieser Frist, der nicht vor dem 1. September des Kalenderjahres liegt, das dem Jahr vorausgeht, in dem der Antrag auf Gewährung der einheitlichen Betriebsprämie gestellt wurde, vom Betriebsinhaber zu bestimmen ist (Art. 44 Abs. 3 UAbs. 2 VO (EG) Nr. 1782/2003, § 3 Abs. 1 BetrPrämDurchfV).

44

Bei den Flächen "A" und "B" auf dem Gelände des Flughafens Bremen handelt es sich um beihilfefähige Flächen des Betriebs des Klägers.

45

aa. Diese nunmehr noch streitgegenständlichen Flächen sind Dauergrünland und damit landwirtschaftliche Flächen.

46

Der Begriff der landwirtschaftlichen Fläche ist in Art. 2 Buchst. a VO (EG) Nr. 795/2004 definiert als Gesamtheit der Flächen an Ackerland, Dauergrünland und Dauerkulturen. Dauergrünland sind nach Art. 2 Buchst. e VO (EG) Nr. 795/2004 in Verbindung mit Art. 2 Nr. 2 VO (EG) Nr. 796/2004 Flächen, die durch Einsaat oder auf natürliche Weise (Selbstaussaat) zum Anbau von Gras oder anderen Grünfutterpflanzen genutzt werden und mindestens fünf Jahre lang nicht Bestandteil der Fruchtfolge des landwirtschaftlichen Betriebs waren. Art. 2 Abs. 2a VO (EG) Nr. 796/2004 definiert Gras oder andere Grünfutterpflanzen als alle Grünpflanzen, die herkömmlicherweise in natürlichem Grünland anzutreffen oder normalerweise Teil von Saatgutmischungen für Grünland oder Wiesen in den Mitgliedstaaten sind, und zwar unabhängig davon, ob die Flächen als Viehweiden genutzt werden.

47

Ob es sich bei einer Fläche um Ackerland oder Dauergrünland und damit um eine landwirtschaftliche Fläche handelt, hängt von der tatsächlichen Nutzung der betreffenden Fläche ab (EuGH, Urt. v. 14.10.2010 - Rs. C-61/09 -, Bad Dürkheim, noch nicht in amtl. Slg., EuZW 2011, 58, 59, Rz. 37).

48

Nach dieser Maßgabe handelt es sich bei den Flächen "A" und "B" um landwirtschaftliche Flächen. Sie werden als Dauergrünland genutzt. Die Pflege und Mahd der Flächen erschöpft sich nicht in landschaftspflegerischen Maßnahmen nach den Vorgaben des Vertragspartners, wie sie auch ein Unternehmen des Garten- und Landschaftsbaus auf einer Grasfläche durchführen könnte. Die Tätigkeit des Klägers auf den Flächen stellt vielmehr eine landwirtschaftliche Tätigkeit dar, weil sie der Gewinnung eines landwirtschaftlichen Erzeugnisses dient. Der Kläger baut seit Abschluss des Vertrages aus dem Jahr 2001 auf den Flächen Gras und andere Grünfutterpflanzen wie Klee an. Im Rahmen seiner informatorischen Befragung in der mündlichen Verhandlung vom 20. Dezember 2011 wiederholte er seine Angaben aus dem Erörterungstermin vor dem Verwaltungsgericht, die Flächen nach Bedarf im zeitigen Frühjahr nachzusähen, und insgesamt darauf zu achten, dass der Aufwuchs als Futter verwertbar sei. Ergänzend gab er an, dass die Nachsaat mit geeigneten Saatmischungen wegen der nachlassenden Qualität des Bodens in den vergangenen Jahren immer wichtiger geworden sei, nachdem sich der aus der Zeit der intensiven Bewirtschaftung der streitgegenständlichen Flächen vor dem Jahr 2001 noch im Boden befindliche Dünger verbraucht habe.

49

Ihren Einwand, das auf den Flächen des Flughafens wachsende Gras sei als Grünfutter ungeeignet, weil es mit Schadstoffen aus den Abgasen der Flugzeuge und dem Abrieb der Reifen der Flugzeuge belastet sei, hat die Beklagte ausweislich ihres Schriftsatzes vom 1. Februar 2011(GA Bl. 177), in dem sie die landwirtschaftliche Verwertung des Mähguts nicht in Abrede gestellt hat, nicht weiter aufrecht erhalten. Dies bestätigte auf Nachfrage der Beklagtenvertreter auch in der mündlichen Verhandlung. Es bestehen im Übrigen keine begründeten Zweifel daran, dass der Aufwuchs auf den Flächen des Flughafens als Tierfutter geeignet ist. Der Kläger hat zur Eignung des Aufwuchses vorgetragen, sein Vater habe das Gras vor der Übernahme der Verpflichtungen aus der Nutzungsvereinbarung (1992) untersuchen lassen; dabei sei festgestellt worden, dass das Gras als Grünfutter unbedenklich sei. Das Gutachten liegt dem Senat zwar nicht vor. Eine weitergehende Sachverhaltserforschung ist indes nicht erforderlich. Aus den Verträgen aus den Jahren 2001 und 2006 geht hervor, dass die Vertragsparteien davon ausgingen, der Aufwuchs sei als Tierfutter geeignet. In diesen Verträgen ist unter Ziffer 2 Satz 2 geregelt, dass der Kläger berechtigt ist, das Mähgut in seinem Betrieb zu verwenden oder anderen Landwirten zur Verfügung zu stellen. Entsprechendes gilt für den Vertrag ("Nutzungsvereinbarung"), den der Vater des Klägers im Jahr 1992 mit der Flughafen Bremen GmbH geschlossen hatte.

50

Dem steht auch nicht entgegen, dass die Flughafen Bremen GmbH nach Ziffer 6 Satz 2 des Vertrages aus dem Jahr 2001 keine Gewähr für Größe, Güte, Eigenschaft und Eignung der zu mähenden Fläche übernimmt. Diese Regelung lässt im Kontext der übrigen Regelungen und des Vorläufervertrages aus dem Jahr 1992 nicht den Rückschluss zu, dass die Vertragsparteien davon ausgingen, der Aufwuchs sei grundsätzlich nicht als Grünfutter geeignet. Die Regelung nimmt lediglich eine Risikoverteilung zu Lasten des Klägers auch für den Fall vor, dass das Mähgut hierfür nicht geeignet sein sollte. Es ist nicht auszuschließen, dass Grünlandflächen etwa aufgrund langer Phasen der Trockenheit oder starken andauernden Regens keinen für die landwirtschaftliche Nutzung geeigneten Aufwuchs hervorbringen. Wie der Kläger selbst eingeräumt hat, ist das Mahdgut von Jahr zu Jahr in unterschiedlichem Umfang verwertbar (GA Bl. 164 ff.). (Auch) Für diesen Fall zeichnet sich die Flughafen Bremen GmbH frei von möglichen Haftungsansprüchen des Klägers. Dass die gewonnene Menge an Mähgut geringer sein dürfte als auf intensiv bewirtschaftetem Dauergrünland, steht der Annahme eines landwirtschaftlichen Tätigkeit des Klägers schon deshalb nicht entgegen, weil der Begriff der landwirtschaftlichen Tätigkeit keinen bestimmten Ertrag oder ihre Wirtschaftlichkeit voraussetzt.

51

Schließlich hat der Kläger jedenfalls für die Jahre 2007 bis 2009 durch Vorlage von Rechnungen nachgewiesen, dass er Grasschnitt, Silage oder Heu an Dritte verkauft hat. Die für die genannten Jahre nachgewiesenen Mengen hätte der Kläger unter Berücksichtigung seiner Rinderhaltung nicht aus den anderen von ihm bewirtschafteten Flächen erzeugen können. Für das Jahr 2005 meldete der Kläger weitere 120,94 ha Fläche sowie 104 Rinder an (BA Bl. 2). Geht man von einem Futterbedarf von 1 GVE/ha aus, blieben dem Kläger nur etwa 15 ha zur Erzeugung von Grünfutter zum Verkauf. Die nachgewiesenen Mengen sind nach Einschätzung des Senats auf dieser Fläche nicht zu erzeugen. Einer weitergehenden Sachverhaltsaufklärung zum Verbleib des Mähguts bedarf es damit nicht.

52

Der Einordnung der streitgegenständlichen Flächen auf dem Gelände des Flughafens Bremen als Dauergrünland i.S.d.Art. 2 Buchst. e VO (EG) Nr. 795/2004 i.V.m. Art. 2 Abs. 2 VO (EG) Nr. 796/2004 steht auch nicht entgegen, dass die Flächen den Zwecken der Flugsicherheit dienen. Eine dahingehende Einschränkung ist den genannten Bestimmungen nicht zu entnehmen.

53

Auch nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist es nicht schlechterdings schädlich, wenn Parzellen, die tatsächlich als Acker- oder Dauergrünland genutzt werden, zugleich und überwiegend einem anderen Zweck dienen. Die von der Beklagten angeführte Rechtssache C-61/09 hat die Beihilfefähigkeit von kommunalen Flächen zum Gegenstand, welche die Klägerin - eine Schäferin - mit ihren Schafen aufgrund eines Vertrages mit dem Landkreis Bad Dürkheim im Sinne des Naturschutzes und der Landschaftspflege beweidete. Der Gerichtshof führte aus, dass der Umstand, dass Parzellen, die tatsächlich als Acker- oder Dauergrünland genutzt würden, überwiegend dem Naturschutz und der Landschaftspflege dienten, ihre Einstufung als landwirtschaftliche Flächen nicht ausschließe (EuGH, Urt. v. 14.10.2010 - C-61/09-, a.a.O., S. 59, Rz. 38). Weiter ("im Übrigen...") wies der Gerichtshof darauf hin, dass der Umweltschutz zu den Zielen der Betriebsprämienregelung gehöre (ebd. Rz. 39). Dieser Entscheidung ist nicht zu entnehmen, dass als Acker- oder Dauergrünland genutzte Flächen, die anderen Zwecken als denen des Naturschutzes und der Landschaftspflege dienen, die ihrerseits nicht zu den Zielen der Betriebsprämienregelung gehören, keine beihilfefähigen landwirtschaftlichen Flächen im Sinne des Art. 44 Abs. 2 VO (EG) Nr. 1782/2003 seien.

54

Die Beklagte kann nicht mit dem Einwand durchdringen, eine Auslegung des Begriffs der landwirtschaftlichen Fläche, die ausschließlich auf die tatsächliche Nutzung abstelle, widerspreche dem Sinn und Zweck des Art. 29 VO (EG) Nr. 1782/2003. Unbeschadet besonderer Bestimmungen in einzelnen Stützungsregelungen erhalten nach dieser Bestimmung Betriebsinhaber keine Zahlungen, wenn feststeht, dass sie die Voraussetzungen für den Erhalt solcher Zahlungen künstlich geschaffen haben, um einen den Zielen der betreffenden Stützungsregelung zuwiderlaufenden Vorteil zu erwirken. Die Beklagte, die als Kontrollüberlegung auf den Fall der unrechtmäßigen Nutzung einer landwirtschaftlichen Fläche abstellt, verkennt, dass die Rechtmäßigkeit der Nutzung bei der Frage eine Rolle spielt, ob eine Fläche eine von einem Betrieb verwaltete Produktionseinheit im Sinne desArt. 44 Abs. 2 VO (EG) Nr. 1782/2003 ist, mithin dem Betrieb zuzuordnen ist (vgl. unten unter d.). Bei der Frage, ob es sich bei einer Fläche um Dauergrünland handelt, ist die Berechtigung des Betriebsinhabers zur Nutzung der Fläche ebenso wenig beachtlich wie eine weitere Zweckbestimmung der als Dauergrünland qualifizierten Fläche.

55

bb. Es handelt sich bei den noch streitgegenständlichen Flächen "A" und "B" auch nicht um Flächen, die nicht für landwirtschaftliche Tätigkeiten genutzt werden.

56

Eine landwirtschaftliche Fläche nach Art. 44 Abs. 2 UAbs. 1 VO (EG) Nr. 1782/2003 ist nicht beihilfefähig, wenn sie für nichtlandwirtschaftliche Tätigkeiten genutzt wird. Nach Art. 2 Buchst. c VO (EG) Nr. 1782/2003 umfasst die landwirtschaftliche Tätigkeit die Erzeugung, die Zucht oder den Anbau landwirtschaftlicher Erzeugnisse, einschließlich Ernten, Melken, Zucht von Tieren und Haltung von Tieren für landwirtschaftliche Zwecke, oder die Erhaltung von Flächen in gutem landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand gemäß Art. 5 VO (EG) Nr. 1782/2003. Wie ausgeführt, baut der Kläger auf den streitigen Flächen Gras und andere Grünfutterpflanzen für die landwirtschaftliche Verwertung an. Er baut also landwirtschaftliche Erzeugnisse an und übt damit auf den Flächen eine landwirtschaftliche Tätigkeit aus.

57

Zu Recht ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass die streitgegenständlichen Flächen des Flughafens Bremen nicht in anspruchsausschließender Weise (zugleich) für eine nichtlandwirtschaftliche Tätigkeit im Sinne des Art. 44 Abs. 2 UAbs. 1 VO (EG) Nr. 1782/2003 genutzt werden, weil sie nicht konkret durch eine weitere Tätigkeit als die landwirtschaftliche des Klägers in Anspruch genommen werden. Es handelt sich um reine Vorhalteflächen, auf denen außer der landwirtschaftlichen Tätigkeit des Klägers keine weiteren Tätigkeiten ausgeübt werden.

58

Dem steht nicht entgegen, dass diese landwirtschaftliche Tätigkeit zugleich den Zwecken des Flughafens dient, weil die Bewirtschaftung in einer den Vorgaben der Flughafen Bremen GmbH entsprechenden Weise erfolgt, und dass die Flächen an sich als Vorhalteflächen, wie es das Verwaltungsgericht formuliert hat, dem Flugbetrieb dienen. Ausgehend vom Wortlaut des Art. 2 Buchst. c VO (EG) Nr. 1782/2003 kommt es für die Einordnung einer Tätigkeit als landwirtschaftliche allein darauf an, ob die Tätigkeit die Erzeugung, die Zucht oder den Anbau landwirtschaftlicher Erzeugnisse verfolgt. Dient die Tätigkeit darüber hinaus anderen Zwecken, ist dies nach dem Wortlaut der Bestimmung unerheblich.

59

Nicht von Bedeutung ist damit, dass die Flächen "A" und "B" zum Sicherheitsbereich des Flughafens gehören und als solche auch den Zwecken des Flugbetriebs dienen. Auch ist nicht von Bedeutung, dass der Kläger die fraglichen Flächen in einer Weise bewirtschaftet, die (auch) den Zielen des Flughafens dienen. Das Gras soll nach Angaben des Klägers sowie des Zeugen A., eines Beschäftigten der Flughafen Bremen GmbH, nicht so tief gemäht werden, um zu verhindern, dass sich auf den Flächen Vögel aufhalten (GA Bl. 56 f.). Der Zeuge A. bekundete außerdem, dass die Vorgaben zur extensiven Bewirtschaftung nicht nur Sicherheitsgründen dienten, sondern der öffentlichen Wahrnehmung (GA Bl. 58). Diese Vorgaben führen insbesondere nicht dazu, dass das Mähgut nicht mehr als landwirtschaftliches Erzeugnis gelten könnte.

60

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache C-61/09. Der Gerichtshof hat formuliert, es sei für die Frage der Anwendung von Art. 44 Abs. 2 VO (EG) Nr. 1782/2003 ohne Bedeutung, ob eine landwirtschaftliche Tätigkeit im Sinne des Art. 2 Buchst. c VO (EG) Nr. 1782/2003 überwiegend landwirtschaftliche Ziele verfolge oder überwiegend dem Naturschutz diene (Urt. v. 14.10.2010 - Rs. C-61/09 -, a.a.O., S. 59, Rz. 47). Zu anderen Zielen einer landwirtschaftlichen Tätigkeit als der des Naturschutzes und der Landschaftspflege hat sich der Gerichtshof nicht geäußert. Da sich der Gerichtshof in seinen Entscheidungen streng auf die zu entscheidende Frage beschränkt und verallgemeinernde Aussagen, die über die Frage hinausgehen, vermeidet, kann aus dem angeführten Urteil entgegen der Auffassung der Beklagten nicht geschlossen werden, dass allein ein weiterer Zweck aus den Querschnittszielen der europäischen Agrarpolitik - wie etwa der Umweltschutz - der Beihilfefähigkeit einer Fläche nicht entgegensteht. Entnommen kann der Entscheidung allerdings, dass der Gerichtshof im Zusammenhang mit der Verfolgung der weiteren Zwecke Naturschutz und Landschaftspflege durch die landwirtschaftliche Tätigkeit der klagenden Schäferin nicht von einer nichtlandwirtschaftlichen Tätigkeit oder einer Nutzung spricht, sondern davon, dass die landwirtschaftliche Tätigkeit den weiteren Zwecken "dient" (ebd.). Ein Dienen im Sinne einer Zwecksetzung ist damit nicht notwendig mit einer Nutzung im Sinne des Art. 44 Abs. 2 UAbs. 1 VO (EG) Nr. 1782/2003 gleichzusetzen.

61

Da die Flächen nicht für eine nichtlandwirtschaftliche Tätigkeit genutzt werden, kommt es entgegen der Auffassung der Beklagten nicht darauf an, ob sie bei einer festgestellten Nutzung für nichtlandwirtschaftliche Tätigkeiten jedenfalls hauptsächlich der landwirtschaftlichen Nutzung des Klägers dienen. Die Beklagte beruft sich in diesem Zusammenhang auf Art. 34 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 des Rates vom 19. Januar 2009 mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 1290/2005, (EG) Nr. 247/2006, (EG) Nr. 378/2007 sowie zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 (ABl. L 30 S. 16). Nach dieser Bestimmung bezeichnet der Ausdruck "beihilfefähige Hektarfläche" im Sinne des Titels III (Regelung der einheitlichen Betriebsprämie) der Verordnung jede landwirtschaftliche Fläche des Betriebs und jede Fläche mit Niederwald mit Kurzumtrieb, die für eine landwirtschaftliche Tätigkeit genutzt wird, oder, wenn die Fläche auch für nichtlandwirtschaftliche Tätigkeit genutzt wird, hauptsächlich für eine landwirtschaftliche Tätigkeit genutzt wird.

62

Diese Nachfolgeregelung von Art. 44 Abs. 2 UAbs. 1 VO (EG) Nr. 1782/2003 ist aber hier aus zeitlichen Gründen nicht anwendbar. Entsprechendes gilt fürArtikel 3 c VO (EG) Nr. 795/2004, der durch Art. 1 Ziff. 3 VO (EG) Nr. 370/2009 der Kommission vom 6. Mai 2009 (ABl. EU L 114 S. 3) in die Verordnung (EG) Nr. 795/2004 eingefügt worden ist und ausweislich seines Wortlauts "für die Anwendung von Artikel 34 Absatz 2 Buchstabe a der Verordnung (EG) Nr. 73/2009" eine Definition der Wendung "hauptsächlich für eine nicht landwirtschaftliche Tätigkeit genutzte Fläche" bereitstellt.

63

Selbst wenn Art. 34 Abs. 2 Buchst. a VO (EG) Nr. 73/2009 in Verbindung mit Art. 3 c VO (EG) Nr. 795/2004 auf den vorliegenden Fall anwendbar wäre, wie die Beklagte annimmt, wären die streitgegenständlichen Flächen dem Grunde nach beihilfefähig. Nach Art. 3 Buchst. c VO (EG) Nr. 795/2004 gilt für die Anwendung von Art. 34 Abs. 2 Buchst. a VO (EG) Nr. 73/2009 jede landwirtschaftliche Fläche des Betriebs, die auch für nichtlandwirtschaftliche Tätigkeiten genutzt wird, als hauptsächlich für eine landwirtschaftliche Tätigkeit genutzte Fläche, wenn die landwirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt werden kann, ohne durch die Intensität, Art, Dauer oder den Zeitpunkt der nichtlandwirtschaftlichen Tätigkeit stark eingeschränkt zu sein. Eine nichtlandwirtschaftliche Tätigkeit findet auf den Flächen "A" und "B" - wie ausgeführt - gerade nicht statt. Die streitgegenständlichen Flächen sind damit nicht (auch) landwirtschaftlich genutzten Grasflächen etwa eines Golfplatzes vergleichbar, auf denen die Flächen tatsächlich durch andere Tätigkeiten als einer landwirtschaftlichen in Anspruch genommen und damit genutzt werden.

64

cc. Die Flächen "A" und "B" sind auch landwirtschaftliche Flächen des Betriebs des Klägers.

65

Nach Art. 44 Abs. 2 VO (EG) Nr. 1782/2003 sind die landwirtschaftlichen Flächen eines Betriebs beihilfefähig, wobei unter einem Betrieb nach Art. 2 Buchst. b der Verordnung die Gesamtheit der vom Betriebsinhaber verwalteten Produktionseinheiten zu verstehen ist, die sich im Gebiet eines Mitgliedstaats befinden.

66

Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass es für die Zuordnung einer Fläche zu einem Betrieb unerheblich ist, auf welcher rechtlichen Grundlage die Flächen dem Landwirt zur Verfügung stehen (vgl. EuGH, Urt. v. 14.10.2010 - Rs. C-61/09 -, Bad Dürkheim, a.a.O. Rz. 54 ff.; vgl. bereits Urt. v. 15.01.1991 - Rs. C-341/89 - Ballmann, Slg. 1991-I, S. 25 Rz. 12 zu Art. 12 VO (EWG) Nr. 857/84). Der Zuordnung der streitgegenständlichen Flächen steht also nicht entgegen, dass der Kläger die streitgegenständlichen Flächen weder als Eigentümer noch aufgrund eines Pachtvertrages, sondern auf Grund des Vertrages vom 12. Juli 2001 bewirtschaftete.

67

Des Weiteren ist nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs der nicht definierte Begriff der Verwaltung im Sinne desArt. 44 Abs. 2 VO (EG) Nr. 1782/2003 dahingehend auszulegen, dass er nicht die uneingeschränkte Verfügungsgewalt meint, aber verlangt, dass der Landwirt hinsichtlich der Fläche über eine hinreichende Selbständigkeit bei der Ausübung seiner landwirtschaftlichen Tätigkeit verfügt (EuGH, Urt. v. 14.10.2010 - Rs. C-61/09 -, Bad Dürkheim, a.a.O. Rz. 61 f.). Ist der Landwirt vertraglich bei der Bewirtschaftung der Fläche gebunden, ist maßgeblich, ob der Vertrag ihm eine gewisse Selbständigkeit bei der Ausübung der landwirtschaftlichen Tätigkeit belässt und er diese auf den betreffenden Flächen in seinem Namen und für seine Rechnung durchführt (EuGH, Urt. v. 14.10.2010 - Rs. C-61/09 -, Bad Dürkheim, a.a.O. Rz. 68 f.).

68

Die Zusammenschau aller Umstände spricht dafür, dass der Kläger die Flächen "A" und "B" im Wirtschaftsjahr 2004/2005 hinreichend selbständig bewirtschaftet hat. Auf eine selbständige Tätigkeit deuten die Nutzung eigener Betriebsmittel und die selbstbestimmte Festlegung von Arbeitsabläufen, Arbeitszeit und Arbeitsort hin (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 12.01.2011 - 8 A 11191/10 -, [...] Rz. 41 = RdL 2011, 159). Der Kläger ist zwar durch Ziffer 1 des hier maßgeblichen Vertrages vom 12. Juli 2001 hinsichtlich der Höhe des Grasaufwuchses und bezogen auf die "B"-Flächen auch hinsichtlich der Mahdzeiten an die Vorgaben der Flughafen Bremen GmbH gebunden gewesen. Auch ist nach Ziffer 5 a) des Vertrages die Schnittmasse nach maximal einem Tag Trocknungsphase durch Maschinen aufzunehmen gewesen und in geeigneter Weise außerhalb des Sicherheitsbereiches kurzfristig zu lagern oder sofort vom Flughafengelände zu entfernen gewesen. Außerdem ist nach Ziffer 5 c) des Vertrages die Ausbringung von Klärschlamm auf den Flächen untersagt gewesen. Schließlich hat der Kläger nicht ohne weiteres zu den Flächen gelangen können, sondern hat sich beim Einlass in den abgesperrten Sicherheitsbereich ausweisen müssen.

69

Diese Umstände stehen der Annahme hinreichender Selbständigkeit des Klägers bei der Bewirtschaftung der Flächen aber nicht entgegen. Der Senat geht aufgrund der Angaben des Klägers im Verfahren sowie im Rahmen seiner informatorischen Befragung in der mündlichen Verhandlung vom 20. Dezember 2011 und des Ergebnisses der vom Verwaltungsgericht durchgeführten Befragung des Zeugen A., wie sie sich aus dem Protokoll vom 23. Juli 2009 ergibt, davon überzeugt, dass der Vertrag vom 12. Juli 2001 (ebenso wie der Nachfolgevertrag) von den Vertragsparteien durch mündliche Abreden und Übung in einer Weise ergänzt worden ist, die dem Kläger eine über die engen Vorgaben des schriftlichen Vertrages hinausgehende hinreichende Selbständigkeit bei der Bewirtschaftung der Flächen einräumt. Nach diesem Verständnis des Vertrages vom 12. Juli 2001 ist Vertragsgrundlage auch gewesen, dass die Pflege der Flächen in einer aus Sicht der landwirtschaftlichen Produktion sinnvollen Weise hat geschehen können.

70

Der Kläger hat seinen eigenen Angaben zufolge innerhalb der Vorgaben die Art der weiteren Maßnahmen selbst bestimmen können - etwa im zeitigen Frühjahr die Flächen abschleppen, walzen oder nachsähen können (s. Protokoll des Erörterungstermins GA Bl. 56) - und Zeit und Abfolge seiner Arbeitsabläufe selbst bestimmen können. Wie oben bereits ausgeführt ist das Nachsähen laut dem Kläger regelmäßig erfolgt, weil die Bodenqualität wegen der unterbliebenen Düngung seit Jahren nachgelassen habe und ein für die landwirtschaftliche Verwertung geeigneter Aufwuchs ohne Nachsaat mit geeigneten Saatgutmischungen ausgeblieben wäre. In diesem Zusammenhang ist auch zu würdigen, dass die Mahd der "A"-Flächen nach der Aussage des Zeugen A. im Rahmen der Beweiserhebung durch das Verwaltungsgericht (s. Protokoll des Erörterungstermins GA Bl. 59) nach Absprache auch zu einem späteren Zeitpunkt als dem vertraglich festgelegten habe durchgeführt werden können, wenn aus Sicht des Klägers ein späterer Schnitt erforderlich gewesen sei. In der mündlichen Verhandlung vom 20. Dezember 2011 hat der Kläger hierzu ergänzend bekundet, er habe die Flächen auch vorher mähen können. Der Flughafen Bremen GmbH komme es mit der Festlegung des Zeitraums, in dem die "A"-Flächen gemäht werden müssten, in erster Linie darauf an, einen späten Schnitt zu vermeiden, um den Zugvögeln keinen geeigneten Landeplatz zu bieten. Der Kläger ist auch sicherheitsgeprüft und gelangt so allein mit Vorlage des Ausweises auf das Gelände. Der Kläger hat demnach im Rahmen seiner vertraglichen Verpflichtungen eine nicht nur tatsächlich bestehende, sondern rechtlich gesicherte Möglichkeit gehabt, seine betrieblichen Belange zur Geltung zu bringen. Der Kläger hat die Arbeiten schließlich auch mit eigenen Betriebsmitteln durchgeführt.

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Der Kläger ist auch in eigenem Namen und auf eigene Rechnung tätig geworden. Er hat selbst die Betriebsmittel gestellt. Das Mähgut ist ihm nach Ziffer 3 Satz 2 des Vertrages vom 12. Juli 2001 zur Weiterverwendung überlassen worden, wobei es ihm freigestellt gewesen ist, es entweder in seinem eigenen Betrieb zu verwenden oder an andere Landwirte abzugeben. Dass es sich bei dem Mähgut aus Sicht der Flughafen Bremen GmbH um ein Entsorgungsgut handelt (vgl. Ziffer 3 Satz 1 des Vertrages), bezeichnet nur die Zielrichtung der Überlassung aus Sicht der GmbH und ist für die Zuordnung der Flächen unerheblich.

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Auch der Umstand, dass der Kläger für seine Tätigkeit eine Vergütung erhalten hat, steht einer Zuordnung der Flächen zu seinem Betrieb nicht entgegen. Es ist zwar nicht davon auszugehen, dass die Vergütung von 95.000 DM zzgl. Mehrwertsteuer jährlich allein die Investitionskosten des Klägers abdecken sollte, die dieser auf Grund der ihm durch Ziffer 2 des Vertrages vom 12. Juli 2001 aufgegebenen Anschaffung von Maschinen (Kreiselmähwerk und Schwader) zu tragen hatte. Denn aus Ziffer 10 des Vertrages lässt sich schließen, dass sich diese Investitionskosten auf 100.000 DM beliefen. Damit wären bereits im 2. Jahr der Bewirtschaftung die Kosten erstattet gewesen. Die Vergütung hat also dazu geführt, dass der Kläger ein festes Einkommen aus der Tätigkeit erzielt hat, das deutlich über seine sonstigen Aufwendungen hinausgehen dürfte, auch wenn der Kläger fortlaufend für Erhalt und Erneuerung seines Maschinenbestandes hat sorgen müssen. Daraus folgt aber nicht, dass er nicht mit einem gewissen wirtschaftlichen Risiko belastet gewesen wäre. Dieses hat etwa darin gelegen, dass die Flughafen Bremen GmbH die Betriebsmittel nicht zur Verfügung gestellt hat, dem Kläger den Nachweis einer Schlepperhaftpflichtversicherung aufgegeben hat (Ziffer 12 des Vertrages), sie für die Güte des Mähguts nicht hat einstehen müssen (Ziffer 6 des Vertrages) und sie den Kläger mit der "Entsorgung" des Mähguts belastet hat, die dann auf seine Kosten hat anfallen können, wenn er seinerseits das Mähgut nicht wirtschaftlich hat verwerten können, sondern tatsächlich als Abfall hat entsorgen müssen. Das kann z.B. dann der Fall gewesen sein, wenn das Mähgut trotz eintägiger Trocknungsphase zu nass für eine landwirtschaftliche Verwertung gewesen ist.

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Die Beklagte kann schließlich auch nicht mit dem Einwand durchdringen, der Kläger habe mit der Vergütung eine unzulässige "Doppelförderung" erhalten, weil die Vertragspartnerin des Klägers eine Gesellschaft der Freien Hansestadt Bremen sei. Aus welcher Quelle die Vergütung des Klägers gekommen ist, spielt für die Frage der Zuordnung der Flächen der Flughafen Bremen GmbH zu seinem Betrieb keine Rolle. Es ist im Übrigen schon zweifelhaft, ob die Vergütung Förderungscharakter gehabt hat, obwohl sie auf der Grundlage des privatrechtlichen Vertrages vom 12. Juli 2001 als Gegenleistung für die Bearbeitung der Flächen durch den Kläger geleistet worden ist. Dass die Vergütung aus Sicht der Flughafen Bremen GmbH - der vermeintlichen Förderungsgeberin - überhöht gewesen sein könnte und der Vergütung für eine vergleichbare Tätigkeit durch einen Lohnunternehmer oder ein Unternehmen des Garten- und Landschaftsbaus zu den normalen Marktbedingungen nicht entsprochen haben könnte, ist weder ersichtlich noch behauptet dies die Beklagte. Im Übrigen ist nicht erkennbar, aus welchen Rechtsgründen eine Förderung der Gewährung von Zahlungsansprüchen entgegenstehen könnte. Eine Doppelförderung, also die Gewährung verschiedener Beihilfen für dieselbe Maßnahme, ist nur dann beihilfeschädlich, wenn dies vom Förderungsgeber so vorgesehen ist. Das ist etwa bei einem Zusammentreffen von Agrarförderung und Förderung von Agrarumweltmaßnahmen der Fall. So bestimmt im Anwendungsbereich der Betriebsprämienregelung Art. 16 Abs. 1 VO (EG) Nr. 795/2004, dass bei Fällen gemäß Art. 40 Abs. 5 VO (EG) Nr. 1782/2003 bei Auslaufen der Frist für die Antragstellung auf Zahlung im Rahmen der Betriebsprämienregelung in deren erstem Anwendungsjahr für jeden betroffenen Betriebsinhaber gemäß Art.40 Abs. 1, Abs. 2 bzw. 2 oder Abs. 5 VO (EG) Nr. 1782/2003 Referenzbeträge festgesetzt werden, vorausgesetzt dass im Rahmen dieser Agrarumweltverpflichtungen jegliche Doppelzahlungen vermieden werden. Ein entsprechender Ausschluss von Doppelzahlungen für landwirtschaftliche Tätigkeiten wie der hier vom Kläger auf den streitbefangenen Flächen ausgeübten ergibt sich aus der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 ebenso wenig wie aus den hierzu erlassenen Durchführungsverordnungen der Kommission.

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dd. Die Flächen "A" und "B" haben dem Kläger schließlich auch für einen Zeitraum von mindestens zehn Monaten zur Verfügung gestanden im Sinne des Art. 44 Abs. 3 VO (EG) Nr. 1782/2003.

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In dieser Zeit muss der Betriebsinhaber in der Lage sein, die Flächen mit einer hinreichenden Selbständigkeit für seine landwirtschaftlichen Tätigkeiten, einschließlich der Erhaltung der Flächen in gutem landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand gemäß Art. 5 VO (EG) Nr. 1782/2003, zu nutzen (EuGH, Urt. v. 14.10.2010 - Rs. C-61/09 -, Bad Dürkheim, a.a.O. Rz. 65). Darüber hinaus dürfen die streitigen Flächen in dieser Zeit nicht von einem Dritten landwirtschaftlich genutzt werden (ebd. Rz. 66). Die Festlegung des 10-Monats-Zeitraums dient nämlich dazu zu verhindern, dass mehrere Landwirte geltend machen, die betreffenden Parzellen gehörten zu ihrem Betrieb (vgl. Erwägungsgrund 2 zur Verordnung (EG) Nr. 146/2008 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003).

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Zunächst ist festzuhalten, dass - anders als unter der Geltung des Vertrages aus dem Jahr 1992, der die gemeinschaftliche Bewirtschaftung der Flächen durch mehrere Landwirte im Rahmen einer "Betriebsgemeinschaft" vorsah (Ziffer 12 des Vertrages, Bl. 157 BA A) - neben dem Kläger keine anderen Landwirte die streitigen Flächen "A" und "B" bewirtschaftet haben.

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Es bestehen auch keine begründeten Zweifel daran, dass der Kläger die Flächen "A" und "B" während des 10-Monats-Zeitraums landwirtschaftlich hat nutzen können. Der Kläger hat in dem Antrag auf Zuweisung von Zahlungsansprüchen vom 17. Mai 2005 den Beginn des 10-Monats-Zeitraums auf den 1. September 2009 festgesetzt (BA Bl. 4); der zu betrachtende Zeitraum reicht also vom 1. September 2004 bis zum 30. Juni 2005. Da die landwirtschaftliche Nutzung, wie oben ausgeführt, die Erzeugung eines landwirtschaftlichen Produktes meint, fordert Art. 44 Abs. 3 VO (EG) Nr. 1782/2003 nicht, dass der Betriebsinhaber die Flächen ständig bearbeitet (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 12.01.2011 - 8 A 11191/10 -, [...] Rz. 53). Zur Erzeugung von Gras und Grünfutterpflanzen gehören auch die Wachstumsphasen sowie die Ruhephasen im Winter, während derer die Fläche unbearbeitet bleibt. In dem Zeitraum zwischen dem 1. September 2004 und dem 30. Juni 2005 hat der Kläger uneingeschränkt die Flächen für die Erzeugung von Gras und Grünfutterpflanzen nutzen können. Der Kläger hat die "B"-Flächen während der gesamten Wachstumsperiode gemäht, um die Grashöhe von 15 cm zu gewährleisten. Auch die "A"-Flächen, bezüglich derer der Vertrag vom 12. Juli 2001 die Zeit der Mahd auf einen Zeitraum nach Ende des hier maßgeblichen 10-Monats-Zeitraums beschränkt hat, hat er im 10-Monats-Zeitraum uneingeschränkt nutzen können. Er hat - wie oben ausgeführt - die Flächen nach seinen Angaben im Rahmen des Erörterungstermins (GA Bl. 56 f.) zusätzlich während des zeitigen Frühjahres durch Abschleppen, Walzen und Nachsaat vorbereitet und hat darüber hinausgehend bei Bedarf auch Gelegenheit gehabt, die "A"-Flächen vor der vereinbarten Mahdzeit ein erstes Mal zu mähen.

78

Die Beklagte kann nicht mit Erfolg einwenden, die Bewirtschaftung der Flächen sei nur während neun Monaten möglich gewesen, weil sie nur nachts hatten bewirtschaftet werden können. Die zeitliche Beschränkung der Bewirtschaftung auf die Nachtzeiten, während derer das Nachtflugverbot für den Flughafen Bremen gilt und eine Bewirtschaftung der Flächen den Flugbetrieb nicht stören kann, hat sich nach den unwidersprochen gebliebenen Angaben des Klägers zum einen nur auf die unmittelbar an der Start- und Landebahn gelegenen Flächen bezogen. Zum anderen ist der 10-Monats-Zeitraum als Gesamtzeitraum zu betrachten. Im Hinblick auf den Sinn und Zweck der Regelung des Art. 44 Abs. 3 VO (EG) Nr. 1782/2003, die Doppelbeantragung von Flächen zu verhindern, kann es nicht darauf ankommen, zu welchen Uhrzeiten die Bewirtschaftung stattgefunden haben.

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Soweit die Beklagte darauf verweist, der Vertrag vom 12. Juli 2001 habe auch vorgesehen, dass die Flughafen Bremen GmbH die Arbeiten des Klägers zeitweilig habe einschränken können (Ziffer 13 des Vertrages), hat dies für das hier maßgebliche Jahr 2005 keine Auswirkungen auf die Beihilfefähigkeit der streitgegenständlichen Flächen, weil nicht ersichtlich ist, dass derartige Einschränkungen stattgefunden haben könnten. Würde die landwirtschaftliche Nutzbarkeit der Flächen in den Folgejahren in einer Weise eingeschränkt, die einer Nutzung während des 10-Monats-Zeitraums entgegenstünde, obläge es dem Kläger, die betreffende Fläche nicht zur Aktivierung von Zahlungsansprüchen anzumelden. Dass sich aus dem Umstand einer Nutzungseinschränkung zwangsläufig eine zu ermittelnde Unregelmäßigkeit ergeben müsste, wie die Beklagte meint, ist nicht erkennbar.

80

ee. Der Zuordnung der Flächen zum Betrieb des Klägers steht schließlich auch nicht entgegen, dass die Beklagte ohne Absprache mit der Flughafen Bremen GmbH keine Vor-Ort-Kontrolle auf den streitgegenständlichen Flächen hat durchführen können.

81

Nach Art. 23 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1782/2003 überprüfen die Mitgliedstaaten die Beihilfeanträge einschließlich der beihilfefähigen Flächen und der entsprechenden Zahlungsansprüche im Wege der Verwaltungskontrolle. Art. 23 Abs. 2 VO (EG) Nr. 796/2004 bestimmt, dass die betreffenden Beihilfeanträge abgelehnt werden, falls der Betriebsinhaber oder sein Vertreter die Durchführung einer Vor-Ort-Kontrolle unmöglich macht.

82

Aus diesen Vorschriften ergibt sich nicht, dass eine Fläche allein deshalb nicht beihilfefähig ist, weil sie nur unter erschwerten Bedingungen begangen werden kann, die - wie vorliegend - nicht allein in der Sphäre des Betriebsinhabers liegen.