Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 16.12.2009, Az.: 4 KN 76/08
Gesamtcharakter des schützenswerten Landschaftsraums im Zusammenhang mit der räumlichen Abgrenzung von Landschaftsschutzgebieten; Voraussetzungen für die Unterschutzstellung von Gebieten; Gestaltungsermessen des Verordnungsgebers
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 16.12.2009
- Aktenzeichen
- 4 KN 76/08
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2009, 29456
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2009:1216.4KN76.08.0A
Rechtsgrundlagen
- § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO
- § 7 Nds. AG VwGO
- § 26 Abs. 1 NNatG
Fundstellen
- AUR 2010, 142-146
- DVBl 2010, 262
- ZUR 2010, 213
Amtlicher Leitsatz
Für die Annahme einer Schutzbedürftigkeit im Sinne des § 26 Abs. 1 NNatG ist eine nicht gänzlich außerhalb des Möglichen liegende Gefahr der Beeinträchtigung eines der Schutzgüter des § 26 Abs. 1 NNatG ausreichend, weil die Unterschutzstellung eines Gebietes nach dieser Vorschrift ihren Zweck, derartige Gefahren zu verhüten, nur erfüllen kann, wenn sie diese vorbeugend ausschließt.
Tatbestand
Der Antragsteller wendet sich gegen die Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet "Norddeister" in der Stadt Barsinghausen und der Gemeinde Wennigsen.
Der Antragsteller ist Eigentümer des 2,8237 ha großen Flurstücks B. der Flur F. der Gemarkung G., das er im eigenen landwirtschaftlichen Betrieb als Ackerfläche bewirtschaftet. Das Flurstück grenzt im Westen an die Erschließungsstraße C., die weiter nördlich in einen Landwirtschaftsweg übergeht, der in diesem Bereich von Gehölzen gesäumt ist. Auf der anderen Seite der Erschließungsstraße erstreckt sich eine größtenteils einreihige Wohnbebauung mit überwiegend großen Gärten, die nach Norden hin etwas oberhalb des Flurstücks des Antragstellers endet. Westlich dieses Streifens Wohnbebauung befindet sich Wald und nördlich davon zwischen dem Wald und dem Landwirtschaftsweg ein landwirtschaftlich genutztes Feld. Der genannte Wald setzt sich nach Westen hin über die L 391 hinaus bis zum Höhenzug des Deisters fort. Südlich des Flurstücks des Antragstellers befindet sich die geschlossene Wohnbebauung des Ortsteils D.. Diese Wohnbebauung zieht sich auch um die südöstliche Ecke des Flurstücks des Antragstellers herum bis ungefähr zur halben Höhe der Ostseite des Flurstücks. Auf dieser Seite schließt sich an die Wohnbebauung ein Waldgebiet an, das sich nach Nordosten fortsetzt und auch die nördlich des Flurstücks des Antragstellers gelegenen, ebenfalls landwirtschaftlich genutzten Flächen umfasst. Diese Felder nördlich des Flurstücks des Antragstellers sind durch einen ungefähr in West-Ost-Richtung verlaufenden landwirtschaftlichen Weg mit teilweise wegbegleitenden Gehölzen geteilt. Das gesamte Gebiet grenzt im Norden an die Eisenbahnstrecke Hannover-Haste.
Diese von West nach Ost verlaufende Eisenbahnstrecke bildet in diesem Bereich zugleich die nördliche Grenze des insgesamt ca. 5.600 ha großen Landschaftsschutzgebiets "Norddeister". Dieses Landschaftsschutzgebiet umschließt den Ortsteil D.. Im Bereich des im Schutzgebiet liegenden Flurstücks des Antragstellers verläuft die Grenze des Schutzgebiets entlang der Grenze zwischen der Wohnbebauung des Ortsteils D. im Süden und den unbebauten, landwirtschaftlich genutzten oder mit Wald bestandenen Flächen im Norden.
Das gesamte Gebiet ist durch die am 13. März 2007 von der Regionsversammlung der Antragsgegnerin beschlossene, am 26. März 2007 von dem Regionspräsidenten ausgefertigte, in dem gemeinsamen Amtsblatt für die Region Hannover und die Landeshauptstadt Hannover vom 12. April 2007 veröffentlichte und am folgenden Tag in Kraft getretene Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet "Norddeister" in der Stadt Barsinghausen und der Gemeinde Wennigsen - VO - unter Schutz gestellt worden, die die Verordnung zum Schutze des Landschaftsteiles "Norddeister" vom 14. Februar 1994 ersetzt. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 VO umfasst das Landschaftsschutzgebiet das größte zusammenhängende Waldgebiet der Region Hannover, den nördlichen Deister und einige vorgelagerte Bereiche. Nach § 2 Abs. 1 Satz 2 VO kommt dem Deister als nördlichem Ausläufer des Weser- und Leineberglandes vor allem für die Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes, für die Pflanzen- und Tierwelt und für die Erholung in Natur und Landschaft eine erhebliche Bedeutung zu. Nach § 2 Abs. 1 Satz 3 Spiegelstrich 2 VO sind von besonderer Bedeutung die von der Bebauung ausgenommenen, vorwiegend als Acker genutzten Bereiche in ihrer Funktion als Vernetzungselemente für die Tierwelt zwischen dem Deister und dem Deistervorland, die die markante Morphologie des Geländes - den Übergang vom Deistervorland zum Deisterrand - ohne Sichtbarrieren erlebbar machen. Nach § 2 Abs. 1 letzter Satz VO sind die vorgelagerten Bereiche des Deisters überwiegend landwirtschaftlich geprägt und weisen einzelne Reste von Gehölzbeständen und Grünlandstandorten auf. Besonderer Schutzzweck der Verordnung ist nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 VO, die Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes zu erhalten oder wiederherzustellen. Dazu gehören nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 Spiegelstrich 1 VO der Erhalt und die Schonung des zusammenhängenden Waldgebietes Norddeister sowie seiner in das Vorland hineinreichenden Ausläufer einschließlich der Waldränder und nach dem 2. Spiegelstrich dieser Bestimmung der Erhalt und die Wiederherstellung eines vielfältigen Lebensraums von Pflanzen und Tieren. Außerhalb des Waldes gehören dazu ferner nach dem 3. und dem 5. Spiegelstrich dieser Bestimmung der Erhalt und die Entwicklung prägender Landschaftselemente bzw. typischer Gehölzbestände wie Hecken, Feldgehölze, Baumreihen und Einzelbäume. Nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 VO ist besonderer Schutzzweck der Verordnung zudem der Erhalt bzw. die Entwicklung des Landschaftsbildes und die Sicherung des Gebietes für die Erholung der Menschen in Natur und Landschaft. Nach Satz 3 dieser Bestimmung stellen in diesem Zusammenhang die Strukturvielfalt im Übergang des zusammenhängenden Waldgebietes Deister zur vorgelagerten Talebene gemeinsam mit dem vorhandenen Wegenetz nebst Wegrainen ein großes Potenzial für die ortsteilbezogene Naherholung des Menschen in Natur und Landschaft dar. Auch die zum Teil stärker ausgeräumten Ackerflächen im Deistervorland entwickeln nach Satz 4 dieser Bestimmung dort, wo Wege vorhanden sind, hohe Bedeutung für die Naherholung, weil die Sicht auf die Höhenzüge Deister im Süden und Gehrdener Berg im Norden als schönes und einzigartiges Landschaftsbild wahrgenommen wird.
Der Antragsteller hat am 7. Februar 2008 einen Normenkontrollantrag gestellt. Zu dessen Begründung trägt er im Wesentlichen Folgendes vor: Es liege keiner der in § 26 Abs. 1 Niedersächsisches Naturschutzgesetz - NNatG - aufgezählten Unterschutzstellungsgründe hinsichtlich seines Flurstücks vor. Es bedürfe der Unterschutzstellung nicht, um die Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts zu erhalten oder wiederherzustellen, da es sich bei dem Flurstück schon seit jeher um eine hochwertige, intensiv genutzte Landwirtschaftsfläche gehandelt habe. Seinem Grundstück komme auch keine Bedeutung als Bestandteil eines Biotopverbundes und hinsichtlich des Wildwechsels zu. Da es sich um einen brettebenen, einheitlich genutzten Acker handele, der dreiseitig an Wohnbebauung grenze, könne von attraktiven Landschaftseindrücken ebenfalls keine Rede sein. Deshalb sei die Unterschutzstellung auch nicht wegen der Vielfältigkeit, der Eigenart oder Schönheit des Landschaftsbildes geboten. Dem Flurstück komme schließlich auch kein gesteigerter Erholungswert zu. Es sei ferner keiner der nach § 2 VO für die Unterschutzstellung maßgeblichen Gesichtspunkte für sein Grundstück einschlägig. Das Flurstück sei wegen der es umschließenden Bebauung, des angrenzenden Wirtschaftswaldes und der vorgelagerten reinen Ackerflächen weder von besonderer Bedeutung für Naturhaushalt und Landschaftsbild noch trage es zur Erreichung besonderer Schutzzwecke bei. Deshalb könne auch von einer Pufferfunktion keine Rede sein. Gegen Erschließungsstraßen, Wohnbebauung und Wirtschaftswald sei nichts abzupuffern. Die angrenzenden landwirtschaftlichen Flächen würden solche Pufferfunktionen bereits erfüllen. Unter diesem Gesichtspunkt bedürfe es einer Einbeziehung seiner Eigentumsfläche daher nicht mehr. Die Antragsgegnerin habe im Übrigen etliche ähnliche Flächen nicht dem Regime der Verordnung unterworfen. So habe sie beispielsweise eine große potenzielle Kleingartenfläche südwestlich von Wennigsen hiervon ausgenommen. Außerdem ergebe sich aus einem Schreiben der Gemeinde Wennigsen vom 4. Mai 2006, dass weitere große Gebiete aus dem Landschaftsschutzgebiet herausgenommen worden seien. Dies sei geschehen, obwohl auch jene weiteren Flächen sich nicht signifikant von seinem Grundstück unterschieden. Die Unterschutzstellung seines Grundstücks und die damit verbundenen Beschränkungen seines Eigentums seien ferner zur Erreichung gesetzeskonformer Schutzzwecke nicht erforderlich. Es sei nämlich nicht ersichtlich, dass und wie das Grundstück in zulässiger Weise anders genutzt werden könne als zu Ackerbauzwecken. Eine andere Entwicklung des Grundstücks sei nicht denkbar. Eine im Hinblick auf den Naturschutz negative Entwicklung könnte sein Grundstück nur nehmen, wenn es baulichen und/oder gewerblichen Zwecken zugeführt würde. Dies würde aber eine entsprechende Bauleitplanung der Gemeinde Wennigsen voraussetzen, die nicht absehbar sei.
Zur Stützung seines Vortrags hat der Antragsteller ein naturschutzfachliches Gutachten der Diplom-Biologin von E. vom 28. Februar 2009 und weitere Stellungnahmen von Frau von E. vom 2. Juni und 26. November 2009 vorgelegt.
In dem Gutachten vom 28. Februar 2009 wird ausgeführt, dass die strittige Ackerfläche jahrzehntelang intensiv landwirtschaftlich genutzt worden und dementsprechend artenarm sei. Entlang der an der Westgrenze verlaufenden Straße C. fehlten naturnahe Rainstrukturen. Wegbegleitende Gehölze seien nicht vorhanden. Der im Nordosten gelegene Wald weise keinen typisch ausgeprägten Waldrand auf. Der Übergang von Acker zu Wald erfolge ohne einen vorgelagerten Rain. Die nördlich unmittelbar angrenzende Ackerfläche werde mit der Ackerfläche des Antragstellers gemeinsam bewirtschaftet. Der naturschutzfachliche Wert des Flurstücks B. sei für Arten und Lebensgemeinschaften sehr gering. Hinsichtlich der Eignung dieses Flurstücks als Vernetzungselement für den Biotopverbund zwischen Deister und Deistervorland sei festzustellen, dass das Flurstück westseitig durch Wohnbebauung begrenzt sei, so dass ein Wechsel von Tieren in diesem Bereich nicht stattfinde. Nur die weiter nördlich gelegenen Flächen, die an ihren Grenzen keine Bebauung aufwiesen, könnten für den Biotopverbund von Bedeutung sein. Allerdings sei auch hier ein Wechsel nach Norden in das Deistervorland fragwürdig, da die Bahnlinie eine erhebliche Barriere darstelle. Das Landschaftsbild werde geprägt durch die Wohnbebauung im Süden und Westen, die eine Einschränkung der Erlebniswirkung zur Folge habe, sowie den Wechsel von Acker zu dem östlich angrenzenden Wald, der die Erlebniswirksamkeit aufwerte. Weiter nördlich, oberhalb des streitbefangenen Flurstücks, ende die westliche Wohnbebauung und gebe den Blick frei auf die westlich angrenzenden landwirtschaftlichen Flächen, was das Landschaftserlebnis deutlich aufwerte. Die Sichtbeziehung nach Norden in das Deistervorland sei durch die stark ausgebauten Gleisanlagen sowie ein kleines Feldgehölz in etwa 300 m Entfernung unterbunden. Der Übergang vom Deistervorland zum Deisterrand ohne Sichtbarrieren sei im Untersuchungsgebiet nicht erlebbar. Das Flurstück B. entspreche daher in keinem Punkt dem Charakter und dem Schutzzweck der Schutzverordnung.
In dem Schreiben vom 2. Juni 2009 wird ferner ausgeführt, dass ein starker Wildwechsel durch die von der Antragsgegnerin vorgelegten Fallwildzahlen für den Bereich des Grundstücks des Antragstellers nicht belegt sei. Diese Zahlen seien ermittelt worden in dem Bereich zwischen dem Ortsausgang Egestorf und dem Ortseingang D., der auch für den Biotopverbund von Bedeutung sei. Dieser Abschnitt liege jedoch ca. 150 m nördlich des Flurstücks B.. Da der Wildwechsel nach der Annahme der Antragsgegnerin in nördliche Richtung erfolge, sei nicht anzunehmen, dass die Tiere erst nach Süden auf das Flurstück des Antragstellers in Richtung der bebauten Flächen liefen, um dann wieder nach Norden abzuschwenken. Eine Herausnahme des Flurstücks aus dem Landschaftsschutzgebiet wirke sich daher auch in dieser Hinsicht nicht negativ aus. Das könne allenfalls für die nördlich angrenzenden Flächen gelten.
In ihrer Stellungnahme vom 26. November 2009 hat Frau von E. ihre in den Stellungnahmen vom 28. Februar und 2. Juni 2009 abgegebene Einschätzung bekräftigt.
Der Antragsteller beantragt,
die Verordnung der Antragsgegnerin über das Landschaftsschutzgebiet "Norddeister" (LSG-H 23) in der Stadt Barsinghausen und der Gemeinde Wennigsen für unwirksam zu erklären, soweit sie sich auf das Flurstück B. der Flur F. der Gemarkung G. erstreckt.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen,
und erwidert, der unbebaute Bereich zwischen dem Ortsteil D. und der Bahnlinie im Norden, in dem sich das Flurstück des Antragstellers befinde, sei nach den Schutzgebietskarten von 1938 und 1968 seit dem Jahr 1938 durchgehend als Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen. Da die dort befindlichen Ackerflächen in einer Gesamtgröße von ca. 9 ha im Vergleich zu anderen Ackerflächenbereichen in der Umgebung eher von geringer Größe seien und der Acker im Osten/Nordosten und Westen von Wald eingerahmt werde, entstünden für den Betrachter attraktive Landschaftseindrücke durch den Wechsel zwischen Acker, Waldrand und Gehölzen. Weiter komme diesem Bereich eine hohe Bedeutung als Biotopverbundbestandteil zu. Das Waldgebiet des Norddeisters sei in seiner ökologischen Funktion durch die bandartige Bebauung von Barsinghausen bis zur D. beeinträchtigt, weil diese die Verbindung zu den Lebensräumen des Vorlandes abschneide. Wanderungsbewegungen und Austausch zwischen den Tierpopulationen könnten hier nicht stattfinden. Östlich von Barsinghausen sei erst wieder im Bereich D. eine Schneise gegeben, die westlich der D. beginne und sich bis in den hier betroffenen Bereich nördlich der Bebauung der D. erstrecke und überhaupt erst einen solchen Biotopverbund zwischen Deister und Vorland ermögliche. Diese Grünverbindung sei zudem die einzige mit dem Biotoptyp Wald, der für viele Tierarten ausreichend Deckung bei der Wanderung biete. Die Beschreibung des Schutzzwecks der Verordnung in § 2 Abs. 1 Spiegelstrich 2 VO unterstreiche die Bedeutung dieser Biotopverbundbereiche. Aufgrund der hohen Wertigkeit dieses Biotopverbundelements habe sie das nördlich der Bahn gelegene Gebiet 2007 als Landschaftsschutzgebiet H 71 "Langreder Mark" neu ausgewiesen. Bei der Bahnstrecke zwischen der D. und dem Landschaftsschutzgebiet "Langreder Mark" handele es sich keineswegs um eine intensiv genutzte Verkehrstrasse, die eine Querung durch Tiere unmöglich mache. Die Deisterstrecke Hannover-Haste sei im Gesamtkonzept S-Bahn Hannover von Weetzen bis Egestorf zweigleisig ausgebaut worden. Im weiteren Verlauf sei sie eingleisig. Die Gesamtverkehrsbelastung sei daher wie bei einer eingleisigen Strecke einzustufen. Die S-Bahnen führen im 30-Minuten-Takt. Im Nahverkehrsplan 2008 sei die Strecke als S-Bahnbetrieb mit geringem Güterverkehr klassifiziert. Eine weitere Bebauung des streitbefangenen Bereichs würde diesen einzigen und recht engen Wald- und Freiflächenkorridor weiter einengen. Die Wanderungsmöglichkeiten für die hierauf angewiesenen Tierarten würden entgegen dem Schutzzweck der Verordnung entwertet. Denn eine Herausnahme des Grundstücks des Antragstellers aus dem Landschaftsschutzgebiet würde langfristig vermutlich zu einer Bebauung führen. Damit würde der unbebaute Bereich weiter verkleinert und die Chance, dass Wildtiere diesen Bereich als Wanderkorridor nutzen, verringert. Dass ein starker Wildwechsel in diesem Bereich stattfinde, belegten auch die Fallwildzahlen auf der L 391 zwischen dem Ortsausgang H. und dem Ortseingang D.. Auch durch den Bahnverkehr komme es zu Fallwild. Hierüber lägen jedoch nur ältere Informationen vor. Würde das Grundstück des Antragstellers nicht im Landschaftsschutzgebiet verbleiben, sei eine Bebauung und damit eine mehr menschlich geprägte Nutzung zu erwarten. Die mittlere Störreichweite des Menschen betrage bei Rotwild 300 m und bei Rehwild 50 bis 200 m. Dementsprechend würde die Störwirkung weiter in den Wanderkorridor hinein reichen mit der Folge, dass möglicherweise kein durch Störwirkung unbeeinflusster Bereich mehr übrig bliebe. Über die direkte Störwirkung hinaus sei ein Fremdvermeidungsverhalten des Wildes, d.h. ein vorsorgliches Aus-dem-Weg-gehen, zu berücksichtigen. Der vom Wild eingehaltene Abstand sei somit noch größer. Bei weiter vordringender Bebauung würde die Nutzbarkeit der einzigen deckungs-, weil waldreichen Biotopverbindung zwischen Deister und Vorland im Deistergebiet aufgrund zu geringer Fluchtdistanzen verloren gehen. Dies wäre eine weitreichende Beeinträchtigung des Naturhaushaltes. Zwar befinde sich westlich des Grundstücks des Antragstellers Wohnbebauung, doch seien das nördlichste Wohngrundstück und das südlich anschließende Grundstück sehr effektiv und naturnah eingegrünt. Die Situation sei daher im Hinblick auf die Eignung der Fläche als Wanderbereich für Wildtiere anders zu beurteilen, als wenn ein ganzes Baugebiet mit nebeneinander stehenden Häusern an den restlichen offenen Bereich heranrücke. Gerade auf Menschen reagierten Wildtiere mit Flucht. Ein einzelnes Haus ohne erkennbare menschliche Bewegung im Außenraum sei dagegen für Wildtiere kein Grund zur Flucht. Bei einer Bebauung des Grundstücks des Antragstellers bestehe deshalb die Gefahr, dass der gesamte Wanderkorridor auf Dauer gemieden werde, weil der Mensch präsenter werde und in stärkerem Maße Fluchtreaktionen auslöse. Die Tatsache, dass die nördlich des Grundstücks des Antragstellers gelegene Ackerfläche noch besser für den Biotopverbund geeignet sei, mindere den Wert der Fläche des Antragstellers nicht, da die gegenwärtig mittig liegende Fläche in einer künftigen Randlage an Wert einbüßen würde. Selbst wenn man der Fläche des Antragstellers im Hinblick auf den Biotopverbund und die Fluchtdistanzen der Tiere nicht den gleichen hohen Wert zumesse wie den anderen, weiter nördlich liegenden Flächen, die mehr Abstand zur Wohnbebauung hätten, sei die Fläche des Antragstellers daher jedenfalls als Puffer zur Wohnbebauung von hoher Bedeutung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die zu dem Verfahren 4 KN 717/07 und zu dem vorliegenden Verfahren beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin (Beiakten A und B), die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, verwiesen.
Entscheidungsgründe
Der Normenkontrollantrag ist zulässig, aber unbegründet.
Der Antrag ist zulässig. Er ist statthaft, weil die Verordnung der Antragsgegnerin über das Landschaftsschutzgebiet "Norddeister" nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 7 Nds. AG VwGO der Normenkontrolle durch das Oberverwaltungsgericht unterliegt. Der Antrag erfüllt auch die übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen. Der Antragsteller ist insbesondere antragsbefugt, weil er als Eigentümer einer Fläche in diesem Landschaftsschutzgebiet durch die Verbote der Verordnung beschwert wird und daher geltend machen kann, durch die Verordnung oder deren Anwendung in seinen Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO).
Der Normenkontrollantrag ist jedoch unbegründet, weil die Landschaftsschutzgebietsverordnung mit höherrangigem Recht im Einklang steht, soweit sie sich auf das im Eigentum des Antragstellers stehende Flurstück B. der Flur F. der Gemarkung G. erstreckt.
Anhaltspunkte dafür, dass die Verordnung wegen formeller Mängel unwirksam sein könnte, sind weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich.
Die Verordnung ist auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden.
Nach § 26 Abs. 1 NNatG kann die Naturschutzbehörde Gebiete, in denen Natur und Landschaft ganz oder teilweise besonderen Schutzes bedürfen, weil
- 1.
die Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes oder die Nutzbarkeit der Naturgüter zu erhalten oder wiederherzustellen ist,
- 2.
das Landschaftsbild vielfältig, eigenartig oder schön ist oder
- 3.
das Gebiet für die Erholung wichtig ist, durch Verordnung zu Landschaftsschutzgebieten erklären.
Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt, weil die unter Schutz gestellten Flächen nach § 26 Abs. 1 NNatG schutzwürdig und schutzbedürftig sind.
In Bezug auf den Kernbereich des unter Landschaftsschutz gestellten Gebietes liegen die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 NNatG zweifelsfrei vor, da dem Deister als nördlichem Ausläufer des Weser- und Leineberglandes und größtem zusammenhängenden Waldgebiet der Region Hannover (§ 2 Abs. 1 Sätze 1 und 2 VO) für die Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes (§ 26 Abs. 1 Nr. 1 NNatG), die Erholung in Natur und Landschaft (§ 26 Abs. 1 Nr. 3 NNatG) und zusammen mit den vorgelagerten Bereichen auch hinsichtlich der Schönheit seines Landschaftsbildes (§ 26 Abs. 1 Nr. 2 NNatG) eine erhebliche Bedeutung zukommt.
Doch auch hinsichtlich des am Rande des Schutzgebiets liegenden Flurstücks des Antragstellers sind die Voraussetzungen für eine Unterschutzstellung nach § 26 Abs. 1 NNatG gegeben.
Bei der räumlichen Abgrenzung von Landschaftsschutzgebieten kommt es auf den Gesamtcharakter des schützenswerten Landschaftsraums und nicht auf eine isolierte Betrachtung einzelner Grundstücke an (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.6.1976 - I 107/75 -, NuR 1980, 70; Blum/Agena/Franke, Niedersächsisches Naturschutzgesetz, Kommentar, §§ 24 bis 34 Rn. 13). Insoweit steht dem Verordnungsgeber ein weites Gestaltungsermessen zu, das es ihm erlaubt, auch Randzonen eines Gebiets unter Schutz zu stellen, die nur im Wesentlichen noch die Merkmale aufweisen, die den geschützten Bereich im Übrigen schutzwürdig machen (Nds. OVG, Urteil vom 2.7.2003 - 8 KN 2523/01 -, NuR 2003, 703, m.w.N.; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.6.1976, a.a.O.; Blum/Agena/Franke, a.a.O., §§ 24 bis 34 Rn. 13). Außerdem können am Rand gelegene Flächen, die - isoliert betrachtet - nicht schutzwürdig sind, in ein Landschaftsschutzgebiet einbezogen werden, um diesem ein gewisses Vorfeld zu geben und es dadurch gegenüber der schutzgebietsfreien Umgebung abzuschirmen bzw. vor den Einwirkungen angrenzender oder heranrückender Bebauung zu schützen, sofern dies zum Schutz des Landschaftsschutzgebietes im Übrigen vernünftigerweise geboten ist (BVerwG, Beschluss vom 13.8.1996 - 4 NB 4/96-, NuR 1996, 600; Nds. OVG, Urteil vom 2.7.2003, a.a.O., m.w.N.; VGH München, Urteil vom 21.7.1988 - 9 N 87.02020 -, NuR 1989, 261; Blum/Agena/Franke, a.a.O., §§ 24 bis 34 Rn. 13 m.w.N.).
Gemessen daran ist die Einbeziehung des in einem dem Deisterhöhenzug im Norden vorgelagerten Bereich am Nordrand des Ortsteils D. liegenden Flurstücks B. der Flur F. der Gemarkung G. in das Landschaftsschutzgebiet Norddeister nicht zu beanstanden.
Denn das Flurstück ist schon gemäß § 26 Abs. 1 Nr. 2 NNatG schutzwürdig und schutzbedürftig.
Nach den vorliegenden Fotos, Karten, Luftbild- und Satellitenaufnahmen wird das Landschaftsbild in den dem Deister vorgelagerten Bereichen im Übergang vom Deister als größtem zusammenhängenden Waldgebiet der Region Hannover zum überwiegend landwirtschaftlich genutztem Deistervorland durch den Wechsel zwischen Wald und landwirtschaftlich genutzten Feldern, die teilweise von mit Gehölzen gesäumten Wegen durchzogen sind, geprägt. Das trifft auch auf den unbebauten Bereich zwischen dem Ortsteil D. und der Bahnlinie Hannover - Haste zu. Dieses Landschaftsbild ist vielfältig, schön und daher im Sinne des § 26 Abs. 1 Nr. 2 NNatG schutzwürdig. Den den Charakter des Gebiets und den Schutzzweck der Verordnung beschreibenden Regelungen in § 2 Abs. 1 Sätze 1 bis 3 Spiegelstrich 2 und letzter Satz, Abs. 2 Nr. 1 Sätze 1 und 2 Spiegelstriche 1, 3 und 5 und in § 2 Abs. 2 Nr. 2 VO ist zu entnehmen, dass gerade dieses Landschaftsbild und die es prägenden Landschaftselemente geschützt werden sollen.
Das Flurstück des Antragstellers hat Anteil an diesem schützenswerten Landschaftsbild: Der von Westen (nördlich des Ortsteils D.) bis in die Nähe des Flurstücks des Antragstellers heranreichende und mit dem geschlossenen Waldgebiet des Deisters, das sich im Süden bis unmittelbar an den Rand der Wohnbebauung des Ortsteils D. erstreckt, in Verbindung stehende Wald wird nur durch einen schmalen Bebauungssteifen, der im nördlichen Bereich durch große, stark eingegrünte Gärten geprägt ist, vom Flurstück des Antragstellers getrennt. Der Wechsel zwischen Wald im Westen und den teilweise bis zur Bahnlinie im Norden reichenden, landwirtschaftlich genutzten Feldern, zu denen das Flurstück des Antragstellers gehört, wird deshalb durch diesen Bebauungssteifen nicht derart gestört, dass das Flurstück an dem hierdurch gekennzeichneten Landschaftsbild nach Westen und Norden hin bzw. von Norden aus gesehen keinen Anteil mehr hat. Richtung Nordosten ist dieses Landschaftsbild auch vom Flurstück des Antragstellers aus unmittelbar erlebbar. Denn dort grenzt ein Waldgebiet ungefähr zur Hälfte der Ostseite des Flurstücks direkt an dieses an. Hinzu kommt, dass auch auf dieser Seite die bebauten Grundstücke stark eingegrünt sind und das Landschaftserlebnis deshalb nicht beeinträchtigen. Bei einer Gesamtbetrachtung ergibt sich demnach ein Wechsel von Wald im Westen, einem sich ungefähr von Süd nach Nord ersteckenden, relativ kleinen Streifen landwirtschaftlich genutzter Felder einschließlich des Flurstücks des Antragstellers und Wald im Osten. Dabei ist das Feld im Westen durch einen in Nord-Süd-Richtung verlaufenden Landwirtschaftsweg mit Gehölzen am Wegrand, der weiter nach Süden in die Erschließungsstraße C. übergeht, von den Feldern im Osten geteilt, durch die ein teilweise ebenfalls von Gehölzen gesäumter Weg ungefähr von Westen nach Osten zieht; auch hierbei handelt es sich nach dem oben Gesagten um typische Landschaftselemente der dem Deister vorgelagerten Bereiche. Die Felder im Osten sind zudem in Richtung der Bahnlinie im Norden von einem Waldstreifen eingefasst, der übergeht in das östliche Waldgebiet, an dem auch das Flurstück des Antragstellers liegt. Dieses unbebaute, landwirtschaftlich genutzte Flurstück nimmt nach allem an dem beschriebenen, für das Deistervorland typischen schützenswerten Landschaftsbild teil und ist daher entgegen der Auffassung des Antragstellers selbst gemäß § 26 Abs. 1 Nr. 2 NNatG schutzwürdig.
Das Grundstück des Antragstellers ist auch gemäß § 26 Abs. 1 Nr. 2 NNatG schutzbedürftig. Denn ohne dessen Unterschutzstellung bestünde abgesehen davon, dass der Antragsteller in diesem Falle bei der Bewirtschaftung des Flurstücks nicht an die Verbote des § 3 VO gebunden wäre, die Gefahr, dass sich die Bebauung im Bereich des Flurstücks des Antragstellers nach entsprechender Bauleitplanung der Gemeinde weiter nach Norden ausdehnt. Eine solche Gefahr ist nicht von der Hand zu weisen, auch wenn gegenwärtig noch keine entsprechende Bauleitplanung der Gemeinde vorliegt und diese eine solche bei den zur Zeit vorhandenen politischen Mehrheiten auch nicht (konkret) beabsichtigen sollte. Eine Bebauung des Grundstücks des Antragstellers bietet sich nämlich geradezu an, weil das Flurstück bereits im Westen, Süden und teilweise im Osten von Wohnbebauung umgeben ist. Außerdem hat sich der Ortsteil D. bereits in der Vergangenheit u.a. in das Deistervorland ausgedehnt, wie der Vergleich mit den von der Antragsgegnerin vorgelegten Schutzgebietskarten aus den Jahren 1938 und 1968 zeigt. Da dies ohne eine entsprechende Bauleitplanung erfolgt ist, ist zudem nicht auszuschließen, dass die an die vorhandene Bebauung angrenzenden Bereiche des Grundstücks des Antragstellers auch ohne Bebauungsplan bebaut würden. Bei einer Bebauung dieses Flurstücks würde der Korridor der im Schutzgebiet liegenden, unbebauten und nach dem oben Gesagten schützenswerten Landschaft nördlich des Ortsteils D. aber nicht nur im Bereich des Bebauungsstreifens westlich des Flurstücks des Antragstellers, sondern in einem wesentlich größeren Bereich sehr schmal ausfallen. Es bliebe nur noch ein kleiner Bereich im Schutzgebiet liegender freier Landschaft als Verbindung zwischen den Waldgebieten im Westen und Osten übrig. Eine Bebauung hätte also den Verlust eines an dieser "Engstelle" erheblichen Teils freier schützenswerter Landschaft zur Folge und würde die bereits in den früheren Schutzgebietsausweisungen (seit 1938) angelegte Insellage des Ortsteils D. innerhalb des Landschaftsschutzgebiets Norddeister, das nunmehr nördlich der Bahnlinie an das Landschaftsschutzgebiet Langreder Mark grenzt, in Frage stellen, wodurch das beschriebene schützenswerte Landschaftsbild wesentlich beeinträchtigt würde. Nach allem besteht zumindest die Möglichkeit, dass es ohne eine Unterschutzstellung des Grundstücks des Antragstellers zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Landschaftsbildes kommt. Eine solche nicht gänzlich außerhalb des Möglichen liegende Gefahr ist jedoch ausreichend für die Unterschutzstellung eines Gebietes nach § 26 NNatG, weil diese ihren Zweck, Gefahren für die Schutzgüter des § 26 Abs. 1 NNatG zu verhüten, nur erfüllen kann, wenn sie vorbeugend derartige Gefahren ausschließt (vgl. Nds. OVG, Urteil vom 7.12.1989 - 3 A 198/87 -, NuR 1990, 281; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 4.6.1992 - 5 S 2616/91 -, NuR 1993, 134; Blum/Agena/Franke, a.a.O., §§ 24 bis 34 Rn. 12).
Da das Flurstück des Antragstellers daher nach § 26 Abs. 1 Nr. 2 NNatG schutzwürdig und schutzbedürftig ist, kann dahin stehen, ob es auch nach § 26 Abs. 1 Nr. 1 und 3 NNatG schutzwürdig und schutzbedürftig ist.
Die Antragsgegnerin hätte das Flurstück des Antragstellers aber auch dann in das Landschaftsschutzgebiet "Norddeister" einbeziehen dürfen, wenn es nicht im Sinne des § 26 Abs. 1 Nr. 2 NNatG schutzwürdig wäre. Das Grundstück stellt nämlich zumindest eine Pufferzone dar zwischen der Wohnbebauung im Süden und den nördlich angrenzenden Feldern, die zusammen mit den Waldgebieten im Westen und Osten unter dem Gesichtspunkt der Schönheit des Landschaftsbildes in jedem Falle gemäß § 26 Abs. 1 Nr. 2 NNatG schutzwürdig und schutzbedürftig sind. Solche Grundstücke können - wie bereits dargelegt - in ein Landschaftsschutzgebiet einbezogen werden, um das Schutzgebiet im Übrigen zu sichern oder gegen negative Einwirkungen von außen abzuschirmen, sofern dies zum Schutz des Landschaftsschutzgebiets im Übrigen vernünftigerweise geboten ist. Das gilt auch hier, weil derartige Einwirkungen in Form einer nach Norden rückenden Bebauung zu besorgen wären, wenn die Antragsgegnerin das Flurstück des Antragstellers nicht in das Landschaftsschutzgebiet einbezogen hätte. Eine solche Bebauung würde - wie bereits festgestellt - das beschriebene schutzwürdige Landschaftsbild in diesem Bereich nachhaltig beeinträchtigen und dem Charakter des Schutzgebiets und den Schutzzwecken der Verordnung nach § 2 Abs. 1 Sätze 1 bis 3 Spiegelstrich 2 und letzter Satz, Abs. 2 Nr. 1 Sätze 1 und 2 Spiegelstriche 1, 3 und 5 und Nr. 2 VO zuwiderlaufen. Daher war es vernünftigerweise geboten, das Grundstück des Antragstellers in das Landschaftsschutzgebiet einzubeziehen, um derartige Beeinträchtigungen auszuschließen.
Eine Einbeziehung des Flurstücks des Antragstellers in das Landschaftsschutzgebiet ist unter dem Gesichtspunkt der "Pufferzone" ferner im Hinblick auf den Erhalt der Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts als Wanderkorridor für Wildtiere auf den nördlich an dieses Flurstück angrenzenden unbebauten Flächen, die sich bis zur Eisenbahnlinie Hannover-Haste erstrecken, vernünftigerweise geboten gewesen.
Die diesbezüglichen Ausführungen der Antragsgegnerin, dass das Gebiet nördlich des Ortsteils D. einen Biotopverbund in Form eines Wildwechsels zwischen dem Deister, dem Vorland und dem nördlich der Bahnlinie Hannover-Haste gelegenen Landschaftsschutzgebiet Langreder Mark ermögliche, der westlich hiervon durch die geschlossene Bebauung zwischen Barsinghausen und H. verhindert werde, sind gut nachvollziehbar und überzeugend. Der Senat hat keine Zweifel daran, dass das Wild - wie von der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung beschrieben - von dem an die Eisenbahnstrecke Hannover-Haste südlich angrenzenden Waldstreifen über die nicht eingezäunte, nur halbstündig befahrene und deshalb kein erhebliches Hindernis für das Wild darstellende Bahnstrecke in das unbebaute und teilweise ebenfalls bewaldete Landschaftsschutzgebiet Langreder Mark nördlich der Bahnstrecke wechselt. Unabhängig davon ist in dem Gebiet nördlich des Ortsteils D. auch von einem Wildwechsel von dem Waldgebiet im Westen über die Felder in das Waldgebiet im Osten und umgekehrt als Bestandteil des dortigen nach § 26 Abs. 1 Nr. 1 NNatSchG schützwürdigen Ökosystems auszugehen. Dies ist auch von Frau von E., die lediglich wegen eines Stacheldrahtzauns östlich des sogenannten A.walds einen Wechsel über dieses Waldgebiet im Osten hinaus in ihrem Schreiben vom 2. Juni 2009 für unwahrscheinlich gehalten hat, nicht bestritten worden, und wird durch den Umstand, dass der A.wald am Tage von Spaziergängern mit Hunden frequentiert wird, nicht in Frage gestellt, da dies das Wild jedenfalls nicht daran hindert, diesen Wald nachts und in den frühen Morgen- bzw. späten Abendstunden aufzusuchen. Der Wildwechsel in beide Richtungen (nach Norden über die Bahnlinie und nach Osten in den A.wald) wird durch die von der Antragsgegnerin vorgelegten, in den Jahren 2003 bis 2009 ermittelten Fallwildzahlen auf der L 391 zwischen dem Ortsausgang H. und dem Ortseingang D. bestätigt. Denn es ist kaum anzunehmen, dass das Wild sich nach dem Überqueren der L 391 ausschließlich in dem relativ kleinen Waldgebiet östlich hiervon aufhält. Zwar wird der Wanderkorridor für das Wild bereits durch den Bebauungsstreifen westlich des Flurstücks des Antragstellers eingeschränkt, doch hat die Antragsgegnerin insofern zutreffend darauf hingewiesen, dass das dortige nördlichste Wohnbaugrundstück und das südlich anschließende Grundstück sehr effektiv und naturnah eingegrünt sind. Die dort vorhandene Situation ist im Hinblick auf die Eignung der Fläche nördlich des Ortsteils D. als Wanderbereich für Wildtiere anders zu beurteilen, als wenn ein relativ breit angelegtes Baugebiet mit nebeneinander stehenden Häusern an den restlichen offenen Bereich heranrückte, wie dies bei einer Herausnahme des Flurstücks des Antragstellers aus dem Landschaftsschutzgebiet nach dem oben Gesagten zu erwarten wäre. Die Annahme der Antragsgegnerin, dass ein einzelnes Haus für Wildtiere noch keinen Grund zur Flucht darstelle, dieses Risiko aber bei einer Bebauung des Flurstücks des Antragstellers steigen würde, und dass in diesem Falle wegen der von den Tieren eingehaltenen Fluchtdistanzen weniger Tiere den Wanderkorridor nutzen würden oder der gesamte Wanderkorridor sogar auf Dauer gemieden würde, weil der Mensch dann präsenter wäre und in stärkerem Maße Fluchtreaktionen auslösen würde, ist daher gut nachvollziehbar und überzeugend. Auch aus diesem Grunde ist es daher vernünftigerweise geboten gewesen, das Flurstück des Antragstellers in das Schutzgebiet einzubeziehen, um dem Wanderkorridor der Tiere nördlich dieses Flurstücks gegenüber den von der Bebauung im Süden ausgehenden Einwirkungen ein schützendes Vorfeld zu geben.
Da demnach eine Einbeziehung des Flurstücks des Antragstellers in das Landschaftsschutzgebiet "Norddeister" auch dann rechtlich nicht zu beanstanden ist, wenn es - isoliert betrachtet - nicht im Sinne des § 26 Abs. 1 NNatSchG schutzwürdig wäre, besteht kein Anlass, den Beweisanregungen des Antragstellers zum Nachweis der seiner Ansicht nach fehlenden Schutzwürdigkeit des Flurstücks nachzugehen.
Dass die Antragsgegnerin von der Möglichkeit, das Flurstück des Antragstellers unter Landschaftsschutz zu stellen, Gebrauch gemacht hat, begegnet ebenfalls keinen rechtlichen Bedenken. Die Vorschrift des § 26 Abs. 1 NNatG knüpft die Unterschutzstellung von Gebieten an bestimmte Voraussetzungen, deren Vorliegen die zuständige Naturschutzbehörde zu prüfen hat. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, ist der der Naturschutzbehörde verbleibende Handlungsspielraum in erster Linie durch eine dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verpflichtete Abwägung der sich gegenüberstehenden Interessen des Naturschutzes auf der einen und der Nutzungsinteressen der Grundeigentümer auf der anderen Seite geprägt (BVerwG, Beschluss vom 16.6.1988 - 4 B 102.88 -, NVwZ 1988, 1020; Nds. OVG, Urteile vom 16.3.2006 - 8 KN 53/04 - und 24.8.2001 - 8 KN 209/01 -, NuR 2002, S. 99).
Eine derartige Würdigung der sich gegenüberstehenden Interessen hat die Antragsgegnerin vorgenommen. Sie hat sich ausweislich der Verwaltungsvorgänge mit den Nutzungsinteressen der Grundeigentümer auseinandergesetzt und diese in ihre Erwägungen einbezogen. Dies verdeutlicht insbesondere die Prüfung und Auswertung der Stellungnahmen der Träger öffentlicher Belange und der Anregungen und Bedenken der betroffenen Grundeigentümer, u.a. auch des Antragstellers, die in den Verwaltungsvorgängen dokumentiert sind. Im übrigen zeigt die Verordnung selbst, dass die Antragsgegnerin die Nutzungsinteressen der Grundeigentümer, insbesondere die Interessen an der landwirtschaftlichen Nutzung der unter Schutz gestellten Flächen, erwogen und berücksichtigt hat. Die Verordnung enthält nämlich in § 5 zahlreiche Freistellungen von den Verboten des § 3 VO und räumt den Nutzungsinteressen der Grundeigentümer insoweit den Vorrang vor den Landschaftsschutzbelangen ein. Dieser Umstand und die Tatsache, dass die die Freistellungen betreffenden Regelungen der Verordnung sehr differenziert sind, machen ausreichend deutlich, dass der Verordnungsgeber sich mit dem Für und Wider der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung des unter Schutz gestellten Gebiets befasst und die betroffenen Belange hinreichend gewürdigt hat.
Dass die Antragsgegnerin durch den Erlass der Verordnung dem Landschaftsschutz grundsätzlich den Vorrang vor den Nutzungsinteressen des Antragstellers gegeben hat, ist nicht zu beanstanden. Wie bereits dargelegt, ist die Bedeutung des unter Schutz gestellten Gebiets für den Landschaftsschutz keineswegs gering. Außerdem enthält die Verordnung weitgehende Freistellungen von den Verboten des § 3 VO. Daher kann keine Rede davon sein, dass die Entscheidung, den Belangen des Landschaftsschutzes Vorrang vor den Interessen des Antragstellers an der uneingeschränkten Nutzung seines Flurstücks zu geben, unverhältnismäßig ist.
Der Antragsteller kann gegen die Verordnung ferner nicht einwenden, dass die Antragsgegnerin eine große potenzielle Kleingartenfläche und weitere "große Gebiete" nicht unter Landschaftsschutz gestellt habe. Die Einbeziehung von Flächen in ein Landschaftsschutzgebiet erweist sich nicht schon deshalb als rechtswidrig, weil sich die Landschaftsschutzgebietsverordnung nicht auf alle Flächen erstreckt, die unter Landschaftsschutz hätten gestellt werden können. Da die Entscheidung über die Unterschutzstellung eines Gebiets und dessen Ausdehnung nach § 26 Abs. 1 NNatG im Ermessen der Naturschutzbehörde steht, wäre die unterschiedliche Behandlung von Grundstücken allenfalls dann rechtlich zu beanstanden, wenn sie willkürlich wäre (vgl. Senatsurteil vom 1.4.2008 - 4 KN 57/07 - m.w.N.). Dafür bestehen hier jedoch keine Anhaltspunkte.