Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 27.08.2019, Az.: 7 KS 24/17

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
27.08.2019
Aktenzeichen
7 KS 24/17
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2019, 69811
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Das "Beteiligungsverfahren" im Sinne des § 9 Abs. 1a UVPG a. F. beginnt mit der öffentlichen Bekanntmachung des Plan- oder Zulassungsverfahrens. Auf eine erneute Beteiligung der Öffentlichkeit im Laufe des Verfahrens ist die Vorschrift nicht übertragbar.

2. Das Erfordernis des subjektiv-rechtlichen Bezugs für Verfahrensfehler nach § 4 Abs. 3 Satz 2 UmwRG erstreckt sich nach seinem Sinn und Zweck auch auf relative Verfahrensfehler im Sinne des § 4 Abs. 1a UmwRG.

3. § 6 UmwRG ist nach der Überleitungsvorschrift des § 8 Abs. 1 Satz 2 UmwRG auf Rechtsbehelfe anzuwenden, die nach dem 28. Januar 2013 erhoben worden sind. Zweifel an der - rückwirkenden - Anwendbarkeit der Vorschrift aus Gründen des Vertrauensschutzes bestehen jedenfalls dann nicht, wenn sich der Kläger während des Laufs der Zehnwochenfrist auf die Anforderungen der Vorschrift einstellen konnte.

4. Ein nach § 6 Satz 1 UmwRG verspätetes Vorbringen ist lediglich bis zu dem Zeitpunkt genügend entschuldigt im Sinne des § 6 Satz 2 UmwRG i. V. m. § 87b Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO, in dem ein Vortrag möglich und zumutbar geworden ist.

5. Der Senat geht nach wie vor davon aus, dass das Abschneidekriterium einer Zusatzbelastung von 0,3 kg N/ha*a die besten wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Ermittlung der Belastung durch Stickstoffeinträge in geschützte Lebensräume widerspiegelt.

6. Der Abschneidewert von 0,3 kg N/ha*a ist auch in den Fällen kumulativer Stickstoffbelastungen durch mehrere Vorhaben zugrunde zu legen.

7. Bei der Prüfung, ob artenschutzrechtliche Verbotstatbestände erfüllt sind, folgt das eingeschränkte gerichtliche Kontrollmaß nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 23. Oktober 2018 (Az. 1 BvR 2523/13 u. a.) nicht aus einer der Verwaltung eigens eingeräumten Einschätzungsprärogative, sondern schlicht aus dem Umstand, dass es insoweit am Maßstab zur sicheren Unterscheidung von richtig und falsch fehlt.

8. Den bestehenden wissenschaftlichen Unsicherheiten an der Wirksamkeit von Schutzmaßnahmen, die zugunsten von Fledermäusen festgesetzt werden, kann regelmäßig durch ein Monitoring mit Risikomanagement Rechnung getragen werden.

9. Vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen (sog. CEF-Maßnahmen) im Sinne des § 44 Abs. 5 Satz 3 BNatSchG können mit Bezug auf den Störungstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG den Charakter von Vermeidungsmaßnahmen haben.

10. Eine lediglich pauschale Bezugnahme auf früher erhobene Einwendungen ohne deren Würdigung im Planfeststellungsbeschluss genügt regelmäßig nicht den Begründungsanforderungen an eine Klage gegen einen Planfeststellungsbeschluss.

11. § 7 Satz 1 BauGB spricht dem Flächennutzungsplan - beschränkt auf den Fall des trotz ordnungsgemäßer Beteiligung unterbliebenen Widerspruchs des öffentlichen Planungsträgers - eine ihm sonst als Plan eigener Art ohne normative Wirkung nicht kommende rechtliche Verbindlichkeit zu.

12. Ein Planfeststellungsbeschluss leidet nicht an einem Abwägungsfehler, wenn private Belange nicht berücksichtigt wurden, die der Betroffene im Planfeststellungsverfahren nicht vorgetragen hat und die sich der planenden Behörde nicht aufdrängen mussten.

13. Bei der Prüfung der Existenzgefährdung eines landwirtschaftlichen Betriebes hat im Regelfall eine Einzelfallbetrachtung des jeweiligen Landwirtschaftsbetriebes und der individuellen Betriebsdaten zu erfolgen, wobei die Buchabschlüsse des zu prüfenden Betriebs als maßgebliche Bewertungsgrundlage heranzuziehen sind. Zu objektivieren sind lediglich die Privatentnahmen und die notwendige Kapitalbildung, da die individuellen Bedürfnisse des Landwirts nicht ausschlaggebend sein können.

14. Vorübergehende Beeinträchtigungen während der Bauzeit sind in die Überprüfung der Existenzgefährdung eines landwirtschaftlichen Betriebes regelmäßig nicht einzubeziehen, da sie seine langfristige Ertragslage nicht beeinträchtigen.

15. Der Senat hat Zweifel, ob an der bisherigen Rechtsprechung zur grundsätzlich fehlenden Berücksichtigungsfähigkeit von nur kurzfristig gesicherten Pachtflächen im Rahmen der Überprüfung der Existenzgefährdung eines landwirtschaftlichen Betriebes festgehalten werden sollte (offengelassen).

16. Eine nähere Auseinandersetzung mit dem Einwand der Existenzgefährdung ist entbehrlich, wenn die Planfeststellungsbehörde die behauptete Existenzgefährdung im Wege der Wahrunterstellung ihrer Abwägung (hypothetisch) zugrunde legt, was unter bestimmten Voraussetzungen zulässig ist, und dabei deutlich macht, dass sie die für das Vorhaben streitenden Belange für so gewichtig hält, dass es auch um den Preis einer Existenzgefährdung oder Existenzvernichtung des betroffenen landwirtschaftlichen Betriebes verwirklicht werden soll.

17. In Konstellationen, in denen der Kläger sowohl mit seinem Hauptantrag auf Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses unterliegt als auch mit einem Großteil seiner Argumente betreffend den Hilfsantrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses nicht durchdringen kann, erscheint es nicht sachgerecht, der beklagten Planfeststellungsbehörde die gesamten Kosten des Verfahrens gemäß § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO aufzuerlegen; der Kläger ist nicht nur zu einem geringen Teil unterlegen (Aufgabe der bisherigen Praxis).

Tenor:

Es wird festgestellt, dass der Planfeststellungsbeschluss der Beklagten für den Neubau der Ortsumgehung Wunstorf im Zuge der Bundesstraße 441 (Stadt Wunstorf, Region Hannover) vom 30. Dezember 2016 in der Fassung der in der mündlichen Verhandlung vom 26. August 2019 verfügten Planergänzung rechtswidrig und nicht vollziehbar ist.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Gerichtskosten tragen die Kläger zu 1. und 2., die Beklagte und die Beigeladene zu je ¼. Die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens tragen die Beteiligten jeweils selbst.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Kläger wenden sich gegen den Planfeststellungsbeschluss der Beklagten vom 30. Dezember 2016 für den Neubau der Ortsumgehung Wunstorf im Zuge der Bundesstraße B 441 (Stadt Wunstorf, Region Hannover) von Bau-km 1+000 bis Bau-km 7+545.

In der Innenstadt der hier beigeladenen Stadt Wunstorf treffen die Bundesstraßen B 441 (Uchte - Hannover) und B 442 (Coppenbrügge - Neustadt am Rübenberge) zusammen. Die geplante Ortsumgehung soll einer nördlichen und östlichen Umfahrung von Wunstorf dienen. Es wird eine Entlastung der Ortsdurchfahrt von Wunstorf und des nachgeordneten Straßennetzes vom regionalen und überregionalen Durchgangsverkehr und damit zugleich eine Erhöhung der Verkehrssicherheit, eine Verringerung der Lärm- und Schadstoffbelastung sowie eine Verbesserung der Wohn-, Lebens- und Aufenthaltsqualität im Umfeld der Ortsdurchfahrten verfolgt. Zugleich soll die Planung einer Erhöhung des Verkehrsflusses und der Verkehrsqualität, der Schaffung eines leistungsfähigen überregionalen Straßenzugs und einer Verbesserung der überregionalen Verkehrsanbindungen im Fernstraßensystem des Bundes dienen.

Planfestgestellt ist der Bau einer Umgehungsstraße im Norden und Osten von Wunstorf. Die Baustrecke verläuft innerhalb der Gemarkungen Bokeloh, Wunstorf, Blumenau und Luthe der Stadt Wunstorf. Die Baustrecke der Ortsumgehung beginnt westlich von Wunstorf, schwenkt in einem Bogen aus der vorhandenen Trasse der Bundesstraße B 441 aus und verläuft zunächst in östlicher Richtung nördlich der Ortslage Wunstorf. Zwischen der Ortslage Wunstorf und Klein Heidorn kreuzt die Trasse die Gemeindestraße Nordrehr und die Kreisstraße K 331 (Klein Heidorner Straße). Die Bundesstraße B 442 und die Bahnstrecke 1740 (Wunstorf - Bremerhaven) werden von der Trasse nördlich von Wunstorf gequert. Im weiteren Verlauf der Trasse wird die Ortschaft Blumenau nördlich und östlich umfahren. Hierbei werden die Kreisstraße K 333 (Leinechaussee) und das Gewässer Westaue, einschließlich des gesetzlich festgelegten Überschwemmungsgebiets der Leine bzw. der Westaue, mit einem Brückenbauwerk gekreuzt. Östlich von Blumenau verläuft die Trasse zunächst in südlicher Richtung und quert hierbei die Kreisstraße K 344 (Manhorner Straße). Zwischen den Ortslagen Wunstorf und Luthe schließt die Trasse an die vorhandene Bundesstraße B 441 an. Die Neubaustrecke der Ortsumgehung endet unmittelbar westlich der Überführung der Gemeindestraße Im Blenze.

Im Einwirkungsbereich des Vorhabens befinden sich die Landschaftsschutzgebiete „Hohes Holz“ (LSG H 4) und „Mittlere Leine“ (LSG H 27), der Naturpark „Steinhuder Meer“ (NP NDS 9), das Wasserschutzgebiet „Steinhude/Hohenholz“ sowie die festgesetzten Überschwemmungsgebiete der Leine bzw. der Westaue. Nord-östlich des Vorhabens liegt zudem das Fauna-Flora-Habitat-(FFH-)Gebiet Nr. 90 „Aller (mit Barnbruch), untere Leine, untere Oker“ (DE 3021-331).

Erste Überlegungen zu einer Ortsumgehung gab es bereits Mitte der 1960er Jahre. Es wurde ein Raumordnungsverfahren durchgeführt und mit der landesplanerischen Feststellung einer nördlichen Umgehungsstraße vom 16. Februar 1967 abgeschlossen. Am 01. August 1969 wurde vom Bundesverkehrsministerium die Linie bestimmt. Die bestimmte Linie verlief nordöstlich von Wunstorf zwischen der Ortslage Wunstorf und der Ortslage Blumenau. Da die linienbestimmte Trasse nicht den geplanten städtebaulichen Entwicklungen und Vorstellungen der Stadt Wunstorf entsprach, wurde eine alternative Trassenführung entwickelt, die eine Umfahrung von Blumenau im Norden und Osten vorsah. Die Stadt Wunstorf beschloss daraufhin im Jahr 1984 eine Änderung ihres Flächennutzungsplans (4. Änderung des Flächennutzungsplans B 441 - Nordumgehung), um diese Linienführung bauleitplanerisch zu sichern. Der Flächennutzungsplan wurde von der Bezirksregierung Hannover am 29. Januar 1986 genehmigt. Mit landesplanerischer Feststellung vom 04. Juli 1989 zur Benehmensherstellung im Rahmen der Linienbestimmung nach § 16 des Bundesfernstraßengesetzes (FStrG) stellte der Zweckverband Großraum Hannover fest, dass die im Flächennutzungsplan der Stadt Wunstorf freigehaltene Trasse der nördlichen Ortsumgehung unter Berücksichtigung bestimmter Maßgaben und Änderungen mit den Grundsätzen und Zielen der Raumordnung und Landesplanung vereinbar ist. Grundlage der landesplanerischen Feststellung war das Gutachten „Grundlagen für die stadt- und raumplanerische Beurteilung der Ortsumgehung Wunstorf der Bundesstraße 441“ der Planungsgemeinschaft Dr.-Ing. G. (H.) vom Januar 1989 und der dort vorgenommene Variantenvergleich. Mit Erlass vom 18. September 1989 teilte das Niedersächsische Innenministerium mit, dass aufgrund der bereits erfolgten Flächennutzungsplanänderung, der die Straßenbaubehörde nicht widersprochen habe, die Straßenbauverwaltung ihre Planungen dem rechtsgültigen Flächennutzungsplan anzupassen habe. Eine erneute landesplanerische Feststellung sei daher entbehrlich. Die landesplanerische Feststellung vom 16. Februar 1967 wurde aufgehoben. Der Bundesminister für Verkehr stimmte der geänderten Trassenführung mit Schreiben vom 16. Oktober 1990 zu. Da die Änderungen nicht so erheblich seien, dass bei einer Prüfung unter raumordnerischen Gesichtspunkten mit neuen Erkenntnissen zu rechnen sei, erklärte der Bundesminister für Verkehr eine erneute Bestimmung der Linie gemäß § 16 FStrG für entbehrlich.

Aufgrund einer Vereinbarung zwischen dem Land Niedersachsen und der Stadt Wunstorf betrieb die Stadt Wunstorf die Planungen für den Bau der Ortsumgehung in Abstimmung mit der Straßenbauverwaltung weiter. So wurde in den 1990er Jahren im Auftrag der Stadt Wunstorf insbesondere eine „Umweltverträglichkeitsstudie zur Ortsumgehung Wunstorf im Zuge der B 441“ (Teil I: Raumbezogene Empfindlichkeitsanalyse; Teil II: Raumbezogene Empfindlichkeitsanalyse (Südraum); Teil III: Variantenvergleich; Ergänzung zur Umweltverträglichkeitsstudie für die Ortsumgehung Wunstorf im Zuge der B 441) der I. eingeholt. Das Niedersächsische Landesamt für Straßenbau erstellte im November 1999 einen zusammenfassenden Untersuchungsbericht über die im bisherigen Planungsverlauf untersuchten Varianten. Dieser zusammenfassende Untersuchungsbericht wurde der Bezirksregierung zur gesamtplanerischen Begutachtung und Abgabe einer Empfehlung für das weitere Verfahren vorgelegt. Diese bestätigte in einer gesamtplanerischen Begutachtung vom 28. Januar 2001 die Variante Nordumgehung mit verschiedenen Maßgaben. Die Region Hannover als zuständige Raumordnungsbehörde befand mit Stellungnahme vom 21. Oktober 2005 ein neues Raumordnungsverfahren für entbehrlich. Das geplante Vorhaben entspreche den Zielen des Landesraumordnungsprogramms Niedersachsen 1994 - Teil II - sowie des Regionalen Raumordnungsprogramms 1996 für den Großraum Hannover bzw. des Regionalen Raumordnungsprogramms 2005 für die Region Hannover. In der zeichnerischen Darstellung der Regionalen Raumordnungsprogramme würde die raumordnerisch abgestimmte Trasse einer Nordumgehung die raumordnerischen Ziele des Landesraumordnungsprogramms näher konkretisieren und räumlich festlegen. Die im Rahmen der gesamtplanerischen Begutachtung vertretene Auffassung, dass ein neues Raumordnungsverfahren entbehrlich sei, werde durch zwischenzeitlich erstellte weitere Gutachten bestätigt.

Der Neubau der Ortsumgehung Wunstorf ist in dem geltenden Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen (Anlage zu § 1 Abs. 1 Satz 2 des Fernstraßenausbaugesetzes - FStrAbG -) unter der laufenden Nummer 837 im vordringlichen Bedarf enthalten.

Die Niedersächsische Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr, Regionaler Geschäftsbereich Hannover (nachfolgend: Vorhabenträgerin) beantragte mit Schreiben vom 30. April 2009 bei der Beklagten als Anhörungs- und Planfeststellungsbehörde, ein Planfeststellungsverfahren für den Bau der Ortsumgehung Wunstorf im Zuge der B 441 durchzuführen. Nach Vorlage und Prüfung der Planunterlagen sowie Prüfung der UVP-Pflichtigkeit des Vorhabens leitete die Beklagte am 06. Mai 2009 das Planfeststellungsverfahren ein. Die Planunterlagen lagen nach vorheriger ortsüblicher Bekanntmachung in der Leine-Zeitung vom 09. Mai 2009 in der Zeit vom 18. Mai 2009 bis zum 17. Juni 2009 öffentlich zur Einsichtnahme bei der Stadt Wunstorf aus. Parallel zur Auslegung der Planunterlagen beteiligte die Anhörungs- und Planfeststellungsbehörde die in ihrem Aufgabenbereich berührten Behörden und sonstige Träger öffentlicher Belange.

Die Kläger sind Eigentümer von Grundstücken im Einwirkungsbereich der geplanten Ortsumgehung Wunstorf. Der Kläger zu 1. ist Eigentümer eines landwirtschaftlichen Betriebs im Ortsteil J. von Wunstorf, die Klägerin zu 2. führt auf dem Hof des Landwirtschaftsbetriebs einen Hofladen. Der Kläger zu 1. bewirtschaftet das Ackerland im Verfahren des Biolandbaus ganz überwiegend mit Gemüse und zu einem geringen Anteil mit Kartoffeln. Wichtigste Anbaufrüchte sind Salate und Zucchini, gefolgt von Hokkaido-Kürbis, Zuckermais, Kohlrabi und Kopfkohl. Daneben werden auch Rauke, Schnittlauch und Petersilie erzeugt. 5 % der Produktion gehen an den von der Klägerin zu 2. betriebenen Hofladen und werden von dort direkt an den Endverbraucher vermarktet. 95 % gehen als Frischmarkt-Gemüse an auf Bioanbau spezialisierte Naturkostgroßhändler. Jedenfalls in der Vergangenheit - nach Angaben der Kläger bis zum Ende des Jahres 2016 - wurde ein Teil der Produktion zudem als Industriegemüse für den Babynahrungshersteller K. angebaut, wobei Vertragspartner des Landwirtschaftsbetriebes ein Obst und Gemüse verarbeitender Betrieb (Zwischenhändler) war, der seinerseits den Babynahrungshersteller beliefert hat. Der Betrieb verfügte - ausweislich des von dem Kläger zu 1. vorgelegten betrieblichen Erhebungsbogens zur Gesamtbetriebserfassung - im Bewirtschaftungsjahr 2009 über eine Betriebsfläche von rund 38 ha; auf dem Hof arbeiteten 25 Personen.

Vorhabenbedingt werden dauerhaft und vorübergehend folgende im Eigentum des Klägers zu 1. stehende Grundstücke in der Gemarkung J. in Anspruch genommen:

Flur

Flurstück

Grundstücksgröße in m²

Dauerhafte Inanspruchnahme in m²

Vorübergehende Inanspruchnahme in m²

7       

L.    

…       

…       

…       

7       

M.    

…       

…       

…       

8       

N.    

…       

…       

…       

Bewirtschaftungsflächen, die vom Kläger zu 1. gepachtet sind, sind wie folgt betroffen:

Flur

Flurstück

Grundstücksgröße in m²

Dauerhafte Inanspruchnahme in m²

Vorübergehende Inanspruchnahme in m²

7       

O.    

…       

…       

…       

7       

P.    

…       

…       

…       

7       

Q.    

…       

…       

…       

8       

R.    

…       

…       

8       

S. (alt: T.)

…       

…       

…       

Die Klägerin zu 2. ist Eigentümerin folgender Grundstücke in der Gemarkung J., die vorhabenbedingt in Anspruch genommen werden:

Flur

Flurstück

Grundstücksgröße in m²

Dauerhafte Inanspruchnahme in m²

Vorübergehende Inanspruchnahme in m²

7       

U.    

…       

…       

…       

8       

V.    

…       

…       

…       

Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 01. Juli 2009 und 02. Juli 2009 erhob der Kläger zu 1. Einwendungen gegen das Vorhaben. Er machte eine Existenzgefährdung seines Landwirtschaftsbetriebs durch Flächeninanspruchnahme, Durchschneidungsschäden, Mehrwege, unwirtschaftliche Restflächen, Erschwernisse bei der Beregnung, Schadstoffeinträge sowie Auswirkungen auf die Besonderheiten des Bio-Betriebs geltend. Daneben erhob er Einwendungen gegen die Planrechtfertigung, die Wahl der Vorzugsvariante und die von dem Straßenbauvorhaben ausgehenden Lärmimmissionen, rügte formale Fehler bei der Auslegung der Planunterlagen sowie erhebliche Defizite bei der Bewertung der Auswirkungen des Vorhabens auf Natur und Umwelt und dem vorgesehenen Kompensationskonzept.

Die Klägerin zu 2. erhob mit Schreiben vom 25. Juni 2009 ebenfalls Einwendungen gegen das Vorhaben. Ihre Einwendungen bezogen sich insbesondere auf die Lärm- und Schadstoffimmissionen des Vorhabens, die Trassenführung und den Variantenvergleich, die Verkehrsuntersuchung sowie die unzureichende Behandlung naturschutzrechtlicher Belange in den Planunterlagen. Auch sie befürchtete existenzbedrohende Auswirkungen auf den Landwirtschaftsbetrieb des Klägers zu 1..

Aufgrund der vorgebrachten Einwendungen des Klägers zu 1. zur Existenzgefährdung seines Landwirtschaftsbetriebs durch das Straßenbauvorhaben holte die Vorhabenträgerin ein sog. „Existenzgefährdungsgutachten“ ein. Das Gutachten des Sachverständigen Dr. W. vom 21. April 2011 kommt zu dem Ergebnis, dass der Betrieb zum Bewertungsstichtag des 01. Januar 2011 existenzfähig ist und auch nach Realisierung des Straßenbauvorhabens existenzfähig bleiben wird. Eine Existenzgefährdung wird ausgeschlossen. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers zu 1. nahm mit Schreiben vom 06. Juli 2011 zu dem Existenzgefährdungsgutachten Stellung und machte diverse Mängel geltend. Das sachverständige Dezernat 24 der Beklagten äußerte sich dazu in einem Vermerk vom 16. August 2011. Der Sachverständige Dr. W. nahm zu dem Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Klägers zu 1. unter dem 07. Januar 2012 Stellung.

Die Vorhabenträgerin überprüfte infolge der erhobenen Einwendungen und Stellungnahmen zu dem Vorhaben des Weiteren u. a. die Auswirkungen des Vorhabens auf das landwirtschaftliche Wegenetz, Fragen der Trassenführung, naturschutzfachliche Fragen, mögliche Existenzgefährdungen von Landwirtschaftsbetrieben und die Auswirkungen des Vorhabens auf die Überschwemmungsgebiete von Leine und Westaue sowie die Hochwasserproblematik. Am 29. April 2011 stellte die Vorhabenträgerin einen Änderungsantrag (1. Planänderung). Die geänderten Planunterlagen lagen nach vorheriger ortsüblicher Bekanntmachung vom 13. Mai 2011 in der Leine-Zeitung vom 23. Mai 2011 bis zum 22. Juni 2011 bei der Stadt Wunstorf zur allgemeinen Einsichtnahme öffentlich aus. Die ursprünglichen Planunterlagen wurden zu Vergleichszwecken mit bereitgestellt. Die Beklagte beteiligte auch die in ihrem Aufgabenbereich berührten Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange durch Übersendung der geänderten Planunterlagen. Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 05. Juli 2011 erhob der Kläger zu 1. erneut Einwendungen gegen das Vorhaben. Insbesondere hielt er seine Einwendungen zur Existenzgefährdung aufrecht.

Mit Schreiben vom 05. Oktober 2011 reichte die Vorhabenträgerin eine 2. Planänderung ein. Diese erfolgte in Reaktion auf im Anhörungsverfahren vorgetragene Einwände aus der Landwirtschaft gegen die Breite der Brücken der überführenden Wirtschaftswege an der Bahnstrecke (Trog) und an der Maschstraße. Da die 2. Planänderung im Bereich der Maschstraße weiteren Grunderwerb erfordert, teilte die Beklagte den betroffenen drei Grundstückseigentümern die Änderung durch Übersendung der Planunterlagen zur Einsichtnahme am 27. Oktober 2011 mit und gab ihnen die Gelegenheit zu Einwendungen. Einwendungen wurden nicht erhoben.

Mit Schreiben vom 17. Januar 2012 übersandte die Beklagte den Einwendern und Trägern öffentlicher Belange, unter anderem auch den Klägern, die Ladung zum Erörterungstermin sowie die Stellungnahmen der Vorhabenträgerin zu den Einwendungen der ersten Auslegung und der 1. Planänderung. Nach vorheriger Bekanntmachung in der Leine-Zeitung und dem Wunstorfer Stadtanzeiger vom 19. Januar 2012 und im Niedersächsischen Ministerialblatt vom 18. Januar 2012 wurden die abgegebenen Stellungahmen der Träger öffentlicher Belange und die erhobenen Privateinwendungen am 30. Januar 2012 sowie die weiterhin abgegebenen Stellungahmen der Träger öffentlicher Belange und die erhobenen Privateinwendungen aus der Landwirtschaft am 08. Februar 2012 in Wunstorf erörtert.

Daneben fand am 20. August 2013 ein Einzelerörterungstermin mit dem Kläger zu 1. und dem Inhaber eines weiteren landwirtschaftlichen Betriebes statt, in dem speziell die Betroffenheiten dieser Landwirtschaftsbetriebe erörtert wurden. In diesem Termin thematisierte der Kläger zu 1. auch die Auswirkungen des Straßenbauvorhabens auf den von der Klägerin zu 2. betriebenen Hofladen. Die Vorhabenträgerin holte deshalb in der Folgezeit ein Existenzgefährdungsgutachten betreffend den Hofladen des landwirtschaftlichen Betriebes ein. Das diesbezügliche Gutachten des Sachverständigen Dr. W. vom 14. Juli 2014 bewertet den Hofladen als Annex des landwirtschaftlichen Gemüsebaubetriebs, weshalb er bei der Betrachtung der Existenzgefährdung in Zusammenhang mit dem Gesamtbetrieb zu sehen sei. Eine Existenzgefährdung des Gesamtbetriebs durch die Baumaßnahme könne ausgeschlossen werden.

Aufgrund der Ergebnisse des Erörterungstermins und Einwendungen aus der Landwirtschaft stellte die Vorhabenträgerin mit Datum vom 02. September 2013 einen 3. Planänderungsantrag. Dieser betraf insbesondere die Dimensionierung der Brücken der überführenden Wirtschaftswege sowie landschaftspflegerische Maßnahmen. Mit Schreiben vom 16. September 2013 teilte die Beklagte den von der Planänderung betroffenen Eigentümern bzw. Bewirtschaftern landwirtschaftlicher Flächen, unter anderem dem Kläger zu 1., die Änderungen mit und gab ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme. Den erstmalig oder stärker als bisher berührten Behörden und Trägern öffentlicher Belange wurde ebenfalls Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Der Kläger zu 1. erhob mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 02. Oktober 2013 Einwände gegen das geänderte Vorhaben.

Im Laufe des Verfahrens legte die Vorhabenträgerin weitere Unterlagen und Untersuchungen zur Konkretisierung und Aktualisierung der mit dem Vorhaben verbundenen Auswirkungen vor. Dazu gehörten die Untersuchungen der H. vom 10. Juni 2014 „Verkehrserhebungen im westlichen Stadtgebiet der Stadt Wunstorf“ und „Verkehrliche Auswirkungen der Logistikansiedlung im westlichen Stadtgebiet der Stadt Wunstorf“ sowie die „Betrachtung der Varianten für die OU Wunstorf im Zuge der B 441“ der Vorhabenträgerin vom Mai 2015 und die „Darstellung der Umweltauswirkungen der Variante Verlängerte Hochstraße“ der I. vom Mai 2015. Da nach Ansicht der Beklagten durch die ergänzenden Unterlagen erstmalige oder stärkere Betroffenheiten nicht ausgelöst wurden, unterblieb insoweit eine Beteiligung.

Am 23. September 2015 legte die Vorhabenträgerin aktualisierte landschaftspflegerische Planunterlagen sowie eine Änderung der planfestgestellten Maßnahmenkartei vor (4. Planänderung). Die Beklagte beteiligte insoweit die anerkannten Naturschutzverbände durch Übersendung der geänderten Unterlagen und gab ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme. Im Zuge der 4. Planänderung erfolgte zudem aufgrund der Herausnahme des Radwegs Nordrehr aus dem Antrag auf Planfeststellung eine Änderung der Planunterlagen. Da nach Ansicht der Beklagten erstmalige oder stärkere Betroffenheiten nicht ausgelöst wurden, unterblieb insoweit eine ergänzende Anhörung von Behörden, Betroffenen und Vereinigungen.

Mit Schreiben der Beklagten vom 02. Dezember 2015 wurde dem Kläger zu 1. die Stellungnahme der Vorhabenträgerin zu den vorgetragenen Einwendungen betreffend die 3. Planänderung übermittelt.

Nachdem der X. e. V. darauf hingewiesen hatte, dass im Wirkraum des Vorhabens ein Vorkommen des Fischotters festgestellt wurde, legte die Vorhabenträgerin nach einer ergänzenden artenschutzrechtlichen Überprüfung am 15. Januar 2016 als 5. Planänderung die Anlage einer Berme mit Leiteinrichtung unter der Brücke über die Westaue als Wanderhilfe für den Fischotter vor.

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers zu 1. nahm mit Schreiben vom 10. Februar 2016 unter Bezugnahme auf das Schreiben der Beklagten vom 02. Dezember 2015 erneut zu dem Vorhaben und hier insbesondere zu den vorgesehenen landschaftspflegerischen Maßnahmen Stellung. Nach Aufforderung durch die Beklagte teilte der Prozessbevollmächtigte des Klägers zu 1. mit Schreiben vom 13. Juli 2016 mit, dass derzeit kein weiterer Erörterungsbedarf bestehe. Die Beklagte teilte ihm daraufhin mit Schreiben vom 15. August 2016 mit, dass das Anhörungsverfahren für den Kläger zu 1. abgeschlossen sei.

Mit Datum vom 04. Oktober 2016 legte die Vorhabenträgerin einen „Fachbeitrag Wasserrahmenrichtlinie“ (Unterlage 15) vor. Nach Bekanntmachung in der Leine-Zeitung vom 11. Oktober 2016 lag der „Fachbeitrag Wasserrahmenrichtlinie“ in der Zeit vom 13. Oktober 2016 bis zum 14. November 2016 öffentlich zur Einsichtnahme bei der Stadt Wunstorf aus. Die Unterlagen 2, 7, 12 und 13 sowie mehrere Gutachten (insbesondere hydraulische Untersuchungen und Gutachten zur Überschwemmungssituation) lagen nachrichtlich zu Informationszwecken mit aus. Die Beklagte beteiligte zudem die in ihrem Aufgabenbereich berührten Behörden und Träger öffentlicher Belange. Ihnen wurde Gelegenheit zur Stellungahme gegeben. Der Kläger zu 1. erhob durch seinen Prozessbevollmächtigten mit Schreiben vom 27. November 2016 Einwände gegen den Fachbeitrag. Mit Schreiben der Beklagten vom 20. Dezember 2016 wurde dem Kläger zu 1. die Stellungnahme der Vorhabenträgerin zu den vorgetragenen Einwendungen betreffend den „Fachbeitrag Wasserrahmenrichtlinie“ übermittelt.

Die Beklagte stellte mit Planfeststellungsbeschluss vom 30. Dezember 2016 den Plan für den Neubau der Ortsumgehung Wunstorf im Zuge der Bundesstraße B 441 (Stadt Wunstorf, Region Hannover) von Bau-km 1+000 bis Bau-km 7+545 fest. Neben dem Bau der Ortsumgehung umfasst die Planung die erforderlichen Anschlüsse des vorhandenen Straßennetzes an den Neubau sowie Ausbau und Wiederherstellung vorhandener Wirtschaftswege als Ersatz für unterbrochene Wegebeziehungen. Die Vorschläge, Stellungnahmen und Einwendungen zu dem Vorhaben wies die Beklagte - soweit sie nicht berücksichtigt wurden - zurück.

Der Planfeststellungsbeschluss wurde im Niedersächsischen Ministerialblatt 07/2017 vom 22. Februar 2017 und in der Leine-Zeitung vom 24. Februar 2017 öffentlich bekanntgemacht. Er lag in der Stadt Wunstorf vom 28. Februar 2017 bis zum 13. März 2017 zur Einsicht aus.

Die Kläger haben am 12. April 2017 Klage erhoben.

Der Kläger zu 1. hat am 11. April 2017 zudem einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gestellt (Az. 7 MS 26/17). Nachdem die Beklagte die gesetzlich angeordnete sofortige Vollziehung des Planfeststellungsbeschlusses am 15. Mai 2017 teilweise, namentlich hinsichtlich der Durchführung baulicher Vollzugsmaßnahmen auf den Flurstücken L., U., O., P., Q. und M. der Flur 7 der Gemarkung J. sowie den Flurstücken R., N., S. und V. der Flur 8 der Gemarkung J. ausgesetzt hatte, haben die Beteiligten das Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt. Mit Beschluss des Senats vom 27. Juni 2017 ist das Verfahren eingestellt worden.

Zur Begründung ihrer Klage tragen die Kläger im Wesentlichen vor:

Die Klage sei zulässig. Sie seien klagebefugt. Ihnen stehe ein Vollüberprüfungsanspruch zu, da ihr Grundeigentum durch das Vorhaben unmittelbar in Anspruch genommen werde.

Die Klage sei auch begründet. Der Planfeststellungsbeschluss sei formell rechtswidrig. Er weise Verfahrensfehler im Zusammenhang mit der Öffentlichkeitsbeteiligung auf. Zunächst seien die im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung ausgelegten Unterlagen unvollständig gewesen. Nicht ausgelegt worden sei zum einen die mehrteilige Umweltverträglichkeitsstudie, Teil I - III, der I. (1994 - 1999). Sie gehöre zu den vom Träger des Vorhabens gemäß § 6 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) vorzulegenden Unterlagen, die nach § 9 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 UVPG auszulegen gewesen seien. Die Umweltverträglichkeitsstudie enthalte eine Beschreibung der zu erwartenden erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen des Vorhabens gemäß § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 UVPG. Die in der Umweltverträglichkeitsstudie enthaltene Variantenuntersuchung stelle eine Übersicht über die wichtigsten, vom Träger des Vorhabens geprüften anderweitigen Lösungsmöglichkeiten und der wesentlichen Auswahlgründe im Hinblick auf die Umweltauswirkungen des Vorhabens im Sinne des § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 UVPG dar. Die Unterlagen, die der Vorhabenträger zur Erfüllung der Anforderungen des § 6 UVPG tatsächlich vorgelegt habe, müssten auch der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Nicht ausgelegt worden seien zum anderen die ergänzenden Verkehrsuntersuchungen der H. aus dem Juni 2014 sowie die ergänzenden Unterlagen zur Variantenentscheidung aus dem Mai 2015. Diese Untersuchungen seien im Rahmen einer erneuten Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 9 Abs. 1b Satz 1 Nr. 2 UVPG auszulegen gewesen, zumal im Oktober/November 2016 ohnehin eine auf den nachträglich erstellten „Fachbeitrag Wasserrahmenrichtlinie“ bezogene weitere Öffentlichkeitsbeteiligung stattgefunden habe.

Des Weiteren sei ein Beteiligungsmangel im Zusammenhang mit der 4. Planänderung vom September 2015 zu erblicken. Die aktualisierten landschaftspflegerischen Planunterlagen sowie die geänderte Maßnahmenkartei seien nach § 73 Abs. 8 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) lediglich den anerkannten Naturschutzverbänden zur Stellungnahme übersandt worden. Da den Eigentümern der durch die Planung betroffenen Flächen jedoch eine umfassende Klagebefugnis zustehe, welche auch die Naturschutzbelange umfasse, hätten diese in das Beteiligungsverfahren einbezogen werden müssen. Darüber hinaus führe die erfolgte Herausnahme des Radwegs Nordrehr aus dem Antrag auf Planfeststellung zu einer Berührung der Belange einer unbestimmten Zahl davon betroffener Radfahrer. Da diese nicht namentlich bekannt seien, hätte insoweit eine erneute förmliche Öffentlichkeitsbeteiligung durchgeführt werden müssen.

Schließlich werde ein Verfahrensfehler im Zusammenhang mit der Auslegung des „Fachbeitrags Wasserrahmenrichtlinie (WRRL)“ geltend gemacht und die Nichtauslegung des Wasserkörperdatenblatts aus dem Jahr 2015 gerügt.

Soweit man in diesen Fehlern der Öffentlichkeitsbeteiligung keine absoluten Verfahrensfehler nach § 4 Abs. 1 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes (UmwRG) erblicken wollte, handelte es sich jedenfalls um relative Verfahrensfehler nach § 4 Abs. 1a UmwRG. Danach sei zu vermuten, dass der Verfahrensfehler die Entscheidung in der Sache im Sinne des § 46 VwVfG beeinflusst habe. Es genüge, wenn nicht auszuschließen sei, dass im Rahmen der durchzuführenden Öffentlichkeitsbeteiligung zusätzliche Gesichtspunkte zur Sprache gekommen wären, die eine Änderung der Unterlagen oder des Planfeststellungsbeschlusses zur Folge gehabt hätten.

Der Planfeststellungsbeschluss sei auch materiell rechtswidrig. Fehlerhaft sei zunächst die Behandlung des Habitatschutzrechts. Hinsichtlich einer möglichen Beeinträchtigung des FFH-Gebiets „Aller (mit Barnbruch), untere Leine, untere Oker“ berufe sich die Beklagte auf eine FFH-Verträglichkeitsprüfung, wonach erhebliche Beeinträchtigungen ausgeschlossen werden könnten. Die Prüfungsgrundlage sei jedoch veraltet. Es sei auf einen Standarddatenbogen zurückgegriffen worden, dessen letzte Aktualisierung mit März 2009 datiert sei. Bei der EU-Kommission sei eine aktualisierte Fassung hinterlegt, die aus dem Mai 2016 stamme. Der Prüfungsmaßstab sei zudem nicht korrekt gewählt worden. Die Erhaltungsziele seien anhand der Angaben im Standarddatenbogen sowie ergänzender Hinweise der Fachbehörde für Naturschutz abgeleitet worden. Stattdessen hätte auf die Verordnung zum Landschaftsschutzgebiet „Mittlere Leine“ abgestellt werden müssen. Der Planfeststellungsbeschluss gehe außerdem von einer unzutreffenden Entfernung zwischen Bauvorhaben und FFH-Gebiet aus. Das FFH-Gebiet sei zudem unzutreffend abgegrenzt worden. Die Westaue hätte mindestens bis zur Querung der K 333 einbezogen werden müssen. In Niedersachsen laufe gerade ein Nachmeldeverfahren für weitere FFH- und Vogelschutzgebiete. Eine Beeinträchtigung des FFH-Gebiets durch straßenverkehrsbedingte zusätzliche Stickstoffeinträge durch die neue Trasse unter Einbeziehung kumulativ wirksamer Effekte anderer Projekte sei nicht geprüft worden. Die Ansicht der Beklagten, unterhalb der Irrelevanzschwelle von 0,3 kg/ha*a sei nicht einmal mehr von unerheblichen Beeinträchtigungen auszugehen, dürfte nach der neueren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) nicht haltbar sein. Aufgrund der Biotoptypenkartierung zum Straßenbauvorhaben sei es zudem nicht ausgeschlossen, dass der FFH-Lebensraumtyp (LRT) 3260 durch das Bauvorhaben im Querungsbereich betroffen werde. Dieser werde durch Verschattung, Verlärmung sowie durch Schadstoffeintrag erheblich beeinträchtigt. In jedem Fall würden diese Beeinträchtigungen über die Westaue in das bereits bestehende FFH-Gebiet mit eingetragen. Die vorgesehene Schutzmaßnahme einer besonderen Vorgehensweise bei der Verfüllung des ursprünglichen Gewässerlaufs der Westaue sei nicht geeignet, um eine Beeinträchtigung von Erhaltungszielen sicher auszuschließen. Schließlich befinde sich aktuell ein Biberbau exakt in dem Bereich der Westaue, den die geplante Straße quere. Hierin dürfte eine Beeinträchtigung der Biberpopulation im FFH-Gebiet zu erblicken sein.

Auch das besondere Artenschutzrecht sei verletzt. Der Beklagten fehle es bereits an einer geeigneten Grundlage zur Beurteilung der artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände. Der Artenschutzbeitrag leiste diese Aufgabe nicht hinreichend. Er prüfe nicht artbezogen und systematisch die drei Verbotstatbestände ab, für die unterschiedliche gesetzliche Voraussetzungen gälten. So könnten die sogenannten CEF-Maßnahmen (continuous ecological functionality-measures) des § 44 Abs. 5 Satz 2 und 3 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) nur beim Zerstörungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG eingesetzt werden. Der Artenschutzbeitrag gehe zudem davon aus, dass Schädigungen und Störungen erheblich seien, wenn sich der Erhaltungszustand der lokalen Population verschlechtere. Die Verbote des § 44 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 3 BNatSchG seien jedoch individuenbezogen zu bewerten. Im Rahmen des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG stelle die Signifikanzschwelle keine populationsbezogene Erheblichkeitsschwelle dar. Eine weitere Fehlannahme liege der Beurteilung des Störungstatbestands des § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG zugrunde, wenn angenommen werde, dass die Effektdistanzen keine Erheblichkeitsschwelle darstellen würden. Innerhalb der Effektdistanzen mindere sich der Reproduktionserfolg. Dem Verbotstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG nähere sich der Artenschutzbeitrag nur in verkürzter Form. Der für die Vermeidung des Verbotstatbestands vorausgesetzte volle Funktionserhalt sei erst dann erfüllt, wenn für die mit ihren konkreten Lebensstätten betroffenen Exemplare einer Art die von der Lebensstätte wahrgenommene Funktion vollständig erhalten bleibe. Dies zugrunde gelegt, fielen die artenschutzrechtlichen Prüfungen einer Reihe von Arten fehlerhaft aus und Verbotstatbestände würden nicht erkannt. So sei für eine Vielzahl von Vogelarten (Amsel, Bluthänfling, Dorngrasmücke, Feldlerche, Feldsperling, Goldammer, Grünfink, Klappergrasmücke, Nachtigall, Rauchschwalbe, Rebhuhn, Rohrammer, Rohrweihe, Rotmilan, Singdrossel, Sommergoldhähnchen, Star, Sumpfrohrsänger, Turmfalke, Waldkauz, Wiesenpieper, Wiesenschafstelze, Zilpzalp) der Verbotstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG erfüllt und für eine Vielzahl von Vogelarten (Amsel, Bachstelze, Bluthänfling, Buchfink, Buntspecht, Dorngrasmücke, Feldlerche, Feldsperling, Fitis, Gelbspötter, Girlitz, Goldammer, Grünfink, Klappergrasmücke, Kleiber, Kohlmeise, Mönchsgrasmücke, Nachtigall, Rebhuhn, Rohrammer, Singdrossel, Sommergoldhähnchen, Sumpfrohrsänger, Wachtel, Waldkauz, Wiesenpieper, Wiesenschafstelze, Weißstorch, Zilpzalp) zudem der Störungstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG.

Das Tötungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG sei für eine Vielzahl von europäischen Vogelarten erfüllt. Für den Weißstorch und die Waldohreule seien die planfestgestellten Maßnahmen V03 und S05 (Gehölzpflanzungen) nicht ausreichend, um ein Kollisionsrisiko zu entschärfen. Die Maßnahme vergräme Weißstörche aus ihren angestammten Nahrungsräumen. Die Waldohreule werde die Gehölzstreifen entlang der Straße gezielt anfliegen und entlang des Straßenrandes auf Nahrungssuche gehen. Eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos bestehe auch für die Individuen eines Reviers der Dorngrasmücke und die von mindestens vier Feldlerchen-, zwei Schafstelzen-, einem Singdrossel-, einem Amsel- und einem Rotkehlchen-Revier. Einem massiv erhöhten Tötungsrisiko seien Individuen europäischer Vogelarten jedenfalls dann ausgesetzt, wenn ihre Reviere durch die neue Straßentrasse nicht völlig zerstört, sondern nur durchschnitten würden, weil von einer Weiternutzung der Reviere ausgegangen werden müsse und die Tiere zur Nahrungssuche regelmäßig von einer auf die andere Straßenseite wechseln müssten.

Der Planfeststellungsbeschluss erkenne ein betriebsbedingtes Tötungsrisiko für acht Fledermausarten an. Artenschutzrechtliche Verbotstatbestände würden dennoch nicht als erfüllt angesehen, weil Vermeidungsmaßnahmen vorgesehen seien. Diese seien jedoch ungeeignet. Für die Wirksamkeit der vorgesehenen Querungshilfen gebe es keine Gewähr. Das angeordnete Monitoring sei unzureichend. Des Weiteren werde durch die Lage und Ausgestaltung von Kompensationsmaßnahmen eine neue Kollisionssituation befördert. Zu bemängeln sei auch der Umgang mit dem Fledermausauftreten im Bereich „Nordrehr“; ein reines Brückenbauwerk sei als Querungshilfe ungeeignet. Schließlich sei nicht ersichtlich, wieso keine Maßnahmen an den erst 2012 zusätzlich untersuchten Leitlinien vorgesehen worden seien.

Der Planfeststellungsbeschluss verneine zu Unrecht die Erfüllung des Verbotstatbestands des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG für die Grüne Keiljungfer (= Grüne Flussjungfer). Im Bereich des zu verfüllenden Westaue-Abschnitts sei mit dem Vorkommen dieser Art zu rechnen. Daraus resultiere ein Tötungsrisiko für die im Schlamm befindlichen Larven. Die vorgesehene Schutzmaßnahme - Durchsuchen des Schlamms und Umsiedlung der gefundenen Tiere - sei ungeeignet und praktisch nicht durchführbar. Es hätte einer artenschutzrechtlichen Ausnahmeprüfung im Zuge der Planfeststellung bedurft.

Der Tatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG sei für eine Vielzahl von Vogelarten erfüllt. Zur Verneinung einer erheblichen Störung werde im Planfeststellungsbeschluss zum Teil darauf verwiesen, dass es sich um allgemein häufige Arten handele, bei denen es nicht zu einer Verschlechterung des Erhaltungszustands der lokalen Population komme. Die lokale Population sei aber nicht bekannt. Soweit für bestimmte Arten Maßnahmen vorgesehen seien, die den Verbotstatbestand nicht entstehen lassen sollen, sei festzuhalten, dass die Vogelschutzrichtlinie und das BNatSchG für Störungen im Sinne des § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG keine CEF-Maßnahmen vorsähen. Die Maßnahmen könnten ihre Funktion aber auch inhaltlich nicht erfüllen. Dies gelte zunächst für die Maßnahme A05 für die Arten Feldlerche, Rebhuhn, Wachtel, Wiesenpieper und Wiesenschafstelze. Der Beeinträchtigungsumfang betrage 20,5 ha, der Gesamtumfang der Maßnahme beschränke sich jedoch auf 1,83 ha. Die Maßnahmenflächen lägen ihrerseits innerhalb der Effektdistanzen. Ob eine „Nachverdichtung“ möglich sei, sei nicht belegt. Das angeordnete Monitoring sei nicht geeignet, um notwendige Korrekturen vornehmen zu können. Des Weiteren sei die Eignung der Maßnahmenfläche A09 für die Feldlerche nicht belegt. Die Maßnahmenfläche A11 für die Brutvogelarten der Wälder, sonstigen Gehölzbestände und Randstreifen sei unmittelbar neben der Bundesstraße gelegen und damit in der Zone mit der höchsten Störwirkung. Hinsichtlich der Maßnahme A12 für den Kleiber sei fraglich, ob die von der Beeinträchtigung betroffenen Individuen von den Nisthilfen profitieren könnten. Die Maßnahme A13 sei nicht geeignet, die störungsbedingten Revierverluste des Buntspechts zu kompensieren. Die Reviergröße der Art sei unterschritten und es sei nicht untersucht worden, ob dort bereits Buntspechte vorkommen. Hinsichtlich der Maßnahme A16 für die Waldohreule - und den Kleiber - fehle der räumliche Bezug zu den erheblich gestörten Revieren. Zudem sei davon auszugehen, dass die Maßnahmenfläche selbst von Waldohreulen besiedelt sei.

Durch die Errichtung der Straße und die damit verbundene Verlegung der Westaue komme es schließlich zur Zerstörung einer gesetzlich geschützten Lebensstätte des Bibers im Sinne des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG. An der Westaue befinde sich genau im Bereich der Trasse ein Biberbau.

Es liege ein Verstoß gegen die Wasserrahmenrichtlinie vor. Zunächst sei unklar, welche Zustandsbeschreibung der Westaue zugrunde zu legen sei. Öffentlich zugänglich sei das Wasserköperdatenblatt mit Stand November 2012. Im Planfeststellungsbeschluss werde erläutert, der Bearbeitung lägen zusätzliche aktualisierte Auskünfte des Niedersächsischen Landesbetriebs für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) zugrunde. Eine solche Aktualisierung sei jedoch bis heute nicht dokumentiert. Das offiziell freigegebene Datenblatt stufe mehrere Parameter niedriger ein als die Planunterlage. Des Weiteren tragen die Kläger vor, dass der Ist-Zustand des Oberflächenwasserkörpers „21018 Westaue Fluss“ fehlerhaft ermittelt worden sei. Die aktuellen Bewertungen nach dem Wasserkörperdatenblatt mit dem Stand 2015 seien unberücksichtigt geblieben. Insbesondere lägen fehlerhafte Angaben zum Gewässerstatus und zur Hydromorphologie vor. Es fehle auch an einer ordnungsgemäßen Ermittlung des Ist-Zustands des vom Vorhaben betroffenen Grundwasserkörpers im Hinblick auf Pflanzenschutzmittel.

Es komme durch das Vorhaben zu einer Verschlechterung des Gewässerzustands. Mit der Querung der Westaue komme es zu verschiedenen Stoffeinträgen. Durch das Brückenbauwerk komme es zu einer zusätzlichen Barrierewirkung für die im Gewässer lebenden Arten, die nur einen Teil ihres Lebens im Wasser verbringen, und damit zu einer erheblichen Verschlechterung für die Qualitätskomponente „Makrozoobenthos“. Die Verlegung der Westaue führe jedenfalls für eine Übergangsphase zu einer weiteren Verschlechterung, weil der neu geschaffene Gewässerabschnitt zuerst einmal lebensfeindlich sei. Zudem komme es in der Phase der Gewässerneuanlage zu verstärkten Abschwemmungen in die Westaue. Einer besonderen Betrachtung hätte Psychomyia pusilla bedurft. Die Kläger tragen des Weiteren vor, dass eine fehlerhafte Prüfung der Vereinbarkeit des Vorhabens mit dem Verschlechterungsverbot für den chemischen Zustand für den Oberflächenwasserkörper Westaue und den Grundwasserkörper vorliege. Die übliche Vorgehensweise der Straßenentwässerung nach dem Stand der Technik (RAS-Ew) stelle nicht sicher, dass Umweltqualitätsziele für den chemischen Gewässerzustand nicht überschritten werden. Es hätte im Einzelnen geprüft werden müssen, ob und welche Resteinträge im Einzelnen vor dem Hintergrund der darzustellenden Grundbelastung zu einer Verschlechterung des Oberflächenwasserkörpers und des Grundwasserkörpers führen können. Der vorhabenbedingte Tausalz-auftrag sei ein Wirkfaktor, der sich potenziell auf den chemischen Zustand des Grundwasserkörpers auswirken könne.

Schließlich stehe das Brückenbauwerk der Aufwertung des schlechten Erhaltungszustands im Wege, da es den Aufbau von Gehölzsäumen entlang des Ufers verhindere.

Die Abwägungsentscheidung sei fehlerhaft. Dies gelte zunächst für die Variantenprüfung. Sie, die Kläger, hätten die Aussagen der Beklagten hinsichtlich der Variantenbildung durch das Büro Y. gutachterlich überprüfen lassen. Y. komme zu dem Ergebnis, dass die vorliegenden Untersuchungen zu einer abschließenden verlässlichen Beurteilung im Zeitpunkt des Planfeststellungsbeschlusses wegen der verkehrlichen Veränderungen im Raum Wunstorf nicht ausgereicht hätten und dass sich überdies nach den vorhandenen Unterlagen die Südvariante S3 gegenüber der Nordvariante als in jeder Hinsicht vorzugswürdige Alternative aufdränge. Das Anpassungsgebot des § 7 des Baugesetzbuches (BauGB) sei insoweit irrelevant; ein abweichender Flächennutzungsplan sei gegebenenfalls anzupassen. Die Darstellungen im Planfeststellungsbeschluss beurteilten nicht die aktuelle Bau- und Planungslage und damit auch nicht die neue Verkehrssituation. Die Stadt Wunstorf habe sich in Richtung Süden entwickelt. Dort seien neue Wohn- und Gewerbegebiete geschaffen worden. Diese Gewerbeflächen und Arbeitsplatzstandorte seien nur über eine Südumgehung erreichbar. Neue Wohngebiete seien auch in den westlich von Wunstorf gelegenen Gemeinden Hagenburg und Rehburg entstanden, für die eine südliche Umfahrung von Wunstorf naheliegend wäre. Die Variante S3 sei verkehrlich hinsichtlich Streckenlänge und Reisezeit gegenüber der Nordumgehung vorzugswürdig. Der Vergleich der Beklagten sei verfälschend, weil für sämtliche Varianten als Beginn die Autobahnanschlussstelle Wunstorf-Luthe gewählt worden sei. Die Variante S3 beginne jedoch an der Anschlussstelle Wunstorf-Kolenfeld. Streckenlänge und Reisezeit würden so künstlich heraufgerechnet. Im Hinblick auf die angestrebte Entlastungswirkung sei die Variante S3 mit der Nordumgehung vergleichbar, obwohl sich diese Bewertung durch die Entwicklung des Logistikstandortes zugunsten der Südumgehung geändert haben könnte; dies müsste ermittelt und abgewogen werden. Eine übermäßige Verkehrsbelastung der Ortsdurchfahrten von Blumenau und Luthe habe nicht festgestellt werden können, so dass eine Entlastung dieser Straßen nicht zum Argument für die Nordvariante gemacht werden könne. Der erforderliche Ausbau der L 392 im Falle der Realisierung der Variante S3 könne nicht als Argument gegen diese Variante angeführt werden. Ein entsprechender Ausbau sei wegen der aktuellen Entwicklung des Bereiches südlich von Wunstorf ohnehin erforderlich. Hinsichtlich der Netzfunktion gebe es keine Untersuchung, die die jetzige Gesamtsituation adäquat beurteile. Bereits jetzt ergäben sich an der Autobahnanschlussstelle Wunstorf-Luthe erhebliche Kapazitätsprobleme. Im Hinblick auf die Umweltauswirkungen sei die Variante S3 eindeutig vorzugswürdig. Die Nordumgehung führe durch eine deutlich vielgestaltigere Landschaft und durchschneide zwei Landschaftsschutzgebiete. Durch die Südvarianten werde vom Landschaftsschutzgebiet „Fohlenstall-Haster Wald“ nur ein kleiner Zipfel durchschnitten. Das FFH-Gebiet „Am Weißen Damm“ werde von der südlichen Variantenführung nicht berührt. Dagegen habe die Nordumfahrung durch die Querung der Westaue erhebliche Auswirkungen auf das nördlich gelegene FFH-Gebiet. Die Nordumfahrung führe zudem durch die Flächen, die im Regionalen Raumordnungsprogramm als Vorranggebiete für Natur und Landschaft ausgewiesen worden seien. Die Südvariante kollidiere nicht mit kommunalen Belangen der Stadt Wunstorf. Vielmehr würde die Südumgehung entscheidende Synergien mit der vorgesehenen Entwicklung Wunstorfs als trimodalen Gewerbestandort ermöglichen. Schließlich sei davon auszugehen, dass die Variante S3 bei einer korrekten Berechnung, insbesondere einer Herausrechnung von Synergien aus den Baukosten, kostenmäßig günstiger sei als die Nordumgehung.

Die Kläger tragen unter Vorlage von Stellungnahmen von Y. des Weiteren vor, dass die Nordumgehung in ihrer zurzeit geplanten Form die durch die Planung zu lösenden Konflikte nicht angemessen bewältige und bereits deshalb rechtswidrig sei. Die Planung habe nicht hinreichend beachtet, dass die Leistungsfähigkeit des anschließenden Straßennetzes bei Realisierung der Planung für die Aufnahme der durch die Umgehung induzierten Verkehre nicht hinreichend gegeben sei. Dies betreffe die Weiterführung vom Ausbauende (Hauptstraße) bis zur Autobahnanschlussstelle Luthe. Die Leistungsfähigkeit des Straßenquerschnitts werde bei Realisierung der Nordumgehung deutlich überschritten. Des Weiteren habe eine Prüfung der Unterlagen zur Verkehrsmatrix ergeben, dass das erstellte Verkehrsmodell nicht in der Lage gewesen sei, eine hinreichend genaue Prognose des Verkehrswertes einer Südumgehung zu erstellen. Die eigentlich notwendigen Schritte einer professionellen Verkehrsmodellierung seien entfallen. Es gebe keine belastbare Modellierung der Verkehrswirkungen von Nord- und Südumgehung.

Abwägungsfehlerhaft sei auch die Behandlung der Belange des Hochwasserschutzes. Die Nordumgehung quere die Westaue einschließlich des in diesem Bereich gesetzlich festgesetzten Überschwemmungsgebietes. Die Trasse werde den Wasserabfluss im Hochwasserfall empfindlich beeinträchtigen. Zudem komme es zu einer Verringerung des natürlichen Retentionsvolumens. Die Planung sei mit dem Verbot entsprechender Baumaßnahmen innerhalb festgesetzter Überschwemmungsgebiete gemäß § 78 des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) unvereinbar. Die Abweichungsvoraussetzungen lägen nicht vor.

Abwägungsfehlerhaft werde eine Existenzgefährdung des landwirtschaftlichen Betriebes des Klägers zu 1. verneint. Die Trasse werde mitten durch die wichtigsten hofnahen Flächen geführt. Geeignete neue Flächen für den Biolandbau seien im Umfeld nicht vorhanden und müssten überdies erst langfristig entwickelt werden. Ein zeitweiliger Ausfall von Lieferkapazitäten führe zu einer Verdrängung aus dem Markt. Die Ergebnisse des von der Beklagten einholten Existenzgefährdungsgutachtens von Dr. W., wonach die betriebliche Existenz auch nach dem Bau der Straße gesichert sei, würden bestritten. Dieses Gutachten wende die anerkannten betriebswirtschaftlichen Vorgaben für die Ermittlung der Existenzgefährdung eines landwirtschaftlichen Betriebes nicht korrekt an. Sie selbst hätten ein neues Existenzgefährdungsgutachten in Auftrag gegeben. Die Sachverständigen Dr. Z. und Frau AA. kämen zu dem Ergebnis, dass der klägerische Betrieb vor der Durchführung des geplanten straßenbaulichen Eingriffs existenzfähig sei, nach Durchführung des Eingriffs jedoch nicht mehr. Es seien insbesondere folgende Punkte in dem Gutachten des Dr. W. zu bemängeln: Zum Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses habe er, der Kläger zu 1., einen seiner wichtigsten Abnehmer, den Babynahrungshersteller K., bereits verloren. Die fortlaufenden Geschäftsbeziehungen zu diesem Abnehmer seien jedoch Grundlage für die Beurteilung des Gutachters Dr. W. gewesen. Die Frage der Existenzgefährdung müsse daher neu beurteilt werden. Der Erfolg des Betriebes werde durch den Wegfall von K. gemindert, aber nicht in seiner Existenz gefährdet. Eine Existenzgefährdung trete erst durch die Baumaßnahme ein, und zwar unabhängig davon, ob mit oder ohne die Existenz von K. gerechnet werde. Das Gutachten des Dr. W. enthalte unabhängig davon eine Vielzahl von Fehlern und Ungenauigkeiten. Die Annahmen für die Berechnung seien unzutreffend beziehungsweise unvollständig. Die Beurteilung der Existenzgefährdung erfolge nicht anhand objektivierter, durchschnittlicher Daten. Der überdurchschnittliche Erfolg des Betriebs gehe auf seine, des Klägers zu 1., geschickte Betriebsführung und -planung zurück. Da der Betrieb von einem durchschnittlichen Betriebsleiter - jedenfalls nach dem Bau der Umgehung - nicht mehr wirtschaftlich geführt werden könne, werde er wertlos. Auf der anderen Seite werde ein objektivierter Lohnanspruch für den Unternehmer eingesetzt, der nicht einmal die Hälfte der bei dem im Branchenvergleich sehr hohen Gewinn anfallenden Steuerlast abdecke. Die tatsächlich erforderlichen Entnahmen würden nicht abgebildet. Wenn vom individuellen - hier sehr hohen - Gewinn ausgegangen werden solle, dann seien auch die entsprechenden individuellen - hier recht hohen - privaten Aufwendungen zu berücksichtigen. In dem Gutachten des Dr. W. werde auch nicht berücksichtigt, dass der Betrieb instand gehalten und weiterentwickelt werden müsse. Die Schäden durch Flächenan- beziehungsweise -zerschneidungen, die vorhabenbedingten Mehrwege sowie die Mehraufwendungen für zusätzlich erforderliche Anschaffungen und Arbeitsaufwendungen würden unterschätzt. Zu berücksichtigen sei, dass die Arrondierung der Flächen ein wichtiger Faktor für den wirtschaftlichen Erfolg sei. In die Existenzgefährdungsberechnung seien auch Verluste einzubeziehen, die gegebenenfalls später entschädigt werden. Es werde nicht berücksichtigt, dass die auf den hofnahen Flächen erzielten Deckungsbeiträge höher seien als auf weiter entfernten Flächen. Des Weiteren werde es zu Ertragsverlusten durch Laubfall und Verschattungen durch die geplanten Gehölzpflanzungen kommen. Diese Ertragseinbußen seien nicht in die Berechnung einbezogen worden. Ebenfalls nicht berücksichtigt worden seien die Mehraufwendungen für den Erhalt des Betriebes während der Bauzeit sowie die Ertragsrückgänge durch Zerstörung des Betriebskonzepts. Er, der Kläger zu 1., habe sich ein glaubwürdiges Image als nach ökologischen Richtlinien produzierender Gemüse-Anbauer aufbauen können. Mit der künftigen Lage an einer stark befahrenen Bundesstraße werde die Grundlage des überdurchschnittlichen Betriebserfolgs zerstört. Bei der Überprüfung der Existenzgefährdung müsse zudem das zur Produktion genutzte Pachtland, das zur Ausstattung des Betriebs gehöre, einbezogen werden. Dies betreffe insbesondere die Flurstücke O. und P. der Flur 7 und das Flurstück T. der Flur 8. Diese Flächen sollten laut dem Planfeststellungsbeschluss nicht berücksichtigt werden, weil es keine Pachtverträge mit längeren Kündigungsfristen als ein Jahr gebe. Diese Flächen würden von ihm, dem Kläger zu 1., beziehungsweise seinem Vater jedoch seit über 50 Jahren kontinuierlich gepachtet und bewirtschaftet. Es gebe keine belastbaren Hinweise auf die Möglichkeit eines kurzfristigen Entfalls von Pachtflächen. Schließlich würden zudem gravierende Auswirkungen auf die Wirtschaftlichkeit des Hofladens der Klägerin zu 2. befürchtet, bei dem es sich um ein selbständiges Unternehmen handele.

Abwägungsfehlerhaft sei auch der Umgang mit der Vermeidbarkeit von sonstigen Schäden. Es sei nicht ausreichend, auf Ersatzflächen im Flurbereinigungsverfahren zu verweisen. Entsprechende Flächen müssten mindestens zwei Jahre vor dem Eingriff durch die Planung zur Verfügung gestellt werden, um eine langfristige Betriebsschädigung zu vermeiden. Des Weiteren sei die Inanspruchnahme des Flurstücks N. der Flur 8 durch Ausgleichsmaßnahmen nicht nachvollziehbar. Schließlich sei die durch die Artenschutzmaßnahme S05 verursachte Beeinträchtigung des Betriebs unnötig und überflüssig. Anstelle eines Gehölzstreifens mit Laubholz seien Schutzwände oder Stelen, die begrünt werden könnten, eine geeignete Maßnahme, durch die auch Schäden für den landwirtschaftlichen Betrieb vermieden werden könnten.

Die hilfsweisen Überlegungen der Beklagten in dem Planfeststellungsbeschluss, die ein Überwiegen öffentlicher Belange selbst beim Vorliegen einer Existenzgefährdung postulierten, dürften dem Abwägungsgebot nicht genügen. Eine korrekte Abwägung könne nur erfolgen, wenn eine tatsächlich vorliegende Existenzgefährdung und ihr Umfang zuvor korrekt ermittelt worden seien. Eine Wahrunterstellung komme insbesondere nur dann in Betracht, wenn im Planfeststellungsverfahren über alle Maßnahmen zur Verminderung bzw. Vermeidung einer Existenzgefährdung, etwa durch Stellung von Ersatzland, befunden worden sei.

In der mündlichen Verhandlung am 26. August 2019 hat die Beklagte den Planfeststellungsbeschluss in Abschnitt 1.1.5.2.2 (Artenschutz) um die folgende Ziffer 6 ergänzt: „Für den im Maßnahmenblatt V02 (Deckblatt 02) beschriebenen Konflikt K3 ist zur Überprüfung der Wirksamkeit der als Vermeidungsmaßnahme vorgesehenen Radwegebrücke der Stadt Wunstorf ein dreijähriges Monitoring des Fledermausflugverhaltens durchzuführen. Soweit der Erfolg der Maßnahme nicht nachgewiesen werden kann, ist die Radwegebrücke entsprechend den Anforderungen des Merkblatts für Querungshilfen im Straßenbau (MAQ) in der dann aktuellen Fassung umzugestalten. Die Erläuterungen in dem Maßnahmenblatt V02 zur Durchführung der Maßnahme gelten entsprechend.“ Die Beigeladene hat dieser Planergänzung zugestimmt.

Die Kläger beantragen,

den Planfeststellungsbeschluss der Beklagten vom 30. Dezember 2016 unter Einschluss der in der mündlichen Verhandlung vom 26. August 2019 verfügten Planergänzung aufzuheben,

hilfsweise, festzustellen, dass der Planfeststellungsbeschluss der Beklagten vom 30. Dezember 2016 unter Einschluss der in der mündlichen Verhandlung vom 26. August 2019 verfügten Planergänzung rechtswidrig und nicht vollziehbar ist.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie erwidert:

Den Klägern fehle teilweise die Klagebefugnis. Sie hätten einen Anspruch auf Überprüfung des Planfeststellungsbeschlusses, wenn und soweit der geltend gemachte Fehler aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen für ihre Eigentumsbetroffenheit erheblich, insbesondere kausal sei. Dies sei hinsichtlich der behaupteten Verstöße gegen das Habitat- und Artenschutzrecht, die Bewirtschaftungsziele der Wasserrahmenrichtlinie sowie wasserwirtschaftliche Belange nicht ersichtlich.

Die Klage sei unbegründet. Der Planfeststellungsbeschluss sei formell rechtmäßig. Er weise keine Verfahrensfehler im Zusammenhang mit der Öffentlichkeitsbeteiligung auf. Die im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung ausgelegten Unterlagen seien vollständig gewesen. Es habe keine Verpflichtung zur Auslegung der Umweltverträglichkeitsstudie Teil I - III bestanden. § 6 Abs. 3 und 4 UVPG verlangten vom Vorhabenträger zwar bestimmte inhaltliche Mindestangaben, stellten ihm aber frei, in welcher Form er die Angaben vorlege. Sie könnten auf verschiedene Unterlagen verteilt sein. Die erforderlichen Mindestangaben seien in den ausgelegten Planunterlagen enthalten gewesen. Die Umweltverträglichkeitsstudie enthalte keine darüber hinausgehende Beschreibung der zu erwartenden erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen des Vorhabens. Zudem seien deren Ergebnisse zwischenzeitlich aufgrund neuerer Untersuchungen, die in den Planunterlagen dargestellt seien, überholt gewesen. Aus dem Umweltverträglichkeitsprüfungsrecht folge des Weiteren keine Verpflichtung zur Durchführung einer Alternativenprüfung. Die Umweltverträglichkeitsprüfung sei strikt projektbezogen. Auch die von den Klägern angeführten ergänzenden Verkehrsuntersuchungen sowie die ergänzenden Unterlagen zur Variantenentscheidung seien nicht notwendiger Bestandteil der Öffentlichkeitsbeteiligung gewesen. Es handele sich nicht um Unterlagen im Sinne des § 6 UVPG, die nach § 9 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 UVPG auszulegen gewesen seien. Angesichts des klaren Wortlauts ergebe sich eine Pflicht zur Auslegung auch nicht aus § 9 Abs. 1b Satz 1 Nr. 2 UVPG. Die Unterlagen hätten ihr, der Beklagten, nicht zum Zeitpunkt des Beginns des Verfahrens vorgelegen.

Ein Beteiligungsmangel sei auch nicht im Zusammenhang mit der 4. Planänderung zu erblicken. Die Beteiligung habe auf die anerkannten Vereinigungen beschränkt werden können. Durch die Änderungen in der landschaftspflegerischen Maßnahmenplanung sei es nicht zu erstmaligen oder zusätzlichen Eigentumsinanspruchnahmen gekommen. Die Änderungen beschränkten sich auf Detailänderungen und eine vertiefte Prüfung von Betroffenheiten. Die Herausnahme der Radwegüberführung Nordrehr aus dem Antrag auf Planfeststellung habe keine wesentlichen nachteiligen Auswirkungen auf die Belange von Radfahrern gehabt. Unabhängig davon sei diese nicht ersatzlos entfallen. Der Plan für die Überführung des Radwegs Nordrehr sei am 17. Februar 2017 von der Region Hannover genehmigt worden.

Schließlich sei mit dem „Fachbeitrag Wasserrahmenrichtlinie (WRRL)“ kein veraltetes Wasserkörperdatenblatt ausgelegt worden. Soweit die Bewertung des Oberflächenwasserkörpers Westaue versehentlich nicht richtig aktualisiert worden sei, begründe dies keinen Verfahrensfehler, sondern sei eine Frage der Richtigkeit der materiellen Beurteilung.

Selbst wenn eine fehlerhafte Öffentlichkeitsbeteiligung vorläge, handelte es sich nicht um einen absoluten Verfahrensfehler nach § 4 Abs. 1 UmwRG. Unterstellte man einen relativen Verfahrensfehler nach § 4 Abs. 1a UmwRG, wäre dieser nach § 46 VwVfG unbeachtlich. Es sei auszuschließen, dass eine weitergehende Öffentlichkeitsbeteiligung zusätzliche Gesichtspunkte zur Sprache gebracht hätte, die zu einer weiteren Änderung des Plans oder einer anderen Entscheidung geführt hätten. Einige der mit der 4. Planänderung beantragten Änderungen hätten gerade auf Hinweisen und Anmerkungen der Öffentlichkeit basiert.

Der Planfeststellungsbeschluss sei auch materiell rechtmäßig.

Das gelte zunächst für das Habitatschutzrecht. Die FFH-Verträglichkeitsprüfung betreffend das FFH-Gebiet „Aller (mit Barnbruch), untere Leine, untere Oker“ sei methodisch und inhaltlich korrekt. Es sei zutreffend, dass es seit Mai 2016 eine aktualisierte Fassung des Standarddatenbogens gebe. Für das Ergebnis der Verträglichkeitsprüfung seien diese Änderungen ohne Belang, da die neu aufgenommenen Lebensraumtypen und Arten für die Ableitung der Erhaltungsziele bereits so berücksichtigt worden seien, wie es dem aktuellen Standarddatenbogen entspreche. Da in der Verordnung zum Landschaftsschutzgebiet „Mittlere Leine“ keine Natura 2000 betreffenden Erhaltungsziele definiert würden, seien die Erhaltungsziele zu Recht anhand der Angaben im Standarddatenbogen sowie ergänzender Hinweise der Fachbehörde für Naturschutz abgeleitet worden. Der Mindestabstand des Vorhabens zum FFH-Gebiet betrage bei Luthe mehr als 1.300 m; auf nur sehr kurzer Strecke bei Blumenau liege der Abstand bei unter 1.000 m. Das FFH-Gebiet sei auch zutreffend abgegrenzt worden. Im laufenden Nachmeldeverfahren sei der von den Klägern benannte Bereich nicht berücksichtigt worden. Das Gebiet habe keine herausragende Eignung, die eine Nachmeldung gebieten würde. Straßenverkehrsbedingte Stickstoffeinträge führten zu keiner Beeinträchtigung des FFH-Gebiets. Nach dem Stickstoffleitfaden Straße der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen ergebe sich nur eine Entfernung von maximal 410 m vom Straßenrand, in der sich die vorhabenbedingten Stickstoffdepositionen oberhalb der bei 0,3 kg N/ha*a liegenden Irrelevanzschwelle befänden. Unterhalb dieser Schwelle sei nicht einmal mehr von unerheblichen Beeinträchtigungen auszugehen. Da sich im Wirkraum des Vorhabens weder ein FFH-Gebiet befinde noch sich ein Nachmeldeverfahren aufdränge, sei es unerheblich, ob die Westaue im Querungsbereich dem LRT 3260 entspreche. Unabhängig davon sei die Einschätzung der Kläger fachlich zurückzuweisen. Die Schutzmaßnahmen S06 und S07 zur Verfüllung des bisherigen Gewässerlaufs der Westaue und zur Bergung von Tieren seien geeignet, Beeinträchtigungen des FFH-Gebiets zu vermeiden. Schließlich komme es vorhabenbedingt nicht zu Beeinträchtigungen des Bibers als Erhaltungsziel des FFH-Gebiets. Eine gezielte Bestandsaufnahme habe keinen Nachweis eines Biberbaus im Querungsbereich der Westaue erbracht. Auch der Populationsaustausch werde nicht beeinträchtigt.

Das besondere Artenschutzrecht sei nicht verletzt. Der Artenschutzbeitrag stelle eine sachgerechte und umfassende artenschutzrechtliche Würdigung des Vorhabens mit dem gebotenen Bezug zu den betroffenen geschützten Arten dar. Es sei dargestellt, auf welche Arten sich die einzelnen Maßnahmen bezögen. Zwar seien vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen im Sinne des § 44 Abs. 5 BNatSchG nur bei einer möglichen Zerstörung von Lebensstätten vorgesehen. Bezüglich des Tötungs- und des Störungsverbots könnten derartige Maßnahmen aber den Charakter von Vermeidungsmaßnahmen haben. Die individuenbezogene Würdigung werde nicht in Frage gestellt. Es sei anerkannt, die Arten der Roten Liste einer einzelartbezogenen Betrachtung zu unterziehen, während weit verbreitete Arten auch gildenbezogen beurteilt werden könnten. Bei § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG sei zudem die Signifikanzrechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu berücksichtigen. Zur Würdigung der Störwirkungen im Sinne des § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG seien die Effektdistanzen herangezogen worden. Störungen innerhalb der Effektdistanzen führten indirekt zur Zerstörung dort vorhandener Lebensstätten, auf die „Allerweltsvogelarten“ durch Ausweichen reagieren könnten. Für seltenere Arten seien vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen vorgesehen. Für die von den Klägern in der Klagebegründung tabellarisch aufgeführten Vogelarten könnten Verbotstatbestände - aus unterschiedlichen Gründen - sicher ausgeschlossen werden. Insbesondere handele es sich um zahlreiche „Allerweltsvogelarten“ mit jährlich wechselnden Fortpflanzungsstätten. Diese könnten in das Umfeld ausweichen.

Der Tötungstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG sei hinsichtlich der europäischen Vogelarten nicht erfüllt. Die Kritik an der Maßnahme S05 für den Weißstorch und die Waldohreule überzeuge nicht. Eine vergrämende Wirkung für den Weißstorch sei auszuschließen, da er ohne Probleme weitaus höhere Gebäude und Baumreihen überfliege. Die Waldohreule jage in vorwiegend offenem Gelände; die Bepflanzung trage somit zum Fernhalten der Waldohreule von der Straße bei. Hinsichtlich der von den Klägern aufgeführten Kleinvogelarten seien keine Vermeidungsmaßnahmen planfestzustellen gewesen. Aufgrund des störungsbedingten Ausweich- und Meideverhaltens der Vögel würden diese ihre Reviere und Aktivitätsmuster verlagern, so dass ihre Brutplätze künftig nicht mehr direkt neben der Straße lägen.

Ein betriebsbedingtes Tötungsrisiko für Fledermäuse sei zu verneinen. Durch die Maßnahme V02 werde sichergestellt, dass sich das Kollisionsrisiko in den gefährdeten Trassenbereichen nicht über das allgemeine Lebensrisiko hinaus erhöhe. Die Anordnung und Ausgestaltung der Maßnahmen zur Minimierung der Kollisionsgefahren basiere auf den aktuell verfügbaren besten wissenschaftlichen Erkenntnissen. Vorsorglich sei ein Monitoring und wirksames Risikomanagement angeordnet worden. Durch die als Kompensationsmaßnahme geplante Baumreihe „Am Hohen Holz“ werde keine neue Leitstruktur geschaffen. Für die Fledermäuse im Bereich „Nordrehr“ diene die mit Baumpflanzungen versehene Radewegeüberführung als Leiteinrichtung. Die 2011/2012 zusätzlich festgestellten Flugrouten wiesen kein artenschutzrechtliches Konfliktpotential auf.

Der Planfeststellungsbeschluss verneine zu Recht die Erfüllung des Verbotstatbestands des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG für die Grüne Keiljungfer. Die Art trete aktuell nicht im Querungsbereich der Straße mit der Westaue auf. Die Maßnahme S07 sei nur höchst vorsorglich vorgesehen, um im Fall einer Neubesiedlung zum Zeitpunkt des Baubeginns einen hinreichenden Schutz der Art sicherzustellen. Die Durchsuchung des Sediments und das Umsiedeln der Individuen erfolge entsprechend den fachlichen Standards durch qualifiziertes Personal. Mit der Neufassung des Bundesnaturschutzgesetzes sei zudem klargestellt, dass ein Umsiedeln zur Vermeidung baubedingter Tötungen und Verletzungen das Fangverbot nicht erfülle, so dass es einer Ausnahme nicht bedürfe.

Sie, die Beklagte, habe weder das Störungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG hinsichtlich der „Allerweltsvogelarten“ falsch bewertet, noch seien die vorgesehenen Maßnahmen zur Vermeidung erheblicher Störungen der Avifauna fachlich ungeeignet. Bei „Allerweltsvogelarten“ hätten die lokalen Populationen naturgemäß Ausdehnungen, die es ihnen ermöglichten, Störungen einzelner Brutreviere zu verkraften, ohne dass die Population als Ganzes destabilisiert werde. Die vorgezogenen Ausgleichsmaßnahmen hätten in Bezug auf das Störungsverbot zugleich die Funktion einer Vermeidungsmaßnahme. Die Maßnahme A05 sei räumlich ausreichend dimensioniert. Durch eine Verbesserung des Nahrungsangebots sowie durch die Schaffung von Versteckplätzen und Bruthabitaten werde auch das Umland der Maßnahmenflächen aufgewertet. Die Lage der Flächen innerhalb der Effektdistanz ziehe lediglich eine graduell geringere Eignung nach sich. Eine „Nachverdichtung“ stehe außer Zweifel, da Mangelhabitate hinzugefügt würden. Das ökologische Risikomanagement ermögliche es, bei Bedarf weitere unterstützende Maßnahmen vorzusehen. Die Maßnahme A09 sei fachlich geeignet, da Ackerland zu Extensivgrünland umgewandelt werde, in dem die Feldlerche höhere Brutdichten zeige. Die Maßnahme A11 begründe sich ausschließlich aus der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung, sei also artenschutzrechtlich nicht relevant. Durch die Maßnahme A12 würden für den Kleiber Lebensstätten geschaffen, die in Wirtschaftswäldern üblicherweise Mangelhabitate darstellten. Die Maßnahme A13 werte einen Wald für mit Buntspechten bedeutsamen Habitatelementen auf. Damit erfahre auch der umliegende Wald eine Aufwertung. Bei einer Begehung seien keine Buntspechte festgestellt worden, so dass ein Aufwertungspotenzial offensichtlich sei. Die Maßnahme A16 wahre den erforderlichen räumlichen Zusammenhang. Sowohl Kleiber als auch Waldohreule seien mobile Arten, die die Distanz problemlos überwinden könnten.

Durch die Errichtung der Straße und die damit verbundene Verlegung der Westaue komme es schließlich nicht zur Zerstörung einer gesetzlich geschützten Lebensstätte des Bibers im Sinne des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG. Ein Biberbau sei im Bereich der Querungsstelle der Westaue mit der geplanten Straße im Zeitpunkt der Planfeststellung nicht festgestellt worden.

Es liege kein Verstoß gegen die Wasserrahmenrichtlinie vor. Dem „Fachbeitrag Wasserrahmenrichtlinie“ sei das Wasserkörperdatenblatt mit dem Stand November 2012 zugrunde gelegt worden. Zur Gewährleistung der erforderlichen Aktualität sei die aktuelle Bewertung des Oberflächenwasserkörpers beim NLWKN abgefragt worden. Das Wasserkörperdatenblatt sei auf der Grundlage von neuen Messergebnissen durch den NLWKN teilweise aktualisiert worden. Dass der „Fachbeitrag Wasserrahmenrichtlinie“ noch nicht den veränderten Status des Oberflächenwasserkörpers Westaue wiedergegeben habe, sei unerheblich, denn die fachliche und rechtliche Bewertung knüpfe an diese Einstufung nicht an.

Es komme nicht zu einer Verschlechterung des Gewässerzustands. Zunächst könnten die Kläger eine massive Barrierewirkung des Brückenbauwerks sowohl für flugunfähige, wenig mobile Insekten und Entwicklungsstadien als auch für adulte, flugfähige Tiere nicht darlegen. Denn maßgeblich seien die konkrete Ausführung des Bauwerks in seiner Länge, Breite und Höhe, der Ausbauzustand des Fließgewässers sowie die Umgebung des Bauwerks. Vorliegend seien ein ausreichender Lichteinfall und eine naturnahe Herstellung des Gewässerbetts sichergestellt. Unbegründet sei auch der weitere Einwand der Kläger in Bezug auf die Vereinbarkeit des Vorhabens mit dem Verschlechterungsverbot für den chemischen Zustand für den Oberflächenwasserkörper Westaue. Vorliegend entstünden wegen eines extrem hohen Versickerungsanteils nur sehr geringe Resteinleitungsmengen, die wiederum in ein Oberflächengewässer mit großem Mittelwasserabfluss geleitet würden, so dass sich ein hohes Verdünnungsverhältnis ergebe. Die zusätzliche Belastung der Westaue durch das Vorhaben liege dadurch unterhalb der Messbarkeit. Schließlich seien auch stoffliche Auswirkungen der Versickerung von Straßenabflüssen in den Grundwasserkörper aufgrund des Verhältnisses zwischen geringen Einleitungsmengen und der Größe des Grundwasserkörpers ausgeschlossen.

Die Variantenentscheidung sei abwägungsfehlerfrei. Keine der weiteren untersuchten Trassen dränge sich gegenüber der Nordumgehung als vorzugswürdig auf. Die drei untersuchten Südvarianten hätten bereits nach einer Grobanalyse aus der weiteren Variantenbetrachtung ausgeschieden werden können. Sie verstießen gegen das Anpassungsgebot des § 7 BauGB. Im Flächennutzungsplan der Beigeladenen sei die Nordumgehung als Vorzugsvariante dargestellt. Unabhängig davon berücksichtigten die Verkehrsprognosen und darauf aufbauend auch die Variantenentscheidung die aktuellen strukturellen Entwicklungen in der Stadt Wunstorf und die allgemeine Verkehrszunahme. Die Verkehrsuntersuchung beruhe auf realistischen Annahmen, sei methodisch einwandfrei erarbeitet worden und das Prognoseergebnis sei einleuchtend begründet worden. Wohn- und Gewerbeentwicklungen im Süden von Wunstorf seien in die Verkehrsprognose mit dem Prognosehorizont 2030 eingeflossen. Gleiches gelte für die Entwicklung eines Logistikschwerpunkts Barsinghausen-Wunstorf. Die neu induzierten Verkehre würden zum überwiegenden Anteil die Südumgehung nicht nutzen; sie seien in Richtung Osten unter Nutzung der bestehenden Verkehrsverbindungen und nicht auf die Innenstadt von Wunstorf ausgerichtet. Für Verkehre aus den Neubaugebieten in den Gemeinden Hagenburg und Rehburg böte eine Südumgehung im Vergleich zu einer Nordumgehung keinen Vorteil. Der Vergleich von Fahrstrecken, Reisezeit und Reisegeschwindigkeit sei methodisch fehlerfrei. Im Variantenvergleich müssten bei der Ermittlung dieser Kriterien der Start- und Zielpunkt der untersuchten Varianten gleich sein, auch wenn der Startpunkt tatsächlich variiere. Die Variante S3 weise danach die längste Fahrstrecke auf. Hinsichtlich Reisezeit und Reisegeschwindigkeit seien die Unterschiede nicht signifikant. Bezüglich der Verkehrswirksamkeit und der Führung der Durchgangsverkehre außerhalb von Ortsdurchfahrten sei die Nordumgehung gegenüber einer Südumgehung deutlich vorzugswürdig. Zwar sei die Entlastungswirkung für das Stadtzentrum von Wunstorf vergleichbar. Die prognostizierten Verkehrsstärken auf der Nordumgehung seien jedoch höher. Zu erfassen seien die positiven und negativen Auswirkungen auf das gesamte Straßennetz im Einflussbereich der Varianten. Dazu zähle auch die Verringerung der Verkehrsstärken auf den Ortsdurchfahrten Luthe und Blumenau. Bei Realisierung der Variante S3 würde ein Ausbau der L 392 notwendig werden, der ansonsten - trotz der zusätzlichen Verkehrsbelastung durch die Gewerbegebiete - nicht erforderlich sei. Die Netzfunktion der Varianten und deren Anbindung an das klassifizierte Straßennetz seien berücksichtigt worden. Die Verkehrsbelastung an der Anschlussstelle Wunstorf-Luthe steige leidglich um 1,6 %. Die Südvarianten seien hinsichtlich der Umweltauswirkungen eindeutig nicht vorzugswürdig gegenüber der Nordumgehung. Die Nordumgehung führe durch eine Landschaft, die von intensiver landwirtschaftlicher Nutzung geprägt sei und kaum Struktur-elemente aufweise. Auch die Variante S3 beeinträchtige zwei Landschaftsschutzgebiete, das Landschaftsschutzgebiet „Fohlenstall-Haster Wald“ und das Landschaftsschutzgebiet „Kolenfelder Stadtfeld“. Alle Südvarianten müssten nicht nur die Westaue, sondern auch die besonders naturnahe Südaue als gesetzlich geschütztes Biotop queren. Die Westaueniederung zähle auch südlich von Wunstorf zu den Vorranggebieten für Natur und Landschaft und würde von allen Südvarianten gequert. Synergien mit den Planungsvorstellungen der Beigeladenen träten bei der Variante S3 nicht auf. Sie behindere eine Stadterweiterung in Richtung Südwesten und halte den Durchgangsverkehr nicht vom Stadtzentrum fern. Aus wirtschaftlicher Sicht sei die Nordumgehung mit rund 30,1 Mio. € gegenüber der Variante S3 mit rund 39,3 Mio. € eindeutig vorzugswürdig.

Soweit die Kläger des Weiteren die fehlende Konfliktbewältigung durch die Nordumgehung gerügt sowie die Verkehrsmodellierung angegriffen hätten, könne dem - unter Bezugnahme auf die Stellungnahme der H. vom August 2019 - nicht gefolgt werden. Der gewählte Fahrbahnquerschnitt der Fortführung der B 441 bis zur Anschlussstelle Wunstorf-Luthe sei ausreichend; erforderlich sei auf einem Teilstück lediglich eine Fahrbahnummarkierung. Ein vierstreifiger Querschnitt sei nicht erforderlich.

Abwägungsfehlerfrei sei auch die Behandlung der Belange des Hochwasserschutzes. Das diesbezügliche Vorbringen der Kläger sei unsubstantiiert. Es sei gutachterlich nachgewiesen worden, dass sich das Hochwasserrisiko nicht erhöhe. Negative Auswirkungen aufgrund der baulichen Veränderungen auf das gesetzlich festgesetzte Überschwemmungsgebiet würden durch die geplanten ausgleichenden Maßnahmen vermeiden.

Im Zusammenhang mit der geltend gemachten Existenzgefährdung sei das Recht auf gerechte Abwägung der Belange der Kläger nicht verletzt worden. Sie, die Beklagte, habe das Existenzgefährdungsgutachten des Sachverständigen Dr. W. geprüft und sich mit der hieran geübten Kritik auseinandergesetzt. Es seien im gerichtlichen Verfahren zudem weitere Stellungnahmen des Sachverständigen Dr. W. eingeholt worden. Das Gutachten weise die von den Klägern behaupteten Fehler nicht auf. Die fehlende Berücksichtigung des Wegfalls der Geschäftsbeziehungen zu dem Babynahrungshersteller K. bei der Planfeststellungsentscheidung begründe kein Abwägungsdefizit. Es sei für sie, die Beklagte, nicht erkennbar gewesen, dass der Babynahrungshersteller als Abnehmer entfallen sei. Der Kläger zu 1. hätte diesen Umstand im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht mitteilen müssen. Zudem werde sowohl das Bestehen fortlaufender Geschäftsbeziehungen zu dem Babynahrungshersteller - und damit das Vorliegen einer geschützten Rechtsposition - als auch der Verlust des Babynahrungsherstellers als Abnehmer bestritten. Die Abnahme entfalle jedenfalls erst ab dem Jahr 2017, d. h. nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses. Selbst wenn man jedoch den Wegfall des Babynahrungsherstellers als Abnehmer unterstellte, sei ein Abwägungsfehler ausgeschlossen. Nach der aktualisierten Stellungnahme des Dr. W. sei der Betrieb auch bei Berücksichtigung eines Gewinnrückgangs durch den Babynahrungshersteller sowohl vor als auch nach Realisierung des Straßenbauvorhabens existenzfähig. Die Annahmen und Berechnungen von Dr. Z. und Frau AA. seien fehlerhaft. Der überdurchschnittliche Bewirtschaftungserfolg des Betriebs sei bei der Ermittlung der Existenzgefährdung zu berücksichtigen. Es müsse stets eine Einzelfallbetrachtung des jeweiligen Landwirtschaftsbetriebs und der individuellen Betriebsdaten erfolgen. Es sei nicht erkennbar, dass der Betrieb wertlos und unverkäuflich würde, denn maßgeblicher Vermögenswert sei der bewirtschaftete Grund und Boden. Der gewählte Lohnsatz sei sachgerecht. Durch die im Existenzgefährdungsgutachten vorgenommene Erhöhung des Meistergehalts um 30 % sei die überdurchschnittliche Betriebssituation des Klägers zu 1. ausreichend berücksichtigt worden. Auch bei Berücksichtigung eines vorhabenbedingten Erwerbsverlusts blieben ausreichend Mittel für die Erweiterung der Betriebsflächen oder sonstige Investitionen. Die Ermittlung der vorhabenbedingten Wirtschaftserschwernisse infolge von Durchschneidungen, Mehrwegen und zusätzlichen Vorgewenden sei anhand von an den Betrieb des Klägers zu 1. angepassten gutachterlichen Erfahrungswerten erfolgt. Kosten, die durch etwaigen zusätzlichen Arbeitsaufwand oder die Anschaffung neuer Technik entstünden, seien nicht im Rahmen der Existenzgefährdungsprüfung zu berücksichtigen, sondern Gegenstand des Entschädigungsverfahrens. Der Deckungsbeitragsverlust auf den hofnahen Flächen werde nicht unterschätzt; er werde durch einen Faktor von 1,3 berücksichtigt. Die Auswirkungen der Gehölzpflanzungen auf den Landwirtschaftsbetrieb würden berücksichtigt. Im Übrigen drohten die von den Klägern dargestellten Auswirkungen des Laubfalls nicht in diesem Ausmaß. Baubedingte Auswirkungen auf den Landwirtschaftsbetrieb hätten im Existenzgefährdungsgutachten nicht bewertet werden müssen. Diese Beeinträchtigungen seien zu entschädigen. Die Besonderheiten als biologisch wirtschaftender Betrieb seien nicht außer Acht gelassen worden. Eine Abwägungsrelevanz bestünde allerdings nur, wenn sich feststellen ließe, dass sich die bisherigen Vermarktungsmöglichkeiten für biologisch angebaute Produkte vorhabenbedingt nicht nur unerheblich verschlechtern werden. Dies hätten die Kläger nicht substantiiert dargelegt. Relevante Belastungen der Gemüseproduktionsflächen durch straßenverkehrsbedingte Einträge von Schwermetallen und sonstigen Schadstoffen seien auszuschließen. Bei der Überprüfung der Existenzgefährdung seien nur kurzfristig gesicherte Pachtflächen nicht zu berücksichtigen. Die schuldrechtliche Sicherung der Betriebsflächen durch nur kurz laufende Pachtverträge könne eine betriebsstrukturelle Schwäche begründen und sich als unternehmerisches Risiko erweisen, welches der Betriebsinhaber nicht auf den Vorhabenträger und Planfeststellungsbehörde verlagern könne. Unabhängig davon habe Dr. W. in dem Existenzgefährdungsgutachten auch die nur kurzfristig gesicherten Pachtflächen bei der Bewertung berücksichtigt und eine Existenzgefährdung gleichwohl verneint. Da abwägungsfehlerfrei eine Existenzgefährdung des Landwirtschaftsbetriebs verneint worden sei, sei auch die Bewertung der Existenzgefährdung des Hofladens der Klägerin zu 2. nicht fehlerhaft.

Abwägungsfehlerfrei sei auch der Umgang mit der Vermeidbarkeit von sonstigen Schäden. Ein Abwägungsfehler liege nicht darin, dass über die Bereitstellung von Ersatzland nicht abschließend entschieden worden sei. Werde die betriebliche Existenz - wie hier - nicht gefährdet, könne sich die Planfeststellungsbehörde grundsätzlich damit begnügen, den Eigentümer eines Landwirtschaftsbetriebs auf das nachfolgende Enteignungsverfahren zu verweisen. Für Ertragsminderungen oder sonstige Nachteile während der Umstellungszeit auf biologischen Anbau sei gegebenenfalls ein finanzieller Ausgleich zu leisten. Die Inanspruchnahme des Flurstücks N. der Flur 8 sei gerechtfertigt. Es handele sich um eine unwirtschaftliche Restfläche, deren Nutzung für Kompensationsmaßnahmen dem Gebot der sparsamen Flächenverwendung entspreche. Schließlich sei die Maßnahme S05 artenschutzrechtlich notwendig. Begrünbare Lärmschutzwände oder die Bepflanzung mit immergrünen Koniferen wären mit einem erheblichen Eingriff in das Landschaftsbild verbunden. Zudem erfolge keine erhebliche Beeinträchtigung der Gemüsekulturen durch Laubfall.

Schließlich sei auch die hilfsweise Feststellung, dass selbst bei Eintritt einer vorhabenbedingten Existenzgefährdung die für das Vorhaben streitenden Belange überwiegen würden, nicht abwägungsfehlerhaft.

Die Beigeladene beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie trägt zum Variantenvergleich und zur Vorzugsvariante vor, dass sich ihre Gewerbegebietsentwicklung auf das südliche Stadtgebiet konzentriere. Die Verkehrsuntersuchung der H. vom 05. April 2018 zeige, dass die überwiegenden Verkehrsanteile aus den Gewerbegebieten nach Süden abflössen und die direkte Anbindung an die A 2 suchten. Dies gelte insbesondere für den Lkw-Verkehr. Eine Südumgehung wäre für diese Verkehrsanteile ohne Nutzwert. Für die nach Norden abfließenden Verkehre hätte nur die Nordtrasse die gewünschte Bündelungs- und Entlastungsfunktion. Die Nordvariante sei seit mehr als 20 Jahren im Flächennutzungsplan dargestellt. Sie, die Beigeladene, habe ihre Absicht, an der Nordvariante festzuhalten, in einem Ratsbeschluss am 01. Dezember 1999 bekräftigt. Neben der Entlastung der Kernstadt habe die Nordvariante den Vorteil, dass auch die Ortschaften Blumenau und Luthe von der Entlastungswirkung profitierten.

Im Laufe des gerichtlichen Verfahrens hat das Amt für regionale Landesentwicklung (ArL) Leine-Weser durch Beschluss vom 13. Dezember 2018 gemäß § 87 des Flurbereinigungsgesetzes (FlurbG) das Flurbereinigungsverfahren Wunstorf-Nord, Region Hannover 241, angeordnet.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten sowie die Beiakten dieses Verfahrens und der Verfahren 7 MS 26/17 und 7 KS 25/17 verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und hat in der Sache in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

A.Die Klage ist zulässig.

Die Kläger sind klagebefugt im Sinne des § 42 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Sie sind Eigentümer von landwirtschaftlich genutzten Grundstücken, die durch die straßenrechtliche Planfeststellung in Anspruch genommen werden. Der Hinweis eines Planbetroffenen auf seine Eigentümerstellung reicht in aller Regel aus, um im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO die Möglichkeit einer Rechtsverletzung aufzuzeigen (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.01.2012 - 9 A 6.10 -, juris; Urteil des Senats vom 22. April 2016 - 7 KS 35/12 -, juris). Daneben ist der Kläger zu 1. auch Pächter von Grundstücken, die durch das Straßenbauvorhaben in Anspruch genommen werden. Auch ein Pächter, der sich dagegen zur Wehr setzt, dass sein Pachtgrundstück auf der Grundlage des Bundesfernstraßengesetzes für ein Straßenbauvorhaben unter Einschluss der damit verbundenen naturschutzrechtlichen Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen in Anspruch genommen wird, ist klagebefugt (vgl. BVerwG, Urteil vom 01.09.1997 - 4 A 36.96 -, juris). Das Besitzrecht des Pächters ist insoweit Eigentum im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.01.2009 - 9 C 3.08 -, juris).

B.

Die Klage ist teilweise begründet.

Die Kläger haben als Eigentümer von durch die straßenrechtliche Planfeststellung mit enteignender Wirkung betroffenen Grundstücken einen Anspruch auf gerichtliche Überprüfung des Planfeststellungsbeschlusses auf seine objektive Rechtmäßigkeit (sog. Vollüberprüfungsanspruch) (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25.04.2018 - 9 A 15.16 -, juris). Sie können daher die Verletzung des Abwägungsgebots auch mit der Begründung geltend machen, öffentliche Belange einschließlich des Natur- und Umweltschutzes seien nicht hinreichend beachtet worden (vgl. BVerwG, Urteil vom 10.04.1997 - 4 C 5.96 -, juris; BVerwG, Urteil vom 18.03.1983 - 4 C 80.79 -, juris). Ihnen steht darüber hinaus ein klagefähiges Abwehrrecht gegen die Planfeststellung insoweit zu, als sich die Rechtswidrigkeit des Vorhabens aus der Verletzung objektiv-rechtlicher Vorschriften ergibt und die Inanspruchnahme ihres Grundeigentums in einem Ursachenzusammenhang mit dem rechtlichen Mangel steht (vgl. BVerwG, Urteil vom 09.11.2006 - 4 A 2001.06 -, juris). Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass der Planfeststellungsbeschluss die Entscheidung über die Zulässigkeit einer Enteignung mitumfasst, dass Art. 14 Abs. 3 GG aber vor einem Eigentumsentzug schützt, der nicht zum Wohl der Allgemeinheit erforderlich oder nicht gesetzmäßig ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 10.04.1997 - 4 C 5.96 -, juris). Der Anspruch des von der enteignungsrechtlichen Vorwirkung Betroffenen unterliegt allerdings Einschränkungen. Nicht jeder objektiv-rechtliche Fehler, der einer Planung anhaftet, führt zur (vollständigen oder teilweisen) Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder zur Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit. Diese Rechtsfolge scheidet vielmehr aus, wenn der geltend gemachte Rechtsfehler für die Eigentumsbetroffenheit des Klägers aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht erheblich, insbesondere nicht kausal ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25.04.2018 - 9 A 15.16 -, juris). Das ist etwa dann der Fall, wenn ein als verletzt geltend gemachter öffentlicher Belang nur von örtlicher Bedeutung ist und auch die fehlerfreie Beachtung dieses Belangs nicht zu einer Veränderung der Planung im Bereich des klägerischen Grundstücks führen würde (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23.01.2015 - 7 VR 6.14 -, juris, m. w. N.; BVerwG, Urteil vom 12.08.2009 - 9 A 64.07 -, juris, m. w. N.; Urteil des Senats vom 22.04.2016 - 7 KS 35/12 -, juris).

§ 75 Abs. 1a VwVfG bestimmt, dass Mängel bei der Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange nur erheblich sind, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind. Erhebliche Mängel bei der Abwägung oder eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften führen nur dann zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder der Plangenehmigung, wenn sie nicht durch Planergänzung oder durch ein ergänzendes Verfahren behoben werden können; die §§ 45 und 46 des Verwaltungsverfahrensgesetzes bleiben unberührt. Das Bundesverwaltungsgericht geht aufgrund dieser verfahrensrechtlichen Besonderheit des nationalen Planfeststellungsrechts zur Fehlerfolgenregelung davon aus, dass das erkennende Gericht die Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses umfassend prüfen und in seinem Urteil den Umfang der Rechtswidrigkeit feststellen muss (vgl. BVerwG, Beschluss vom 06.03.2014 - 9 C 6.12 -, juris; Urteil des Senats vom 22.04.2016 - 7 KS 27/15 -, juris).

Dies zugrunde gelegt, verstößt der angefochtene Planfeststellungsbeschluss der Beklagten vom 30. Dezember 2016 in der Fassung der in der mündlichen Verhandlung vom 26. August 2019 verfügten Planergänzung in Teilen gegen Bestimmungen des Bundesnaturschutzgesetzes. Der Mangel rechtfertigt zwar nicht die mit dem Hauptantrag begehrte Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses, weil Heilungsmöglichkeiten in einem ergänzenden Verfahren verbleiben, wohl aber die mit dem Hilfsantrag beantragte Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit. Insoweit kann auch die Kausalität des Mangels für die Eigentumsbetroffenheit der Kläger nicht verneint werden, da angesichts der planerischen Optionen der Beklagten nicht ausgeschlossen werden kann, dass die fehlerfreie Beachtung dieses Belangs zu einer Veränderung der Planung im Bereich der klägerischen Grundstücke führen würde. Im Übrigen leidet der Planfeststellungsbeschluss an keinem formellen oder materiellen Rechtsfehler, den die Kläger mit der Folge einer Aufhebung des Beschlusses oder der Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit geltend machen können.

I.

Der Planfeststellungsbeschluss leidet an keinem formellen Fehler, der seine Aufhebung erfordert oder zumindest auf die Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit führt. Er leidet insbesondere nicht an durchgreifenden Verfahrensmängeln im Sinne des § 4 UmwRG.

Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. August 2017, geändert durch Gesetz vom 17. Dezember 2018, die hier nach der Überleitungsvorschrift des § 8 Abs. 1 UmwRG anwendbar ist, kann die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 2b UmwRG verlangt werden, wenn eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung, nach der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder nach entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften a) erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder b) erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist. Eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit, die nicht dem Maßstab des § 5 Abs. 3 Satz 2 UVPG genügt, steht nach § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG einer nicht durchgeführten Vorprüfung nach Satz 1 Nr. 1 b) gleich. Die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 2b UmwRG kann nach § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG des Weiteren verlangt werden, wenn 2. eine erforderliche Öffentlichkeitsbeteiligung im Sinne von § 18 UVPG oder im Sinne von § 10 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG) weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist oder wenn 3. ein anderer Verfahrensfehler vorliegt, der a) nicht geheilt worden ist, b) nach seiner Art und Schwere mit den in den Nr. 1 und 2 genannten Fällen vergleichbar ist und c) der betroffenen Öffentlichkeit die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat; zur Beteiligung am Entscheidungsprozess gehört auch der Zugang zu den Unterlagen, die zur Einsicht für die Öffentlichkeit auszulegen sind. Bei den in § 4 Abs. 1 UmwRG genannten Verfahrensfehlern handelt es sich um sog. absolute Verfahrensfehler.

Nach § 4 Abs. 1a UmwRG gilt für Verfahrensfehler, die nicht unter Absatz 1 fallen, § 46 VwVfG. Lässt sich durch das Gericht nicht aufklären, ob ein Verfahrensfehler nach Satz 1 die Entscheidung in der Sache beeinflusst hat, wird eine Beeinflussung vermutet. Hierbei handelt es sich um sog. relative Verfahrensfehler.

Die Absätze 1 bis 2 gelten gemäß § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 UmwRG für Rechtsbehelfe von Personen gemäß § 61 Nr. 1 VwGO und Vereinigungen gemäß § 61 Nr. 2 VwGO. Auf Rechtsbehelfe von Personen und Vereinigungen nach Satz 1 Nr. 1 ist Absatz 1 Satz 1 Nr. 3 mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Aufhebung einer Entscheidung nur verlangt werden kann, wenn der Verfahrensfehler dem Beteiligten die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat.

Vorliegend handelt es sich bei dem angefochtenen Planfeststellungsbeschluss der Beklagten um eine solche, von § 4 UmwRG erfasste Entscheidung im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 a) UmwRG, d. h. die Vorschrift ist anwendbar. Für die Zulassungsentscheidung kann nach dem UVPG in der hier noch anwendbaren Fassung vom 24. Februar 2010 (a. F.) (vgl. dazu § 74 Abs. 2 UVPG n. F.) eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen. Es ist insoweit nicht erforderlich, dass diese Prüfung im Einzelfall tatsächlich durchgeführt werden muss (vgl. Bunge, UmwRG, 2. Auflage 2019, § 1 Rn. 42). Die Möglichkeit einer Pflicht zur Durchführung einer UVP besteht auch bei Vorhaben, für die nach der Anlage 1 zum UVPG lediglich eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls erforderlich ist (vgl. Schieferdecker in: Hoppe/Beckmann, UVPG Kommentar, 4. Auflage 2012, § 1 UmwRG Rn. 23). Es genügt die Möglichkeit einer UVP-Pflichtigkeit (vgl. Schlacke in: Gärditz, VwGO Kommentar, 2. Auflage 2018, § 1 UmwRG Rn. 23). Um einen solchen Fall handelt es sich hier. Bei dem Bau der Ortsumgehung Wunstorf handelt es sich um den Bau einer sonstigen Bundesstraße im Sinne der Nr. 14.6 der Anlage zum UVPG a. F., für die eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls erforderlich ist. Die Beklagte hat unter dem 05. Mai 2009 gemäß §§ 3a und 3c UVPG a. F. festgestellt, dass für das Vorhaben eine Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht.

Die von den Klägern geltend gemachten Verfahrensfehler im Zusammenhang mit der Öffentlichkeitsbeteiligung liegen nicht vor. Weder waren die im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung ausgelegten Unterlagen unvollständig (dazu unter 1.), noch ist ein Beteiligungsmangel im Zusammenhang mit der 4. Planänderung zu erblicken (dazu unter 2.). Soweit die Kläger in der mündlichen Verhandlung einen Verfahrensfehler im Zusammenhang mit der Auslegung des „Fachbeitrags Wasserrahmenrichtlinie (WRRL)“ vom 06. September 2016 geltend gemacht haben, ist dieser Vortrag außerhalb der Klagebegründungsfrist erfolgt und kann daher keine Berücksichtigung finden (dazu unter 3.).

1.

Die von den Klägern geltend gemachte Unvollständigkeit der ausgelegten Unterlagen begründet keinen Verfahrensfehler im Sinne des § 4 UmwRG.

Nach § 9 Abs. 1 UVPG a. F. hat die zuständige Behörde die Öffentlichkeit zu den Umweltauswirkungen des Vorhabens zu beteiligen. Der betroffenen Öffentlichkeit wird im Rahmen der Beteiligung Gelegenheit zur Äußerung gegeben. Das Beteiligungsverfahren muss den Anforderungen des § 73 Abs. 3 Satz 1, Abs. 4 bis 7 VwVfG entsprechen. Ändert der Träger des Vorhabens die nach § 6 erforderlichen Unterlagen im Laufe des Verfahrens, so kann von einer erneuten Beteiligung der Öffentlichkeit abgesehen werden, soweit keine zusätzlichen oder anderen erheblichen Umweltauswirkungen zu besorgen sind. Im Rahmen des Beteiligungsverfahrens nach Absatz 1 hat die zuständige Behörde gemäß § 9 Abs. 1b Satz 1 UVPG a. F. zumindest folgende Unterlagen zur Einsicht für die Öffentlichkeit auszulegen: 1. die Unterlagen nach § 6, 2. die entscheidungserheblichen Berichte und Empfehlungen betreffend das Vorhaben, die der zuständigen Behörde zum Zeitpunkt des Beginns des Beteiligungsverfahrens vorgelegen haben. Weitere Informationen, die für die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens von Bedeutung sein können und die der zuständigen Behörde erst nach Beginn des Beteiligungsverfahrens vorliegen, sind der Öffentlichkeit gemäß § 9 Abs. 1b Satz 2 UVPG a. F. nach den Bestimmungen des Bundes und der Länder über den Zugang zu Umweltinformationen zugänglich zu machen.

Nach § 6 Abs. 1 UVPG a. F. hat der Träger des Vorhabens die entscheidungserheblichen Unterlagen über die Umweltauswirkungen des Vorhabens der zuständigen Behörde zu Beginn des Verfahrens vorzulegen, in dem die Umweltverträglichkeit geprüft wird. Setzt der Beginn des Verfahrens einen schriftlichen Antrag, die Einreichung eines Plans oder eine sonstige Handlung des Trägers des Vorhabens voraus, sind die nach Satz 1 erforderlichen Unterlagen so rechtzeitig vorzulegen, dass sie mit den übrigen Unterlagen ausgelegt werden können. Inhalt und Umfang der Unterlagen nach Absatz 1 bestimmen sich gemäß § 6 Abs. 2 UVPG a. F. nach den Rechtsvorschriften, die für die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens maßgebend sind. Die Absätze 3 und 4 sind anzuwenden, soweit die in diesen Absätzen genannten Unterlagen durch Rechtsvorschrift nicht im Einzelnen festgelegt sind. Nach § 6 Abs. 3 Satz 1 UVPG a. F. müssen die Unterlagen nach Absatz 1 zumindest folgende Angaben enthalten: 1. Beschreibung des Vorhabens mit Angaben über Standort, Art und Umfang sowie Bedarf an Grund und Boden, 2. Beschreibung der Maßnahmen, mit denen erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen des Vorhabens vermieden, vermindert oder, soweit möglich, ausgeglichen werden, sowie der Ersatzmaßnahmen bei nicht ausgleichbaren, aber vorrangigen Eingriffen in Natur und Landschaft, 3. Beschreibung der zu erwartenden erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen des Vorhabens unter Berücksichtigung des allgemeinen Kenntnisstandes und der allgemein anerkannten Prüfungsmethoden, 4. Beschreibung der Umwelt und ihrer Bestandteile im Einwirkungsbereich des Vorhabens unter Berücksichtigung des allgemeinen Kenntnisstandes und der allgemein anerkannten Prüfungsmethoden sowie Angaben zur Bevölkerung in diesem Bereich, soweit die Beschreibung und die Angaben zur Feststellung und Bewertung erheblicher nachteiliger Umweltauswirkungen des Vorhabens erforderlich sind und ihre Beibringung für den Träger des Vorhabens zumutbar ist, 5. Übersicht über die wichtigsten, vom Träger des Vorhabens geprüften anderweitigen Lösungsmöglichkeiten und Angabe der wesentlichen Auswahlgründe im Hinblick auf die Umweltauswirkungen des Vorhabens. Nach § 6 Abs. 3 Satz 2 UVPG a. F. ist eine allgemein verständliche, nichttechnische Zusammenfassung der Angaben nach Satz 1 beizufügen. Die Angaben nach Satz 1 müssen Dritten gemäß § 6 Abs. 3 Satz 3 UVPG a. F. die Beurteilung ermöglichen, ob und in welchem Umfang sie von den Umweltauswirkungen des Vorhabens betroffen werden können. Nach § 6 Abs. 4 Satz 1 UVPG a. F. müssen die Unterlagen auch die folgenden Angaben enthalten, soweit sie für die Umweltverträglichkeitsprüfung nach der Art des Vorhabens erforderlich sind: 1. Beschreibung der wichtigsten Merkmale der verwendeten technischen Verfahren, 2. Beschreibung von Art und Umfang der zu erwartenden Emissionen, der Abfälle, des Anfalls von Abwasser, der Nutzung und Gestaltung von Wasser, Boden, Natur und Landschaft sowie Angaben zu sonstigen Folgen des Vorhabens, die zu erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen führen können, 3. Hinweise auf Schwierigkeiten, die bei der Zusammenstellung der Angaben aufgetreten sind, zum Beispiel technische Lücken oder fehlende Kenntnisse. Die Zusammenfassung nach Absatz 3 Satz 2 muss sich gemäß § 6 Abs. 4 Satz 2 UVPG a. F. auch auf die in den Nummern 1 und 2 genannten Angaben erstrecken.

Dies zugrunde gelegt, begründet weder die Nichtauslegung der „Umweltverträglichkeitsstudie zur Ortsumgehung Wunstorf im Zuge der B 441“ der I. aus den Jahren 1994 bis 1999 (dazu unter a)) noch die Nichtauslegung der von den Klägern angeführten ergänzenden Unterlagen zur Variantenentscheidung aus dem Jahr 2015 sowie der ergänzenden Verkehrsuntersuchungen aus den Jahren 2012 und 2014 (dazu unter b)) einen Verfahrensfehler im Zusammenhang mit der Öffentlichkeitsbeteiligung. Selbst wenn man in der unterbliebenen Auslegung dieser Unterlagen einen Verfahrensfehler erblicken wollte, wäre dieser - unterstelle - Verfahrensfehler nicht beachtlich (dazu unter c)).

a)

Eine Auslegung der im Auftrag der Stadt Wunstorf erstellten „Umweltverträglichkeitsstudie zur Ortsumgehung Wunstorf im Zuge der B 441“ (Teil I: Raumbezogene Empfindlichkeitsanalyse, August 1994; Teil II: Raumbezogene Empfindlichkeitsanalyse (Südraum), Oktober 1995; Teil III: Variantenvergleich, Juni 1998; Ergänzung zur Umweltverträglichkeitsstudie für die Ortsumgehung Wunstorf im Zuge der B 441, Mai 1999) der I. war weder nach § 9 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 UVPG a. F. (dazu unter aa)) noch nach § 9 Abs. 1b Satz 1 Nr. 2 UVPG a. F. (dazu unter bb)) erforderlich.

aa)

Es handelt sich - entgegen der Auffassung der Kläger - bei der „Umweltverträglichkeitsstudie zur Ortsumgehung Wunstorf im Zuge der B 441“ nicht um eine Unterlage nach § 6 UVPG a. F., die nach § 9 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 UVPG a. F. im Rahmen des Beteiligungsverfahrens nach Absatz 1 zur Einsicht für die Öffentlichkeit auszulegen gewesen wäre.

§ 6 UVPG a. F. erfasst - bereits nach seiner Überschrift - die „Unterlagen des Trägers des Vorhabens“. Die Unterlagen des Vorhabenträgers nach § 6 UVPG a. F. müssen in Kopie mit allen Anlagen komplett vorgehalten werden, damit sich die betroffene Öffentlichkeit durch Einsicht ein genaues Bild von dem beabsichtigten Vorhaben machen kann (vgl. Wagner in: Hoppe/Beckmann, UVPG Kommentar, 4. Auflage 2012, § 9 UVPG Rn. 32). Bei der mehrteiligen, in den Jahren 1994 bis 1999 erstellten Umweltverträglichkeitsstudie handelt es sich nicht um eine Unterlage der Vorhabenträgerin, d. h. der Niedersächsischen Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr, Regionaler Geschäftsbereich Hannover. Unabhängig davon, dass die Umweltverträglichkeitsstudie von der Stadt Wunstorf - und nicht von der Vorhabenträgern - in Auftrag gegeben worden ist, zählt die Umweltverträglichkeitsstudie nicht zu den von der Vorhabenträgerin vorgelegten Plan- bzw. Antragsunterlagen. Die Umweltverträglichkeitsstudie ist in dem Verzeichnis der Planunterlagen nicht enthalten. Es handelt sich damit nicht um eine Unterlage der Vorhabenträgerin.

Es handelt sich bei der „Umweltverträglichkeitsstudie zur Ortsumgehung Wunstorf im Zuge der B 441“ - entgegen der Auffassung der Kläger - auch nicht um eine vom Träger des Vorhabens gemäß § 6 UVPG a. F. zwingend vorzulegende Unterlage.

Dies gilt zunächst mit Blick auf § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 UVPG a. F.. Zwar müssen die Unterlagen nach § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 UVPG a. F. unter anderem eine Beschreibung der zu erwartenden erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen des Vorhabens unter Berücksichtigung des allgemeinen Kenntnisstandes und der allgemein anerkannten Prüfungsmethoden enthalten. Nach der alten, hier noch anwendbaren Rechtslage, d. h. dem UVPG in der Fassung vom 24. Februar 2010, ist es - entgegen der neuen, in § 16 UPVG in der Fassung vom 20. Juli 2017 (n. F.) kodifizierten Rechtslage (vgl. dazu Reidt/Augustin in: Schink/Reidt/Mitschang, UVPG/UmwRG Kommentar, 1. Auflage 2018, § 16 UVPG Rn. 5) - jedoch nicht erforderlich, dass diese Angaben in einem speziell ausgearbeiteten Bericht zu den voraussichtlichen Umweltauswirkungen des Vorhabens (UVP-Bericht) enthalten sind. Die hier noch anwendbaren Vorschriften über die Umweltverträglichkeitsprüfung verlangen vom Vorhabenträger bestimmte inhaltliche Angaben, stellen ihm aber frei, in welcher Form er sie vorlegt. Es reicht aus, wenn die erforderlichen Angaben sich aus verschiedenen Unterlagen ergeben, etwa aus dem landschaftspflegerischen Begleitplan, dem Erläuterungsbericht, der schalltechnischen Untersuchung oder der Schadstoffuntersuchung. Sie müssen auch nicht zwingend in einem von der Zulassungsentscheidung gesonderten Dokument dargestellt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.08.2009 - 9 A 64.07 -, juris; BVerwG, Beschluss vom 10.10.2006 - 9 B 27.05 -, juris; BVerwG, Urteil vom 24.11.2004 - 9 A 42.03 -, juris; Kment in: Hoppe/Beckmann, UVPG Kommentar, 4. Auflage 2012, § 6 Rn. 14; Reidt/Augustin in: Schink/Reidt/Mitschang, UVPG/UmwRG Kommentar, 1. Auflage 2018, § 16 UVPG Rn. 17). Diesen Anforderungen ist vorliegend genügt worden. Die erforderlichen Mindestangaben, insbesondere die Angaben zu den Umweltauswirkungen des Vorhabens im Sinne des § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 UVPG a. F., waren in den ausgelegten Planunterlagen der Vorhabenträgerin enthalten. Sie ergeben sich aus dem Erläuterungsbericht (Unterlage 1), der allgemein verständlichen Zusammenfassung gemäß § 6 UVPG (Unterlage 1a), der schalltechnischen Untersuchung (Unterlage 11), der luftschadstofftechnischen Untersuchung (Unterlage 11.LuS), dem landschaftspflegerischen Begleitplan (Unterlage 12), der wassertechnischen Untersuchung (Unterlage 13) und dem Fachbeitrag Wasserrahmenrichtlinie (Unterlage 15). Soweit die Kläger meinen, dass die mehrteilige „Umweltverträglichkeitsstudie zur Ortsumgehung Wunstorf im Zuge der B 441“ eine über die in den ausgelegten Planunterlagen hinausgehende Beschreibung der Umweltauswirkungen enthalte, führt dies nicht zur Erforderlichkeit ihrer Auslegung. Selbst wenn es zutreffen sollte, dass - so die Kläger - in den (ausgelegten) Unterlagen nicht alle Aussagen der Umweltverträglichkeitsstudie im Detail wiedergegeben werden, bedeutet dies im Umkehrschluss nicht, dass sich in den ausgelegten Planunterlagen nicht die erforderlichen Mindestangaben zu den Umweltauswirkungen des Vorhabens im Sinne des § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 UVPG a. F. wiederfinden. Das Gegenteil ist hier der Fall. Die erforderlichen Mindestangaben sind in den Planunterlagen enthalten. Gegebenenfalls darüberhinausgehende Aussagen in der Umweltverträglichkeitsstudie begründen nicht die Notwendigkeit ihrer Auslegung. Der ergänzenden Beifügung der mehrteiligen „Umweltverträglichkeitsstudie zur Ortsumgehung Wunstorf im Zuge der B 441“ bedurfte es daher nicht, zumal deren Ergebnisse zwischenzeitlich aufgrund neuerer Untersuchungen teilweise überholt waren (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.11.2004 - 9 A 42.03 -, juris).

Auch aus § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 UVPG a. F. ergibt sich nichts anderes. Danach müssen die Unterlagen des Vorhabenträgers eine Übersicht über die wichtigsten, vom Träger des Vorhabens geprüften anderweitigen Lösungsmöglichkeiten und Angabe der wesentlichen Auswahlgründe im Hinblick auf die Umweltauswirkungen des Vorhabens enthalten. Diese Vorschrift begründet keine Pflicht zur Prüfung von Vorhabenalternativen oder anderweitigen Lösungsmöglichkeiten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 14.05.1996 - 7 NB 3.95 -, juris; Urteil des Senats vom 08.03.2006 - 7 KS 145/02, 7 KS 146/02, 7 KS 154/02, 7 KS 128/02 -, juris; Kment in: Hoppe/Beckmann, UVPG Kommentar, 4. Auflage 2012, § 6 Rn. 21; vgl. zu § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 UVPG n. F.: Reidt/Augustin in: Schink/Reidt/Mitschang, UVPG/UmwRG Kommentar, 1. Auflage 2018, § 16 UVPG Rn. 33). Ob und gegebenenfalls welche Arten von Alternativen der Vorhabenträger prüfen muss, ergibt sich aus den jeweils einschlägigen, materiellen Bestimmungen des anzuwendenden Fachrechts. Aus § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 UVPG a. F. ergibt sich nur eine verfahrensrechtliche Pflicht des Vorhabenträgers, den Antragsunterlagen eine Übersicht über die wichtigsten von ihm geprüften anderweitigen Lösungsmöglichkeiten und Angaben über die wesentlichen Auswahlgründe im Hinblick auf die Umweltauswirkungen des Vorhabens beizufügen (vgl. Urteil des Senats vom 08.03.2006 - 7 KS 145/02, 7 KS 146/02, 7 KS 154/02, 7 KS 128/02 -, juris). Dem ist die Vorhabenträgerin vorliegend nachgekommen. Kapitel 3 des Erläuterungsberichts (Unterlage 1) enthält auf den Seiten 19 bis 62 einen Vergleich der Varianten. Dargestellt werden die - planfestgestellte - Variante „Nordumgehung, die Variante „Verlängerte Hochstraße“ und die drei Südvarianten S1, S2 und S3. Dass sich die detaillierten Angaben zu den Umweltauswirkungen nur auf die Varianten „Nordumgehung“ und „Verlängerte Hochstraße“ beziehen, ist nicht zu beanstanden. Die Südvarianten wurden - aufgrund der im Erläuterungsbericht genannten Gründe (vgl. ergänzend auch S. 83 ff. des Planfeststellungsbeschlusses) - bereits in einem frühen Verfahrensstadium als nicht naheliegend angesehen und nicht weiterverfolgt. Dies ist zulässig (vgl. dazu auch die Ausführungen zur Variantenprüfung). Vorhabenträger und Planfeststellungsbehörde sind nicht verpflichtet, jede mögliche oder von Dritten ins Spiel gebrachte Planungsalternative gleichermaßen detailliert und umfassend zu prüfen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 16.08.1995 - 4 B 92.95 -, juris). Es entspricht ständiger Rechtsprechung, das Trassenvarianten, die sich auf der Grundlage einer Grobanalyse als weniger geeignet erweisen, schon in einem früheren Verfahrensstadium oder auf vorangegangenen Planungsebenen ausgeschieden werden können (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20.04.2009 - 9 B 10.09 -, juris; BVerwG, Urteil vom 26.10.2005 - 9 A 33.04 -, juris; BVerwG, Urteil vom 09.06.2004 - 9 A 11.03 -, juris; Urteil des Senats vom 31.07.2018 - 7 KS 17/16 -, juris; Urteil des Senats vom 22.04.2016 - 7 KS 27/15 -, juris). Auch § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 UVPG a. F. verlangt keine förmliche Umweltverträglichkeitsprüfung für sämtliche in Betracht kommende Varianten, sondern nur eine „Übersicht“ über die „wichtigsten“, vom Träger des Vorhabens geprüften anderweitigen Lösungsmöglichkeiten und Angabe der „wesentlichen“ Auswahlgründe im Hinblick auf die Umweltauswirkungen des Vorhabens (vgl. zur Vorgängervorschrift: BVerwG, Beschluss vom 16.08.1995 - 4 B 92.95 -, juris). Die Angaben zum Alternativenvergleich können sich auf die nach Auffassung des Vorhabenträgers für den Vergleich wesentlichen Parameter beschränken (vgl. zu § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 UVPG n. F.: Reidt/Augustin in: Schink/Reidt/Mitschang, UVPG/UmwRG Kommentar, 1. Auflage 2018, § 16 UVPG Rn. 38). Dem werden die Angaben in dem Erläuterungsbericht gerecht. Sie enthalten die aktualisierte Variantenprüfung. Es war nicht erforderlich, alle vorbereitenden Gutachten mit auszulegen, zumal die Unterlagen der vorgelagerten Planungsstufen teilweise überholt waren. Soweit die Kläger meinen, die in der „Umweltverträglichkeitsstudie zur Ortsumgehung Wunstorf im Zuge der B 441“ enthaltene Darstellung der Umweltauswirkungen der geprüften Planungsvarianten sei für die Anstoßwirkung unersetzlich gewesen, kann dem nicht gefolgt werden. Die Auslegung muss nicht alle Unterlagen umfassen, die möglicherweise zur vollständigen Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Planung erforderlich sind. Sie kann sich vielmehr auf die Unterlagen beschränken, deren der Einzelne bedarf, um als Laie den Grad seiner Beeinträchtigung abschätzen und sich das Interesse, Einwendungen zu erheben, bewusst machen zu können (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.04.2016 - 9 A 9.15 -, juris, m. w. N.). Dazu waren die Angaben in dem Erläuterungsbericht ausreichend; sie haben die erforderliche Anstoßwirkung gewährleistet.

Schließlich können die Kläger auch mit ihrem Argument, der Wortlaut des § 9 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 UVPG a. F. lasse keinen Zweifel daran, dass die Unterlagen, die der Vorhabenträger zur Erfüllung der Anforderungen des § 6 UVPG a. F. „tatsächlich vorgelegt“ habe, der Öffentlichkeit auch zugänglich gemacht werden müssten, nicht durchdringen. Unabhängig davon, dass die Umweltverträglichkeitsstudie nicht zu den von der Vorhabenträgerin vorgelegten Planunterlagen gehört, bedurfte es der ergänzenden Beifügung der mehrteiligen Umweltverträglichkeitsstudie auch deshalb nicht, weil die erforderlichen Angaben - wie dargelegt - den ausgelegten Unterlagen zu entnehmen waren (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.11.2004 - 9 A 42.03 -, juris).

bb)

Ohne dass es von den Beteiligten thematisiert worden wäre, handelt es sich bei der mehrteiligen „Umweltverträglichkeitsstudie zur Ortsumgehung Wunstorf im Zuge der B 441“ auch nicht um entscheidungserhebliche Berichte und Empfehlungen betreffend das Vorhaben, die der zuständigen Behörde zum Zeitpunkt des Beginns des Beteiligungsverfahrens vorgelegen haben, die nach § 9 Abs. 1b Satz 1 Nr. 2 UVPG a. F. im Rahmen des Beteiligungsverfahrens nach Absatz 1 zur Einsicht für die Öffentlichkeit auszulegen gewesen wären.

Nach § 9 Abs. 1b Satz 1 Nr. 2 UVPG a. F. sind auch zusätzliche Informationen auszulegen, die der Behörde zum Vorhaben sonst noch zur Verfügung stehen. Diese müssen zwar nicht bis auf die letzte Information vollständig sein; für die Entscheidungsfindung relevante, d. h. entscheidungserhebliche Unterlagen dürfen aber nicht vorenthalten werden, damit der Informationsstand der betroffenen Öffentlichkeit ebenso wie bei den anderen am Verfahren Beteiligten umfassend ist. Hierbei kann es sich um bereits vorab eingegangene Stellungnahmen der zu beteiligenden Behörden oder anerkannten Vereinigungen, aber auch von der zuständigen Behörde eingeholte besondere Gutachten zu dem beabsichtigten Vorhaben handeln (vgl. Wagner in: Hoppe/Beckmann, UVPG Kommentar, 4. Auflage 2012, § 9 Rn. 32; zu § 19 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UVPG n. F.: Dippel in: Schink/Reidt/Mitschang, UVPG/UmwRG Kommentar, 1. Auflage 2018, § 19 UVPG Rn. 23). Gutachten sind insbesondere dann auszulegen, wenn sich erst aus ihnen entscheidungserhebliche Auswirkungen des Vorhabens auf Rechte oder Belange Betroffener ergeben. Es kann jedoch an der Entscheidungserheblichkeit im Sinne des § 9 Abs. 1b Satz 1 Nr. 2 UVPG a. F. fehlen, wenn bestimmte Gutachten lediglich Detailfragen betreffen oder auf sie in anderen - ihrerseits ausgelegten - Gutachten Bezug genommen wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.02.2018 - 9 C 1.17 -, juris). Bei der „Umweltverträglichkeitsstudie zur Ortsumgehung Wunstorf im Zuge der B 441“ handelt es sich um einen in einem vorangegangenen Planungsstadium erstellten Bericht, dessen Ergebnisse zwischenzeitlich aufgrund neuerer Untersuchungen, die in den von der Vorhabenträgerin vorgelegten und ausgelegten Planunterlagen dargestellt sind, teilweise überholt sind. Die wesentlichen, noch aktuellen und für das vorliegende Verfahren entscheidungserheblichen Aussagen aus der „Umweltverträglichkeitsstudie zur Ortsumgehung Wunstorf im Zuge der B 441“ finden sich in den ausgelegten Planunterlagen wieder. Eine zusätzliche Auslegung der Umweltverträglichkeitsstudie war damit entbehrlich.

b)

Die von den Klägern in der Klagebegründung angeführten Untersuchungen der H. vom 10. Juni 2014 „Verkehrserhebungen im westlichen Stadtgebiet der Stadt Wunstorf“ und „Verkehrliche Auswirkungen der Logistikansiedlung im westlichen Stadtgebiet der Stadt Wunstorf“ sowie die „Betrachtung der Varianten für die OU Wunstorf im Zuge der B 441“ der Vorhabenträgerin vom Mai 2015 und die „Darstellung der Umweltauswirkungen der Variante Verlängerte Hochstraße“ der I. vom Mai 2015 waren ebenfalls nicht notwendiger Bestandteil der Öffentlichkeitsbeteiligung. Dies gilt auch für die von den Klägern in diesem Zusammenhang erst mit Schriftsatz vom 12. August 2019 angeführte Machbarkeitsstudie „Logistikschwerpunktstandort Barsinghausen-Wunstorf (Hannover West)“ der AB. vom März 2012. Ein Auslegungserfordernis für diese Unterlagen ergibt sich weder aus § 9 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 UVPG a. F. (dazu unter aa)), noch aus § 9 Abs. 1b Satz 1 Nr. 2 UPVG a. F. (dazu unter bb)). Auch aus § 9 Abs. 1 Satz 4 UVPG a. F. ergibt sich nicht die Erforderlichkeit einer erneuten Öffentlichkeitsbeteiligung bezogen auf die nachgereichten Unterlagen (dazu unter cc)).

aa)

Es handelt sich bei der ergänzenden Verkehrsuntersuchung aus dem Jahr 2014 und den ergänzenden Unterlagen zur Variantenentscheidung aus dem Jahr 2015 - ebenso wie bei der Machbarkeitsstudie aus dem Jahr 2012 - nicht um Unterlagen nach § 6 UVPG a. F., die nach § 9 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 UVPG a. F. zur Einsicht für die Öffentlichkeit auszulegen gewesen wären.

§ 6 UVPG a. F. umfasst bereits nach seinem Wortlaut nur solche entscheidungserheblichen Unterlagen über die Umweltauswirkungen des Vorhabens, die der Träger des Vorhabens der zuständigen Behörde „zu Beginn des Verfahrens“ vorzulegen hat, in dem die Umweltverträglichkeit geprüft wird. Die Unterlagen des Vorhabenträgers sollen der zuständigen Behörde vorliegen, bevor sie das Verwaltungsverfahren mit UVP eröffnet (vgl. Kment in: Hoppe/Beckmann, UVPG Kommentar, 4. Auflage 2012, § 6 Rn. 12). Werden im laufenden Zulassungsverfahren die nach § 6 UVPG a. F. vorgelegten Unterlagen vom Vorhabenträger geändert, ist § 9 Abs. 1 Satz 4 UVPG a. F. einschlägig. Vorliegend hat die Beklagte nach Vorlage der Planunterlagen durch die Vorhabenträgerin am 30. April 2009 am 06. Mai 2009 das Planfeststellungsverfahren eingeleitet. Bei den ergänzenden Verkehrsuntersuchungen aus dem Jahr 2014 und den ergänzenden Unterlagen zur Variantenentscheidung aus dem Jahr 2015 handelt es sich - ebenso wie bei der Machbarkeitsstudie aus dem Jahr 2012 - um Unterlagen, die erst mehrere Jahre nach dem Beginn des Verfahrens von der Vorhabenträgerin nachgereicht wurden. Anwendbar ist damit nicht § 9 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 UVPG a. F. i. V. m. § 6 UVPG a. F., sondern - gegebenenfalls - § 9 Abs. 1 Satz 4 UVPG a. F..

bb)

Bei der ergänzenden Verkehrsuntersuchung aus dem Jahr 2014 und den ergänzenden Unterlagen zur Variantenentscheidung aus dem Jahr 2015 handelt es sich - ebenso wie bei Machbarkeitsstudie aus dem Jahr 2012 - auch nicht um entscheidungserhebliche Berichte und Empfehlungen betreffend das Vorhaben, die der zuständigen Behörde zum Zeitpunkt des Beginns des Beteiligungsverfahrens vorgelegen haben, und die nach § 9 Abs. 1b Satz 1 Nr. 2 UVPG a. F. zur Einsicht für die Öffentlichkeit auszulegen gewesen wären.

Es handelt sich nicht um Unterlagen, die der Beklagten „zum Zeitpunkt des Beginns des Beteiligungsverfahrens“ vorgelegen haben. Das Beteiligungsverfahren beginnt - dies ergibt sich aus § 9 Abs. 1a UVPG a. F. - mit der öffentlichen Bekanntmachung des Plan- oder Zulassungsverfahrens (vgl. Wagner in: Hoppe/Beckmann, UVPG Kommentar, 4. Auflage 2012, § 9 Rn. 25). Die Öffentlichkeit ist unter anderem über den Antrag auf Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens bzw. den eingereichten Plan (§ 9 Abs. 1a Nr. 1 UVPG a. F.), die Feststellung der UVP-Pflicht des Vorhabens nach § 3a (§ 9 Abs. 1a Nr. 2 UPVG a. F.) sowie die Arte einer möglichen Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens (§ 9 Abs. 1a Nr. 4 UVPG a. F.) zu unterrichten. Die öffentliche Bekanntmachung nach § 9 Abs. 1a UVPG a. F. ist vorliegend im Mai 2009 erfolgt. Dieser Zeitpunkt markiert den Beginn des Beteiligungsverfahrens. Die ergänzende Verkehrsuntersuchung aus dem Jahr 2014 und die ergänzenden Unterlagen zur Variantenentscheidung aus dem Jahr 2015 haben der Beklagten - ebenso wie die Machbarkeitsstudie aus dem Jahr 2012 - zu diesem Zeitpunkt noch nicht vorgelegen.

Soweit die Kläger meinen, dass der Begriff des „Beteiligungsverfahrens“ nicht mit dem des „Verfahrens“ gleichzusetzen sei und dass auch eine im ergänzenden Verfahren durchzuführende erneute Öffentlichkeitsbeteiligung - hier: die im Oktober/November 2016 im Hinblick auf den nachträglich erstellten „Fachbeitrag Wasserrahmenrichtlinie“ stattgefundene weitere Öffentlichkeitsbeteiligung - als Beteiligungsverfahren im Sinne des § 9 Abs. 1 UVPG a. F. einzustufen sei, so dass alle zu diesem Zeitpunkt hinzugekommenen Unterlagen in das Beteiligungsverfahren einzubeziehen seien, kann dem nicht gefolgt werden. Der Beginn des Beteiligungsverfahrens im Sinne des § 9 UVPG a. F. wird - wie dargelegt - markiert durch die Bekanntmachung gemäß § 9 Abs. 1a UVPG a. F.. Die im Gesetz vorgesehenen Bekanntmachungsinhalte - insbesondere die in § 9 Abs. 1a Nrn. 1, 2 und 4 UVPG a. F. - sind erkennbar auf den Beginn des Plan- oder Zulassungsverfahrens zugeschnitten. Die Bekanntmachung soll der ersten Information der Öffentlichkeit dienen (vgl. Wagner in: Hoppe/Beckmann, UVPG Kommentar, 4. Auflage 2012, § 9 Rn. 29). Auf eine erneute Beteiligung der Öffentlichkeit im Laufe des Verfahrens ist die Vorschrift nicht übertragbar. Dies ergibt sich letztlich auch aus dem Vorliegen der spezielleren Vorschriften in § 9 Abs. 1 Satz 4 UVPG a. F. und in § 9 Abs. 1b Satz 2 UVPG a. F.. Nach letztgenannter Vorschrift sind weitere Informationen, die für die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens von Bedeutung sein können und die der zuständigen Behörde - wie hier - erst nach Beginn des Beteiligungsverfahrens vorliegen, nach den Bestimmungen des Bundes und der Länder über den Zugang zu Umweltinformationen zugänglich zu machen. Einen entsprechenden Antrag gemäß § 3 Satz 2 des Niedersächsischen Umweltinformationsgesetzes (NUIG) i. V. m. § 4 Abs. 1 des Umweltinformationsgesetzes (UIG) haben die Kläger nicht gestellt.

Des Weiteren handelt es sich bei der ergänzenden Verkehrsuntersuchung aus dem Jahr 2014 und den ergänzenden Unterlagen zur Variantenentscheidung aus dem Jahr 2015 - ebenso wie bei der Machbarkeitsstudie aus dem Jahr 2012 - auch nicht um „entscheidungserhebliche“ Berichte und Empfehlungen im Sinne der Vorschrift. Wie bereits ausgeführt, kann es an der Entscheidungserheblichkeit im Sinne des § 9 Abs. 1b Satz 1 Nr. 2 UVPG a. F. fehlen, wenn bestimmte Gutachten lediglich Detailfragen betreffen oder auf sie in anderen - ihrerseits ausgelegten - Gutachten Bezug genommen wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.02.2018 - 9 C 1.17 -, juris). Wie sich aus den nachfolgenden Ausführungen in diesem Urteil zur Variantenprüfung ergibt, handelt es sich bei den nachträglich vorgelegten Untersuchungen nicht um neue entscheidungserhebliche Unterlagen über die Umweltauswirkungen des Vorhabens. Sie beschränken sich auf Detailuntersuchungen bzw. Aktualisierungen zu Punkten, die im Wesentlichen bereits Gegenstand der ausgelegten Unterlagen waren. Ergänzt ein Gutachten nur ausgelegte Planunterlagen, muss es nicht mit ausgelegt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.06.2019 - 4 A 5.18 -, juris).

cc)

Schließlich war eine Auslegung der ergänzenden Verkehrsuntersuchung aus dem Jahr 2014 und der ergänzenden Unterlagen zur Variantenentscheidung aus dem Jahr 2015 - ebenso wie eine Auslegung der Machbarkeitsstudie aus dem Jahr 2012 - auch nicht nach § 9 Abs. 1 Satz 4 UVPG a. F. erforderlich.

Gehören die fraglichen Unterlagen - wie hier - nicht zu den Unterlagen im Sinne des § 9 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 UVPG a. F., schließt das die Erforderlichkeit einer erneuten Öffentlichkeitsbeteiligung bezogen auf nachgereichte Unterlagen nicht aus (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.04.2016 - 9 A 9.15 -, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 11.09.2018 - 20 D 79/17.AK -, juris). Eine erneute Öffentlichkeitsbeteiligung ist gemäß § 9 Abs. 1 Satz 4 UVPG a. F. durchzuführen, wenn aufgrund von Änderungen der nach § 6 UVPG a. F. erforderlichen Unterlagen zusätzliche oder andere erhebliche Umweltauswirkungen zu besorgen sind. Ob eine Änderung der Planung durch den Vorhabenträger zu zusätzlichen oder anderen erheblichen Auswirkungen des Vorhabens auf die Umwelt führt, ist durch die Anhörungsbehörde nach pflichtgemäßem Ermessen festzustellen. Bei ihrer Betrachtung kommt es auf die in den Unterlagen angelegte Änderung des Vorhabens und dessen Auswirkungen auf die Umwelt an; eine Änderung ausschließlich der vorgelegten Unterlagen ohne wesentliche Veränderung des geplanten Vorhabens löst das Bedürfnis nach erneuter Beteiligung der Öffentlichkeit im Rahmen des § 9 Abs. 1 Satz 4 UVPG a. F. nicht aus. Die nochmalige Anhörung der Öffentlichkeit scheint insbesondere dann geboten, wenn erst durch die neuen Unterlagen der Anstoß zu zusätzlichen Erkenntnissen über das Vorhaben und seinen zusätzlichen
oder anderen erheblichen Umweltauswirkungen gegeben wird, die sich die Behörde nicht auf andere Weise verschaffen kann (vgl. Wagner in: Hoppe/Beckmann, UVPG Kommentar, 4. Auflage 2012, § 9 Rn. 42). Planänderungen, die lediglich den Aufgabenbereich einer Behörde oder einer Umweltvereinigung oder Belange Dritter erstmals oder stärker als bisher berühren, sind diesen gemäß § 73 Abs. 8 VwVfG mit der Gelegenheit zur Stellungnahme mitzuteilen. Änderungen, die das Gesamtkonzept der Planung und die Identität des Vorhabens berühren und somit zu einem Vorhaben führen, das nach Gegenstand, Art, Größe und Betriebsweise im Wesentlichen andersartig ist, erfordern indes ein vollständiges Anhörungsverfahren mit erneuter Auslegung. Darüber hinaus muss die Öffentlichkeit nach § 9 Abs. 1 Satz 4 UVPG a. F. erneut beteiligt werden, wenn eine nach Gegenstand, Systematik und Ermittlungstiefe neue oder über die bisherigen Untersuchungen wesentlich hinausgehende Prüfung der Umweltbetroffenheiten vorgenommen wird, die für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Vorhabens insgesamt erforderlich ist und ihren Niederschlag in einer neuen entscheidungserheblichen Unterlage über die Umweltauswirkungen des Vorhabens (§ 6 Abs. 1 Satz 1 UVPG a. F.) findet (vgl. BVerwG, Urteil vom 10.11.2016 - 9 A 18.15 -, juris, m. w. N.).

Dies ist hier nicht der Fall, auch wenn die für ein Straßenbauvorhaben erstellte vorhabenbezogene Verkehrsuntersuchung in der Regel einen entscheidungserheblichen Bericht darstellt, der im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung auszulegen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.02.2018 - 9 C 1.17 -, juris). Bei den hier streitigen ergänzenden Verkehrsuntersuchungen aus dem Jahr 2014 und den Variantenbetrachtungen aus dem Jahr 2015 handelt es sich - ebenso wie bei der Machbarkeitsstudie aus dem Jahr 2012 - nicht um neue entscheidungserhebliche Unterlagen über die Umweltauswirkungen des Vorhabens. Sie beschränken sich auf Detailuntersuchungen bzw. Aktualisierungen zu Punkten, die im Wesentlichen bereits Gegenstand der ausgelegten Unterlagen waren. Sie beinhalten insbesondere keine Änderungen, aufgrund deren zusätzliche oder andere erhebliche Umweltauswirkungen zu besorgen sind. Im Hinblick auf Umweltbetroffenheiten gehen sie nicht wesentlich über die in den ausgelegten Unterlagen wiedergegebenen Prüfungen zum Verkehr und zu den Varianten hinaus. Sie verdeutlichen gegenüber der Öffentlichkeit kein mit dem Vorhaben verbundenes Problem, das nicht anhand der ausgelegten Unterlagen genügend erkennbar war, sondern sind ausgerichtet auf die Prüfung und fachliche Beurteilung der durch diese Unterlagen aufgezeigten Probleme. Die erforderliche Anstoßwirkung war bereits durch die ausgelegten Unterlagen gewährleistet.

Die beiden Verkehrsuntersuchungen der H. vom 10. Juni 2014, die ihrerseits auf die Machbarkeitsstudie von AB. aus dem Jahr 2012 Bezug nehmen und deren wesentlichen Inhalt wiedergeben, ergänzen die mit den Planunterlagen ausgelegte „Verkehrsuntersuchung B 441 - Ortsumgehung Wunstorf“ der Dr.-Ing. G. (H.) vom 09. Februar 2009 zum einen um eine Aktualisierung der Datenlage über die aktuelle Verkehrsbelastung auf der B 441 und zum anderen um eine Betrachtung der Logistikflächenentwicklung entlang der K 344 (Adolf-Oesterheld-Straße) und deren verkehrliche Auswirkungen auf die Ortsumgehung Wunstorf. Die beiden Verkehrsuntersuchungen sollen den im Zuge des Beteiligungsverfahrens geltend gemachten Bedenken an dem Verkehrsgutachten Rechnung tragen. Bereits dieser Umstand zeigt, dass die ausgelegte Verkehrsuntersuchung ihre Anstoßwirkung erfüllt hat. Im Ergebnis haben die Verkehrsuntersuchungen aus dem Jahr 2014 - ebenso wie die Machbarkeitsstudie aus dem Jahr 2012 - die Aussagen der „Verkehrsuntersuchung B 441 - Ortsumgehung Wunstorf“ aus dem Jahr 2009 bestätigt. Zusätzliche oder andere erhebliche Umweltauswirkungen sind daher nicht zu besorgen.

Die ergänzenden Unterlagen zur Variantenentscheidung der Vorhabenträgerin und der I. aus dem Mai 2015 stellen lediglich Detailuntersuchungen bzw. Aktualisierungen der vorherigen Variantenuntersuchungen dar, die ihrerseits - insbesondere mit den Darlegungen zum Variantenvergleich in Kapitel 3 des Erläuterungsberichts (Unterlage 1) - bereits Gegenstand der Auslegung waren. Es werden erneut die bereits untersuchten - und in dem ausgelegten Erläuterungsbericht dargestellten - Varianten „Nordumgehung“, „Verlängerte Hochstraße“ und die drei Südvarianten S1, S2 und S3 einer Betrachtung unterzogen. Die Schlussbetrachtung in der „Betrachtung der Varianten für die OU Wunstorf im Zuge der B 441“ der Vorhabenträgerin vom Mai 2015 kommt - erneut - zu dem Ergebnis, dass eine weitergehende Betrachtung der Südvarianten unter den Aspekten Verkehr, Umweltverträglichkeit, städtebauliche Wirkungen und Lärm/Schadstoffe, agrarstrukturelle Wirkung sowie Baukosten verzichtet werden kann. Unter Abwägung der Vor- und Nachteile stelle die Nordumgehung Wunstorf in der Schlussbetrachtung die verkehrlich und städtebaulich verträglichste Lösung dar und bestätige die bisherigen Einschätzungen und Festlegung auf diese Vorzugsvariante. Nach dem Fazit der „Darstellung der Umweltauswirkungen der Variante Verlängerte Hochstraße“ der I. vom Mai 2015 bestätigt die Neubewertung der Umweltauswirkungen die bisherigen Einschätzungen weitgehend.

c)

Selbst wenn man in der unterbliebenen Auslegung der „Umweltverträglichkeitsstudie zur Ortsumgehung Wunstorf im Zuge der B 441“ sowie der ergänzenden Verkehrsuntersuchungen aus den Jahren 2012 und 2014 und der ergänzenden Unterlagen zur Variantenentscheidung aus dem Jahr 2015 einen Verfahrensfehler erblicken wollte, wäre dieser - unterstellte - Verfahrensfehler jedenfalls unbeachtlich.

Es handelt sich bei dem - unterstellen - Verfahrensfehler nicht um einen in § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UmwRG normierten absoluten Verfahrensfehler, sondern um einen relativen Verfahrensfehler nach § 4 Abs. 1a UmwRG.

Ob ein Fehler einen absoluten Verfahrensfehler darstellt, der kausalitätsunabhängig zur Aufhebung der Entscheidung führt, oder ob es sich lediglich um einen relativen Verfahrensfehler handelt, ist eine Frage des Einzelfalls. In § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UmwRG hat der Gesetzgeber die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes in der sog. Altrip-Entscheidung (vgl. EuGH, Urteil vom 07.11.2013 - C-72/12 -, juris) umsetzen wollen. Darin stellt der EuGH fest, dass die Mitgliedstaaten daran gehindert seien, ihre nationalen Vorschriften allein auf die Anfechtung wegen des Unterbleibens einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu beschränken. Der Ausschluss ihrer Anwendbarkeit in dem Fall, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung zwar durchgeführt wurde, aber mit - unter Umständen schwerwiegenden - Fehlern behaftet sei, würde den Be-stimmungen der Richtlinie 85/337/EWG des Rates vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (UVP-Richtlinie a. F.), nunmehr abgelöst durch die Richtlinie 2011/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (UVP-Richtlinie), über die Beteiligung der Öffentlichkeit weitgehend ihre praktische Wirksamkeit nehmen. Es sei Sache des betreffenden Gerichts oder der betreffenden Stelle, u. a. den Grad der Schwere des geltend gemachten Fehlers zu berücksichtigen und dabei insbesondere zu prüfen, ob dieser Fehler der betroffenen Öffentlichkeit eine der Garantien genommen habe, die geschaffen worden seien, um ihr im Einklang mit den Zielen der UVP-Richtlinie Zugang zu Informationen und die Beteiligung am Entscheidungsprozess zu ermöglichen (vgl. EuGH, Urteil vom 07.11.2013 - C-72/12 -, juris; hierauf bezugnehmend: BVerwG, Urteil vom 22.10.2015 - 7 C 15.13 -, juris).

Dies zugrunde gelegt, ist der - unterstellte - Verfahrensfehler der teilweise unterbliebenen Öffentlichkeitsbeteiligung nach Art und Schwere nicht mit den in § 4 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 und 2 UmwRG genannten Fällen vergleichbar (vgl. dazu: BVerwG, Urteil vom 15.02.2018 - 9 C 1.17 -, juris; BVerwG, Urteil vom 09.02.2017 - 7 A 2.15 -, juris; BVerwG, Urteil vom 28.04.2016 - 9 A 9.15 -, juris). Denn Gegenstand des Vorwurfs ist nicht eine gänzlich unterbliebene Öffentlichkeitsbeteiligung im Planfeststellungsverfahren, sondern lediglich ein Beteiligungsdefizit im Hinblick auf einzelne Unterlagen, namentlich hinsichtlich der mehrteiligen „Umweltverträglichkeitsstudie zur Ortsumgehung Wunstorf im Zuge der B 441“ sowie der ergänzenden Verkehrsuntersuchungen aus den Jahren 2012 und 2014 und der ergänzenden Unterlagen zur Variantenentscheidung aus dem Jahr 2015. Es handelt sich um einen - unterstellten - relativen Verfahrensfehler nach § 4 Abs. 1a UmwRG.

Der Gesetzgeber hat in § 4 Abs. 1a UmwRG klargestellt, dass § 46 VwVfG für nicht unter § 4 Abs. 1 UmwRG fallende - relative - Verfahrensfehler weiterhin maßgeblich ist mit der Folge, dass eine Aufhebung eines Verwaltungsakts nicht allein wegen dieses Fehlers beansprucht werden kann, wenn offensichtlich ist, dass der Fehler die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Allerdings hat der Gesetzgeber die nach § 86 VwGO bestehende Pflicht des Gerichts zur Erforschung des Sachverhalts von Amts wegen hervorgehoben, die es im vorliegenden Zusammenhang gebietet, zu untersuchen, ob es offensichtlich ist, dass die angegriffene Entscheidung ohne den vom Kläger geltend gemachten Verfahrensfehler nicht anders ausgefallen wäre. Erkenntnismittel des Gerichts sind die vom Vorhabenträger oder der zuständigen Behörde vorgelegten Beweise sowie die gesamten dem Gericht vorliegenden Akten und Planunterlagen, aber auch sonst erkennbare oder naheliegende Umstände. Erkenntnisziel ist, ob nach den Umständen des Einzelfalls die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne den angenommenen Verfahrensmangel die Entscheidung anders ausgefallen wäre. Eine solche konkrete Möglichkeit besteht immer dann, wenn sich anhand der in Betracht kommenden Erkenntnismittel die Möglichkeit abzeichnet, dass der Verfahrensmangel von Einfluss auf das Ergebnis gewesen sein kann. Schließlich hat der Gesetzgeber die Folgen eines non liquet geregelt. Gelingt es dem Gericht, sich auf der Grundlage der vorliegenden Erkenntnismittel davon zu überzeugen, dass die Entscheidung auch ohne den festgestellten Verfahrensfehler nicht anders ausgefallen wäre, führt der Fehler gemäß § 46 VwVfG weder zur Aufhebung noch zur Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit des Verwaltungsakts. Gelingt ihm diese Überzeugungsbildung nicht, greift die Vermutungsregelung des § 4 Abs. 1a Satz 2 UmwRG, die der Sache nach für den Fall eines non liquet eine materielle Beweislastregel zu Lasten der Behörde enthält (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.02.2018 - 9 C 1.17 -, juris; BVerwG, Urteil vom 21.01.2016 - 4 A 5.14 -, juris).

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, Vorlagebeschluss vom 25.04.2018 - 9 A 16.16 -, juris; BVerwG, Hinweisbeschluss vom 25.04.2018 - 9 A 16.16 -, juris; BVerwG, Beschluss vom 21.06.2016 - 9 B 65.15 -, juris) kommt es in Fällen, in denen - wie hier - ein Beteiligter im Sinne von § 61 Nr. 1 und 2 VwGO als Kläger auftritt, gemäß § 4 Abs. 3 Satz 2 UmwRG zudem auch bei relativen Verfahrensfehlern nach § 4 Abs. 1a UmwRG darauf an, ob ihm selbst die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen worden ist; auf die Verkürzung der Verfahrensrechte anderer Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit kann sich ein solcher Beteiligter dagegen nicht berufen. In der in Bezug genommenen Drucksache (BT-Drucksache 18/5927 S. 10 f.) heißt es: „Der angefügte neue Satz 2 bestimmt, dass Beteiligte nach § 61 Nr. 1 und 2 VwGO die Aufhebung einer Entscheidung nur dann verlangen können, wenn ihnen selbst die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen worden ist. Nicht ausreichend ist insoweit, wenn lediglich einem anderen Mitglied der betroffenen Öffentlichkeit die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen wurde. Ein Aufhebungsanspruch besteht also zum Beispiel dann nicht, wenn eine Auslegung der Unterlagen zwar in einigen von dem Vorhaben betroffenen Gemeinden unterblieben, am Wohnort des Beteiligten aber erfolgt ist.“ In seinem Vorlagebeschluss an den EuGH vom 25. April 2018 (Az. 9 A 16.16, juris) hat das Bundesverwaltungsgericht ausgeführt, dass es die Regelung des § 4 Abs. 3 Satz 2 UmwRG im Hinblick auf die Systementscheidung des deutschen Gesetzgebers zugunsten des subjektiven Rechtsschutzes für konsequent und - aus den näher ausgeführten Gründen - für vereinbar mit Art. 11 Abs. 1 Buchst. b) der UVP-Richtlinie halte. Dem schließt sich der Senat an.

Soweit die Kläger anführen, dass § 4 Abs. 3 Satz 2 UmwRG nur auf § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UmwRG verweise, nicht jedoch auf relative Verfahrensfehler im Sinne des § 4 Abs. 1a UmwRG, trifft dies zwar nach dem Wortlaut zu. Nach der Auffassung des Senats stellt dies aber ein offensichtliches Versehen dar bzw. wird das durch § 4 Abs. 3 Satz 2 UmwRG für Verfahrensfehler im Sinne von § 4 Abs. 1 UmwRG für den Personenkreis nach § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 UmwRG beibehaltene Erfordernis des subjektiv-rechtlichen Bezugs für Verfahrensfehler im Sinne von § 4 Abs. 1a UmwRG als selbstverständlich vorausgesetzt (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 11.09.2018 - 20 D 79/17.AK -, juris). Aus der Gesetzesbegründung (s. o.) ergibt sich eine diesbezügliche Einschränkung auf absolute Verfahrensfehler jedenfalls nicht. Es wäre auch mit dem Sinn und Zweck der Regelung nicht zu vereinbaren, die individualbezogene Beschränkung in § 4 Abs. 3 Satz 2 UmwRG auf die schweren, absoluten Verfahrensfehler zu beschränken, aber nicht auf relative Verfahrensfehler zu erstrecken. Das Bundesverwaltungsgericht wendet § 4 Abs. 3 Satz 2 UmwRG daher - wie dargelegt - auch bei relativen Verfahrensfehlern an.

Dies zugrunde gelegt, ist den Klägern nicht die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess im Sinne des § 4 Abs. 3 Satz 2 UmwRG genommen worden. Sie sind nicht an der Geltendmachung ihrer eigenen Rechte und Interessen gehindert gewesen. Es steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die fehlende Auslegung der „Umweltverträglichkeitsstudie zur Ortsumgehung Wunstorf im Zuge der B 441“ sowie der ergänzenden Verkehrsuntersuchungen aus den Jahren 2012 und 2014 und der ergänzenden Unterlagen zur Variantenentscheidung aus dem Jahr 2015 keinen Einfluss auf die Beteiligung der Kläger am Verwaltungsverfahren hatte. Die Kläger haben umfänglich und wiederholt Einwendungen gegen das Vorhaben erhoben, die sich kritisch mit den Umweltauswirkungen des Vorhabens, der Variantenentscheidung und den Verkehrsuntersuchungen auseinandersetzen. Die ausgelegten Unterlagen haben damit ihre Anstoßwirkung erfüllt. Die Kläger haben - darauf weist die Beklagte zu Recht hin - mit ihrer Klage keine neuen oder weitergehenden Informationen vorgetragen, die zu einer anderen Entscheidung hätten führen können, wenn sie der Beklagten im Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses bekannt gewesen wären. Die Kläger waren damit offensichtlich nicht an der Geltendmachung ihrer eigenen Rechte und Interessen gehindert.

Davon abgesehen steht - unabhängig von § 4 Abs. 3 Satz 2 UmwRG - in Anwendung des § 4 Abs. 1a UmwRG i. V. m. § 46 VwVfG auf der Grundlage der verfügbaren Informationen zur Überzeugung des Senats fest, dass der - unterstellte - Verfahrensfehler die Entscheidung auch in der Sache nicht beeinflusst hat, also die angegriffene Entscheidung ohne den Fehler nicht anders ausgefallen wäre. Die gebotene Auslegung der Verwaltungsakten, der Planunterlagen und des Planfeststellungsbeschlusses führt zu der Überzeugung, dass die unterbliebene Auslegung der „Umweltverträglichkeitsstudie zur Ortsumgehung Wunstorf im Zuge der B 441“ sowie der ergänzenden Verkehrsuntersuchungen aus den Jahren 2012 und 2014 und der ergänzenden Unterlagen zur Variantenentscheidung aus dem Jahr 2015 die Entscheidung in der Sache offensichtlich nicht beeinflusst hat. So finden sich - wie bereits dargelegt - die wesentlichen, noch aktuellen und für das vorliegende Verfahren entscheidungserheblichen Aussagen aus der „Umweltverträglichkeitsstudie zur Ortsumgehung Wunstorf im Zuge der B 441“ in den ausgelegten Planunterlagen wieder. Die ausgelegten Unterlagen haben offensichtlich ihre Anstoßwirkung erfüllt. Es sind nicht nur von den Klägern, sondern auch von der übrigen Öffentlichkeit umfänglich und wiederholt eine Vielzahl von Einwendungen erhoben worden, die sich kritisch mit den Umweltauswirkungen des Vorhabens, der Variantenentscheidung und den Verkehrsuntersuchungen auseinandersetzen. Die Kritikpunkte wurden im Erörterungstermin diskutiert und von der Beklagten geprüft und abgewogen. Unter anderem in Reaktion auf die geübte Kritik hat die Beklagte bzw. die Vorhabenträgerin die ergänzenden Verkehrsuntersuchungen aus dem Jahr 2014 veranlasst, die jedoch die bisherigen Einschätzungen aus der ausgelegten Verkehrsuntersuchung vom 09. Februar 2009 bestätigt haben. Gleiches gilt für die Variantenentscheidung. Die nachträgliche Betrachtung der Varianten aus dem Jahr 2015 hat im Ergebnis zu einer Bestätigung der bisher gefundenen Vorzugsvariante „Nordumgehung“ geführt. Es handelt sich - wie dargelegt - bei den ergänzenden Untersuchungen zum Verkehr und zu den Varianten lediglich um Detailuntersuchungen bzw. Aktualisierungen von Unterlagen, die bereits Gegenstand der Auslegung waren. Es ist auszuschließen, dass eine weitergehende Beteiligung der Öffentlichkeit zu diesen Punkten zusätzliche Gesichtspunkte zur Sprache gebracht hätte, die zu einer weiteren Änderung des Plans oder einer anderen Entscheidung der Beklagten geführt hätten. Vor diesem Hintergrund kann ausgeschlossen werden, dass die Entscheidung ohne den angenommenen Verfahrensfehler anders ausgefallen wäre.

2.

Ein Verfahrensfehler im Sinne des § 4 UmwRG ist des Weiteren nicht im Zusammenhang mit der 4. Planänderung vom 23. September 2015 zu erblicken, die zu einer Änderung der landschaftspflegerischen Planunterlagen und Maßnahmenkartei sowie zu einer Herausnahme des Radwegs Nordrehr aus dem Antrag auf Planfeststellung geführt hat. Entgegen der Auffassung der Kläger konnte die Beteiligung auf die anerkannten Naturschutzvereinigungen beschränkt werden. Es war keine Beteiligung der Kläger oder eine erneue förmliche Öffentlichkeitsbeteiligung notwendig. Ein entsprechendes Erfordernis ergibt sich weder aus § 17 Abs. 1 Satz 3 FStrG in Verbindung mit § 73 VwVfG (dazu unter a)), noch aus § 9 Abs. 1 Satz 4 UVPG a. F. (dazu unter b)). Selbst man in der unterbliebenen Beteiligung der Öffentlichkeit im Zusammenhang mit der 4. Planänderung einen Verfahrensfehler erblicken wollte, wäre dieser - unterstellte Verfahrensfehler nicht beachtlich (dazu unter c)).

a)

Aus § 17 Abs. 1 Satz 3 FStrG, nach dem für das Planfeststellungsverfahren die §§ 72 bis 78 VwVfG nach Maßgabe dieses Gesetzes gelten, in Verbindung mit § 73 VwVfG ergibt sich kein Erfordernis für eine erneute Öffentlichkeitsbeteiligung oder eine Beteiligung der Kläger im Zusammenhang mit der 4. Planänderung. Die Beklagte hat sich zu Recht auf § 73 Abs. 8 Satz 1 VwVfG gestützt, die Beteiligung auf die anerkannten Naturschutzverbände beschränkt und von der Durchführung eines neuen Auslegungs- und Beteiligungsverfahrens nach § 73 Abs. 3 bis 6 VwVfG abgesehen.

Soll ein ausgelegter Plan - wie hier - geändert werden und werden dadurch der Aufgabenbereich einer Behörde oder einer anerkannten Vereinigung oder Belange Dritter erstmals oder stärker als bisher berührt, so ist diesen nach § 73 Abs. 8 Satz 1 VwVfG die Änderung mitzuteilen und ihnen Gelegenheit zu Stellungnahmen und Einwendungen innerhalb von zwei Wochen zu geben. Zweck des § 73 Abs. 8 VwVfG ist es, in verfahrensökonomischer Weise auf die Ergebnisse des Anhörungsverfahrens zu reagieren (vgl. BVerwG, Urteil vom 04.04.2012 - 4 C 8.09 u. a. -, juris). Soll ein bereits ausgelegter Plan geändert werden, erübrigt sich daher grundsätzlich eine erneute Auslegung. Eine Ausnahme gilt dann, wenn die Planänderungen so weitreichend sind, dass sie im Ergebnis zu einem neuen Vorhaben führen (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.03.2009 - 9 A 39.07 -, juris). Davon kann keine Rede sein, wenn das Gesamtkonzept nicht berührt wird bzw. trotz der Änderungen die Identität des Vorhabens gewahrt bleibt (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.01.2004 - 4 A 11.02 -, juris). Die Änderungen dürfen also nicht zu einem Vorhaben führen, das nach Gegenstand, Art, Größe und Betriebsweise im Wesentlichen andersartig ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.08.2009 - 9 A 64.07 -, juris).

Diese Vorgaben sind vorliegend beachtet worden. Die geänderten Unterlagen beschränken sich auf Detailänderungen und eine vertiefte Prüfung von Betroffenheiten, ohne das Gesamtkonzept der Planung zu ändern oder zu grundlegend anderen Beurteilungsergebnissen zu gelangen (vgl. dazu: BVerwG, Urteil vom 18.03.2009 - 9 A 39.07 -, juris). Eine erneute Öffentlichkeitsbeteiligung war daher nicht erforderlich. Zu Recht hat die Beklagte die Beteiligung nach § 73 Abs. 8 Satz 1 VwVfG auf die anerkannten Naturschutzvereinigungen beschränkt; eine Beteiligung der Kläger war nicht erforderlich.

Dies gilt zunächst hinsichtlich der Änderung der landschaftspflegerischen Planunterlagen und Maßnahmenkartei. In den Jahren 2011 bis 2014 wurden verschiedene, ergänzende Kartierungen durchgeführt, unter anderem der Biotope, der Brutvögel und der Fledermäuse. Mit der 4. Planänderung wurden diese Neukartierungen dargestellt. Des Weiteren wurden bei den Kompensationsmaßnahmen kleinere Änderungen bezüglich der Durchführung der Maßnahmen sowie hinsichtlich der Unterhaltung, Lage und Größe der Maßnahmenflächen vorgenommen. Im Wesentlichen wurden verschiedene Maßnahmen konkretisiert bzw. ergänzt (vgl. zur Beschreibung der Änderungen der Planfeststellungsunterlagen: Unterlage 1). Durch diese Änderungen in der landschaftspflegerischen Begleitplanung und dem Maßnahmenkonzept, die das Gesamtkonzept der Planung unberührt lassen und nicht zu grundlegend anderen Beurteilungsergebnissen gelangen, wurde das Erfordernis einer erneuten Öffentlichkeitsbeteiligung nicht hervorgerufen. Einer erneuten Planauslegung bedurfte es daher gemäß § 73 Abs. 8 Satz 1 VwVfG nicht. Vielmehr reichte es aus, den anerkannten Naturschutzvereinigungen zu den Planänderungen, die ihre Belange erstmalig oder verstärkt berührten, Gelegenheit zu Einwendungen zu geben. Die Mitwirkung der Naturschutzvereinigungen ist eine die Behörde bei ihrer Entscheidung unterstützende „Sachverstandspartizipation", die Vollzugsdefiziten im Bereich des Naturschutzes und der Landschaftspflege entgegenwirken soll (vgl. BVerwG, Urteil vom 09.11.2017 - 3 A 4.15 -, juris; BVerwG, Urteil vom 01.04.2015 - 4 C 6.14 -, juris). Belange Dritter, insbesondere der Kläger, werden durch die 4. Planänderung nicht erstmals oder stärker als bisher berührt. In Belangen betroffen werden Dritte zwar nicht nur, wenn die Planänderung einen zusätzlichen Zugriff auf ihre Grundstücke zur Folge hat, sondern auch, wenn die Änderung in nennenswertem Umfang sonstige Nachteile, zum Beispiel Immissionen, für sie erwarten lässt (vgl. Wysk in: Kopp/Ramsauer, VwVfG Kommentar, 19. Auflage 2018, § 73 Rn. 140), wobei allerdings nur die unmittelbaren Folgen der Planänderung selbst berücksichtigt zu werden brauchen (vgl. BVerwG, Urteil vom 08.07.1998 - 11 A 30.97 -, juris). Vorliegend sind solche Nachteile jedoch nicht zu erkennen. Weder kommt es durch die Änderungen in der landschaftspflegerischen Maßnahmenplanung zu erstmaligen oder zusätzlichen Eigentumsinanspruchnahmen, noch sind sonstige Nachteile ersichtlich. Sie werden auch von den Klägern nicht ansatzweise geltend gemacht. Die Kläger stellen allein darauf ab, dass ihnen als durch die Planung in ihrem Eigentum betroffenen Personen eine umfassende Klagebefugnis zustehe, welche die gesamte objektive Rechtmäßigkeit der Planung einschließlich der Naturschutzbelange umfasse, so dass sie zwingend in das Beteiligungsverfahren einzubeziehen gewesen wären. Dem kann nicht gefolgt werden. Der Umstand, dass ihnen im gerichtlichen Verfahren ein Vollüberprüfungsanspruch zusteht, führt nicht automatisch zu einer Betroffenheit ihrer Belange im Sinne des § 73 Abs. 8 Satz 1 VwVfG und damit zu einem Anspruch auf Beteiligung im Verfahren. Vorausgesetzt wird in § 73 VwVfG eine „eigene“ Betroffenheit; verlangt ist, dass eigene Rechte oder schutzwürdige Interessen durch das Vorhaben berührt werden (vgl. Wysk in: Kopp/Ramsauer, VwVfG Kommentar, 19. Auflage 2018, § 73 Rn. 71, m. w. N.). Dies haben die Kläger nicht dargetan.

Auch die im Zuge der 4. Planänderung erfolgte Herausnahme des Radwegs Nordrehr aus dem Antrag auf Planfeststellung hat - entgegen der Auffassung der Kläger - keine erneute Öffentlichkeitsbeteiligung erforderlich gemacht. Die ursprünglichen Planunterlagen hatten noch vorgesehen, dass zwischen der Kernstadt Wunstorf und Klein Heidorn im Zuge der Gemeindestraße Nordrehr ein Radweg mithilfe eines neuen Brückenbauwerks über die geplante Ortsumgehung Wunstorf geführt wird. Nachdem die Beklagte zu der Auffassung gelangt war, dass es sich hierbei nicht um eine notwendige Folgemaßnahme im Sinne des § 75 Abs. 1 VwVfG handelt, wurde diese Maßnahme aus dem Antrag auf Planfeststellung herausgenommen. Dass die Beklagte insoweit auf eine erneute Öffentlichkeitsbeteiligung verzichtet hat, ist nicht zu beanstanden. Denn bei der Herausnahme des Radwegs Nordrehr aus dem Antrag auf Planfeststellung handelt es sich lediglich um eine Detailänderung. Die Identität des Vorhabens „Ortsumgehung Wunstorf“ bleibt gewahrt und das Gesamtkonzept der Planung wird nicht geändert. Ohne dass es noch darauf ankäme, spricht zudem vieles dafür, dass die Beklagte bei einer - unterstellten - Unzuständigkeit für die Radwegüberführung Nordrehr als unzuständige Planfeststellungsbehörde gar nicht über eventuelle Einwendungen gegen die Herausnahme dieses Planungsdetails aus der Gesamtplanung hätte entscheiden können. Die Herausnahme des Radwegs Nordrehr aus der Planung war alternativlos. Die Beklagte ist des Weiteren zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass die Herausnahme des Radwegs Nordrehr aus dem Antrag auf Planfeststellung auch nicht zu einer erstmaligen oder stärkeren Betroffenheit von Belangen Dritter führt, so dass auch eine individuelle Beteiligung, etwa der Kläger, nach § 73 Abs. 8 Satz 1 VwVfG nicht erforderlich war. Da das Brückenbauwerk nicht von landwirtschaftlichen Fahrzeugen genutzt werden darf, ergeben sich zunächst keine nachteiligen Auswirkungen auf den Wirtschaftsweg, der zwischen dem Knotenpunkt Am Hohen Holz und der Überführung Nordrehr nördlich der Ortsumgehung hergestellt werden soll. Die Herausnahme des Radwegs Nordrehr aus dem Antrag auf Planfeststellung führt - entgegen der Auffassung der Kläger - auch nicht zu einer Berührung der Belange einer unbestimmten Zahl davon betroffener Radfahrer, so dass - so die Kläger - zumindest insofern eine erneute förmliche Öffentlichkeitsbeteiligung hätte durchgeführt werden müssen. In enger räumlicher Nähe zu der Radwegüberführung Nordrehr ist eine gesicherte Querung der geplanten Ortsumgehung Wunstorf auf dem Radweg entlang der Straße Am Hohen Holz sowie entlang der Kreisstraße K 331 (Klein Heiddorner Straße) möglich. Genau aus diesem Grund - der großen Nähe der weiteren geplanten Radwegverbindungen - ist der Radweg Nordrehr aus dem Antrag auf Planfeststellung herausgenommen worden, da es sich nicht um eine notwendige Folgemaßnahme handelt. Radfahrer werden aufgrund der nach wie vor in großer Nähe bestehenden gesicherten Querungsmöglichkeiten nicht in ihren Belangen betroffen. Soweit die Kläger darauf hinweisen, dass die Radfahrer - auch bei dem Bestehen weiterer Radwegverbindungen - zumindest Umwege in Kauf nehmen müssten, handelt es sich jedenfalls nicht um eine wesentliche bzw. erhebliche nachteilige Änderung (vgl. zu diesem Erfordernis: Neumann/Külpmann in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG Kommentar, 9. Auflage 2018, § 73 Rn. 137; a. A.: Wysk in: Kopp/Ramsauer, VwVfG Kommentar, 19. Auflage 2018, § 73 Rn. 140). Unabhängig davon ist eine erstmalige oder stärkere Betroffenheit in Belangen von Radfahrern auch deshalb ausgeschlossen, weil der Radweg Nordrehr im Ergebnis nicht ersatzlos entfallen ist. Zwar ist er nicht mehr Bestandteil des Planfeststellungsantrags für die Ortsumgehung Wunstorf. Allerdings hat die Beklagte in Abstimmung mit der beigeladenen Stadt Wunstorf und der für die Genehmigung dieses Bauwerks zuständigen Planfeststellungsbehörde bei der Region Hannover vereinbart, dass ein gesondertes Plangenehmigungsverfahren von dort weiterverfolgt wird. Dementsprechend hat die beigeladene Stadt Wunstorf bereits mit Schreiben vom 18. Juni 2015 eine Plangenehmigung für den Bau des Radwegs Nordrehr in unveränderter Lage und Dimensionierung bei der Region Hannover beantragt. Nach - von den Klägern nicht bestrittener - Mitteilung der dortigen Planfeststellungsbehörde aus dem Juli 2015 an die Beklagte sollte die Plangenehmigung in engem zeitlichen Zusammenhang mit dem Erlass des Planfeststellungsbeschlusses für die Ortsumgehung Wunstorf erfolgen. Tatsächlich wurde der Plan für die Überführung des Radwegs Nordrehr über die Bundesstraße 441 (neu) der Ortsumgehung Wunstorf am 17. Februar 2017 von der Region Hannover genehmigt. Der Bürgermeister der beigeladenen Stadt Wunstorf hat in der mündlichen Verhandlung am 14. August 2019 versichert, dass der Radweg Nordrehr, so wie er geplant sei, auch tatsächlich gebaut werde. Dies habe auch schon zum Zeitpunkt der Planfeststellung festgestanden und sei so gegenüber der Beklagten kommuniziert worden. Vor diesem Hintergrund durfte die Beklagte - auch schon im Zeitpunkt der 4. Planänderung im September 2015 - hinreichend sicher davon ausgehen, dass der Radweg Nordrehr hergestellt wird und dass es insoweit zu keinerlei nachteiligen Änderungen für Radfahrer kommt. Eine erneute Öffentlichkeitsbeteiligung war damit entbehrlich.

b)

Auch aus § 9 Abs. 1 Satz 4 UVPG a. F., der § 73 Abs. 8 VwVfG und entsprechende fachgesetzliche Regelungen zur Änderung von Unterlagen im laufenden Verfahren ergänzt (vgl. Wagner in: Hoppe/Beckmann, UVPG Kommentar, 4. Auflage 2012, § 9 Rn. 42), ergibt sich kein Erfordernis für eine erneute Öffentlichkeitsbeteiligung oder eine Beteiligung der Kläger im Zusammenhang mit der 4. Planänderung.

Planänderungen zwischen der Auslegung der Planunterlagen und dem Erlass des Planfeststellungsbeschlusses erfordern nicht in jedem Fall die Wiederholung eines vorausgegangenen Anhörungsverfahrens im Sinne des § 73 VwVfG. Eine erneute Öffentlichkeitsbeteiligung ist nach § 9 Abs. 1 Satz 4 UVPG a. F. grundsätzlich nur dann durchzuführen, wenn aus Änderungen der nach § 6 UVPG a. F. erforderlichen Unterlagen ersichtlich ist, dass im Vergleich zu den ausgelegten Planunterlagen zusätzliche oder andere erhebliche Umweltauswirkungen zu besorgen sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 09.11.2017 - 3 A 4.15 -, juris; BVerwG, Urteil vom 29.06.2017 - 3 A 1.16 -, juris). Wie bereits dargelegt, muss die Öffentlichkeit nach § 9 Abs. 1 Satz 4 UVPG a. F. insbesondere dann erneut beteiligt werden, wenn eine nach Gegenstand, Systematik und Ermittlungstiefe neue oder über die bisherigen Untersuchungen wesentlich hinausgehende Prüfung der Umweltbetroffenheiten vorgenommen wird, die für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Vorhabens insgesamt erforderlich ist und ihren Niederschlag in einer neuen entscheidungserheblichen Unterlage über die Umweltauswirkungen des Vorhabens findet (vgl. BVerwG, Urteil vom 10.11.2016 - 9 A 18.15 -, juris, m. w. N.).

Vorliegend sind aufgrund der 4. Planänderung keine zusätzlichen oder anderen erheblichen Umweltauswirkungen zu besorgen gewesen, die eine erneute Öffentlichkeitsbeteiligung notwendig gemacht hätten. Die geänderten Unterlagen beschränken sich - wie bereits ausgeführt - auf Detailänderungen und eine vertiefte Prüfung von Betroffenheiten, ohne das Gesamtkonzept der Planung zu ändern oder zu grundlegend anderen Beurteilungsergebnissen zu gelangen.

Dies gilt zunächst hinsichtlich der Änderung der landschaftspflegerischen Planunterlagen und Maßnahmenkartei. Neben der Darstellung der in den Jahren 2011 bis 2014 erfolgten Neukartierungen wurden im Wesentlichen verschiedene Maßnahmen konkretisiert bzw. ergänzt. Die durch die 4. Planänderung aktualisierten landschaftspflegerischen Unterlagen waren ihrerseits bereits Gegenstand der vorangegangenen Auslegung und haben ihre Anstoßwirkung entfaltet. Unabhängig davon, ob durch die Aktualisierung der landschaftspflegerischen Unterlagen und die kleineren Änderungen der landschaftspflegerischen Maßnahmen überhaupt zusätzliche oder andere erhebliche Umweltauswirkungen zu besorgen sind, was aus der Sicht des Senats zweifelhaft ist, ist es nicht zu beanstanden, dass die Beklagte sich insoweit auf eine Beteiligung der anerkannten Naturschutzvereinigungen beschränkt hat, denen insoweit der notwendige Sachverstand zukommt. Denn auch im Anwendungsbereich des § 9 Abs. 1 Satz 4 UVPG a. F. ist eine Beschränkung der Anhörung auf erkennbar zusätzlich Betroffene - trotz des insoweit nicht ergiebigen Wortlauts - zulässig (vgl. Wagner in: Hoppe/Beckmann, UVPG Kommentar, 4. Auflage 2012, § 9 Rn. 42).

Auch durch die im Zuge der 4. Planänderung erfolgte Herausnahme des Radwegs
Nordrehr aus dem Antrag auf Planfeststellung waren keine zusätzlichen oder anderen erheblichen Umweltauswirkungen zu besorgen. Es handelt sich lediglich um eine Detailänderung. Wenn überhaupt, hat die Herausnahme des Radwegs Nordrehr aus dem Planfeststellungsantrag, d. h. die Reduzierung des Vorhabens, zu einer Verringerung des Eingriffs in Natur und Landschaft geführt.

c)

Selbst man in der unterbliebenen Beteiligung der Öffentlichkeit im Zusammenhang mit der 4. Planänderung einen Verfahrensfehler erblicken wollte, wäre dieser - unterstellte - Verfahrensfehler nicht beachtlich.

Es handelt sich bei dem - unterstellen - Verfahrensfehler nicht um einen in § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UmwRG normierten absoluten Verfahrensfehler, sondern um einen relativen Verfahrensfehler nach § 4 Abs. 1a UmwRG. Denn der - unterstellte - Verfahrensfehler der teilweise unterbliebenen Öffentlichkeitsbeteiligung ist nach Art und Schwere nicht mit den in § 4 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 und 2 UmwRG genannten Fällen vergleichbar (vgl. dazu: BVerwG, Urteil vom 15.02.2018 - 9 C 1.17 -, juris; BVerwG, Urteil vom 09.02.2017 - 7 A 2.15 -, juris; BVerwG, Urteil vom 28.04.2016 - 9 A 9.15 -, juris). Gegenstand des Vorwurfs ist nicht eine gänzlich unterbliebene Öffentlichkeitsbeteiligung im Planfeststellungsverfahren, die - unstreitig - sogar mehrfach durchgeführt worden ist, sondern lediglich ein Beteiligungsdefizit im Hinblick auf die 4. Planänderung.

Es steht in Anwendung des § 4 Abs. 1a UmwRG i. V. m. § 46 VwVfG auf der Grundlage der verfügbaren Informationen zur Überzeugung des Senats fest, dass der - unterstellte - Verfahrensfehler der unterbliebenen Öffentlichkeitsbeteiligung im Zusammenhang mit der 4. Planänderung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat, also die angegriffene Entscheidung ohne den Fehler nicht anders ausgefallen wäre. Dies gilt sowohl hinsichtlich der Änderung der landschaftspflegerischen Planunterlagen und Maßnahmenkartei als auch mit Blick auf die Herausnahme des Radwegs Nordrehr aus dem Antrag auf Planfeststellung.

Die Überarbeitung der landschaftspflegerischen Unterlagen und die Änderung der landschaftspflegerischen Maßnahmen trägt unter anderem der im bisherigen Beteiligungsverfahren vorgebrachten Kritik bzw. den Hinweisen und Anmerkungen der Öffentlichkeit Rechnung. Aufgrund der im Zuge der 4. Planänderung erfolgten Beteiligung der anerkannten Naturschutzvereinigungen sind angesichts des diesen zur Verfügung stehenden Sachverstands zudem alle zusätzlichen Gesichtspunkte zur Sprache gekommen (vgl. BVerwG, Urteil vom 09.02.2017 - 7 A 2.15 -, juris). Es ist auszuschließen, dass eine weitergehende Beteiligung der Öffentlichkeit zu diesen Punkten zusätzliche Gesichtspunkte zur Sprache gebracht hätte, die zu einer weiteren Änderung des Plans oder einer anderen Entscheidung der Beklagten geführt hätten. Vor diesem Hintergrund kann ausgeschlossen werden, dass die Entscheidung ohne den angenommenen Verfahrensfehler anders ausgefallen wäre.

Die Herausnahme des Radwegs Nordrehr aus dem Antrag auf Planfeststellung ist erfolgt, nachdem die Beklagte zu der Auffassung gelangt war, dass es sich hierbei nicht um eine notwendige Folgemaßnahme im Sinne des § 75 Abs. 1 VwVfG handelt. Es ist auszuschließen, dass eine umfassende Beteiligung der Öffentlichkeit zu diesem Punkt zu einer Änderung des Plans oder zu einer anderen Entscheidung des Plans geführt hätte. Da sich die Beklagte für die Radwegüberführung Nordrehr nicht als zuständige Planfeststellungsbehörde angesehen hat, wäre es ihr verwehrt gewesen, über eventuelle Einwendungen gegen die Herausnahme dieses Planungsdetails aus der Gesamtplanung zu entscheiden. Im Übrigen war das Thema der Erforderlichkeit der Radwegverbindung Gegenstand des bisherigen Beteiligungsverfahrens und insbesondere auch Inhalt von Gesprächen mit der Stadt Wunstorf. Es ist auszuschließen, dass durch eine weitergehende Beteiligung zusätzliche Gesichtspunkte zur Sprache gekommen wären. Schließlich ist auch insoweit zu berücksichtigen, dass der Radweg Nordrehr im Ergebnis nicht ersatzlos entfallen ist. Zwar ist er nicht mehr Bestandteil des Planfeststellungsantrags für die Ortsumgehung Wunstorf. Allerdings hat die beigeladene Stadt Wunstorf mit Schreiben vom 18. Juni 2015 eine Plangenehmigung für den Bau des Radwegs Nordrehr in unveränderter Lage und Dimensionierung bei der Region Hannover beantragt; der Plan wurde am 17. Februar 2017 von der Region Hannover genehmigt. Bereits im Zeitpunkt der Planfeststellung stand für die Beklagte - wie dargelegt - hinreichend sicher fest, dass und wie der Radweg Nordrehr durch die beigeladene Stadt Wunstorf gebaut wird. Auch vor diesem Hintergrund kann ausgeschlossen werden, dass die Entscheidung ohne den angenommenen Verfahrensfehler anders ausgefallen wäre.

3.

Soweit die Kläger einen Verfahrensfehler im Zusammenhang mit der Auslegung des „Fachbeitrags Wasserrahmenrichtlinie (WRRL)“ vom 06. September 2016 geltend machen, ist dieser Vortrag außerhalb der gesetzlichen Klagebegründungsfrist erfolgt und kann daher keine Berücksichtigung finden.

Die Kläger haben erstmals in der mündlichen Verhandlung am 14. August 2019 vorgetragen, dass auch in Bezug auf die Auslegung des wasserrechtlichen Fachbeitrags formelle Bedenken bestünden. Der Inhalt des Wasserkörperdatenblatts mit dem Stand 2015 habe sich aus den ausgelegten Unterlagen nicht ergeben; das Wasserkörperdatenblatt sei nicht mit ausgelegt worden. Dies sei relevant, da sich die Einstufung der Westaue gegenüber dem Wasserkörperdatenblatt aus dem Jahr 2012 geändert habe. Der diesbezügliche Vortrag der Kläger ist außerhalb der hier anwendbaren gesetzlichen Klagebegründungsfrist des § 6 UmwRG in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. August 2017, geändert durch Gesetz vom 17. Dezember 2018, erfolgt und kann bereits deshalb keine Berücksichtigung finden.

§ 6 UmwRG in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. August 2017, geändert durch Gesetz vom 17. Dezember 2018, ist anzuwenden, obwohl die Vorschrift erst nach Rechtshängigkeit der Klage wirksam geworden ist. Die Überleitungsvorschrift des § 8 Abs. 1 Satz 2 UmwRG sieht ausdrücklich vor, dass § 6 UmwRG für Rechtsbehelfe gilt, die nach dem 28. Januar 2013 erhoben worden sind (vgl. dazu auch Happ in: Eyermann, VwGO Kommentar, 15. Auflage 2019, § 6 UmwRG Rn. 1). Darunter fällt die vorliegende Klage, die im April 2017 erhoben worden ist.

Die Klagebegründungsfrist des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes ist auch vorrangig gegenüber früheren fachgesetzlichen Klagebegründungsfristen - hier § 17e Abs. 5 FStrG a. F. - anzuwenden. Der Gesetzgeber beabsichtigte mit der Einfügung des § 6 UmwRG eine einheitliche und abschließende Regelung für alle Rechtsbehelfe im Geltungsbereich dieses Gesetzes (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.11.2018 - 9 A 8.17 -, juris; Urteil des Senats vom 28.08.2018 - 7 KS 108/16 -, juris). § 17e Abs. 5 FStrG in der ab dem 07. Dezember 2018 geltenden Neufassung (n. F.), der bestimmt, dass § 6 UmwRG nicht anzuwenden ist, beansprucht hingegen mangels einer der dem § 8 Abs. 1 UmwRG entsprechenden Überleitungsvorschrift keine Geltung für die im April 2017 erhobene Klage. Er stimmt inhaltlich aber auch mit § 6 UmwRG überein, so dass sich insoweit keine Differenzen ergeben.

Gemäß § 6 Satz 1 UmwRG hat eine Person oder eine Vereinigung im Sinne des § 4 Abs. 3 Satz 1 innerhalb einer Frist von zehn Wochen ab Klageerhebung die zur Begründung ihrer Klage gegen eine Entscheidung im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 oder gegen deren Unterlassen dienenden Tatsachen und Beweismittel anzugeben. Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf dieser Frist vorgebracht werden, sind nach § 6 Satz 2 UmwRG nur zuzulassen, wenn die Voraussetzung nach § 87b Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO erfüllt ist, d. h. wenn der Beteiligte die Verspätung genügend entschuldigt. § 87b Abs. 3 Satz 2 und 3 VwGO gilt gemäß § 6 Satz 3 UmwRG entsprechend, d. h. der Entschuldigungsgrund ist auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen und eine Zurückweisung von Erklärungen und Beweismitteln ist nicht möglich, wenn es mit geringem Aufwand möglich ist, den Sachverhalt auch ohne Mitwirkung des Beteiligten zu ermitteln. Auf die Frage, ob eine Zulassung verspäteten Vorbringens das Verfahren konkret verzögern würde (vgl. § 87b Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO), kommt es hingegen nicht an (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.11.2018 - 9 A 8.17 -, juris). Die Frist nach § 6 Satz 1 UmwRG kann nach § 6 Satz 4 UmwRG (nur) dann auf Antrag verlängert werden, wenn die Person oder die Vereinigung in dem Verfahren, in dem die angefochtene Entscheidung ergangen ist, keine Möglichkeit der Beteiligung hatte.

Der Zweck des § 6 UmwRG besteht darin, zur Straffung des Gerichtsverfahrens beizutragen, indem der Prozessstoff zu einem frühen Zeitpunkt handhabbar gehalten wird. Schon innerhalb der Begründungsfrist hat der Kläger grundsätzlich den Prozessstoff festzulegen. Damit soll für das Gericht und die übrigen Beteiligten klar und unverwechselbar feststehen, unter welchen tatsächlichen Gesichtspunkten eine behördliche Entscheidung angegriffen wird, was späteren lediglich vertiefenden Tatsachenvortrag nicht ausschließt. Beweismittel für einen späteren förmlichen Beweisantrag sind innerhalb der Klagebegründungsfrist bereits anzugeben. Insgesamt soll nach dem Wegfall der aus dem Verwaltungsverfahren in den Prozess hineinwirkenden materiellen Präklusion (§ 73 Abs. 4 Satz 3 VwVfG; vgl. § 7 Abs. 4 UmwRG) verhindert werden, dass in einem späten Stadium des gerichtlichen Verfahrens neuer Tatsachenvortrag erfolgt, auf den die übrigen Beteiligten und das Gericht nicht mehr angemessen reagieren können (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.11.2018 - 9 A 8.17 -, juris, m. w. N.).

Über die Klagebegründungsfrist ist nicht nach § 58 VwGO zu belehren. Zwar betrifft dann, wenn das Gesetz zwischen der Einlegung und der Begründung eines Rechtsmittels unterscheidet, die Belehrungspflicht beide Stufen. Anders etwa als die Berufungs- und Revisionsbegründungsfrist wird die Klagebegründungsfrist des § 6 UmwRG aber nicht mit der Zustellung der angefochtenen Entscheidung in Gang gesetzt, sondern läuft als selbstständige Frist ab Klageerhebung. Sie ist zudem im Gegensatz zu den beiden vorgenannten Rechtsmittelbegründungsfristen nicht als Sachurteilsvoraussetzung ausgestaltet, sondern als prozessuale Präklusionsvorschrift für Tatsachen und Beweisantritte. Über die Möglichkeit der Zurückweisung verspäteten Vortrags ist schließlich auch nicht nach § 87b Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 VwGO zu belehren. Dies hat der Gesetzgeber in § 6 Satz 2 UmwRG durch die Beschränkung des Verweises auf § 87b Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO ausdrücklich bestimmt (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.11.2018 - 9 A 8.17 -, juris, m. w. N.).

Vorliegend haben die Kläger am 12. April 2017 Klage erhoben. Ihr Vortrag in der mündlichen Verhandlung vom 14. August 2019, mit dem sie erstmals einen Verfahrensfehler im Zusammenhang mit der Auslegung des „Fachbeitrags Wasserrahmenrichtlinie (WRRL)“ vom 06. September 2016 geltend gemacht und die Nichtauslegung des Wasserkörperdatenblatts mit dem Stand 2015 gerügt haben, ist deutlich außerhalb der zehnwöchigen Klagebegründungsfrist des § 6 Satz 1 UmwRG erfolgt. Es handelt sich dabei auch nicht lediglich um eine Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens. Mit ihrer Klagebegründung haben die Kläger Verfahrensfehler lediglich im Zusammenhang mit der Nichtauslegung der „Umweltverträglichkeitsstudie zur Ortsumgehung Wunstorf im Zuge der B 441“ der I. aus den Jahren 1994 bis 1999, den ergänzenden Unterlagen zur Variantenentscheidung aus dem Jahr 2015 sowie der ergänzenden Verkehrsuntersuchung aus dem Jahr 2014 und im Zusammenhang mit der 4. Planänderung geltend gemacht. Im Zusammenhang mit der Auslegung des „Fachbeitrags Wasserrahmenrichtlinie (WRRL)“ vom 06. September 2016 haben die Kläger im Rahmen der zehnwöchigen Klagebegründungsfrist keine Verfahrensfehler geltend gemacht.

Die Kläger haben die Verspätung auch nicht genügend entschuldigt im Sinne des § 6 Satz 2 UmwRG in Verbindung mit § 87b Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO. Soweit sie geltend machen, das Wasserkörperdatenblatt mit dem Stand 2015 sei erst im Klageverfahren von der Beklagten vorgelegt worden und sie hätten daher erst jetzt dazu vortragen können, überzeugt dies bereits deshalb nicht, weil die Rüge der fehlenden Auslegung des Wasserkörperdatenblatts auch schon im Rahmen der zehnwöchigen Klagebegründungsfrist und ohne Kenntnis des Inhalts des Wasserkörperdatenblatts hätte erfolgen können. Selbst wenn man den Klägern jedoch zuzugestehen wollte, dass ein Vortrag zum Wasserkörperdatenblatt mit dem Stand 2015 innerhalb der Klagebegründungsfrist nicht möglich war, sondern ein Vortrag erst nach Vorlage des Wasserkörperdatenblatts durch die Beklagte im gerichtlichen Verfahren erfolgen konnte, führt dies nicht zu einer Berücksichtigungsfähigkeit ihres diesbezüglichen Vorbringens. Der Auffassung der Kläger, nach Ablauf der Klagebegründungsfrist gebe es keine weiteren Fristen, die von ihnen zu beachten seien, und es stehe ihnen frei, die während der Klagebegründungsfrist noch nicht bekannte Tatsache „zu jedem späteren Zeitpunkt des Verfahrens in das Verfahren einzubringen“, überzeugt erkennbar nicht. Eine solche Sichtweise widerspricht eklatant dem Sinn und Zweck der Klagebegründungsfrist, zu einer Straffung des Gerichtsverfahrens beizutragen. Kann während der Klagebegründungsfrist aus Gründen, die nicht in der Sphäre der Kläger liegen, nicht vorgetragen werden, ist ein verspätetes Vorbringen lediglich bis zu dem Zeitpunkt entschuldigt, in dem ein Vortrag möglich und zumutbar geworden ist. Vorliegend hat die Beklagte das Wasserkörperdatenblatt mit dem Stand 2015 im gerichtlichen Verfahren mit Schriftsatz vom 14. August 2017 vorgelegt. Bis zu diesem Zeitpunkt war die Verspätung des Vorbringens der Kläger entschuldigt. Die Entschuldigung der Verspätung erstreckt sich aber nur auf einen angemessenen Zeitraum nach der Vorlage des Wasserkörperdatenblatts. Der streitige Vortrag der Kläger ist erst im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 14. August 2019 erfolgt. Jedenfalls diese Verspätung haben die Kläger nicht genügend entschuldigt.

Ihr diesbezügliches Vorbringen kann daher vorliegend keine Berücksichtigung finden, zumal es nicht mit geringem Aufwand möglich ist, den Sachverhalt auch ohne Mitwirkung des Beteiligten zu ermitteln, vgl. § 6 Satz 3 UmwRG in Verbindung mit § 87b Abs. 3 Satz 3 VwGO. Als Ausdruck des Verhältnismäßigkeitsprinzips stellt das Tatbestandsmerkmal der eigenen Ermittlungsmöglichkeiten klar, dass sich selbst bei einer Verfahrensverzögerung die Amtsermittlungsmaxime gegenüber der Beschleunigungsmaxime durchsetzt, wenn es dem Gericht ohne nennenswerten sachlichen, finanziellen oder auch zeitlichen Aufwand offen steht, die entscheidungserheblichen Umstände festzustellen. Ist hierfür das Studium umfangreichen schriftsätzlichen Vortrags oder das Durchsuchen von Verwaltungsakten nach entsprechenden Tatsachen und Erklärungen erforderlich, ist der Aufwand nicht mehr als gering zu bezeichnen (vgl. Jacob in: Gärditz, VwGO Kommentar, 2. Auflage 2018, § 87b Rn. 28; BVerwG, Urteil vom 18.02.1998 - 11 A 6.97 -, juris). Dies ist hier der Fall. Die Aufklärung, zu welchem Zeitpunkt das aktualisierte Wasserkörperdatenblatt veröffentlicht wurde und welche Unterlagen ausgelegt wurden, ob es sich bei der gerügten Nichtauslegung des Wasserkörperdatenblatts mit dem Stand 2015 um einen Verfahrensfehler oder um eine Frage der Richtigkeit der materiellen Beurteilung handelt und ob dieser - unterstellte - relative Verfahrensfehler beachtlich ist, d. h. die Entscheidung in der Sache beeinflusst hat, würde eine nähere Prüfung auf der Grundlage einer Sichtung der Verwaltungsakten nach entsprechenden Tatsachen erforderlich machen. Dieser Aufwand ist nicht mehr als gering zu bezeichnen.

Das diesbezügliche Vorbringen der Kläger ist auch dann zurückzuweisen, wenn man - trotz der ausdrücklichen Überleitungsvorschrift des § 8 Abs. 1 Satz 2 UmwRG - Zweifel an der Anwendbarkeit des § 6 UmwRG haben sollte.

Für eine Anwendbarkeit der erst nach Rechtshängigkeit der Klage wirksam gewordenen Neufassung des § 6 UmwRG sprechen neben der Überleitungsvorschrift zwar auch die Grundsätze des intertemporalen Prozessrechts, nach denen eine Änderung des Verfahrensrechts grundsätzlich auch bereits anhängige Rechtsmittelverfahren erfasst (vgl. BVerfG, Beschluss vom 07.07.1992 - 2 BvR 1631/90, 2 BvR 1728/90 -, juris; Happ in: Eyermann, VwGO Kommentar, 15. Auflage 2019, § 6 UmwRG Rn. 1). Allerdings kann der im Rechtsstaatsprinzip wurzelnde Schutz des Vertrauens eines Rechtsmittelführers in die nach Maßgabe dieser Grundsätze gewährleistete Rechtsmittelsicherheit gebieten, dass eine nachträgliche Beschränkung von Rechtsmitteln beim Fehlen abweichender Bestimmungen nicht zu einer Verschärfung der Zulässigkeitsvoraussetzungen des Rechtsmittels führt (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.01.2016 - 4 A 5.14 -, juris). Insoweit ist zu berücksichtigen, dass die Neufassung des § 6 UmwRG zwar einerseits die Klagebegründungsfrist auf zehn Wochen ab Klageerhebung verlängert hat, andererseits aber die Rechtsfolgen verschärft hat. Nach Fristablauf vorgebrachte Erklärungen und Beweismittel sind ungeachtet einer Verzögerung nur noch zuzulassen, wenn die Verspätung genügend entschuldigt ist. Vor dem Hintergrund dieser - zumindest teilweisen - Verschärfung - könnten sich Probleme mit einer rückwirkenden Anwendung ergeben (offenlassend: BVerwG, Urteil vom 06.09.2018 - 3 A 15.15 -, juris).

Dem braucht vorliegend nicht weiter nachgegangen zu werden. Da § 6 UmwRG in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. August 2017 am 29. Juli 2017 in Kraft getreten ist, konnten die Kläger zumindest ab diesem Zeitpunkt kein Vertrauen mehr in die alte Rechtslage haben; zuvor galt in der Zeit vom 02. Juni bis zum 28. Juli 2017 zudem bereits § 6 UmwRG in der Fassung vom 29. Mai 2017, der mit der Neufassung der Bekanntmachung vom 23. August 2017 identisch ist. Die Kläger konnten sich danach noch während des Laufs der Zehnwochenfrist des § 6 UmwRG auf die Anforderungen der Vorschrift einstellen. Der Vortrag der Kläger aus dem August 2019 muss sich daher auch unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten an der neuen Rechtslage messen lassen.

Schließlich ist ihr Vortrag aber auch dann als verspätet zurückzuweisen, wenn man § 6 UmwRG in der im August 2017 gefassten und im Dezember 2018 erneut geänderten Neufassung nicht für anwendbar halten sollte. Denn anwendbar wäre dann § 4a Abs. 1 UmwRG in der bis zum 01. Juni 2017 geltenden Fassung vom 08. April 2013 (a. F.). § 4a Abs. 1 UmwRG a. F. ist - entgegen der Auffassung der Kläger - gemäß § 4a Abs. 4 UmwRG a. F. auf die Kläger - und nicht nur auf Umweltverbände - anwendbar. Denn die Absätze 1 bis 3 gelten danach auch für gerichtliche Rechtsbehelfe von Beteiligten nach § 61 Nummer 1 und 2 VwGO. Selbst wenn man mit den Klägern nicht § 4a Abs. 1 UmwRG a. F., sondern § 17e Abs. 5 FStrG a. F. für anwendbar halten wollte, änderte dies an dem Ergebnis nichts, da die beiden Vorschriften einen übereinstimmenden Wortlaut haben. Nach § 4a Abs. 1 Satz 1 UmwRG a. F. hat der Kläger innerhalb einer Frist von sechs Wochen die zur Begründung seiner Klage gegen eine Entscheidung im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 oder deren Unterlassen dienenden Tatsachen und Beweismittel anzugeben. § 87b Abs. 3 VwGO gilt nach Satz 2 der Vorschrift entsprechend. Nach § 87b Abs. 3 Satz 1 VwGO kann das Gericht Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf dieser Frist vorgebracht werden, zurückweisen und ohne weitere Ermittlungen entscheiden, wenn 1. ihre Zulassung nach der freien Überzeugung des Gerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde und 2. der Beteiligte die Verspätung nicht genügend entschuldigt und 3. der Beteiligte über die Folgen einer Fristversäumung belehrt worden ist. Der Entschuldigungsgrund ist nach § 87b Abs. 3 Satz 2 VwGO auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen. Satz 1 gilt nach § 87b Abs. 3 Satz 3 VwGO nicht, wenn es mit geringem Aufwand möglich ist, den Sachverhalt auch ohne Mitwirkung des Beteiligten zu ermitteln.

Der Vortrag der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 14. August 2019, mit dem sie erstmals einen Verfahrensfehler im Zusammenhang mit der Auslegung des „Fachbeitrags Wasserrahmenrichtlinie (WRRL)“ vom 06. September 2016 geltend gemacht und die Nichtauslegung des Wasserkörperdatenblatts mit dem Stand 2015 gerügt haben, ist erst deutlich außerhalb der sechswöchigen Klagebegründungsfrist des § 4a Abs. 1 Satz 1 UmwRG a. F. (bzw. § 17e Abs. 5 FStrG a. F.) bei Gericht eingegangen. Die Voraussetzungen des § 87b Abs. 3 VwGO, auf die § 4a Abs. 1 Satz 2 UmwRG a. F. Bezug nimmt, sind erfüllt. Die Kläger sind in dem Planfeststellungsbeschluss über die Folgen einer Fristversäumung belehrt worden (vgl. Seite 324 des Planfeststellungsbeschlusses), sie haben die Verspätung - wie dargelegt - nicht genügend entschuldigt und die Zulassung ihres Vorbringens würde nach der freien Überzeugung des Senats die Erledigung des Rechtsstreits verzögern. Ob die Versäumung der Klagebegründungsfrist den Rechtstreit verzögert, beurteilt sich danach, ob der Prozess bei Zulassung des verspäteten Vorbringens länger dauern würde als bei dessen Zurückweisung (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.02.1998 - 11 A 6.97 -, juris). Dies ist hier der Fall. Die Aufklärung, ob es sich bei der gerügten Nichtauslegung des Wasserkörperdatenblatts mit dem Stand 2015 um einen Verfahrensfehler oder um eine Frage der Richtigkeit der materiellen Beurteilung handelt und ob dieser - unterstellte - relative Verfahrensfehler beachtlich ist, d. h. die Entscheidung in der Sache beeinflusst hat, würde nach der freien Überzeugung des Senats eine weitere Prüfung erfordern, die in der Kürze der Zeit - das Vorbringen der Kläger ist erst in der mündlichen Verhandlung erfolgt - nicht zu leisten gewesen ist. Die Prüfung hätte auch unter Berücksichtigung, dass der Senat für die mündliche Verhandlung mehrere Sitzungstermine anberaumt hat, eine Vertagung des Rechtsstreits erforderlich gemacht und damit die Erledigung des Rechtsstreits verzögert. Wie bereits dargelegt, ist es auch nicht mit geringem Aufwand möglich, den Sachverhalt auch ohne Mitwirkung des Beteiligten zu ermitteln (§ 87b Abs. 3 Satz 3 VwGO). Der Senat übt sein Ermessen nach § 87b Abs. 3 VwGO aus diesem Grund dahingehend aus, das diesbezügliche Vorbringen der Kläger zurückzuweisen.

Im Übrigen dürfte nach einer kursorischen Prüfung des Senats aber auch insoweit kein Verfahrensfehler vorliegen. Das angepasste offizielle Wasserkörperdatenblatt mit dem Stand 2015 war zum Zeitpunkt der Erstellung des „Fachbeitrags Wasserrahmenrichtlinie (WRRL)“ und seiner Auslegung nach dem Vortrag der Beklagten noch nicht veröffentlicht und konnte daher - nach den dem Senat derzeit vorliegenden Erkenntnissen - auch nicht ausgelegt werden. Die Beklagte hatte die maßgeblichen Informationen lediglich vorab vom NLWKN per E-Mail vom 30. August 2016 erhalten (vgl. Seite 10 des „Fachbeitrags Wasserrahmenrichtlinie (WRRL)“). Der Umstand, dass die Beklagte die Bewertung des Oberflächenwasserkörpers in der Sache voraussichtlich nicht richtig aktualisiert hat, dürfte wohl keinen Verfahrensfehler begründen, sondern eine Frage der Richtigkeit der materiellen Beurteilung sein. Insoweit ist zu beachten, dass unter den - im Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz nicht näher definierten - Begriff des Verfahrensfehlers nach herkömmlichem Rechtsverständnis nur Verstöße gegen Rechtsvorschriften gefasst werden, die die äußere Ordnung des Verfahrens, d. h. den Verfahrensablauf als solchen betreffen. Hierzu gehören etwa Regelungen über den Beginn des Verfahrens, die Beteiligung anderer Behörden und der Öffentlichkeit sowie sonstige Verfahrensschritte, wie etwa die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung oder Vorprüfung. Nicht zum äußeren Verfahrensgang in diesem Sinne gehört dagegen der durch materiell-rechtliche Vorgaben gesteuerte Prozess der Willens- und Entscheidungsbildung, der sich - namentlich im Fachplanungsrecht - regelmäßig auf der Grundlage von Fachgutachten vollzieht (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.11.2017 - 7 A 17.12 -, juris; Urteil des Senats vom 31.07.2018 - 7 KS 17/16 -, juris).

II.

Der Planfeststellungsbeschluss der Beklagten vom 30. Dezember 2016 in der Fassung der in der mündlichen Verhandlung vom 26. August 2019 verfügten Planergänzung ist in weiten Teilen auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden. Das planfestgestellte Vorhaben ist planerisch gerechtfertigt (dazu unter 1.). Der Planfeststellungsbeschluss verstößt nicht gegen zwingendes Habitatschutzrecht (dazu unter 2.). Er leidet jedoch an einem Mangel bei der Behandlung des besonderen Artenschutzrechts, der zur Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses führt (dazu unter 3.). Die Anforderungen der Wasserrahmenrichtlinie sind demgegenüber erfüllt (dazu unter 4.). Der Planfeststellungsbeschluss genügt auch dem fachplanerischen Abwägungsgebot (dazu unter 5.).

1.

Das planfestgestellte Vorhaben ist - dies stellen auch die Kläger letztlich nicht in Frage - planerisch gerechtfertigt.

Die Planrechtfertigung ist ungeschriebenes Erfordernis jeder Fachplanung. Sie ist Ausprägung des Prinzips der Verhältnismäßigkeit staatlichen Handelns, das mit Eingriffen in Rechte Dritter verbunden ist. Das Erfordernis ist erfüllt, wenn für das Vorhaben gemessen an den Zielen des jeweiligen Fachplanungsgesetzes ein Bedarf besteht, die geplante Maßnahme unter diesem Blickwinkel also erforderlich ist. Das ist nicht erst bei einer Unausweichlichkeit des Vorhabens der Fall, sondern wenn es vernünftigerweise geboten ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.03.2006 - 4 A 1001.04 -, juris; Urteil des Senats vom 22.04.2016 - 7 KS 27/15 -, juris; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 13.04.2016 - 8 C 10674/15 -, juris).

In den Fällen, in denen - wie hier - ein Fachplanungsvorhaben nicht ohne die Inanspruchnahme von Grundeigentum Privater verwirklicht werden kann, verbinden sich nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts mit dem Erfordernis der Planrechtfertigung zwei Voraussetzungen: Die erste ist erfüllt, wenn das Vorhaben den Zielen des jeweiligen Fachplanungsgesetzes entspricht. Das ist das Erfordernis der fachplanerischen Zielkonformität. Die zweite Voraussetzung steht im Zusammenhang mit dem enteignenden Zugriff auf privates Grundeigentum. Ist der festgestellte Plan dem Enteignungsverfahren - wie hier nach § 19 Abs. 2 FStrG - zugrunde zu legen und für die Enteignungsbehörde bindend, entfaltet der Planfeststellungsbeschluss zu Lasten des betroffenen Grundeigentümers enteignende Vorwirkung. Die mit dem Vorhaben verfolgten öffentlichen Interessen müssen daher generell geeignet sein, entgegenstehende Eigentumsrechte zu überwinden. Das folgt aus Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG, der bestimmt, dass eine Enteignung nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig ist. Auf der Stufe der Planrechtfertigung wirft das die Fragen auf, ob das konkrete Straßenbauvorhaben den Zielsetzungen des Bundesfernstraßengesetzes genügt und öffentlichen Interessen dient, die dem Grunde nach geeignet sind, das Gemeinwohlerfordernis des Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG auszufüllen (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.03.2006 - 4 A 1001.04 -, juris; Urteil des Senats vom 22.04.2016 - 7 KS 35/16 -, juris).

Daran bestehen vorliegend keine Zweifel. Der Neubau der Ortsumgehung Wunstorf ist in dem geltenden Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen (Anlage zu § 1 Abs. 1 Satz 2 FStrAbG) unter der laufenden Nummer 837 im vordringlichen Bedarf enthalten. Nach § 1 Abs. 2 Satz 1 FStrAbG entsprechen die in den Bedarfsplan aufgenommenen Bau- und Ausbauvorhaben den Zielsetzungen des § 1 Abs. 1 FStrG. Die Feststellung des Bedarfs ist gemäß § 1 Abs. 2 Satz 2 FStrAbG für die Planfeststellung nach § 17 FStrG verbindlich. Damit bringt der Gesetzgeber eindeutig zum Ausdruck, dass die Bedarfsplanung nicht lediglich ein Instrument der Finanzplanung ist, als solches nur haushaltsrechtliche Wirkungen erzeugt und für die Frage der Planrechtfertigung nur indizielle Bedeutung hat. Vielmehr konkretisiert der Bundesgesetzgeber den Bedarf im Sinne der Planrechtfertigung für die in den Bedarfsplan aufgenommenen Vorhaben mit bindender Wirkung auch für die zur Rechtmäßigkeitskontrolle von Planfeststellungen berufenen Gerichte (vgl. BVerwG, Urteil vom 08.06.1995 - 4 C 4.94 -, juris). Mit der Aufnahme eines Bau- oder Ausbauvorhabens in den Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen entscheidet der Gesetzgeber verbindlich nicht nur über die Übereinstimmung des Vorhabens mit den Zielsetzungen des § 1 Abs. 1 FStrG, sondern auch über das Bestehen eines Bedarfs (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.03.1996 - 4 C 26.94 -, juris; Urteil des Senats vom 22.04.2016 - 7 KS 27/15 -, juris).

2.

Der Planfeststellungsbeschluss verstößt nicht gegen zwingendes Habitatschutzrecht.

Nach § 34 Abs. 1 BNatSchG in der hier noch anwendbaren Fassung vom 29. Juli 2009 - der der Umsetzung von Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (FFH-Richtlinie) dient - sind Projekte vor ihrer Zulassung oder Durchführung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Natura 2000-Gebiets zu überprüfen, wenn sie einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Projekten oder Plänen geeignet sind, das Gebiet erheblich zu beeinträchtigen, und nicht unmittelbar der Verwaltung des Gebiets dienen. Soweit ein Natura 2000-Gebiet ein geschützter Teil von Natur und Landschaft im Sinne des § 20 Abs. 2 BNatSchG ist, ergeben sich die Maßstäbe für die Verträglichkeit aus dem Schutzzweck und den dazu erlassenen Vorschriften, wenn hierbei die jeweiligen Erhaltungsziele bereits berücksichtigt wurden. Der Projektträger hat die zur Prüfung der Verträglichkeit sowie der Voraussetzungen nach den Absätzen 3 bis 5 erforderlichen Unterlagen vorzulegen. Ergibt die Prüfung der Verträglichkeit, dass das Projekt zu erheblichen Beeinträchtigungen des Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen kann, ist es unzulässig, § 34 Abs. 2 BNatSchG.

Ob ein Projekt zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen kann, erfordert eine Einzelfallbeurteilung, die wesentlich von naturschutzfachlichen Feststellungen und Bewertungen abhängt (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.03.2008 - 9 A 3.06 -, juris). Um die projektbedingten Einwirkungen zutreffend auf ihre Erheblichkeit hin beurteilen zu können, hat die Verträglichkeitsprüfung in einem ersten Schritt eine sorgfältige Bestandserfassung und -bewertung der von dem Projekt betroffenen maßgeblichen Gebietsbestandteile zu leisten. Auf dieser Basis sind sodann die Einwirkungen zu ermitteln und naturschutzfachlich zu bewerten.

Die vorliegend gemäß § 34 Abs. 1 BNatSchG von der Beklagten durchgeführte FFH-Verträglichkeitsprüfung, wonach erhebliche Beeinträchtigungen des FFH-Gebiets Nr. 90 „Aller (mit Barnbruch), untere Leine, untere Oker“ (DE 3021-331) in seinen für die Erhaltungsziele maßgeblichen Bestandteilen ausgeschlossen werden können (vgl. Ziffer 2.2.3.7.3 des Planfeststellungsbeschlusses), ist nicht zu beanstanden. Die Beklagte bezieht sich dabei - zulässigerweise - im Wesentlichen auf die von der Vorhabenträgerin vorgelegte „FFH-Verträglichkeitsuntersuchung gem. § 34 BNatSchG für das FFH-Gebiet Nr. 90 „Aller - Untere Leine - Untere Oker“; Ortsumgehung Wunstorf im Zuge der Bundesstraße 441“ der I. vom Januar 2016 (Unterlage 12.1.1). Der FFH-Verträglichkeitsprüfung liegt ein fehlerfreier Prüfungsmaßstab (dazu unter a)), eine valide Datengrundlage (dazu unter b)) sowie eine zutreffende Abgrenzung des FFH-Gebiets (dazu unter c)) zugrunde. Die FFH-Verträglichkeitsprüfung geht auch nicht von einer fehlerhaften Entfernung zwischen Bauvorhaben und FFH-Gebiet aus, die hier entscheidungserheblich wäre (dazu unter d)). Die Einschätzung, straßenverkehrsbedingte Stickstoffeinträge führten zu keiner Beeinträchtigung der für die Erhaltungsziele maßgeblichen Bestandteile des FFH-Gebiets, ist nicht zu beanstanden (dazu unter e)). Eine Betroffenheit des LRT 3260 durch das Bauvorhaben ist ebenfalls zu verneinen (dazu unter f)), ebenso eine Beeinträchtigung der Anhang II-Art Biber (dazu unter g)). Schließlich sind die vorgesehenen Schutzmaßnahmen geeignet, Beeinträchtigungen des FFH-Gebiets zu vermeiden (dazu unter h)).

a)

Der Prüfungsmaßstab für die FFH-Verträglichkeitsprüfung ist korrekt gewählt worden.

Der Maßstab für die Verträglichkeitsprüfung ergibt sich grundsätzlich aus dem Schutzzweck und den dazu erlassenen Vorschriften der jeweiligen Verordnungen über die nationalen Schutzgebiete, wenn hierbei die jeweiligen Erhaltungsziele bereits berücksichtigt wurden, vgl. § 34 Abs. 1 Satz 2 BNatSchG. Es sind dann die Festlegungen der entsprechenden Ausweisung namentlich durch Verordnung maßgeblich. Fehlt die Unterschutzstellung, sind die Erhaltungsziele sowie die konkret zu schützenden Lebensraumtypen und Arten den Standarddatenbögen zu entnehmen. Gleiches muss gelten, wenn ältere Unterschutzstellungen noch nicht an die Anforderungen und Ziele der FFH-Richtlinie oder der Vogelschutzrichtlinie angepasst wurden, d. h. die Ausweisung nicht den Erhaltungszielen im Rahmen von Natura 2000 entspricht. Denn nationale Schutzgebiete im Sinne des § 20 Abs. 2 BNatSchG dienen nicht nur der Umsetzung von Natura 2000, sondern betreffen auch andere - nationale - Naturschutzbelange. Lebensraumtypen und Arten, die nicht in der Schutzerklärung oder im Standarddatenbogen genannt sind, sind nicht Gegenstand der Erhaltungsziele und der Verträglichkeitsprüfung, selbst wenn es sich um prioritäre Typen oder Arten handelt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 14.04.2011 - 4 B 77.09 -, juris; BVerwG, Urteil vom 17.01.2007 - 9 A 20.05 -, juris; Urteil des Senats vom 22.04.2016 - 7 KS 27/15 -, juris; Möckel in: Schlacke, GK-BNatSchG, 2. Auflage 2017, § 34 Rn. 76; Frenz in: Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 2. Auflage 2016, § 34 Rn. 50 f., 83).

Vorliegend hat die Beklagte die Erhaltungsziele zu Recht anhand der Angaben im Standarddatenbogen für das FFH-Gebiet Nr. 90 „Aller (mit Barnbruch), untere Leine, untere Oker“ sowie der ergänzenden „Hinweise für die Erhaltung und Entwicklung der im Gebiets-Datenbogen (Stand: 3/2009) genannten Lebensraumtypen und Arten im gemäß der FFH-Richtlinie der EU (92/43/EWG) gemeldeten FFH-Gebiet „Aller (mit Barnbruch), untere Leine, untere Oker“, Landesinterne Nr. 90, EU-Kennziffer DE3021-331“ des NLWKN, Betriebsstelle Lüneburg, vom Dezember 2009 abgeleitet. Die Verordnung zum Schutze des Landschaftsteiles „Mittlere Leine“ (LSG H 27) vom 03. Mai 1968 mit Änderungen aus den Jahren 1989, 1992, 1997, 1999 und 2004 wurde noch nicht an die Anforderungen und Ziele der FFH-Richtlinie angepasst. Insbesondere werden dort keine Natura 2000 betreffenden Erhaltungsziele definiert. Sie ist daher - entgegen der Auffassung der Kläger - als Maßstab für die FFH-Verträglichkeitsprüfung nicht geeignet.

b)

Der FFH-Verträglichkeitsprüfung liegt eine valide Datengrundlage in der Form des Standarddatenbogens für das FFH-Gebiet Nr. 90 „Aller (mit Barnbruch), untere Leine, untere Oker“ zugrunde.

Der Standarddatenbogen enthält gemäß dem Durchführungsbeschluss der Kommission vom 11. Juli 2011 über den Datenbogen für die Übermittlung von Informationen zu Natura 2000-Gebieten (2011/484/EU) für jedes Natura 2000-Gebiet eine kartographische Darstellung des Gebiets, seine Bezeichnung, seine geographische Lage, seine Größe sowie die Daten, die sich aus der Anwendung der der Gebietsauswahl zugrunde gelegten Kriterien ergeben. Im Datenbogen sind Angaben zu den im Gebiet vorkommenden FFH-Lebensraumtypen und FFH-Anhang-II-Arten zu machen (vgl. Möckel in: Schlacke, GK-BNatSchG, 2. Auflage 2017, § 32 Rn. 38). Der Inhalt des Standarddatenbogens sollte gemäß Erwägungsgrund 4 des Durchführungsbeschlusses in regelmäßigen Abständen anhand der besten verfügbaren Informationen zu jedem Gebiet des Netzes aktualisiert werden.

Die Kläger weisen - zu Recht - darauf hin, dass auf einen Standarddatenbogen für das FFH-Gebiet Nr. 90 „Aller (mit Barnbruch), untere Leine, untere Oker“ zurückgegriffen wurde, dessen letzte Aktualisierung aus dem März 2009 stammt, obwohl seit dem Mai 2016 eine aktualisierte Fassung des Standarddatenbogens für das FFH-Gebiet vorgelegen hat. Dies hat seinen Grund ganz offensichtlich darin, dass die der FFH-Verträglichkeitsprüfung zugrundeliegende FFH-Verträglichkeitsuntersuchung der Vorhabenträgerin aus dem Januar 2016 stammt. Zu diesem Zeitpunkt lag die Aktualisierung noch nicht vor und konnte daher der FFH-Verträglichkeitsuntersuchung nicht zugrunde gelegt werden. Dies ändert jedoch nichts daran, dass es für die FFH-Verträglichkeitsprüfung der Beklagten dem Grunde nach erforderlich gewesen wäre, auf den im Mai 2016 aktualisierten Standarddatenbogen zurückzugreifen. Denn die Grundanforderungen an eine FFH-Verträglichkeitsprüfung müssen bei Erlass einer für das Vorhaben positiven Entscheidung vorliegen. Bei der FFH-Verträglichkeitsprüfung ist daher grundsätzlich der Sachverhalt zugrunde zu legen, wie er sich zum Zeitpunkt des Erlasses der Zulassungsentscheidung über ein Projekt bzw. des Beschlusses über einen Plan darstellt (vgl. EuGH, Urteil vom 14.01.2016 - C-399/14 -, juris; BVerwG, Beschluss vom 06.06.2012 - 7 B 68.11 -, juris; Möckel in: Schlacke, GK-BNatSchG, 2. Auflage 2017, § 34 Rn. 55). Zum Zeitpunkt des Erlasses einer für das Vorhaben positiven Entscheidung - der zugleich der für die gerichtliche Überprüfung maßgebliche Zeitpunkt ist - darf aus wissenschaftlicher Sicht kein vernünftiger Zweifel daran bestehen, dass es sich nicht nachteilig auf das betreffende Gebiet auswirkt (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.01.2007 - 9 A 20.05 -, juris). Die Beklagte hatte daher bei der FFH-Verträglichkeitsprüfung die Sachlage im Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses am 30. Dezember 2016 zugrunde zu legen. Zu diesem Zeitpunkt lag bereits die aktualisierte Fassung des Standarddatenbogens vor.

Dass es die Beklagte unterlassen hat, förmlich auf den Standarddatenbogen in seiner im Mai 2016 aktualisierten Fassung abzustellen, ist für das Ergebnis der vorliegenden FFH-Verträglichkeitsprüfung jedoch ohne Belang. Denn inhaltlich sind die erfolgten Änderungen im Standarddatenbogen für das vorliegende Verfahren nicht relevant. Im März 2009 - diese Fassung des Standarddatenbogens wurde der FFH-Verträglichkeitsprüfung zugrunde gelegt - wurden umfangreiche Daten aus den seit 2002 laufenden Grunddatenerfassungen (= Basiserfassungen) in den FFH-Gebieten eingearbeitet. Dies führte zu umfassenden Korrekturen bei den Lebensraumtypen sowie zu Neuaufnahmen und Löschungen von Lebensraumtypen. Betroffen davon war unter anderem das FFH-Gebiet Nr. 90 „Aller (mit Barnbruch), untere Leine, untere Oker“. Im Jahr 2016 kam es dann lediglich zu einer Präzisierung bzw. Aktualisierung der Angaben (vgl. NLWKN, Vollständige Gebietsdaten der FFH-Gebiete Niedersachsen, Stand: Juli 2017, abrufbar unter: http://www.nlwkn.niedersachsen.de/naturschutz/natura_2000/downloads_zu_natura_2000/downloads-zu-natura-2000-46104.html#volstDat-FFH). Die im Standarddatenbogen aufgeführten Lebensraumtypen nach Anhang I der FFH-Richtlinie sind in den Fassungen vom März 2009 und Mai 2016 deckungsgleich mit der Ausnahme, dass der LRT 7210 in dem aktualisierten Standarddatenbogen vom Mai 2016 nicht mehr aufgeführt ist. Die zusätzliche Betrachtung dieses Lebensraumtyps ist im Sinne einer worst-case-Betrachtung aber nicht zu beanstanden, zumal es um die „Wiederansiedlung/Wiederherstellung“ des Lebensraumtyps geht. Die im Gerichtsverfahren benannten Lebensraumtypen 3130 und 9110 sowie die Art Lachs finden sich in beiden Fassungen des Standarddatenbogens wieder. Die Ableitung der Erhaltungsziele entspricht insoweit auch dem im Mai 2016 aktualisierten - und damit maßgeblichen - Standarddatenbogen. Soweit es zu einer Korrektur der Flächenangaben für die einzelnen Lebensraumtypen gekommen ist, weist die Beklagte zu Recht darauf hin, dass es für die vorliegende FFH-Verträglichkeitsprüfung irrelevant ist, mit welchen Flächengrößen die einzelnen Lebensraumtypen im FFH-Gebiet vertreten sind. Denn das Vorhaben nimmt weder Flächen der Lebensraumtypen in Anspruch, noch verursacht es graduelle Beeinträchtigungen (vgl. dazu auch noch die nachfolgenden Ausführungen). Soweit die Kläger schließlich noch darauf hinweisen, dass sich mittlerweile auch der Biber mit fünf Revieren im FFH-Gebiet eingefunden habe und dort als Anhang II-Art und als charakteristische Art der Auenlebensraumtypen geschützt werde, führt dies nicht weiter. Der Biber wird bereits im Standarddatenbogen mit dem Stand März 2009 als Art nach Anhang II der FFH-Richtlinie aufgeführt. Er ist Gegenstand der FFH-Verträglichkeitsprüfung der Beklagten gewesen mit dem Ergebnis, dass eine Beeinträchtigung der Art unabhängig davon, ob ein Revier im unmittelbar benachbarten Teil des FFH-Gebiets existiert oder nicht und wie groß die Population ist, auszuschließen ist.

c)

Der Prüfung der Verträglichkeit des Vorhabens mit dem FFH-Gebiet Nr. 90 „Aller (mit Barnbruch), untere Leine, untere Oker“ liegt eine zutreffende Abgrenzung des FFH-Gebiets zugrunde. Die FFH-Verträglichkeitsprüfung musste nicht über das FFH-Gebiet in seinen bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses geltenden Grenzen hinaus ausgedehnt werden.

Das Schutzregime des Art. 6 der FFH-Richtlinie beschränkt sich flächenmäßig grundsätzlich auf das Natura 2000-Schutzgebiet in seinen administrativen Grenzen (vgl. Möckel in: Schlacke, GK-BNatSchG, 2. Auflage 2017, § 34 Rn. 9, 15). Der besondere Gebietsschutz des Art. 6 der FFH-Richtlinie knüpft an die Unterschutzstellung einer bestimmten Fläche an (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23.01.2015 - 7 VR 6.14 -, juris). Bei FFH-Gebieten ist eine Verträglichkeitsprüfung erst dann verpflichtend, wenn das betreffende Gebiet in die Gebietsliste der Europäischen Kommission gemäß Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 3 der FFH-Richtlinie aufgenommen wurde. Dies folgt aus Art. 4 Abs. 5 der FFH-Richtlinie, der die Anwendung der Schutzmaßnahmen nach Art. 6 der FFH-Richtlinie ausdrücklich davon abhängig macht, dass das betreffende Gebiet in die von der Kommission festgelegte Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung aufgenommen worden ist (vgl. EuGH, Urteil vom 13.01.2005 - C-117/03 -, juris).

Besonderheiten ergeben sich, wenn Gebiete, die nach ihren Eigenschaften in die Kommissionsliste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung nach Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 3 der FFH-Richtlinie aufgenommen werden könnten oder gar müssten, diesen Status noch nicht erlangt haben oder in dieser Liste enthaltene Gebiete fehlerhaft zu klein abgegrenzt worden sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.04.2010 - 9 A 5.08 -, juris). Ein Bereich, der die sachlichen Kriterien des Art. 4 Abs. 1 der FFH-Richtlinie erfüllt und dessen Meldung sich für die Aufnahme in ein kohärentes Netz mit anderen Gebieten aufdrängt, ist als potenzielles FFH-Gebiet einzustufen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22.06.2015 - 4 B 59.14 -, juris, m. w. N.). Bei potenziellen FFH-Gebieten sind keine Verträglichkeitsprüfungen geboten (vgl. Möckel in: Schlacke, GK-BNatSchG, 2. Auflage 2017, § 34 Rn. 10). Die Mitgliedstaaten sind in Bezug auf die Gebiete, die als Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung bestimmt werden könnten und die in den der Kommission zugeleiteten nationalen Listen aufgeführt sind, insbesondere solche, die prioritäre natürliche Lebensraumtypen oder prioritäre Arten beherbergen, jedoch verpflichtet, Schutzmaßnahmen zu ergreifen, die im Hinblick auf das mit der Richtlinie verfolgte Erhaltungsziel geeignet sind, die erhebliche ökologische Bedeutung, die diesen Gebieten auf nationaler Ebene zukommt, zu wahren (vgl. EuGH, Urteil vom 15.03.2012 - C-340/10 -, juris; EuGH, Urteil vom 13.01.2005 - C-117/03 -, juris). Diese Grundsätze finden in gleicher Weise Anwendung, soweit es um Flächen geht, deren Einbeziehung in ein bereits gelistetes Gebiet in Rede steht. Dabei macht es keinen Unterschied, ob die Gebietserweiterung der Kommission bereits vorgeschlagen worden ist oder ob dies noch nicht geschehen ist, die Nachmeldung sich aber aufdrängt. Es ist jedoch auch insoweit gemeinschaftsrechtlich zulässig, für gemeldete oder zu meldende Erweiterungsflächen weniger strenge Schutzanforderungen zu stellen als für die Flächen des gelisteten Gebiets. Als Mittel dazu kommt grundsätzlich - als Regelung für vergleichbare innerstaatliche Situationen - eine vorläufige Unterschutzstellung der betreffenden Flächen in Betracht, die den Schutzstandard näher umschreibt (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.04.2010 - 9 A 5.08 -, juris).

Die Maßstäbe für die Gebietsabgrenzung ergeben sich aus Art. 4 Abs. 1 i. V. m. Anhang III Phase 1 der FFH-Richtlinie. Diese Regelung findet nicht nur für die Identifizierung von FFH-Gebieten, sondern auch für deren konkrete Abgrenzung Anwendung. Maßgebend sind ausschließlich die in Anhang III Phase 1 genannten naturschutzfachlichen Kriterien; Erwägungen, die auf Interessen gesellschaftlicher oder wirtschaftlicher Art abstellen, sind nicht statthaft. Für die Anwendung der Kriterien ist den zuständigen Stellen ein ökologisch-fachlicher Beurteilungsspielraum mit der Folge eingeräumt, dass die Gebiete nicht ausnahmslos gemeldet werden müssen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22.06.2015 - 4 B 59.14 -, juris, m. w. N.). Zwingend ist eine Gebietsmeldung nur, wenn und soweit die fraglichen Flächen die von der Habitatrichtlinie vorausgesetzte ökologische Qualität zweifelsfrei aufweisen. Dementsprechend dürfen Gebietsteile, die den Auswahlkriterien zweifelsfrei entsprechen, bei der Gebietsmeldung nicht ausgespart werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.04.2010 - 9 A 5.08 -, juris, m. w. N.). Ist die Phase 2 des Auswahlverfahrens abgeschlossen, ein FFH-Gebiet also bereits von der Kommission in die Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung aufgenommen worden, so sind an die Darlegung einer fehlerhaften Gebietsabgrenzung allerdings strenge Anforderungen zu stellen. Denn nach der Entscheidung der EU-Kommission über die Gebietslistung spricht eine tatsächliche Vermutung für die Richtigkeit der Gebietsabgrenzung. Für eine gerichtliche Prüfung ist zwar weiterhin Raum, da sich trotz der Fachkunde der mit dem Auswahlprozess betrauten Stellen Fehleinschätzungen nie völlig ausschließen lassen und die dynamische Entwicklung der Natur zu veränderten Verhältnissen führen kann. Mit Rücksicht auf die durch den Auswahlprozess verbürgte hohe Richtigkeitsgewähr der Gebietsabgrenzung bedürfen Einwände gegen die Sachgerechtigkeit der Abgrenzung aber einer besonderen Substantiierung. Sie müssen geeignet sein, die Vermutung für die Richtigkeit der Gebietsabgrenzung zu widerlegen (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.03.2013 - 9 A 22.11 -, juris; BVerwG, Urteil vom 14.04.2010 - 9 A 5.08 -, juris).

Nach diesem Maßstab ist die bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses geltende Gebietsabgrenzung im Einwirkungsbereich des Vorhabens nicht korrekturbedürftig gewesen. Die Einbeziehung weiterer für die Beurteilung des Vorhabens relevanter Flächen in das FFH-Gebiet Nr. 90 „Aller (mit Barnbruch), untere Leine, untere Oker“ brauchte sich nicht aufzudrängen (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.04.2010 - 9 A 5.08 -, juris). Dies gilt insbesondere für die von den Klägern geforderte Einbeziehung der Westaue in das FFH-Gebiet mindestens bis zur Querung der K 333.

Die Kläger sind der Auffassung, dass es für die Einbeziehung der Westaue bis zur Querung der K 333 in das FFH-Gebiet gute Gründe gebe. Es gehe um einen unverbauten Gewässerabschnitt, der einen nennenswerten Anteil der im FFH-Gebiet zu schützenden Arten des Anhangs II der FFH-Richtlinie umfasse, namentlich die Grüne Keiljungfer, das Bachneunauge, den Fischotter und den Biber. Die Tiere gehörten zur Population des Schutzgebietes und stünden über das Gewässer in ungehindertem Austausch. Des Weiteren gebe es funktionale Gründe für die Einbeziehung des Abschnitts: Teile der Westaue seien bereits jetzt Bestandteil des FFH-Gebiets. Die Westaue gehöre bis zur K 333 zum selben Landschaftsschutzgebiet und zum selben Überschwemmungsraum wie der vorgelagerte Leineabschnitt des FFH-Gebiets. Schließlich sei sie im Regionalen Raumordnungsprogramm als Vorranggebiet für Natur und Landschaft dargestellt.

Damit legen die Kläger keine Gründe dar, aus denen sich die Einbeziehung der Westaue bis zur Querung der K 333 in das gemeldete FFH-Gebiet unter Beachtung des ökologisch-fachlichen Beurteilungsspielraums der zuständigen Behörden aufdrängen würde. Ihre Einwände sind nicht geeignet, die bestehende Vermutung für die Richtigkeit der Gebietsabgrenzung zu widerlegen. Die Beklagte hat überzeugend dargelegt, dass der Abschnitt der Westaue bis zur Querung der K 333 aus fachwissenschaftlicher Sicht keine herausragende Eignung hat, die eine Nachmeldung gebieten würde.

Dafür spricht zunächst das laufende Nachmeldeverfahren. Nachdem das Niedersächsische Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz im Jahr 2016 ein Verfahren zur Nachmeldung von FFH-Gebieten eingeleitet hatte, unter anderem um erkannte Defizite bei der Abgrenzung von gemeldeten Gebieten zu beseitigen, hat die niedersächsische Landesregierung am 26. September 2017 die Nachmeldung weiterer Natura 2000-Gebiete sowie die Änderung einzelner Abgrenzungen beschlossen. Die Liste der Nachmeldevorschläge enthält 17 Änderungsvorschläge. Die geplanten Erweiterungen des FFH-Gebiets Nr. 90 „Aller (mit Barnbruch), untere Leine, untere Oker“ beschränken sich auf Flächen im Bereich der Stadt Gifhorn sowie kleinere Flächen bei Celle (vgl. NLWKN, Natura 2000-Gebiete Niedersachsen - Nachmeldevorschläge 2017, abrufbar unter: https://www.nlwkn.niedersachsen.de/naturschutz/natura_2000/downloads_zu_natura_2000/downloads-zu-natura-2000-46104.html). Der Umstand, dass der von den Klägern benannte Bereich der Westaue bei den Nachmeldevorschlägen nicht berücksichtigt worden ist, bestätigt, dass es an dieser Stelle auch aktuell aus ökologisch-fachbehördlicher Sichtweise kein Meldedefizit gibt.

Soweit die Kläger in der mündlichen Verhandlung am 26. August 2019 - ohne die Vorlage des Dokuments - auf ein Mahnschreiben der EU-Kommission an die Bundesrepublik Deutschland vom 24. Juli 2019 verwiesen haben, in dem es - so die Kläger bzw. ihr Sachverständiger Dr. AC. - um Defizite beim Grünland und Verluste von Lebensraumtypen, namentlich der Lebensraumtypen 6510 (Magere Flachland-Mähwiesen) und 6520 (Berg-Mähwiesen), gehe, ergeben sich daraus keine Gründe, aus denen sich die Einbeziehung der Westaue bis zur Querung der K 333 in das gemeldete FFH-Gebiet aufdrängen würde. Für die Beklagte hat Prof. Dr. AD. erläutert, dass zwar theoretisch neue Gebiete ausgewiesen bzw. bestehende Gebiete erweitert werden könnten, wenn tatsächliche Defizite bei den genannten Lebensraumtypen bestünden. Regelmäßig würden in einem solchen Fall aber die eingetretenen Verluste in dem bereits festgesetzten Gebiet wiederhergestellt. Dies geschehe durch Schutzgebietsausweisungen, die Bezug auf die zerstörten Gebiete nähmen. Die Defizite würden durch die Managementplanung behoben. Da das FFH-Gebiet Nr. 90 „Aller (mit Barnbruch), untere Leine, untere Oker“ sehr groß sei, bestehe ausreichend Potenzial für die Wiederentwicklung von Grünland. Es bestehe kein Bedürfnis für die Nachmeldung der Westaue. Diesen nachvollziehbaren und überzeugenden Ausführungen sind die Kläger nicht substantiiert entgegengetreten.

Es gibt auch keine sonstigen zwingenden fachlichen Gründe, die für eine Erweiterung des FFH-Gebiets um den Westaueabschnitt bis zur Querung der K 333 sprechen würden. Der Umstand, dass im aktuellen Standarddatenbogen die Flächenanteile vieler Lebensraumtypen nach oben korrigiert wurden, zeigt vielmehr, dass es für das FFH-Gebiet Nr. 90 „Aller (mit Barnbruch), untere Leine, untere Oker“ keiner Gebietserweiterung bedarf. Zudem entspricht die Westaue keinem Fließgewässer-Lebensraumtyp nach Anhang I der FFH-Richtlinie. Die Niederungsbereiche der Westaue sind zwischen der K 333 und dem Eintritt in das FFH-Gebiet von Ackerflächen dominiert. Mit Ausnahme der schmalen Ufersäume gibt es keine FFH-Lebensraumtypen in der Niederung. Die von den Klägern aufgeführten Vorkommen der Grünen Keiljungfer, des Bachneunauges, des Fischotters und des Bibers sprechen ebenfalls nicht für eine zwingende Einbeziehung des Abschnitts der Westaue bis zur Querung der K 333 in das FFH-Gebiet. Unabhängig davon, dass diese mobilen Arten nicht nur den fraglichen Abschnitt der Westaue besiedeln, sondern auch in anderen Nebengewässern der Leine vorkommen, ist nicht jeder Landschaftsraum, in dem sich Lebensraumtypen im Sinne des Anhangs I oder Arten im Sinne des Anhangs II der FFH-Richtlinie nachweisen lassen, als potenzielles FFH-Gebiet einzustufen. Dies gilt auch beim Vorhandensein prioritärer Biotope und Arten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 14.04.2011 - 4 B 77.09 -, juris; BVerwG, Urteil vom 15.01.2004 - 4 A 11.02 -, juris). Lässt sich die Entscheidung für oder gegen die Aufnahme eines Landschaftsraums in die nationale Gebietsliste - wie hier - aus fachwissenschaftlicher Sicht vertreten, so nimmt die FFH-Richtlinie dieses Ergebnis hin (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.01.2004 - 4 A 11.02 -, juris).

d)

Die FFH-Verträglichkeitsprüfung geht nicht von einer fehlerhaften Entfernung zwischen Bauvorhaben und FFH-Gebiet aus, die hier entscheidungserheblich wäre.

In der FFH-Verträglichkeitsuntersuchung der I., auf die die FFH-Verträglichkeitsprüfung der Beklagten Bezug nimmt, heißt es, dass sich die geplante Ortsumgehung Wunstorf im Bereich Blumenau dem FFH-Gebiet bis auf 1 bis 2 km annähere; der Mindestabstand betrage 980 m. Als mögliche Vernetzungsstruktur werde die Westaue betrachtet, welche nördlich von Wunstorf-Liethe in das FFH-Gebiet eintrete und ca. 2,4 km unterhalb des Kreuzungsbauwerks mit der B 441n in die Leine münde (vgl. Ziffer 4.2 und Blatt Nr. 1D der Unterlage 12.1.1). Im Planfeststellungsbeschluss heißt es insoweit etwas pauschaler, dass das Vorhaben in einer Entfernung von mindestens 1 km zum Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung realisiert werden solle (vgl. Ziffer 2.2.3.7.3 des Planfeststellungsbeschlusses).

Es besteht kein begründeter Anlass für durchgreifende - und hier entscheidungserhebliche - Zweifel an der Richtigkeit der Angaben in der FFH-Verträglichkeitsuntersuchung, auf die sich die FFH-Verträglichkeitsprüfung der Beklagten stützt. Soweit die Kläger - ohne Bezugnahme auf nähere Belege - meinen, der Abstand zum nächsten Punkt des FFH-Gebiets betrage im Bereich Luthe weniger als 900 m, ergibt sich dies jedenfalls nicht hinreichend eindeutig aus dem vorliegenden Kartenmaterial (vgl. Blatt Nr. 1D3 der Unterlage 3; Blatt Nr. 2D1 der Unterlage 12.1.1). Danach nähert sich die Ortsumgehung Wunstorf östlich von Blumenau und nördlich von Luthe dem FFH-Gebiet Nr. 90 „Aller (mit Barnbruch), untere Leine, untere Oker“ bis auf knapp unter 1 km an. Selbst wenn die Ortsumgehung Wunstorf auf einer sehr kurzen Teilstrecke - in dem Bereich, in dem das FFH-Gebiet nördlich der Seewiesen in einem Zacken nach Westen hervorsticht - tatsächlich nicht den in der FFH-Verträglichkeitsuntersuchung genannten Mindestabstand von 980 m zum nächsten Punkt des FFH-Gebiets wahren und dieser nur bei rund 900 m liegen sollte, würde dies keinen entscheidungserheblichen Fehler darstellen. Denn vorhabenbedingte Auswirkungen bis in das FFH-Gebiet sind auch bei einem Abstand von rund 900 m sicher auszuschließen (vgl. dazu auch noch die nachfolgenden Ausführungen).

e)

Die Beklagte geht zu Recht davon aus, dass straßenverkehrsbedingte Stickstoffeinträge zu keiner erheblichen Beeinträchtigung der für die Erhaltungsziele maßgeblichen Bestandteile des FFH-Gebiets Nr. 90 „Aller (mit Barnbruch), untere Leine, untere Oker“ führen.

Ob ein Projekt das betreffende Schutzgebiet in seinen für die Erhaltungsziele bedeutsamen Bestandteilen erheblich beeinträchtigen kann, ist anhand seiner Auswirkungen auf den Erhaltungszustand der Gebietsbestandteile zu beurteilen. Maßgebliches Beurteilungskriterium ist der günstige Erhaltungszustand der geschützten Lebensräume und Arten im Sinne der Legaldefinitionen des Art. 1 e) und i) der FFH-Richtlinie; ein günstiger Erhaltungszustand muss trotz Durchführung des Vorhabens stabil bleiben (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.03.2008 - 9 A 3.06 -, juris). Das gemeinschaftsrechtliche Vorsorgeprinzip, das in Art. 6 Abs. 3 der FFH-Richtlinie seinen Niederschlag gefunden hat, verlangt allerdings nicht, die Verträglichkeitsprüfung auf ein „Nullrisiko" auszurichten. Ein Projekt ist vielmehr dann zulässig, wenn nach Abschluss der Verträglichkeitsprüfung kein vernünftiger Zweifel verbleibt, dass erhebliche Beeinträchtigungen vermieden werden (vgl. EuGH, Urteil vom 07.09.2004 - C-127/02 -, juris). Um zu einer verlässlichen Beurteilung zu gelangen, muss die Verträglichkeitsprüfung die „besten einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse" (vgl. EuGH, Urteil vom 07.09.2004 - C-127/02 -, juris) berücksichtigen. Unsicherheiten über Wirkungszusammenhänge, die sich auch bei Ausschöpfung dieser Erkenntnismittel derzeit nicht ausräumen lassen, müssen freilich kein unüberwindbares Zulassungshindernis darstellen. Insoweit ist es zulässig, mit Prognosewahrscheinlichkeiten und Schätzungen zu arbeiten, die kenntlich gemacht und begründet werden müssen (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.03.2008 - 9 A 3.06 -, juris; BVerwG, Urteil vom 17.01.2007 - 9 A 20.05 -, juris).

Zwar beschränkt sich das Schutzregime des Art. 6 der FFH-Richtlinie - wie dargelegt - flächenmäßig grundsätzlich auf das Natura 2000-Schutzgebiet in seinen administrativen Grenzen (vgl. Möckel in: Schlacke, GK-BNatSchG, 2. Auflage 2017, § 34 Rn. 9, 15). Das FFH-Gebiet Nr. 90 „Aller (mit Barnbruch), untere Leine, untere Oker“ wird durch die geplante Ortsumgehung Wunstorf flächenmäßig nicht in Anspruch genommen. Jedoch sind auch Projekte und Pläne, die von außen auf ein Gebiet einwirken, prüfungspflichtig. Das bedeutet zum Beispiel bei einer geplanten Straße, dass auch die Straßenabschnitte außerhalb des Gebietes auf potenziell negative Wirkungen auf das Gebiet zu untersuchen sind (vgl. Möckel in: Schlacke, GK-BNatSchG, 2. Auflage 2017, § 34 Rn. 9, 84). Denn Vorhaben außerhalb eines Natura 2000-Gebiets können von außen auf die Erhaltungsziele des Gebiets einwirken, zum Beispiel, weil sie Stoffe oder andere Emissionen wie unter anderem Geräusche in das Gebiet emittieren (vgl. Möckel in: Schlacke, GK-BNatSchG, 2. Auflage 2017, § 34 Rn. 15, m. w. N.). Wieweit der Radius möglicher Projekte zu ziehen ist, kann nicht pauschal beantwortet werden. Vielmehr hängt dies von den geschützten Lebensraumtypen und Arten sowie von der Art und vor allem den Fernwirkungen des Vorhabens ab. Ein zu prüfendes Projekt ist aber nicht mehr anzunehmen, wenn die Auswirkungen nicht eindeutig zurechenbar sind (vgl. Möckel in: Schlacke, GK-BNatSchG, 2. Auflage 2017, § 34 Rn. 16).

Die Kläger rügen, dass es an einer vollständigen habitatschutzrechtlichen Prüfung hinsichtlich nachteiliger Auswirkungen durch straßenverkehrsbedinge Stickstoffeinträge durch die neue Trasse unter Einbeziehung kumulativ wirksamer Effekte anderer Projekte fehle. In dem der Straße nächstgelegenen Abschnitt des FFH-Gebiets befänden sich Waldbestände, die den FFH-Lebensraumtypen 9160 bzw. 9190 zuzuordnen sein dürften. Für sie gelte ein sog. Critical Load von 14 - 21 bzw. 8 - 14 kg N/ha*a. Die Vorbelastung belaufe sich nach der Datenbank des Umweltbundesamtes in diesem Bereich auf 16 kg N/ha*a. In Hauptwindrichtung wirkten die Straße und die Kläranlage nördlich von Luthe auf diesen Wald. Ob damit eine unzulässige Zusatzbelastung verbunden sei und ob womöglich weitere Emissionsquellen im Wirkbereich - wie etwa Stallanlagen - hinzuträten, sei in der FFH-Verträglichkeitsprüfung nicht untersucht worden. Die Stickstoffeinträge seien vielmehr pauschal als „nicht relevant“ eingestuft worden. Es fehle an einer belastbaren Prüfung und einer Ermittlung der Höhe der Depositionswerte im FFH-Gebiet.

Dem klägerischen Vortrag kann insoweit gefolgt werden, als sich die FFH-Verträglichkeitsuntersuchung der I. vom Januar 2016 (Unterlage 12.1.1), auf die sich die FFH-Verträglichkeitsprüfung der Beklagten stützt, zu der Frage der Beeinträchtigung des FFH-Gebiets Nr. 90 „Aller (mit Barnbruch), untere Leine, untere Oker“ durch Stickstoffeinträge nur äußerst knapp verhält. In der Tabelle 3 wird zu dem Wirkfaktor „Stoffliche Emissionen über den Luftpfad (Gase, Stäube)“ im weiteren Umfeld der Trasse aufgeführt, dass dieser „nicht relevant“ für die FFH-Verträglichkeitsuntersuchung sei. In dem nachfolgenden Absatz folgt dann lediglich noch folgender Satz: „Vorhabenbedingte Schadstoffimmissionen, die die Beurteilungswerte der TA Luft bzw. der 22. BImSchV zum Schutz der Vegetation überschreiten, können bei dem Abstand zwischen geplanter Straße und FFH-Gebiet ausgeschlossen werden.“

Diese Beurteilung der Stickstoffbelastung habitatschutzrechtlich geschützter Waldlebensräume ist zwar nicht frei von Rechtsfehlern; diese haben aber keinen Einfluss auf das Beurteilungsergebnis (vgl. dazu: BVerwG, Urteil vom 14.04.2010 - 9 A 5.08 -, juris).

Ob erhebliche Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele von FFH-Gebieten durch Stickstoffdepositionen ernstlich zu besorgen sind, beantwortet sich nicht nach pauschalen oder nur auf den Menschen abstellenden Luftkonzentrationswerten der Technischen Anleitung zur Reinhaltung der Luft (TA Luft) oder der 39. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (39. BImSchV) bzw. der im Jahr 2010 außer Kraft getretenen 22. BImSchV. Für die FFH-Verträglichkeitsprüfung reicht der allgemein zum Schutz der Vegetation dienende Luftkonzentrationsgrenzwert für Stickstoff-oxide in § 3 der 39. BImSchV als verlässlicher Beurteilungsmaßstab für die je spezielle Empfindlichkeiten aufweisenden FFH-Lebensraumtypen nicht aus (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.09.2011 - 7 C 21.09 -, juris, m. w. N.; Möckel in: Schlacke, GK-BNatSchG, 2. Auflage 2017, § 34 Rn. 115). Größere Aussagekraft für die Beurteilung hat das Konzept der Critical Loads. Critical Loads sollen naturwissenschaftlich begründete Belastungsgrenzen für Vegetationstypen oder andere Schutzgüter umschreiben, bei deren Einhaltung eine Luftschadstoffdeposition auch langfristig keine signifikant schädlichen Effekte erwarten lässt (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.04.2014 - 9 A 25.12 -, juris; BVerwG, Urteil vom 28.03.2013 - 9 A 22.11 -, juris; BVerwG, Urteil vom 29.09.2011 - 7 C 21.09 -, juris, m. w. N.; Möckel in: Schlacke, GK-BNatSchG, 2. Auflage 2017, § 34 Rn. 115).

Die FFH-Verträglichkeitsuntersuchung der I., die auf die „Beurteilungswerte der TA Luft bzw. der 22. BImSchV zum Schutz der Vegetation“ abstellt, erweist sich vor diesem Hintergrund nicht als geeignet zur Beurteilung der Stickstoffbelastung habitatschutzrechtlich geschützter Waldlebensräume. Auch das in den Planunterlagen befindliche „Luftschadstoffgutachten zur geplanten OU Wunstorf im Zuge der B 441“ der Ingenieurbüro AE. vom März 2009 in Verbindung mit den „Aktualisierten Aussagen zum Luftschadstoffgutachten zur Planung der Ortsumfahrung Wunstorf im Zuge der B 441“ der Ingenieurbüro AE. vom Mai 2014 und den „Aktualisierten Aussagen zum Luftschadstoffgutachten zur Planung der Ortsumfahrung Wunstorf im Zuge der B 441“ der Ingenieurbüro AE. vom Juni 2015 (Unterlage 11.LuS) stellt keine geeignete Grundlage zur Beurteilung dar, ob erhebliche Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele von FFH-Gebieten durch Stickstoffeinträge zu besorgen sind. Aufgabe des Luftschadstoffgutachtens ist die Ermittlung der Luftschadstoffbelastung für die von der Planung betroffenen Wohnbereiche. Gegenstand der Beurteilung ist, ob die berechneten Immissionen zu Überschreitungen der Grenzwerte im Bereich sensibler Nutzungen entsprechend der 22. BImSchV wie straßennaher Bebauung führen (vgl. Ziffern 1 und 2 des Luftschadstoffgutachtens vom März 2009). Die aktualisierten Aussagen zum Luftschadstoffgutachten vom Mai 2014 und Juni 2015 übertragen diese Ergebnisse auf die aktuellen Beurteilungswerte der 39. BImSchV.

Erweist sich die Beurteilung der vorhabenbedingten Stickstoffdepositionen in der FFH-Verträglichkeitsuntersuchung auf der Grundlage der TA Luft und der - außer Kraft getretenen - 22. BImSchV somit als ungeeignet, so verhilft dies der Klage gleichwohl nicht zum Erfolg.

Zum Zeitpunkt des Erlasses einer für das Vorhaben positiven Entscheidung, d. h. hier am 30. Dezember 2016, darf aus wissenschaftlicher Sicht kein vernünftiger Zweifel daran bestehen, dass es sich nicht nachteilig auf das betreffende Gebiet auswirkt. Dies führt dazu, dass Ermittlungs- und Bewertungsdefizite, die der FFH-Verträglichkeitsprüfung anhaften, regelmäßig nicht allein anhand nachträglichen Vortrags im Prozess aufgefangen werden können. Allerdings ist es nicht ausgeschlossen, dass die Planfeststellungsbehörde im gerichtlichen Verfahren ihre Entscheidung und deren Grundlagen durch ergänzenden, substantiierenden Vortrag erläutern und in diesem Rahmen auch auf Einwände des Klägers argumentativ erwidern kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.01.2007 - 9 A 20.05 -, juris). Dies ist hier geschehen. Das prozessuale Vorbringen der Beklagten erläutert substantiiert und zur vollen Überzeugung des Senats, dass das Ergebnis der FFH-Verträglichkeitsuntersuchung, der Wirkfaktor „Stoffliche Emissionen über den Luftpfad (Gase, Stäube)“ sei nicht relevant für die FFH-Verträglichkeitsuntersuchung und vorhabenbedingte Schadstoffimmissionen könnten bei dem Abstand zwischen geplanter Straße und FFH-Gebiet ausgeschlossen werden, zutreffend ist und dass daher im Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses am 30. Dezember 2016 aus wissenschaftlicher Sicht kein vernünftiger Zweifel daran bestanden hat, dass sich das Vorhaben nicht nachteilig auf das FFH-Gebiet Nr. 90 „Aller (mit Barnbruch), untere Leine, untere Oker“ auswirkt.

Die Beklagte hat im gerichtlichen Verfahren dargelegt, dass das FFH-Gebiet Nr. 90 „Aller (mit Barnbruch), untere Leine, untere Oker“ nach den besten wissenschaftlichen Erkenntnissen zweifelsfrei weit außerhalb des vorhabenbedingten Wirkraums in Bezug auf vorhabenbedingte Stickstoffeinträge liegt. Die Beklagte verweist insoweit zum einen auf den Stickstoffleitfaden Straße - Hinweise zur Prüfung von Stickstoffeinträgen in der FFH-Verträglichkeitsprüfung für Straßen (HPSE), Entwurf vom 11. November 2014, der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV) (nachfolgend: HPSE) und zum anderen auf das Forschungs- und Entwicklungsvorhaben des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung und der FGSV „Untersuchung und Bewertung von straßenverkehrsbedingten Nährstoffeinträgen in empfindliche Biotope“ von Balla et al., Bericht zum FE-Vorhaben 84.0102/2009 vom November 2013 (nachfolgend: FE-Vorhaben). Das FE-Vorhaben verfolgte das Ziel, eine Methode zur Erfassung und Bewertung von Stickstoffeinträgen im Rahmen von FFH-Verträglichkeitsprüfungen für den Neubau oder Ausbau von Straßen zu entwickeln. Hierfür sollte es einen aktuellen Überblick zum Wissensstand geben und daraus methodische Empfehlungen ableiten. An dem Vorhaben haben zahlreiche ausgewiesene Fachleute mitgearbeitet. Zur Konventionsbildung wurden zudem zahlreiche Expertengespräche durchgeführt. Der Senat geht - in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteil vom 23.04.2014 - 9 A 25.12 -, juris) - davon aus, dass das FE-Vorhaben die im oben genannten Sinn „besten wissenschaftlichen Erkenntnisse" zur Ermittlung der Belastung durch Stickstoffeinträge in geschützte Lebensräume widerspiegelt (vgl. Urteil des Senats vom 22.04.2016 - 7 KS 27/15 -, juris; Möckel in: Schlacke, GK-BNatSchG, 2. Auflage 2017, § 34 Rn. 67). Die HPSE basieren ihrerseits auf den Ergebnissen des FE-Vorhabens und verstehen sich selbst als Fachkonvention auf der Basis des aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstandes (vgl. Ziffer 1.1 der HPSE). Von einem Arbeitskreis der FGSV wurden unter Mitwirkung des Bundesamtes für Naturschutz, des Umweltbundesamtes, der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (LAI) und der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Naturschutz, Landschaftspflege und Erholung (LANA) die Ergebnisse des FE-Vorhabens für die Anwendungspraxis aufgearbeitet (vgl. die Präsentation der Bundesanstalt für Straßenwesen (bast) auf der Informationstagung „Stickstoff in der FFH-VP“ am 13. und 14. November 2014, abrufbar unter https://www.fgsv.de/fileadmin/Veranstaltungen/2014/201408_StickstoffFFH/Kocher-Heuzeroth.pdf). Der Senat geht davon aus, dass die HPSE den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand widerspiegeln (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 15.05.2019 - 7 C 27.17 -, juris). Sowohl die HPSE als auch das FE-Vorhaben stellen damit eine geeignete Grundlage zur Beurteilung dar, ob erhebliche Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele des FFH-Gebiets Nr. 90 „Aller (mit Barnbruch), untere Leine, untere Oker“ durch Stickstoffeinträge zu besorgen sind.

Das FE-Vorhaben hat ein Prüfungsschema zur Beurteilung der Erheblichkeit von Stickstoffeinträgen entwickelt. Danach ist zunächst zu prüfen, ob der jeweilige FFH-Lebensraumtyp flächig von vorhabenbedingten Zusatzbelastungen von > 0,3 kg N/ha*a betroffen ist. Ist dies nicht der Fall, sind keine erheblichen Beeinträchtigungen durch Stickstoffeintrag zu erwarten. Als unteres Abschneidekriterium für die Zusatzbelastung wird somit ein Depositionswert von 0,3 kg N/ha*a gesetzt (vgl. Ziffer 6.4.4 des FE-Vorhabens). Als Grund dafür wird angeführt, dass die zusätzliche Menge an vorhabenbedingten Stickstoffeinträgen bis zu dieser Schwelle weder durch Messungen empirisch nachweisbar noch wirkungsseitig relevant und damit nach den Maßstäben der praktischen Vernunft und der Verhältnismäßigkeit irrelevant sei (vgl. Kurzbericht zum FE-Vorhaben vom April 2013). Dem folgen die HPSE. Das Abschneidekriterium, welches nach der Begriffsbestimmung in den HPSE die maximale Höhe der Stickstoffdepositionen kennzeichnet, die unter konservativen Annahmen nach dem Stand der Wissenschaft einer bestimmten Quelle valide zugeordnet werden können, hat einen Wert von 0,3 kg N/ha*a. Bei Depositionsraten kleiner oder gleich diesem Wert lassen sich nach den HPSE keine kausalen Zusammenhänge zwischen Emission und Deposition nachweisen, er liegt deutlich unterhalb nachweisbarer Wirkungen auf die Schutzgüter der FFH-Richtlinie und wird daher als Konvention wie null behandelt (vgl. Begriffsbestimmung „Abschneidekriterium“ der HPSE). Auch nach den HPSE ist daher in einem ersten Schritt eine Relevanzprüfung für Straßenbauvorhaben durchzuführen. Liegen FFH-Lebensräume nicht in Reichweite möglicher relevanter N-Zusatzbelastungen bzw. sind nach einer Vorprüfung keine N-Zusatzbelastungen > 0,3 kg N/ha*a in FFH-Lebensräumen zu erwarten, sind keine erheblichen Beeinträchtigungen durch Stickstoffeintrag zu konstatieren. Es ist dann keine weitere Prüfung erforderlich, insbesondere keine Ermittlung der Hintergrund- und Kumulativbelastung (vgl. Abbildung 1 der HPSE).

Die Tabellen 1 und 2 der HPSE - die den Tabellen 8 und 10 des FE-Vorhabens entsprechen - ermöglichen es, den Abstand einer Trasse zum FFH-Gebiet zu ermitteln, bei dem Beeinträchtigungen, d. h. Stickstoffdepositionen oberhalb von 0,3 kg N/ha*a sicher ausgeschlossen werden können. Es ist in einem ersten Schritt das Emissionsniveau des Vorhabens zu ermitteln (vgl. Tabelle 1 der HPSE). Auf dieser Grundlage ist sodann in einem zweiten Schritt der Entfernungsbereich zu ermitteln, außerhalb dessen eine bestimmte N-Depositionsklasse unterschritten wird (vgl. Tabelle 2 der HPSE). Ist das Emissionsniveau der geplanten Straße nicht bekannt, können erhebliche Beeinträchtigungen für FFH-Lebensräume oder Anhang II-Pflanzenarten bei Abständen von mehr als 770 m in der Regel ausgeschlossen werden (vgl. Ziffer 2.2 der HPSE). Vorliegend zeigt bereits eine worst-Case-Betrachtung auf den ersten Blick, dass Stickstoffdepositionen oberhalb von 0,3 kg N/ha*a in das FFH-Gebiet Nr. 90 „Aller (mit Barnbruch), untere Leine, untere Oker“ auszuschließen sind. Die Mindestentfernung der geplanten Ortsumgehung Wunstorf zu dem FFH-Gebiet beträgt rund 900 m (vgl. dazu die vorangehenden Ausführungen). Ab einer Entfernung von 770 m ist jedoch selbst im ungünstigsten Fall und bei Anwendung des höchsten Emissionsniveaus (= Autobahnen) nicht mehr mit Stickstoffdepositionen oberhalb von 0,3 kg N/ha*a zu rechnen. Eine genauere Betrachtung zeigt, dass der Abstand, bei dem vorliegend noch mit Stickstoffdepositionen oberhalb von 0,3 kg N/ha*a zu rechnen ist, sogar deutlich geringer ist. Die geplante Ortsumgehung Wunstorf weist nach den durchgeführten Verkehrsuntersuchungen eine Verkehrsbelastung je nach Abschnitt zwischen 12.050 und 25.200 Kfz/24 h mit einem Lkw-Anteil von unter 10 % auf (vgl. Seite 37 ff. der „Verkehrsuntersuchung B 441 - Ortsumgehung Wunstorf“ der H. vom 09. Februar 2009; Seite 8 des Erläuterungsberichts der Schalltechnischen Untersuchung vom 22. April 2009 (Unterlage 11.1)). Bei einer Verkehrsbelastung von 30.000 Kfz/24 h und 10 % Lkw-Anteil ergibt sich nach den HPSE im ungünstigsten Fall ein Emissionsniveau von V (vgl. Tabelle 1 der HPSE). Bei einem Emissionsniveau von V ergibt sich wiederum im ungünstigsten Fall nur eine Entfernung von maximal 410 m vom Straßenrand, in der sich die vorhabenbedingten Stickstoffdepositionen oberhalb von 0,3 kg N/ha*a befinden (vgl. Tabelle 2 der HPSE). Stickstoffdepositionen oberhalb von 0,3 kg N/ha*a in das FFH-Gebiet Nr. 90 „Aller (mit Barnbruch), untere Leine, untere Oker“ sind daher sicher auszuschließen, so dass die Beklagte diesen Wirkfaktor zu Recht als „nicht relevant“ für die FFH-Verträglichkeitsuntersuchung eingestuft hat.

Entgegen der Auffassung der Kläger war eine konkrete Berechnung der Stickstoffdepositionen bzw. Messung der Werte im Einzelfall vor diesem Hintergrund nicht erforderlich. Die HPSE und das dort aufgeführte Prüfungsschema zur Beurteilung der Erheblichkeit von Stickstoffeinträgen sowie das Abschneidekriterium von 0,3 kg N/ha*a dienen gerade dazu, die Prüfung zu vereinfachen. Kann bereits anhand der Verkehrsbelegungszahlen und der Entfernung des Gebiets eine Überschreitung des Abschneidekriteriums ausgeschlossen werden, so bedarf es keiner weiteren Untersuchungen. Die in dem Prüfungsschema der HPSE festgelegten Werte sind auf eine absolute Sicherheit angelegt, indem sie die ungünstigsten Fälle abdecken. Entgegen der Auffassung der Kläger handelt es sich nicht um „willkürlich festgesetzte Werte“, sondern sie beruhen auf den besten wissenschaftlichen Erkenntnissen.

Die vorliegend gefundenen Ergebnisse werden letztlich - ohne dass es darauf jedoch noch entscheidungserheblich ankäme - bestätigt durch das „Luftschadstoffgutachten zur geplanten OU Wunstorf im Zuge der B 441“ der Ingenieurbüro AE. vom März 2009 in Verbindung mit den Aktualisierungen aus dem Mai 2014 und Juni 2015 (Unterlage 11.LuS). Zwar stellt dieses - wie dargelegt - an sich keine geeignete Grundlage für die FFH-Verträglichkeitsprüfung dar. Es kann jedoch ergänzend herangezogen werden. Aus der Abbildung 6.2 „NO2-Gesamtbelastung (Jahresmittelwerte) im Untersuchungsgebiet für den Planfall 1“ ergibt sich hinreichend deutlich, dass an der Grenze zum FFH-Gebiet nicht mit einer relevanten Stickstoffdioxidbelastung zu rechnen ist.

Die Annahme, Zusatzbelastungen durch Stickstoffeintrag unterhalb eines absoluten Wertes von 0,3 kg N/ha*a seien irrelevant, ist nicht zu beanstanden. Das Bundesverwaltungsgericht hat anerkannt, dass es nach wissenschaftlichem Erkenntnisstand eine Irrelevanzschwelle gibt; erst oberhalb dieser Schwelle ist die Zunahme der Stickstoffbelastung, zumal gegenüber einer ohnehin schon hohen Vorbelastung, als signifikant verändernd einzustufen (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.11.2018 - 9 A 8.17 -, juris; BVerwG, Urteil vom 23.04.2014 - 9 A 25.12 -, juris, BVerwG, Urteil vom 28.03.2013 - 9 A 22.11 -, juris; BVerwG, Urteil vom 06.11.2012 - 9 A 17.11 -, juris). Diese Auffassung wird durch das FE-Vorhaben und die HPSE wissenschaftlich unterlegt. Danach ist unterhalb dieser Schwelle die zusätzliche von einem Vorhaben ausgehende Belastung nicht mehr mit vertretbarer Genauigkeit bestimmbar bzw. nicht mehr eindeutig von der vorhandenen Hintergrundbelastung abgrenzbar. Bei Stickstoffeinträgen von 0,3 kg N/ha*a oder weniger lassen sich keine kausalen Zusammenhänge zwischen Emission und Deposition nachweisen. § 34 BNatSchG fordert aber einen Zusammenhang zwischen Stickstoffeintrag eines Vorhabens und Beeinträchtigung (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.11.2018 - 9 A 8.17 -, juris; BVerwG, Urteil vom 23.04.2014 - 9 A 25.12 -, juris, m. w. N.; Urteil des Senats vom 22.04.2016 - 7 KS 27/15 -, juris; Frenz in: Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 2. Auflage 2016, § 34 Rn. 63 f.).

Soweit die Kläger meinen, dass die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Abschneidekriterium von 0,3 kg N/ha*a aufgrund der heutigen Messtechnik nicht mehr schlüssig sei und insbesondere die Schlussfolgerungen des Bundesverwaltungsgerichts, die sich auf eine fehlende Messbarkeit von Stickstoffeinträgen unterhalb der Schwelle von 0,3 kg N/ha*a stützten, nicht mehr zulässig seien, da auch Einträge unterhalb dieses Wertes mittlerweile messtechnisch erfasst werden könnten, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Zwar mag es zutreffen, dass sich die Messtechnik weiter verbessert hat und dass vorhabenbedingte Stickstoffeinträge unterhalb der Schwelle von 0,3 kg N/ha*a mittlerweile empirisch nachweisbar sind. Die verbesserte Messtechnik und die Verringerung der Messbarkeitsgrenzen führt jedoch nicht automatisch zu einer Herabsetzung dieses Abschneidewertes, der dann bei nahezu Null liegen dürfte. Denn das Abschneidekriterium findet seine Rechtfertigung nicht allein in der fehlenden Nachweisbarkeit, d. h. Messbarkeit vorhabenbedingter Stickstoffeinträge. Die fehlende Messbarkeit war lediglich eines der Kriterien, die zur der Festlegung des Abschneidewertes auf 0,3 kg N/ha*a geführt hat. Daneben gab es weitere Kriterien einer fachlichen Setzung. Sowohl das Bundesverwaltungsgericht als auch das FE-Vorhaben und die HPSE führen - wie bereits dargelegt - als Begründung für die Festlegung eines Abschneidewertes von 0,3 kg N/ha*a zusätzlich aus, dass vorhabenbedingte Stickstoff-einträge unterhalb dieser Schwelle - auch wenn sie mittlerweile empirisch nachweisbar sein sollten - wirkungsseitig nicht relevant und damit nach den Maßstäben der praktischen Vernunft und der Verhältnismäßigkeit irrelevant seien. Es ist damit - unabhängig von der Messbarkeit - eine fachliche Schwelle festgelegt worden, unterhalb derer die Zunahme der Stickstoffbelastung nicht als signifikant verändernd einzustufen ist. Dies ist nicht zu beanstanden.

An der Unionsrechtskonformität der vom Bundesverwaltungsgericht gebilligten Werte bestehen aus der Sicht des Senats keine Zweifel. Die zuständigen Behörden müssen die Beeinträchtigung von FFH-Gebieten nach Art. 6 der FFH-Richtlinie nach den jeweils besten wissenschaftlichen Erkenntnissen ermitteln und sich Gewissheit darüber verschaffen, dass sich ein Vorhaben nicht dauerhaft nachteilig auf das betreffende Gebiet als solches auswirkt. Das ist der Fall, wenn aus wissenschaftlicher Sicht kein vernünftiger Zweifel daran besteht, dass es keine solchen Auswirkungen gibt. Dabei ist es Sache des nationalen Gerichts zu kontrollieren, ob die Prüfung der Verträglichkeit mit dem Gebiet diesen Anforderungen entspricht. Die Frage, aufgrund welcher Erkenntnisse die notwendige Gewissheit von der fehlenden Beeinträchtigung des Gebiets gewonnen wird, ist eine fachliche Frage, die vom Diskussionsstand der Wissenschaft und deren Erkenntnissen abhängt. Danach unterliegt auch die Anwendung der fachwissenschaftlich begründeten Irrelevanzschwellen bzw. eines Abschneidekriteriums bei der Verträglichkeitsprüfung nach Art. 6 Abs. 3 der FFH-Richtlinie keinen Zweifeln. Denn unterhalb dieser Schwellen ist eine erhebliche Gebietsbeeinträchtigung ausgeschlossen. Damit ist dem gemeinschaftsrechtlichen Vorsorgegrundsatz genügt. Die mit dem Erfordernis der erheblichen Beeinträchtigung festgelegte Geringfügigkeitsschwelle trägt dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.04.2014 - 9 A 25.12 -, juris, m. w. N.; Urteil des Senats vom 22.04.2016 - 7 KS 27/15 -, juris).

Soweit die Kläger meinen, die Anwendung einer Irrelevanzschwelle bzw. eines Abschneidewertes von 0,3 kg N/ha*a sei nach der Rechtsprechung des EuGH (vgl. Urteil vom 07.11.2018 - C-293/17, C-294/17 -, juris) nicht mehr haltbar, kann dem nicht gefolgt werden. Nach dem der Entscheidung des EuGH zugrundeliegenden Sachverhalt des Ausgangsverfahrens war eine Genehmigung nicht erforderlich, wenn es sich zum einen um ein Projekt handelt, das eine Stickstoffablagerung von unter 0,05 mol N/ha/Jahr verursacht. Zum anderen waren Projekte, die eine Stickstoffablagerung von über 0,05 mol N/ha/Jahr aber unter 1 mol N/ha/Jahr verursachen, ebenfalls ohne vorherige Genehmigung erlaubt, müssten aber zwingend gemeldet werden. Der EuGH hat entschieden, dass Art. 6 Abs. 3 der FFH-Richtlinie dahin auszulegen ist, dass er einer nationalen programmatischen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen nicht entgegensteht, die bestimmte Projekte, die in Bezug auf Stickstoffablagerungen einen bestimmten Schwellenwert nicht erreichen oder einen bestimmten Grenzwert nicht überschreiten, vom Erfordernis einer Einzelgenehmigung befreit, wenn sich das nationale Gericht vergewissert hat, dass die im Voraus durchgeführte angemessene Prüfung im Sinne dieser Bestimmung das Kriterium erfüllt, dass kein vernünftiger wissenschaftlicher Zweifel daran besteht, dass diese Pläne oder Projekte keine schädlichen Auswirkungen auf die betreffenden Gebiete als solche haben. Daraus ergibt sich, dass der EuGH bestimmte Schwellenwerte in Bezug auf Stickstoffablagerungen für zulässig erachtet, solange kein vernünftiger wissenschaftlicher Zweifel daran besteht, dass schädliche Auswirkungen auf das betreffende FFH-Gebiet nicht zu erwarten sind. Dies entspricht der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Einen bestimmten zulässigen Schwellenwert hat der EuGH über das zugrundeliegende Verfahren hinaus jedoch weder abstrakt festgesetzt noch für zulässig erachtet. Insbesondere lässt sich der Entscheidung des EuGH nicht entnehmen, dass die Anwendung einer Irrelevanzschwelle bzw. eines Abschneidewertes von 0,3 kg N/ha*a nicht zulässig wäre. Das Bundesverwaltungsgericht geht auch nach der Entscheidung des EuGH davon aus, dass das Abschneidekriterium einer Zusatzbelastung von 0,3 kg N/ha*a die besten wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Ermittlung der Belastung durch Stickstoffeinträge in geschützte Lebensräume widerspiegelt (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.05.2019 - 7 C 27.17 -, juris; BVerwG, Urteil vom 27.11.2018 - 9 A 8.17 -, juris). Dem folgt der Senat, so dass sich auch eine Vorlage an den EuGH nicht als erforderlich erweist.

Da vorhabenbedingte Stickstoffdepositionen oberhalb des Abschneidewertes von 0,3 kg N/ha*a in das FFH-Gebiet Nr. 90 „Aller (mit Barnbruch), untere Leine, untere Oker“ vorliegend sicher auszuschließen sind, war schließlich auch keine weitergehende Betrachtung, insbesondere zu Hintergrund- und Kumulativbelastungen, erforderlich. Zwar mag eine kumulative Betrachtung von Vorhaben, die für sich genommen jeweils den Abschneidewert von 0,3 kg N/ha*a nicht überschreiten, insgesamt zu einer Überschreitung dieses Wertes führen. Das Abschneidekriterium ist allerdings - auch vor dem Hintergrund des absoluten Funktionsverlustes einzelner Lebensraumtypen - vorhaben- bzw. projektbezogen. Wie bereits dargelegt, werden Depositionswerte unterhalb der Schwelle von 0,3 kg N/ha*a nach den HPSE wie null behandelt. Verursacht ein Vorhaben lediglich Stickstoffdepositionen, die wie null zu behandeln sind, dann ist keine weitere Prüfung erforderlich, insbesondere keine Ermittlung der Hintergrund- und Kumulativbelastung (vgl. Abbildung 1 der HPSE). Der Abschneidewert von 0,3 kg N/ha*a ist auch in den Fällen kumulativer Stickstoffbelastungen durch mehrere Vorhaben zugrunde zu legen (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.05.2019 - 7 C 27.17 -, juris). Insoweit vermag die Kritik der Kläger, kumulative Wirkungen anderer Vorhaben bzw. Stickstoffquellen, wie etwa von Stallanlagen, die auf die gleichen Flächen einwirkten, seien nicht untersucht worden, nicht zu überzeugen (vgl. dazu auch: Urteil des Senats vom 22.04.2016 - 7 KS 27/15 -, juris).

Nach allem ist festzustellen, dass die Beklagte das Ergebnis der FFH-Verträglichkeitsprüfung, vorhabenbedingte Schadstoffimmissionen könnten bei dem Abstand zwischen geplanter Straße und FFH-Gebiet ausgeschlossen werden, anhand ihres nachträglichen Vortrags im gerichtlichen Verfahren erläutert und zur vollen Überzeugung des Senats dargelegt hat, dass im Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses am 30. Dezember 2016 aus wissenschaftlicher Sicht kein vernünftiger Zweifel daran bestanden hat, dass sich das Vorhaben nicht nachteilig auf das FFH-Gebiet Nr. 90 „Aller (mit Barnbruch), untere Leine, untere Oker“ auswirkt.

Selbst wenn man vorliegend davon ausgehen wollte, dass das der FFH-Verträglichkeitsprüfung anhaftende Defizit nicht anhand nachträglichen Vortrags im Prozess aufgefangen werden kann, hat sich der Beurteilungsmangel jedenfalls nicht auf das Ergebnis der FFH-Verträglichkeitsprüfung ausgewirkt. Es gilt insoweit, dass Mängel der FFH-Verträglichkeitsprüfung in entsprechender Anwendung von § 75 Abs. 1a VwVfG unbeachtlich bleiben, wenn sie im Sinne der genannten Vorschrift auf das Ergebnis der behördlichen Entscheidung nicht von Einfluss gewesen sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.04.2010 - 9 A 5.08 -, juris; BVerwG, Urteil vom 17.01.2007 - 9 A 20.05 -, juris). Dies ist hier der Fall. Wie soeben dargelegt, hätte die Beklagte auch bei einer ordnungsgemäß durchgeführten FFH-Verträglichkeitsprüfung zu dem Ergebnis kommen müssen, dass straßenverkehrsbedingte Stickstoffeinträge zu keiner Beeinträchtigung der für die Erhaltungsziele maßgeblichen Bestandteile des FFH-Gebiets Nr. 90 „Aller (mit Barnbruch), untere Leine, untere Oker“ führen.

Schließlich verhilft der Beurteilungsmangel der Klage der Kläger auch deshalb nicht zum Erfolg, weil er für die Eigentumsbetroffenheit der Kläger nicht kausal ist. Denn auch die fehlerfreie Beachtung dieses Belangs würde nicht zu einer Veränderung der Planung im Bereich des klägerischen Grundstücks führen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23.01.2015 - 7 VR 6.14 -, juris, m. w. N.; BVerwG, Urteil vom 12.08.2009 - 9 A 64.07 -, juris, m. w. N.; Urteil des Senats vom 22.04.2016 - 7 KS 35/12 -, juris). Eine ordnungsgemäß durchgeführte FFH-Verträglichkeitsprüfung hätte - wie dargelegt - zu keinem anderen Ergebnis und damit auch nicht zu einer veränderten Planung im Bereich des klägerischen Grundstücks geführt.

f)

Der FFH-Lebensraumtyp 3260 „Flüsse der planaren bis montanen Stufe mit Vegetation des Ranunculion fluitantis und des Callitricho-Batrachion“ wird durch das Straßenbauvorhaben nicht erheblich beeinträchtigt.

Die Kläger sind der Auffassung, dass es aufgrund der Biotoptypenkartierung zum Straßenbauvorhaben nicht ausgeschlossen sei, dass der FFH-Lebensraumtyp 3260 durch das Bauvorhaben im Querungsbereich betroffen werde. Nach dem aktuellen Kartierschlüssel sei aufgrund des festgestellten Biotoptyps eine Zuordnung zu diesem FFH-Lebensraumtyp möglich. Der Lebensraumtyp werde im Querungsbereich durch Verschattung, Verlärmung (Störung der charakteristischen Tierarten sowie durch Schadstoffeintrag (chloridhaltige Spritzwasser, Abrieb) erheblich beeinträchtigt. In jedem Fall würden diese Beeinträchtigungen über die Westaue in das bereits bestehende FFH-Gebiet eingetragen.

Diesem Vorbringen der Kläger kann nicht gefolgt werden. Eine Beeinträchtigung des FFH-Lebensraumtyps 3260 im Querungsbereich der geplanten Ortsumgehung mit der Westaue durch Verschattung, Verlärmung oder Schadstoffeintrag scheidet bereits deshalb aus, weil sich das FFH-Gebiet Nr. 90 „Aller (mit Barnbruch), untere Leine, untere Oker“ nicht auf den genannten Querungsbereich erstreckt und es sich auch nicht um ein potenzielles FFH-Gebiet handelt. Wie bereits dargelegt, musste die FFH-Verträglichkeitsprüfung nicht über das FFH-Gebiet in seinen bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses geltenden Grenzen hinaus ausgedehnt werden. Es ist daher unerheblich, ob die Westaue im Querungsbereich der geplanten Straße dem FFH-Lebensraumtyp 3260 entspricht.

Die Beklagte hat zudem - ohne dass es darauf noch entscheidungserheblich ankäme - nachvollziehbar dargelegt, dass die Einschätzung der Kläger zum Vorkommen des Lebensraumtyps 3260 als fachlich nicht haltbar zurückzuweisen ist. Bei der Erfassung von Lebensraumtypen besteht ein besonderes Problem darin, dass sie eine wertende Zuordnung erfordert, die Zuordnungskriterien aber nicht rechtlich definiert sind. Die Lebensraumtypen stellen vielmehr außerrechtliche Kategorien der Pflanzensoziologie dar, die - wie für Typen kennzeichnend - eine Bandbreite von Erscheinungsformen aufweisen. Verweist eine Rechtsnorm auf einen solchen Typ, ohne selbst eine weitergehende Inhaltsbestimmung zu treffen, so werden damit die herrschenden fachwissenschaftlichen Auffassungen über die typprägenden Merkmale für maßgeblich erklärt. Die Verträglichkeitsprüfung hat sich deshalb bei der Typzuordnung an den einschlägigen Konventionen und Standardwerken zu orientieren. Angesichts der Vielzahl von Arten, die in wechselnden Zusammensetzungen in einem Lebensraum bestimmten Typs vorkommen können, ist bei der konkreten Zuordnungsentscheidung mehr als Plausibilität und Stimmigkeit nicht erreichbar. Deshalb ist es unabweisbar, die gerichtliche Kontrolle insoweit zurückzunehmen (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.03.2008 - 9 A 3.06 -, juris). Der Fachgutachter der Vorhabenträgerin, die I., hat die Westaue fachlich nachvollziehbar - und von den Klägern nicht beanstandet - dem Biotoptyp „mäßig ausgebauter Tieflandbach mit Sandsubstrat“ (FMS) zugeordnet (vgl. Unterlage 12.2.1). Nach dem „Kartierschlüssel für Biotoptypen in Niedersachsen unter besonderer Berücksichtigung der gesetzlich geschützten Biotope sowie der Lebensraumtypen von Anhang I der FFH-Richtlinie“ des NLWKN, von Drachenfels, Stand Juli 2016 (von Drachenfels 2016) entspricht dieser Biotoptyp keinem FFH-Lebensraumtyp. Nach dem Kartierschlüssel können nur „mäßig ausgebaute Strecken im Kontakt zu naturnahen Abschnitten (FB) ... bei gut entwickelter Wasservegetation des Ranunculion fluitantis bzw. reichlichem Vorkommen von Wassermoosen (Zusatzmerkmale f bzw. w) dem LRT 3260 „Flüsse der planaren bis montanen Stufe mit Vegetation des Ranunculion fluitantis und des Callitricho-Batrachion“ angeschlossen werden“ (vgl. von Drachenfels 2016, Seite 157). Die Beklagte ist fachlich nachvollziehbar zu dem Ergebnis gelangt, dass die Westaue diese Kriterien nicht erfüllt und sie daher nicht dem FFH-Lebensraumtyp 3260 zuzuordnen ist. Die Westaue ist auf langer Strecke mindestens mäßig ausgebaut, verfügt über eine schlecht ausgebildete Wasservegetation und weist im Querungsbereich keinen Kontakt zu naturnahen Abschnitten auf (vgl. Seite 280 des Planfeststellungsbeschlusses).

Soweit die Kläger meinen, in jedem Fall würden die Beeinträchtigungen - Verschattung, Verlärmung und Schadstoffeintrag - über die Westaue in das bereits bestehende FFH-Gebiet eingetragen, ist dieser Vortrag bereits völlig unsubstantiiert, greift aber auch in der Sache nicht durch. Für die Aspekte der Verschattung und der Verlärmung kann eine Beeinträchtigung aufgrund der bestehenden Entfernung des Querungsbereichs der geplanten Ortsumgehung mit der Westaue zu dem FFH-Gebiet offensichtlich ausgeschlossen werden. Auch eine Beeinträchtigung des FFH-Gebiets durch Schadstoffeintrag (chloridhaltige Spritzwasser, Abrieb) ist nicht zu erwarten. In der FFH-Verträglichkeitsuntersuchung der I. heißt es hierzu, dass durch verkehrsbedingte Einträge in die Westaue theoretisch ein Eintrag von Stoffen (z. B. Streusalz) in die Leine denkbar sei. Eine reale Gefährdung sei jedoch ausgeschlossen. Sämtliche Straßenabwässer würden über (bis zu 10 m breite) Böschungen zunächst in Versickerungsmulden geleitet. Nur bei größeren Niederschlagsereignissen gebe es auch einen Abfluss in die Westaue. Die Straßenabwässer würden sowohl in der Westaue als auch anschließend in der Leine stark verdünnt (vgl. Ziffer 3.5 der Unterlage 12.1.1). Diese fachliche Einschätzung im Rahmen der FFH-Verträglichkeitsuntersuchung wird unterstützt durch den „Fachbeitrag Wasserrahmenrichtlinie (WRRL)‘“ vom 06. September 2016 (Unterlage 15). Dieser untersucht mögliche Beeinträchtigungen der Westaue durch Stoffeinträge und kommt zu dem Ergebnis, dass Stoffeinträge nicht zu einer Verschlechterung des ökologischen und chemischen Zustands bzw. Potenzials führen werden oder einer Verbesserung entgegenstehen. Aufgrund der dem Stand der Technik entsprechenden Entwässerungsplanung komme es nicht zu einer Verschlechterung des chemischen und ökologischen Zustandes bzw. Potenzials des Oberflächenwasserkörpers Westaue. Das anfallende Straßenoberflächenwasser werde überwiegend im Bereich der Böschungen, Mulden und Gräben sowie in Versicherungsbecken versickert und nicht in die Westaue eingeleitet. Nur dort, wo keine ausreichende Versickerung möglich sei, seien Regenrückhaltebecken vorgesehen, deren Ablauf direkt oder indirekt über Gräben an die Westaue angeschlossen sei. Allerdings laufe den Regenrückhaltebecken nur bei Starkregen Niederschlagswasser zu. Durch das erstellte Tausalzgutachten sei zudem nachgewiesen, dass auch durch die Aufbringung von Tausalz im Winterbetrieb keine Verschlechterung der biologischen Qualitätskomponenten zu erwarten sei (vgl. Seite 185 des Planfeststellungsbeschlusses unter Bezugnahme auf den „Fachbeitrag Wasserrahmenrichtlinie (WRRL)“; vgl. ergänzend dazu auch die Ausführungen zur Vereinbarkeit des Vorhabens mit den Vorgaben der Wasserrahmenrichtlinie in diesem Urteil). Damit ist ausreichend nachgewiesen, dass es zu keiner Beeinträchtigung des FFH-Gebiets Nr. 90 „Aller (mit Barnbruch), untere Leine, untere Oker“ kommt.

g)

Es kommt vorhabenbedingt nicht zu erheblichen Beeinträchtigungen des Bibers als Erhaltungsziel des FFH-Gebiets.

Die Kläger machen geltend, dass das Ergebnis der FFH-Verträglichkeitsprüfung in Bezug auf den Biber nicht aufrechterhalten werden könne, da offensichtlich nicht bekannt gewesen sei, dass sich aktuell ein Biberbau exakt in dem Bereich der Westaue befinde, den die geplante Straße quere. Hierin dürfte eine Beeinträchtigung der sehr kleinen Biberpopulation (5 Reviere) im FFH-Gebiet zu erblicken sein. Die Kläger rügen damit im Wesentlichen die durchgeführte Bestandserfassung als fehlerhaft. Dem kann nicht gefolgt werden.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist es im Rahmen der FFH-Verträglichkeitsprüfung nicht erforderlich, das floristische und faunistische Inventar des betreffenden FFH-Gebiets flächendeckend und umfassend zu ermitteln. Gegenstand der Verträglichkeitsprüfung ist die Verträglichkeit des Projekts mit den Erhaltungszielen des Gebiets. Dem hat der Prüfungsrahmen Rechnung zu tragen. Erfasst und bewertet werden müssen nur die für die Erhaltungsziele maßgeblichen Gebietsbestandteile. Maßgebliche - den Gegenstand der Verträglichkeitsprüfung bildende - Gebietsbestandteile sind hiernach in der Regel die Lebensraumtypen des Anhangs I der FFH-Richtlinie, nach denen das Gebiet ausgewählt worden ist, einschließlich der „darin vorkommenden charakteristischen Arten“ sowie die Arten des Anhangs II der FFH-Richtlinie, die für die Gebietsauswahl bestimmend waren (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.03.2008 - 9 A 3.06 -, juris). Für die Verträglichkeitsprüfung nach Art. 6 Abs. 3 FFH-Richtlinie hat eine sorgfältige Bestandserfassung und -bewertung in einem Umfang zu erfolgen, der es zulässt, die Einwirkungen des Projekts zu bestimmen und zu bewerten. Die Methode der Bestandsaufnahme ist nicht normativ festgelegt; die Methodenwahl muss aber die für die Verträglichkeitsprüfung allgemein maßgeblichen Standards der „besten einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse" einhalten. Untersuchungsmethoden, die in der Fachwissenschaft als überholt gelten, sind demnach unzulässig. Umgekehrt bestehen keine Einwände gegen eine fachwissenschaftlich anerkannte Untersuchungsmethode, wenn mit einer anderen, ebenfalls anerkannten Methode nicht voll übereinstimmende Ergebnisse erzielt würden (vgl. BVerwG, Urteil vom 06.11.2013 - 9 A 14.12 -, juris; BVerwG, Urteil vom 12.03.2008 - 9 A 3.06 -, juris).

Dies zugrunde gelegt, ist die durchgeführte Bestandserfassung und -bewertung nicht zu beanstanden. Bei dem Biber handelt es sich um eine Art des Anhangs II der FFH-Richtlinie, die für die Gebietsauswahl des FFH-Gebiets Nr. 90 „Aller (mit Barnbruch), untere Leine, untere Oker“ bestimmend war. Folgerichtig hat die FFH-Verträglichkeitsuntersuchung der I. den Biber zum Gegenstand der Bestanderfassung und -bewertung sowie einer nachfolgenden Prüfung der Einwirkungen des Vorhabens auf die Art gemacht.

Ausweislich der FFH-Verträglichkeitsuntersuchung gibt es keine aktuellen Nachweise des Bibers aus dem Bereich Leine/Westaue. Die nächstgelegenen Nachweise lägen für die Aller bei Rethem sowie für die Leine südlich Hannover vor. Die Einwanderung in das Untersuchungsgebiet sei mittel- bis langfristig möglich (vgl. Tabelle 4 der Unterlage 12.1.1). Der aktuelle Erhaltungszustand der Art sei in diesem Teil Niedersachsens „unzureichend“. Die potenziellen Habitate seien bei weitem noch nicht besiedelt. Die Zukunftsaussichten seien jedoch als günstig zu bezeichnen (vgl. Tabelle 5 der Unterlage 12.1.1). Verwiesen wird in der FFH-Verträglichkeitsuntersuchung insoweit auf die Vollzugshinweise zum Schutz von Säugetieren in Niedersachsen, Säugetierarten des Anhangs II der FFH-Richtlinie mit Priorität für Erhaltungs- und Entwicklungsmaßnahmen, Biber (Castor fiber), des NLWKN, Niedersächsische Strategie zum Arten- und Biotopschutz, vom November 2011 (abrufbar unter: http://www.nlwkn.niedersachsen.de/naturschutz/natura_2000/vollzugshinweise_arten_und_lebensraumtypen/vollzugshinweise-fuer-arten-und-lebensraumtypen-46103.html). Die Karte 1 der Vollzugshinweise des NLWKN zeigt die Verbreitung des Bibers in Niedersachsen. Es gebe Nachweise südlich von Hannover, Landkreise Hameln-Pyrmont und Hildesheim, sowie Einzeltiere an der Aller und den Landkreisen Soltau-Fallingbostel und Hannover. Die Datenlage sei insgesamt als recht gut zu beurteilen.

Die FFH-Verträglichkeitsuntersuchung - und ihr folgend die FFH-Verträglichkeitsprüfung - stützt sich damit im Wesentlichen auf eine Auswertung der vorhandenen Daten zum Vorkommen des Bibers. Dies ist - zumal die Methode der Bestandsaufnahme nicht normativ festgelegt ist - angesichts des bestehenden Datenbestandes der Fachbehörde für Naturschutz - NLWKN - nicht zu beanstanden. Eine weitergehende Bestandserfassung, insbesondere im Bereich der Querung der geplanten Ortsumgehung mit der Westaue, war vor diesem Hintergrund nicht geboten. Dies gilt umso mehr, als sich das FFH-Gebiet Nr. 90 „Aller (mit Barnbruch), untere Leine, untere Oker“ nicht auf den Querungsbereich der geplanten Ortsumgehung mit der Westaue erstreckt und dieser Bereich auch kein potenzielles FFH-Gebiet darstellt.

Unabhängig davon hat die Beklagte nach den Hinweisen der Kläger im Klageverfahren auf ein Bibervorkommen in der Westaue die Vorhabenträgerin veranlasst, die Westaue und die Alte Südaue im Hinblick auf Bibervorkommen zu untersuchen. Das „Gutachten zum Vorkommen des Bibers in der Westaue“ der I. vom August 2017 (Anlage B4) erläutert die getroffene Entscheidung der Beklagten zulässigerweise durch ergänzenden substantiierten Vortrag im gerichtlichen Verfahren und erwidert zugleich auf die Einwände der Kläger (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.01.2007 - 9 A 20.05 -, juris). Nach dem „Gutachten zum Vorkommen des Bibers in der Westaue“ fand am 22. Juni 2017 eine gezielte Bestandsaufnahme statt, die - entgegen der Behauptung der Kläger - keinen Nachweis eines Biberbaus im Querungsbereich der geplanten Ortsumgehung mit der Westaue erbracht hat. Da die Ortsumgehung einen Abschnitt der Westaue quert, an dem kaum Sträucher und Bäume am Ufer wachsen, war nach dem Gutachten auch nicht damit zu rechnen, dass hier in den nächsten Jahren ein Biberbau angelegt wird. Die Bestandserfassung ergab lediglich, dass der Querungsbereich wie auch ober- und unterhalb gelegene Abschnitte als Nahrungshabitat des Bibers genutzt werden.

Soweit eine erneute Untersuchung am 20. Mai 2019 nunmehr ein positives Ergebnis mit deutlichen Hinweisen auf einen unterirdischen Bau mit wasserseitigem Eingang ergeben hat (vgl. dazu die „Fachgutachterliche Stellungnahme zu den naturschutzrechtlichen Fragen des Schriftsatzes des Klägers vom 15.1.2019“ von Prof. Dr. AD. und Dipl.-Ing. AF. der AG. vom 27. Juni 2019), steht dies der Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses und der FFH-Verträglichkeitsprüfung nicht entgegen. Denn wie bereits dargelegt, ist bei der FFH-Verträglichkeitsprüfung der Sachverhalt zugrunde zu legen, wie er sich zum Zeitpunkt des Erlasses der Zulassungsentscheidung über ein Projekt bzw. des Beschlusses über einen Plan darstellt (vgl. EuGH, Urteil vom 14.01.2016 - C-399/14 -, juris; BVerwG, Beschluss vom 06.06.2012 - 7 B 68.11 -, juris; Möckel in: Schlacke, GK-BNatSchG, 2. Auflage 2017, § 34 Rn. 55). Zum Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses konnte die Existenz eines Biberbaus verneint werden. Auch wenn die Kläger der Auffassung sind, dass der Biber schon im Jahr 2016 dort vorhanden war, ist die durchgeführte Bestandserfassung der Beklagten nicht zu beanstanden.

Die Beklagte ist zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass es vorhabenbedingt nicht zu Beeinträchtigungen des Bibers als Erhaltungsziel des FFH-Gebiets kommt. Es wurde im Rahmen der FFH-Verträglichkeitsprüfung berücksichtigt, dass auch Projekte und Pläne, die außerhalb eines FFH-Gebiets den Zugang der in diesem Gebiet geschützten Arten zu anderen Gebieten bzw. den Austausch mit anderen Populationen erschweren, prüfungspflichtig sind (vgl. Möckel in: Schlacke, GK-BNatSchG, 2. Auflage 2017, § 34 Rn. 15, m. w. N.). In der FFH-Verträglichkeitsuntersuchung der I. heißt es dazu, dass relevant für die FFH-Verträglichkeitsuntersuchung (auch) diejenigen Tierarten seien, die sich auch außerhalb des FFH-Gebiets bewegten oder bei denen Wechselwirkungen zwischen den Lebensräumen innerhalb und außerhalb des Gebiets bestünden (vgl. Ziffer 5.1.2 der Unterlage 12.1.1). Von den möglichen Wirkfaktoren seien zum einen anlagebedingte Barrierewirkungen zu betrachten. Das Brückenbauwerk an der Westaue könne als Barriere für den Biber wirken. Zum anderen sei das betriebsbedingte Kollisionsrisiko zu prüfen. Es bestehe das Risiko, dass der Biber bei möglichen Wanderungen mit Fahrzeugen kollidiere (vgl. Ziffer 4.2 der Unterlage 12.1.1). Die FFH-Verträglichkeitsuntersuchung und ihr folgend die FFH-Verträglichkeitsprüfung der Beklagten gelangen zu dem Ergebnis, dass für die wassergebundenen Säugetiere - wie den Biber - keine Barrierewirkungen oder erhöhte Kollisionsrisiken zu befürchten sind. Das Brückenbauwerk weise mit 60 m eine erhebliche Breite auf, so dass die Randstreifen im Vergleich zur Breite des Flusses sehr breit angelegt werden könnten und ausreichend Raum im Uferbereich der Westaue für den Biber zur Verfügung stehe, um den Bereich der Brücke auf seinen möglichen Wanderungen zu passieren (vgl. Ziffer 6.3.1 der Unterlage 12.1.1; Seite 157 des Planfeststellungsbeschlusses). Diese fachliche Bewertung, die durch das im gerichtlichen Verfahren eingereichte „Gutachten zum Vorkommen des Bibers in der Westaue“ der I. vom August 2017 (Anlage B4) erläutert und ergänzt wird, ist seitens des Senats nicht zu beanstanden. Sie wird auch von den Klägern nicht substantiiert in Frage gestellt.

h)

Die Schutzmaßnahmen S06, S07 und S08 zur Verfüllung des bisherigen Gewässerlaufes der Westaue, zur Bergung und Umsiedlung geschützter Tierarten und zur Anlage eines temporären Sedimentfangs sind geeignet, erhebliche Beeinträchtigungen der für die Erhaltungsziele bedeutsamen Bestandteile des FFH-Gebiets Nr. 90 „Aller (mit Barnbruch), untere Leine, untere Oker“ zu vermeiden.

Wie bereits dargelegt, verlangt das gemeinschaftsrechtliche Vorsorgeprinzip nicht, die Verträglichkeitsprüfung auf ein „Nullrisiko" auszurichten. Ein Projekt ist vielmehr dann zulässig, wenn nach Abschluss der Verträglichkeitsprüfung kein vernünftiger Zweifel verbleibt, dass erhebliche Beeinträchtigungen vermieden werden (vgl. EuGH, Urteil vom 07.09.2004 - C-127/02 -, juris). Zugunsten des Projekts dürfen bei der Verträglichkeitsprüfung Schadensvermeidungs- und -minderungsmaßnahmen berücksichtigt werden, sofern sie sicherstellen, dass erhebliche Beeinträchtigungen verhindert werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.04.2014 - 9 A 25.12 -, juris; BVerwG, Urteil vom 28.03.2013 - 9 A 22.11 -, juris; BVerwG, Urteil vom 12.03.2008 - 9 A 3.06 -, juris; BVerwG, Urteil vom 17.01.2007 - 9 A 20.05 -, juris). Wenn durch Schadensvermeidungs- und -minderungsmaßnahmen gewährleistet ist, dass ein günstiger Erhaltungszustand der geschützten Lebensraumtypen und Arten stabil bleibt, bewegen sich die nachteiligen Wirkungen des Vorhabens unterhalb der Erheblichkeitsschwelle. Das Schutzkonzept erlaubt dann die Zulassung des Vorhabens. Es macht aus der Sicht des Habitatschutzes keinen Unterschied, ob durch ein Vorhaben verursachte Beeinträchtigungen von vornherein als unerheblich einzustufen sind oder ob sie diese Eigenschaft erst dadurch erlangen, dass Schutzvorkehrungen angeordnet und getroffen werden. Die Schadensvermeidungs- und -minderungsmaßnahmen müssen erhebliche Beeinträchtigungen nachweislich wirksam verhindern. Es ist Sache der Behörde, diesen Nachweis zu erbringen, es sei denn, die Funktionsfähigkeit ihres Schutzkonzepts wird lediglich verbal angegriffen, ohne dass ein konkreter Nachbesserungsbedarf aufgezeigt wird. Denn für die behördliche Entscheidung ist nicht ausschlaggebend, ob eine erhebliche Beeinträchtigung nachweisbar ist, sondern - umgekehrt -, dass die Behörde ihr Ausbleiben feststellt. Sämtliche Risiken, die aus Schwierigkeiten bei der Umsetzung der Maßnahmen oder der Beurteilung ihrer langfristigen Wirksamkeit resultieren, gehen zu Lasten des Vorhabens (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.01.2007 - 9 A 20.05 -, juris).

Entgegen der Auffassung der Kläger bestehen keine vernünftigen Zweifel an der Geeignetheit der von der Beklagten planfestgestellten Schutzmaßnahmen S06, S07 und S08 zur Vermeidung von erheblichen Beeinträchtigungen des FFH-Gebiets Nr. 90 „Aller (mit Barnbruch), untere Leine, untere Oker“. Die Kläger kritisieren zum einen, dass bereits unklar sei, welchen Stellenwert der betroffene, zur Verfüllung vorgesehene Gewässerlauf der Westaue im Hinblick auf das FFH-Gebiet und den Schutz der hier betroffenen Fischarten (u. a. Flussneunauge, Bachneunauge, Meerneunauge) und Libellenarten (Grüne Keiljungfer) habe. Zum anderen sind sie der Auffassung, dass es ausgeschlossen sei, die betroffenen Arten hinreichend vollständig aus dem zu verschüttenden Gewässerteil herauszuholen. Das gelte insbesondere für die Bach- und Flussneunaugen, deren Larven im Boden lebten, und für die Grüne Keiljungfer. Sie verweisen insoweit auf ihre Ausführungen zum Artenschutz. Diesem Vorbringen kann nicht gefolgt werden.

Die Bedeutung des zur Verfüllung vorgesehenen Gewässerlaufes der Westaue für das FFH-Gebiet Nr. 90 „Aller (mit Barnbruch), untere Leine, untere Oker“ und insbesondere für die im Rahmen der FFH-Verträglichkeitsprüfung zu betrachtenden Arten - insbesondere die Fisch- und Libellenarten - wurde umfassend ermittelt und bewertet.

Die FFH-Verträglichkeitsuntersuchung der I., der die FFH-Verträglichkeitsprüfung der Beklagten folgt, konstatiert, dass die Querung des Fließgewässers Westaue nördlich Blumenau mit einem Brückenbauwerk aufgrund des funktionalen Bezugs der Westaue zum FFH-Gebiet Nr. 90 „Aller (mit Barnbruch), untere Leine, untere Oker“ für die FFH-Verträglichkeitsuntersuchung relevant sei (vgl. Ziffer 4.1 der Unterlage 12.1.1). Zu betrachten seien unter anderem die baubedingten Wirkungen. Im Bereich des Kreuzungsbauwerks mit der Westaue werde auf einer Länge von ca. 300 m in das Fließgewässer eingegriffen. Der Gewässerlauf werde verändert und es würden Randstreifen und Flutmulden angelegt. Bei den Bauarbeiten werde Sediment freigesetzt, Wasserorganismen könnten beeinträchtigt werden (vgl. Ziffer 4.2 der Unterlage 12.1.1). Weil die Westaue in die Leine münde, seien indirekte Wirkungen auf das Fließgewässer Leine und die darin vorkommenden Tierarten nach Anhängen der FFH-Richtlinie denkbar (vgl. Ziffer 5.1.1 der Unterlage 12.1.1). Relevant für die FFH-Verträglichkeitsuntersuchung seien (auch) diejenigen Tierarten, die sich auch außerhalb des FFH-Gebiets bewegten oder bei denen Wechselwirkungen zwischen den Lebensräumen innerhalb und außerhalb des Gebiets bestünden (vgl. Ziffer 5.1.2 der Unterlage 12.1.1). Relevant für die FFH-Verträglichkeitsuntersuchung seien vorliegend - neben dem Biber und dem Fischotter - der Steinbeißer, das Flussneunauge, das Bachneunauge, das Meerneunauge und der Bitterling (vgl. Tabelle 4 der Unterlage 12.1.1).

Der Steinbeißer sei eine stationäre Art der kleineren und größeren Fließgewässer. Im Rahmen der Libellenuntersuchung 2009 habe es einen Fund für die Westaue im Bereich des Brückenbauwerks gegeben. Weitere aktuelle Vorkommen würden für die Leine und Südaue angegeben. Das FFH-Gebiet Nr. 90 habe besondere Bedeutung für den Bestand dieser Art. Eine Vernetzung der Bestände mit der Westaue sei anzunehmen. Aufgrund der zum Teil noch vorhandenen Primärhabitate (Flussauen) und der zahlreichen Sekundärhabitate (Grabensysteme) scheine das langfristige Überleben der Art in Niedersachsen gesichert zu sein, der Erhaltungszustand werde als „günstig“ bewertet (vgl. Tabellen 4 und 5 der Unterlage 12.1.1; Vollzugshinweise zum Schutz von Fischarten in Niedersachsen, Fischarten des Anhangs II der FFH-Richtlinie und weitere Fischarten mit Priorität für Erhaltungs- und Entwicklungsmaßnahmen, Steinbeißer, Dorngrundel (Cobitis taenia), des Niedersächsischen Landesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (LAVES), Niedersächsische Strategie zum Arten- und Biotopschutz, vom November 2011, abrufbar unter: http://www.nlwkn.niedersachsen.de/naturschutz/natura_2000/vollzugshinweise_arten_und_lebensraumtypen/vollzugshinweise-fuer-arten-und-lebensraumtypen-46103.html).

Das Flussneunauge lebe in den Küstengewässern und ziehe im Herbst zum Laichen die Flüsse hinauf. Es gebe einen aktuellen Nachweis für die Westaue. Das FFH-Gebiet Nr. 90 habe besondere Bedeutung für den Bestand dieser Art. Eine Vernetzung der Bestände in der Westaue mit dem FFH-Gebiet sei anzunehmen. Das Flussneunauge zeige in Niedersachsen starke Ausbreitungstendenzen. Aufgrund der immer noch unzureichenden Habitateignung vieler Gewässer werde der Erhaltungszustand insgesamt als „ungünstig“ bewertet (vgl. Tabellen 4 und 5 der Unterlage 12.1.1; Vollzugshinweise zum Schutz von Fischarten in Niedersachsen, Fischarten des Anhangs II der FFH-Richtlinie und weitere Fischarten mit höchster Priorität für Erhaltungs- und Entwicklungsmaßnahmen, Flussneunauge (Lampetra fluvialtilis), des LAVES, Niedersächsische Strategie zum Arten- und Biotopschutz, vom November 2011, abrufbar unter: http://www.nlwkn.niedersachsen.de/naturschutz/natura_2000/vollzugshinweise_arten_und_lebensraumtypen/vollzugshinweise-fuer-arten-und-lebensraumtypen-46103.html).

Das Bachneunauge lebe stationär in Bächen und kleinen Flüssen. Nach Gaumert und Kämmereit (1993) komme es im Unterlauf der Westaue vor; einen aktuellen Nachweis gebe es nicht. Da die Westaue als Lebensraum geeignet sei, werde von einem Vorkommen der Art ausgegangen. Das FFH-Gebiet Nr. 90 habe keine besondere Bedeutung für den Bestand dieser Art. Das Bachneunauge sei in der atlantischen Region Niedersachsens stark vertreten. Der Erhaltungszustand werde als „günstig“ bewertet (vgl. Tabellen 4 und 5 der Unterlage 12.1.1; Vollzugshinweise zum Schutz von Fischarten in Niedersachsen, Fischarten des Anhangs II der FFH-Richtlinie und weitere Fischarten mit Priorität für Erhaltungs- und Entwicklungsmaßnahmen, Bachneunauge (Lampetra planeri), des LAVES, Niedersächsische Strategie zum Arten- und Biotopschutz, vom November 2011, abrufbar unter: http://www.nlwkn.niedersachsen.de/naturschutz/natura_2000/vollzugshinweise_arten_und_lebensraumtypen/vollzugshinweise-fuer-arten-und-lebensraumtypen-46103.html).

Das Meerneunauge lebe in der Nähe der Flussmündungen und steige zur Fortpflanzung in Süßwasserregionen auf. Es gebe einen aktuellen Neufund in der Leine in der Region Hannover. Ein Vorkommen im Unterlauf der Westaue könne nicht ausgeschlossen werden. Das FFH-Gebiet Nr. 90 habe besondere Bedeutung für den Bestand dieser Art. Eine Vernetzung möglicher Bestände in der Westaue mit dem FFH-Gebiet sei anzunehmen. Das Meerneunauge zeige in Niedersachsen Ausbreitungstendenzen. Aufgrund der unzureichenden Habitateignung vieler Gewässer und der geringen Population werde der Erhaltungszustand insgesamt als „schlecht“ bewertet (vgl. Tabellen 4 und 5 der Unterlage 12.1.1; Vollzugshinweise zum Schutz von Fischarten in Niedersachsen, Fischarten des Anhangs II der FFH-Richtlinie und weitere Fischarten mit höchster Priorität für Erhaltungs- und Entwicklungsmaßnahmen, Meerneunauge (Petromyzon marinus), des LAVES, Niedersächsische Strategie zum Arten- und Biotopschutz, vom November 2011, abrufbar unter: http://www.nlwkn.niedersachsen.de/naturschutz/natura_2000/vollzugshinweise_arten_und_lebensraumtypen/vollzugshinweise-fuer-arten-und-lebensraumtypen-46103.html).

Der Bitterling lebe in stehenden oder langsam fließenden Gewässern, vor allem pflanzenreiche Abschnitte mit sandigem oder schlammigem Grund und überwiegend geringer Wassertiefe. Obwohl der Unterlauf der Westaue für diese Art nur bedingt geeignet sei, gebe es einen aktuellen Nachweis aus dem Bereich. Das FFH-Gebiet Nr. 90 habe besondere Bedeutung für den Bestand dieser Art. Eine Vernetzung der Bestände in der Westaue mit dem FFH-Gebiet sei anzunehmen. Der Bitterling werde in den Gewässern zunehmend häufiger angetroffen. Aufgrund der unzureichenden Habitateignung vieler Gewässer und der ungünstigen Populationsgröße werde der Erhaltungszustand insgesamt als „ungünstig“ bewertet (vgl. Tabellen 4 und 5 der Unterlage 12.1.1; Vollzugshinweise zum Schutz von Fischarten in Niedersachsen, Fischarten des Anhangs II der FFH-Richtlinie und weitere Fischarten mit höchster Priorität für Erhaltungs- und Entwicklungsmaßnahmen, Bitterling (Rhodeus amarus), des LAVES, Niedersächsische Strategie zum Arten- und Biotopschutz, vom November 2011, abrufbar unter: http://www.nlwkn.niedersachsen.de/naturschutz/natura_2000/vollzugshinweise_arten_und_lebensraumtypen/vollzugshinweise-fuer-arten-und-lebensraumtypen-46103.html).

In der FFH-Verträglichkeitsuntersuchung wird dargelegt, dass im Zuge der Erfassungen von in der Westaue vorkommenden Tierarten von den relevanten Fischarten des Anhangs II der FFH-Richtlinie nur der Steinbeißer im Bereich der Querung der Westaue festgestellt worden sei. Die - obenstehenden - Aussagen zum Vorkommen der anderen Fischarten beruhten auf Aussagen in LAVES. Vorsorglich werde in der FFH-Verträglichkeitsuntersuchung davon ausgegangen, dass alle Fischarten, die im Bereich der Westaue vorkommen können oder deren Vorkommen aktuell nachgewiesen wurden, speziell im Bereich der Gewässerverlegung zum Zeitpunkt der Bauarbeiten vorkommen (vgl. Ziffer 5.2 der Unterlage 12.1.1). Eine solche worst-case-Betrachtung ist nicht zu beanstanden.

Hinsichtlich der Libellenarten wird in der FFH-Verträglichkeitsuntersuchung ausgeführt, dass von den europarechtlich geschützten Arten die Grüne Flussjungfer und die Gemeine Keiljungfer an der Westaue festgestellt worden seien (vgl. Tabelle 4 der Unterlage 12.1.1). Die durchgeführten Untersuchungen der Westaue im Hinblick auf bodenständige Libellen im Jahr 2009 werden in dem landschaftspflegerischen Begleitplan beschrieben. Danach sei von den FFH-Arten nur die Grüne Flussjungfer (Ophiogomphus cecilia) mit einer einzigen Larve im Bereich der Probestrecke Liethe gefunden worden. Die Art trete in der Westaue am Rande ihres Verbreitungsgebietes auf (Suhling & Müller 1996). Die Gewöhnliche Keiljungfer (Gomphus vulgatissimus) sei an beiden Probestandorten häufiger in allen Größenklassen anzutreffen gewesen. Zurzeit gelte die Grüne Flussjungfer in Niedersachsen noch als vom Aussterben bedroht, aber die Art und andere Keiljungfern zeigten seit einigen Jahren deutliche Ausbreitungstendenzen in nordwestlicher Richtung. Abschließend sei festzustellen, dass mit der Grünen Keiljungfer eine europarechtlich geschützte Tierart in der Westaue nachgewiesen worden sei, und zwar etwa 1 km unterhalb des Abschnitts, in dem eine Verlegung des Gewässerlaufs geplant sei (vgl. Anhang 19 sowie Ziffer 3.6.3.7 der Unterlage 12.1). Die FFH-Verträglichkeitsuntersuchung stellt fest, dass es zwischen den Vorkommen in der Westaue und denen im FFH-Gebiet keine Zusammenhänge gebe (vgl. Tabelle 4 der Unterlage 12.1.1). Aus diesem Grund wird die Grüne Keiljungfer für die FFH-Verträglichkeitsuntersuchung - anderes gilt für die artenschutzrechtliche Prüfung - als nicht relevant eingestuft.

Die vorstehenden Ausführungen verdeutlichen, dass die Bedeutung des zur Verfüllung vorgesehenen Gewässerlaufes der Westaue für das FFH-Gebiet Nr. 90 „Aller (mit Barnbruch), untere Leine, untere Oker“ und für die im Rahmen der FFH-Verträglichkeitsprüfung zu betrachtenden Arten umfassend ermittelt und bewertet wurde. Die Kläger tragen nicht substantiiert zu etwaigen Defiziten oder Mängeln dieser Ermittlung und Bewertung vor.

Die Schutzmaßnahmen S06, S07 und S08 zur Verfüllung des bisherigen Gewässerlaufes der Westaue, zur Bergung und Umsiedlung geschützter Tierarten und zur Anlage eines temporären Sedimentfangs sind geeignet, erhebliche Beeinträchtigungen der für die Erhaltungsziele bedeutsamen Bestandteile des FFH-Gebiets Nr. 90 „Aller (mit Barnbruch), untere Leine, untere Oker“ zu vermeiden.

Die FFH-Verträglichkeitsuntersuchung nimmt aufgrund der Vernetzung der Gewässer an, dass Beeinträchtigungen der Arten Steinbeißer, Flussneunauge, Bachneunauge, Meerneunauge und Bitterling in der Westaue auch eine Wirkung auf die Fischbestände der Leine, also des FFH-Gebiets, haben können. Die Verlegung der Westaue stelle einen erheblichen Eingriff in das Fließgewässerökosystem dar, mit entsprechenden möglichen Folgen für die Fischfauna: 1. Adulte Tiere sowie Larvalstadien könnten in dem „abgehängten“ Teil des alten Flusses eingesperrt und letztlich verschüttet werden. 2. Larvalstadien der genannten Arten (insbesondere Fluss- und Meerneunaugen) oder tagsüber im Sediment verharrende adulte Steinbeißer könnten durch baubedingt starke Sedimentfrachten erheblich beeinträchtigt werden. Es bedürfe verschiedener Schutzmaßnahmen, um innerhalb der Bauphase eine Gefährdung auszuschließen (vgl. Ziffer 6.3.2 der Unterlage 12.1.1).

Die Schutzmaßnahme S06 sieht daher eine sukzessive „Vor-Kopf-Verfüllung“ des alten Gewässerabschnitts vor. Hierzu hießt es in der FFH-Verträglichkeitsuntersuchung, dass im Zuge der Verlegung eines Abschnitts der Westaue ein ca. 200 m langer bestehender Flussabschnitt mit dem Aushubmaterial des neuen Abschnitts zugeschüttet werde. Hierbei seien die Verluste an Fischen und anderen limnischen Organismen so weit wie möglich zu minimieren. Das Aushubmaterial werde deshalb zunächst zwischengelagert. Wenn der neue Verlauf hergestellt sei, werde der alte Verlauf am oberen Ende durch eine Dammschüttung abgehängt. Daraufhin werde das abgehängte Gewässer sukzessive - in Fließrichtung gesehen von oben nach unten - zugeschüttet. Dadurch hätten Fische und andere schwimmfähige Organismen die Möglichkeit, in den unterhalb gelegenen bzw. in den neuen Abschnitt der Westaue auszuweichen. Die Baumaßnahmen hätten außerhalb der Laichzeit von Amphibien und Fischen zu erfolgen - also zwischen Mitte Juli und Ende September - und vorzugsweise bei Niedrigwasser. Die Verfüllung habe in einem Arbeitsgang innerhalb weniger Tage zu erfolgen, damit die - umgesiedelten - Tiere nicht wieder einwandern können. Falls dies aus logistischen Gründen nicht möglich sein sollte, sei ein anderes Verfahren zu wählen: In diesem Fall werde der alte Verlauf an beiden Enden durch eine Dammschüttung verschlossen. Danach würden die sich dort aufhaltenden Fische mittels Elektrobefischung eingefangen und in das Fließgewässer verbracht. Parallel dazu erfolge die Umsiedlung sedimentbewohnender Tiere entsprechend Schutzmaßnahme S07 (vgl. Ziffer 7.2 der Unterlage 12.1.1; Maßnahmenblatt S06 der Unterlage 12.3.3).

Die Schutzmaßnahme S07 sieht - als Maßnahme für die FFH-Verträglichkeit und Artenschutzmaßnahme - eine Umsiedlung geschützter Tierarten (Neunaugen-Querder, Libellenlarven) vor. Während die meisten Fische bei einer sukzessiven „Vor-Kopf-Verfüllung“ (Schutzmaßnahme S06) in den Unterlauf der Westaue ausweichen könnten, würden die wenig mobilen Larvalstadien der Neunaugen (Querder) sowie tagsüber im Sediment verborgene adulte Steinbeißer durch die Überschüttung abgetötet. Neunaugen lebten in einer drei- bis fünfjährigen Larvalzeit als augenlose Querder im Sediment der Fließgewässer, wobei Bereiche mit sandig-schlammigem Substrat und geringer Strömung bevorzugt würden. Es sei deshalb unmittelbar nach der Abhängung und vor der Verfüllung des alten Flussabschnittes eine Elektrobefischung durchzuführen, um etwaige Querder von Neunaugen sowie andere temporär das Sediment bewohnende Arten (z. B. adulte Steinbeißer) einzufangen und in den unterhalb der Baustelle liegenden Abschnitt zu versetzen. Für die Erfassung von etwaigen Querdern von Neunaugen seien geeignete Bereiche des Gewässergrundes mittels Ringanode nach der point-abundance-Methode (Wupperverband 2005) zu befischen (vgl. Ziffer 7.3 der Unterlage 12.1.1; Maßnahmenblatt S07 der Unterlage 12.3.3). Über die Wirksamkeit einer Elek-trobefischung zur Gewinnung der im Sediment lebenden Neunaugen-Querder lägen hinreichend Erfahrungen vor (Schumann, Bezirksgewässerwart, mdl.). Bei Anwendung und Kombination verschiedener Arten der Elektrobefischung könnten Fische selektiv erfasst werden (Kammerhofer 2010, Wupperverband 2005). Insbesondere sei belegt, dass auch Querder von Neunaugen mit der Elektrobefischung erfasst werden können (Kammerhofer 2010) (vgl. Ziffer 7 der Unterlage 12.1.1). Weiterhin sei mit der Schutzmaßnahme S07 vorgesehen, dass für die Umsiedlung von Libellenlarven (vorgesehen als Artenschutzmaßnahme) der Schlamm mittels eines Keschers auf Larven untersucht wird. Die dabei erfassten sedimentbewohnenden Fischarten (Steinbeißer) und Querder könnten ebenfalls umgesetzt werden (vgl. Ziffer 7.3 der Unterlage 12.1.1; Maßnahmenblatt S07 der Unterlage 12.3.3).

Die Schutzmaßnahme S08 sieht schließlich die Anlage eines temporären Sedimentfanges unterhalb der Baustrecke vor. Zur Vermeidung von starker Sedimentabdrift während der Bauphase solle unmittelbar unterhalb der Gewässer-Verlegungsstrecke ein temporärer Sedimentfang angelegt werden. Durch den Sedimentfang, der eingerichtet werden müsse, bevor der neue Fließgewässerabschnitt geöffnet und an die Westaue angeschlossen werde, könne die baubedingte Sedimentabdrift zum überwiegenden Teil aufgefangen werden (vgl. Ziffer 7.4 der Unterlage 12.1.1; Maßnahmenblatt S08 der Unterlage 12.3.3).

An der Wirksamkeit der genannten Schutzmaßnahmen für die FFH-Verträglichkeit hat der Senat keinen Anlass zu Zweifeln. Insbesondere stellt die Maßnahme S07 entgegen der Auffassung der Kläger eine vollständige Bergung und Umsiedlung der oben aufgeführten, für die FFH-Verträglichkeitsuntersuchung relevanten Fischarten und ihrer Larven sicher. Die Beklagte hat dargelegt, dass aus fachwissenschaftlicher Sicht über die Wirksamkeit einer Elektrobefischung zur Gewinnung der im Sediment lebenden Neunaugen-Querder hinreichend Erfahrungen vorlägen und dass bei Anwendung und Kombination verschiedener Arten der Elektrobefischung Fische selektiv erfasst werden könnten (vgl. Ziffer 7 der Unterlage 12.1.1 mit weiteren Nachweisen). Die Wirksamkeit der Elektrobefischung haben die Kläger nicht substantiiert in Frage gestellt. Soweit sie die Wirksamkeit der Maßnahme S07 in Bezug auf die Grüne Keiljungfer in Frage stellen, ist dies für die FFH-Verträglichkeitsprüfung nicht von Bedeutung. Wie dargelegt, ist die Grüne Keiljungfer für die FFH-Verträglichkeitsuntersuchung als nicht relevant eingestuft worden, da es zwischen den Vorkommen in der Westaue und denen im FFH-Gebiet keine Zusammenhänge gebe. Dies haben die Kläger nicht substantiiert bestritten. Soweit die Maßnahme S07 auch für die Grüne Keiljungfer Anwendung finden soll, handelt es sich - darauf weisen die FFH-Verträglichkeitsuntersuchung und das Maßnahmenblatt ausdrücklich hin - um eine Artenschutzmaßnahme. Hinsichtlich der Wirksamkeit der Maßnahme S07 als Artenschutzmaßnahme wird auf die entsprechenden Ausführungen zum besonderen Artenschutz Bezug genommen.

Sollte es im Rahmen der Verfüllung des bisherigen Gewässerverlaufs der Westaue wider Erwarten doch zur Tötung einzelner Individuen der Arten Steinbeißer, Flussneunauge, Bachneunauge, Meerneunauge und Bitterling kommen, gelangt die Beklagte rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis, dass diese Individuenverluste unterhalb der Erheblichkeitsschwelle bleiben. Zu berücksichtigen ist nämlich, dass von einer erheblichen Beeinträchtigung einer Art nicht schon bei dem Verlust einzelner Individuen ausgegangen werden kann, sondern erst dann, wenn es zu Rückwirkungen auf den Erhaltungszustand der Population im FFH-Gebiet kommt (vgl. Urteil des Senats vom 22. April 2016 - 7 KS 27/15 -, juris; Hessischer VGH, Urteil vom 21.08.2009 - 11 C 318/08.T -, juris). Dies ist hier nicht zu befürchten. Die etwaige Tötung einzelner Individuen der Arten Steinbeißer, Flussneunauge, Bachneunauge, Meerneunauge und Bitterling im Rahmen der Verfüllung des bisherigen Gewässerverlaufs der Westaue hat das auf den Erhaltungszustand und die Stabilität der Population im FFH-Gebiet Nr. 90 „Aller (mit Barnbruch), untere Leine, untere Oker“ keinen Einfluss. Dies gilt umso mehr, als die Arten - mit Ausnahme des Steinbeißers - im betreffenden Gewässerabschnitt der Westaue aktuell weder nachgewiesen wurden noch dort überdurchschnittlich gute Habitatbedingungen existieren und der Eingriffsort in deutlicher Entfernung vom FFH-Gebiet gelegen ist.

3.

Der Planfeststellungsbeschluss der Beklagten vom 30. Dezember 2016 in der Fassung der in der mündlichen Verhandlung vom 26. August 2019 verfügten Planergänzung weist bei der artenschutzrechtlichen Behandlung des Vorhabens einen Mangel auf, derentwegen die Kläger die Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses verlangen können.

Bei der Prüfung, ob artenschutzrechtliche Verbotstatbestände erfüllt sind, stand der Planfeststellungsbehörde nach der bisherigen ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Senats eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative zu. Sie betrifft sowohl die ökologische Bestandsaufnahme als auch deren Bewertung, namentlich die Quantifizierung möglicher Betroffenheiten und die Beurteilung ihrer populationsbezogenen Wirkungen (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.04.2014 - 9 A 25.12 -, juris; BVerwG, Urteil vom 06.11.2013 - 9 A 14.12 -, juris; BVerwG, Urteil vom 28.03.2013 - 9 A 22.11 -, juris; Urteil des Senats vom 31. Juli 2018 - 7 KS 17/16 -, juris; Urteil des Senats vom 22.04.2016 - 7 KS 27/15 -, juris). Grund für die Zuerkennung einer naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative ist der Umstand, dass es im Bereich des Naturschutzes regelmäßig um ökologische Bewertungen und Einschätzungen geht, für die normkonkretisierende Maßstäbe fehlen. Die Rechtsanwendung ist daher auf die Erkenntnisse der ökologischen Wissenschaft und Praxis angewiesen, die sich aber nicht als eindeutiger Erkenntnisgeber erweist. Bei zahlreichen Fragestellungen steht - jeweils vertretbar - naturschutzfachliche Einschätzung gegen naturschutzfachliche Einschätzung, ohne dass sich eine gesicherte Erkenntnislage und anerkannte Standards herauskristallisiert hätten. Sind verschiedene Methoden wissenschaftlich vertretbar, bleibt die Wahl der Methode der Behörde überlassen (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.06.2013 - 4 C 1.12 -, juris).

Die behördliche Einschätzungsprärogative hat zur Folge, dass die behördlichen Annahmen einer nur eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle zugänglich sind. Die gerichtliche Kontrolle ist darauf beschränkt, ob die Einschätzungen der Planfeststellungsbehörde im konkreten Einzelfall naturschutzfachlich vertretbar sind und nicht auf einem unzulänglichen oder gar ungeeigneten Bewertungsverfahren beruhen (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.04.2014 - 9 A 25.12 -, juris; BVerwG, Urteil vom 06.11.2013 - 9 A 14.12 -, juris; BVerwG, Urteil vom 28.03.2013 - 9 A 22.11 -, juris; Urteil des Senats vom 31. Juli 2018 - 7 KS 17/16 -, juris; Urteil des Senats vom 22.04.2016 - 7 KS 27/15 -, juris). Das Gericht bleibt verpflichtet zu prüfen, ob im Gesamtergebnis die artenschutzrechtlichen Untersuchungen sowohl in ihrem methodischen Vorgehen als auch in ihrer Ermittlungstiefe ausreichten, um die Behörde in die Lage zu versetzen, die Voraussetzungen der artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände sachgerecht zu überprüfen (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.06.2013 - 4 C 1.12 -, juris).

Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 23. Oktober 2018 (Az. 1 BvR 2523/13, juris) folgt das eingeschränkte gerichtliche Kontrollmaß zwar nicht aus einer der Verwaltung eigens eingeräumten Einschätzungsprärogative, sondern schlicht aus dem Umstand, dass es insoweit am Maßstab zur sicheren Unterscheidung von richtig und falsch fehlt. Die Entscheidung führt jedoch nicht zu einem anderen Umfang der gerichtlichen Kontrolle. Auch nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts sind die Verwaltungsgerichte in derartigen Fällen auf eine Vertretbarkeits- bzw. Plausibilitätskontrolle der behördlichen Einschätzung beschränkt (vgl. dazu auch: Niedersächsisches OVG, Urteil vom 13.03.2019 - 12 LB 125/18 -, juris).

Dies zugrunde gelegt, stellt der artenschutzrechtliche Beitrag (vgl. Unterlage 12.4), der von der Beklagten als Grundlage für die eigene Prüfung herangezogen wurde (vgl. Seite 160 des Planfeststellungsbeschlusses), grundsätzlich eine geeignete Grundlage zur Beurteilung der artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände dar. Er ist hinsichtlich seiner Methodik nicht zu beanstanden.

Der artenschutzrechtliche Beitrag enthält eine systematische und artbezogene Prüfung der Verbotstatbestände des § 44 Abs. 1 BNatSchG. Prüfungsmaßstab ist insoweit die zum Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses anwendbare Fassung des Bundesnaturschutzgesetzes vom 29. Juli 2009. Nach einer Ermittlung des Artenspektrums (vgl. Ziffer 3 der Unterlage 12.4) werden zunächst die einzelnen Verbotstatbestände des § 44 Abs. 1 BNatSchG Art für Art überschlägig überprüft. Sind Konflikte im Hinblick auf die einzelnen Zugriffsverbote offensichtlich ausgeschlossen, wird die jeweilige Art als „nicht relevant“ für eine detaillierte Konfliktanalyse gekennzeichnet (vgl. Ziffer 4.2 und Tabelle 4 der Unterlage 12.4). In einem zweiten Schritt wird für die verbleibenden Arten detailliert geprüft, inwieweit es zur Tötung oder Verletzung von Individuen, zu erheblichen Störungen oder zu Zerstörungen bzw. Beschädigungen von Fortpflanzungs- und Ruhestätten kommen kann (vgl. Ziffer 4.3 der Unterlage 12.4). Sodann werden erforderliche Vermeidungs- und Schutzmaßnahmen im Rahmen der Konflikt-analyse angesprochen und dargestellt (vgl. Ziffer 5 der Unterlage 12.4) sowie vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen geprüft (vgl. Ziffer 6 der Unterlage 12.4).

Soweit die Kläger kritisieren, dass aus dem artenschutzrechtlichen Beitrag häufig nicht hervorgehe, mit welcher Art von Maßnahme welcher Verbotstatbestand verneint werden solle, dies jedoch erforderlich sei, da für die drei Verbotstatbestände unterschiedliche gesetzliche Voraussetzungen gälten und die sog. CEF-Maßnahmen des § 44 Abs. 5 Satz 2 und 3 BNatSchG nur beim Zerstörungsverbot eingesetzt werden könnten, führt dies nicht auf einen gerichtlich zu beanstandenden Mangel des artenschutzrechtlichen Beitrags. Unter Ziffer 5 der Unterlage 12.4 wird dezidiert aufgeführt, welchen artenschutzrechtlichen Verbotstatbeständen durch welche konkreten Maßnahmen begegnet werden soll. Ergänzend stellt auch die Maßnahmenkartei (vgl. Unterlage 12.3.3) dar, auf welche Arten und welche Konflikte sich die einzelnen Maßnahmen beziehen. Zwar ist den Klägern zuzustimmen, dass vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen im Sinne des § 44 Abs. 5 BNatSchG nur bei einer möglichen Zerstörung von Lebensstätten vorgesehen sind. Bezüglich des Tötungsverbots und insbesondere des Störungsverbots können derartige Maßnahmen jedoch den Charakter von Vermeidungsmaßnahmen haben, die sicherstellen, dass Tötungen von Individuen oder erhebliche Störungen nicht eintreten (vgl. dazu Urteil des Senats vom 22.04.2016 - 7 KS 27/15 -, juris, m. w. N., sowie ergänzend die nachfolgenden Ausführungen zu § 44 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 BNatSchG).

Auch soweit für einzelne Arten - insbesondere für einzelne Vogelarten - eine gildenweise Prüfung erfolgt ist, ist dies nicht zu beanstanden. Der Planfeststellungsbehörde obliegt bei der Anwendung des § 44 Abs. 1 BNatSchG auch die fachliche Beurteilung, ob und inwieweit auf eine raumbezogene Bestandsaufnahme und Prüfung bei sog. ubiquitären Vogelarten bzw. Allerweltsvogelarten verzichtet werden kann (vgl. BVerwG, Beschluss vom 08.03.2018 - 9 B 25.17 -, juris; Urteil des Senats vom 31.07.2018 - 7 KS 17/16 -, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29.03.2017 - 11 D 70.09.AK -, juris).

Allerdings ist das auf der Grundlage des artenschutzrechtlichen Beitrags gefundene Ergebnis der Beklagten, durch das Vorhaben würden keine artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände nach § 44 Abs. 1 BNatSchG erfüllt, zu beanstanden. Durch das Vorhaben wird der artenschutzrechtliche Verbotstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG erfüllt (dazu unter a)). Eine Verwirklichung des Störungstatbestands des § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG ist bei einer Zulassung des Vorhabens jedoch nicht zu befürchten (dazu unter b)). Ein Verstoß gegen das Beschädigungs- und Zerstörungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG ist ebenfalls zu verneinen (dazu unter c)).

a)

Durch das Vorhaben wird der Verbotstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG erfüllt.

Nach dieser Vorschrift ist es verboten, wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören. Diese Vorschrift ist individuenbezogen; geschützt ist jedes einzelne Exemplar (vgl. Lau in: Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 2. Auflage 2016, § 44 Rn. 10). Einen populationsbezogenen Ansatz, wie er in § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG niedergelegt ist, enthält § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG nicht.

Die Rechtsprechung sieht das - praktisch vor allem bedeutsame - Tötungsverbot gleichwohl nur dann verwirklicht, wenn das betreffende Vorhaben das Tötungsrisiko der im Vorhabenbereich vorkommenden Individuen besonders geschützter Arten in signifikanter Weise erhöht und diese infolge dessen umkommen. So ist der Tatbestand des Tötungsverbots mit Blick auf die bei einem Straßenbauvorhaben nie völlig auszuschließende Gefahr von Kollisionen geschützter Tiere mit Kraftfahrzeugen erst dann erfüllt, wenn das Vorhaben dieses Risiko in einer für die betroffene Tierart signifikanten Weise erhöht. Dabei sind Maßnahmen, mittels derer solche Kollisionen vermieden werden können, in die Betrachtung einzubeziehen. Der Tatbestand ist nur erfüllt, wenn das Risiko kollisionsbedingter Verluste von Einzelexemplaren einen Risikobereich übersteigt, der mit einem Verkehrsweg im Naturraum immer verbunden ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.04.2016 - 9 A 10.15 -, juris; BVerwG, Urteil vom 14.07.2011 - 9 A 12.10 -, juris; BVerwG, Urteil vom 09.07.2008 - 9 A 14.07 -, juris). Diese Maßstäbe gelten nicht nur für das betriebsbedingte Risiko von Kollisionen im Straßenverkehr, sondern auch für bau- und anlagebezogene Risiken (vgl. BVerwG, Urteil vom 08.01.2014 - 9 A 4.13 -, juris). Wird etwa ein baubedingtes Tötungsrisiko durch Vermeidungsmaßnahmen bereits bis zur Schwelle des allgemeinen Lebensrisikos, dem die Individuen der jeweiligen Art ohnehin unterliegen, gesenkt, kann nach dem Maßstab praktischer Vernunft keine weitergehende artenschutzrechtliche Verantwortlichkeit bestehen (BVerwG, Urteil vom 08.01.2014 - 9 A 4.13 -, juris). Dem Signifikanzansatz liegt die Überlegung zugrunde, dass in Abhängigkeit von der jeweiligen Art der Schutz eines jeden einzelnen Individuums und seiner Entwicklungsformen in jeder Fallkonstellation weder tatsächlich leistbar noch biologisch sinnvoll und verhältnismäßig ist (vgl. Urteil des Senats vom 31.07.2018 - 7 KS 17/16 -, juris).

Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos ist mittlerweile in § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BNatSchG in der Fassung vom 15. September 2017 (n. F.). kodifiziert worden. Sind in Anhang IV Buchstabe a) der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Tierarten, europäische Vogelarten oder solche Arten betroffen, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Abs. 1 Nr. 2 aufgeführt sind, liegt ein Verstoß gegen das Tötungs- und Verletzungsverbot nach Absatz 1 Nr. 1 nicht vor, wenn die Beeinträchtigung durch den Eingriff oder das Vorhaben das Tötungs- und Verletzungsrisiko für Exemplare der betroffenen Arten nicht signifikant erhöht und diese Beeinträchtigung bei Anwendung der gebotenen, fachlich anerkannten Schutzmaßnahmen nicht vermieden werden kann.

Von diesen Grundsätzen geht - entgegen der Auffassung der Kläger - auch der artenschutzrechtliche Beitrag aus, der von der Beklagten als Grundlage für die eigene Prüfung herangezogen wurde (vgl. Seite 160 des Planfeststellungsbeschlusses). Unter Ziffer 4.2 der Unterlage 12.4 heißt es ausdrücklich, dass nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG zunächst jedes Individuum geschützt werde und seine Tötung verboten sei. In der Rechtsprechung sei jedoch in diese Rechtsvorschrift eine Erheblichkeitsschwelle eingeführt worden. Kollisionsbedingte Verluste einzelner Exemplare lägen demnach in einem Risikobereich, der mit einem Verkehrsweg immer verbunden sei. Der Tötungstatbestand sei nur dann erfüllt, wenn sich durch das Straßenbauvorhaben das Kollisionsrisiko in signifikanter Weise erhöhe. Diese Prämisse ist nicht zu beanstanden.

Allerdings hat die Beklagte nicht zur Überzeugung des Senats dargelegt, dass es durch den Betrieb der Straße - auch unter Beachtung der angeordneten Vermeidungs- und Schutzmaßnahmen - nicht zu einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos für einzelne Vogelarten kommt (dazu unter aa)). Rechtsfehlerfrei erweist sich jedoch die Annahme, dass hinsichtlich der im Wirkraum des Vorhabens vorkommenden Fledermausarten (dazu unter bb)) sowie der Grünen Keiljunger (dazu unter cc)) die Erfüllung des Verbotstatbestands des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG nicht zu befürchten ist.

aa)

Für einen großen Teil der im Wirkraum des Vorhabens vorkommenden europäischen Vogelarten ist der Verbotstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG nicht erfüllt. Die Beklagte geht insoweit zu Recht davon aus, dass eine Erfüllung des Tötungstatbestands durch betriebsbedingte Risiken der geplanten Ortsumgehung Wunstorf - namentlich durch Kollisionen mit dem Straßenverkehr - ausgeschlossen ist (dazu unter (1)). Hinsichtlich einzelner Vogelarten, namentlich der Rauchschwalbe, des Rotmilan, des Turmfalken und des Stars, ist der Verbotstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG jedoch erfüllt. Die Beklagte hat insoweit nicht zur Überzeugung des Senats dargelegt, dass es durch den Betrieb der Straße nicht zu einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos kommt (dazu unter (2)). Die für den Weißstorch und die Waldohr-eule planfestgestellten Maßnahmen V03 und S05 sind hingegen geeignet, um eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos durch den Betrieb der Straße auszuschließen (dazu unter (3)).

(1)

Die Kläger sehen für eine Vielzahl von Vogelarten - namentlich die Arten Amsel, Bluthänfling, Dorngrasmücke, Feldlerche, Feldsperling, Goldammer, Grünfink, Klappergrasmücke, Nachtigall, Rebhuhn, Rohrammer, Singdrossel, Sommergoldhähnchen, Sumpfrohrsänger, Wiesenpieper, Wiesenschafstelze und Zilpzalp - den Tötungstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG als erfüllt an. Die Reviermittelpunkte der genannten Vogelarten lägen zum Teil unmittelbar neben der Straße, so dass für die beiderseits der Trasse nach Nahrung suchenden Tiere mit einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos zu rechnen sei. Es sei mit regelmäßigen Querungen der derzeit gefahrlosen Offenlandschaft zu rechnen.

Mit diesem Vorbringen dringen die Kläger nicht durch.

Um einschätzen zu können, inwieweit Kollisionsgefahren für die jeweilige Vogelart relevant sein können, beurteilt der artenschutzrechtliche Beitrag auf der Basis von Angaben in dem Kompendium der Vögel Mitteleuropas (Bauer et al. 2005), ob Straßenverkehrsunfälle als ein Gefährdungsfaktor zu sehen sind (vgl. Ziffer 4.2 der Unterlage 12.4). In Tabelle 4 der Unterlage 12.4 wird danach für jede einzelne Vogelart aufgeführt, ob ein Kollisionsrisiko als Gefährdungsfaktor bekannt ist und wenn ja, wie hoch dieses ist. Dieses Vorgehen der Beklagten erweist sich - entgegen der Auffassung der Kläger, die darin eine unzulässige populationsbezogene Betrachtung sehen - als geeignet, um das Kollisions- und damit das Tötungsrisiko von Vögeln zu beurteilen. Eine signifikante Risikoerhöhung im Sinne des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG kann nämlich nur angenommen werden, wenn es um Tiere geht, die aufgrund ihrer Verhaltensweisen im Vorhabenbereich ungewöhnlich stark von den Risiken der mit dem Vorhaben verbundenen Auswirkungen betroffen sind, sich diese Risiken auch durch die konkrete Ausgestaltung des Vorhabens einschließlich etwaiger Vermeidungsmaßnahmen nicht beherrschen lassen und es somit zu einer deutlichen Steigerung des Tötungsrisikos kommt, die nicht mehr unterhalb des Gefahrenbereichs bleibt, der mit der betreffenden Tätigkeit im Naturraum immer verbunden ist (vgl. Lau in: Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 2. Auflage 2016, § 44 Rn. 14). Umstände, die für die Beurteilung der Signifikanz eine Rolle spielen, sind vor allem artspezifische Verhaltensweisen, Häufigkeit der Frequentierung des betreffenden Raums und die Wirksamkeit vorgesehener Schutzmaßnahmen. Der Planfeststellungsbehörde obliegt insoweit die fachliche Beurteilung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23.01.2015 - 7 VR 6.14 -, juris). Ob eine über das allgemeine Lebensrisiko hinausgehende Gefährdung vorliegt, bedarf danach einer fachlichen Betrachtung. Es ist zu prüfen, ob eine Art nach der einschlägigen Literatur von ihrer artspezifischen Verhaltensweise her als kollisionsgefährdet gilt. Für diese Prüfung hat die Beklagte - wie dargelegt - die fachwissenschaftlichen Angaben in dem Kompendium der Vögel Mitteleuropas (Bauer et al. 2005) herangezogen. Dies ist nicht zu beanstanden.

Soweit die Kläger meinen, die vom Bundesverwaltungsgericht entwickelte - und nunmehr in § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BNatSchG in der Fassung vom 15. September 2017 (n. F.) kodifizierte - Signifikanzschwelle komme nicht zum Tragen und Individuen europäischer Vogelarten seien einem massiv erhöhten Tötungsrisiko jedenfalls dann ausgesetzt, wenn ein Revier unmittelbar an der Trasse einer vielbefahrenen Straße liege, da die Tiere zur Nahrungssuche regelmäßig von der einen auf die andere Straßenseite wechseln müssten und zudem der Straßenraum selbst als vermeintlich attraktiver Nahrungsraum genutzt werde, kann dem in seiner Absolutheit nicht gefolgt werden. Die These ist zu pauschal. Ob es zu einem signifikant erhöhten Tötungsrisiko durch Kollisionen mit dem Straßenverkehr kommt, erfordert auch in dem Fall, in dem ein Revier unmittelbar an die Straßentrasse angrenzt, eine fachliche Betrachtung der artspezifischen Verhaltensweisen der betroffenen Vogelarten (z. B. Flugverhalten, artspezifische Attraktivität des Straßenumfelds als Nahrungsraums) und der lokalen Verhältnisse (z. B. Überflughäufigkeit, durch Hindernisse erzwungene Überflughöhe) (vgl. BMVBS, „Arbeitshilfe Vögel und Straßenverkehr“, 2010, bearbeitet von Garniel und Mierwald, im Folgenden: Garniel & Mierwald 2010, Seite 9). Es greift zu kurz anzunehmen, alle Vogelarten reagierten gleichermaßen auf die Nähe zur Straßentrasse und seien daher kollisionsgefährdet. Daher reicht es auch nicht aus, wenn die Kläger pauschal darauf verweisen, ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko gelte aufgrund ihrer hohen Aktivitätsdichte jedenfalls für die Individuen eines Reviers der Dorngrasmücke und die von mindestens vier Feldlerchen-, zwei Schafstelzen-, einem Singdrossel-, einem Amsel- und einem Rotkehlchen-Revier.

Die Beklagte verweist mit der von ihr vorgelegten „Fachgutachterlichen Stellungahme zu den naturschutzrechtlichen Fragen des Schriftsatzes des Klägers vom 15.1.2019“ von Prof. Dr. AD. und Dipl.-Ing. AF. der AG. vom 27. Juni 2019 daneben auf den Leitfaden „Übergeordnete Kriterien zur Bewertung der Mortalität wildlebender Tiere im Rahmen von Projekten und Eingriffen“ von Bernotat und Dierschke vom 20. September 2016 (nachfolgend: Bernotat & Dierschke 2016). Dieser enthält einen gerade für Vögel entwickelten Mortalitäts-Gefährdungs-Index, der nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, Beschluss vom 08.03.2018 - 9 B 25.27 -, juris) auch im Rahmen des Zugriffsverbots des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG Anerkennung findet. Der Kritik der Kläger, Bernotat & Dierschke 2016 relativierten den individuenbezogenen Verbotstatbestand populationsbiologisch, vermag insoweit nicht gefolgt zu werden. Bernotat & Dierschke 2016 stufen das artspezifische Kollisionsrisiko an Straßen in fünf Stufen ein. Bei den meisten Arten besteht eine geringe bzw. mittlere Kollisionsgefährdung (vgl. Bernotat & Dierschke 2016, Seite 86 ff.). Die Beklagte kommt auf der Grundlage dieses Leitfadens nachvollziehbar zu dem Ergebnis, dass sich bei der insgesamt mittleren Konfliktintensität der geplanten Ortsumgehung ein geringes konstellationsspezifisches Risiko für die von den Klägern aufgeführten Arten ergebe, so dass ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko nicht gegeben sei. Prof. Dr. AD. hat in der mündlichen Verhandlung ergänzend erläutert, dass auch Arten, bei denen ein hohes Kollisionsrisiko bestünde, eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos zu verneinen sei, wenn ihnen ein geringer Mortalitäts-Gefährdungs-Index zuzuordnen sei. Zu beurteilen sei daher nicht nur das Tötungs- bzw. Kollisionsrisiko, sondern dies sei stets in Bezug zum Mortalitäts-Gefährdungs-Index zu setzen. Das Bundesverwaltungsgericht habe die Anwendung des Mortalitäts-Gefährdungs-Indexes gebilligt. Dem folgt der Senat. Die Kläger sind dieser fachgutachterlichen Einschätzung nicht substantiiert entgegengetreten. Ihr schlichter Hinweis, dass „für eine ganze Reihe unberücksichtigter europäischer Vogelarten gleich hohe Risiken wie für Fledermäuse“ gälten und dass für einen Teil dieser Arten nicht einmal Sachverhaltsermittlungen vorlägen, bleibt pauschal und unsubstantiiert.

Die Beklagte weist zudem zu Recht darauf hin, dass Vogelarten, deren Reviere unmittelbar an der Trasse einer vielbefahrenen Straße gelegen sind, ihren Brutplatz und/oder ihre Aktivität infolge der Störwirkungen durch die neue Straße weitgehend verlagern und die Nähe zur Straße regelmäßig meiden werden (sog. störungsbedingtes Ausweich- und Meideverhalten), so dass dadurch ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko infolge der - von den Klägern befürchteten - Querung der Straße entfällt. Der Einwand der Kläger, auch die Nahbereiche selbst vielbefahrener Straßen seien trotz der habitatmindernden Störwirkung der Straße von Vögeln besiedelt und es könne bei einer An- bzw. Zerschneidung des Reviers von einer Weiternutzung des Reviers ausgegangen werden, solange dieses nicht völlig zerstört werde, greift auch insoweit zu kurz. Auf die Vielzahl der Vogelarten trifft diese These nicht zu. Straßen lösen regelmäßig ein Meideverhalten aus, dessen Stärke teilweise von der Verkehrsbelastung bestimmt wird (vgl. nur Garniel & Mierwald 2010, Seite 6 f.). So kommen in den ersten 100 m, die sich an den Fahrbahnrand anschließen, (extrem) wenig Vögel vor. Darin manifestiert sich die Wirkung aller negativen Effekte der Straße und des Verkehrs (vgl. Garniel & Mierwald 2010, Seite 2). Das von der Beklagten zugrunde gelegte Ausweich- und Meideverhalten trifft daher grundsätzlich zu. In der von der Beklagten vorgelegten „Fachgutachterlichen Stellungahme zu den naturschutzrechtlichen Fragen des Schriftsatzes des Klägers vom 15.1.2019“ von Prof. Dr. AD. und Dipl.-Ing. AF. der AH. vom 27. Juni 2019 wird insoweit nachvollziehbar darauf hingewiesen, dass von den Offenlandarten zwar Reviere der Feldlerche und der Schafstelze tangiert seien, diese zukünftig aber aufgrund des bekannten Meideverhaltens soweit Abstand von der Straße halten würden, dass kein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko bestehe. Zwar gibt es auch vergleichsweise störungsunempfindliche Arten, die im trassennahen Bereich brüten, wie z. B. Rotkehlchen und Amsel (vgl. Garniel & Mierwald 2010, Seite 10). Dass es gerade für solche Vogelarten im vorliegenden Fall in der Nähe ihrer Reviere zu einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos kommt, haben die Kläger jedoch nicht substantiiert dargelegt.

Dies gilt umso mehr, als sie die von der Beklagten - wenn auch teilweise zu anderen Zwecken - planfestgestellten Maßnahmen außer Acht lassen, die in der Sache jedoch auch den kollisionsgefährdeten Vogelarten zugutekommen. Alle Maßnahmen, mittels derer Kollisionen mit Kraftfahrzeugen vermieden werden können, sind - wie bereits dargelegt - in die Betrachtung einzubeziehen. Vorliegend ist die Erwartung berechtigt, dass die den Verbotstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG erfüllende Kollisionsgefahr für die betrachteten Vogelarten durch Maßnahmen wie die Errichtung der Lärmschutzwände, der Fledermaus-Querungshilfen, der Irritationsschutzwänden und der Wildschutzzäune sowie durch die Anlage von Gebüschstreifen, die allesamt das Einfliegen in die Trasse verhindern, auf ein nicht mehr erhebliches Maß gesenkt wird (vgl. dazu: BVerwG, Urteil vom 23.04.2014 - 9 A 25.12 -, juris). Ein signifikant gesteigertes Risiko von Kollisionsschäden ist noch nicht dadurch erreicht, dass möglicherweise einzelne Individuen zu Schaden kommen (vgl. Urteil des Senats vom 22.04.2016 - 7 KS 27/15 -, juris). Unter Berücksichtigung der bereits beschriebenen Maßnahmen ist für die betrachteten Vogelarten davon auszugehen, dass der Gefahr etwaiger Verluste durch direktes Einfliegen in die Trasse so wirksam begegnet wird, dass allenfalls ein Risiko des Verlustes von Einzelexemplaren zu besorgen ist.

Der von den Klägern herangezogene Vergleich zwischen Fledermäusen und europäischen Vogelarten bei der Bewertung des zu betrachtenden Tötungsrisikos vermag schon im Ansatz nicht zu überzeugen. Der Umstand, dass die Beklagte bei den Fledermäusen im Bereich Altensruh und im Bereich Nordrehr aufgrund der festgestellten Fledermausaktivität von einem signifikant erhöhten Tötungsrisiko ausgeht und deshalb Vermeidungsmaßnahmen vorsieht, zieht keine automatische Bejahung eines signifikant erhöhten Tötungsrisikos für Individuen solcher Vogelreviere nach sich, die durch die Trasse zerschnitten werden. Denn selbst wenn man den Klägern insoweit folgen wollte, dass die Aktivitätsdichte bei den Vögeln deutlich höher ausfällt als bei den Fledermäusen, unterscheiden sich die Fledermäuse und die europäischen Vogelarten hinsichtlich ihrer artspezifischen Verhaltensweisen derart, dass nicht gleichermaßen von einer Kollisionsgefahr und damit von einem signifikant erhöhten Tötungsrisiko ausgegangen werden kann.

(2)

Hinsichtlich einzelner Vogelarten, namentlich der Rauchschwalbe, des Rotmilan, des Turmfalken und des Stars, hat die Beklagte jedoch auch vor dem Hintergrund der soeben gemachten Ausführungen nicht zur Überzeugung des Senats dargelegt, dass es durch den Betrieb der Straße nicht zu einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos kommt. Dieser Mangel rechtfertigt zwar nicht die mit dem Hauptantrag begehrte Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses, weil Heilungsmöglichkeiten in einem ergänzenden Verfahren verbleiben, wohl aber die mit dem Hilfsantrag begehrte Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit. Insoweit kann auch die Kausalität des Mangels für die Eigentumsbetroffenheit der Kläger nicht verneint werden, da angesichts der planerischen Optionen der Beklagten nicht ausgeschlossen werden kann, dass die fehlerfreie Beachtung dieses Belangs zu einer Veränderung der Planung im Bereich der klägerischen Grundstücke führen würde.

(a)

Der Tötungstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG ist zunächst für die Rauchschwalbe erfüllt.

In dem artenschutzrechtlichen Beitrag, der von der Planfeststellungsbehörde als Grundlage für die eigene Prüfung herangezogen wurde (vgl. Seite 160 des Planfeststellungsbeschlusses) und an dessen Bewertungen sie sich mangels eigenständiger Ausführungen in dem Planfeststellungsbeschluss zum Tötungsverbot betreffend die Rauchschwalbe messen lassen muss, heißt es, dass die Rauchschwalbe ein regelmäßiger Nahrungsgast im Trassenbereich und Brutvogel in den umliegenden Dörfern sei (vgl. Tabellen 3 und 4 der Unterlage 12.4). Diese sachverständigen Einschätzungen entsprechen dem Vorbringen der Kläger, wonach die Art bei verschiedenen Gelegenheiten über der Straße jagend angetroffen worden sei. Ausweislich des artenschutzrechtlichen Beitrags ist für die Art ein Kollisionsrisiko gegeben, da die Art über Straßendecken nach Insekten jagt (vgl. Tabelle 4 der Unterlage 12.4). Straßen würden bei bestimmten Witterungsverhältnissen als Nahrungsquellen der Rauchschwalbe aufgesucht, wobei es zu Kollisionen mit dem Kfz-Verkehr kommen könne (vgl. Seite 43 der Unterlage 12.4). Es wird weiter ausgeführt, dass die Zahl der Unfallopfer an Rauchschwalben im Straßenverkehr zwar generell hoch sei, aber keine bedeutenden Auswirkungen auf die Population von Rauchschwalben zu haben scheine. Insofern gehe die Kollisionsgefahr der Rauchschwalbe im Bereich der geplanten Straße nicht über das allgemeine Lebensrisiko hinaus (vgl. Seite 43 der Unterlage 12.4). Der artenschutzrechtliche Beitrag erkennt damit selbst ein hohes Kollisionsrisiko für die Rauchschwalbe an, verneint jedoch eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos mit der Begründung, dass das hohe Kollisionsrisiko keine bedeutenden Auswirkungen auf die Rauchschwalben-Population habe. Der artenschutzrechtliche Beitrag - und ihm folgend die Beklagte - wählt damit einen populationsbezogenen Ansatz, der im Rahmen des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG jedoch nicht greift. Wie bereits dargelegt, ist die Vorschrift individuenbezogen und schützt die einzelnen Exemplare (vgl. Lau in: Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 2. Auflage 2016, § 44 Rn. 10).

Durch die Erläuterungen und Ergänzungen der Beklagten und ihres Fachgutachters Prof. Dr. AD. in der mündlichen Verhandlung ist nicht zur Überzeugung des Senats dargelegt worden, dass es durch den Betrieb der Straße nicht zu einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos für die Rauchschwalbe kommt. Prof. Dr. AD. hat ausgeführt, dass die Formulierungen in dem artenschutzrechtlichen Beitrag, die auf die Auswirkungen auf die Rauchschwalbenpopulation hinwiesen, missverständlich seien. Tatsächlich sei ein signifikantes Tötungsrisiko einzelner Individuen nicht gegeben. Zwar sei die Rauschwalbe grundsätzlich kollisionsgefährdet. Hier seien aber keine erhöhten Gefahren einzustellen gewesen. Es sei nicht erkennbar, dass die geplante Straße ein größeres Risiko verursache als jede andere Straße. Die Straße weise keine besondere Lage auf, die Rauchschwalben anlocke. Es gebe gute Nahrungshabitate außerhalb der Straße, so dass die Rauchschwalben nicht auf das Futter im Straßenraum angewiesen seien. Zudem werde die Anlockwirkung durch die Gehölzpflanzungen entlang der Straße abgeschwächt. Diese Ausführungen vermögen den Senat nicht davon zu überzeugen, dass es trotz der grundsätzlich bestehenden - und von der Beklagten eingeräumten - Kollisionsgefährdung der Rauschwalbe vorliegend nicht zu einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos kommt. Denn entgegen der Auffassung der Beklagten sind für die Rauschwalbe im konkreten Fall erhöhte Gefahren einzustellen. Der Kläger zu 1. hat in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass mehrere Rauchschwalben in der Halle seines landwirtschaftlichen Betriebes nisteten. Die Rauchschwalben brüteten unmittelbar neben der geplanten Trasse. Dieser Umstand, den die Beklagte nicht in Abrede gestellt hat, führt dazu, dass vorliegend mit einer erhöhten Aktivität von Individuen im Straßenraum zu rechnen ist. Der Fachgutachter der Kläger, Dr. AC., hat insoweit nachvollziehbar darauf hingewiesen, dass mit einer Konzentration von Rauchschwalben im Trassenbereich zu rechnen sei, da diese ihren Schwerpunkt auf dem landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers zu 1. hätten und verstärkt über die Flächen des Biobetriebes flögen. Sowohl rechts als auch links der geplanten Straße befänden sich interessante Nahrungshabitate, die das Kollisionsrisiko signifikant steigerten, zumal für diese Art bei Bernotat & Dierschke 2016 ein hohes Kollisionsrisiko verzeichnet sei. Die Gehölzpflanzungen entlang der Straße hielten die Rauchschwalben nicht fern, vielmehr hielten sich Rauchschwalben bei windigem Wetter im Windschatten von vertikalen Strukturen auf, da sich dort auch die Insekten aufhielten. Die erhöhte Aktivität und Konzentration von Rauchschwalben gerade in dem geplanten Trassenbereich führt nach der Auffassung des Senats zu einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos.

(b)

Auch für den Rotmilan und den Turmfalken ist der Tötungstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG erfüllt.

Der Rotmilan ist ausweislich des artenschutzrechtlichen Beitrags und der durchgeführten Erfassungen ein regelmäßiger, aber nicht häufiger Nahrungsgast (vgl. Tabelle 3 der Unterlage 12.4). Für ihn ist das Kollisionsrisiko ausweislich des artenschutzrechtlichen Beitrags erhöht, weil die Straße gut erreichbare Nahrung anbietet und dadurch als Gefährdungsfaktor wirkt, sog. Falleneffekt (vgl. Tabelle 4 der Unterlage 12.4). Verluste an Verkehrsanlagen zählten zu den relevanten Gefährdungsursachen für den Greifvogel, der sich zu einem erheblichen Teil von Aas ernähre (Bauer et al. 2005). Rotmilane suchten Straßen teilweise systematisch nach Aas ab, wobei Kollisionen mit Kraftfahrzeugen keine Seltenheit darstellten (Walz 2005) (vgl. Seite 42 der Unterlage 12.4). Der Turmfalke ist ausweislich der durchgeführten Erfassungen ein regelmäßiger Nahrungsgast (vgl. Tabelle 3 der Unterlage 12.4). Auch für ihn ist ein - wenn auch geringes - Kollisionsrisiko gegeben. Die Straße stellt sowohl Nahrungsangebot als auch Unfallherd dar (vgl. Tabelle 4 der Unterlage 12.4). Zwar jagt der Turmfalke eher in den Randbereichen der Straße. Auch bei dieser Art werden Unfälle an Straßen jedoch als eine Gefährdungsursache genannt (Bauer et al. 2005) (vgl. Seite 43 der Unterlage 12.4). Die Beklagte bzw. der von ihr zugrunde gelegte artenschutzrechtliche Beitrag stellen hinsichtlich des Rotmilan und des Turmfalken trotz der erkannten Gefahren darauf ab, dass sich nicht belegen lasse, ob die Vorteile durch das zusätzliche Nahrungsangebot oder die Nachteile durch die vermehrte Unfallgefahr für die örtliche Population überwiegen würden (vgl. Seite 42 f. der Unterlage 12.4). Auch dies stellt - darauf weisen die Kläger zu Recht hin - eine populationsbezogene Betrachtungsweise dar, die im Rahmen des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG nicht greift. Entscheidend ist, dass der artenschutzrechtliche Beitrag von einer vermehrten Unfallgefahr für die einzelnen Individuen ausgeht. Die schlichte weitere Behauptung des artenschutzrechtlichen Beitrags, eine signifikante Erhöhung der verunfallten Tiere an der Ortsumgehung Wunstorf sei nicht zu erwarten (vgl. Seite 42 f. der Unterlage 12.4), vermag vor dem Hintergrund nicht zu überzeugen.

Dies gilt auch unter Berücksichtigung der Erläuterungen und Ergänzungen der Beklagten und ihres Fachgutachters Prof. Dr. AD. in der mündlichen Verhandlung. Soweit der Prozessbevollmächtigte der Beklagten darauf hingewiesen hat, dass die Planfeststellungsbehörde keinen populationsbezogenen Ansatz gewählt habe und dass es nicht auf die - vielleicht missverständlichen - Formulierungen in den Antragsunterlagen bzw. in dem artenschutzrechtlichen Beitrag der Vorhabenträgerin ankomme, auf die sich der Planfeststellungsbeschluss insoweit nicht stütze, kann dem so nicht gefolgt werden. Die Beklagte führt in dem Planfeststellungsbeschluss ausdrücklich aus, dass der von der Vorhabenträgerin vorgelegte artenschutzrechtliche Beitrag den Voraussetzungen, die an einen solchen Beitrag zu stellen seien, genüge und dass dieser deshalb von ihr, der Planfeststellungsbehörde, als Grundlage für die eigene Prüfung herangezogen worden sei (vgl. Seite 160 des Planfeststellungsbeschlusses). Da sich in dem Planfeststellungsbeschluss zum Tötungsverbot betreffend den Rotmilan und den Turmfalken keine eigenständigen Ausführungen finden, die von dem artschutzrechtlichen Beitrag abweichen, muss sich die Beklagte insoweit an dessen Bewertungen messen lassen. Aber auch die ergänzenden fachlichen Ausführungen in der mündlichen Verhandlung vermögen den Senat nicht davon zu überzeugen, dass es durch den Betrieb der Straße trotz der grundsätzlich bestehenden Kollisionsgefährdung für den Rotmilan und den Turmfalken nicht zu einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos kommt. Prof. Dr. AD. hat zunächst eingeräumt, dass im Rahmen des Tötungstatbestandes die Vorteile, die durch das zusätzliche Nahrungsangebot entstünden, nicht mit den Nachteilen gegengerechnet werden könnten. In der Sache sei die Erfüllung des Verbotstatbestands jedoch zu Recht verneint worden. Die Vogelarten Rotmilan und Turmfalke hätten in dem Trassenbereich keine überdurchschnittlich häufigen Aufenthaltszeiten. Insbesondere befände sich kein Brutvorkommen in der Nähe der Trasse. Hinzu komme, dass der umliegende Offenlandbereich ein ausreichendes Nahrungsangebot biete, so dass der sog. Falleneffekt der Straße zu relativieren sei. Entscheidend seien stets die konkreten Örtlichkeiten. Vorliegend befänden sich zum Beispiel keine Müllkippen etc. in Trassennähe, die Aasfresser anlocken würden. Zudem hielten die straßenbegleitenden Gehölzpflanzungen die Greifvögel von der Straße fern. Diesen Ausführungen ist der Fachgutachter der Kläger, Dr. AC., mit überzeugenden Argumenten entgegengetreten. Er hat anhand einer Kartenpräsentation erläutert, dass die geplante Trasse sowohl die Nahrungsreviere des Rotmilan als auch die des Turmfalken durchschneide, so dass von erhöhten Kollisionsgefahren auszugehen sei. Die Nahrungsreviere des Rotmilan lägen bei Bokeloh, im Norden von Wunstorf sowie zwischen Blumenau und Luthe, jeweils im Bereich der geplanten Trasse. Die Nahrungsreviere des Turmfalken befänden sich im Schwerpunkt im Bereich des landwirtschaftlichen Betriebes des Klägers zu 1., ebenfalls im Bereich der Trasse. Auf den Einwand der Beigeladenen, dass es keine feststehenden Nahrungsreviere für Greifvogelarten gebe, hat Dr. AC. erläutert, dass insoweit zwar Dynamik in der Landschaft sei, die Greifvogelarten jedoch stets die Offenlandschaft - und damit auch den Bereich der geplanten Trasse - nutzten. Dies zeigten die durchgeführten Kartierungen. Dass die diesbezüglichen Ausführungen des Dr. AC. - jedenfalls im Kern - zutreffend sind, zeigen letztlich auch die im artenschutzrechtlichen Beitrag dokumentierten Erfassungen, wonach der Rotmilan ein regelmäßiger, aber nicht häufiger Nahrungsgast, und der Turmfalke ein regelmäßiger Nahrungsgast im Einwirkungsbereich des Vorhabens ist (vgl. Tabelle 3 der Unterlage 12.4). Durchschneidet die Trasse damit die Nahrungsreviere der Greifvogelarten Rotmilan und Turmfalke, führt sie durch einen Bereich, in dem sich die Vogelarten vermehrt aufhalten. Da für diese Arten - ausweislich der Ausführungen des artenschutzrechtlichen Beitrags - generell eine erhöhte Kollisionsgefahr mit dem Straßenverkehr besteht, da diese Vogelarten im Straßenraum nach Nahrung suchen, konnte der Senat nicht zu der Überzeugung gelangen, dass es durch den Betrieb der geplanten Straße nicht zu einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos für den Rotmilan und den Turmfalken kommt.

(c)

Der Tötungstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG ist des Weiteren für den Star erfüllt.

Ausweislich des artenschutzrechtlichen Beitrags siedelt der Star als Brutvogel zwar schwerpunktmäßig im Hohen Holz weit abseits der Trasse (vgl. Seite 41 der Unterlage 12.4). Allerdings ist der Star ein häufiger Nahrungsgast (vgl. Tabelle 3 der Unterlage 12.4). Er tritt - darauf haben auch die Kläger ausdrücklich hingewiesen - außerhalb der Brutperiode in Schwärmen mit bis zu 500 Exemplaren auf. In dieser Zeit besteht ausweislich des artenschutzrechtlichen Beitrags ein erhöhtes Kollisionsrisiko mit dem Kfz-Verkehr (vgl. Seite 41 der Unterlage 12.4). In dem artenschutzrechtlichen Beitrag heißt es im Anschluss an diese Feststellungen weiter, dass der Straßenverkehr zwar zu den Gefährdungsursachen für den Star zähle (Bauer et al. 2005), es aber nicht zu erkennen sei, dass die Ortsumgehung Wunstorf gegenüber anderen Verkehrswegen ein erhöhtes Unfallrisiko berge. Die Straßenmortalität scheine auch generell keine bedeutende Auswirkung auf die Population zu haben (vgl. Seite 41 der Unterlage 12.4). Dieser populationsbezogene Ansatz kann - wie dargelegt - im Rahmen des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG keine Beachtung finden.

Auch durch die Erläuterungen und Ergänzungen der Beklagten und ihres Fachgutachters Prof. Dr. AD. in der mündlichen Verhandlung ist nicht zur Überzeugung des Senats dargelegt worden, dass es durch den Betrieb der Straße nicht zu einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos für den Star kommt. Prof. Dr. AD. hat ausgeführt, dass die Verlautbarung im artenschutzrechtlichen Fachbeitrag, wonach die Straßenmortalität keine bedeutende Auswirkung auf die Population zu haben scheine, nicht entscheidungsleitend für die Planfeststellung gewesen sei. Nach einer fachlichen Bewertung sei ein individuenbezogenes erhöhtes Tötungsrisiko nicht gegeben. Tatsächlich sei mit Starenschwärmen in einer Größenordnung von rund 500 Tieren zu rechnen. Diese Schwärme bewegten sich im Offenland und würden durch die geplanten Gehölzpflanzungen von der Straße ferngehalten. Der Fachgutachter der Kläger, Dr. AC., hat demgegenüber - in der Sache zutreffend - darauf hingewiesen, dass die Bepflanzung nicht durchgehend sei. Die Lücken würden von den Tieren genutzt werden. Nach Bernotat & Dierschke 2016 werde für den Star ein hohes Kollisionsrisiko angenommen. Im Übrigen seien auch während der Brutzeit kleinere Trupps zur Nahrungssuche unterwegs. Mit diesem Vorbringen hat er zur Überzeugung des Senats dargelegt, dass insbesondere aufgrund der lückenhaften Bepflanzung eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos für den Star nicht verneint werden kann.

(d)

Nicht durchdringen können die Kläger in diesem Zusammenhang allerdings mit ihrem Vorbringen zur Rohrweihe und zum Waldkauz.

Hinsichtlich der Rohrweihe ist ein relevantes Tötungsrisiko mit der Beklagten bereits deshalb zu verneinen, weil die Rohrweihe ihre Nahrung ausweislich des artenschutzrechtlichen Beitrags nicht an Straßen, sondern auf den Ackerflächen des Untersuchungsgebiets sucht (Bauer et al. 2005, Seite 324); die Gefährdung durch den Straßenverkehr ist deshalb von vornherein gering (vgl. Seite 43 der Unterlage 12.4). Diese fachliche Bewertung ist nicht zu beanstanden.

Hinsichtlich des Waldkauzes machen die Kläger geltend, dass die Straße im artenschutzrechtlichen Beitrag für den Waldkauz zwar zutreffend als Gefahrenherd erkannt werde, aber keine angemessenen Schlüsse gezogen würden. Denn der Waldkauz werde zwischen dem Hohen Holz und den besiedelten Bereichen pendeln und somit die derzeit gefahrlose Offenlandschaft queren. Nach Errichtung der Straße und der Anlage der verschiedenen Begleitmaßnahmen (Ruderalflächen, Gehölze) würden die Käuze diesen Bereich als interessante neue Struktur sogar aktiv aufsuchen und dort dann gegenüber der aktuellen Situation erstmalig einem Tötungsrisiko ausgesetzt sein. Dieses Vorbringen der Kläger vermag nicht zu überzeugen. Der Waldkauz siedelt als Brutvogel im Hohen Holz weit abseits der Trasse. Die Art nutzt - im Gegensatz zur Waldohreule - selten die offene Feldflur als Nahrungsraum, so dass der Trassenbereich von der Art kaum genutzt werden dürfte (vgl. Seite 41 der Unterlage 12.4). Hinzu kommt ein störungsbedingtes Meideverhalten zur Straße.

(3)

Die für den Weißstorch und die Waldohreule planfestgestellten Maßnahmen V03 und S05 sind geeignet, um eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos durch den Betrieb der Straße auszuschließen. Die Kritik der Kläger an den Maßnahmen überzeugt nicht.

Ausweislich des artenschutzrechtlichen Beitrags befinden sich randlich der Leineaue noch mehrere regelmäßig besetzte Horste des Weißstorchs. Der Horst in Blumenau liege nur 320 m von der geplanten Straße entfernt. Der Weißstorch nutze während der Brut- und Aufzuchtzeit der Jungen ganz überwiegend die Grünlandflächen der Leineaue zur Nahrungsaufnahme und müsse dann die geplante Straße regelmäßig überqueren. Zudem hätten auch Teile der Westaue-Niederung für ihn als Nahrungsgebiet Bedeutung (siehe Unterlage 12.2). Mögliche Kollisionsrisiken mit Kfz würden durch die Anbringung von Überflughilfen (Stelen) an der Brücke über die Westaue und durch eine entsprechende Bepflanzung der Straßenränder und Dammböschungen (Maßnahmen V03 und S05) entscheidend minimiert. Beobachtungen hätten gezeigt, dass die Weißstörche den Trassenbereich normalerweise in ausreichender Höhe überfliegen (vgl. Seite 41 f. der Unterlage 12.4).

Der artenschutzrechtliche Beitrag legt des Weiteren zugrunde, dass bei den Untersuchungen 2012 zwei Brutstandorte der Waldohreule in Trassennähe festgestellt wurden: Auf einem Grundstück in der Senator-Meier-Straße (Wunstorf-Nord) sowie am Rande des Umspannwerks Blumenau-Ost. Für die Waldohreule ist nach dem artenschutzrechtlichen Beitrag eine hohe Unfallgefährdung mit dem Straßenverkehr anzunehmen. Die beiden nachgewiesenen Paare brüteten am Ortsrand und nutzten die offene Feldflur und auch den unmittelbaren Trassenbereich als Jagdgebiet. Waldohreulen seien im Vergleich mit anderen Eulen- und Greifvogelarten relativ häufig von Kollisionen im Straßenverkehr betroffen (Glitzner 1999, Seite 32). Zum Schutz der Waldohreule werde im Bereich der Brutstandorte an der geplanten Straße ein beidseitiger dichter Gebüschriegel gepflanzt (Maßnahme S05). Durch die Pflanzungen werde zugleich die Attraktivität des unmittelbaren Straßenraums als Nahrungshabitat für die Waldohreule vermindert, da Beutetiere - selbst wenn vorhanden - nur noch schwer bis nicht mehr erreichbar seien (vgl. Seite 39 der Unterlage 12.4).

Die Maßnahme V03 sieht Überflughilfen für den Weißstorch (Stelen) vor. Ausweislich des Maßnahmenblatts querte die neue Straße den Flugkorridor zwischen dem Horststandort des Weißstorchs in Blumenau und den Nahrungsgebieten in der Leine- und Westaue-Niederung. Eine Kollisionsgefahr besteht insbesondere, wenn straßennahe Flächen an der Westaue aufgesucht werden. Zielsetzung der Maßnahme ist eine sichere Überquerung der Straße durch Vögel im Bereich der Westaueniederung. Zu diesem Zweck sollen Irritationsschutzwände errichtet werden, die aus 4 m hohen Stelen bestehen. Sie werden beidseits am Brückenrand in regelmäßigen Abständen von 2,50 m gesetzt. Überfliegende Weißstörche und andere Vögel, die längs des Flusses fliegen, werden dadurch veranlasst, einen sicheren Abstand zur Straßenoberfläche einzuhalten, was insbesondere von Bedeutung ist, wenn sie in der Nähe der Straße auffliegen (vgl. Maßnahmenblatt V03 der Unterlage 12.3.3; Seite 47 der Unterlage 12.4).

Die Maßnahme S05 sieht die Anlage von Gebüschstreifen zum Schutz des Weißstorchs und der Waldohreule vor Kollisionen vor. Ausweislich des Maßnahmenblatts quert die neue Straße den Flugkorridor zwischen dem Horststandort des Weißstorchs in Blumenau und den Nahrungsgebieten in der Leine- und Westaue-Niederung. Eine Gefährdung besteht insbesondere, wenn straßennahe Flächen an der Westaue aufgesucht werden. Darüber hinaus werden Flugkorridore der Waldohreule nördlich von Wunstorf sowie östlich von Blumenau gekreuzt. Zielsetzung der Maßnahme ist der Schutz des Weißstorches und der Waldohreule vor Kollisionen. Zu diesem Zweck sollen heimische, standortgerechte Gehölze gepflanzt werden. Zwischen Bau-km 4+650 und 6+080 sowie 6+120 und 7+190 werden spät Laub abwerfende Gehölze verwendet: Buche, Stieleiche, Traubeneiche, Hainbuche und Weißdorn. Der Bestand ist regelmäßig zu verjüngen, indem einzelne Stämme auf den Stock gesetzt werden. Es sind heckenartige Gebüsche zu entwickeln, mit einer maximalen Aufwuchshöhe von 15 m. Im Bereich der Böschungsschulter sind einreihig Großsträucher bzw. Heister zu pflanzen, H 350 - 400, Abstand 5 m (vgl. Maßnahmenblatt S05 der Unterlage 12.3.3). Um einen sofortigen Schutz bei der Freigabe des Verkehrs zu erreichen, sind größere Sträucher bzw. Baum-Heister zu pflanzen (Mindesthöhe 3,50 m) (vgl. Seite 48 der Unterlage 12.4).

Die Maßnahmen V03 und S05 sind geeignet, den Weißstorch vor Kollisionen mit dem Straßenverkehr zu schützen. Soweit die Kläger meinen, die Maßnahme S05 möge (erst) bei voller Ausprägung als bis zu 15 m hohe Gehölzreihe eine abweisende bzw. überlenkende Wirkung auf den Weißstorch haben, vermag diese schlichte Behauptung die nachvollziehbar begründete Auffassung der Beklagten, bereits bei einer Anfangshöhe der Gehölzpflanzung von 3,50 m sei sichergestellt, dass ein querender Storch in einer hinreichenden Höhe die Straße überfliege, nicht in Frage zu stellen. Die Wirksamkeit der Maßnahmen wird damit auch ohne längere Entwicklungszeit eintreten. Die Kritik der Kläger, die Maßnahme stelle für die Art eine vergrämende Barriere zu seinen Hauptnahrungsräumen dar und werde den Weißstorch aus seinen angestammten Nahrungsräumen vergrämen, da er zur Nahrungssuche offene Flächen bevorzuge und vertikale Strukturen meide, stellt die Geeignetheit der Maßnahme ebenfalls nicht durchgreifend in Frage. Eine Barrierewirkung der Gehölzreihe ist auszuschließen, da der Weißstorch ohne Probleme weitaus höhere Gebäude und Baumreihen überfliegt. Soweit der Weißstorch aufgrund der Meidung von Vertikalstrukturen tatsächlich aus ihm angestammten Nahrungsräumen vergrämt werden sollte, ist auf die Ausgleichsmaßnahme A09 hinzuweisen, wonach unter anderem ein neues Nahrungshabitat für den Weißstorch entwickelt wird. Die Maßnahme bezweckt ausweislich des artenschutzrechtlichen Beitrags die Schaffung von Nahrungsflächen für den Weißstorch, der Verlust an Nahrungsflächen wird dadurch ausgeglichen. Die Maßnahme wird auf zwei Teilflächen in der Leineaue nordöstlich von Luthe durchgeführt. Die heutigen Ackerflächen werden zukünftig extensiv und als Dauergrünland bewirtschaftet (vgl. Seite 51 der Unterlage 12.4; Maßnahmenblatt A09 der Unterlage 12.3.3). Soweit die Kläger meinen, die Maßnahmen V03 und S05 seien für den Weißstorch jedenfalls nicht ausreichend, weil durch das - im Rahmen einer Ausgleichsmaßnahme für ein anderes Verfahren - neu angelegte Gewässer für den Weißstorch unweit ihres Hofes in diesem Bereich nun ebenfalls umfangreiche Überflüge über die Trasse stattfänden, ohne dass hier entsprechende Schutzmaßnahmen vorgesehen seien, hat die Beklagte für den Senat nachvollziehbar dargelegt, dass zusätzliche intensive Flüge in Richtung des Hofs der Kläger nicht zu erwarten sind, da Hauptnahrungshabitat des Storches nicht Gewässer, sondern Grünlandflächen sind und für die Art mit der Maßnahme A09 geeignete neue Nahrungshabitate geschaffen werden. Dieser naturschutzfachlichen Einschätzung sind die Kläger nicht substantiiert entgegengetreten.

Die Maßnahme S05 ist des Weiteren geeignet, eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos für die Waldohreule auszuschließen. Die Beklagte hat für den Senat nachvollziehbar - und von den Klägern letztlich nicht in Frage gestellt - dargelegt, dass die Art in vorwiegend offenem Gelände jagt und auf deckungsarme Flächen mit niedrigem Pflanzenwuchs angewiesen ist, weshalb die Bepflanzung im Rahmen der Maßnahme S05 zum Fernhalten der Waldohreule von der Straße im Rahmen der Nahrungssuche beiträgt und ein Überfliegen in hinreichender Höhe sicherstellt. Soweit die Kläger vortragen, es komme durch die Maßnahme nicht zu einer Entschärfung des Kollisionsrisikos, vielmehr sei mit einem gezielten Anfliegen des Gehölzstreifens entlang der Straße durch die Waldohreule und mit einer Nahrungssuche im Inneren entlang des Straßenrandes zu rechnen, da in den Straßenseitenräumen mit einem erhöhten Nahrungsangebot zu rechnen sei und die Gehölze dabei einen gewissen Schutz gegen Wind und Wetter böten, kann dem nicht gefolgt werden. Diese Einschätzung widerspricht den dargestellten und in der Fachliteratur dokumentierten Nahrungshabitatansprüchen der Art. Der Verweis der Kläger auf Beispiele aus der Literatur hilft insoweit nicht weiter. In dem von den Klägern zitierten Beitrag von Fackelmann (2012) ging es um einen Abschnitt der A 8 zwischen München und Augsburg, der „auf weiten Strecken von Hecken, Gehölzen und Einzelbäumen gesäumt“ war. Auf die vorliegende Situation - Bundesstraße mit weniger Fahrstreifen und geringerem Verkehrsaufkommen, beidseitige Bepflanzung mit einem dichten Gebüschriegel - sind die Ergebnisse von Fackelmann (2012) nicht übertragbar. Gleiches gilt für Straka (1995), der tote Waldohreulen und Waldkäuze in den Bereichen fand, in denen die Trasse durch Wald führte. Vorliegend führt die Trasse weitgehend durch das Offenland.

bb)

Hinsichtlich der im Wirkraum des Vorhabens vorkommenden europäischen Fledermausarten - Große Bartfledermaus, Kleine Bartfledermaus, Breitflügelfledermaus, Fransenfledermaus, Großer Abendsegler, Rauhautfledermaus, Wasserfledermaus und Zwergfledermaus (vgl. Tabelle 3 der Unterlage 12.4) - ist der Verbotstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG nicht erfüllt. Die Beklagte geht insoweit zu Recht davon aus, dass eine Erfüllung des Tötungstatbestands durch betriebsbedingte Risiken der geplanten Ortsumgehung Wunstorf durch die im Planfeststellungsbeschluss der Beklagten vom 30. Dezember 2016 festgesetzten Vermeidungs- und Schutzmaßnahmen sowie durch die in der mündlichen Verhandlung vom 26. August 2019 verfügte Planergänzung mit der gebotenen hinreichenden Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen ist.

Die planfestgestellte Straßentrasse zerschneidet ausweislich der durchgeführten Fledermausuntersuchungen in den Jahren 2006, 2011 und 2011/2012 im Wirkraum des Vorhabens mehrere Fledermausflugrouten.

Im Rahmen der Fledermausuntersuchungen 2006 wurden zwei Fledermausleitstrukturen untersucht, die die geplante Ortsumgehung kreuzen. Dies betrifft zum einen die Ahornallee zwischen dem Ort Wunstorf und dem Wald Hohenholz (Bereich „Altensruh“) und zum anderen die weiter östlich verlaufende Baumreihe zwischen Klein Heidorn und Wunstorf (Bereich „Nordrehr“). Nach den Untersuchungen war die Aktivität an der Baumreihe im Bereich der geplanten Kreuzung mit der Umgehungsstraße im Bereich Altensruh außergewöhnlich hoch. Im Bereich Nordrehr war die Aktivität deutlich niedriger. In der naturschutzfachlichen Bewertung wurde festgehalten, dass die Verbindungsstruktur „Altensruh“ offenbar eine bedeutende Verbindungsstruktur darstelle. Sie werde von mindestens fünf Fledermausarten in beiden Richtungen genutzt. Bart- und Wasserfledermäuse hätten dabei eine starke akustische (möglicherweise auch optische) Bindung an die Vegetation gezeigt und seien zudem oft dicht über dem Boden geflogen. Diese Arten müssten als besonders empfindlich gegenüber den Wirkungen des Straßenbaus eingestuft werden. An den drei Untersuchungsabenden seien insgesamt ca. 100 Tiere dieser besonders empfindlichen Arten festgestellt worden. Um einen Fortbestand der Flugstraße südlich Altensruh zu gewährleisten, sollte eine Fledermausbrücke entworfen werden, die eine fortlaufende Vegetation über die Straße hinweg gewährleiste. Flankierend hierzu seien Überflughilfen in Form von Irritationsschutzwänden erforderlich. Im Bereich „Nordrehr“ seien hauptsächlich große Fledermäuse im Jagdflug beobachtet worden, die keinerlei Bindung zu den Alleebäumen zeigten (Abendsegler, Breitflügelfledermaus). Obwohl von Wunstorf ankommende Zwergfledermäuse über freies Feld geflogen seien, hätten sie in der Folge eine deutliche Orientierung an den Alleebäumen während ihres Fluges Richtung Klein Heidorn gezeigt. Die Anzahl der durchfliegenden Zwergfledermäuse sei bei unter zehn Tieren pro Abend gering geblieben. Für andere Arten habe diese Leitstruktur keine Bedeutung. Insgesamt sei nur mit einer geringfügigen Beeinträchtigung der Zwergfledermäuse durch den Bau der Straße zu rechnen. Es sei ausreichend, die Gehölzvegetation der Böschungen so weit wie möglich an die Überführung heranzuziehen (vgl. Anhang A4 der Unterlage 12.1).

Im Rahmen der faunistischen Kartierungen 2011 wurden die Ergebnisse aus dem Jahr 2006 durch erneute Durchflugkontrollen an den Fledermausleitstrukturen „Altensruh“ und „Nordrehr“ überprüft. An der Flugroute „Altensruh“ sei eine hohe Anzahl durchfliegender Fledermäuse zu registrieren gewesen. Pro Abend seien im Zeitraum von rund zwei Stunden 90 bis 156 Tiere registriert worden. Den größten Anteil hätten die Zwergfledermäuse ausgemacht. Fledermäuse der Gattung Myotis (u. a. Wasser- und Bartfledermäuse) stellten den zweitgrößten Anteil der Registrierungen. Im Bereich „Nordrehr“ seien erheblich weniger Fledermäuse registriert worden. Maximal seien es an einem Abend 19 Tiere gewesen. Auch hier sei die Zwergfledermaus die am häufigsten beobachtete Art gewesen (vgl. Anhang A16 der Unterlage 12.1).

Als Ergänzung zu den bereits vorliegenden Untersuchungen aus den Jahren 2006 und 2011 wurden seit dem Herbst 2011 im Rahmen der faunistischen Kartierungen 2011/2012 (Fledermäuse / Eulen) weitere Untersuchungen durchgeführt, um die Auswirkungen der geplanten Straße sowie die artenschutzrechtlichen Belange zu beurteilen. Hinsichtlich der Fledermäuse wurden vier zusätzliche potenzielle Flugrouten untersucht, zu denen bisher keine Daten vorlagen. Hierbei handelt es sich um folgende Bereiche: 1. Bahnstrecke Hannover - Bremen; diese wird beiderseits von einer teils lückigen Baum- und Gebüschreihe begleitet; 2. Leinechaussee und Westaue im Bereich der geplanten Querung; hier sind keine durchgehenden Gehölzreihen vorhanden, allerdings bietet vor allem die eingetiefte Westaue mit den begleitenden Saumstreifen eine potenzielle Leitlinie; 3. Feldweg zwischen Blumenau und Lehmbüntegraben; hier sind keine durchgehenden Gehölze vorhanden, allerdings waren potenziell Transferflüge aus der Bereich der Ortschaft zum Lehmbüntegraben zu erwarten; 4. Manhorner Straße zwischen Blumenau und Luthe; hier sind meist südlich, zum Teil auch nördlich der Straße jüngere Straßenbäume vorhanden, die eine teils alternierende, insgesamt aber mehr oder weniger durchgehende Baumreihe bilden. Zusammenfassend wurde festgehalten, dass die Flugroutenkontrollen aus 2006 und 2011 die herausragende Bedeutung der Baumreihe „Am Hohen Holz“ bei Altensruh als Verbindungslinie zwischen Quartier- und Jagdgebieten der Zwergfledermaus sowie verschiedener Myotisarten belegten. In diesem Bereich flögen regelmäßig sehr viele Fledermäuse durch; maximal seien im Verlauf von zwei Stunden 138 Durchflüge registriert worden. Hinzu kämen jagende Tiere, wobei die Bedeutung als Nahrungshabitat gegenüber der als Leitlinie für Transferflüge deutlich zurücktrete. Die anderen untersuchten Bereiche träten demgegenüber in ihrer Bedeutung als Flugroute deutlich zurück. Im Bereich Nordrehr sowie entlang der Bahnstrecke seien maximal 13 bzw. 21 Fledermäuse bei Transferflügen beobachtet worden, allerdings sei die Bedeutung der Bahnstrecke als Jagdhabitat größer. Da die Nordumgehung in einem Trog unter der Bahnstrecke hindurchgeführt werde und die Gehölzbestände längs der Bahn weitgehend erhalten blieben, könnten Fledermäuse auch weiterhin ohne Beeinträchtigung entlang der Gehölze jagen bzw. durchfliegen. Eine Kollisionsgefahr bestehe in diesem Bereich nicht. Die Westaue sei ebenfalls als Nahrungshabitat für verschiedene Arten bedeutsam. Es ergebe sich kein Konflikt, da die Nordumgehung die Westaue auf einem Brückenbauwerk mit 55 m lichter Weite und 2,5 m lichter Höhe (an der niedrigsten Stelle) überqueren werde. Die am Gewässer jagenden Fledermäuse würden die sich durch die Brücke ergebende Unterflugmöglichkeit nutzen. Die Leinechaussee besitze weder als Nahrungsgebiet noch als Flugroute eine Bedeutung. Gleiches gelte für die Manhorner Straße zwischen Blumenau und Luthe. Der Lehmbüntegraben diene verschiedenen Fledermausarten als Jagdhabitat, eine regelmäßig beflogene Transferroute existiere jedoch nicht. Zudem sei die Zahl der registrierten Fledermäuse in diesen Bereichen so gering, dass kein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko bestehe (vgl. Anhang A17 der Unterlage 12.1).

Auf der Grundlage dieser Untersuchungen sehen der artenschutzrechtliche Beitrag und ihm folgend der Planfeststellungsbeschluss in der Fassung der in der mündlichen Verhandlung verfügten Planergänzung zur Vermeidung von Kollisionen von Fledermäusen mit dem Straßenverkehr die Maßnahme V02 vor. Die Maßnahme, die die Anlage von Fledermausquerungshilfen vorsieht, dient im Wesentlichen den Fledermausarten Große Bartfledermaus, Kleine Bartfledermaus, Wasserfledermaus und Zwergfledermaus. Für die weiteren Fledermausarten sei die Kollisionsgefahr nur gering. Breitflügelfledermaus und Großer Abendsegler flögen in der Regel in größeren Höhen über die geplante Straße. Die Fransenfledermaus, die vorzugsweise im Wald jage, werde die Ortsumgehung vermutlich nur selten queren. Die Arten profitierten zudem von den Vorkehrungen, die für die eingangs aufgeführten Fledermausarten zur Querung der Straße konzipiert sind (vgl. Seite 29 ff. der Unterlage 12.4; Seite 163 des Planfeststellungsbeschlusses).

Ausweislich des Maßnahmenblatts V02 kommt es durch den Bau der B 441 zur Zerschneidung einer Fledermausleitstruktur im Bereich „Altensruh“ (Konflikt K2) und zur Zerschneidung einer Fledermausleitstruktur im Bereich „Nordrehr“ (Konflikt K3), wodurch die Gefahr von Kollisionen mit Kraftfahrzeugen besteht. Zielsetzung der Maßnahme V02 ist die Vermeidung der Beeinträchtigung von Fledermausarten bei der Querung der B 441/Altensruh sowie der Straße Am Hohen Holz und des Radweges Nordrehr während der Bau- und Betriebsphase. Im Rahmen der Durchführung der Maßnahme werden zur Orientierung und problemlosen Überquerung der zukünftigen Fahrbahn an zwei Stellen Fledermausquerungshilfen gebaut. Dabei handelt es sich um Stahlnetze, die an Stahlseilen befestigt zwischen zwei Masten gespannt sind. Die Netze verlaufen in einer Höhe von 5,00 m über der Straße und sind senkrecht zum Boden ausgerichtet. Pro Querung werden zwei Netze gespannt, die 80 cm hoch sind. Die Netze sind aus Edelstahl zu fertigen mit einem Durchmesser von mindestens 5 mm und verstärkten Knoten. Die Maschenweite soll max. 50 mm betragen. Sie beginnen jeweils im Bereich der Kronen der zu erhaltenden bzw. neu zu pflanzenden Bäume. Beidseitig der B 441 werden 30 m lange Irritationsschutzwände mit einer Höhe von rund 3 m über Fahrbahnoberkante hergestellt. Im Bereich der Baumreihe werden zum Schließen von Lücken fünf Ex. Acer pseudoplatanus gepflanzt (enthalten in Maßnahme A02). Diese Bäume sind - abweichend von den sonstigen Baumpflanzungen - zu Beginn der Baumaßnahme zu pflanzen. Dafür ist auch bereits ein Abschnitt des Walles vor Beginn der Baumaßnahme herzustellen. Baumfällungen und Baumpflanzungen müssen in der gleichen Winterperiode erfolgen. Als Vorstufe zum vorgesehenen Bau der geplanten Fledermausquerungshilfen werden an der zukünftigen B 441 nach Fällung der Bäume zunächst provisorische Irritationsschutzwände aufgebaut und auf ihre Effizienz getestet. Ferner werden provisorische Fledermausbrücken errichtet und in ihrer Wirkung mit und ohne Irritationsschutzwand getestet. Der Test besteht in der Erfassung der Flugbewegungen an mindestens zehn Abenden im Sommer sowohl optisch als auch mit Hilfe von Fledermausdetektoren. Ergänzend wird einmalig ein Netzfang durchgeführt, um eine genaue Bestimmung bis zur Artebene zu ermöglichen. Erfasst werden Anzahl, Arten, Flugbewegungen, Abstände zum Boden und die Affinität zu den provisorischen Fledermausbrücken. Gebaut werden später nur die Teile der Gesamtkonstruktion, deren Effizienz belegt ist. Sofern Änderungen der oben beschriebenen Konstruktionen sinnvoll oder notwendig sind, erfolgt eine Abstimmung mit den entsprechenden Fachbehörden. Sollte die Überspannung der Straße mit der Netzkonstruktion nicht den erwünschten Erfolg haben, wird stattdessen ein Brückenbauwerk mit Begrünung und einem seitlichen Blendschutz errichtet werden, das den Fledermäusen zu einem sicheren Überflug verhilft (vgl. Brinkmann et al. 2008: Planung und Gestaltung von Querungshilfen für Fledermäuse - Ein Leitfaden für Straßenbauvorhaben im Freistaat Sachsen). Die Maßnahme V02 kommt im Bereich „Nordrehr“ nicht zur Anwendung, wenn zeitgleich zum Bau der Ortsumgehung die Radwegeüberführung gebaut wird. Unter den allgemeinen Angaben zur Unterhaltung findet sich der Hinweis, dass die Einrichtung der Querungshilfen zur Überprüfung der Wirksamkeit durch ein Monitoring über drei Jahre begleitet wird. Die Durchführung erfolgt analog zur Testphase. Sofern der Erfolg der Maßnahmen nicht hinreichend nachgewiesen werden kann, ist ein Brückenbauwerk zu errichten (vgl. Maßnahmenblatt V02 der Unterlage 12.3.3; Seite 45 f. der Unterlage 12.4; Blatt Nr. 3D2 der Unterlage 12.3.2). Mit der Nebenbestimmung 1.1.5.2.2 Ziffer 2 des Planfeststellungsbeschlusses wird die Höhe der Irritationsschutzwände der Maßnahme V02 auf 4 m über der Fahrbahnoberkante festgesetzt, damit kein über das allgemeine Lebensrisiko hinausgehendes Tötungsrisiko besteht (vgl. Seiten 8 und 163 des Planfeststellungsbeschlusses).

Durch die in der mündlichen Verhandlung vom 26. August 2019 verfügte Planergänzung, der die beigeladene Stadt Wunstorf zugestimmt hat, hat die Beklagte den Planfeststellungsbeschluss in Abschnitt 1.1.5.2.2 (Artenschutz) um die folgende Ziffer 6 ergänzt: „Für den im Maßnahmenblatt V02 (Deckblatt 02) beschriebenen Konflikt K3 ist zur Überprüfung der Wirksamkeit der als Vermeidungsmaßnahme vorgesehenen Radwegebrücke der Stadt Wunstorf ein dreijähriges Monitoring des Fledermausflugverhaltens durchzuführen. Soweit der Erfolg der Maßnahme nicht nachgewiesen werden kann, ist die Radwegebrücke entsprechend den Anforderungen des Merkblatts für Querungshilfen im Straßenbau (MAQ) in der dann aktuellen Fassung umzugestalten. Die Erläuterungen in dem Maßnahmenblatt V02 zur Durchführung der Maßnahme gelten entsprechend.“

Die Maßnahme V02 in Verbindung mit der Nebenbestimmung 1.1.5.2.2 Ziffer 2 und Ziffer 6 des Planfeststellungsbeschlusses ist nach der Auffassung des Senats fachlich geeignet und ausreichend, um das trassenbedingte Kollisionsrisiko der betroffenen Fledermausarten mit der gebotenen hinreichenden Wahrscheinlichkeit auf ein nicht signifikantes Maß zu senken. Die diesbezügliche Kritik der Kläger überzeugt nicht.

Die Wirksamkeit einer Maßnahme hängt nach der „Arbeitshilfe Fledermäuse und Straßenverkehr“ des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Entwurf Oktober 2011 (Arbeitshilfe Fledermäuse), der nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts als Ergebnis sachverständiger Erkenntnisse eine besondere Bedeutung bei der Bewertung der Wirksamkeit von Schutzmaßnahmen zukommt, in hohem Maß von ihrer Einbettung in ein Gesamtkonzept ab (vgl. BVerwG, Urteil vom 06.11.2013 - 9 A 14.12 -, juris; BVerwG, Urteil vom 28.03.2013 - 9 A 22.11 -, juris; Urteil des Senats vom 22.04.2016 - 7 KS 27/15 -, juris;). Ein solches Gesamtkonzept wurde hier - bestehend aus Querungshilfen (Stahlkonstruktion/Drahtbrücke bzw. Radwegebrücke) in Verbindung mit Irritationsschutzwänden, Ersatzpflanzungen und einem Monitoring mit Risikomanagement - entwickelt und im Planfeststellungsbeschluss in der Fassung der in der mündlichen Verhandlung verfügten Planergänzung festgelegt.

Zwar ist die Kritik der Kläger, für die Wirksamkeit der vorgesehenen Maßnahme gebe es keine Gewähr, nicht von der Hand zu weisen. Dies gilt insbesondere für die planfestgestellte Stahlkonstruktion/Drahtbrücke als Querungshilfe, aber auch für die vorgesehene Radwegebrücke im Bereich „Nordrehr“. Die Kläger führen aus, dass die Fledermausarten aktuell die Baumreihe an der Straße „Am Hohen Holz“ als Verbindung zwischen dem gleichnamigen Waldstück und in den Siedlungsbereichen gelegenen Quartieren nutzten. Auf die Rodung der Bäume auf der Trasse würden die Tiere in der Weise reagieren, dass sie sich bodennah orientieren und die Lücke aus dem Gedächtnis überbrücken würden. Nach Errichtung der Irritationsschutzwände sei zu erwarten, dass die Tiere beim Treffen aus das vertikale Hindernis an diesem hoch- und unmittelbar anschließend wieder daran herunterfliegen werden, weil sie auf der anderen Seite für sie bekannte Orientierungsstrukturen erwarten könnten. Es bleibe unverständlich, warum sie stattdessen an einer völlig fremdartigen, neuen Struktur im Luftraum entlangfliegen sollten, von der für sie nicht ersichtlich sei, wohin sie führe. Diese Bedenken der Kläger sind vor dem Hintergrund der bestehenden wissenschaftlichen Erkenntnisse nicht völlig unbegründet. Dass die hier planfestgestellte Maßnahme V02 - insbesondere die Stahlkonstruktion/Drahtbrücke, aber auch die Radwegebrücke - als Querungshilfe gänzlich untauglich und daher aus wissenschaftlicher Sicht von vornherein zu verwerfen wäre, vermag der Senat jedoch auch unter Beachtung der von den Klägern zitierten Erkenntnisse aus Großbritannien (Abbot et al. 2015) nicht zu erkennen. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Maßnahme V02 verschiedene Elemente kombiniert und die Stahlkonstruktion/Drahtbrücke als auch die Radwegebrücke in ein Gesamtkonzept aus Leitstrukturen in Form von Büschen und Bäumen, die unmittelbar an der Drahtbrücke enden und diese an Baumkronen anbinden, sowie Irritationsschutzwänden eingebettet ist. Die Anbindung einer Querungshilfe an Leitstrukturen stellt einen wichtigen Aspekt bei der Beurteilung der Wirksamkeit der Maßnahme dar (vgl. BVerwG, Urteil vom 06.11.2013 - 9 A 14.12 -, juris). Den Klägern ist aber zuzugestehen, dass in Bezug auf die planfestgestellten Querungshilfen in Verbindung mit den Leit- und Sperreinrichtungen wissenschaftlich bisher nicht zu beseitigende Unsicherheiten bestehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 06.11.2013 - 9 A 14.12 -, juris; BVerwG, Urteil vom 28.03.2013 - 9 A 22.11 -, juris; Urteil des Senats vom 22.04.2016 - 7 KS 27/15 -, juris).

Anhaltspunkte für entsprechende wissenschaftliche Unsicherheiten ergeben sich zunächst aus der Arbeitshilfe Fledermäuse. Zu Grün- und Fledermausbrücken wird dort zwar bemerkt, dass eine sehr gute Funktionsfähigkeit bereits nach wenigen Jahren möglich sei. Die Funktionsfähigkeit einer Grünbrücke bzw. Fledermausbrücke hänge aber in erster Linie von der Ausprägung geeigneter Vegetation auf der Brücke und der Qualität der Anbindung an das Umfeld ab. Die diesbezüglichen Anforderungen seien artspezifisch. Leit- und Sperreinrichtungen beidseitig der Trasse seien eine kurzfristig wirksame Minderungsmaßnahme. Sie reduzierten die Zahl der kollisionsgefährdeten Querer je nach Situation um ca. 40 - 70 %. Dichte Leit- und Sperrpflanzungen beidseitig der Trasse seien erst nach Erreichen einer Wuchshöhe von größer 3 - 4 m wirksame Minderungsmaßnahmen; der Wirkungsgrad sei vermutlich derselbe wie bei den Leit- und Sperreinrichtungen. Schutzpflanzungen und Sperreinrichtungen auf dem Mittelstreifen seien bei breiteren Trassen möglicherweise eine sinnvolle Ergänzung der Leit- und Kollisionsschutzvorkehrungen am Fahrbahnrand. Vor dem Einsatz seien weitere Grunddaten erforderlich (vgl. Urteil des Senats vom 22.04.2016 - 7 KS 27/15 -, juris).

Bestehende wissenschaftlichen Unsicherheiten an der Wirksamkeit bzw. an dem Grad der Wirksamkeit der Schutzmaßnahmen werden durch verschiedene britische Studien und wissenschaftliche Publikationen bestätigt. Eine Zusammenfassung dieser Erkenntnisse findet sich in der Publikation „Bats and Roads“ von Abbot, Berthinussen, Stone, Boonman, Melber, Altringham (2015) im Handbook of Road Ecology. Nach der Publikation „Bats and Roads“ können Unterführungen effektiv die Barriereeffekte reduzieren und die Zahl der straßenbedingten Tötungen für einige Fledermausarten reduzieren. Andere Versuche bzw. Ansätze zur Reduzierung der Barriere- und Mortalitätseffekte für Fledermäuse seien nicht erwiesen und weitere Forschungen seien vor einer verbreiteten Ausführung notwendig. Dies gilt insbesondere für Fledermausbrücken. Nach der Publikation „Bats and Roads“ haben Wildbrücken, wenn sie mit hoher Vegetation bepflanzt und mit existierenden Fledermausflugrouten verlinkt sind, zwar ein beachtliches Potential als Querungshilfen für Fledermäuse. Weitere Forschungen seien jedoch erforderlich. In der Publikation wird festgehalten, dass Untersuchungen und Kontrollen sowohl vor als auch nach dem Bau erforderlich seien, um die Effektivität der Schadensbegrenzungsmaßnahme beurteilen zu können (vgl. Urteil des Senats vom 22.04.2016 - 7 KS 27/15 -, juris).

Auch der Leitfaden „Planung und Gestaltung von Querungshilfen für Fledermäuse - Eine Arbeitshilfe für Straßenbauvorhaben im Freistaat Sachsen“ des Staatsministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr des Freistaats Sachsen aus dem Jahr 2012 vermag die bestehenden wissenschaftlichen Untersicherheiten in Bezug auf die Wirksamkeit von Querungseinrichtungen und Leit- und Sperreinrichtungen für Fledermäuse nicht zu entkräften. Auch dieser Leitfaden stellt fest, dass systematische Untersuchungen zur Effizienz und zu Mindesthöhen von Schutzwänden/-zäunen, um Kollisionen zwischen Fahrzeugen und Fledermäusen zu vermeiden, bislang nicht vorliegen. Bis auf eine Untersuchung an Kleinen Hufeisennasen lägen noch keine Untersuchungen zum Verhalten anderer Fledermausarten an derartigen Zäunen vor. Inwieweit andere Fledermausarten sich durch 4 m hohe Schutzwände oder -zäune ableiten ließen, müsse künftig dringend in weiteren Zaunexperimenten näher untersucht werden. Im Rahmen einer Expertenbefragung zur Prognose der Funktion von Querungsbauwerken und Überflughilfen sei die Wirksamkeit von Kollisionsschutzzäunen für viele Arten nur als wenig geeignet eingestuft worden, weil erwartet werde, dass viele Arten ihre Flughöhe zwischen den Wänden wieder absenken (vgl. Kapitel 7.3 des Leitfadens). Zu der Wirksamkeit von Grünbrücken wird ausgeführt, dass diese maßgeblich von deren Ausgestaltung abhänge. Grünbrücken sollten möglichst breit und mit dichter über das Bauwerk führender Bepflanzung ausgestattet sein. Eine erforderliche Querungshilfe sollte zum einen so breit wie möglich gestaltet werden, zum anderen sollten Leitstrukturen direkt auf das Bauwerk zulaufen (vgl. Kapitel 7.1.4 des Leitfadens). Als Alternative zu begrünten Querungshilfen werden nach dem Leitfaden auch rein technische Lösungen diskutiert. Dabei handele es sich zum Beispiel um Überspannungen von Straßen, die eine Orientierung über die Straße böten und gleichzeitig ein Absinken der Flughöhe über der Fahrbahn verhindern sollten. Es sei zurzeit nicht möglich, die Wirksamkeit solcher Maßnahmen einzuschätzen (vgl. Kapitel 7.1.8 des Leitfadens). Der Leitfaden kommt zu dem Ergebnis, dass bislang nur sehr wenige empirische Daten zur Wirkungsweise von Querungsbauwerken vorlägen. Der Erfolg von Querungshilfen in Form von Bauwerken (Über- bzw. Unterführungen), Durchlässen, Kollisionsschutzwänden sowie Leitstrukturen sollte durch ein Monitoring überprüft werden. Nur so sei es möglich, belastbare und artspezifische Aussagen zur Wirkungsweise von Querungshilfen zu erhalten und ihre Planung und Gestaltung Erfolg versprechend zu betreiben (vgl. Kapitel 10 des Leitfadens) (vgl. Urteil des Senats vom 22.04.2016 - 7 KS 27/15 -, juris).

Vor dem Hintergrund dieser sachverständigen Erkenntnisse vermag auch der Hinweis in dem artenschutzrechtlichen Beitrag, die geplanten Fledermausquerungshilfen in Form von relativ einfach gebauten Konstruktionen seien nach Erfahrungen aus Großbritannien als Fledermausbrücken grundsätzlich geeignet (Billington 2001) und die Anlage und Konstruktion seien mit Frau AI. (Fledermausexpertin beim NLWKN) abgestimmt, die bestehenden wissenschaftlichen Unsicherheiten nicht auszuräumen.

Die Beklagte hat den bestehenden wissenschaftlichen Unsicherheiten an der Wirksamkeit der zugunsten der Fledermäuse festgesetzten Schutzmaßnahme jedoch ausreichend dadurch Rechnung getragen, dass sie ein Monitoring und Risikomanagement angeordnet hat (vgl. dazu: BVerwG, Urteil vom 06.11.2013 - 9 A 14.12 -, juris; BVerwG, Urteil vom 28.03.2013 - 9 A 22.11 -, juris). Das angeordnete Monitoring und Risikomanagement, das nach der in der mündlichen Verhandlung am 26. August 2019 verfügten Planergänzung auch für den Bereich „Nordrehr“ gelten soll, wenn dort zeitgleich zum Bau der Ortsumgehung die Radwegeüberführung durch die beigeladene Stadt Wunstorf gebaut wird, führt dazu, dass im Ergebnis eine das artenschutzrechtliche Tötungsverbot beachtende bauliche Lösung entwickelt und umgesetzt wird.

Bestehen - wie hier - wissenschaftliche Unsicherheiten über die Wirksamkeit von Schutz- und Kompensationsmaßnahmen, kann es sich anbieten, durch ein Monitoring - d. h. die Anordnung von Beobachtungsmaßnahmen - weitere Erkenntnisse über die Beeinträchtigungen zu gewinnen und dementsprechend die Durchführung des Vorhabens zu steuern. Ein Monitoring kann dazu dienen, aufgrund einer fachgerecht vorgenommenen Risikobewertung Unsicherheiten Rechnung zu tragen, die sich aus nicht behebbaren naturschutzfachlichen Erkenntnislücken ergeben (vgl. BVerwG, Urteil vom 06.11.2012 - 9 A 17.11 -, juris; BVerwG, Urteil vom 14.07.2011 - 9 A 12.10 -, juris). Das Monitoring allein genügt jedoch nicht, den erforderlichen Nachweis der Wirksamkeit der angeordneten Maßnahmen zu erbringen. Es muss Bestandteil eines Risikomanagements sein, das die fortdauernde ökologische Funktion der Schutzmaßnahmen gewährleistet. Im Rahmen der Planfeststellung müssen somit begleitend zum Monitoring Korrektur- und Vorsorgemaßnahmen für den Fall angeordnet werden, dass die Beobachtung nachträglich einen Fehlschlag der positiven Prognose anzeigt (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.01.2007 - 9 A 20.05 -, juris; Urteil des Senats vom 31.07.2018 - 7 KS 17/16 -, juris; Urteil des Senats vom 22.04.2016 - 7 KS 27/15 -, juris).

Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Im Zuge der im Maßnahmenblatt V02 beschriebenen Testphase ist als Vorstufe zum vorgesehenen Bau der geplanten Fledermausquerungshilfen anhand von provisorischen Querungshilfen (provisorische Irritationsschutzwände und provisorische Fledermausbrücken) deren Funktionsfähigkeit und Eignung nachzuweisen. Sofern Änderungen der im Maßnahmenblatt V02 beschriebenen Konstruktionen sinnvoll oder notwendig sind, erfolgt eine Abstimmung mit den entsprechenden Fachbehörden. Sollte die Überspannung der Straße mit der Netzkonstruktion nicht den erwünschten Erfolg haben und kann der Erfolg der Maßnahme nicht hinreichend sicher nachgewiesen werden, ist stattdessen ein Brückenbauwerk mit Begrünung und einem seitlichen Blendschutz zu errichten. Damit wird eine geeignete Handlungsoption für den Fall aufgezeigt, dass der Eignungsnachweis nicht gelingen sollte. Das Risikomanagement im Rahmen der Testphase ermöglicht es der Beklagten, die Wirksamkeit der von ihr planfestgestellten Schutzmaßnahme zu kontrollieren und gegebenenfalls zu optimieren bzw. zu ergänzen. Erst an die im Rahmen dieser Testphase entwickelte und umgesetzte artenschutzrechtlich tragfähige Lösung schließt sich ein weiteres dreijähriges Monitoring an, um bei Bedarf im weiteren Verlauf noch kleinere Nachsteuerungen zu ermöglichen. Dies genügt den Anforderungen an ein Risikomanagement. Soweit die Kläger meinen, es hätte von vornherein auf eine Brückenlösung zurückgegriffen werden müssen, kann dem nicht gefolgt werden. Dies käme nur dann in Betracht, wenn sich die Brückenlösung gegenüber der planfestgestellten Lösung von vornherein als eindeutig als besser und sicherer darstellen würde (vgl. dazu: Beschluss des Senats vom 05.03.2008 - 7 MS 114/07 -, juris). Dies ist hier jedoch nicht der Fall. Nach den dargestellten wissenschaftlichen Erkenntnissen verbleiben auch hinsichtlich einer Brückenlösung wissenschaftliche Unsicherheiten. Die Beklagte durfte daher die aus seiner Sicht fachlich geeignete Lösung wählen und diese einem Monitoring mit Risikomanagement unterwerfen. Aus dem Maßnahmenblatt V02 - aber jedenfalls aus den ergänzenden Erläuterungen der Beklagten - ergibt sich zudem hinreichend eindeutig, dass die Testphase/Erprobungsphase noch vor Inbetriebnahme der Straße zu erfolgen hat; denn es handelt sich nach dem ausdrücklichen Wortlaut im Maßnahmenblatt um eine Vorstufe zum vorgesehenen Bau der geplanten Fledermausquerungshilfen, die ihrerseits vor Inbetriebnahme der Straße errichtet werden müssen. Da die Erprobungsphase damit nicht erst nach Inbetriebnahme der Straße beginnt, sondern davor, wird - entgegen der Auffassung der Kläger - eine Tötung von Fledermäusen im Erprobungszeitraum nicht in Kauf genommen. Entgegen der Auffassung der Kläger stellt sich damit auch nicht die Frage, wie lange es dauern wird, um eine wirksame Grünbrücke bei laufendem Verkehr nachträglich zu installieren. Stellt sich im Rahmen der Testphase die Notwendigkeit des Baus einer Grünbrücke heraus, wird diese noch vor der Inverkehrnahme der Straße gebaut. Es ist auch nicht zu beanstanden, dass im Maßnahmenblatt V02 nicht näher ausgeführt wird, in welcher Weise die alternativ vorgesehene Grünbrücke ausgeführt werden soll. Es ist nicht erforderlich, dass bereits in der Zulassungsentscheidung, d. h. in dem Planfeststellungsbeschluss die konkreten ergänzenden Maßnahmen im Einzelnen beschrieben und festgesetzt werden. Die Verlagerung der konkreten Ausgestaltung in die Ausführungsplanung ist ausreichend und auch sinnvoll, weil aus den Ergebnissen des Monitorings noch nicht absehbare Erkenntnisse folgen können. Wäre es bereits zum Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses möglich gewesen, konkrete Nachsteuerungsmaßnahmen für den Fall der Zielverfehlung festzulegen, wären sie bereits Bestandteil des Schutzkonzepts geworden (vgl. BVerwG, Urteil vom 06.11.2013 - 9 A 14.12 -, juris; Urteil des Senats vom 31.07.2018 - 7 KS 17/16 -, juris; Urteil des Senats vom 22.04.2016 - 7 KS 27/15 -, juris). Die konkrete Ausführung der alternativen Maßnahme „Grünbrücke“ kann daher der Ausführungsplanung überlassen bleiben. Gleiches gilt für etwaige weitere Nachsteuerungsmaßnahmen, die sich im Zuge des der Testphase nachfolgenden dreijährigen Monitorings ergeben. Soweit die Kläger schließlich noch bemängeln, dass das Monitoring ins Leere laufe, da die Beklagte keinen Wert definiere, bis zu dem von einem individuenbezogenen signifikant erhöhten Tötungsrisiko ausgegangen werde, kann dem ebenfalls nicht gefolgt werden. Entgegen der Auffassung der Kläger liegt ein belastbarer Ausgangsdatenbestand vor, der die Beurteilung der Wirksamkeit der Querungshilfe möglich macht. Es kann insoweit auf die durchgeführten Fleder-mausuntersuchungen in den Jahren 2006, 2011 und 2011/2012 im Wirkraum des Vorhabens verwiesen werden. Während der Testphase werden die Flugbewegungen der Fledermäuse an mindestens 10 Abenden im Sommer sowohl optisch als auch mit Hilfe von Fledermausdetektoren erfasst. Ergänzend wird einmalig ein Netzfang durchgeführt, um eine genaue Bestimmung bis zur Artebene zu ermöglichen. Erfasst werden Anzahl, Arten, Flugbewegungen, Abstände zum Boden und die Affinität zu den provisorischen Fledermausbrücken (vgl. Maßnahmenblatt V02 der Unterlage 12.3.3). Dieses Vorgehen ermöglicht der Beklagten eine ausreichende Prüfung, ob die Querungshilfe von den Fledermäusen angenommen wird und ob ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko ausgeschlossen wird. Soweit die Kläger in diesem Zusammenhang die Festlegung einer konkreten Annahmerate für die Überflughilfen durch die querenden Fledermäuse bereits im Planfeststellungsbeschluss fordern, kann dem nicht gefolgt werden. Vielmehr kann die konkrete Betrachtung der Ausführungsphase überlassen bleiben.

Die Voraussetzungen an ein wirksames Monitoring mit Risikomanagement sind nach der in der mündlichen Verhandlung vom 26. August 2019 verfügten Planergänzung auch für den Bereich „Nordrehr“ (Konflikt K3) erfüllt. Die Planergänzung betrifft den Fall, dass zeitgleich zum Bau der Ortsumgehung die Radwegeüberführung durch die beigeladene Stadt Wunstorf gebaut wird. Ursprünglich sollte in diesem Fall die Maßnahme V02 nicht zur Anwendung kommen (vgl. Maßnahmenblatt V02 der Unterlage 12.3.3). Durch die verfügte Planergänzung ist nunmehr aber sichergestellt, dass auch in diesem Fall zur Überprüfung der Wirksamkeit der als Vermeidungsmaßnahme vorgesehenen Radwegebrücke der Stadt Wunstorf ein dreijähriges Monitoring des Fledermausflugverhaltens durchzuführen ist, wobei die Erläuterungen in dem Maßnahmenblatt V02 zur Durchführung der Maßnahme entsprechend gelten; es kann insoweit auf die obigen Ausführungen verwiesen werden. Soweit der Erfolg der Maßnahme nicht nachgewiesen werden kann, ist die Radwegebrücke entsprechend den Anforderungen des Merkblatts für Querungshilfen im Straßenbau (MAQ) in der dann aktuellen Fassung umzugestalten. Dies genügt den Anforderungen an ein wirksames Risikomanagement. Die beigeladene Stadt Wunstorf, die die Plangenehmigung der Region Hannover vom 17. Februar 2017 für die Überführung des Radweges Nordrehr über die Bundesstraße 441 (neu) der Ortsumgehung Wunstorf innehat, hat der verfügten Planergänzung zugestimmt. Da in der Plangenehmigung geregelt ist, dass über Art, Umfang und Durchführung der Maßnahme rechtzeitig vor Baubeginn eine Vereinbarung zwischen dem Vorhabenträger der Ortsumgehung und der Stadt Wunstorf abgeschlossen wird (vgl. Seite 7 der Plangenehmigung), besteht im Rahmen der Plangenehmigung auch ein ausreichender Handlungsspielraum für die beigeladene Stadt Wunstorf, die Radwegebrücke entsprechend den Anforderungen des Merkblatts für Querungshilfen im Straßenbau anzupassen. Entsprechende Anpassungsmaßnahmen dürften von der Plangenehmigung mitumfasst sein bzw. würden lediglich eine unwesentliche Änderung darstellen.

Die Maßnahme V02 ist auch in räumlicher Hinsicht ausreichend, um eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos auszuschließen. Entgegen der Auffassung der Kläger war es insbesondere nicht erforderlich, an den erst 2011/2012 zusätzlich untersuchten Leitlinien „Bahnstrecke“, „Leinechaussee“ und „Lehmbüntegraben“ weitere Vermeidungs- und Schutzmaßnahmen vorzusehen, auch wenn die Aktivitätsdichte dort - so die Kläger - vergleichbar mit der Aktivitätsdichte im Bereich „Nordrehr“ ist. Denn die zusätzlich festgestellten Flugrouten weisen kein artenschutzrechtliches Konfliktpotenzial auf.

Dies gilt zunächst für den Bereich der Bahnstrecke Hannover - Bremen. Ausweislich der faunistischen Kartierungen 2011/2012 (Fledermäuse / Eulen) wird die Bahnstrecke beiderseits von einer teils lückigen Baum- und Gebüschreihe begleitet. Da die Nordumgehung in einem Trog unter der Bahnstrecke hindurchgeführt werde und die Gehölzbestände längs der Bahn weitgehend erhalten blieben, könnten Fledermäuse auch weiterhin ohne Beeinträchtigung entlang der Gehölze jagen bzw. durchfliegen. Eine Kollisionsgefahr bestehe in diesem Bereich nicht (vgl. Anhang A17 der Unterlage 12.1; Seiten 30 ff. der Unterlage 12.4). Die Beklagte hat diese sachverständigen Aussagen im gerichtlichen Verfahren dahingehend vertieft, dass sich die Tiere an der lückigen Baumreihe auf der Bahnböschung orientierten. Es sei nahezu ausgeschlossen, dass die Tiere in den Straßenraum der Trogstrecke einfliegen würden, weil sie sich bei ihren Flügen am Bahnkörper selbst orientierten. Diesem nachvollziehbaren Vorbringen sind die Kläger nicht substantiiert entgegengetreten. Soweit sie vortragen, dass das neue Tunnelbauwerk die Tiere dazu verleiten werde, den Bereich nach möglichen Quartieren abzusuchen, weist die Beklagte zu Recht darauf hin, dass dies rein spekulativ sei. Gleiches gilt für die Annahme der Kläger, im Kreuzungsbereich der beiden Trassen würden in Form von Brachestreifen neue, für Fledermäuse attraktive Nahrungsflächen angelegt werden.

Die Leinechaussee besitzt ausweislich der faunistischen Kartierungen 2011/2012 (Fledermäuse /Eulen) weder als Nahrungshabitat noch als Flugroute eine Bedeutung für die Fledermäuse. Der pauschale Hinweis der Kläger auf den Bereich „Leinechaussee“ macht daher keine weiteren Vermeidungs- und Schutzmaßnahmen erforderlich. Die angrenzende Westaue ist zwar als Nahrungshabitat für verschiedene Arten bedeutsam. Es ergibt sich nach den faunistischen Kartierungen jedoch kein Konflikt, da die Nordumgehung die Westaue auf einem Brückenbauwerk mit 55 m lichter Weite und 2,5 m lichter Höhe (an der niedrigsten Stelle) überqueren wird. Die am Gewässer jagenden Fledermäuse würden die sich durch die Brücke ergebende Unterflugmöglichkeit nutzen (vgl. Anhang A17 der Unterlage 12.1). Die Beklagte hat dies dahingehend ergänzt, dass Straßenunterführungen von Fledermäusen sehr gut angenommen würden. Dem sind die Kläger nicht entgegengetreten.

Der Lehmbüntegraben dient ausweislich der faunistischen Kartierungen 2011/2012 (Fledermäuse /Eulen) verschiedenen Fledermausarten als Jagdhabitat, eine regelmäßig beflogene Transferroute existiert jedoch nicht. Zudem sei die Zahl der registrierten Fledermäuse in diesen Bereichen so gering, dass kein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko bestehe (vgl. Anhang A17 der Unterlage 12.1). Die Beklagte hat dies - unter Bezugnahme auf die faunistischen Kartierungen - dahingehend ergänzt, dass nur sehr wenige (maximal sieben) Transferflüge festgestellt worden seien und die Tiere in sehr unterschiedlichen Höhen durch den freien Luftraum geflogen seien. Ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko ist vor diesem Hintergrund nicht zu erkennen und wird auch von den Klägern nicht dargelegt.

Soweit die Kläger schließlich noch meinen, durch die Lage und Ausgestaltung von Kompensationsmaßnahmen werde eine neue Kollisionssituation befördert und die Maßnahmen im Umfeld der Fledermausstraße „Am Hohen Holz“ könnten selbst die Wirkung einer Grünbrücke vollständig konterkarieren, kann dem nicht gefolgt werden. Die Kläger tragen vor, dass vorgesehen sei, nordwestlich des Baggersees in Verlängerung der Straße „Am Hohen Holz“ eine Baumreihe anzulegen, die die Fledermäuse veranlassen werde, diese neue Struktur zu erkunden. In Verbindung mit der ungenutzten Vegetation im Straßenseitenraum stünden weitere attraktive Nahrungsstrukturen zur Verfügung, die die Tiere immer wieder in den Straßenraum der B 441 leiten würden. Die Beklagte ist diesem Vorbringen der Kläger mit überzeugenden Argumenten entgegengetreten. Sie hat darauf hingewiesen, dass die Annahme der Kläger, die geplante Baumreihe am Zubringen „Am Hohen Holz“ schaffe eine neue Leitstruktur für Fledermäuse, unbegründet sei, da die Baumreihe auf der anderen Seite der Straße keine Fortsetzung finde, so dass sie nicht die Eigenschaft einer Leitstruktur erlangen könne. Überdies führe sie an einer Stelle zur B 441, an der ein Kreisverkehr errichtet werde, so dass hier allein schon aufgrund der nur sehr geringen Fahrgeschwindigkeit keine relevante Kollisionsgefahr für Fledermäuse bestehe. Die Baumreihe sei allenfalls geeignet, Fledermäuse in die Maßnahmenflächen E01 zu leiten, wo sie aber keiner zusätzlichen Gefährdung ausgesetzt seien. Vielmehr werde die Notwendigkeit einer Querung der Straße zur Nahrungssuche dadurch reduziert, dass beiderseits der neuen Straße attraktive Nahrungshabitate geschaffen würden. Diese Erwägungen sind fachlich nicht zu beanstanden und werden von den Klägern nicht in Frage gestellt.

cc)

Hinsichtlich der Grünen Keiljunger (= Grüne Flussjungfer) ist der Verbotstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG ebenfalls nicht erfüllt.

Mit der Grünen Keiljungfer wurde eine europarechtlich geschützte Tierart in der Westaue nachgewiesen, und zwar etwa 1 km unterhalb des Abschnitts, in dem eine Verlegung des Gewässerlaufs geplant ist (Höhe Ortslage Liethe) (vgl. Ziffer 3.6.3.7 und Anhang 19 der Unterlage 12.1; Seite 44 der Unterlage 12.4). Die durchgeführten Untersuchungen der Westaue im Hinblick auf bodenständige Libellen im Jahr 2009 werden in dem landschaftspflegerischen Begleitplan beschrieben. An zwei Probenahmestellen seien Untersuchungen im Sediment der Westaue durchgeführt worden, um Kenntnis über das bodenständige Vorkommen der zu untersuchenden Arten zu erlangen. Es seien der Bereich der Gewässerverlegung bei Blumenau sowie eine weitere Strecke bei Liethe in Höhe eines Feldgehölzes beprobt worden. Die Probestrecke Liethe liege unterhalb des Bereichs der Gewässerverlegung. Für die Probenahme seien ein Metallkescher mit 2 mm Maschenweite sowie ein Kescher aus synthetischem Material mit 0,5 mm Maschenweite verwendet worden, wie er in der DIN 38410 empfohlen werde. Von den FFH-Arten sei nur die Grüne Flussjungfer (Ophiogomphus cecilia) mit einer einzigen Larve im Bereich der Probestrecke Liethe gefunden worden. Die Art trete in der Westaue am Rande ihres Verbreitungsgebietes auf (Suhling & Müller 1996) (vgl. Ziffer 3.6.3.7 und Anhang 19 der Unterlage 12.1). Festzuhalten bleibt nach der durchgeführten Bestandserfassung, die von den Klägern nicht substantiiert angegriffen wird, dass im Bereich der Querungsstelle der Westaue mit der geplanten Ortsumgehung kein Vorkommen der Art nachgewiesen wurde (vgl. Seite 164 des Planfeststellungsbeschlusses).

Der artenschutzrechtliche Beitrag erkennt auf der Grundlage dieser Untersuchungen eine mögliche Gefahr des Verlusts von Individuen der Grünen Keiljungfer im Zuge der Flussverlegung, auch durch Sedimentabdrift unterhalb des Eingriffsortes, an (vgl. Tabelle 4 der Unterlage 12.4). Dies betrifft zunächst den Bereich der Westaue in Höhe der Ortschaft Liethe, in dem bei der durchgeführten Bestandserfassung eine Larve gefunden wurde. Insoweit heißt es in dem artenschutzrechtlichen Beitrag, dass die geplanten Bauarbeiten am Gewässer einen Schub an Sedimenten auslösen könnten, verbunden mit einer Gefährdung von Individuen (schnelles Überschichten könne zum Ersticken der Larven führen). Durch die Anlage eines temporären Sedimentfangs (Maßnahme S08) unmittelbar unterhalb der Baustrecke werde allerdings der größte Teil der Sedimentfrachten abgefangen. Eine zu schnelle Überschichtung der Gewässersohle insbesondere im Bereich Liethe sei daher ausgeschlossen (vgl. Anhang 19 der Unterlage 12.1; Seite 44 der Unterlage 12.4). Die insoweit in Bezug genommene Schutzmaßnahme S08 sieht ausweislich des Maßnahmenblatts zur Vermeidung von starker Sedimentabdrift während der Bauphase und dadurch bedingter Zuschlämmung des Lückensystems unterhalb liegender Sohlabschnitte vor, dass - bevor der neue Fließgewässerabschnitt geöffnet und an die Westaue angeschlossen wird - direkt nördlich anschließend im Sohlbereich ein Sedimentfang eingerichtet wird, der die baubedingte Sedimentfracht zum überwiegenden Teil auffangen soll. Der Sedimentfang muss ausreichend groß sein, um die gesamte durch die Baumaßnahme verursachte Sedimentfracht aufzunehmen (vgl. Maßnahmenblatt S08 der Unterlage 12.3.3). Die Kläger haben die Wirksamkeit der Schutzmaßnahme S08 zur Vermeidung von Tötungen von Libellenlarven im Bereich Liethe, in dem bei den Erfassungen im Jahr 2009 eine Larve gefunden wurde, nicht in Frage gestellt.

Die Kläger machen jedoch geltend, dass auch im Bereich des zu verfüllenden Westaue-Abschnitts mit dem Vorkommen der Grünen Keiljungfer zu rechnen sei, woraus ein Tötungsrisiko für die im Schlamm befindlichen Larven resultiere. Dem kann nicht gefolgt werden. Die Erfüllung des Tötungstatbestands des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG ist insoweit bereits deshalb ausgeschlossen, weil im Bereich der Querungsstelle der Westaue mit der geplanten Ortsumgehung selbst kein Vorkommen der Art nachgewiesen wurde. Aus diesem Grund sind in diesem Bereich baubedingte Tötungen ausgeschlossen und sind auch etwaige Umsiedlungen von Libellenlarven zur Vermeidung von Tötungen nicht erforderlich.

Lediglich vorsorglich widmen sich der artenschutzrechtliche Beitrag und der Planfeststellungsbeschluss dieser Frage, wenn es dort heißt, es könne nicht ausgeschlossen werden, dass bis zum Baubeginn in einigen Jahren die Grüne Keiljungfer auch im Bereich der Gewässerverlegung vorkomme. Unmittelbar vor Baubeginn sollte deshalb eine erneute Untersuchung vorgenommen werden und dabei gefundene Larven umgesiedelt werden (Maßnahme S07) (vgl. Anhang 19 der Unterlage 12.1; Seite 44 der Unterlage 12.4; Seite 164 des Planfeststellungsbeschlusses). Die insoweit in Bezug genommene Schutzmaßnahme S07 ist insofern vorsorglich, als dass die geschützte Libellenart in dem von der Umlegung betroffenen Gewässerabschnitt nicht nachgewiesen wurde (vgl. Seite 53 der Unterlage 12.4). Die Maßnahme S07 sieht vor, dass unmittelbar vor Baubeginn am Gewässer das weiche Sediment der Gewässersohle vollständig mit Keschern nach Libellenlarven durchsucht wird. Gefundene Larven werden in ein mit Flusswasser gefülltes Gefäß gesetzt und zeitnah in der Westaue mindestens 500 m unterhalb des zu verlegenden Flussabschnitts wieder ausgebracht. Durch das vollständige Durchsuchen des besiedelbaren Sediments sei sichergestellt, dass nahezu 100 % der Larven gefangen und umgesiedelt werden können (vgl. Maßnahmenblatt S07 der Unterlage 12.3.3; Seite 49 der Unterlage 12.4)

Die Kritik der Kläger an der Wirksamkeit der Schutzmaßnahme S07, die nur höchst vorsorglich vorgesehen ist, um auch im Fall einer etwaigen Neubesiedlung des zu verfüllenden Westaue-Abschnitts zum Zeitpunkt des Baubeginns einen hinreichenden Schutz der Art sicherzustellen, überzeugt nicht. Unabhängig davon, dass es für die Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses auf den Zeitpunkt seines Erlasses ankommt, in dem die Grüne Keiljungfer im Querungsbereich der Straße mit der Westaue nicht aufgetreten ist, hat der Senat auch keine begründeten Zweifel daran, dass die Schutzmaßnahme S07 im Falle eines Auftretens der Art in diesem Bereich einen hinreichenden Schutz der Art sicherstellt und damit den Eintritt des Tötungstatbestands des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG wirksam verhindert. Die Kläger rügen, dass die Maßnahme ungeeignet und praktisch nicht durchführbar sei. Es könne nicht sichergestellt werden, dass es zu einer vollständigen Entnahme der Larven komme. Die Larven hielten sich in unterschiedlicher Tiefe der oberen Schlammschicht am Boden des Gewässers auf. Zudem seien unterschiedliche Altersstadien der Larven zu erwarten. Die Dichte könne bis zu 50 Larven/m² erreichen. Mit Sicherheit werde eine große Zahl der Individuen im Schlamm verbleiben und dann bei der Verfüllung des Gewässers zu Tode kommen. Es könne auch nicht sichergestellt werden, dass die gefangenen Individuen unversehrt an anderer Stelle ausgebracht werden. Unabhängig von den Verletzungsgefahren bei dem Vorgang der Entnahme und Umsiedlung, sei nicht gewährleistet, dass geeignete Ersatzhabitate für die Larven zur Verfügung stünden. Dieser Kritik der Kläger ist die Beklagte mit überzeugenden Argumenten entgegengetreten. Sie hat darauf hingewiesen, dass die Durchsuchung des Sediments entsprechend den fachlichen Standards und Sorgfaltspflichten durch qualifiziertes Personal erfolge. Durch das vollständige Durchsuchen des besiedelbaren Sediments sei sichergestellt, dass alle Entwicklungsstadien der Libelle erfasst würden. Die durchgeführten Bestandserfassungen zeigten, dass eine Dichte von bis zu 50 Larven/m² in der Westaue auszuschließen sei; bei den Untersuchungen sei lediglich ein Individuum am Rand des Verbreitungsgebiets der Grünen Keiljungfer gefunden worden. Bei entsprechend behutsamer Vorgehensweise sei davon auszugehen, dass die Tiere unversehrt an anderer Stelle ausgebracht werden. Die Verbringung in geeignete Ersatzhabitate sei fachlich sichergestellt und werde durch die angeordnete ökologische Baubegleitung überwacht. Diese sachverständige Beurteilung der Beklagten ist nicht zu beanstanden.

Dies gilt umso mehr, als die Erfüllung des Tötungstatbestands des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos voraussetzt. Dem Signifikanzansatz liegt - wie dargelegt - die Überlegung zugrunde, dass in Abhängigkeit von der jeweiligen Art der Schutz eines jeden einzelnen Individuums und seiner Entwicklungsformen in jeder Fallkonstellation weder tatsächlich leistbar noch biologisch sinnvoll und verhältnismäßig ist (vgl. Urteil des Senats vom 31.07.2018 - 7 KS 17/16 -, juris). Wird ein baubedingtes Tötungsrisiko durch Vermeidungsmaßnahmen bis zur Schwelle des allgemeinen Lebensrisikos, dem die Individuen der jeweiligen Art ohnehin unterliegen, gesenkt, kann nach dem Maßstab praktischer Vernunft keine weitergehende artenschutzrechtliche Verantwortlichkeit bestehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 08.01.2014 - 9 A 4.13 -, juris). Davon ist hier auszugehen. Durch die Maßnahme S07 wird ein etwaiges Tötungs- und Verletzungsrisiko nahezu vollständig ausgeschlossen und bis zur Schwelle des natürlichen Mortalitätsrisikos für Larven der Grünen Keiljungfer gesenkt. Wenn allenfalls noch ein ganz geringer Teil der Larven im Bereich des zu verfüllenden Westaue-Abschnitts verbleibt, ist mit der Verlegung des Gewässerabschnitts kein höheres Tötungsrisiko verbunden, als es für einzelne Tiere dieser Art insbesondere mit Blick auf natürliche Feinde oder Naturereignisse auch sonst besteht (vgl. BVerwG, Urteil vom 08.01.2014 - 9 A 4.13 -, juris).

Der Verbotstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG wird auch nicht in der Variante des Fangverbots durch das mit der Maßnahme S07 höchst vorsorglich vorgesehene Fangen und Umsiedeln der im zu verfüllenden Westaue-Abschnitt vorhandenen Larven der Grünen Keiljungfer verwirklicht. Während in der Vergangenheit noch nicht eindeutig geklärt war, ob ein Fangen und Umsiedeln zur Vermeidung baubedingter Tötungen und Verletzungen das Fangverbot nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG erfüllt, ist dies durch § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 BNatSchG n. F. mittlerweile klargestellt. Danach liegt ein Verstoß gegen das Verbot des Nachstellens und Fangens wild lebender Tiere nach Absatz 1 Nr. 1 nicht vor, wenn die Tiere im Rahmen einer erforderlichen Maßnahme, die auf den Schutz der Tiere vor Tötung oder Verletzung und die Erhaltung der ökologischen Funktion der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang gerichtet ist, beeinträchtigt werden und diese Beeinträchtigungen unvermeidbar sind. Diese Vorschrift wurde zwar erst nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses in das BNatSchG eingefügt. Allerdings spricht hier vieles für eine unmittelbare Anwendbarkeit der Vorschrift, da die Maßnahme S07 nur höchst vorsorglich für den Fall Anwendung finden soll, dass im Zeitpunkt des Baubeginns Libellenlarven im zu verfüllenden Westaue-Abschnitt gefunden werden. Zu diesem Zeitpunkt ist § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 BNatSchG n. F. anwendbar. Selbst wenn man eine Anwendbarkeit der Vorschrift in Frage stellen wollte, gelten die darin niedergelegten Erwägungen auch für den Zeitraum vor der Geltung der Vorschrift; es handelt sich lediglich um eine Klarstellung des Gesetzgebers.

Die Voraussetzungen des § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 BNatSchG n. F. sind hier erfüllt. Der Fang und das Umsiedeln der Libellenlarven dient ihrem Schutz vor baubedingten Tötungen und ist auf die Erhaltung der ökologischen Funktion der Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang gerichtet. Der Senat hat - entgegen der Auffassung der Kläger - auch keine Zweifel an der Unionsrechtskonformität dieser Vorschrift. Nach Art. 12 Abs. 1 Buchstabe a) der FFH-Richtlinie treffen die Mitgliedstaaten die notwendigen Maßnahmen, um ein strenges Schutzsystem für die in Anhang IV Buchstabe a) genannten Tierarten in deren natürlichen Verbreitungsgebieten einzuführen; dieses verbietet alle absichtlichen Formen des Fangs oder der Tötung von aus der Natur entnommenen Exemplaren dieser Arten. Sofern es keine anderweitige zufriedenstellende Lösung gibt und unter der Bedingung, dass die Populationen der betroffenen Art in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet trotz der Ausnahmeregelung ohne Beeinträchtigung in einem günstigen Erhaltungszustand verweilen, können die Mitgliedstaaten gemäß Art. 16 Abs. 1 Buchstabe a) der FFH-Richtlinie von den Bestimmungen der Art. 12, 13 und 14 sowie des Art. 15 Buchstaben a) und b) zum Schutz der wildlebenden Tiere und Pflanzen und zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume abweichen. § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 BNatSchG steht mit diesen Vorschriften im Einklang (vgl. Urteil des Senats vom 31.07.2018 - 7 KS 17/16 -, juris).

Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Urteil vom 14. Juli 2011 (Az. 9 A 12.10, juris) - d. h. vor der Novellierung des BNatSchG - offengelassen, ob eine Maßnahme, die das Einsammeln und Verbringen der Tiere in ein Ausgleichshabitat vorsieht, den Tatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG in der Variante des Fangverbots erfüllt (verneinend: BVerwG, Urteil vom 08.01.2014 - 9 A 4.13 -, juris). Es hat ausgeführt, dass der Schutzzweck der Norm dafür sprechen möge, einen kurzzeitigen Freiheitsentzug als Bagatelle aus dem Fangtatbestand auszuklammern. Im Hinblick auf den Wortlaut sowohl der deutschen Regelung als auch des Art. 12 Abs. 1 Buchstabe a) der FFH-Richtlinie, die beide keine Einschränkung auf Fanghandlungen von gewisser Dauer oder gar auf Dauer zum Ausdruck brächten, wäre ein solches Auslegungsergebnis jedoch nicht jedem Zweifel entzogen. Der Bundesgesetzgeber hat mit der Einfügung von § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 BNatSchG n. F. ausdrücklich auf diese Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts reagiert (vgl. BT-Drucksache 18/11939, S. 18). Ausweislich der Gesetzesbegründung habe eine Anfrage bei der zuständigen Direktion der EU-Kommission ergeben, dass die weitgehende Interpretation des Bundesverwaltungsgerichts nicht geteilt werde (vgl. Antwort der Kommission vom 18.11.2013, ENV B.3 SL/SB/sp Ares 2013). Da die Ausgleichsmaßnahme gerade dazu diene, einen Schaden für die ökologische Funktion und Qualität der Fortpflanzungs- und Ruhestätte zu vermeiden und somit der geschützten Art zugutekomme, könne sie nicht als eine „absichtliche“ Handlung im Sinne des Verbots des Art. 12 der FFH-Richtlinie angesehen werden. Entscheidend sei, dass die Umsetzungsmaßnahme letztlich dem Schutz der Art diene und ihre beeinträchtigende Wirkung zeitlich beschränkt sei und mit Abschluss der Umsetzung ende. Bei den in § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 BNatSchG n. F. genannten Handlungen zum Zwecke der Umsiedlung unter Erhaltung der ökologischen Funktion der Fortpflanzungs- oder Ruhestätte sei - so die Gesetzesbegründung - davon auszugehen, dass kein absichtlicher Verstoß gegen das Fangverbot nach Art. 12 Abs. 1 Buchstabe a) der FFH-Richtlinie vorliege (vgl. Urteil des Senats vom 31.07.2018 - 7 KS 17/16 -, juris).

Dieser Ansicht folgt der Senat. Durch die unionsrechtlichen Verbotstatbestände - und in ihrer Umsetzung durch die nationalen Zugriffsverbote des BNatSchG - soll eine Gefährdung und Beeinträchtigung der geschützten Tierarten verhindert werden. Ziel der unionsrechtlichen Verbote ist die Errichtung eines strengen Schutzsystems (vgl. Frenz/Lau in: Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 2. Auflage 2016, Vorb. §§ 44-45 Rn. 3). Das EU-Artenschutzrecht will zumeist jedoch nur absichtsvolles Handeln unterbunden wissen und enthält damit ein subjektives Element, während die nationalen Zugriffsverbote dies nicht zur Vorbedingung erheben (vgl. Gellermann in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand: Dezember 2017, BNatSchG, § 44 Rn. 3; Lau in: Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 2. Auflage 2016, § 44 Rn. 12). So verlangt Art. 12 Abs. 1 Buchstabe a) der FFH-Richtlinie ausdrücklich eine „absichtliche“ Handlung. Der EuGH fordert insoweit den Nachweis, „dass der Handelnde den Fang oder die Tötung eines Exemplars einer geschützten Tierart gewollt oder zumindest in Kauf genommen hat“ (vgl. EuGH, Urteil vom 18.05.2006 - C-221/04 -, juris). Gewollt sein bzw. in Kauf genommen werden muss nach dem Sinn und Zweck der unionsrechtlichen Verbotstatbestände, die aufgeführten Tierarten vor einer Gefährdung zu schützen, nicht nur der Fang an sich, sondern auch die damit verbundene Gefährdung. Nach Auffassung der Generalanwältin Kokott reicht es danach aus, wenn „der Handelnde um die Gefährdung der geschützten Tiere wusste und sie in Kauf nahm“ (vgl. Frenz/Lau in: Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 2. Auflage 2016, Vorb. §§ 44-45 Rn. 10). Das mit subjektiven Elementen aufgeladene europäische Recht bietet damit Spielräume, Maßnahmen, denen die Absicht zugrunde liegt, die betreffenden Individuen vor einem schlimmeren Schicksal zu bewahren und Gefährdungen gerade zu vermeiden, nicht als absichtlichen Fang einzustufen und damit die Erfüllung des Verbotstatbestands zu verneinen (vgl. Lau in: Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 2. Auflage 2016, § 44 Rn. 12). Dieser Spielraum wird durch § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 BNatSchG n. F. unionsrechtskonform ausgenutzt. Dort werden Konstellationen erfasst, in denen die Tiere ausschließlich im Interesse ihres eigenen Schutzes vor Tötung und Verletzung zum Zwecke der Umsetzung in ein Ausweichhabitat gefangen werden. Gewollt und beabsichtigt im Sinne der Rechtsprechung des EuGH ist in den Fällen des § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 BNatSchG n. F. allein der Schutz der Tiere vor Tötung oder Verletzung. Der kurzzeitige und sachverständig durchgeführte Fang mit der Absicht, die Tiere alsbald wieder in die Freiheit zu entlassen, ist dabei lediglich das Mittel zum Zweck. Es kann in diesen Konstellationen nicht davon ausgegangen werden, dass eine Gefährdung der Tiere durch den Fang auch nur billigend in Kauf genommen wird. Es fehlt damit an dem nach Art. 12 Abs. 1 Buchstabe a) der FFH-Richtlinie erforderlichen subjektiven Element (vgl. Urteil des Senats vom 31.07.2018 - 7 KS 17/16 -, juris).

Diese Auslegung des Art. 12 Abs. 1 Buchstabe a) der FFH-Richtlinie, insbesondere die Einschränkung auf „absichtliche“ Handlungen, steht auch nicht im Widerspruch zu Art. 16 Abs. 1 Buchstabe a) der FFH-Richtlinie. Die Möglichkeit einer Ausnahme im Einzelfall bleibt weiterhin unter anderem für jene Fälle notwendig, in denen eine Gefährdung der geschützten Tierarten jedenfalls billigend in Kauf genommen wird, also die Fälle, die von § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 BNatSchG n. F. nicht erfasst werden (vgl. Urteil des Senats vom 31.07.2018 - 7 KS 17/16 -, juris).

Unterfällt der - höchst vorsorglich vorgesehene - Fang und das Umsiedeln der im zu verfüllenden Westaue-Abschnitt vorhandenen Larven der Grünen Keiljungfer nicht dem Verbotstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG in der Variante des Fangverbots, ist auch keine artenschutzrechtliche Ausnahme nach § 45 Abs. 7 BNatSchG erforderlich. Die diesbezüglichen - und ebenfalls rein vorsorglich getroffenen - Regelungen im artenschutzrechtlichen Beitrag und im Planfeststellungsbeschluss gehen damit ins Leere.

Nach dem artenschutzrechtlichen Beitrag wäre, falls eine Umsiedlung von Libellenlarven erforderlich werden sollte, hierfür vorsorglich eine Ausnahme nach § 45 Abs. 7 BNatSchG zu erteilen, da nach der laufenden Rechtsprechung noch nicht geklärt sei, ob der Fang von Tieren zum Zwecke der Umsiedlung unter die Verbotstatbestände des § 44 Abs. 1 BNatSchG falle (vgl. Seite 44 der Unterlage 12.4; Seite 164 des Planfeststellungsbeschlusses). Der artenschutzrechtliche Beitrag enthält insoweit in Kapitel 7 vorsorgliche Angaben für ein mögliches Ausnahmeverfahren nach § 45 Abs. 7 BNatSchG. Der Planfeststellungsbeschluss sieht unter 1.1.5.2.2 Ziffer 3 folgende Nebenbestimmung vor: Sollte bei der Untersuchung des weichen Sediments der Gewässersohle der Westaue gemäß Maßnahme S07 der Nachweis von Larven der Grünen Flussjungfer erbracht werden, ist die Zulassung einer artenschutzrechtlichen Ausnahme bei der Unteren Naturschutzbehörde (Region Hannover) zu beantragen, sofern zu diesem Zeitpunkt entsprechende Umsiedlungen dem Verbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG unterliegen. Vor Erteilung der Ausnahme darf mit dem Fang und der Umsiedlung gefundener Libellenlarven und den Baumaßnahmen zur Verlegung der Westaue nicht begonnen werden (vgl. Seite 8 des Planfeststellungsbeschlusses). Aufgrund der derzeit nur - zweifach - hypothetischen Möglichkeit der Verwirklichung des Fangverbots sei nach Auffassung der Planfeststellungsbehörde die Erteilung einer artenschutzrechtlichen Ausnahme in dem Planfeststellungsbeschluss nicht erforderlich. Um dem planungsrechtlichen Konfliktbewältigungsgebot sowie den Anforderungen des europäischen Artenschutzrechts gerecht zu werden, habe sich die Planfeststellungsbehörde in einer Vorausschau auf das Vorliegen der Ausnahmevoraussetzungen davon überzeugt, dass die Voraussetzungen einer Ausnahme nach § 45 Abs. 7 BNatSchG vorliegen würden. Die Planfeststellungsbehörde sei davon überzeugt, dass im Bedarfsfall eine solche Ausnahme nach § 45 Abs. 7 BNatSchG erteilt werden könnte (vgl. Seite 164 f. des Planfeststellungsbeschlusses unter Bezugnahme auf Seite 51 ff. der Unterlage 12.4).

Die mit der Nebenbestimmung 1.1.5.2.2 Ziffer 3 des Planfeststellungsbeschlusses getroffene Anordnung ist allein vor dem Hintergrund erfolgt, dass zum Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses noch offen war, ob ein Umsiedeln zur Vermeidung baubedingter Tötungen und Verletzungen das Fangverbot nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG erfüllt. Vorsorglich sollte daher eine artenschutzrechtliche Ausnahme beantragt werden. Darauf haben der Planfeststellungsbeschluss und der artenschutzrechtliche Beitrag ausdrücklich hingewiesen. Die Zulassung einer artenschutzrechtlichen Ausnahme bei der Unteren Naturschutzbehörde (Region Hannover) ist nach der Nebenbestimmung 1.1.5.2.2 Ziffer 3 des Planfeststellungsbeschlusses nur zu beantragen, sofern zu diesem Zeitpunkt entsprechende Umsiedlungen dem Verbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG unterliegen. Diese Frage ist mit § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 BNatSchG n. F. geklärt worden, so dass es einer - vorsorglichen - Ausnahme nicht mehr bedarf. Die Kritik der Kläger, die Auslagerung des artenschutzrechtlichen Ausnahmeverfahrens in die Bauausführung sei nicht zulässig, vielmehr seien absehbare bzw. mögliche artenschutzrechtliche Verbotstatbestände im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens zu bewältigen und die Ausnahmeprüfung müsse bereits um Zuge der Planfeststellung durchgeführt werden, um eine unvoreingenommene Ausnahmeprüfung zu gewährleisten, geht damit ins Leere.

b)

Eine Verwirklichung des Störungstatbestands des § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG ist bei einer Zulassung des Vorhabens nicht zu erwarten.

Nach § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG ist es verboten, wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert. Der Störungstatbestand kann vor allem durch bau- und betriebsbedingte Beeinträchtigungen der geschützten Tierarten in Gestalt von akustischen und optischen Störwirkungen (vgl. BVerwG, Urteil vom 09.06.2010 - 9 A 20.08 -, juris), aber auch durch Trennwirkungen erfüllt werden, die von dem geplanten Vorhaben ausgehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.04.2010 - 9 A 5.08 -, juris). Dabei enthält das Störungsverbot bereits im Wortlaut einen populationsbezogenen Ansatz (vgl. BVerwG, Urteil vom 06.11.2013 - 9 A 14.12 -, juris).

Die Beklagte verneint - unter Berücksichtigung der planfestgestellten Maßnahmen - zu Recht das Vorliegen des Störungstatbestandes in Bezug auf die europäischen Vogelarten im Wirkraum des Vorhabens.

aa)

Die Kläger sehen den Verbotstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG für eine Vielzahl von Vogelarten - namentlich die Arten Amsel, Bachstelze, Bluthänfling, Buchfink, Buntspecht, Dorngrasmücke, Feldlerche, Feldsperling, Fitis, Gelbspötter, Girlitz, Goldammer, Grünfink, Klappergrasmücke, Kleiber, Kohlmeise, Mönchsgrasmücke, Nachtigall, Rebhuhn, Rohrammer, Singdrossel, Sommergoldhähnchen, Sumpfrohrsänger, Wachtel, Waldkauz, Wiesenpieper, Wiesenschafstelze, Weißstorch und Zilpzalp - als erfüllt an. Die Reviere dieser Vogelarten lägen innerhalb der Effektdistanzen, so dass eine erhebliche Störung gegeben sei.

Mit diesem Vorbringen dringen die Kläger nicht durch. Festzustellen ist zunächst, dass die methodische Vorgehensweise des artenschutzrechtlichen Beitrags nicht zu beanstanden ist. Der artenschutzrechtliche Beitrag geht davon aus, dass Vögel durch Lärm- und Lichtemissionen, Beunruhigung und Verdrängung beeinträchtigt werden können. Die Störwirkungen könnten zu einer Abnahme der Habitateignung führen. Zu den Wirkungen von Straßenverkehrslärm auf Vögel lägen Erkenntnisse auf Grund von systematischen Untersuchungen vor (Garniel et al. 2007). In einer Arbeitshilfe „Vögel und Straßenverkehr“ (Garniel & Mierwald 2010) seien die Forschungsergebnisse für die Planungspraxis aufbereitet. Für 202 einheimische Brutvogelarten würden Orientierungswerte angegeben, die die Beurteilung der typischen Wirkungen aus dem Straßenverkehr erlaubten. Die Orientierungswerte basierten auf der Ableitung von Fluchtdistanzen, Effektdistanzen, artenspezifischen Störradien sowie kritischen Schallpegeln. Die Arbeitshilfe teile die Vogelarten nach ihrer Empfindlichkeit in verschiedene Gruppen ein. Bei den in der Arbeitshilfe angegebenen Werten und Schwellen handele es nicht um „Erheblichkeitsschwellen“. Bei Überschreitung der Schwellen könnten Störwirkungen auftreten; ob gegen die Zugriffsverbote verstoßen werde, müsse im Rahmen einer Einzelfallbetrachtung geprüft werden. Beurteilungsmaßstab sei, ob sich durch die Abnahme der Habitateignung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtere (vgl. Ziffer 4.2 der Unterlage 12.4).

Dieses Vorgehen entspricht dem besten wissenschaftlichen Erkenntnisstand (vgl. Urteil des Senats vom 22.04.2016 - 7 KS 27/15 -, juris). Soweit die Kläger meinen, der Beurteilung von Störwirkungen beim Störungstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG liege eine Fehlannahme der Beklagten zugrunde, wenn angenommen werde, dass die bei Garniel & Mierwald (2010) angegebenen Effektdistanzen keine Erheblichkeitsschwellen darstellen würden, kann dem nicht gefolgt werden. In der „Arbeitshilfe Vögel und Straßenverkehr“ (Garniel & Mierwald 2010, Seiten X und 1) heißt es ausdrücklich, dass es sich bei den in der Arbeitshilfe benannten Werten und Schwellen nicht um „Erheblichkeitsschwellen“, sondern um Orientierungswerte handele, deren Überschreitung eine negative Veränderung des Ist-Zustands auslösen könne. Ob eine solche negative Veränderung im konkreten Fall eine erhebliche Beeinträchtigung des Erhaltungszustands der lokalen Populationen der betroffenen Arten im artenschutzrechtlichen Kontext auslöse, sei nach geltenden fachlichen Standards im Einzelfall zu begründen. Von diesen Grundsätzen geht der artenschutzrechtliche Beitrag ausdrücklich aus. Nicht jede Unterschreitung der bei Garniel & Mierwald (2010) angegebenen Effektdistanzen führt automatisch zu einer erheblichen Störung und damit zur Erfüllung des Störungstatbestands des § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG. Eine Störung ist nur dann erheblich, wenn sich der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art tatsächlich verschlechtert. Kann die lokale Population bestimmte nachteilige Wirkungen im Wege der Eigenkompensation und/oder durch entsprechende konfliktvermeidende oder -mindernde Maßnahmen in absehbarer Zeit auffangen, liegt keine erhebliche Störung vor. Gleiches gilt, wenn die betroffene Population bei Vergrämung auf - bestehende oder eigens dafür hergerichtete - Habitate ausweichen kann (vgl. Lau in: Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 2. Auflage 2016, § 44 Rn. 17, m. w. N.; BVerwG, Urteil vom 12.03.2008 - 9 A 3.06 -, juris).

Auf dieser Grundlage kommen der artenschutzrechtliche Beitrag und ihm folgend die Beklagte fehlerfrei zu dem Ergebnis, dass bei Vogelarten, die häufig oder allgemein verbreitet und nicht besonders gefährdet sind (sog. „Allerweltsvogelarten“), bei Überschreitung der Orientierungswerte zwar von einer Störung auszugehen ist, gegen die Verbotstatbestände dennoch nicht verstoßen wird, weil sich der Erhaltungszustand der lokalen Population aufgrund der Häufigkeit der Art nicht verschlechtern wird (vgl. Ziffer 4.2 der Unterlage 12.4).

Der diesbezüglichen Kritik der Kläger, gerade häufige, weit verbreitete Arten könnten auf Revierzerstörungen nicht durch Ausweichbewegungen reagieren, da angenommen werden müsse, dass vorhandene Habitatkapazitäten ausgeschöpft seien, kann nicht gefolgt werden. Grundsätzlich kann zwar nicht ohne Weiteres angenommen werden, eingriffsbetroffene Tiere könnten auf andere Flächen ausweichen. Denn eine solche Ausweichmöglichkeit besteht nur dann, wenn sich im räumlichen Zusammenhang geeignete Habitatstrukturen finden und diese Flächen nicht schon von Artgenossen oder Arten mit vergleichbaren Habitatansprüchen besetzt sind. Insoweit ist die Forderung der Kläger nach weiteren Untersuchungen im Einzelfall zur Habitatausschöpfung nicht völlig von der Hand zu weisen. Allerdings kann bei häufigen bzw. weit verbreiteten Arten mit jährlich wechselnden Fortpflanzungsstätten auch ohne eine entsprechende Untersuchung naturschutzfachlich belastbar angenommen werden, die betroffenen Tiere könnten auf andere Flächen ausweichen (vgl. Urteil des Senats vom 31.07.2018 - 7 KS 17/16 -, juris; Lau in: Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 2. Auflage 2016, § 44 Rn. 48, m. w. N.). Zudem ist bei weit verbreiteten und in hoher Dichte vorkommenden Arten (sog. ubiquitäre Vogelarten) auch deshalb nicht zu befürchten, dass sich der Erhaltungszustand der lokalen Population verschlechtert, da ihre lokalen Populationen naturgemäß Ausdehnungen haben, die es ihnen ermöglichen, Störungen einzelner Brutreviere zu verkraften, ohne dass die Population als Ganzes destabilisiert wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.03.2008 - 9 A 3.06 -, juris; Urteil des Senats vom 22.04.2016 - 7 KS 27/15 -, juris). Aus diesem Grund vermag auch die Kritik der Kläger, der artenschutzrechtliche Beitrag lasse offen, auf welche lokale Population er abstelle, und ohne Kenntnis der lokalen Population könne eine ausbleibende Verschlechterung regelmäßig nicht beurteilt werden, da auch lokale Populationen häufiger Arten im schlechten Erhaltungszustand oder klein sein könnten, nicht zu überzeugen. Vertiefende Untersuchungen zu den lokalen Populationen der sog. „Allerweltsvogelarten“ waren nicht geboten.

Ein methodischer Fehler des artenschutzrechtlichen Beitrags ist entgegen der Auffassung der Kläger auch nicht in einer „Umrechnung von Störungen in Lebensstättenverluste“ zu erkennen, um von der Möglichkeit des § 44 Abs. 5 Satz 2 und 3 BNatSchG Gebrauch machen zu können. Zwar spricht mit den Klägern einiges dafür, dass verkehrsbedingte Störeffekte nicht zu einer vollständigen Zerstörung der Reviere, sondern nur zu einer Minderung der Habitateignung führen. Auf der anderen Seite führen manche Störungen zur Aufgabe von Brutplätzen, so dass sie mit einem Lebensstättenverlust einhergehen. Ob festgestellte Beeinträchtigungen durch verkehrsbedingte Störeffekte als erhebliche Störungen im Sinne des § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG oder als Zerstörung von Lebensstätten im Sinne des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG mit der Möglichkeit der Festsetzung vorgezogener Ausgleichsmaßnahmen nach § 44 Abs. 5 Satz 3 BNatSchG (kritisch insoweit: Niedersächsisches OVG, Urteil vom 01.12.2015 - 4 LC 156/14 -, juris, m. w. N., wonach mittelbare Beeinträchtigungen wie Lärm den Tatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG nicht erfüllen; offenlassend: BVerwG, Urteil vom 06.11.2012 - 9 A 17.11 -, juris) anzusehen sind, braucht an dieser Stelle jedoch nicht entschieden zu werden. Denn auch wenn die durch verkehrsbedingte Störeffekte eintretende Beeinträchtigung der Bruthabitate den Klägern folgend anstelle des Zerstörungstatbestands des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG dem Störungstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG unterfiele, wäre dieser nur erfüllt, wenn sich durch die Störungen der Erhaltungszustand der lokalen Population der Art verschlechtern würde. Insoweit können die festgesetzten vorgezogenen Ausgleichsmaßnahmen im Sinne des § 44 Abs. 5 Satz 3 BNatSchG den Charakter von Vermeidungsmaßnahmen haben, die sicherstellen, dass erhebliche Störungen nicht eintreten. Es handelt sich dann um Vorkehrungen zur Vermeidung von Beeinträchtigungen. Dies stellt keine unzulässige Erstreckung des § 44 Abs. 5 Satz 3 BNatSchG auf den Störungstatbestand dar. Denn kann die lokale Population die nachteiligen Wirkungen durch konfliktvermeidende oder -mindernde Maßnahmen - z. B. vorgezogenen Ausgleichsmaßnahmen - in absehbarer Zeit abfangen, liegt keine erhebliche Störung im Sinne des § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG vor (vgl. Urteil des Senats vom 22.04.2016 - 7 KS 27/15 -, juris, m. w. N.).

Die Kläger vermögen schließlich die Einschätzung der Beklagten, eine erhebliche Störung liege nicht vor, auch hinsichtlich bestimmter einzelner Vogelarten nicht in Frage zu stellen.

Dies gilt zunächst für den Buntspecht. Die Kläger rügen, dass für den Buntspecht eine Effektdistanz von 300 m - nicht 200 m - zu berücksichtigen sei. Da sich die Art in der oberen Baumschicht aufhalte, werde der Wall nicht wirksam. Diese Kritik vermag nicht zu überzeugen. Zwar liegt die artspezifische Effektdistanz für den Buntspecht nach Tabelle 5 der „Arbeitshilfe Vögel und Straßenverkehr“ (Garniel & Mierwald 2010) tatsächlich bei 300 m. Der artenschutzrechtliche Beitrag legt zugrunde, dass sich ein Brutpaar in ca. 200 m Entfernung befinde und - nach einer Potenzialabschätzung- zwei weitere Brutpaare in 200 bis 300 m Entfernung möglich seien (vgl. Tabelle 4 der Unterlage 12.4). Der landschaftspflegerische Begleitplan, auf dem der artenschutzrechtliche Beitrag beruht, geht ebenfalls von einer Effektdistanz von ca. 300 m aus (vgl. Tabelle 39 der Unterlage 12.1). Die Kritik der Kläger ist damit unbegründet. Selbst wenn die Beklagte lediglich eine Effektdistanz von 200 m zugrunde gelegt haben sollte, würde sich dieser - unterstellte - Fehler im Ergebnis nicht auswirken. Denn es handelt sich bei dem Buntspecht um eine allgemein häufige Art (vgl. Tabellen 3 und 4 der Unterlage 12.4), so dass die Art auf im Umfeld vorhandene Habitatstrukturen ausweichen kann. Eine erhebliche Störung liegt damit nicht vor.

Vergleichbares gilt hinsichtlich der Dorngrasmücke. Die Kläger rügen, dass entgegen den Ausführungen in dem artenschutzrechtlichen Beitrag ausweislich der Karte vier Reviere innerhalb der Effektdistanz lägen. Der Wall sei als Lärmschutzvorrichtung für die Art irrelevant. Auch dieses Vorbringen führt nicht zum Erfolg. Bei den Bestandserfassungen 2011 wurden innerhalb der Effektdistanz vier Brutpaare festgestellt (vgl. Tabelle 39 der Unterlage 12.1). Da die Abnahme der Habitateignung für Arten der Gruppe 4 (Arten mit schwacher Lärmempfindlichkeit) innerhalb der Effektdistanz nach Garniel & Mierwald mit zunehmender Entfernung geringer wird (vgl. Tabelle 13 der „Arbeitshilfe Vögel und Straßenverkehr“ (Garniel & Mierwald 2010)), ergibt sich für die Dorngrasmücke aus der Verteilung der Reviere in den einzelnen Entfernungskorridoren aus der Umrechnung gradueller Beeinträchtigungen in vollständige Revierverluste für zwei Brutpaare ein Revierverlust (vgl. Tabelle 39 der Unterlage 12.1). Diesen Wert legt der artenschutzrechtliche Beitrag korrekt zugrunde. Er geht zum Vorkommen im Gebiet davon aus, dass - bezogen auf das Erfassungsjahr 2011 - zwei Brutpaare innerhalb der Effektdistanz vertreten seien. Es wird zu § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG weiter ausgeführt, dass vier Brutpaare innerhalb des Wirkungsbereichs vorhanden seien; davon befinde sich ein Brutrevier hinter dem Lärmschutzwall (vgl. Tabelle 4 der Unterlage 12.4). Gegenüber Lärm und anderen Störwirkungen sei die Dorngrasmücke schwach empfindlich, der Brutstandort liege allerdings hinter einem Lärmschutzwall, so dass ein Verstoß gegen § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG ausgeschlossen sei (vgl. Seite 41 der Unterlage 12.4). Die Kläger legen nicht substantiiert dar, warum der Lärmschutzwall als Lärmschutzvorrichtung für die - ohnehin nur schwach lärmempfindliche - Art irrelevant sein sollte. Letztlich kann dies aber auch dahinstehen. Denn auch bei der Dorngrasmücke handelt es sich um eine allgemein verbreitete Art (vgl. Tabellen 3 und 4 der Unterlage 12.4), die in Niedersachsen durchweg häufig, nicht im Rückgang befindlich und ungefährdet ist (vgl. Seite 40 der Unterlage 12.4). Es kann daher - auch ohne eine entsprechende Untersuchung - naturschutzfachlich belastbar angenommen werden, die betroffenen Tiere könnten auf andere Flächen im Umfeld ausweichen. Eine erhebliche Störung liegt damit - unabhängig von der Anzahl der Reviere in der Effektdistanz und der Wirksamkeit des Lärmschutzwalles - nicht vor.

Hinsichtlich der Feldlerche machen die Kläger geltend, dass nach dem artenschutzrechtlichen Beitrag elf Reviere innerhalb der Effektdistanz lägen, laut der Karte seien es jedoch 30. Auf einer Teilstecke sei zudem eine Effektdistanz von 500 m und nicht von 300 m zu berücksichtigen. Auch dieses Vorbringen vermag nicht zu überzeugen. Hinsichtlich der Feldlerche ist für Straßen mit einer Verkehrsbelastung von mehr als 20.000 Kfz/24 h die Effektdistanz von 300 m auf 500 m zu erweitern (vgl. Tabelle 14 der „Arbeitshilfe Vögel und Straßenverkehr“ (Garniel & Mierwald 2010)). Dies ist vorliegend geschehen (vgl. Tabellen 38 und 39 der Unterlage 12.1; Blatt Nr. 1D der Unterlage 12.2.2). Die Effektdistanz ist zu Recht nur für den Abschnitt zwischen Klein Heidorner Straße (K 331) und Baustreckenende auf 500 m erweitert worden, da nur hier eine Verkehrsbelastung von mehr als 20.000 Kfz/24 h prognostiziert ist. Bei den Bestandserfassungen 2011 wurden innerhalb der Effektdistanz 31 Brutpaare festgestellt (vgl. Tabelle 39 der Unterlage 12.1); bei den Bestandserfassungen im Jahr 2004 waren es noch 44 (vgl. Tabelle 38 der Unterlage 12.1). Der artenschutzrechtliche Beitrag legt bei den Brutvogelarten aufgrund der teilweise erheblichen Schwankungen der Jahrespopulationen und der räumlichen Verteilung im Sinne eines Worst-Case-Szenarios den höchsten ermittelten Wert der Erfassungsjahre 2004 und 2011 als Ausgleichsbedarf zugrunde (vgl. Ziffer 4.2 der Unterlage 12.4); dies ist für die Feldlerche der höhere Wert aus dem Jahr 2004. Da die Abnahme der Habitateignung für Feldlerchen innerhalb der Effektdistanz nach Garniel & Mierwald mit zunehmender Entfernung geringer wird (vgl. Tabelle 14 der „Arbeitshilfe Vögel und Straßenverkehr“ (Garniel & Mierwald 2010)), ergibt sich für die Feldlerche aus der Verteilung der Reviere in den einzelnen Entfernungskorridoren aus der Umrechnung gradueller Beeinträchtigungen in vollständige Revierverluste für 11 Brutpaare ein Revierverlust (vgl. Tabelle 38 der Unterlage 12.1). Diesen Wert legt der artenschutzrechtliche Beitrag zugrunde (vgl. Tabelle 4 der Unterlage 12.4).

Soweit die Kläger hinsichtlich des Feldsperlings rügen, dass die Effekte des Lärmschutzwalls nicht belegt seien, führt dies nicht auf einen Fehler bei der Behandlung des Störungstatbestands. Ausweislich des landschaftspflegerischen Begleitplans wurde der Feldsperling im Erfassungsjahr 2011 nicht im Untersuchungsgebiet beobachtet (vgl. Tabelle 39 der Unterlage 12.1); es gibt daher keine aktuellen Nachweise innerhalb der Effektdistanz, die zur Erfüllung des Verbotstatbestands führen könnten. Im Erfassungsjahr 2004 - welches im Sinne eines Worst-Case-Szenarios zu betrachten ist - wurde innerhalb der Effektdistanz ein Brutpaar festgestellt; dieses befand sich jedoch hinter dem Lärmschutzwall (vgl. Tabelle 38 der Unterlage 12.1). Diese Zahlen legt der artenschutzrechtliche Beitrag zugrunde (vgl. Tabelle 4 der Unterlage 12.4). Die Kläger legen nicht substantiiert dar, warum der Lärmschutzwall als Lärmschutzvorrichtung für die Art irrelevant sein sollte. Dies gilt umso mehr, als es sich bei dem Feldsperling nach den Einstufungen von Garniel & Mierwald (2010) um eine Art der Gruppe 5 (Arten ohne spezifisches Abstandsverhalten zu Straßen und Arten, für die der Verkehrslärm keine Relevanz besitzt) handelt. Der Feldsperling kommt innerhalb menschlicher Siedlungen vor und ist generell wenig lärmempfindlich (vgl. Seite 39 der Unterlage 12.4).

Ähnliche Erwägungen gelten für den Girlitz. Die Kläger machen geltend, dass ein zwei Meter hoher Wall nichts an der Lärmbelastung des Standortes ändern werde, da die Art hoch in den Bäumen oder auf Gebäuden singe und auch in höheren Vegetationsschichten brüte. Auch dieses Vorbringen führt nicht zum Erfolg. Ausweislich des landschaftspflegerischen Begleitplans wurde der Girlitz im Erfassungsjahr 2011 nicht innerhalb der artspezifischen Effektdistanz festgestellt (vgl. Tabelle 39 der Unterlage 12.1); es gibt daher keine aktuellen Nachweise innerhalb der Effektdistanz, die zur Erfüllung des Verbotstatbestands führen könnten. Im Erfassungsjahr 2004 - welches im Sinne eines Worst-Case-Szenarios zu betrachten ist - wurde innerhalb der Effektdistanz zwei Brutpaare festgestellt; ein Brutpaar befand sich jedoch hinter einem Lärmschutzwall (vgl. Tabelle 38 der Unterlage 12.1). Dieses Zahlen legt der artenschutzrechtliche Beitrag zugrunde (vgl. Tabelle 4 der Unterlage 12.4). Soweit die Kläger meinen, der Lärmschutzwall entfalte keine Wirkungen für den - schwach lärmempfindlichen - Girlitz, kann diese Frage dahinstehen. Die vom Girlitz bevorzugten Habitatstrukturen sind in ausreichendem Umfang im Umfeld der Trasse vorhanden, so dass der Girlitz - sollte er wieder im Untersuchungsgebiet auftreten - im räumlichen Zusammenhang ausweichen kann (vgl. Seite 40 der Unterlage 12.4). Eine erhebliche Störung liegt damit nicht vor.

bb)

Die von der Beklagten planfestgestellten Maßnahmen A05, A09, A11, A12, A13 und A16 sind - entgegen der Auffassung der Kläger - geeignet, erhebliche Störungen der Avifauna zu vermeiden. Die vorgezogenen Ausgleichsmaßnahmen (CEF-Maßnahmen) haben - wie dargelegt - in Bezug auf das Störungsverbot gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG die Funktion von Vermeidungsmaßnahmen. Ein darüber hinausgehender Kompensationsbedarf besteht nicht.

(1)

Die Maßnahme A05 dient der Schaffung von Brachstreifen und Feldlerchenfenstern zur Entwicklung eines Lebensraums für Brutvögel des Offenlandes (Feldlerche, Wachtel, Rebhuhn). Ausweislich des Maßnahmenblatts A05 führen Bau und Betrieb der B 441 zu einer Abnahme der Habitateignung für Brutvögel der Offenlandarten (Feldlerche, Rebhuhn, Wiesenpieper, Wiesenschafstelze und Wachtel). Der Beeinträchtigungsumfang beläuft sich auf 17 Brutpaare (Konflikt K4). Daneben kommt es durch die Anlage der neuen Straße entlang der Trasse zu Bodenveränderungen durch Aufschüttungen, Abgrabungen und Austausch. Der Beeinträchtigungsumfang beträgt 20,5 ha (Konflikt KBA). Zielsetzung der Maßnahme ist die Aufwertung und Entwicklung eines Lebensraumes von Feldlerche, Rebhuhn und Wachtel. Es handelt sich um eine CEF-Maßnahme für die Feldlerche und Wiesenschafstelze. Im Rahmen der Durchführung sind die 10 m breiten Brachstreifen Nr. 1 bis 5 und die 5 m breiten Brachstreifen Nr. 6 bis 9 aus der Nutzung zu nehmen. Falls zu Beginn der Maßnahme noch Feldfrüchte vorhanden sind, werden die Flächen umgebrochen und der Selbstbegrünung mit Ackerwildkräutern überlassen. Für die Anlage der Feldlerchenfenster ist folgendes vorgesehen: Sofern der jeweilige Eigentümer bzw. Pächter der Streifen Nr. 6 bis 9 in dem 250 ha großen zur Anlage von Feldlerchenfenstern geeigneten Raum die Anlage von 12 unbestellten Flächen je Streifen von jeweils etwa 20 m², von denen zwei pro Hektar angelegt werden, auf einem Minimum von 5 ha zusammenhängender Fläche sicherstellen kann, ist dies vorzugsweise durchzuführen. Die Streifen Nr. 6 bis 9 können dann bewirtschaftet werden. Die Getreideaussaat wird an dieser Stelle kurz unterbrochen. Die Behandlung mit Pestiziden und Düngemitteln kann wie auf dem übrigen Feld erfolgen. Um den Räuberdruck zu minimieren, werden die Fenster abseits von Traktorenspuren angelegt. Insgesamt sind pro Jahr 60 Feldlerchenfenster auf insgesamt 30 ha Fläche anzulegen. Die Lage der Fenster ist von Jahr zu Jahr zu variieren; die Anlage von Fenstern am gleichen Ort ist zu vermeiden, um das Aufkommen von Problemunkräutern zu verhindern. Die Fenster haben einen Mindestabstand von 50 m zu Baumreihen, Gebäuden, Gärten und Straßen sowie 25 m zu Fahrgassen einzuhalten. Zur Überprüfung der Wirksamkeit der Maßnahme bezüglich der Feldlerche wird die Maßnahme durch ein Monitoring über drei Jahre begleitet. Dabei wird die Methode der Revierkartierung angewandt, mit 7-facher Begehung im Zeitraum von Mitte März bis Ende Juli. Untersucht werden der Maßnahmenbereich und seine nähere Umgehung. Zur Abschätzung des Bruterfolgs werden zusätzlich Erfassungen während der Zeit des Jungenführens durchgeführt. Sofern der Erfolg der Maßnahme nicht hinreichend belegt werden kann, sind weitere Maßnahmen zu ergreifen und deren Wirksamkeit durch ein weiteres Monitoring zu belegen. Der Gesamtumfang der Maßnahme beträgt 1,83 ha (vgl. Maßnahmenblatt A05 der Unterlage 12.3.3; Blatt Nr. 11D2 der Unterlage 12.3.2; Seite 50 der Unterlage 12.4).

Die Kläger rügen zunächst die zu geringe Dimensionierung der Maßnahmenfläche. Nach dem Maßnahmenblatt seien die Arten Feldlerche, Rebhuhn, Wachtel, Wiesenpieper und Wiesenschafstelze durch die Abnahme der Habitateignung mit insgesamt 17 Brutpaaren betroffen und der Beeinträchtigungsumfang betrage 20,5 ha. Der Gesamtumfang der Maßnahme beschränke sich jedoch auf 1,83 ha. Dass eine so kleine Fläche in der Lage sein solle, einen Beeinträchtigungsumfang von 20,5 ha zu kompensieren, sei nicht nachvollziehbar. Diesem Vorbringen kann nicht gefolgt werden. Die Kläger übersehen, dass sich der von ihnen genannte Beeinträchtigungsumfang von 20,5 ha nicht auf die Beeinträchtigung der Habitateignung für Brutvögel der Offenlandarten (Konflikt K4), sondern auf die Bodenveränderung durch Austausch, Auf- und Abtrag (Konflikt KBA) bezieht. Der Beeinträchtigungsumfang des - hier relevanten - Konflikts K4 beträgt 17 Brutpaare. Dazu heißt es in dem artenschutzrechtlichen Beitrag, dass Ziel der Maßnahme A05 die Aufwertung eines bestehenden Lebensraumes für Brutvögel des Offenlands sei. Durch gezielte Schaffung von Strukturen in der intensiv genutzten Ackerflur würden die Siedlungsdichte und der Bruterfolg erhöht. In der Dimensionierung der Ausgleichsmaßnahme werde davon ausgegangen, dass die positive Wirkung der Brachstreifen auf den Brutvogelbestand bis zu 100 m weit reichen und insgesamt eine Verdoppelung der Brutdichte in diesem Raum bewirken werde. Dadurch werde die Abnahme der Habitateignung aufgrund von Störungen im Umfeld der Straße ausgeglichen. Bei einer Brutdichte der Feldlerche von zwei Brutpaaren pro 10 ha im Untersuchungsgebiet und einem Ausgleichsbedarf für elf Brutpaare errechne sich ein durch Brachstreifen aufzuwertender Lebensraum von 55 ha. Durch die Brachstreifen Nr. 1 bis 5 werde die Habitateignung für die Feldlerche um 30,5 ha (entspricht sechs Brutpaaren) aufgewertet. Bei Rebhuhn, Wachtel und Wiesenschafstelze sei der Ausgleichsbedarf wesentlich geringer, die Brachstreifen Nr. 1 bis 5 reichten hierfür aus (vgl. Seite 50 der Unterlage 12.4). Diese Ausführungen verdeutlichen, dass durch die Maßnahme A05 durch eine Verbesserung des Nahrungsangebots und durch die Schaffung von Versteckplätzen und Bruthabitaten auch das Umland der Maßnahmenflächen aufgewertet wird. Bei der erforderlichen Dimensionierung der Ausgleichsfläche sind daher nicht nur die eigentlichen Maßnahmenflächen mit einem Gesamtumfang von 1,83 ha zu betrachten, sondern auch die im Umfeld aufgewerteten Flächen. Es handelt sich um eine lebensraumverbessernde Maßnahme in der Agrarlandschaft, um die Populationsdichte der Feldlerche zu erhöhen. Die Maßnahme trägt insgesamt zur Verbesserung der Brut- und Nahrungsflächen der Vogelarten der offenen Agrarlandschaft bei (vgl. dazu auch: Urteil des Senats vom 31.07.2018 - 7 KS 17/16 -, juris). Des Weiteren ist die Maßnahme A05 im Zusammenhang mit der Maßnahme A09 zu sehen, durch die eine weitere Fläche zu einem Lebensraum der Arten Feldlerche, Wiesenpieper und Wiesenschafstelze entwickelt wird. Der Erfolg ist gegeben, wenn bei beiden Maßnahmen zusammengenommen eine Erhöhung der Revierdichte der Feldlerche um mindestens sechs Brutpaare eingetreten ist (vgl. Seite 51 f. der Unterlage 12.4). Dass die Maßnahmenflächen A05 und A09 zusammen nicht ausreichend dimensioniert wären, tragen die Kläger nicht substantiiert vor.

Die Kläger machen des Weiteren geltend, dass die Maßnahme A05 zur Behebung der Beeinträchtigung der Habitateignung für Brutvögel des Offenlandes ungeeignet sei. Die Flächen 1 - 4 lägen im Nahbereich der B 441 und damit innerhalb der Effektdistanz von Feldlerche, Wachtel und Rebhuhn. Die Flächen 2, 4 und 5 (Anmerkung des Senats: gemeint sind wohl die Brachstreifen Nr. 3, 4 und 5) lägen außerdem unmittelbar neben einer Bahnstrecke und seien deshalb wegen der Lärmbelastung und der vertikalen Strukturen zumindest für Feldlerche und Wachtel ungeeignet. Auch mit dieser Kritik dringen die Kläger nicht durch. Die Beklagte hat insoweit nachvollziehbar und zur Überzeugung des Senats dargelegt, dass die Lage von Kompensationsflächen innerhalb der Effektdistanz schadlos sei, da derartige Flächen nach Garniel & Mierwald (2010) nicht völlig als Vogellebensraum entwertet würden, sondern nur eine graduell geringere Eignung aufwiesen. Dieser Umstand sei dadurch berücksichtigt worden, dass die Kompensationsflächen eine entsprechend große Ausdehnung erhielten, so dass auch unter Berücksichtigung der graduellen Beeinträchtigung eine hinreichende Kompensation sichergestellt sei. Dies ist fachlich nicht zu beanstanden. Hinzu kommt, dass sich die Beeinträchtigung der Kompensationsflächen als weniger gravierend darstellt, als von den Klägern dargelegt. So ist zum einen zu beachten, dass der Abschnitt der alten B 441 zwischen der neuen Ortsumgehung und dem südlich davon gelegenen Bahngleis seine Funktion als Straße verlieren und zu einem landwirtschaftlichen Weg zurückgebaut werden wird, so dass zukünftig Beeinträchtigungen durch diesen Straßenabschnitt entfallen. Zum anderen handelt es sich bei der von den Klägern genannten Bahnstrecke lediglich um das Anschlussgleis des Kaliwerks AJ. bei AK.. Hier fahren - nach den unbestrittenen Ausführungen der Beklagten - nur sehr wenige Züge am Tag mit geringer Geschwindigkeit, so dass die Lärmbelastung minimal ist. Da die Kaliförderung im Kaliwerk AJ. am 21. Dezember 2018 geendet hat, ist in Zukunft mit diesbezüglichen Beeinträchtigungen nicht zu rechnen. Der Bahnkörper stellt entgegen der Auffassung der Kläger auch keine relevante Vertikalstruktur dar, da er - so die Beklagte - nahezu ebenerdig verläuft. Lediglich in Höhe der Fläche 3 seien einige Bäume vorhanden. Auch hier führe die Maßnahme zur Aufwertung, da auch die benachbarten Ackerflächen aufgewertet würden. Dem sind die Kläger nicht substantiiert entgegengetreten.

Die Kläger stellen zudem in Frage, ob eine „Nachverdichtung“ der Flächen im angestrebten Umfang möglich sei. Den Kartierungen sei zu entnehmen, dass die Zielarten in den Suchräumen „Feldflur nordöstlich Bokeloh“ und „Feldflur südlich Steinhude“ bereits jetzt in hoher Dichte vorkämen. Dem hat die Beklagte überzeugend entgegengehalten, dass die betreffenden Bereiche sich derzeit als intensiv genutzte und ausgeräumte Landschaften präsentierten, in denen ein deutliches Defizit an Brachestadien und Saumstrukturen bestehe. Durch das Hinzufügen dieser Mangelhabitate steige das Besiedlungspotenzial an, so dass eine Nachverdichtung der Brutdichte durch die Maßnahme außer Zweifel stehe. Diese fachliche Beurteilung ist nicht zu beanstanden.

Auch die Kritik der Kläger an dem angeordneten Monitoring für die Feldlerche vermag nicht zu überzeugen. Die Kläger rügen, dass das Monitoring nicht geeignet sei, um gegebenenfalls notwendige Korrekturen vorzunehmen. Es fehle ein verlässlicher Ausgangswert, um zu beurteilen, ob die Maßnahme eine Verbesserung bewirke. Wenn weder der Ausgangszustand noch der Zielzustand bekannt seien, könne keine Erfolgskontrolle erfolgen. Es sei nicht ausreichend, den Nachweis der Wirksamkeit der Maßnahme durch ein mehrjähriges Monitoring zu erbringen. Diese Auffassung überzeugt nicht. Bestehen wissenschaftliche Unsicherheiten über die Wirksamkeit von Schutz- und Kompensationsmaßnahmen, kann es sich - wie bereits dargelegt - anbieten, durch ein Monitoring weitere Erkenntnisse über die Beeinträchtigungen zu gewinnen und dementsprechend die Durchführung des Vorhabens zu steuern (vgl. BVerwG, Urteil vom 06.11.2012 - 9 A 17.11 -, juris; BVerwG, Urteil vom 14.07.2011 - 9 A 12.10 -, juris). Das Monitoring allein genügt jedoch nicht, den erforderlichen Nachweis der Wirksamkeit der angeordneten Maßnahmen zu erbringen. Es muss Bestandteil eines Risikomanagements sein, das die fortdauernde ökologische Funktion der Schutzmaßnahmen gewährleistet. Im Rahmen der Planfeststellung müssen somit begleitend zum Monitoring Korrektur- und Vorsorgemaßnahmen für den Fall angeordnet werden, dass die Beobachtung nachträglich einen Fehlschlag der positiven Prognose anzeigt (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.01.2007 - 9 A 20.05 -, juris; Urteil des Senats vom 31.07.2018 - 7 KS 17/16 -, juris; Urteil des Senats vom 22.04.2016 - 7 KS 27/15 -, juris). Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Die Beklagte geht zunächst unter Beachtung einschlägiger wissenschaftlicher Erkenntnisse davon aus, dass die Kombination von Brachstreifen und Feldlerchenfenstern für die Feldlerche die besten Ergebnisse bringt (Morris 2009) (vgl. Seite 50 der Unterlage 12.4). Allerdings verbleiben aus der Sicht der Beklagten gewisse Restunsicherheiten über die Effizienz der Maßnahme. Diese verbleibenden wissenschaftlichen Unsicherheiten stellen die Prognose zur Nichtverwirklichung des Verbotstatbestands nicht in Frage. Vielmehr stellt das angeordnete Monitoring nebst Risikomanagement sicher, dass die fortdauernde ökologische Funktion der Maßnahme gewährleistet ist. Entgegen der Auffassung der Kläger sind dabei sowohl der Ausgangszustand durch die durchgeführten Bestandserfassungen als auch der Zielzustand bekannt: Der Erfolg ist gegeben, wenn bei den Maßnahmen A05 und A09 zusammengenommen eine Erhöhung der Revierdichte der Feldlerche um mindestens sechs Brutpaare eingetreten ist. Bei wider Erwarten geringerer Effizienz der Maßnahme sind weitere unterstützende Maßnahmen zu ergreifen. Weitere Maßnahmen können nach dem artenschutzrechtlichen Beitrag - innerhalb der Suchräume A05 - sein: Vergrößerung der Anzahl der jährlich anzulegenden Feldlerchenfenster, ggf. unter Hinzuziehung weiterer Suchräume oder die Anlage jährlich wechselnder Blühstreifen in den ausgewiesenen Suchräumen (vgl. Seite 51 der Unterlage 12.4). Dies genügt den Anforderungen an ein Risikomanagement. Es ist - wie dargelegt - nicht erforderlich, dass bereits in der Zulassungsentscheidung, d. h. in dem Planfeststellungsbeschluss die konkreten ergänzenden Maßnahmen im Einzelnen beschrieben und festgesetzt werden. Die Verlagerung der konkreten Ausgestaltung in die Ausführungsplanung ist ausreichend und auch sinnvoll, weil aus den Ergebnissen des Monitorings noch nicht absehbare Erkenntnisse folgen können. Wäre es bereits zum Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses möglich gewesen, konkrete Nachsteuerungsmaßnahmen für den Fall der Zielverfehlung festzulegen, wären sie bereits Bestandteil des Schutzkonzepts geworden (vgl. BVerwG, Urteil vom 06.11.2013 - 9 A 14.12 -, juris; Urteil des Senats vom 31.07.2018 - 7 KS 17/16 -, juris; Urteil des Senats vom 22.04.2016 - 7 KS 27/15 -, juris).

Soweit die Kläger im Zusammenhang mit der Maßnahme A05 erneut rügen, dass die Vogelschutzrichtlinie und das BNatSchG für Störungen im Sinne des § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG keine vorgezogenen Ausgleichsmaßnahmen (CEF-Maßnahmen) vorsehen würden, kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden, wonach CEF-Maßnahmen in Bezug auf das Störungsverbot die Funktion von Vermeidungsmaßnahmen haben.

Auch der Kritik der Kläger, die hier vorgesehenen CEF-Maßnahmen erfüllten nicht die vom Bundesverwaltungsgericht räumlich eng gefassten und individuenbezogenen Voraussetzungen, kann nicht gefolgt werden. Zwar ist den Klägern zuzustimmen, dass der von § 44 Abs. 5 Satz 2 und 3 BNatSchG vorausgesetzte Funktionserhalt nicht schon dann gegeben ist, wenn der Eingriff keine messbaren Auswirkungen auf die Reproduktionsbedingungen bzw. Rückzugsmöglichkeiten der lokalen Population als ganzer hat, sondern erst dann, wenn für die mit ihren konkreten Lebensstätten betroffenen Individuen die von der Lebensstätte wahrgenommene Funktion vollständig erhalten bleibt (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.03.2009 - 9 A 39.07 -, juris). Von einer solchen populationsbezogenen Betrachtungsweise geht jedoch auch der artenschutzrechtliche Beitrag nicht aus. Vielmehr stellt er auf die Möglichkeit des Ausweichens auf Fortpflanzungs- und Ruhestätten im Umfeld der Trasse ab, so dass die ökologische Funktion im Sinne des § 44 Abs. 5 Satz 2 und 3 BNatSchG erfüllt wird. Insoweit ist es nicht erforderlich, dass der verloren gegangene oder beeinträchtigte Lebensraum 1:1 gewahrt wird; entscheidend ist allein, ob der verbleibende und/oder neu geschaffene Lebensraum die beeinträchtigten Funktionen für die betroffenen Tiere auffängt (vgl. Lau in: Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 2. Auflage 2016, § 44 Rn. 48 m. w. N.). Es darf zu keiner Minderung des Fortpflanzungs- oder Ruheerfolgs für die betroffenen Individuen kommen (vgl. Schütte/Gerbig in: Schlacke, GK-BNatSchG, 2. Auflage 2017, § 44 Rn. 55). Ob dies der Fall ist, ist eine zuvörderst naturschutzfachlich zu beantwortende Frage (vgl. Lau in: Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 2. Auflage 2016, § 44 Rn. 47; Schütte/Gerbig in: Schlacke, GK-BNatSchG, 2. Auflage 2017, § 44 Rn. 55). Vorliegend geht die Beklagte zu Recht davon aus, dass die Maßnahme A05 die räumlichen und individuenbezogenen Anforderungen an vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen erfüllt. Sie weist darauf hin, dass Feldvögel betroffen seien, die sich ohnehin von Jahr zu Jahr je nach angebauter Feldfrucht neu orientieren müssten. Sie seien als Zugvögel daran angepasst, bei ihrer Ankunft im Brutgebiet für die jeweilige Brutsaison geeignete Flächen auszuwählen. Die Kompensationsbereiche könnten von ihnen ohne Probleme aufgesucht werden. Die Kläger sind dem nicht substantiiert entgegengetreten.

(2)

Die Maßnahme A09 dient - vorrangig, aber nicht nur - der Entwicklung eines Nahrungshabitats für den Weißstorch. Ausweislich des Maßnahmenblatts A09 führen Bau und Betrieb der B 441 zu einer Abnahme der Habitateignung für Brutvögel der Feldflur (Feldlerche, Rebhuhn, Wachtel, Wiesenpieper und Wiesenschafstelze). Der Beeinträchtigungsumfang beläuft sich auf 17 Brutpaare (Konflikt K4). Des Weiteren werden in der Westaue-Niederung horstnahe, potenziell geeignete und unbeeinträchtigte Nahrungsflächen des Weißstorchs überbaut. Der Beeinträchtigungsumfang beträgt 4,7 ha (Konflikt K8). Daneben kommt es durch die Anlage der neuen Straße zu Bodenveränderungen durch Austausch, Auf- und Abtrag in einem Umfang von 20,5 ha (Konflikt KBA) und zu dem Verlust von Biotopen in einem Umfang von 3,6 ha (Konflikt KPT). Zielsetzung der Maßnahme ist die Schaffung eines Nahrungshabitats für den Weißstorch sowie die Bodenregeneration als Ausgleich für die Bodenveränderung. Die Maßnahme wird auf zwei Teilflächen in der Leineaue nördlich von Luthe durchgeführt. Die nördliche Teilfläche dient gleichzeitig der Entwicklung von Lebensraum für die Feldlerche als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme und für den Wiesenpieper sowie als Ausgleich für Biotopverluste. Es wird Acker in mesophiles Grünland mäßig feuchter Standorte umgewandelt. Es erfolgt eine extensive Begrünung der Fläche (20-30 kg/ha) durch eine Gräsermischung. Zudem erfolgt die Anlage von zwei 1.600/1.800 m² großen Kleingewässern mit Grundwasseranschluss und ständiger Wasserführung. Zur Überprüfung der Wirksamkeit wird die Maßnahme durch ein Monitoring über drei Jahre begleitet. Es ist ausschließlich auf die Feldlerche bezogen und steht im Zusammenhang mit dem Monitoring für die Maßnahme A05. Dabei wird die Methode der Revierkartierung angewandt, mit 7-facher Begehung im Zeitraum von Mitte März bis Ende Juli. Untersucht werden der Maßnahmenbereich und seine nähere Umgebung. Zur Abschätzung des Bruterfolgs werden zusätzliche Erfassungen während der Zeit des Jungenführens durchgeführt. Sofern der Erfolg der Maßnahme nicht hinreichend belegt werden kann, wird das Monitoring nach drei Jahren wiederholt. Der Gesamtumfang der Maßnahme beträgt 5,3 ha (vgl. Maßnahmenblatt A09 der Unterlage 12.3.3; Blatt Nr. 12D1 der Unterlage 12.3.2; Seite 51 f. der Unterlage 12.4).

Die Kläger kritisieren, dass die Eignung der Maßnahmenfläche A09 für die Feldlerche nicht belegt sei. Informationen über die Verbreitung von Brutvögeln seien den Materialien nicht zu entnehmen. Die vorhandenen Strukturen mit Gehölzen und Gebüschreihen sowie einem störenden Weg sprächen dagegen, dass gerade Feldlerchen dort erstmalig anzusiedeln oder in ihren Beständen zu verdichten wären. Dem kann nicht gefolgt werden. Die Beklagte hat fachlich nachvollziehbar dargelegt, die Maßnahme sei geeignet, da Ackerland zu Extensivgrünland umgewandelt werde, in dem die Feldlerche höhere Brutdichten zeige als im Ackerland. Durch gezielte Schaffung von Mangelhabitaten in der intensiv genutzten Ackerflur werden die Siedlungsdichte und der Bruterfolg erhöht. Die Beklagte hat weiter darauf hingewiesen, dass für die Feldlerche nur die nördliche Teilfläche der Maßnahmenfläche A09 vorgesehen sei, die keine randlichen Gehölzstrukturen aufweise, die zu einem Meideverhalten der Art führen könnten. Ein benachbarter wenig genutzter Wirtschaftsweg (Sackgasse) stelle keine die Besiedlung beeinträchtigende Störquelle dar. Die Kläger sind diesem Vorbringen nicht substantiiert entgegengetreten.

Auch der Kritik der Kläger, die Maßnahme A09 erfülle die Maßstäbe des Bundesverwaltungsgerichts an die räumliche Anbindung nicht, kann nicht gefolgt werden. Die beiden Teilflächen der Maßnahme liegen in der Leineaue nördlich von Luthe; die für die Feldlerche vorgesehene nördliche Teilfläche befindet sich in einem Abstand von rund 1,4 km zur geplanten Ortsumgehung und damit auch zu den beeinträchtigten Habitaten der Feldlerche, d. h. den Eingriffsflächen. Für den Begriff des räumlichen Zusammenhangs in § 44 Abs. 5 Satz 3 BNatSchG kommt es auf die artspezifischen Vernetzungsdistanzen an. Etwaige Ersatzlebensräume müssen sich innerhalb des Aktionsradius der betroffenen Individuen befinden (vgl. Lau in: Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 2. Auflage 2016, § 44 Rn. 48, m. w. N.; Schütte/Gerbig in: Schlacke, GK-BNatSchG, 2. Auflage 2017, § 44 Rn. 55). Danach gibt es keine feststehende Grenze, ab der ein räumlicher Zusammenhang zu verneinen ist. Vielmehr kommt es auf die Verbreitung der lokalen Population im Einzelfall an (vgl. Urteil des Senats vom 31.07.2018 - 7 KS 17/16 -, juris; Urteil des Senats vom 22.04.2016 - 7 KS 27/15 -, juris; VG Augsburg, Urteil vom 22.06.2015 - Au 6 K 14.734 -, juris, wonach im Einzelfall trotz einer räumlichen Entfernung von 15 km die Ausgleichsmaßnahme der lokalen Feldlerchenpopulation zugutekommt; VG Osnabrück, Urteil vom 29.07.2015 - 3 A 46.13 -, juris, wonach die Grenze im Einzelfall 1 km beträgt). Unter lokaler Population ist keinesfalls nur die an einem bestimmten Ort anzutreffende Fortpflanzungsgemeinschaft zu verstehen. Die lokale Population umfasst eine biologisch oder geographisch abgegrenzte Zahl von Individuen, die dadurch gekennzeichnet sind, dass sie derselben Art oder Unterart angehören und innerhalb ihres Verbreitungsgebiets in generativen oder vegetativen Vermehrungsbeziehungen stehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.03.2006 - 4 A 1075.04 -, juris). Es geht demnach um die Gesamtheit der Individuen einer Art, die in einem abgegrenzten Raum vorkommen. Eine lokale Population umfasst diejenigen (Teil-)Habitate und Aktivitätsbereiche der Individuen einer Art, die in einem für die Lebens(-raum)ansprüche der Art ausreichenden räumlich-funktionalen Zusammenhang stehen (vgl. Urteil des Senats vom 31.07.2018 - 7 KS 17/16 -, juris; Urteil des Senats vom 22.04.2016 - 7 KS 27/15 -, juris; Sächsisches OVG, Urteil vom 15.12.2011 - 5 A 195/09 -, juris). Ausgehend von diesem Verständnis des „räumlichen Zusammenhangs“ ist vorliegend ein solcher räumlich-funktionaler Zusammenhang zwischen der Maßnahmenfläche A09 - insbesondere der nördlichen Teilfläche - und den Eingriffsflächen zu bejahen. Die räumlichen Gegebenheiten erlauben es, die die Leine- und Westaueniederung umgebenden Bereiche nordöstlich von Wunstorf als einen großflächigen, abgegrenzten Raum anzusehen, in dem die lokale Feldlerchenpopulation in Beziehungen steht. Die neuen Lebensräume sind für die mobile Art ohne Weiteres zu erreichen. Es handelt sich bei der Feldlerche um eine Vogelart, die sich ohnehin jedes Jahr nach ihrer Rückkehr aus dem Süden einen neuen Standort sucht. Räumliche Verschiebungen sind schon deswegen unausweichlich, als die Flächen in Abhängigkeit von der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung von Jahr zu Jahr eine wechselnde Eignung als Bruthabitat haben. Vor diesem Hintergrund erscheint es angezeigt, das Verbreitungsgebiet der lokalen Feldlerchenpopulation nicht zu eng zu fassen (vgl. Urteil des Senats vom 22.04.2016 - 7 KS 27/15 -, juris).

Soweit die Kläger im Zusammenhang mit der Maßnahme A09 erneut auf die Unzulässigkeit von CEF-Maßnahmen für Störungen verweisen, kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden, wonach CEF-Maßnahmen in Bezug auf das Störungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG die Funktion von Vermeidungsmaßnahmen haben.

(3)

Die Maßnahme A11 dient der Entwicklung von Brachflächen auf Acker (außerhalb des schadstoffbelasteten Randstreifens). Ausweislich des Maßnahmenblatts A11 führen Bau und Betrieb der B 441 zu einer Abnahme der Habitateignung für Brutvögel der Feldflur (Feldlerche, Rebhuhn, Wachtel, Wiesenpieper und Wiesenschafstelze). Der Beeinträchtigungsumfang beläuft sich auf 17 Brutpaare (Konflikt K4). Des Weiteren führt der Betrieb der B 441 zu einer Abnahme der Habitateignung für Brutvögel der Wälder, sonstigen Gehölzbestände und Randstreifen (Amsel, Bachstelze, Bluthänfling, Buchfink, Buntspecht, Dorngrasmücke, Fitis, Gelbspötter, Goldammer, Grünfink, Girlitz, Kleiber, Klappergrasmücke, Kohlmeise, Mönchsgrasmücke, Nachtigall, Rabenkrähe, Rohrammer, Waldohreule, Singdrossel, Sumpfrohrsänger, Sommergoldhähnchen, Zilpzalp u. a.). Der Beeinträchtigungsumfang beträgt 28 Brutpaare (Konflikt K5). Daneben kommt es durch die Anlage der neuen Straße zu Bodenveränderungen durch Austausch, Auf- und Abtrag in einem Umfang von 20,5 ha (Konflikt KBA) und zu dem Verlust von Biotopen in einem Umfang von 3,6 ha (Konflikt KPT). Zielsetzung der Maßnahme ist der Ausgleich für die Überbauung von Biotopen und zugleich der Erhalt einer Terrassenkante mit Schneckenvorkommen. Die Durchführung erfolgt durch die Aufgabe der Ackernutzung, die Aushagerung und die anschließende ungelenkte Sukzession. Der Gesamtumfang der Maßnahme beträgt 2,9 ha (vgl. Maßnahmenblatt A11 der Unterlage 12.3.3; Blatt 7D4 und 8D3 der Unterlage 12.3.2).

Die Kläger tragen vor, dass die Maßnahme A11 als Kompensation für die Beeinträchtigung der Habitateignung von Brutvogelarten der Wälder, sonstigen Gehölzbestände und Randstreifen die Entwicklung von Brachflächen auf Acker (außerhalb des schadstoffbelasteten Randstreifens) vorsehe. Die Maßnahmenfläche sei jedoch unmittelbar neben der Bundesstraße gelegen. Sie liege in der Zone mit der höchsten Störwirkung für die betroffenen Vogelarten und gehöre außerdem zum schadstoffbelasteten Randstreifen der Straße. Die störungsbedingten Beeinträchtigungen für das Sommergoldhähnchen könne man nicht dadurch kompensieren, dass man die besonders gestörten Flächen zwischen Straße und Reviermittelpunkt mit Habitaten ausstatte, die nur für andere Arten geeignet seien. Dieses Vorbringen der Kläger führt nicht zum Erfolg. Die Beklagte weist zu Recht darauf hin, dass sich die Maßnahme A11 ausschließlich aus der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung begründet und artenschutzrechtlich nicht relevant ist. Weder findet sich diese Maßnahme im artenschutzrechtlichen Beitrag als Maßnahme zur Vermeidung des Eintritts von Verbotstatbeständen nach § 44 Abs. 1 BNatSchG wieder, noch ist die Maßnahme im Maßnamenblatt A11 als Maßnahme für den Artenschutz gekennzeichnet. Die Maßnahme A11 dient ausweislich der ausdrücklichen Zielsetzung in dem Maßnahmenblatt A11 dem Ausgleich für die Überbauung von Biotopen und zugleich dem Erhalt einer Terrassenkante mit Schneckenvorkommen (vgl. Maßnahmenblatt A11 der Unterlage 12.3.3). Zu den im Maßnahmenblatt genannten Konfliktnummern K4 und K5 kann die Maßnahme auch nach den Darlegungen der Beklagten nur einen sehr geringen Kompensationsbeitrag liefern. Die Eingriffe in Brutvogellebensräume werden weit überwiegend durch andere Maßnahmen kompensiert, namentlich durch die Maßnahmen A03, A04, A05, A09, A12, A13, A14, A15, A16 und E01 (vgl. Tabelle 13 der Unterlage 12.1; Maßnahmenblatt A11 der Unterlage 12.3.3). Dem ist nichts hinzuzufügen.

(4)

Die Maßnahme A12 beinhaltet die Aufhängung von Nistkästen für den Kleiber. Ausweislich des Maßnahmenblatts A12 führt der Betrieb der B 441 zu einer Abnahme der Habitateignung für Brutvögel der Wälder, sonstigen Gehölzbestände und Randstreifen (Amsel, Bachstelze, Bluthänfling, Buchfink, Buntspecht, Dorngrasmücke, Fitis, Gelbspötter, Goldammer, Grünfink, Girlitz, Kleiber, Klappergrasmücke, Kohlmeise, Mönchsgrasmücke, Nachtigall, Rabenkrähe, Rohrammer, Waldohreule, Singdrossel, Sumpfrohrsänger, Sommergoldhähnchen, Zilpzalp u. a.). Der Beeinträchtigungsumfang beträgt 28 Brutpaare (Konflikt K5). Zielsetzung ist eine Ausgleichsmaßnahme für betriebsbedingte Beeinträchtigungen des Kleibers. Die Durchführung erfolgt durch das Aufhängen von zehn Nistkästen im Wald verteilt über eine Fläche von 100 ha (vgl. Maßnahmenblatt A12 der Unterlage 12.3.3; Blatt 11D2 der Unterlage 12.3.2; Seite 52 der Unterlage 12.4).

Die Kläger rügen zunächst - erneut - die Unzulässigkeit einer CEF-Maßnahme für Störungen im Sinne des § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG. Die Maßnahme käme allenfalls als FCS-Maßnahme (favorable conservation status) nach Durchführung einer artenschutzrechtlichen Ausnahmeprüfung infrage. Dem kann nicht gefolgt werden. Wie bereits ausgeführt, können CEF-Maßnahmen in Bezug auf das Störungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG die Funktion von Vermeidungsmaßnahmen haben; sie stellen sicher, dass eine Verschlechterung des Erhaltungszustands der lokalen Population nicht zu besorgen ist.

Die Kläger tragen weiter vor, dass offenbleibe, ob mit der Maßnahme A12 eine Komponente gefördert werde, die für den Kleiber derzeit im Mangel sei. Nur dann könnte von einer populationsstützenden Wirkung ausgegangen werden. Wenn jedoch ausreichend Höhlen im Waldgebiet vorhanden seien, verpuffe die Maßnahme und die populationsmindernde Wirkung der Störung bleibe bestehen. Da zudem unklar sei, ob die für die Ausbringung vorgesehenen Bereiche nicht bereits durch Kleiber besiedelt seien, sei auch fraglich, ob die von der Beeinträchtigung betroffenen Individuen von den Nisthilfen profitieren könnten. Diesen Bedenken der Kläger ist die Beklagte überzeugend entgegengetreten. Sie legt dar, dass die Maßnahme Lebensstätten schaffe, wie sie vorhabenbedingt verloren gingen und in Wirtschaftswäldern üblicherweise Mangelhabitate darstellten. Der Waldbereich, in dem die Nistkästen aufgehängt werden sollen, sei vom Fachgutachter im Frühjahr 2012 begangen worden. Es gebe dort praktisch keine Altbäume und nur einige wenige Höhlenbäume. Baumhöhlen stellten einen Mangelfaktor dar. Die Wirksamkeit der Maßnahme ist allgemein anerkannt (vgl. Bauer et al. 2005), so dass ein Monitoring entbehrlich ist (vgl. Seite 52 der Unterlage 12.4). Durch die große Anzahl der Nistkästen wird zudem sichergestellt, dass eine Kompensation für den Kleiber (Ausgleichsbedarf: 1 Brutpaar) auch tatsächlich erreicht wird, weil Nistkästen auch von anderen Arten genutzt werden (vgl. Seite 52 der Unterlage 12.4). Die populationsstützende Wirkung der Maßnahme ist damit - entgegen der Auffassung der Kläger - gegeben.

(5)

Die Maßnahme A13 beinhaltet die Schaffung von Totholzinseln. Ausweislich des Maßnahmenblatts A13 führt der Betrieb der B 441 zu einer Abnahme der Habitateignung für Brutvögel der Wälder, sonstigen Gehölzbestände und Randstreifen (Amsel, Bachstelze, Bluthänfling, Buchfink, Buntspecht, Dorngrasmücke, Fitis, Gelbspötter, Goldammer, Grünfink, Girlitz, Kleiber, Klappergrasmücke, Kohlmeise, Mönchsgrasmücke, Nachtigall, Rabenkrähe, Rohrammer, Waldohreule, Singdrossel, Sumpfrohrsänger, Sommergoldhähnchen, Zilpzalp u. a.). Der Beeinträchtigungsumfang beträgt 28 Brutpaare (Konflikt K5). Zielsetzung ist eine Ausgleichsmaßnahme für betriebsbedingte Beeinträchtigungen des Buntspechtes. Im abgegrenzten Bereich sind zu Beginn der Maßnahme zehn Kiefern auszuwählen und durch Einritzen der Rinde bis zum Kernholz zum Absterben zu bringen. Anschließend werden jährlich zwei Kiefern zum Absterben gebracht bis es keine Kiefern im Bestand mehr gibt. Bäume, die auf natürliche Weise absterben, werden mit angerechnet. Abgestorbene Bäume dürfen nicht gefällt werden. Die Verkehrssicherungspflichten sind zu beachten. Entstehende Lücken werden sukzessive mit Eichen (Stiel- oder Traubeneiche) bepflanzt. Der Gesamtumfang der Maßnahme beträgt 0,75 ha (vgl. Maßnahmenblatt A13 der Unterlage 12.3.3; Blatt 11D2 der Unterlage 12.3.2).

Die Kläger sind der Auffassung, dass die Maßnahme A13 nicht geeignet sei, die störungsbedingten Revierverluste zu kompensieren. Störungsbedingte Revierverluste der betroffenen Art seien durch die Neuanlage eines kompletten Reviers zu kompensieren. Die Reviergröße der Art sei mit der 0,75 ha großen Maßnahmenfläche deutlich unterschritten. Dem kann nicht gefolgt werden. Die Beklagte weist fachlich nachvollziehbar darauf hin, dass die Reviere des Buntspechts nicht nur aus den im Rahmen der Maßnahme A13 anzulegenden Totholzinseln bestünden, sondern ebenso aus den umliegenden Waldbeständen. Denn mit der Schaffung der Totholzinseln in einem Umfang von 0,75 ha erfahre auch der umliegende Wald für den Buntspecht indirekt eine Aufwertung. Die Fläche werde nicht nur als Bruthabitat, sondern auch als Nahrungshabitat aufgewertet. Diese Einschätzung ist nicht zu beanstanden.

Die Kläger rügen zudem, dass nicht untersucht worden sei, ob auf der Maßnahmenfläche bereits Buntspechte vorkommen. Die Vegetationsbeschreibung spreche dafür, denn Buntspechte seien in der Lage, sowohl in Eichen als auch in Kiefern Nisthöhlen zu bauen. Ein Aufwertungspotenzial sei daher in Frage zu stellen; die Abtötung der Kiefern sei unnötig. Dem ist die Beklagte überzeugend entgegengetreten. Der Maßnahmenbereich sei im Frühjahr 2012 vom Fachgutachter mehrfach begangen worden. Dabei seien keine Buntspechte festgestellt worden. Ein Aufwertungspotenzial sei damit vorhanden. Die Maßnahme A13 werte den Wald mit für den Buntspecht bedeutsamen Habitatelementen deutlich auf, so dass dort zukünftig eine höhere Siedlungsdichte zu erwarten sei als gegenwärtig. Der Buntspecht lege seine Bruthöhlen bevorzugt in absterbenden Bäumen an. Er ist in besonderer Weise auf alte, kranke und tote Bäume angewiesen (Bruthöhlen, Nahrungssuche) (vgl. Seite 63 der Unterlage 12.1). Dem sind die Kläger nicht substantiiert entgegengetreten.

Schließlich tragen die Kläger vor, dass die Maßnahme A13 die Situation für den Buntspecht sogar noch verschlechtern werde. Wenn sukzessive Kiefern bis zu deren vollständiger Ausmerzung zum Absterben gebracht und stattdessen Eichen angepflanzt würden, trete eine Phase ein, in der ältere Bäume (Kiefern) derart ausgedünnt und nachgepflanzte Eichen noch so klein seien, dass das Waldstück für den Buntspecht ungeeignet werde. Auch dieses Vorbringen vermag nicht zu überzeugen. Die Maßnahme ist nach den Darlegungen der Beklagten so konzipiert, dass sich die Schaffung geeigneter Habitate durch das Ringeln von Kiefern über einen so langen Zeitraum erstreckt, dass parallel der Umbau zu einem Eichenwald erfolgen kann. Begründete Zweifel an dieser Vorgehensweise hat der Senat nicht.

(6)

Die Maßnahme A16 beinhaltet die Anbringung von Nisthilfen für die Waldohreule. Ausweislich des Maßnahmenblatts A16 führt der Betrieb der B 441 zu einer Abnahme der Habitateignung für Brutvögel der Wälder, sonstigen Gehölzbestände und Randstreifen (Amsel, Bachstelze, Bluthänfling, Buchfink, Buntspecht, Dorngrasmücke, Fitis, Gelbspötter, Goldammer, Grünfink, Girlitz, Kleiber, Klappergrasmücke, Kohlmeise, Mönchsgrasmücke, Nachtigall, Rabenkrähe, Rohrammer, Waldohreule, Singdrossel, Sumpfrohrsänger, Sommergoldhähnchen, Zilpzalp u. a.). Der Beeinträchtigungsumfang beläuft sich auf zwei Brutpaare der Waldohreule (Konflikt K5). Zielsetzung ist eine Ausgleichsmaßnahme für betriebsbedingte Beeinträchtigungen der Waldohreule. Die Durchführung erfolgt durch das Anbringen von 20 Nisthilfen in Baumkronen am nördlichen und östlichen Waldrand, jeweils auf Bäumen der ersten Baumreihe des Waldrands. Es werden geflochtene, mit Schreddergut gefüllte Weidenkörbe (Durchmesser ca. 50 cm) verwendet (vgl. Maßnahmenblatt A16 der Unterlage 12.3.3; Blatt 11D2 der Unterlage 12.3.2; Seite 53 der Unterlage 12.4).

Soweit die Kläger im Zusammenhang mit der Maßnahme A16 erneut darauf hinweisen, dass CEF-Maßnahmen vom Gesetz her nicht vorgesehen seien, um die Rechtsfolgen des Störungstatbestands nach § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG zu vermeiden, kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden, wonach CEF-Maßnahmen in Bezug auf das Störungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG die Funktion von Vermeidungsmaßnahmen haben.

Die Kläger rügen, dass der erforderliche räumliche Bezug der Ausgleichsflächen zu den erheblich gestörten Revieren fehle. Erheblich gestört würden nach den Unterlagen zwei Reviere, die 1,2 bzw. 3,4 km von den Maßnahmenflächen entfernt lägen. Dieser Kritik vermag der Senat nicht zu folgen. Wie bereits dargelegt, kommt es für den Begriff des „räumlichen Zusammenhangs“ auf die artspezifischen Vernetzungsdistanzen und die Verbreitung der lokalen Population im Einzelfall an, wobei eine lokale Population diejenigen (Teil-)Habitate und Aktivitätsbereiche der Individuen einer Art umfasst, die in einem für die Lebens(-raum)ansprüche der Art ausreichenden räumlich-funktionalen Zusammenhang stehen. Ein solcher räumlich-funktionaler Zusammenhang zwischen der Maßnahmenfläche A16 und den gestörten Revieren der Waldohreule ist zu bejahen. Die Waldohreule wurde bei den Erfassungen 2012 mit zwei Brutpaaren nachgewiesen. Ein Paar brütete am Nordrand von Wunstorf, ein anderes am Ortsrand von Blumenau (vgl. Anhang A17 der Unterlage 12.1). Die vorgesehenen Maßnahmenstandorte liegen außerhalb der Effektdistanz der geplanten Ortsumgehung und bestehender Straßen (vgl. Seite 53 der Unterlage 12.4). Bei der Waldohreule handelt es sich um eine mobile Art, die die Distanz zwischen den nachgewiesenen Revieren und den durch die Maßnahme A16 neu geschaffenen Revieren - ausweislich des naturschutzfachlichen Sachverstands der Beklagten - problemlos überwinden kann. Auch in einem naturnahen Wald muss die Art immer wieder nach neuen Nistplätzen im näheren und weiteren Umfeld suchen. Die räumlichen Gegebenheiten sprechen dafür, die offene Feldflur nördlich von Wunstorf und die daran angrenzenden Hecken, Feldgehölze und Waldränder, die die Waldohreule zum Brüten nutzt (vgl. Seite 53 der Unterlage 12.4), als einen großflächigen, abgegrenzten Raum anzusehen, in dem die lokale Waldohreulenpopulation in Beziehungen steht.

Schließlich machen die Kläger noch geltend, es sei davon auszugehen, dass das Hohe Holz selbst durch Waldohreulen besiedelt sei, so dass die Nisthilfen allenfalls den dort brütenden Waldohreulenpaaren zugute kämen. Angesichts der anzunehmenden Besiedlung des Hohen Holze durch andere Waldohreulen sei es nicht wahrscheinlich, dass die betroffenen Individuen von der Maßnahme profitieren. Dem kann nicht gefolgt werden. Zur Stützung der lokalen Population haben sich künstliche Nisthilfen bewährt (NABU Niedersachsen 2014, Landesverband Eulenschutz in Schleswig-Holstein 2014). Weil die Waldohreule bei der Brutplatzwahl flexibel ist und die Nisthilfen auch von anderen Arten - oder von anderen Waldohreulenpaaren - genutzt werden könnten, werden insgesamt 20 künstliche Nester (10 pro betroffenes Brutpaar) angebracht (vgl. Seite 53 der Unterlage 12.4). Durch die hohe Anzahl der Nisthilfen ist sichergestellt, dass die betroffenen Waldohreulen auch dann von der Maßnahme profitieren, wenn andere Arten oder andere Waldohreulen ebenfalls auf die Nisthilfen zugreifen.

(7)

Die Kläger haben einen weitergehenden Kompensationsbedarf für die Vogelarten im Wirkraum des Vorhabens nicht substantiiert dargelegt.

Die Kläger sind der Auffassung, dass es nach den Maßnahmenblättern zu einer nicht abschließenden Liste betriebsbedingt betroffener Arten komme, namentlich der Arten Amsel, Bachstelze, Bluthänfling, Buchfink, Buntspecht, Dorngrasmücke, Fitis, Gelbspötter, Goldammer, Grünfink, Girlitz, Kleiber, Klappergrasmücke, Kohlmeise, Mönchsgrasmücke, Nachtigall, Rabenkrähe, Rohrammer, Waldohreule, Singdrossel, Sumpfrohrsänger, Sommergoldhähnchen, Zilpzalp u. a. Für eine Vielzahl von Vogelarten, die überwiegend an Wald- und Gebüschbestände gebunden seien, finde keine Kompensation statt. Diesem Vorbringen der Kläger vermag der Senat nicht zu folgen. Insbesondere vermögen die Kläger damit nicht die Erfüllung des artenschutzrechtlichen Verbotstatbestands darzulegen. Zwar sind für eine Vielzahl von Vogelarten tatsächlich keine Kompensationsmaßnahmen festgestellt worden. Dies hat seinen Grund jedoch darin, dass die artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände auch ohne vorgezogene Ausgleichsmaßnahme nicht einschlägig sind, da die Vögel auf geeignete Habitatstrukturen im Umfeld ausweichen können, so dass es weder zu einem Lebensstättenverlust kommt noch eine erhebliche Störung vorliegt.

c)

Ein Verstoß gegen das Beschädigungs- und Zerstörungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG ist ebenfalls zu verneinen.

Nach § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG ist es verboten, Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören. Sind in Anhang IV Buchstabe a) der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Tierarten, europäische Vogelarten oder solche Arten betroffen, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Abs. 1 Nr. 2 aufgeführt sind, liegt ein Verstoß gegen das Verbot nach Absatz 1 Nr. 3 nicht vor, soweit die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird. Soweit erforderlich, können nach § 44 Abs. 5 Satz 3 BNatSchG auch vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen festgesetzt werden.

Was den Begriff der „Fortpflanzungs- und Ruhestätten“ in § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG anbelangt, so ist dieser eng auszulegen. Dies folgt zum einen aus der scharfen systematischen Trennung zwischen der Teilregelung des Beschädigungs- und Zerstörungstatbestands in § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG, der die eingriffsbetroffene Lebensstätte nennt, und der ergänzenden Regelung in § 44 Abs. 5 BNatSchG, die im Rahmen einer funktionalen Betrachtung den räumlichen Zusammenhang einbezieht. Dasselbe folgt zum anderen daraus, dass es § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG auch verbietet, Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, und damit dem Wortlaut nach eine enge Auslegung des Begriffs der Fortpflanzungs- oder Ruhestätte nahelegt, die jeden einer solchen Entnahme zugänglichen, als Ort der Fortpflanzung oder Ruhe dienenden Gegenstand - z. B. einzelne Nester oder Höhlenbäume - einschließt (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.05.2009 - 9 A 73.07 -, juris; Urteil des Senats vom 31.07.2018 - 7 KS 17/16 -, juris; Urteil des Senats vom 22.04.2016 - 7 KS 27/15 -, juris). Zum Schutzobjekt gehört daher nicht das gesamte Jagd- oder Nahrungsrevier einer Art (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.08.2009 - 9 A 64.07 -, juris). In zeitlicher Hinsicht betrifft die Verbotsnorm primär die Phase aktueller Nutzung der Lebensstätte. Unter Berücksichtigung des verfolgten Zwecks der Regelung, die Funktion der Lebensstätte für die geschützte Art zu sichern, ist dieser Schutz aber auszudehnen auf Abwesenheitszeiten der sie nutzenden Tiere einer Art, sofern nach deren Lebensgewohnheiten eine regelmäßig wiederkehrende Nutzung derselben Lebensstätte (zum Beispiel eines konkreten Nests) zu erwarten ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 06.04.2017 - 4 A 16.16 -, juris; BVerwG, Urteil vom 06.11.2013 - 9 A 14.12 -, juris; BVerwG, Urteil vom 18.03.2009 - 9 A 39.07 -, juris).

Ausgehend davon ist im Streitfall eine Verwirklichung des Beschädigungs- oder Zerstörungsverbots durch den Bau und Betrieb der Ortsumgehung Wunstorf nicht zu besorgen.

aa)

Zunächst kann der Auffassung der Kläger nicht gefolgt werden, der artenschutzrechtliche Beitrag nähere sich lediglich in verkürzter Form dem Verbot des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG, wenn er annehme, dass es für die betroffenen Arten darauf ankomme, ob sie auf Fortpflanzungs- und Ruhestätten im Umfeld der Trasse ausweichen könnten und insofern die ökologische Funktion im Umfeld der Trasse weiterhin erfüllt werde. Der artenschutzrechtliche Beitrag wählt damit - wenn auch verkürzt dargestellt - den zutreffenden Prüfungsmaßstab. Zwar ist - wie bereits im Zusammenhang mit der Ausgleichsmaßnahme A05 dargelegt - den Klägern zuzustimmen, dass der von § 44 Abs. 5 Satz 2 und 3 BNatSchG vorausgesetzte Funktionserhalt nicht schon dann gegeben ist, wenn der Eingriff keine messbaren Auswirkungen auf die Reproduktionsbedingungen bzw. Rückzugsmöglichkeiten der lokalen Population als ganzer hat, sondern erst dann, wenn für die mit ihren konkreten Lebensstätten betroffenen Individuen die von der Lebensstätte wahrgenommene Funktion vollständig erhalten bleibt (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.03.2009 - 9 A 39.07 -, juris). Von dieser Prämisse geht jedoch auch der artenschutzrechtliche Beitrag aus. Ob für die mit ihren konkreten Lebensstätten betroffenen Individuen die von der Lebensstätte wahrgenommene Funktion vollständig erhalten bleibt, d. h. es zu keiner Minderung des Fortpflanzungs- oder Ruheerfolgs für die betroffenen Individuen kommt, ist eine zuvörderst naturschutzfachlich zu beantwortende Frage (vgl. Lau in: Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 2. Auflage 2016, § 44 Rn. 47; Schütte/Gerbig in: Schlacke, GK-BNatSchG, 2. Auflage 2017, § 44 Rn. 55).

bb)

Entgegen der Auffassung der Kläger bestehen keine Zweifel an der Unionsrechtskonformität der Privilegierung in § 44 Abs. 5 Satz 2 und 3 BNatSchG. Insbesondere können vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen im Sinne des § 44 Abs. 5 Satz 3 BNatSchG auch zum Schutz der Fortpflanzungs- und Ruhestätten von europäischen Vogelarten festgelegt werden.

Zunächst ist die Vorschrift mit Art. 12 Abs. 1 Buchstabe d) und Art. 16 Abs. 1 der FFH-Richtlinie vereinbar, weil es in den dort genannten Fällen nicht zu einer Zerstörung oder Beschädigung von Fortpflanzungs- oder Ruhestätten im unionsrechtlichen Sinne kommt (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.07.2011 - 9 A 12.10 -, juris). Im Gegensatz zu der - oben dargelegten - engen räumlichen Begrenzung des Begriffs der Fortpflanzungs- und Ruhestätten in § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG, der auf einzelne Objekte und Strukturen beschränkt ist, (vgl. Lau in: Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 2. Auflage 2016, § 44 Rn. 22), verpflichtet Art. 12 Abs. 1 Buchstabe d) der FFH-Richtlinie die Mitgliedstaaten nur, jede Beschädigung oder Vernichtung der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten zu verbieten (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.05.2009 - 9 A 73.07 -, juris). Dementsprechend vertritt die Generaldirektion Umwelt der Europäischen Kommission in ihrem „Leitfaden zum strengen Schutzsystem für Tierarten von gemeinschaftlichem Interesse im Rahmen der FFH-Richtlinie 92/43/EWG" ein artspezifisch weit gefasstes, funktionsbezogenes Verständnis dieser Begriffe („Gebiete, die für die Paarung und Niederkunft erforderlich sind", bzw. „Gebiete, die für das Überleben eines Tieres oder einer Gruppe von Tieren während der nicht aktiven Phase erforderlich sind"). Jedenfalls für Arten mit einem eher kleinen Aktionsradius sei eine weite Definition unter Schutzgesichtspunkten sinnvoller. Zu betrachten sei die ökologische/funktionale Einheit (vgl. Ziffer II.3.4.b) des Leitfadens der EU-Kommission). Vor dem Hintergrund dieses weit gefassten Verständnisses des Art. 12 Abs. 1 Buchstabe d) der FFH-Richtlinie ist es aus der Sicht des Unionsrechts nicht zu beanstanden, wenn der deutsche Gesetzgeber in § 44 Abs. 5 Satz 2 BNatSchG den an sich die Beschädigung oder Zerstörung jeder einzelnen Lebensstätte erfassenden Verbotstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG nicht als erfüllt ansieht, soweit die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten (im engeren Sinne) im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird. Denn eine Beschädigung oder Zerstörung der Fortpflanzungs- oder Ruhestätte im weiteren, gemeinschaftsrechtlichen Sinne liegt dann gerade nicht vor (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.05.2009 - 9 A 73.07 -, juris). Ein formaler Unterschied besteht zwar darin, dass funktionale Erwägungen bei der Anwendung der gemeinschaftsrechtlichen Regelung schon bei der Subsumtion unter den Begriff der Fortpflanzungs- und Ruhestätte zum Tragen kommen, während sie nach deutschem Artenschutzrecht erst auf der zweiten, durch § 44 Abs. 5 Satz 2 und 3 BNatSchG gesteuerten Prüfungsstufe Bedeutung gewinnen. Für das Schutzziel des Funktionserhalts spielt das aber keine Rolle (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.03.2009 - 9 A 39.07 -, juris). Durch die tatbestandliche Ergänzung in § 44 Abs. 5 Satz 2 und 3 BNatSchG, der auf den Erhalt der Funktion abstellt, wird die Kongruenz mit der unionsrechtlichen Regelung hergestellt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 06.03.2014 - 9 C 6.12 -, juris; BVerwG, Urteil vom 14.07.2011 - 9 A 12.10 -, juris). Auch die Berücksichtigung vorgezogener Ausgleichsmaßnahmen im Sinne des § 44 Abs. 5 Satz 3 BNatSchG ist in diesem Zusammenhang unionsrechtskonform (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.03.2009 - 9 A 39.07 -, juris). Voraussetzung ist allein, dass es sich bei diesen Maßnahmen tatsächlich um Maßnahmen zur Sicherung der kontinuierlichen ökologischen Funktionalität von Fortpflanzungs- und Ruhestätten (sog. CEF-Maßnahmen) und nicht um bloße Ausgleichsmaßnahmen im engeren Sinne handelt, die definitionsgemäß die Beschädigung oder Vernichtung einer Fortpflanzungs- oder Ruhestätte voraussetzen. Es darf im Zuge der CEF-Maßnahmen zu keinem Zeitpunkt zu einer Reduzierung oder einem Verlust der ökologischen Funktionalität einer Fortpflanzungs-/Ruhestätte kommen. Lassen sich Maßnahmen zur Erhaltung der kontinuierlichen ökologischen Funktionalität einer bestimmten Fortpflanzungs- und Ruhestätte durchführen, muss nicht auf eine Ausnahme gemäß Art. 16 der FFH-Richtlinie zurückgegriffen werden. Es liegt in diesem Fall bereits kein Verstoß gegen das Verbot des Art. 12 Abs. 1 Buchstabe d) der FFH-Richtlinie vor (vgl. Ziffer II.3.4.d) des Leitfadens der EU-Kommission; Frenz/Lau in: Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 2. Auflage 2016, Vorb. §§ 44-45 Rn. 18 ff.). Das Konzept der CEF-Maßnahmen ist im Bereich des europäischen Habitatschutzrechts geläufig (vgl. Schütte/Gerbig in: Schlacke, GK-BNatSchG, 2. Auflage 2017, § 44 Rn. 56; vgl. zu dem Vorstehenden insgesamt: Urteil des Senats vom 31.07.2018 - 7 KS 17/16 -, juris).

Vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen im Sinne des § 44 Abs. 5 Satz 3 BNatSchG dürfen auch zum Schutz der Fortpflanzungs- und Ruhestätten von Vögeln festgelegt werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 08.03.2018 - 9 B 25.17 -, juris). Die Privilegierung in § 44 Abs. 5 Satz 2 und 3 BNatSchG ist mit Art. 5 Buchstabe b) und Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 2009/147/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (Vogelschutzrichtlinie - VRL -) vereinbar (vgl. Lau in: Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 2. Auflage 2016, § 44 Rn. 49, m. w. N.). Art. 5 Buchstabe b) VRL verbietet die absichtliche Zerstörung oder Beschädigung von Nestern und Eiern sowie die Entfernung von Nestern. Nach Art. 9 Abs. 1 Buchstabe a) VRL können die Mitgliedstaaten, sofern es keine andere zufriedenstellende Lösung gibt, im Interesse der Gesundheit und der öffentlichen Sicherheit, im Interesse der Sicherheit der Luftfahrt, zur Abwendung erheblicher Schäden an Kulturen, Viehbeständen, Wäldern, Fischereigebieten und Gewässern und zum Schutz der Pflanzen- und Tierwelt von Art. 5 VRL abweichen. Diese Vorschriften der Vogelschutzrichtlinie stehen der Eingrenzung des Beschädigungs- und Zerstörungsverbots nach Maßgabe des § 44 Abs. 5 Satz 2 und 3 BNatSchG nicht entgegen (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.03.2009 - 9 A 39.07 -, juris). Zwar ist geklärt, dass der „Leitfaden zum strengen Schutzsystem für Tierarten von gemeinschaftlichem Interesse im Rahmen der FFH-Richtlinie 92/43/EWG" der Generaldirektion Umwelt der Europäischen Kommission die Verbote des Art. 5 VRL und die Ausnahmen nach Art. 9 VRL nicht erfasst (vgl. BVerwG, Urteil vom 06.04.2017 - 4 A 16.16 -, juris). Allein dieser Umstand führt jedoch nicht auf eine Unvereinbarkeit von § 44 Abs. 5 Satz 2 und 3 BNatSchG mit Art. 5 Buchstabe b) und Art. 9 Abs. 1 VRL. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist der Anwendungsbereich von Art. 5 Buchstabe b) VRL deutlich enger gefasst als der Verbotstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.03.2009 - 9 A 39.07 -, juris; BVerwG, Urteil vom 21.06.2006 - 9 A 28.05 -, juris). Dem Wortlaut nach, der auf den Begriff des Nestes abstellt und diesen in einen engen Zusammenhang zum weiteren Schutzobjekt der Eier rückt, umfasst der Schutz das selbstgebaute, aktuell belegte Nest. Der Regelungszweck, den für den Brutvorgang benötigten Ablageplatz der Eier zu schützen, mag dafür sprechen, den Schutz der Regelung für Vogelarten, die von ihnen gebaute Nester regelmäßig wiederverwenden, in funktionaler Betrachtung über den Normtext hinaus auf die aktuell nicht genutzten Nester auszudehnen. Gründe des Funktionsschutzes können dies aber allenfalls dann rechtfertigen, wenn die konkret betroffenen Vögel artbedingt auf die Wiederverwendung des Nestes angewiesen sind. An einem Angewiesensein in diesem Sinne fehlt es unzweifelhaft, falls sie auf - natürlich vorhandenen oder künstlich geschaffenen - Ersatz ausweichen können (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.03.2009 - 9 A 39.07 -, juris). Aufgrund dessen steht es im Einklang mit Art. 5 Buchstabe b) VRL, § 44 Abs. 5 Satz 2 und 3 BNatSchG auf aktuell nicht besetzte Fortpflanzungsstätten von Exemplaren europäischer Vogelarten anzuwenden. Bezogen auf Ruhestätten im Sinne des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG kann sich ein Widerspruch zu Art. 5 Buchstabe b) VRL schon deshalb nicht ergeben, weil der Begriff der Ruhestätte in der Verbotsregelung der Vogelschutzrichtlinie keine Entsprechung findet (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.03.2009 - 9 A 39.07 -, juris; vgl. zu dem Vorstehenden insgesamt: Urteil des Senats vom 31.07.2018 - 7 KS 17/16 -, juris).

cc)

Ein Verstoß des Planfeststellungsbeschlusses gegen das Beschädigungs- und Zerstörungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG ist auch im Hinblick auf den Biber zu verneinen.

Die Kläger machen geltend, dass der Planfeststellungsbeschluss nicht berücksichtige, dass sich an der Westaue genau im Bereich der geplanten Trasse mittlerweile ein Biberbau befinde. Da Biber ortstreu seien (Petersen et al. 2005), würde es durch die Errichtung der Straße und die damit verbundene Verlegung der Westaue zur Zerstörung einer gesetzlich geschützten Lebensstätte im Sinne des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG kommen. Die Kläger rügen damit - parallel zu ihrer Kritik an der FFH-Verträglichkeitsprüfung - im Wesentlichen die durchgeführte Bestandserfassung als fehlerhaft. Dem kann nicht gefolgt werden.

Die Prüfung, ob ein Vorhaben gegen artenschutzrechtliche Verbote verstößt, setzt eine ausreichende Bestandsaufnahme der im seinem Einwirkungsbereich vorhandenen Arten, die in den Anwendungsbereich artenschutzrechtlicher Verbote fallen, und ihrer Lebensräume voraus. Das verpflichtet die Behörde nicht, ein lückenloses Arteninventar zu fertigen. Welche Anforderungen an Art, Umfang und Tiefe der Untersuchungen zu stellen sind, hängt vielmehr von den naturräumlichen Gegebenheiten im Einzelfall sowie von Art und Ausgestaltung des Vorhabens ab. Auch Stichproben können daher gegebenenfalls genügen. Ein allgemeinverbindlicher Standard, aus dem sich ergibt, unter welchen Voraussetzungen die Ermittlung und Bestandsaufnahme als artenschutzfachliche Beurteilungsgrundlage ausreicht, besteht nicht. Der individuumsbezogene Ansatz der artenschutzrechtlichen Vorschriften verlangt Ermittlungen, deren Ergebnisse die Behörde in die Lage versetzen, die tatbestandlichen Voraussetzungen der Verbotstatbestände zu überprüfen. Hierfür benötigt sie Daten zur Häufigkeit und Verteilung der geschützten Arten sowie deren Lebensstätten im Eingriffsbereich. Erforderlich, aber auch ausreichend, ist eine am Maßstab praktischer Vernunft ausgerichtete Prüfung. Die zuständige Behörde muss sich gerade nicht Gewissheit darüber verschaffen, dass Beeinträchtigungen nicht auftreten werden. Die notwendige Bestandsaufnahme wird sich regelmäßig aus zwei wesentlichen Quellen speisen, nämlich der Auswertung bereits vorhandener Erkenntnisse und einer Bestandserfassung vor Ort, deren Methodik und Intensität von den konkreten Verhältnissen im Einzelfall abhängt. Erst durch eine aus beiden Quellen gewonnene Gesamtschau kann sich die Planfeststellungsbehörde regelmäßig die erforderliche hinreichende Erkenntnisgrundlage verschaffen. Dabei ist hinsichtlich der Bestandsaufnahme vor Ort auch zu berücksichtigen, dass es sich um eine Erhebung zu einem bestimmten Zeitpunkt in einem aufgrund vielfältiger Einflüsse ständigem Wechsel unterliegenden Naturraum handelt. Bestandsaufnahmen vor Ort, so umfassend sie auch angelegt sein mögen, stellen letztlich nur eine Momentaufnahme und aktuelle Abschätzung der Situation von Fauna und Flora im Plangebiet dar, die den tatsächlichen Bestand nie vollständig abbilden können. Lassen allgemeine Erkenntnisse zu artspezifischen Verhaltensweisen, Habitatansprüchen und dafür erforderliche Vegetationsstrukturen sichere Rückschlüsse auf das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein bestimmter Arten zu, ist es nicht zu beanstanden, wenn die Planfeststellungsbehörde daraus entsprechende Schlussfolgerungen zieht. Diese bedürfen ebenso wie sonstige Analogieschlüsse der plausiblen, naturschutzfachlich begründeten Darlegung. Ebenso ist es zulässig, mit Prognosewahrscheinlichkeiten, Schätzungen und, sofern der Sachverhalt dadurch angemessen erfasst werden kann, mit worst-Case-Betrachtungen zu arbeiten. Die Bestandserfassung und die daran anschließende Beurteilung, ob und inwieweit naturschutzrechtlich relevante Betroffenheiten vorliegen, sind auf ökologische Bewertungen angewiesen, für die normkonkretisierende Maßstäbe und verbreitet auch gesicherte naturwissenschaftliche Erkenntnisse und Standards fehlen. Der Planfeststellungsbehörde obliegt insoweit eine naturschutzfachliche Beurteilung. Die in diesem Rahmen getroffenen, auf fachgutachtliche Stellungnahmen gestützten Annahmen der Planfeststellungsbehörde unterliegen gerichtlicher Prüfung dahin, ob sie im Einzelfall naturschutzfachlich vertretbar sind und nicht auf einem Bewertungsverfahren beruhen, das sich als unzulängliches oder gar ungeeignetes Mittel erweist, um den gesetzlichen Anforderungen gerecht zu werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 06.04.2017 - 4 A 16.16 -, juris; BVerwG, Urteil vom 09.02.2017 - 7 A 2.15 (7 A 14.12) -, juris; BVerwG, Urteil vom 25.06.2014 - 9 A 1.13 -, juris; BVerwG, Urteil vom 12.08.2009 - 9 A 64.07 -, juris; BVerwG, Urteil vom 09.07.2008 - 9 A 14.07 -, juris).

Dies zugrunde gelegt, ist die durchgeführte Bestandserfassung und -bewertung nicht zu beanstanden. Der artenschutzrechtliche Beitrag selbst äußert sich zwar nur recht knapp zu einem möglichen Vorkommen des Bibers im Untersuchungsraum. Es heißt dort unter Verweis auf die durchgeführten Untersuchungen von AL., dass der Biber im Untersuchungsraum nicht vorkomme (vgl. Tabelle 2 der Unterlage 12.4). Da es sich bei dem Biber - wie bereits dargelegt - um eine Art des Anhangs II der FFH-Richtlinie handelt, die für die Gebietsauswahl des FFH-Gebiets Nr. 90 „Aller (mit Barnbruch), untere Leine, untere Oker“ bestimmend war, hat neben der artenschutzrechtlichen Prüfung auch die FFH-Verträglichkeitsuntersuchung der I. den Biber zum Gegenstand der Bestanderfassung und -bewertung sowie einer nachfolgenden Prüfung der Einwirkungen des Vorhabens auf die Art gemacht. Diese Erkenntnisse zur Bestandserfassung und -bewertung können ergänzend herangezogen werden. Ausweislich der FFH-Verträglichkeitsuntersuchung gab es - wie bereits dargelegt - keine aktuellen Nachweise des Bibers aus dem Bereich Leine/Westaue. Die nächstgelegenen Nachweise lägen für die Aller bei Rethem sowie für die Leine südlich Hannover vor. Die Einwanderung in das Untersuchungsgebiet sei mittel- bis langfristig möglich (vgl. Tabelle 4 der Unterlage 12.1.1). Verwiesen wird in der FFH-Verträglichkeitsuntersuchung auf die Vollzugshinweise zum Schutz von Säugetieren in Niedersachsen, Säugetierarten des Anhangs II der FFH-Richtlinie mit Priorität für Erhaltungs- und Entwicklungsmaßnahmen, Biber (Castor fiber), des NLWKN, Niedersächsische Strategie zum Arten- und Biotopschutz, vom November 2011 (abrufbar unter: http://www.nlwkn.niedersachsen.de/naturschutz/natura_2000/vollzugshinweise_arten_und_lebensraumtypen/vollzugshinweise-fuer-arten-und-lebensraumtypen-46103.html). Die Karte 1 der Vollzugshinweise des NLWKN zeigt die Verbreitung des Bibers in Niedersachsen. Es gebe Nachweise südlich von Hannover, Landkreise Hameln-Pyrmont und Hildesheim, sowie Einzeltiere an der Aller und den Landkreisen Soltau-Fallingbostel und Hannover. Die Datenlage sei insgesamt als recht gut zu beurteilen.

Die Bestandserfassung stützt sich damit im Wesentlichen auf eine Auswertung der vorhandenen Daten zum Vorkommen des Bibers. Dies ist - zumal die Methode der Bestandsaufnahme nicht normativ festgelegt ist - angesichts des bestehenden Datenbestandes der Fachbehörde für Naturschutz - NLWKN - nicht zu beanstanden. Eine weitergehende Bestandserfassung, insbesondere im Bereich der Querung der geplanten Ortsumgehung mit der Westaue, war vor diesem Hintergrund nicht geboten.

Unabhängig davon hat die Beklagte nach den Hinweisen der Kläger im Klageverfahren auf ein Bibervorkommen in der Westaue die Vorhabenträgerin veranlasst, die Westaue und die Alte Südaue im Hinblick auf Bibervorkommen zu untersuchen. Das „Gutachten zum Vorkommen des Bibers in der Westaue“ der I. vom August 2017 (Anlage B4) erläutert die getroffene Entscheidung der Beklagten zulässigerweise durch ergänzenden substantiierten Vortrag im gerichtlichen Verfahren und erwidert zugleich auf die Einwände der Kläger (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.01.2007 - 9 A 20.05 -, juris). Nach dem „Gutachten zum Vorkommen des Bibers in der Westaue“ fand am 22. Juni 2017 eine gezielte Bestandsaufnahme statt, die - entgegen der Behauptung der Kläger - keinen Nachweis eines Biberbaus im Querungsbereich der geplanten Ortsumgehung mit der Westaue erbracht hat. Die Bestandserfassung ergab lediglich, dass der Querungsbereich wie auch ober- und unterhalb gelegene Abschnitte als Nahrungshabitat des Bibers genutzt werden.

Soweit eine erneute Untersuchung am 20. Mai 2019 nunmehr ein positives Ergebnis mit deutlichen Hinweisen auf einen unterirdischen Bau mit wasserseitigem Eingang ergeben hat (vgl. dazu die „Fachgutachterliche Stellungnahme zu den naturschutzrechtlichen Fragen des Schriftsatzes des Klägers vom 15.1.2019“ von Prof. Dr. AD. und Dipl.-Ing. AF. der AG. vom 27. Juni 2019), steht dies der Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses nicht entgegen. Denn zum hier maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses konnte die Existenz eines Biberbaus - und damit auch eine Zerstörung der Fortpflanzungs- und Lebensstätte des Bibers durch die Errichtung der Straße und die damit verbundene Verlegung der Westaue - fehlerfrei verneint werden. Auch wenn die Kläger der Auffassung sind, dass der Biber schon im Jahr 2016 dort vorhanden war, ist die durchgeführte Bestandserfassung der Beklagten nicht zu beanstanden. Ohne dass es für die Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses noch darauf ankäme, hat die Beklagte zudem darauf hingewiesen, dass die Vorhabenträgerin in Abstimmung mit der Naturschutzbehörde vor Beginn der Bauausführung geeignete Schutz- und bei Bedarf CEF-Maßnahmen entwickeln sowie - soweit erforderlich - ein Konzept für die Umsiedlung des Bibers erarbeiten und umsetzen wird, so dass die Einschlägigkeit der artenschutzrechtlichen Zugriffsverbote erkennbar vermieden werden kann.

4.

Der Planfeststellungsbeschluss der Beklagten vom 30. Dezember 2016 in der Fassung der in der mündlichen Verhandlung vom 26. August 2019 verfügten Planergänzung begegnet keinen Bedenken im Hinblick auf die gemäß Art. 4 der Richtlinie 2000/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2000 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik (Wasserrahmenrichtlinie - WRRL -) in Verbindung mit §§ 27 und 47 WHG gestellten wasserrechtlichen Anforderungen.

Der Art. 4 WRRL in nationales Recht umsetzende und im Hinblick auf diese Funktion gemeinschaftsrechtskonform auszulegende § 27 Abs. 1 WHG verlangt, dass oberirdische Gewässer, soweit sie nicht nach § 28 als künstlich oder erheblich verändert eingestuft werden, so zu bewirtschaften sind, dass 1. eine Verschlechterung ihres ökologischen und ihres chemischen Zustands vermieden wird und 2. ein guter ökologischer und ein guter chemischer Zustand erhalten oder erreicht werden. Oberirdische Gewässer, die nach § 28 als künstlich oder erheblich verändert eingestuft werden, sind nach § 27 Abs. 2 WHG so zu bewirtschaften, dass 1. eine Verschlechterung ihres ökologischen Potenzials und ihres chemischen Zustands vermieden wird und 2. ein gutes ökologisches Potenzial und ein guter chemischer Zustand erhalten oder erreicht werden. Art. 4 WRRL beinhaltet nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 01. Juli 2015 (Az.: C-461/13, juris) die Verpflichtung der Mitgliedstaaten vorbehaltlich der Gewährung einer Ausnahme, die Genehmigung für ein konkretes Vorhaben zu versagen, wenn es eine Verschlechterung des Zustands eines Oberflächenwasserkörpers verursachen kann oder wenn es die Erreichung eines guten Zustands eines Oberflächengewässers bzw. eines guten ökologischen Potenzials und eines guten chemischen Zustands eines Oberflächengewässers zu dem nach der Richtlinie maßgeblichen Zeitpunkt gefährdet. Eine „Verschlechterung des Zustands“ eines Oberflächenwasserkörpers im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Buchstabe a) Ziffer i WRRL liegt nach Auffassung des Europäischen Gerichtshofes vor, sobald sich der Zustand mindestens einer Qualitätskomponente im Sinne des Anhangs V der Richtlinie um eine Klasse verschlechtert, auch wenn diese Verschlechterung nicht zu einer Verschlechterung der Einstufung des Oberflächenwasserkörpers insgesamt führt. Ist jedoch die betreffende Qualitätskomponente im Sinne von Anhang V bereits in der niedrigsten Klasse eingeordnet, stellt jede Verschlechterung dieser Komponente eine „Verschlechterung des Zustands“ eines Oberflächenwasserkörpers dar (vgl. EuGH, Urteil vom 01.07.2015 - C-461/13 -, juris). In § 47 Abs. 1 WHG werden entsprechende Bewirtschaftungsziele für das Grundwasser beschrieben. Das Grundwasser ist so zu bewirtschaften, dass 1. eine Verschlechterung seines mengenmäßigen und seines chemischen Zustands vermieden wird; 2. alle signifikanten und anhaltenden Trends ansteigender Schadstoffkonzentrationen auf Grund der Auswirkungen menschlicher Tätigkeiten umgekehrt werden; 3. ein guter mengenmäßiger und ein guter chemischer Zustand erhalten oder erreicht werden; zu einem guten mengenmäßigen Zustand gehört insbesondere ein Gleichgewicht zwischen Grundwasserentnahme und Grundwasserneubildung. Das Verschlechterungsverbot und das Verbesserungsgebot nach Maßgabe des Art. 4 WRRL sind nicht lediglich Zielvorgaben für die Gewässerbewirtschaftung, sondern müssen bei der Zulassung eines Projekts strikt beachtet werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 09.02.2017 - 7 A 2.15 -, juris).

Die Planung der Beklagten wird den Anforderungen der Wasserrahmenrichtlinie gerecht. Die Vorhabenträgerin hat im Laufe des Verfahrens den „Fachbeitrag Wasserrahmenrichtlinie (WRRL)“ vom 06. September 2016 für das Vorhaben vorgelegt (vgl. Unterlage 15 der Planunterlagen). Der „Fachbeitrag Wasserrahmenrichtlinie“ überprüft, ob die Realisierung des Vorhabens den Anforderungen der WRRL bzw. den Bewirtschaftungszielen nach §§ 27 und 47 WHG gerecht wird. Dabei erfolgt zum einen eine Bewertung der Auswirkungen des Vorhabens hinsichtlich einer möglichen Verschlechterung des chemischen Zustands oder des ökologischen Zustands des betroffenen Oberflächenwasserkörpers sowie des chemischen und mengenmäßigen Zustands des Grundwassers (Verschlechterungsverbot). Darüber hinaus wird geprüft, ob das Vorhaben im Widerspruch zu den Bewirtschaftungszielen für die betroffenen Wasserkörper steht und der gute chemische und ökologische Zustand des Oberflächengewässers bzw. der gute chemische und mengenmäßige Zustand des Grundwassers erreichbar bleiben (Verbesserungsgebot). Die Beklagte hat den „Fachbeitrag Wasserrahmenrichtlinie“ geprüft und hat sich dem Ergebnis des Fachbeitrags angeschlossen, nach dem das Vorhaben mit den Bewirtschaftungszielen der §§ 27 und 47 WHG vereinbar ist (vgl. Seite 180 des Planfeststellungsbeschlusses).

Die von den Klägern geübte Kritik an dem „Fachbeitrag Wasserrahmenrichtlinie“ und an dem dort gefundenen Ergebnis vermag nicht zu überzeugen. Dies betrifft sowohl die Ermittlung des Ist-Zustands des Oberflächenwasserkörpers „21018 Westaue Fluss“ und des Grundwasserkörpers „4_2016 Leine Lockergestein links“ (dazu unter a)) als auch die Prüfung der Vereinbarkeit des Vorhabens mit dem Verschlechterungsverbot (dazu unter b)) und dem Verbesserungsgebot (dazu unter c)).

a)

Die Kläger können nicht mit Erfolg eine fehlerhaft Ermittlung des Ist-Zustands des Oberflächenwasserkörpers „21018 Westaue Fluss“ und des Grundwasserkörpers „4_2016 Leine Lockergestein links“ rügen.

Für eine ordnungsgemäße Prüfung des Verschlechterungsverbots ist regelmäßig eine Ermittlung des Ist-Zustands des zu bewertenden Gewässers erforderlich (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.11.2018 - 9 A 8.17 -, juris). Die Anforderungen an die Beschreibung und Bewertung der Wasserkörper ergeben sich für die Oberflächengewässer aus der Verordnung zum Schutz der Oberflächengewässer (Oberflächengewässerverordnung - OGewV) vom 20. Juni 2016 und für das Grundwasser aus der Verordnung zum Schutz des Grundwassers (Grundwasserverordnung - GrwV) vom 09. November 2010 (vgl. Urteil des Senats vom 04.07.2017 - 7 KS 7/15 -, juris). Nach § 5 Abs. 1 OGewV richtet sich die Einstufung des ökologischen Zustands eines Oberflächenwasserkörpers nach den in Anlage 3 aufgeführten Qualitätskomponenten. Die zuständige Behörde stuft den ökologischen Zustand eines Oberflächenwasserkörpers nach Maßgabe von Anlage 4 Tabellen 1 bis 5 in die Klassen sehr guter, guter, mäßiger, unbefriedigender oder schlechter Zustand ein. Die Einstufung des ökologischen Potenzials eines künstlichen oder erheblich veränderten Oberflächenwasserkörpers richtet sich gemäß § 5 Abs. 2 OGewV nach den in Anlage 3 aufgeführten Qualitätskomponenten, die für diejenige Gewässerkategorie nach Anlage 1 Nummer 1 gelten, die dem betreffenden Wasserkörper am ähnlichsten ist. Die zuständige Behörde stuft das ökologische Potenzial nach Maßgabe von Anlage 4 Tabellen 1 und 6 in die Klassen höchstes, gutes, mäßiges, unbefriedigendes oder schlechtes Potenzial ein. Die Einstufung des chemischen Zustands eines Oberflächenwasserkörpers richtet sich gemäß § 6 OGewV nach den in Anlage 8 Tabelle 2 aufgeführten Umweltqualitätsnormen. Erfüllt der Oberflächenwasserkörper diese Umweltqualitätsnormen, stuft die zuständige Behörde den chemischen Zustand als gut ein. Andernfalls ist der chemische Zustand als nicht gut einzustufen.

Der „Fachbeitrag Wasserrahmenrichtlinie“ enthält unter Ziffer 2. eine Bestandsaufnahme des gegenwärtigen Zustandes der vom Vorhaben betroffenen Wasserkörper, namentlich des Oberflächenwasserkörpers „21018 Westaue Fluss“ und des Grundwasserkörpers „4_2016 Leine Lockergestein links“. Der Beschreibung des ökologischen und chemischen Zustands des Oberflächenwasserkörpers „21018 Westaue Fluss“ im „Fachbeitrag Wasserrahmenrichtlinie“ liegt das im Internet abrufbare Wasserkörperdatenblatt „21018 Westaue Fluss“ des NLWKN mit dem Stand 2012 zugrunde. Zur Gewährleistung der erforderlichen Aktualität der Datengrundlagen wurde bei Erstellung des „Fachbeitrags Wasserrahmenrichtlinie“ zudem die aktuelle Bewertung des Oberflächenwasserkörpers beim zuständigen Gewässerkundlichen Landesdienst des NLWKN (Betriebsstelle Hannover-Hildesheim) abgefragt. Die aktuelle Bewertung beruht auf einer Auskunft des NLWKN per Mail vom 30. August 2016 (vgl. Seite 10 des Fachbeitrags Wasserrahmenrichtlinie). Abweichungen von den Angaben im Wasserkörperdatenblatt mit dem Stand 2012 aufgrund der aktualisierten Bewertungen sind im Fachbeitrag unter Ziffer 2.1 kenntlich gemacht (vgl. Ziffer 2.1 des Fachbeitrags Wasserrahmenrichtlinie; Seite 185 des Planfeststellungsbeschlusses).

Die diesbezüglich geübte Kritik der Kläger führt nicht zum Erfolg. Dies gilt sowohl für ihr Vorbringen in der Klagebegründung vom 24. Mai 2017 (dazu unter aa)) als auch für ihr Vorbringen in den Schriftsätzen ihres Prozessbevollmächtigten vom 12. und 25. August 2019 (dazu unter bb)).

aa)

Die Kläger haben mit ihrer Klagebegründung vom 24. Mai 2017 kritisiert, dass die Aktualisierung durch den NLWKN bis heute nicht dokumentiert sei und es daher keinen Nachweis der Belastbarkeit für die verwandten, vom Wasserkörperdatenblatt abweichenden Daten gebe. Diese Kritik der Kläger vermag nicht überzeugen. Zwar ist die Aktualisierung durch den NLWKN zum Zeitpunkt der Auslegung des „Fachbeitrags Wasserrahmenrichtlinie“ noch nicht im Internet veröffentlicht gewesen. Dies ist für die Belastbarkeit der Angaben des NLWKN und des „Fachbeitrags Wasserrahmenrichtlinie“ jedoch auch nicht erforderlich. Entscheidend ist vielmehr, dass dem „Fachbeitrag Wasserrahmenrichtlinie“ die aktuell vorliegenden Bewertungen des NLWKN zugrunde zu legen sind. Wenn etwa die in einem Bewirtschaftungsplan dokumentierten Daten aus der Gewässerüberwachung lückenhaft, unzureichend oder veraltet sind, können sie einer Vorhabenzulassung regelmäßig nicht zugrunde gelegt werden, sondern es bedarf weiterer Untersuchungen (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.11.2018 - 9 A 8.17 -, juris). Dem wird der „Fachbeitrag Wasserrahmenrichtlinie“ gerecht, indem er nicht allein auf das teilweise veraltete Wasserkörperdatenblatt aus dem November 2012 abstellt, sondern seiner Bewertung die aktualisierten Bewertungen des NLWKN aus dem August 2016 zugrunde legt, die dort auf Anfrage erhältlich waren. Im gerichtlichen Verfahren hat die Beklagte darüber hinaus das - nunmehr veröffentlichte - aktualisierte Wasserkörperdatenblatt des NLWKN mit dem Stand 2015 vorgelegt, so dass die diesbezügliche Kritik der Kläger mittlerweile überholt ist.

Vor diesem Hintergrund vermag auch die Kritik der Kläger in ihrer Klagebegründung vom 24. Mai 2017, das offiziell freigegebene Wasserkörperdatenblatt aus dem Jahr 2012 stufe mehrere, im einzelnen benannte Parameter niedriger ein als die Planunterlage, nicht zu überzeugen. Die im „Fachbeitrag Wasserrahmenrichtlinie“ vorgenommenen und von den Klägern kritisierten Einstufungen entsprechen den aktualisierten Bewertungen des NLWKN, wie sie sich im vorgelegten Wasserkörperdatenblatt mit dem Stand 2015 wiederfinden. Die Bewertungen haben sich gegenüber den Bewertungen im Wasserkörperdatenblatt mit dem Stand November 2012 geändert. Es ist hinsichtlich einzelner Parameter zu einer günstigeren Einstufung gekommen. So entspricht die im „Fachbeitrag Wasserrahmenrichtlinie“ vorgenommene Einstufung des ökologischen Zustands/Potenzials - entgegen der Auffassung der Kläger - aktuell der Klasse „unbefriedigend“; im Wasserkörperdatenblatt 2012 lag noch eine Einstufung in die Klasse „schlecht“ vor. Der Parameter Makrophyten wird nach den aktuellen Bewertungen in die Klasse „mäßig“ eingestuft; im Wasserkörperdatenblatt 2012 erfolgte noch eine Klassifizierung als „unzureichend“. Der Parameter Makrozoobenthos wird nach den aktuellen Bewertungen als „unbefriedigend“ und nicht mehr - wie noch mit dem Wasserkörperdatenblatt 2012 - als „schlecht“ eingestuft. Phytoplankton ist nach den aktualisierten Bewertungen „nicht relevant“; im Wasserkörperdatenblatt war es noch „unklassifiziert“. Der Parameter Diatomeen ist im aktualisierten Wasserkörperdatenblatt 2015 nicht aufgeführt. Der „Fachbeitrag Wasserrahmenrichtlinie“ führt damit fehlerfrei die aktuellen Einstufungen dieser Parameter auf.

bb)

Mit Schriftsätzen ihres Prozessbevollmächtigten vom 12. und 25. August 2019 haben die Kläger darüber hinaus geltend gemacht, dass der „Fachbeitrag Wasserrahmenrichtlinie“ bei der Bewertung des Ist-Zustandes des Oberflächenwasserkörpers „21018 Westaue Fluss“ mehrere Defizite aufweise, die eine fehlerfreie Auswirkungsprognose unmöglich gemacht hätten. Es sei nicht erkannt worden, dass sich durch das neue Wasserkörperdatenblatt mit dem Stand 2015 die Bewertungsgrundlagen grundlegend verändert hatten. Dadurch sei es zu einer fehlerhaften Angabe des Gewässerstatus gekommen. Sowohl im „Fachbeitrag Wasserrahmenrichtlinie“ als auch im Planfeststellungsbeschluss werde der Status des Oberflächenwasserkörpers „21018 Westaue Fluss“ mit „erheblich verändert“ angegeben. Im aktuellen Wasserkörperdatenblatt des NLWKN mit dem Stand 2015 sei der Status der Westaue als „natürlich“ aufgeführt. Dieses Ermittlungsdefizit sei schwerwiegend, da für den natürlichen Wasserkörper Westaue im Gegensatz zu einem erheblich veränderten Wasserkörper für die wasserrechtliche Prüfung ein anderes Bewirtschaftungsziel - Erreichen des guten ökologischen Zustands anstelle des guten ökologischen Potenzials - zu Grunde zu legen sei. Eine formell korrekte Prüfung des Verschlechterungsverbots sei daher nicht möglich. Des Weiteren fehlten Angaben zu den ökologischen Qualitätsquotienten bei der Bewertung des Ist-Zustands der biologischen Qualitätskomponenten. Auch insoweit sei unklar, ob die diesbezüglichen Zustandsbewertungen Ergebnis einer Bewertung für einen natürlichen Wasserkörper oder für einen erheblich veränderten Wasserkörper seien. Schließlich seien die Angaben zur Hydromorphologie fehlerhaft. Der „Fachbeitrag Wasserrahmenrichtlinie“ gehe von einem besseren hydromorphologischen Zustand der Westaue aus als es dem aktuellen Zustand entspreche. Auch die Bewertung des Ist-Zustandes des Grundwasserkörpers „4_2016 Leine Lockergestein links“ sei defizitär. Der chemische Zustand des Grundwasserkörpers im Hinblick auf „Pflanzenschutzmittel, Schadstoffe Annex II, andere Schadstoffe“ werde im „Fachbeitrag Wasserrahmenrichtlinie“ als „gut“ angegeben. Dies sei unzutreffend. Die aktuelle Bewertung des chemischen Zustands des Grundwasserkörpers im Hinblick auf Pflanzenschutzmittel laute „schlecht“.

Der diesbezügliche Vortrag der Kläger in den Schriftsätzen ihres Prozessbevollmächtigten vom 12. und 25. August 2019 ist außerhalb der zehnwöchigen Klagebegründungsfrist des - hier anwendbaren (vgl. dazu die obigen Ausführungen zum geltend gemachten Verfahrensfehler im Zusammenhang mit der Auslegung des „Fachbeitrags Wasserrahmenrichtlinie“) - § 6 UmwRG in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. August 2017, geändert durch Gesetz vom 17. Dezember 2018, erfolgt und kann bereits deshalb keine Berücksichtigung finden.

Die Kläger haben am 12. April 2017 Klage erhoben. Ihr Vortrag in den Schriftsätzen ihres Prozessbevollmächtigten vom 12. und 25. August 2019, mit denen sie die fehlerhafte Ermittlung des Ist-Zustands des Oberflächenwasserkörpers „21018 Westaue Fluss“ hinsichtlich der Angaben zum Gewässerstatus, zu den ökologischen Qualitätsquotienten und zur Hydromorphologie sowie die fehlerhafte Ermittlung des Ist-Zustands des Grundwasserkörpers „4_2016 Leine Lockergestein links“ hinsichtlich der Angabe „Pflanzenschutzmittel“ geltend gemacht haben, ist erst deutlich außerhalb der zehnwöchigen Klagebegründungsfrist des § 6 Satz 1 UmwRG bei Gericht eingegangen. Es handelt sich dabei auch nicht lediglich um eine Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens. Mit ihrer Klagebegründung vom 24. Mai 2017 haben die Kläger im Zusammenhang mit der Bewertung des Ist-Zustandes des Oberflächenwasserkörpers „21018 Westaue Fluss“ lediglich gerügt, dass die Aktualisierung durch den NLWKN bis heute nicht dokumentiert sei und es daher keinen Nachweis der Belastbarkeit für die verwandten, vom Wasserkörperdatenblatt abweichenden Daten gebe. Das offiziell freigegebene Wasserkörperdatenblatt mit dem Stand 2012 stufe mehrere Parameter - „Zustand/Potenzial“, „Makrophyten“, „Makrozoobenthos“, „Phytoplankton“ und „Diatomeen“ - niedriger ein als die Planunterlage. Die Kläger haben hinsichtlich der Bewertung des Ist-Zustands des Oberflächenwasserkörpers „21018 Westaue Fluss“ mit ihrer Klagebegründung nicht geltend gemacht, dass die Angaben zum Gewässerstatus, zur den ökologischen Qualitätsquotienten und zur Hydromorphologie fehlerhaft seien. Insoweit handelt es sich um einen neuen Tatsachenvortrag. Die Bewertung des Ist-Zustands des Grundwasserkörpers „4_2016 Leine Lockergestein links“ haben die Kläger mit ihrer Klagebegründung gar nicht in Frage gestellt.

Die Kläger haben die Verspätung auch nicht genügend entschuldigt im Sinne des § 6 Satz 2 UmwRG in Verbindung mit § 87b Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO. Sie machen geltend, dass die fehlerhafte Bewertung des Ist-Zustands des Oberflächenwasserkörpers „21018 Westaue Fluss“ erst erkennbar gewesen sei, als die Beklagte das Wasserkörperdatenblatt mit dem Stand 2015 im gerichtlichen Verfahren - nach Ablauf der Klagebegründungsfrist - vorgelegt habe. Den Grundwasserkörpersteckbrief für den Grundwasserkörper „4_Leine Lockergestein links“ hätten sie sich erst vor wenigen Tagen beschaffen können. Im Rahmen der Klagebegründungsfrist sei daher mangels Kenntnis des nicht veröffentlichten Wasserkörperdatenblatts bzw. des Grundwasserkörpersteckbriefs ein genauerer Vortrag nicht möglich gewesen. Dem kann nicht gefolgt werden. Die Kläger haben damit das verspätete Vorbringen in den Schriftsätzen ihres Prozessbevollmächtigten vom 12. und 25. August 2019 nicht genügend entschuldigt. Zunächst hätten die Kläger bereits mit ihrer Klagebegründung die Vorlage des Wasserkörperdatenblatts für den Oberflächenwasserkörper und des Grundwasserkörpersteckbriefs für den Grundwasserkörper anfordern können, wenn sie dazu hätten vortragen wollen. Dies ist jedoch nicht geschehen. Selbst wenn man den Klägern jedoch zugestehen wollte, dass ein Vortrag zum Wasserkörperdatenblatt für den Oberflächenwasserkörper „21018 Leine Lockergestein links“ mit dem Stand 2015 innerhalb der Klagebegründungsfrist nicht möglich war, sondern ein Vortrag erst nach Vorlage des Wasserkörperdatenblatts durch die Beklagte im gerichtlichen Verfahren erfolgen konnte, führt dies nicht zu einer Berücksichtigungsfähigkeit ihres diesbezüglichen Vorbringens. Wie bereits dargelegt, kann der Auffassung der Kläger, nach Ablauf der Klagebegründungsfrist gebe es keine weiteren Fristen, die von ihnen zu beachten seien, und es stehe ihnen frei, die während der Klagebegründungsfrist noch nicht bekannte Tatsache „zu jedem späteren Zeitpunkt des Verfahrens in das Verfahren einzubringen“, nicht gefolgt werden. Vielmehr ist ein verspätetes Vorbringen lediglich bis zu dem Zeitpunkt entschuldigt, in dem ein Vortrag möglich und zumutbar geworden ist. Vorliegend hat die Beklagte das Wasserkörperdatenblatt für den Oberflächenwasserkörper „21018 Westaue Fluss“ mit dem Stand 2015 im gerichtlichen Verfahren mit Schriftsatz vom 14. August 2017 vorgelegt. Bis zu diesem Zeitpunkt war die Verspätung des Vorbringens der Kläger zur fehlerhaften Ermittlung des Ist-Zustands des Oberflächenwasserkörpers „21018 Westaue Fluss“ hinsichtlich der Angaben zum Gewässerstatus, zu den ökologischen Qualitätsquotienten und zur Hydromorphologie - wohl - entschuldigt. Die Entschuldigung erstreckt sich aber nur auf einen angemessenen Zeitraum nach der Vorlage des Wasserkörperdatenblatts. Der streitige Vortrag der Kläger ist erst mit Schrift-sätzen ihres Prozessbevollmächtigten vom 12. und 25. August 2019 erfolgt. Jedenfalls diese Verspätung haben die Kläger nicht entschuldigt. Ebenfalls nicht entschuldigt haben die Kläger ihr verspätetes Vorbringen zur fehlerhaften Ermittlung des Ist-Zustands des Grundwasserkörpers „4_2016 Leine Lockergestein links“. Sie haben zu keinem Zeitpunkt die Vorlage des Grundwasserkörpersteckbriefs gefordert noch geltend gemacht, dass Bedenken hinsichtlich der Bewertung des Ist-Zustands des Grundwasserkörpers bestehen könnten. Insoweit können sie sich nicht darauf zurückziehen, sie hätten sich den Grundwasserkörpersteckbrief „erst vor wenigen Tagen beschaffen“ können.

Es ist schließlich nicht mit geringem Aufwand möglich, den Sachverhalt auch ohne Mitwirkung des Beteiligten zu ermitteln, vgl. § 6 Satz 3 UmwRG in Verbindung mit § 87b Abs. 3 Satz 3 VwGO. Die Aufklärung, ob die Beklagte den Ist-Zustand des Oberflächenwasserkörpers „21018 Westaue Fluss“ und des Grundwasserkörpers „4_Leine Lockergestein links“ fehlerhaft eingestuft bzw. bewertet hat und ob die fachliche und rechtliche Bewertung des „Fachbeitrags Wasserrahmenrichtlinie“ an diese - unterstellt fehlerhafte - Einstufung anknüpft, d. h. die Beantwortung der Frage, ob eine etwaige fehlerhafte Einstufung erheblich ist, würde eine nähere Prüfung auf der Grundlage einer Sichtung der Gerichts- und Verwaltungsakten nach entsprechenden Tatsachen erforderlich machen. Dieser Aufwand ist nicht mehr als gering zu bezeichnen.

Der Vortrag der Kläger ist aber auch dann als verspätet zurückzuweisen, wenn man nicht § 6 UmwRG, sondern § 4a Abs. 1 UmwRG a. F. - oder den insoweit gleichlautenden § 17e Abs. 5 FStrG a. F. - für anwendbar halten wollte. Der Vortrag der Kläger in den Schriftsätzen ihres Prozessbevollmächtigten vom 12. und 25. August 2019, mit denen sie die fehlerhafte Ermittlung des Ist-Zustands des Oberflächenwasserkörpers „21018 Westaue Fluss“ hinsichtlich der Angaben zum Gewässerstatus, zu den ökologischen Qualitätsquotienten und zur Hydromorphologie sowie die fehlerhafte Ermittlung des Ist-Zustands des Grundwasserkörpers „4_2016 Leine Lockergestein links“ hinsichtlich der Angabe „Pflanzenschutzmittel“ geltend gemacht haben, ist erst deutlich außerhalb der sechswöchigen Klagebegründungsfrist des § 4a Abs. 1 UmwRG a. F. (bzw. § 17e Abs. 5 FStrG a. F.) bei Gericht eingegangen. Die Voraussetzungen des § 87b Abs. 3 VwGO, auf die § 4a Abs. 1 Satz 2 UmwRG a. F. Bezug nimmt, sind erfüllt. Die Kläger sind in dem Planfeststellungsbeschluss über die Folgen einer Fristversäumung belehrt worden (vgl. Seite 324 des Planfeststellungsbeschlusses), sie haben die Verspätung - wie dargelegt - nicht genügend entschuldigt und die Zulassung ihres Vorbringens würde nach der freien Überzeugung des Senats die Erledigung des Rechtsstreits verzögern. Die Aufklärung, ob die Beklagte den Ist-Zustand des Oberflächenwasserkörpers „21018 Westaue Fluss“ und des Grundwasserkörpers „4_Leine Lockergestein links“ fehlerhaft eingestuft bzw. bewertet hat und ob die fachliche und rechtliche Bewertung des „Fachbeitrags Wasserrahmenrichtlinie“ an diese - unterstellt fehlerhafte - Einstufung anknüpft, d. h. die Beantwortung der Frage, ob eine etwaige fehlerhafte Einstufung erheblich ist, würde - wie dargelegt - eine nähere Prüfung auf der Grundlage einer Sichtung der Gerichts- und Verwaltungsakten nach entsprechenden Tatsachen erforderlich machen, die in der Kürze der Zeit - das Vorbringen der Kläger ist erst unmittelbar vor der mündlichen Verhandlung erfolgt - nicht zu leisten gewesen ist. Die Prüfung hätte eine Vertagung des Rechtsstreits erforderlich gemacht und damit die Erledigung des Rechtsstreits verzögert. Wie bereits dargelegt, ist es auch nicht mit geringem Aufwand möglich, den Sachverhalt auch ohne Mitwirkung des Beteiligten zu ermitteln (§ 87b Abs. 3 Satz 3 VwGO). Der Senat übt sein Ermessen nach § 87b Abs. 3 VwGO aus diesem Grund dahingehend aus, das diesbezügliche Vorbringen der Kläger zurückzuweisen.

Im Übrigen würde ein entsprechender Fehler bei der Bewertung des Ist-Zustands des Oberflächenwasserkörpers „21018 Westaue Fluss“ und des Grundwasserkörpers „4_2016 Leine Lockergestein links“ auch keinen Anspruch der Kläger auf Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder auf Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit begründen. Zwar haben die Kläger - wie bereits dargelegt - einen Anspruch auf gerichtliche Überprüfung des Planfeststellungsbeschlusses auf seine objektive Rechtmäßigkeit. Allerdings können sie eine Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses bzw. die Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit dann nicht verlangen, wenn der geltend gemachte Rechtsfehler für ihre Eigentumsbetroffenheit aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht erheblich, insbesondere nicht kausal ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25.04.2018 - 9 A 15.16 -, juris). Das ist etwa dann der Fall, wenn ein als verletzt geltend gemachter öffentlicher Belang nur von örtlicher Bedeutung ist und auch die fehlerfreie Beachtung dieses Belangs nicht zu einer Veränderung der Planung im Bereich des klägerischen Grundstücks führen würde (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23.01.2015 - 7 VR 6.14 -, juris, m. w. N.; BVerwG, Urteil vom 12.08.2009 - 9 A 64.07 -, juris, m. w. N.; Urteil des Senats vom 22.04.2016 - 7 KS 35/12 -, juris). Das ist hier der Fall. Jede Ortsumgehung von Wunstorf - egal ob Nord- oder Südumgehung - macht eine Querung des Oberflächenwasserkörpers „21018 Westaue Fluss“ erforderlich und betrifft den Grundwasserkörper „4_2016 Leine Lockergestein links“, so dass eine fehlerfreie Beachtung des geltend gemachten Belangs mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht zu einer anderweitigen Trassenführung, sondern lediglich zu weiteren lokalen Vorkehrungen - wie etwa Retentionsbodenfilteranlagen - führen würde. Der - unterstellte - Mangel hat damit nur örtliche Bedeutung und ist für die Eigentumsbetroffenheit der Kläger nicht kausal.

Schließlich spricht nach einer vorläufigen Einschätzung des Senats wohl überwiegendes dafür, dass auch in der Sache keine fehlerhafte Bewertung des Ist-Zustands des Oberflächenwasserkörpers „21018 Westaue Fluss“ und des Grundwasserkörpers „4_2016 Leine Lockergestein links“ vorliegt, die für die fachliche und rechtliche Bewertung erheblich ist. Die Beklagte hat hinsichtlich des Oberflächenwasserkörpers „21018 Westaue Fluss“ unter Bezugnahme auf die „Stellungnahme zum Wasserrecht“ von Dr. AM. vom 21. August 2019 darauf hingewiesen, dass der „Fachbeitrag Wasserrahmenrichtlinie“ fälschlicherweise zwar noch nicht den veränderten Gewässerstatus des Oberflächenwasserkörpers „21018 Westaue Fluss“ - „natürlich“ statt „erheblich verändert“ - wiedergegeben habe, die fachliche und rechtliche Bewertung jedoch nicht an diese Einstufung anknüpfe, so dass die unrichtige Wiedergabe unerheblich sei. Für den chemischen Zustand spiele der Status des Gewässers keine Rolle. Die Kenntnis der Qualitätsquotienten bei den biologischen Qualitätskomponenten sei nur für die Erhebung des Ist-Zustandes erforderlich, die durch das NLWKN nach einem bundeseinheitlichen Verfahren erfolge und dessen Ergebnisse im Wasserkörperdatenblatt aufgeführt seien. Da es zu keiner messbaren Verschlechterung komme (vgl. dazu die nachfolgenden Ausführungen), komme es auf den Status des Gewässers nicht an. Gleiche Erwägungen gälten für die geänderte Bewertung der Hydromorphologie, da die Bewertung im Fachbeitrag ebenfalls nicht auf dieser Bewertung aufbaue. Dieses Vorbringen der Beklagten, welches durch die Folienpräsentation „Stoffliche Auswirkungen auf OWK Westaue“ von Dr. AM. in der mündlichen Verhandlung erläutert wurde, ist für den Senat auf der Grundlage einer allein möglichen kursorischen Prüfung nachvollziehbar; ihm dürfte voraussichtlich zu folgen sein. Gleiches gilt hinsichtlich der von den Klägern gerügten fehlerhaften Ermittlung des Ist-Zustands des Grundwasserkörpers „4_2016 Leine Lockergestein links“. Die Beklagte hat unter Bezugnahme auf die „Stellungnahme zum Wasserrecht“ von Dr. AM. vom 21. August 2019 darauf hingewiesen, dass es zwar richtig sei, dass sich die Bewertung in Bezug auf Pflanzenschutzmittel - zwischenzeitlich - von „gut“ zu „schlecht“ geändert habe. Das sei aber unerheblich, da im Straßenabfluss keine Pflanzenschutzmittel vorhanden seien und damit keine Bewertung erfolgen müsse, wie sich die Maßnahme auf die Belastung des Grundwasserkörpers in Bezug auf Pflanzenschutzmittel auswirke. Dies erscheint dem Senat schlüssig.

b)

Es liegt kein Verstoß gegen das Verschlechterungsverbot der WRRL vor. Die Kläger können mit Erfolg weder eine Verschlechterung des Zustands des Oberflächenwasserkörpers „21018 Westaue Fluss“ noch eine Verschlechterung des Zustands des Grundwasserkörpers „4_2016 Leine Lockergestein links“ rügen.

Ob ein Vorhaben eine Verschlechterung des Zustands eines Oberflächenwasserkörpers oder eines Grundwasserkörpers bewirken kann, beurteilt sich nicht nach dem für das Habitatrecht geltenden besonders strengen Maßstab, wonach jede erhebliche Beeinträchtigung ausgeschlossen sein muss, sondern nach dem allgemeinen ordnungsrechtlichen Maßstab der hinreichenden Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts. Eine Verschlechterung muss daher nicht ausgeschlossen, aber auch nicht sicher zu erwarten sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 09.02.2017 - 7 A 2. 15 -, juris; Urteil des Senats vom 04.07.2017 - 7 KS 7/15 -, juris).

Vorliegend ist eine vorhabenbedingte Beeinträchtigung des Oberflächenwasserkörpers „21018 Westaue Fluss“ und des Grundwasserkörpers „4_2016 Leine Lockergestein links“ nicht hinreichend wahrscheinlich. Die Kritik der Kläger führt nicht zum Erfolg. Dies gilt sowohl für ihr diesbezügliches Vorbringen in der Klagebegründung vom 24. Mai 2017 (dazu unter aa)) als auch für ihr Vorbringen in den Schriftsätzen ihres Prozessbevollmächtigten vom 15. Januar 2019, 12. August 2019, 13. August 2019 und 25. August 2019 (dazu unter bb)).

aa)

Die Kläger haben mit ihrer Klagebegründung vom 24. Mai 2017 geltend gemacht, dass es mit der Querung der Westaue zu verschiedenen Stoffeinträgen (Salz, Reifenabrieb, Staub, Fahrzeugemissionen) komme, die sich nachteilig auf das Gewässer auswirken würden. Ferner stelle das Brückenbauwerk eine Barrierewirkung für die im Gewässer lebenden Arten, die nur einen Teil ihres Lebens im Wasser verbringen würden, dar. Dazu zählten beispielsweise Libellen sowie Stein- oder Köcherfliegen. Deren Dispersion und Neubesiedlung von verwaisten Gewässerabschnitten erfolge vor allem über die flugfähigen Entwicklungsformen der adulten Tiere. Für diese stelle ein Brückenbauwerk eine erhebliche, unter Umständen unüberwindliche Barriere dar. Belege für eine massive Barrierewirkung fänden sich in der Studie von Kneitz & Oerter „Minimierung der Zerschneidungseffekte durch Straßenbauten am Beispiel von Fließgewässerquerungen bzw. Brückenöffnungen“ aus dem Jahr 1997 (im Folgenden: Kneitz & Oerter 1997). Danach sei ein Brückenraum für flugunfähige, wenig mobile Insekten undurchlässig. Für flugfähige Arten bildeten Brücken ein mehr oder weniger massives Hindernis. Damit liege im Ergebnis eine erhebliche Verschlechterung für die Qualitätskomponente „Markozoobenthos“ vor. Berücksichtige man, dass der ökologische Zustand der Westaue bereits jetzt schlecht sei, komme dieser zusätzlichen Verschlechterung eine besondere Bedeutung zu. Schließlich führe die Verlegung der Westaue für eine Übergangsphase zu einer weiteren Verschlechterung des Erhaltungszustands, weil der neu geschaffene Gewässerabschnitt zuerst einmal lebensfeindlich sei und höchstens nach und nach wieder besiedelt werden könne. Möglicherweise kämen in dem zu verfüllenden Abschnitt der Westaue Kernbestände der relevanten Arten vor, die durch die Umlegung verloren gingen und eine Wiederbesiedlung des Gesamtgewässers zu späteren Zeiten verhinderten. Bei der Neuanlage des Gewässers komme es zudem zu verstärkten Abschwemmungen in die Westaue, was ebenfalls zu einer Verschlechterung führe. In diesem Zusammenhang hätte es einer besonderen Betrachtung der Art Psychomyia pusilla bedurft, die laut Datenblatt zu den besonders bedeutsamen Arten gehöre. Zu untersuchen seien die möglichen Barrierewirkungen durch das Brückenbauwerk sowie die Beeinträchtigungen, die mit dem Verkehr verbunden seien (Kollisionen, Anlockungseffekte durch Fahrzeugbeleuchtung).

Dieses Vorbringen der Kläger führt nicht zum Erfolg ihrer Klage. Es genügt bereits nicht den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Klagebegründung; es bleibt unsubstantiiert. Die Kläger wiederholen mit ihrer Klagebegründung nahezu wortwörtlich ihre Einwendungen und Bedenken aus dem Verwaltungsverfahren, die sie bereits mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 27. November 2016 im Zuge der Öffentlichkeitsbeteiligung zum „Fachbeitrag Wasserrahmenrichtlinie“ geltend gemacht hatten. Sie setzen sich jedoch mit ihrer Klagebegründung nicht substantiiert mit den ausführlichen Darstellungen in dem Planfeststellungsbeschluss auseinander, mit denen ihre Einwendungen aus dem Verwaltungsverfahren zurückgewiesen worden sind. Zu fordern für eine ordnungsgemäße Klagebegründung wäre jedoch, dass sich das Vorbringen der Kläger auf den Planfeststellungsbeschluss, mit dem das Vorhaben zugelassen wird, bezieht. So genügt regelmäßig eine lediglich pauschale Bezugnahme auf früher erhobene Einwendungen ohne deren Würdigung im Planfeststellungsbeschluss nicht den Begründungsanforderungen an eine Klage gegen einen Planfeststellungsbeschluss; denn Gegenstand der Klage sind nicht die im Verwaltungsverfahren gemachten Einwände, sondern ist der Planfeststellungsbeschluss (vgl. Urteil des Senats vom 14.08.2015 - 7 KS 148/12 -, juris, m. w. N.). So liegt es auch hier.

Die Beklagte hat sich in dem Planfeststellungsbeschluss ausführlich mit den von den Klägern erhobenen Einwendungen auseinandergesetzt (vgl. Seite 185 ff. des Planfeststellungsbeschlusses). Sie hat darauf hingewiesen, dass der „Fachbeitrag Wasserrahmenrichtlinie“ mögliche Beeinträchtigungen der Westaue durch Stoffeinträge untersucht habe und zu dem Ergebnis gekommen sei, dass Stoffeinträge nicht zu einer Verschlechterung des ökologischen und chemischen Zustands bzw. Potenzials führen werden oder einer Verbesserung entgegenstehen. Aufgrund der den Vorgaben der RAS-Ew (Richtlinien für die Anlage von Straßen, Teil: Entwässerung, Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen) und damit dem Stand der Technik entsprechenden Entwässerungsplanung komme es nicht zu einer Verschlechterung des chemischen und ökologischen Zustandes bzw. Potenzials des Oberflächenwasserkörpers Westaue. Das anfallende Straßenoberflächenwasser werde überwiegend im Bereich der Böschungen, Mulden und Gräben sowie in Versicherungsbecken versickert und nicht in die Westaue eingeleitet. Nur dort, wo keine ausreichende Versickerung möglich sei, seien Regenrückhaltebecken vorgesehen, deren Ablauf direkt oder indirekt über Gräben an die Westaue angeschlossen sei. Allerdings laufe den Regenrückhaltebecken nur bei Starkregen Niederschlagswasser zu. Durch das erstellte Tausalzgutachten sei zudem nachgewiesen, dass auch durch die Aufbringung von Tausalz im Winterbetrieb keine Verschlechterung der biologischen Qualitätskomponenten zu erwarten sei.

Die Beklagte hat in dem Planfeststellungsbeschluss des Weiteren ausgeführt, dass nach den Ergebnissen der Studie von Kneitz & Oerter 1997 Beeinträchtigungen von Wanderbewegungen des Makrozoobenthos bei Brückenbauwerken mit geringem Lichteinfall und befestigter Gewässersohle einträten. Bei Brücken mit großer Öffnungsweite und natürlich belassenem Gewässergrund hätten hingegen keine oder nur irrelevante Beeinträchtigungen des Makrozoobenthos (Eintags-, Stein- und Köcherfliegen, die Köcherfliegenart Psychomyia pusilla, Libellenlarven) durch das Bauwerk festgestellt werden können. Die Barrierewirkung eines Brückenbauwerkes sei mithin von der Ausführung des Bauwerkes (Länge, Breite, Höhe), dem Ausbauzustand des Fließgewässers (naturnahes Bach-/Flussbett oder befestigte Sohle/Ufer) sowie der Umgebung des Bauwerkes (Offenland oder Wald) abhängig. Das Brückenbauwerk an der Westaue habe im Bereich des Gewässers und der Flutmulde eine lichte Höhe von 4,35 m bei einer Breite von 16,5 m und einer lichten Weite von 55 m. Da das Bauwerk südostexponiert sei und an beiden Seiten der Brücke Offenland angrenze, sei ein vergleichsweise hoher Lichteinfall im überbrückten Bereich gegeben. Die Belichtung sei infolgedessen ausreichend für die Entwicklung von Vegetation am unbefestigten Flussufer und im Bereich der Flutmulde. Die Standorte seien auch hinreichend standortfeucht für die Entwicklung entsprechender Vegetation. Aufgrund der ausreichenden Belichtung unter dem Brückenbauwerk und der naturnahen Herstellung des Gewässerbetts (insbesondere keine Befestigung von Ufer und Sohle, vgl. Maßnahme A10) könne entsprechend der Ergebnisse der Studie von Kneitz & Oerter eine Barrierewirkung für das Makrozoobenthos (Eintags-, Stein- und Köcherfliegen, die Köcherfliegenart Psychomyia
pusilla, Libellenlarven) durch das Brückenbauwerk ausgeschlossen werden. Das Forschungsvorhaben von Kneitz & Oerter belege weiterhin, dass das Brückenbauwerk auch für adulte Libellen keine Barrierewirkung entfalte, da die flugfähigen Stadien der Arten sich vorrangig an den Gewässerläufen orientierten und Bauwerke ab 2,50 m lichter Höhe unterflogen würden. Lichte Brückenräume wie bei der Westauequerung würden sogar zur Jagd und Fortpflanzung genutzt. Auch für die Larvalstadien von
Eintags-, Stein- und Köcherfliegen sowie anderer Arten des Makrozoobenthos in einem Gewässerökosystem führe das Brückenbauwerk nicht zu nachteiligen Auswirkungen auf das Ausbreitungsvermögen. Entscheidend für die lokale Population sei hierbei die Gegenstromwanderung, da nur auf diese Weise alle Abschnitte eines Gewässers besiedelt werden könnten. Die Strömungsverhältnisse nach dem Ausbau der Westaue veränderten sich im Vergleich zur heutigen Situation nicht, da sich die Lauflänge der Westaue nur geringfügig verlängere. Das Vorhaben führe nicht zu einer erheblichen Beeinträchtigung oder Verschlechterung der Qualitätskomponente Makrozoobenthos (vgl. Seite 186 des Planfeststellungsbeschlusses unter Bezugnahme auf die Studie Kneitz & Oerter 1997).

Weiterhin hat die Beklagte in dem Planfeststellungsbeschluss ausgeführt, dass es zwar bei jeder Fließgewässerrenaturierung unvermeidlich temporär zu einer Beeinträchtigung des betroffenen Gewässerabschnittes komme, eine „lebensfeindliche“ Situation jedoch nicht zu erwarten sei. Da die Sohle des verlegten Gewässerabschnitts sandig sein und sich kaum von dem bestehenden Gewässerabschnitt unterscheiden werde, sei eine unmittelbare Besiedlung durch Makrozoobenthos (auch Psychomyia pusilla) zu erwarten. Ein submerser Pflanzenbewuchs der Sohle sei für die Besiedelung nicht erforderlich. In der Vegetationsperiode würden auch die Uferböschungen kurzfristig (Wochen bis Monate) bewachsen sein. Nach fachlicher Einschätzung könne anhand der vorgefundenen wenig naturnahen Gewässerstrukturen im Umgestaltungsabschnitt außerdem davon ausgegangen werden, dass hier keine überdurchschnittlich bedeutsamen Arten vorkommen, die für eine Wiederbesiedlung anderer Abschnitte des Gewässers zwingend erforderlich seien. Über die bereits erfolgten Bestandserfassungen hinaus seien keine weiteren Untersuchungen des vorkommenden Makrozoobenthos erforderlich. Verstärkte Abschwemmungen während der Bauphase würden durch die Schutzmaßnahme S08 vermieden. Abschwemmungen würden durch einen Sandfang aufgefangen, der Schädigungen von Wasserorganismen durch Verdriftungen verhindere. Auch die Schutzmaßnahme S06 (Sukzessive Vor-Kopf-Verfüllung des alten Gewässerabschnitts) diene der Vermeidung einer Verschlechterung der ökologischen Qualitätskomponenten der Westaue, die Maßnahme S07 vermindere Individuenverluste bei Neunaugen und Libellen. Schließlich seien Anlockeffekte der Fahrzeugscheinwerfer nicht relevant, da sich diese Lichtobjekte schnell bewegten und damit anders als stationäre Lichtquellen nicht gezielt von den Tieren angeflogen werden könnten. Zudem strahlten die Scheinwerfer nicht zum Fließgewässer hin, von wo die flugfähigen Stadien des Makrozoobenthos kämen. Die als Überflughilfen vorgesehenen Stelen (Maßnahme V03) reduzierten zusätzlich Lichtemissionen in das Umland. Da Anlockeffekte durch die Fahrzeugscheinwerfer nicht zu besorgen seien, entstünden auch keine über das allgemeine Lebensrisiko hinausgehenden Kollisionsgefahren für die Tiere. Entsprechendes gelte für den Tagzeitraum. Die betreffenden Arten führten, wenn überhaupt, entlang des Fließgewässers gerichtete Flugbewegungen aus, da sie sich vom Gewässer leiten ließen. Aufgrund der lichten Höhe des Brückenbauwerks sei dies auch künftig durch ein Unterfliegen des Bauwerks möglich. Hinzu komme, dass viele der relevanten Arten besonders aus der Gruppe der Eintags-, Stein- und Köcherfliegen nachtaktiv seien, so dass eine Kollisionsgefahr am Tag schon aus diesem Grunde nicht relevant sei.

Mit diesen umfangreichen Ausführungen in dem Planfeststellungsbeschluss setzen sich die Kläger mit ihrer Klagebegründung vom 24. Mai 2017 nicht ansatzweise auseinander. Sie wiederholen lediglich ihr Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren, was den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Klagebegründung nicht genügt.

bb)

Mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 15. Januar 2019 haben die Kläger - ohne weitere Ausführungen zu machen - angemerkt, dass die Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. November 2018 (Az. 9 A 8.17 und 9 A 10.17, juris) zur Chloridbelastung aus Tausalzeinträgen auch für das hiesige Verfahren relevant sein könnten. Mit Schriftsätzen ihres Prozessbevollmächtigten vom 12. August 2019, 13. August 2019 und 25. August 2019 haben die Kläger - unter Vorlage des Gutachtens „Immissionsbezogene Bewertung der Einleitung von Straßenabflüssen“ der AN. vom April 2018 - darüber hinaus geltend gemacht, dass die Prüfung der Vereinbarkeit des Vorhabens mit dem Verschlechterungsverbot für den chemischen Zustand des Oberflächenwasserkörpers „21018 Westaue Fluss“ und des Grundwasserkörpers „4_2016 Leine Lockergestein links“ fehlerhaft sei. Der „Fachbeitrag Wasserrahmenrichtlinie“ und der Planfeststellungsbeschluss gingen davon aus, dass bei Planung der Regenwasserbehandlung nach RAS-Ew eine Regenwasserbehandlung erfolge, die den qualitativen und quantitativen Anforderungen der WRRL genüge und sicherstelle, dass es nicht zu Verschlechterungen komme. Diese pauschale Annahme werde den Anforderungen an eine Prüfung des Verschlechterungsverbots nicht gerecht. Es könne nicht ohne nähere Prüfung davon ausgegangen werden, dass die übliche Vorgehensweise der Straßenentwässerung nach dem Stand der Technik (RAS-Ew) sicherstelle, dass die Umweltqualitätsziele für den chemischen Gewässerzustand nicht überschritten werden. Denn auch bei Einhaltung dieser Regelungen sei nicht von einer Nullbelastung bzw. einer hundertprozentigen Reinigungs- bzw. Filterleistung auszugehen. Es hätte geprüft werden müssen, ob und welche Rest-einträge im Einzelnen vor dem Hintergrund der darzustellenden Grundbelastung zu einer Verschlechterung des Oberflächenwasserkörpers und des Grundwasserkörpers führen könnten. An einer solchen Prüfung fehle es hier. Die Umweltqualitätsziele für die Stoffe Benzo(a)pyren und Cyanid, die beide vom Straßenverkehr erzeugt würden, seien vergleichsweise niedrig, so dass mit dem aktuellen technischen Standard der Straßenentwässerung eine Verschlechterung nicht hinreichend sicher verneint werden könne. Des Weiteren sei zu berücksichtigten, dass der vorhabenbedingte Tausalzauftrag ein Wirkfaktor sei, der sich potenziell auf den chemischen Zustand des Grundwasserkörpers auswirken könne. Relevant sei hierbei der Parameter Chlorid. Es mangele im „Fachbeitrag Wasserrahmenrichtlinie“ an einer Angabe der Grundbelastung des Grundwasserkörpers mit Chlorid und an einer Darstellung der durch das Vorhaben zu erwartenden zusätzlichen Chlorideinträge in das Grundwasser. Während das Tausalzgutachten den Eintrag in den Oberflächenwasserkörper „21018 Westaue Fluss“ ermittele, fehle eine solche Berechnung für das Grundwasser.

Der diesbezügliche Vortrag der Kläger in dem Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 15. Januar 2019, aber insbesondere der Vortrag in den Schriftsätzen 12. August 2019, 13. August 2019 und 25. August 2019 ist außerhalb der zehnwöchigen Klagebegründungsfrist des - hier anwendbaren - § 6 UmwRG in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. August 2017, geändert durch Gesetz vom 17. Dezember 2018, erfolgt und kann bereits deshalb keine Berücksichtigung finden.

Die Kläger haben am 12. April 2017 Klage erhoben. Ihr Vortrag in den Schriftsätzen ihres Prozessbevollmächtigten vom 15. Januar 2019, 12. August 2019, 13. August 2019 und 25. August 2019, mit denen sie eine fehlende Vereinbarkeit des Vorhabens mit dem Verschlechterungsverbot für den chemischen Zustand des Oberflächenwasserkörpers „21018 Westaue Fluss“ und des Grundwasserkörpers „4_2016 Leine Lockergestein links“ - insbesondere im Hinblick auf die übliche Vorgehensweise der Straßenentwässerung nach dem Stand der Technik (RAS-Ew) - geltend gemacht haben, ist erst deutlich außerhalb der zehnwöchigen Klagebegründungsfrist des § 6 Satz 1 UmwRG bei Gericht eingegangen. Es handelt sich dabei auch nicht lediglich um eine zulässige Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens. Soweit die Kläger meinen, sie hätten sich hinsichtlich der Beeinträchtigung durch eine mangelnde Regenwasserrückhaltung bereits in ihrer Klagebegründung geäußert, so dass ihre jetzigen Ausführungen vom August 2019 diesen Vortrag lediglich präzisierten, kann dem nicht gefolgt werden. Mit ihrer Klagebegründung vom 24. Mai 2017 haben die Kläger lediglich ausgeführt, dass es mit der Querung der Westaue zu verschiedenen Stoffeinträgen (Salz, Reifenabrieb, Staub, Fahrzeugemissionen) komme, die sich nachteilig auf das Gewässer auswirken würden. Wie bereits dargelegt, genügt dieses Vorbringen nicht den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Klagebegründung. Die Kläger haben damit nur ihren Einwand aus dem Verwaltungsverfahren wiederholt, mit dem sich der Planfeststellungsbeschluss jedoch dezidiert auseinandergesetzt hat. Ein unsubstantiierter Vortrag innerhalb der Klagebegründungsfrist kann jedoch nicht durch ein Vorbringen, welches erst zwei Jahre später erfolgt, zulässigerweise vertieft werden. Es handelt sich um einen neuen Tatsachenvortrag, wenn sie erstmals im August 2019 geltend machen, die übliche Vorgehensweise der Straßenentwässerung nach dem Stand der Technik (RAS-Ew) stelle nicht sicher, dass die Umweltqualitätsziele für den chemischen Gewässerzustand nicht überschritten werden. Hinsichtlich der geltend gemachten fehlenden Vereinbarkeit des Vorhabens mit dem Verschlechterungsverbot für den chemischen Zustand des Grundwasserkörpers „4_2016 Leine Lockergestein links“ kommt hinzu, dass die Kläger eine Beeinträchtigung des Grundwasserkörpers mit ihrer Klagebegründung mit keinem Wort geltend gemacht haben.

Die Kläger haben die Verspätung auch nicht genügend entschuldigt im Sinne des § 6 Satz 2 UmwRG in Verbindung mit § 87b Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO. Soweit sie ihr verspätetes Vorbringen damit entschuldigen wollen, dass es sich lediglich um eine Präzisierung ihres Vortrags aus der Klagebegründung handele, kann auf die soeben gemachten Ausführungen verwiesen werden, wonach es sich bei dem Vorbringen in den Schriftsätzen ihres Prozessbevollmächtigten vom 15. Januar 2019, 12. August 2019, 13. August 2019 und 25. August 2019 nicht um eine Vertiefung bisherigen Vorbringens, sondern um neuen Tatsachenvortrag handelt. Soweit sie sinngemäß ausführen, dass es ihnen innerhalb der Klagebegründungsfrist nicht möglich gewesen sei, sich über die gemachten Ausführungen hinaus zu äußern, und dass erst die Erkenntnisse aus dem von der Beklagten - in einem anderen Verfahren - beauftragten Gutachten „Immissionsbezogene Bewertung der Einleitung von Straßenabflüssen“ der AN. vom April 2018 eine Präzisierung ihres Vortrags möglich gemacht hätten, kann dem nicht gefolgt werden. Die Beklagte hat sich in dem Planfeststellungsbeschluss ausführlich mit den von den Klägern im Verwaltungsverfahren erhobenen Einwendungen auseinandergesetzt und darauf hingewiesen, dass es aufgrund der den Vorgaben der RAS-Ew und damit dem Stand der Technik entsprechenden Entwässerungsplanung nicht zu einer Verschlechterung des chemischen und ökologischen Zustandes bzw. Potenzials des Oberflächenwasserkörpers Westaue komme. Durch das erstellte Tausalzgutachten sei zudem nachgewiesen, dass auch durch die Aufbringung von Tausalz im Winterbetrieb keine Verschlechterung der biologischen Qualitätskomponenten zu erwarten sei. Es wäre den Klägern - gegebenenfalls unter Einschaltung eines Sachverständigen - möglich und zumutbar gewesen, diese Thesen der Beklagten bereits innerhalb der zehnwöchigen Klagebegründungsfrist substantiiert anzugreifen. Denn es obliegt dem Kläger eines jeweiligen Verfahrens, selbst fristgerecht Tatsachen vorzubringen, mit denen die angegriffene Entscheidung in Frage gestellt werden soll. Dies ist jedoch mit keinem Wort geschehen. Es genügt insoweit nicht, abzuwarten, bis sich entsprechende Tatsachen zufällig aus einem anderen Verfahren ergeben, und diese dann nachträglich in das eigene Verfahren einzuführen. Die neuere Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, insbesondere in dem Urteil vom 27. November 2018 (Az. 9 A 8.17, juris), sowie das von der Beklagten - in einem anderen Verfahren - beauftragte Gutachten „Immissionsbezogene Bewertung der Einleitung von Straßenabflüssen“ der AN. vom April 2018 entschuldigen das verspätete Vorbringen der Kläger aus dem August 2019 daher nicht.

Es ist schließlich nicht mit geringem Aufwand möglich, den Sachverhalt auch ohne Mitwirkung des Beteiligten zu ermitteln, vgl. § 6 Satz 3 UmwRG in Verbindung mit § 87b Abs. 3 Satz 3 VwGO. Die gerichtliche Klärung, ob das Vorhaben mit dem Verschlechterungsverbot für den chemischen Zustand des Oberflächenwasserkörpers „21018 Westaue Fluss“ und des Grundwasserkörpers „4_2016 Leine Lockergestein links“ vereinbar ist und ob die übliche Vorgehensweise der Straßenentwässerung nach dem Stand der Technik (RAS-Ew) vorliegend sicherstellt, dass die Umweltqualitätsziele für den chemischen Gewässerzustand nicht überschritten werden, würde ein intensives Studium des schriftsätzlichen und des in der mündlichen Verhandlung anhand einer Folienpräsentation von Dr. AM. vertieften Vortrags der Beteiligten sowie eine nähere Prüfung auf der Grundlage einer Sichtung der Gerichts- und Verwaltungsakten nach entsprechenden Tatsachen erforderlich machen. Gegebenenfalls wäre sogar die Beauftragung eines gerichtlichen Sachverständigen erforderlich. Dieser Aufwand ist nicht mehr als gering zu bezeichnen.

Der Vortrag der Kläger ist aber auch dann als verspätet zurückzuweisen, wenn man nicht § 6 UmwRG, sondern § 4a Abs. 1 UmwRG a. F. - oder den insoweit gleichlautenden § 17e Abs. 5 FStrG a. F. - für anwendbar halten wollte. Der Vortrag der Kläger in den Schriftsätzen ihres Prozessbevollmächtigten vom 15. Januar 2019, 12. August 2019, 13. August 2019 und 25. August 2019, mit denen sie eine fehlende Vereinbarkeit des Vorhabens mit dem Verschlechterungsverbot für den chemischen Zustand des Oberflächenwasserkörpers „21018 Westaue Fluss“ und des Grundwasserkörpers „4_2016 Leine Lockergestein links“ - insbesondere im Hinblick auf die übliche Vorgehensweise der Straßenentwässerung nach dem Stand der Technik (RAS-Ew) - geltend gemacht haben, ist erst deutlich außerhalb der sechswöchigen Klagebegründungsfrist des § 4a Abs. 1 UmwRG a. F. (bzw. § 17e Abs. 5 FStrG a. F.) bei Gericht eingegangen. Die Voraussetzungen des § 87b Abs. 3 VwGO, auf die § 4a Abs. 1 Satz 2 UmwRG a. F. Bezug nimmt, sind erfüllt. Die Kläger sind in dem Planfeststellungsbeschluss über die Folgen einer Fristversäumung belehrt worden (vgl. Seite 324 des Planfeststellungsbeschlusses), sie haben die Verspätung - wie dargelegt - nicht genügend entschuldigt und die Zulassung ihres Vorbringens würde nach der freien Überzeugung des Senats die Erledigung des Rechtsstreits verzögern. Die gerichtliche Klärung, ob das Vorhaben mit dem Verschlechterungsverbot für den chemischen Zustand des Oberflächenwasserkörpers „21018 Westaue Fluss“ und des Grundwasserkörpers „4_2016 Leine Lockergestein links“ vereinbar ist und ob die übliche Vorgehensweise der Straßenentwässerung nach dem Stand der Technik (RAS-Ew) vorliegend sicherstellt, dass die Umweltqualitätsziele für den chemischen Gewässerzustand nicht überschritten werden, würde - wie dargelegt - ein intensives Studium des schriftsätzlichen und des in der mündlichen Verhandlung anhand einer Folienpräsentation von Dr. AM. vertieften Vortrags der Beteiligten sowie eine nähere Prüfung auf der Grundlage einer Sichtung der Gerichts- und Verwaltungsakten nach entsprechenden Tatsachen erforderlich machen. Gegebenenfalls wäre sogar die Beauftragung eines gerichtlichen Sachverständigen erforderlich. Eine solche Prüfung wäre in der Kürze der Zeit - das Vorbringen der Kläger ist erst unmittelbar vor der mündlichen Verhandlung erfolgt - nicht zu leisten gewesen. Die Prüfung hätte eine Vertagung des Rechtsstreits erforderlich gemacht und damit die Erledigung des Rechtsstreits verzögert. Wie bereits dargelegt, ist es auch nicht mit geringem Aufwand möglich, den Sachverhalt auch ohne Mitwirkung des Beteiligten zu ermitteln (§ 87b Abs. 3 Satz 3 VwGO). Der Senat übt sein Ermessen nach § 87b Abs. 3 VwGO aus diesem Grund dahingehend aus, das diesbezügliche Vorbringen der Kläger zurückzuweisen.

Im Übrigen würde ein Verstoß gegen das Verschlechterungsverbot der WRRL für den Oberflächenwasserkörper „21018 Westaue Fluss“ und/oder den Grundwasserkörper „4_2016 Leine Lockergestein links“ auch keinen Anspruch der Kläger auf Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder auf Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit begründen, da der - unterstellte - Mangel nur örtliche Bedeutung hat und für die Eigentumsbetroffenheit der Kläger nicht kausal ist. Wie bereits dargelegt, würde eine fehlerfreie Beachtung des geltend gemachten Belangs mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht zu einer anderweitigen Trassenführung, sondern lediglich zu weiteren lokalen Vorkehrungen - wie etwa Retentionsbodenfilteranlagen - führen.

Schließlich spricht nach einer vorläufigen Einschätzung des Senats wohl überwiegendes dafür, dass auch in der Sache kein Verstoß gegen das Verschlechterungsverbot der WRRL für den Oberflächenwasserkörper „21018 Westaue Fluss“ und den Grundwasserkörper „4_2016 Leine Lockergestein links“ vorliegt. Betreffend den Oberflächenwasserkörper „21018 Westaue Fluss“ hat die Beklagte unter Bezugnahme auf die „Stellungnahme zum Wasserrecht“ von Dr. AM. vom 21. August 2019 und unterstützt durch die Folienpräsentation „Stoffliche Auswirkungen auf OWK Westaue“ von Dr. AM. in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass die zusätzliche Belastung der Westaue durch das Vorhaben unterhalb der Messbarkeit liege, so dass die Einleitung keine Verschlechterung im Sinne der WRRL darstelle. Grund dafür sei, dass vorliegend wegen eines extrem hohen Versickerungsanteils (94 % des Jahresabflusses) nur sehr geringe Resteinleitungsmengen (6 % des Jahresabflusses) entstünden, die wiederum in ein Oberflächengewässer mit großem Mittelwasserabfluss (2,7 m³/s) geleitet würden, so dass sich ein hohes Verdünnungsverhältnis (0,0016 % vom Jahresabfluss) ergebe. Es sei zudem - nachträglich - ein Nachweis nach dem Vorgehen „IFS 2018“ (= Immissionsorientierte Bewertung der Einleitung von Straßenabflüssen, AN., Hannover) geführt worden. Auch danach sei die Restbelastung der Westaue nicht messbar. Dieses Vorbringen der Beklagten ist für den Senat auf der Grundlage einer allein möglichen kursorischen Prüfung nachvollziehbar; ihm dürfte voraussichtlich zu folgen sein. Gleiches gilt hinsichtlich des Grundwasserkörpers „4_2016 Leine Lockergestein links“. Die Beklagte hat unter Bezugnahme auf die „Stellungnahme zum Wasserrecht“ von Dr. AM. vom 21. August 2019 darauf hingewiesen, dass stoffliche Auswirkungen der Versickerung von Straßenabflüssen auf den Grundwasserkörper aufgrund des Verhältnisses zwischen den geringen Einleitungsmengen und der Größe des Grundwasserkörpers ausgeschlossen seien. Der Grundwasserkörper „4_2016 Leine Lockergestein links“ sei so groß, dass nur 0,01 % der Gebietsfläche des Grundwasserkörpers durch die neue Ortsumgehung zusätzlich mit Winterdienst belegt werde. Es ergebe sich eine Chlorid-Erhöhung von 0,6 mg/l. Bei der gemessenen mittleren Chlorid-Belastung des Grundwasserkörpers von 56 mg/l könne damit der Schwellenwert von 250 mg/l Chlorid deutlich eingehalten werden. Auch dies erscheint dem Senat schlüssig.

c)

Ein Verstoß gegen das Verbesserungsgebot der WRRL liegt ebenfalls nicht vor.

Die vom NLWKN erstellten Wasserkörperdatenblätter 2012 und 2015 sehen für den Oberflächenwasserkörper „21018 Westaue Fluss“ als Handlungsempfehlung unter anderem die Anlage von Gewässerrandstreifen und die Entwicklung und den Aufbau von Gehölzsäumen an der Westaue vor, um die Beschattungssituation zu verbessern und die Substratverhältnisse zu diversifizieren. Die Kläger sind - ausweislich ihrer Klagebegründung vom 24. Mai 2017 - der Auffassung, dass das Brückenbauwerk dies verhindern und zu einer Unterbrechung der Begleitstrukturen führen werde. Dem vermag der Senat nicht zu folgen. Das geplante Brückenbauwerk über die Westaue steht der Verwirklichung dieses Bewirtschaftungsziels nicht entgegen. Die erforderlichen Maßnahmen, die vom NLWKN für die Westaue vorgesehen sind, beziehen sich auf den gesamten Gewässerverlauf der Westaue und sind nicht auf den Bereich begrenzt, der im Zuge der Ortsumgehung umgelegt bzw. mit einem Brückenbauwerk überspannt wird. Zur Erreichung eines guten Gewässerzustands ist es nicht erforderlich, auf der gesamten Gewässerlänge ununterbrochen uferbegleitende Gehölzstrukturen anzulegen. Zudem ist der Brückenabschnitt nur ca. 16 m lang, eine relevante Unterbrechung von Begleitstrukturen ist nicht zu erwarten. Im Übrigen wird die verlegte Westaue in dem betroffenen Abschnitt naturnah gestaltet mit leicht geschwungenem Verlauf, Gleit- und Prallhang und Uferrandstreifen (vgl. Maßnahme A10). Diese naturnahe Gestaltung entspricht dem Bewirtschaftungsziel einer Verbesserung der Hydromorphologie (vgl. Seite 187 des Planfeststellungsbeschlusses; Ziffern 4.3 und 5. der Unterlage 15). Das Brückenbauwerk steht einer Verbesserung damit nicht entgegen.

5.

Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss der Beklagten vom 30. Dezember 2016 in der Fassung der in der mündlichen Verhandlung vom 26. August 2019 verfügten Planergänzung genügt auch dem in § 17 Abs. 1 Satz 2 FStrG normierten Gebot, bei der Planfeststellung die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen (fachplanerisches Abwägungsgebot). Er weist keine erheblichen Abwägungsfehler auf.

Das Abwägungsgebot trägt für den Bereich der Planentscheidungen dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Rechnung, dessen Einhaltung daneben keiner eigenen Prüfung mehr bedarf. Es ist unmittelbar verfassungsrechtlich gesichert und tritt ergänzend neben das einfache (Fach-) Recht (vgl. BVerwG, Urteil vom 07.07.1978 - IV C 79.76 -, juris). Inhaltlich verlangt das Abwägungsgebot, dass - erstens - eine Abwägung überhaupt stattfindet, dass - zweitens - in die Abwägung eingestellt wird, was nach Lage der Dinge eingestellt werden muss, und dass - drittens - weder die Bedeutung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange verkannt noch der Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.11.2011 - 9 A 24.10 -, juris). Die Planfeststellungsbehörde wird von der Verpflichtung, alle für und gegen das Vorhaben sprechenden Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen, nicht schon durch die gesetzgeberische Bedarfsentscheidung entbunden. Auch wenn die gesetzgeberische Bedarfsentscheidung als „feste Größe“ in die Abwägung nach § 17 Abs. 1 Satz 2 FStrG hineinwirkt, schließt dies jedoch nicht aus, dass dieser öffentliche Belang in der Abwägung durch andere Belange überwunden werden kann (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23.11.2007 - 9 B 38.07 -, juris). Ob sich der Verkehrsbedarf in der Abwägung mit den berührten öffentlichen und privaten Belangen durchsetzt, hängt von seinem Gewicht und von der Bedeutung der Belange ab, die gegen das Vorhaben sprechen. Zu diesem Zweck hat sich die Planfeststellungsbehörde Klarheit über die Art und die Bedeutung der das Vorhaben tragenden Interessen zu verschaffen (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.06.1997 - 4 C 3.95 -, NVwZ-RR 1998, 292).

Mängel bei der Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange sind gemäß § 75 Abs. 1a VwVfG nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind. Erhebliche Mängel bei der Abwägung oder eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften führen nur dann zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder der Plangenehmigung, wenn sie nicht durch Planergänzung oder durch ein ergänzendes Verfahren behoben werden können; die §§ 45 und 46 VwVfG bleiben unberührt.

Die Beklagte hat eine umfassende Abwägung der berührten öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit sowie eine Bewertung des Gewichts der verkehrlichen Belange vorgenommen. Der Planfeststellungsbeschluss weist keine erheblichen Abwägungsfehler auf, weder bei der Ermittlung, noch bei der Gewichtung der relevanten Belange. Als abwägungsfehlerfrei erweisen sich insbesondere die fachplanerische Variantenprüfung und -auswahl (dazu unter a)), die Behandlung der Belange des Hochwasserschutzes (dazu unter b)) und die Berücksichtigung der Belange der Kläger, insbesondere die geltend gemachte Existenzgefährdung des landwirtschaftlichen Betriebes des Klägers zu 1. (dazu unter c)).

a)

Die fachplanerische Variantenprüfung und -auswahl ist - als spezieller Teil der fachplanerischen Abwägung nach § 17 Abs. 1 Satz 2 FStrG - nicht zu beanstanden.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts richten sich die Anforderungen des Abwägungsgebots im Fachplanungsrecht auch und gerade an das Berücksichtigen von planerischen Alternativen. Ernsthaft sich anbietende Alternativlösungen müssen bei der Zusammenstellung des abwägungserheblichen Materials berücksichtigt werden und mit der ihnen objektiv zukommenden Bedeutung in die vergleichende Prüfung der von den möglichen Alternativen jeweils berührten öffentlichen und privaten Belange Eingang finden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 24.04.2009 - 9 B 10.09 -, juris). Zu diesen in das Verfahren einzubeziehenden und zu untersuchenden Alternativen gehören neben den von Amts wegen ermittelten auch solche, die von dritter Seite im Laufe des Verfahrens vorgeschlagen werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20.04.2009 - 9 B 10.09 -, juris). Dabei ist die Variantenwahl als Abwägungsentscheidung gerichtlicher Kontrolle nur begrenzt auf erhebliche Abwägungsmängel hin zugänglich (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23.06.2009 - 9 VR 1.09 -, juris). Wesentliches Element planerischer Gestaltungsfreiheit ist die Gewichtung der verschiedenen Belange. Eine Planfeststellungsbehörde handelt nicht schon dann abwägungsfehlerhaft, wenn eine von ihr verworfene Trassenführung ebenfalls mit guten Gründen vertretbar gewesen wäre. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, durch eigene Ermittlungen ersatzweise zu planen und sich hierbei gar von Erwägungen einer „besseren" Planung leiten zu lassen. Die Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit bei der Auswahl zwischen verschiedenen Trassenvarianten sind erst dann überschritten, wenn eine andere als die gewählte Linienführung sich unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere darstellen würde, wenn sich mit anderen Worten diese Lösung der Behörde hätte aufdrängen müssen. Trassenvarianten, die sich auf der Grundlage einer Grobanalyse als weniger geeignet erweisen, können schon in einem früheren Verfahrensstadium oder auf vorangegangenen Planungsebenen ausgeschieden werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20.04.2009 - 9 B 10.09 -, juris; BVerwG, Urteil vom 26.10.2005 - 9 A 33.04 -, juris; BVerwG, Urteil vom 09.06.2004 - 9 A 11.03 -, juris; Urteil des Senats vom 31.07.2018 - 7 KS 17/16 -, juris; Urteil des Senats vom 22.04.2016 - 7 KS 27/15 -, juris). Ist der Planfeststellungsbehörde bei der Betrachtung von Planungsalternativen ein gestuftes Vorgehen gestattet, so ist es ihr auch nicht verwehrt, im Fortgang des Verfahrens die weitere Prüfung - einschließlich einer Umweltverträglichkeitsprüfung - auf diejenige Variante zu beschränken, die nach dem jeweils aktuellen Planungsstand noch ernsthaft in Betracht kommt (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.01.1996 - 4 C 5.95 -, juris).

Gemessen an diesen Grundsätzen erweist sich die Variantenauswahl durch die beklagte Planfeststellungsbehörde als abwägungsfehlerfrei. Es kann insoweit dahinstehen, ob die Trassenführung im Norden und Osten von Wunstorf bereits Bestandteil der Linienbestimmung nach § 16 FStrG und insoweit der Planfeststellungsbehörde als Abwägungsbelang verbindlich vorgegeben ist. Denn auch ohne eine so definierte Bindungswirkung genügt die Entscheidung für eine Nordumgehung dem Abwägungsgebot des § 17 Abs. 1 Satz 2 FStrG. Die Beklagte hat sich mit den verschiedenen Trassenvarianten, darunter auch der von den Klägern für vorzugswürdig gehaltenen Südvariante S3, inhaltlich auseinandergesetzt und eine abwägungsfehlerfreie Entscheidung getroffen. In die Variantenbetrachtung wurden neben der planfestgestellten Nordumfahrung die Variante Verlängerte Hochstraße einschließlich mehrerer Untervarianten, drei Varianten zur südlichen Umgehung von Wunstorf (Varianten S1, S2, S3) sowie die Nullvariante eingestellt. Auf der Grundlage einer Grobanalyse, die bezüglich der Südvarianten eine vertiefte Abwägung durch die Beklagte unter Heranziehung weiterer von der Vorhabenträgerin vorgelegter Unterlagen beinhaltet (vgl. Seiten 83 und 95 des Planfeststellungsbeschlusses), hat die Beklagte die Nullvariante, die Untervarianten der Verlängerten Hochstraße in Trog-, Tunnel- und geländegleicher Lage sowie die Südvarianten aus dem weiteren Variantenvergleich ausgeschieden und in die vertiefte Variantenbetrachtung lediglich die Varianten Nordumgehung und Verlängerte Hochstraße eingestellt (vgl. Seite 80 des Planfeststellungsbeschlusses). Dies ist nicht zu beanstanden. Entgegen der Auffassung der Kläger durften insbesondere die Südvarianten, speziell die Südvariante S3, bereits als Ergebnis einer Grobanalyse ausgeschieden werden. Sie sind hinsichtlich der verkehrlichen Wirksamkeit und der Erreichung der Planungsziele (dazu unter aa)), der Umweltauswirkungen (dazu unter bb)), der städtebaulichen Auswirkungen und kommunalen Belange (dazu unter cc)), der agrarstrukturellen Wirkungen (dazu unter dd)) sowie der Kosten (dazu unter ee)) gegenüber einer Nordumgehung nicht eindeutig vorzugswürdig und drängen sich daher im Rahmen der Variantenauswahl nicht auf. Die diesbezügliche Abwägungsentscheidung der Beklagten weist die von den Klägern geltend gemachten Fehler nicht auf.

aa)

Die Beklagte ist abwägungsfehlerfrei zu dem Ergebnis gelangt, dass die drei Südvarianten, insbesondere auch die von den Klägern favorisierte Variante S3, hinsichtlich ihrer verkehrlichen Wirkungen und der Erreichung der Planungsziele nachteiliger als die planfestgestellte Nordumgehung sind.

Mit der Planung der Ortsumgehung Wunstorf werden folgende Ziele verfolgt: 1. Entlastung der Ortsdurchfahrt von Wunstorf und des nachgeordneten Straßennetzes vom regionalen und überregionalen Durchgangsverkehr; 2. Erhöhung der Verkehrssicherheit der Ortsdurchfahrt Wunstorf und anliegender Straßen; 3. Erhöhung des Verkehrsflusses und der Verkehrsqualität, Verbesserung des Verkehrsablaufs des überörtlichen Verkehrs auf der B 441; 4. Schaffung eines leistungsfähigen überregionalen Straßenzugs; 5. Verbesserung der überregionalen Verkehrsanbindungen im Fernstraßensystem des Bundes; 6. Verringerung der Lärm- und Schadstoffbelastung im Umfeld der Ortsdurchfahrt Wunstorf sowie den Ortsdurchfahrten Luthe und Blumenau; 7. Verbesserung der Wohn-, Lebens- und Aufenthaltsqualität im Umfeld der Ortsdurchfahrt Wunstorf sowie der Ortsdurchfahrten Luthe und Blumenau (vgl. Seite 70 des Planfeststellungsbeschlusses).

Die Beklagte ist - im Wesentlichen auf der Grundlage der ergänzenden Variantenbetrachtung der Vorhabenträgerin „Betrachtung der Varianten für die OU Wunstorf im Zuge der B 441“ vom Mai 2015, der „Verkehrsuntersuchung B 441 - Ortsumgehung Wunstorf“ der Planungsgemeinschaft Dr.-Ing. G. (H.) vom 09. Februar 2009, der Unterlagen „Verkehrserhebungen im westlichen Stadtgebiet der Stadt Wunstorf“ und „Verkehrliche Auswirkungen der Logistikansiedlung im westlichen Stadtgebiet der Stadt Wunstorf“ der H. jeweils vom 10. Juni 2014, der Machbarkeitsstudie „Logistikschwerpunktstandort Barsinghausen-Wunstorf (Hannover West)“ der AB. vom März 2012 sowie von ergänzenden eigenen Ermittlungen - zu dem Ergebnis gelangt, dass sich die Südumgehungen zur Erreichung dieser legitimen Planungsziele aufgrund ihrer verkehrlichen Wirkungen gegenüber der planfestgestellten Nordumgehung nicht als vorzugswürdig erweisen (vgl. Seite 85 ff. des Planfeststellungsbeschlusses). Die diesbezügliche Kritik der Kläger vermag nicht zu überzeugen. Die der Variantenentscheidung zugrunde gelegten Verkehrsuntersuchungen sind nicht mit entscheidungserheblichen Mängeln behaftet, insbesondere berücksichtigen sie die aktuellen strukturellen Entwicklungen im Stadtgebiet von Wunstorf (dazu unter (1)). Der Vergleich von Fahrstrecke, Reisezeit und Reisegeschwindigkeit (Qualität des Verkehrsablaufs) der untersuchten Varianten weist keine Abwägungsfehler auf (dazu unter (2)). Ebenfalls nicht zu beanstanden sind die Einschätzungen der Beklagten zur Verkehrswirksamkeit und Entlastungswirkung der einzelnen Varianten (dazu unter (3)). Erhebliche Abwägungsfehler hinsichtlich der erforderlichen Aus- und Umbaumaßnahmen auf der L 392 und an der Anschlussstelle Wunstorf-Kolenfeld bei Realisierung der Südvariante S3 sind nicht erkennbar (dazu unter (4)). Schließlich sind auch keine Abwägungsfehler hinsichtlich der Kriterien Bündelung von Verkehrsströmen und Netzschluss festzustellen (dazu unter (5)).

(1)

Die dem Planfeststellungsbeschluss zugrunde gelegten Verkehrsuntersuchungen und die darin enthaltenen Verkehrsprognosen, die der Variantenentscheidung zugrunde gelegt wurden, sind nicht mit entscheidungserheblichen Mängeln behaftet. Insbesondere berücksichtigen sie die aktuellen strukturellen Entwicklungen im Stadtgebiet von Wunstorf.

Eine gesetzliche Vorgabe, nach welchen Methoden eine Verkehrsprognose im Einzelnen zu erstellen ist, gibt es nicht. Eine Verkehrsprognose ist mit den zu ihrer Zeit verfügbaren Erkenntnismitteln unter Beachtung der dafür erheblichen Umstände sachgerecht, d. h. methodisch fachgerecht zu erstellen (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.04.2014 - 9 A 25.12 -, juris). Dabei ist auch zu beachten, dass Verkehrsmodelle versuchen, menschliches Verhalten abzubilden. Sie basieren nicht auf festen Zusammenhängen, sondern auf statistischen Beziehungen, die für bestimmte Randbedingungen ermittelt wurden. Deshalb kann es nicht „das einzig richtige Modell" geben, sondern es sind verschiedene Ansätze möglich. Diese komplexen Modelle können nicht erfolgreich durch isoliertes Betrachten einzelner Knotenpunkte oder Verkehrsbeziehungen kritisiert werden (vgl. Urteil des Senats vom 22.04.2016 - 7 KS 27/15 -, juris; Urteil des Senats vom 19.02.2007 - 7 KS 135/03 -, juris). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts unterliegen Verkehrsprognosen nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle. Sie sind lediglich daraufhin zu überprüfen, ob eine geeignete fachspezifische Methode gewählt wurde, die Prognose nicht auf unrealistischen Annahmen beruht und ob das Prognoseergebnis einleuchtend begründet worden ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.04.2014 - 9 A 25.12 -, juris; BVerwG, Urteil vom 09.06.2010 - 9 A 20.08 -, juris; BVerwG, Urteil vom 27.10.1998 - 11 A 1.97 -, juris).

Gemessen daran sind die vorliegenden Verkehrsuntersuchungen und die darin enthaltenen Verkehrsprognosen nicht zu beanstanden.

(a)

Die Kläger haben mit ihrer Klagebegründung vom 24. Mai 2017 gerügt, dass die aktuelle Bau- und Planungslage und damit auch die neue Verkehrssituation nicht hinreichend berücksichtigt worden sei. Die Stadt Wunstorf habe sich in Richtung Süden entwickelt. Es seien dort neue Wohn- und Gewerbegebiete geschaffen worden. 1998 sei südlich der Äbtissin-Jutta-Straße das 2009 noch einmal nach Süden erweiterte Wohngebiet „Am Wasserwerk“ entstanden, welches 2013 um das mittlerweile vollständig bebaute Wohngebiet „Am Herrendienstweg“ erweitert worden sei. Ein weiterer Bebauungsplan, der eine Erweiterung südlich der Willi-Langhorst-Straße vorsehe, befinde sich im Verfahren. Zudem sei das Wohngebiet „Am Wachweg“ südlich der Haster Straße ausgewiesen worden. 2003 sei südlich des Bahnhofs das Gewerbegebiet „Industriestraße“ entstanden. Südlich der Albert-Einstein-Straße und westlich der Adolf-Oesterheld-Straße habe eine wesentliche Erweiterung des Industriegebiets stattgefunden. Weitere umfangreiche Gewerbegebiete seien geplant. Dies betreffe vor allem die Erweiterung des Gewerbegebiets an der Adolf-Oesterheld-Straße; der Bebauungsplan für ein 113.000 m² großes Areal östlich der Adolf-Oesterheld-Straße („Luther Forst West“) einschließlich der Verkehrsanbindung über einen Kreisel stehe kurz vor dem Abschluss. Langfristig sei eine Erweiterung des Gewerbeareals Richtung Süden bis hin zum Mittellandkanal geplant. Schließlich seien auch in den westlich von Wunstorf gelegenen Gemeinden Altenhagen, Hagenburg und Rehburg neue Wohngebiete entstanden.

Dieses Vorbringen der Kläger vermag nicht zu überzeugen. Die Verkehrsuntersuchungen berücksichtigen in ausreichender Weise die aktuellen strukturellen Entwicklungen in Wunstorf und beruhen damit auf realistischen Annahmen. Dazu im Einzelnen:

Der festgestellten Planung und dem durchgeführten Variantenvergleich liegt die „Verkehrsuntersuchung B 441 - Ortsumgehung Wunstorf“ der Planungsgemeinschaft Dr.-Ing. G. (H.) vom 09. Februar 2009 (vgl. Ordner 7 der Planunterlagen) zugrunde. Die Untersuchung beinhaltet auf der Grundlage von umfangreichen Verkehrserhebungen aus dem Jahr 2008 (manuelle Knotenstromzählungen an 20 Knotenpunkten, automatische Querschnittszählungen mit Zählplatten an sieben Querschnitten über einen Zeitraum von sieben Tagen, Verkehrsbefragung an elf Querschnitten) zunächst eine detaillierte Verkehrsanalyse. Darauf aufbauend erfolgt eine Berechnung der verkehrlichen Wirkungen der untersuchten Varianten. Die Untersuchung ist dabei auf den Prognosehorizont 2025 ausgerichtet. Im Rahmen der Prognoseannahmen werden sowohl die strukturellen Entwicklungen in der Stadt Wunstorf als auch die allgemeine Verkehrszunahme berücksichtigt. Die Verkehrsuntersuchung legt zugrunde, dass die Entwicklung in der Stadt Wunstorf in den letzten Jahren sowohl im Osten der Kernstadt und insbesondere im Süden vorangeschritten sei. Während im Bereich der Blumenauer Straße vor allem Wohnbauflächen ausgewiesen worden seien, hätten sich im Bereich zwischen der B 441, der K 344 (Adolf-Oesterheld-Straße) und der L 392 (Kolenfelder Straße) sowohl gewerbliche Nutzungen als auch Einzelhandelseinrichtungen angesiedelt. Südwestlich der Kolenfelder Straße sei eine Ergänzung der Wohnbebauung (z. B. im Bereich der Äbtissin-Jutta-Straße) erfolgt. Darüber hinaus plane die Stadt Wunstorf, in Ergänzung der vorhandenen Bebauung im Süden des Stadtgebiets (südlich der Bahnlinie) weitere Gewerbe- und Industriegebiete auszuweisen. Bis zum Jahr 2025 sei nach Auskunft der Stadtverwaltung Wunstorf die Realisierung von ca. 675 Wohneinheiten vorgesehen, wobei es sich dabei im Wesentlichen um Baulückenfüllung handele. In der Kernstadt Wunstorf seien als größere zusammenhängende Gebiete geplant: Südaue West (80 Wohneinheiten) und Süd III (110 Wohneinheiten). Im gewerblichen Bereich seien Flächenausweisungen in einer Größe von 32 ha vorgesehen (G1: Niedere Wanne, G2: Funkturm, G3: Funkturm West, G4: Niedere Wanne Süd, G5: Eichriede Ost, G6: Hafen). Das Verkehrsaufkommen werde über die Arbeitsplatzdichte berechnet. Grundsätzlich könne davon ausgegangen werden, dass im Transportgewerbe ca. 20 Beschäftigte pro ha, im Produktionsgewerbe ca. 40 Beschäftigte pro ha und im Dienstleistungsgewerbe ca. 80 Beschäftigte pro ha in den Berechnungen anzusetzen seien. Da derzeit noch keine genauen Angaben über den Branchenmix gemacht werden könnten, seien bei den Gewerbeflächen für die Berechnungen 40 Beschäftigte pro ha und bei den Industrieflächen 25 Beschäftigte je ha zugrunde gelegt worden. Unter Zugrundelegung einer mittleren Wegeanzahl von 3,25 bis 3,5 pro Beschäftigten, einer Anwesenheitsquote von 85 % und einem Anteil von Kfz-Fahrten von 90 bis 95 % ergäben sich Pkw-Fahrten in einer Größenordnung von 1.850 Pkw/24 h und Werktag als Summe beider Richtungen. Diesem Wert seien noch die Güter- bzw. Schwerverkehre, die bei den Gewerbegebietsflächen mit 15 % angenommen worden seien, in einer Größenordnung von 350 Fahrten pro Werktag hinzuzuaddieren. Insgesamt sei mit einem Gesamtaufkommen (Summe beider Richtungen) von rund 2.200 Kfz/24 h auszugehen (vgl. Ziffer 3.1 der Verkehrsuntersuchung 2009). Grundsätzlich sei neben den durch das Gewerbegebiet neu induzierten Verkehren auch eine allgemeine Verkehrszunahme zu berücksichtigen. Die Ermittlung des im Prognosejahr 2025 zu erwartenden Motorisierungsgrades basiere u. a. auf der Shell-Prognose aus dem Jahr 2004. Die Wirtschaftsanalysen der Shell AG mit ihren Abschätzungen der Verkehrsentwicklung bis 2030 bezögen sich auf das Gebiet der gesamten Bundesrepublik Deutschland. Aufgrund der bereits berücksichtigten strukturellen Entwicklungen in der Stadt Wunstorf würden die auf die Stadt bezogenen Verkehrsbeziehungen moderat angesetzt. Insgesamt werde von folgenden Steigerungsfaktoren ausgegangen: Binnenverkehr: 1,03; Quellverkehr: 1,04; Zielverkehr: 1,04; Durchgangsverkehr: 1,05 (vgl. Ziffer 3.2 der Verkehrsuntersuchung 2009). Nach Ergebnissen der Verkehrsuntersuchung 2009 für den Prognosehorizont 2025 betragen die Prognoseverkehrsmengen auf der Ortsumgehung Wunstorf (Nordumgehung) je nach Abschnitt zwischen 12.050 und 25.200 Kfz/24 h. Die Ortsdurchfahrt Wunstorf und die Ortsdurchführungen Luthe und Blumenau werden vom Verkehr entlastet (vgl. Ziffer 4.2 der Verkehrsuntersuchung 2009).

Zur Aktualisierung der Datenlage wurde im Oktober 2012 eine Zählplattenzählung über mehrere Tage an zwei Querschnitten im westlichen Stadtgebiet von Wunstorf durchgeführt. Die Ergebnisse sind in der Unterlage „Verkehrserhebungen im westlichen Stadtgebiet der Stadt Wunstorf“ der H. vom 10. Juni 2014 (vgl. Unterlage Nr. 1 im Band XV der Verwaltungsakte) niedergelegt. Danach bestätigten die aktuellen Verkehrserhebungen die Aussagen der Verkehrsuntersuchung 2009. Die Untersuchung „Verkehrserhebungen im westlichen Stadtgebiet der Stadt Wunstorf“ enthält daneben eine Überprüfung der Annahmen für die Ermittlung des Prognosejahrs 2030. Dabei werden zunächst die strukturellen Entwicklungen in der Stadt Wunstorf erneut betrachtet. Ergänzend zu der Verkehrsuntersuchung 2009 wird ausgeführt, dass von der Region Hannover ergänzend die großflächige Gewerbeentwicklung im Süden Wunstorfs im Rahmen der Entwicklung des „Logistikkonzeptes Barsinghausen/Wunstorf“ betrieben werde. Hierzu liege die Machbarkeitsstudie „Logistikschwerpunktstandort Barsinghausen-Wunstorf (Hannover West)“ der AB. vom März 2012 vor. Zurzeit würden in den beteiligten Kommunen intensiv der Umfang der Flächenausweisungen und die Nutzungsintensitäten diskutiert. Im Verkehrsgutachten 2009 seien bereits Teilflächen des zukünftigen Logistikstandortes im südlichen Stadtgebiet von Wunstorf berücksichtigt worden, wobei im derzeit gültigen Flächennutzungsplan der Stadt Wunstorf nicht die gesamte Fläche ausgewiesen sei. Die in dem Verkehrsgutachten der Machbarkeitsstudie „Logistikschwerpunktstandort Barsinghausen-Wunstorf (Hannover West)“ ermittelten Verkehre des Logistikkonzepts orientierten sich überwiegend zur Autobahn A 2 südlich der Entwicklungsgebiete. Daher liege bei maximaler Ausnutzung der Flächen des Logistikstandortes die Zunahme der Verkehrsmengen im Zuge der Ortsumgehung Wunstorf bei maximal 1.300 Kfz/24 h, was einer Veränderung der Querschnittsbelastung von weniger als 10 % entspreche. Aufgrund dieser relativ geringen Zunahme und der Unsicherheiten hinsichtlich der Flächenausweisungen hätten die Prognoseannahmen des Verkehrsgutachtens aus dem Jahr 2009 weiterhin Bestand. Des Weiteren wird zur Überprüfung der Annahmen für die Ermittlung des Prognosejahrs 2030 ausgeführt, dass aufgrund der Weltwirtschaftskrise Ende der letzten Jahre die Entwicklung - insbesondere des Lkw-Verkehrsaufkommens - langsamer verlaufen sei als prognostiziert. Daher könne davon ausgegangen werden, dass die für das Jahr 2025 vorhergesagten Verkehrsaufkommen zeitlich versetzt erst im Jahr 2030 eintreten werden. Danach sei mit einem sehr langsamen Anstieg bzw. einer Stagnation des Verkehrsaufkommens zu rechnen. Vor diesem Hintergrund seien die Prognoseverkehrsmengen der Verkehrsuntersuchung 2009 auch für das Jahr 2030 anzusetzen (vgl. Ziffer 3.2 der Unterlage „Verkehrserhebungen im westlichen Stadtgebiet der Stadt Wunstorf“ und der H. vom 10. Juni 2014).

Des Weiteren wurde durch die Vorhabenträgerin die Unterlage „Verkehrliche Auswirkungen der Logistikansiedlung im westlichen Stadtgebiet der Stadt Wunstorf“ der H. vom 10. Juni 2014 (vgl. Unterlage Nr. 2 im Band XV der Verwaltungsakte) vorgelegt. Auf der Grundlage der Verkehrsuntersuchung in der Machbarkeitsstudie „Logistikschwerpunktstandort Barsinghausen-Wunstorf (Hannover West)“ der AB. vom März 2012 wurden die verkehrlichen Auswirkungen des möglichen Logistikstandortes bewertet. Der Logistikschwerpunkt Barsinghausen-Wunstorf umfasse an verschiedenen Standorten u. a. entlang der Adolf-Oesterheld-Straße insgesamt ein Areal von 160 ha und schaffe rund 5.600 Arbeitsplätze. Das erzeugte Verkehrsaufkommen werde mit ca. 10.000 Pkw-Fahrten und rund 5.000 Lkw-Fahrten angenommen. Aus den Ergebnissen der Verkehrsuntersuchungen zum Logistikkonzept Barsinghausen-Wunstorf werde deutlich, dass das erzeugte Verkehrsaufkommen in starkem Maße autobahnaffin und nach Osten (Region und Stadt Hannover) ausgerichtet sei. Die nach Realisierung des Gesamtkonzeptes zu erwartende Mehrbelastung auf der B 441 liege gegenüber den ermittelten Querschnittsbelastungen unter 10 % (maximal 1.300 Kfz/24 h). Unter Berücksichtigung der tageszeitlichen Verteilung der Logistikverkehre, die über den Gesamttag verteilt seien, sei die geringe Erhöhung der Querschnittsbelastung nicht bemessungsrelevant. Die Unterschiede zwischen der Verkehrsuntersuchung 2009 und der Verkehrsuntersuchung in der Machbarkeitsstudie „Logistikschwerpunktstandort Barsinghausen-Wunstorf (Hannover West)“ hinsichtlich der Verkehrsbelastung auf der B 441 zwischen Adolf-Oesterheld-Straße und Hauptstraße resultierten zum einen aus der fehlenden Berücksichtigung der allgemeinen Verkehrszunahme in der Verkehrsuntersuchung zum Logistikstandort und zum anderen aus einer voneinander abweichenden Berücksichtigung der strukturellen Entwicklung in Wunstorf.

Die dargestellten Verkehrsuntersuchungen - und darauf aufbauend auch die Variantenentscheidung der Beklagten - berücksichtigen damit entgegen der Auffassung der Kläger bei den Prognoseannahmen sowohl die allgemeine Verkehrsentwicklung als auch die aktuellen strukturellen Entwicklungen in der Stadt Wunstorf mit plausiblen Annahmen. Insbesondere sind die Wohn- und Gewerbeentwicklungen im südlichen Stadtgebiet von Wunstorf in die Verkehrsprognose eingeflossen: Die Wohnbauflächen südlich der Äbtissin-Jutta-Straße unter der Bezeichnung „Süd III“, die Wohnbauflächen südöstlich der Haster Straße unter der Bezeichnung „Südaue West“ und die Gewerbeentwicklungen im Bereich Albert-Einstein-Straße und Adolf-Oesterheld-Straße unter der Bezeichnung G1, G4 und G5. Das Gewerbegebiet „Industriestraße“ war im Zeitpunkt der Erstellung und Aktualisierung der Verkehrsgutachten bereits realisiert, so dass die Auswirkungen auf die Verkehrsverhältnisse eingeflossen sind. Zusätzlich wurde durch die ergänzenden Untersuchungen vom Juni 2014 die Entwicklung des Logistikschwerpunktstandortes Barsinghausen-Wunstorf berücksichtigt. Dazu zählt auch der von den Klägern genannte Bebauungsplan für ein Areal östlich der Adolf-Oesterheld-Straße („Luther Forst West“). Schließlich sind auch die Neubaugebiete nordwestlich von Wunstorf in den Gemeinden Hagenburg (mit Gemeindeteil Altenhagen) und Rehburg in die Verkehrsuntersuchungen eingeflossen. Die Beklagte hat insoweit darauf hingewiesen, dass die Zunahme der Verkehrsstärken durch die neuen Siedlungsgebiete auf der Nord- bzw. der Südvariante der Ortsumgehung sehr gering und nicht bemessungsrelevant sei. Darüberhinausgehende strukturelle Entwicklungen mussten sich weder bei der Erstellung der Verkehrsprognosen noch bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses aufdrängen. Die Beklagte weist zu Recht darauf hin, dass die Flächennutzungs- und Bauleitplanung der Stadt Wunstorf eine kommunale Aufgabe und nicht Bestandteil der Planfeststellung für die Ortsumgehung Wunstorf sei und dass detaillierte Angaben über mögliche oder geplante Ansiedlungen von Gewerbebetrieben, Speditionen und Logistikunternehmen im Rahmen der Planfeststellung für die Ortsumgehung Wunstorf nicht gemacht werden könnten (vgl. Seite 77 des Planfeststellungsbeschlusses). Der Behauptung der Kläger, der im Jahr 2016 bekannte und fortentwickelte Stand der Gewerbestandortplanung mit seinen Verkehrsauswirkungen sei in den Verkehrsprognosen nicht berücksichtigt worden, kann vor diesem Hintergrund nicht gefolgt werden.

(b)

Soweit die Kläger mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 15. Januar 2019 und der diesem beigefügten „Stellungnahme zu den Verkehrsuntersuchungen“ der
Y., vom Juli 2018 sowie mit Schriftsätzen ihres Prozessbevollmächtigten vom 12. und 25. August 2019 und der dem Schriftsatz vom 12. August 2019 beigefügten „Ergänzenden Stellungnahme zum Schriftsatz der Kanzlei C. vom 8.5.2019, S. 13-23 und zum Schriftsatz der Kanzlei D. vom 31.7.2019“ sowie der „Fachgutachterlichen Stellungnahme zur vom Büro H. vorgelegten Matrix der Verkehrsbeziehungen zur OU Wunstorf B441n“ der Y., jeweils vom August 2019 - vertieft durch die Folienpräsentation „Präsentation zur Ortsumfahrung Wunstorf B 441 - Mündliche Verhandlung am OVG Lüneburg 26./27.8.2019“ des Fachgutachters AO. der Firma Y. in der mündlichen Verhandlung - die der Variantenentscheidung zugrunde gelegten Verkehrsuntersuchungen mit weiterem Vorbringen angreifen, führt auch dies nicht zum Erfolg ihrer Klage.

(aa)

Der diesbezügliche Vortrag der Kläger in den Schriftsätzen ihres Prozessbevollmächtigten vom 15. Januar 2019, 12. August 2019 und 25. August 2019 und der diesen beigefügten Stellungnahmen der Y. ist außerhalb der zehnwöchigen Klagebegründungsfrist des - hier anwendbaren (vgl. dazu die obigen Ausführungen zum geltend gemachten Verfahrensfehler im Zusammenhang mit der Auslegung des „Fachbeitrags Wasserrahmenrichtlinie“) - § 6 UmwRG in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. August 2017, geändert durch Gesetz vom 17. Dezember 2018, erfolgt und kann bereits deshalb keine Berücksichtigung finden.

Die Kläger haben am 12. April 2017 Klage erhoben. Ihr Vortrag in den Schriftsätzen ihres Prozessbevollmächtigten vom 15. Januar 2019, 12. August 2019 und 25. August 2019 und der diesen beigefügten Stellungnahmen der Y., mit denen sie die der Variantenentscheidung zugrunde gelegten Verkehrsuntersuchungen mit weiterem Vorbringen angreifen, ist erst deutlich außerhalb der zehnwöchigen Klagebegründungsfrist des § 6 Satz 1 UmwRG bei Gericht eingegangen. Es handelt sich dabei auch nicht lediglich um eine Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens in der Klagebegründung. Vielmehr liefern die „Stellungnahme zu den Verkehrsuntersuchungen“ der Y. vom Juli 2018, die „Ergänzende Stellungnahme zum Schriftsatz der Kanzlei C. vom 8.5.2019, S. 13-23 und zum Schriftsatz der Kanzlei D. vom 31.7.2019“ der Y. vom August 2019 sowie die „Fachgutachterliche Stellungnahme zur vom Büro H. vorgelegten Matrix der Verkehrsbeziehungen zur OU Wunstorf B441n“ der Y. vom August 2019 sowie die darauf beruhenden Schriftsätze des Prozessbevollmächtigten der Kläger und die Folienpräsentation des Fachgutachters AO. der Firma Y. in der mündlichen Verhandlung neue erstmals sachverständige Angriffe gegen die der Variantenentscheidung zugrundeliegenden Verkehrsuntersuchungen, die in der Klagebegründung noch nicht enthalten waren. Hervorzuheben sind insoweit die Punkte „Verkehrsmatrix“ und „Konfliktbewältigung durch die Nordumgehung“, bei denen besonders deutlich wird, dass es sich um neuen Tatsachenvortrag und nicht lediglich um eine Vertiefung bisherigen - innerhalb der Klagebegründungsfrist erfolgten - Vorbringens handelt:

Mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 15. Januar 2019 haben die Kläger das Gericht aufgefordert, der Beklagten aufzugeben, die für die Variantenbetrachtung verwandte Verkehrsmatrix vorzulegen. Mit der „Fachgutachterlichen Stellungnahme zur vom Büro H. vorgelegten Matrix der Verkehrsbeziehungen zur OU Wunstorf B441n“ der Y. vom August 2019 sowie den darauf beruhenden Schriftsätzen des Prozessbevollmächtigten der Kläger vom 12. und 25. August 2019 - unterstützt durch die Folienpräsentation des Fachgutachters AO. der Firma Y. in der mündlichen Verhandlung - wird sodann erstmals die Verkehrsmatrix der H. angegriffen und ausgeführt, dass es keine belastbare Modellierung der Verkehrswirkungen von Nord- und Südumgehung gebe. Die eigentlich notwendigen Schritte einer professionellen Verkehrsmodellierung seien entfallen. Insoweit ist festzustellen, dass weder die Verkehrsmatrix (Analyse- und Prognosematrix) noch die Verkehrsmodellierung der H. - auch nicht ansatzweise - Gegenstand der Klagebegründung waren; während der Klagebegründungsfrist wurde noch nicht einmal die Vorlage der Verkehrsmatrix gefordert. Es handelt sich um neuen Tatsachenvortrag, der erst im August 2019 erfolgt ist.

Mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 15. Januar 2019 und der diesem gefügten „Stellungnahme zu den Verkehrsuntersuchungen“ der Y. vom Juli 2018 haben die Kläger - zunächst noch ohne nähere Erläuterungen - geltend gemacht, dass „aufgrund der im Planfall Logistikschwerpunkt erhöhten Belastung der B 441“ auch der Abschnitt der B 441 zwischen der Hauptstraße und der Adolf-Oesterheld-Straße auf vier Fahrspuren ausgebaut werden müsse, weil die Leistungsfähigkeit des zweistreifigen Querschnitts überschritten werde. Auch der folgende Abschnitt bis zur Anschlussstelle an die A 2 müsse vierspurig ausgebaut werden. Dies sei jedoch auch im Planungsnullfall erforderlich und könne deshalb nicht der Nordvariante zugerechnet werden. Mit Schriftsätzen des Prozessbevollmächtigten der Kläger vom 12. und 25. August 2019 sowie der dem Schriftsatz vom 12. August 2019 beigefügten „Ergänzenden Stellungnahme zum Schriftsatz der Kanzlei C. vom 8.5.2019, S. 13-23 und zum Schriftsatz der Kanzlei D. vom 31.7.2019“ der Y. vom August 2019 - unterstützt durch die Folienpräsentation des Fachgutachters AO. der Firma Y. in der mündlichen Verhandlung - wird erstmals dezidierter unter dem Stichwort „Fehlende Konfliktbewältigung durch die Nordumgehung“ geltend gemacht, dass die Nordumgehung in ihrer zurzeit geplanten Form die durch die Planung zu lösenden Konflikte nicht angemessen bewältige und bereits deshalb rechtswidrig sei. Die Planung habe nicht hinreichend beachtet, dass die Leistungsfähigkeit des anschließenden Straßennetzes bei Realisierung der Planung für die Aufnahme der durch die Umgehung induzierten Verkehre nicht hinreichend gegeben sei. Im Zuge der Planung der Nordumgehung müsse sowohl für den Abschnitt vom Ausbauende bis zur Adolf-Oesterheld-Straße als auch für den folgenden Abschnitt bis zur Anbindung an die Autobahn ein vierstreifiger Querschnitt zwingend vorgesehen werden. Insbesondere die Aufrechterhaltung der Zweistreifigkeit zwischen Hauptstraße und Adolf-Oesterheld-Straße sei unvertretbar, da eine Art „Pfropfen“ entstehe, der eine hinreichende Verkehrsführung nahezu ausschließe. Insoweit handelt es sich um neuen Tatsachenvortrag. Innerhalb der Klagebegründungsfrist haben die Kläger im Zusammenhang mit dem Stichwort „Fehlende Konfliktbewältigung durch die Nordumgehung“ lediglich - und insoweit unter Kostengesichtspunkten bei der Variantenentscheidung - geltend gemacht, dass nicht ersichtlich sei, ob die „umfangreichen baulichen Anpassungsmaßnahmen“ zwischen Luthe und dem Beginn der Baustrecke der Nordumfahrung in die Kostenberechnung eingeflossen seien. Aufgrund der Überlastung der Autobahnabfahrt Luthe könnte für die Nordvariante ein Ausbau dieser Autobahnzufahrt erforderlich werden (vgl. Seite 116 f. der Gerichtsakte). Mit der Frage des erforderlichen Straßenquerschnitts des anschließenden Straßennetzes und der Unvertretbarkeit einer Zweistreifigkeit zwischen Hauptstraße und Adolf-Oesterheld-Straße haben sich die Kläger innerhalb der Klagebegründungsfrist nicht auseinandergesetzt. Es handelt sich bei der Frage der Konfliktbewältigung durch die Nordumgehung in Verbindung mit dem erforderlichen Straßenquerschnitt des anschließenden Straßennetzes um ein erstmals im Jahr 2019 neu aufgeworfenes Problem.

Die Kläger haben die Verspätung auch nicht genügend entschuldigt im Sinne des § 6 Satz 2 UmwRG in Verbindung mit § 87b Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO. Sie machen geltend, dass sich die detaillierten Erkenntnisse zur Mangelhaftigkeit der Leistungsfähigkeit des anschließenden Straßennetzes erst aus dem Gutachten der Y. ergeben hätten. Dieses Gutachten hätte wiederum erst nach Ablauf der Klagebegründungsfrist beauftragt werden können, da ihnen, den Klägern, die Unterlagen der Beklagten (Variantenbetrachtung, Verkehrsuntersuchungen) erst am 26. Mai 2017, also zwei Tage nach Ablauf der Klagebegründungsfrist, übersandt worden seien. Nach Ablauf der Klagebegründungsfrist habe es keine weiteren Fristen zu beachten gegeben. Dem kann nicht gefolgt werden. Die Kläger haben damit das verspätete Vorbringen in den Schriftsätzen ihres Prozessbevollmächtigten vom 15. Januar 2019, 12. August 2019 und 25. August 2019 und der diesen beigefügten Stellungnahmen der Y. nicht genügend entschuldigt. Das Gegenteil ist der Fall. Sie haben die Verspätung offenkundig selbst verschuldet. Zunächst ist anzumerken, dass die Kläger im Zeitpunkt der Klageerhebung am 12. April 2017 keine Akteneinsicht in die Verwaltungsvorgänge der Beklagten beantragt haben. Erst mit Schriftsatz vom 18. Mai 2017 haben sie für die weitere Vorbereitung der Begründung Akteneinsicht beantragt, die ihnen sodann mit Verfügung des Gerichts vom 18. Mai 2017 gewährt worden ist. Hätten die Kläger unmittelbar mit Klageerhebung Akteneinsicht beantragt, hätten ihnen die Verwaltungsakten der Beklagten, die bereits am 27. April 2017 bei Gericht eingegangen sind, noch innerhalb der Klagebegründungsfrist übersandt werden können. Die Kläger können sich damit nicht darauf zurückziehen, die Unterlagen der Beklagten (Variantenbetrachtung, Verkehrsuntersuchungen) seien ihnen erst am 26. Mai 2017 und damit außerhalb der Klagebegründungsfrist übersandt worden. Selbst wenn man den Klägern zugestehen wollte, dass es ihnen innerhalb der Klagebegründungsfrist nicht möglich war, substantiiert zu den Verkehrsuntersuchungen und der darauf beruhenden Variantenentscheidung Stellung zu nehmen, sondern ein Vortrag erst nach der Vorlage der Verwaltungsvorgänge am 26. Mai 2017 erfolgen konnte, führt dies nicht zu einer Berücksichtigungsfähigkeit ihres diesbezüglichen Vorbringens. Wie bereits dargelegt, kann der Auffassung der Kläger, nach Ablauf der Klagebegründungsfrist gebe es keine weiteren Fristen, die von ihnen zu beachten seien, und es stehe ihnen frei, die während der Klagebegründungsfrist noch nicht bekannten Tatsachen „zu jedem späteren Zeitpunkt in das Verfahren einzubringen“, nicht gefolgt werden. Vielmehr ist ein verspätetes Vorbringen lediglich bis zu dem Zeitpunkt entschuldigt, in dem ein Vortrag möglich und zumutbar geworden ist. Vorliegend haben die Kläger erst am 06. März 2018, d. h. ein knappes Jahr nach Klageerhebung und zehn Monate nach Vorlage der Verwaltungsvorgänge, Y. mit der Bewertung der Unterlagen zur Variantenbewertung und zur Verkehrsuntersuchung beauftragt (vgl. Seite 4 der Stellungnahme der Y. vom Juli 2018). Zudem haben sie die erstellte „Stellungnahme zu den Verkehrsuntersuchungen“ der Y. vom Juli 2018 dem Gericht nicht unmittelbar nach Fertigstellung vorgelegt, sondern haben erneut mehrere Monate verstreichen lassen. Die „Stellungnahme zu den Verkehrsuntersuchungen“ der Y. vom Juli 2018 ist dem Gericht erst am 15. Januar 2019 vorgelegt worden. Diese Verspätung haben die Kläger nicht entschuldigt. Gleiches gilt für die mit Schriftsatz vom 12. August 2019 vorgelegte „Ergänzende Stellungnahme zum Schriftsatz der Kanzlei C. vom 8.5.2019, S. 13-23 und zum Schriftsatz der Kanzlei D. vom 31.7.2019“ der Y. vom August 2019. Da sie - wie ihr Titel schon besagt - die Stellungnahme der Y. aus dem Juli 2018 lediglich ergänzt, diese jedoch bereits als verspätet zurückzuweisen ist, gilt dies erst recht für die ergänzende Stellungnahme aus dem August 2019. Die verspätete Vorlage wurde nicht genügend entschuldigt. Schließlich ist auch die verspätete Vorlage der „Fachgutachterlichen Stellungnahme zur vom Büro H. vorgelegten Matrix der Verkehrsbeziehungen zur OU Wunstorf B441n“ der Y. vom August 2019, die ebenfalls mit Schriftsatz vom 12. August 2019 vorgelegt wurde, nicht genügend entschuldigt. Zwar ist dem Gericht die Verkehrsmatrix der H. erst mit Schriftsatz der Beklagten vom 11. März 2019 vorgelegt worden. Die Kläger können sich jedoch nicht auf die späte Vorlage der Verkehrsmatrix berufen. Sie haben die Vorlage der Verkehrsmatrix nicht innerhalb der Klagebegründungsfrist gefordert und sich auch im Übrigen nicht mit etwaigen Fehlern der Verkehrsmatrix auseinandergesetzt. Sie haben erstmals mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 15. Januar 2019 - und damit deutlich außerhalb der Klagebegründungsfrist - die Verkehrsmatrix angesprochen und ihre Vorlage erbeten. Dies haben sie nicht entschuldigt. Hinzu kommt, dass die Kläger auch nach Vorlage der Verkehrsmatrix im März 2019 erst am 25. Juli 2019 - und damit erst vier Monate später - Y. mit der Auswertung der Matrix beauftragt haben (vgl. Seite 2 der fachgutachterlichen Stellungnahme von Y. vom August 2019). Auch diese Verspätung wurde nicht genügend entschuldigt.

Es ist schließlich nicht mit geringem Aufwand möglich, den Sachverhalt auch ohne Mitwirkung des Beteiligten zu ermitteln, vgl. § 6 Satz 3 UmwRG in Verbindung mit § 87b Abs. 3 Satz 3 VwGO. Die Beurteilung und Beantwortung der von den Klägern mit Schriftsätzen ihres Prozessbevollmächtigten vom 15. Januar 2019, 12. August 2019 und 25. August 2019 und der diesen beigefügten Stellungnahmen der Y. aufgeworfenen verkehrsrechtlichen Fragestellungen und Bedenken würde ein intensives Studium des umfangreichen schriftsätzlichen und des in der mündlichen Verhandlung anhand einer Folienpräsentation des Fachgutachters AO. vertieften Vortrags der Beteiligten sowie eine nähere Prüfung auf der Grundlage einer Sichtung der Gerichts- und Verwaltungsakten erforderlich machen. Dieser Aufwand ist nicht mehr als gering zu bezeichnen.

Der Vortrag der Kläger ist aber auch dann als verspätet zurückzuweisen, wenn man nicht § 6 UmwRG, sondern § 4a Abs. 1 UmwRG a. F. - oder den insoweit gleichlautenden § 17e Abs. 5 FStrG a. F. - für anwendbar halten wollte. Der Vortrag der Kläger in den Schriftsätzen ihres Prozessbevollmächtigten vom 15. Januar 2019, 12. August 2019 und 25. August 2019 und der diesen beigefügten Stellungnahmen der Y., mit denen sie die der Variantenentscheidung zugrunde gelegten Verkehrsuntersuchungen angreifen, ist erst deutlich außerhalb der sechswöchigen Klagebegründungsfrist des § 4a Abs. 1 UmwRG a. F. (bzw. § 17e Abs. 5 FStrG a. F.) bei Gericht eingegangen. Die Voraussetzungen des § 87b Abs. 3 VwGO, auf die § 4a Abs. 1 Satz 2 UmwRG a. F. Bezug nimmt, sind erfüllt. Die Kläger sind in dem Planfeststellungsbeschluss über die Folgen einer Fristversäumung belehrt worden (vgl. Seite 324 des Planfeststellungsbeschlusses), sie haben die Verspätung - wie dargelegt - nicht genügend entschuldigt und die Zulassung ihres Vorbringens würde nach der freien Überzeugung des Senats die Erledigung des Rechtsstreits verzögern. Die Angriffe der Kläger gegen die Verkehrsmatrix sind erst mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 12. August 2019 und der diesem beigefügten Stellungnahme der Y. - und damit unmittelbar vor der mündlichen Verhandlung - erfolgt. Das Vorbringen der Kläger zum Stichwort „Konfliktbewältigung durch die Nordumgehung“ ist im Schriftsatz vom 15. Januar 2019 lediglich angerissen worden, eine dezidierte Kritik ist insoweit erst unmittelbar vor der mündlichen Verhandlung durch die Schriftsätze des Prozessbevollmächtigten der Kläger vom 12. und 15. August 2019, die dem Schriftsatz vom 12. August 2019 beigefügte Stellungnahme der Y. und die Folienpräsentation „Präsentation zur Ortsumfahrung Wunstorf B 441 - Mündliche Verhandlung am OVG Lüneburg 26./27.8.2019“ des Fachgutachters AO. in der mündlichen Verhandlung erfolgt. Dieser erst kurz vor bzw. in der mündlichen Verhandlung geäußerten Kritik der Kläger ist die Beklagte zwar noch durch die „Stellungnahme: Anlagen K6 und K7 - Ausführung von Y. August 2019, Ortsumgehung Wunstorf“ der H. vom 21. August 2019 und die Ausführungen ihres Fachgutachters AP. von der H. und ihres Fachgutachters AQ. von der AR. in der mündlichen Verhandlung entgegengetreten. Die Beurteilung und Beantwortung der von den Klägern aufgeworfenen verkehrsrechtlichen Fragestellungen und Bedenken würde seitens des Senats jedoch ein intensives Studium des umfangreichen schriftsätzlichen Vortrags, eine Würdigung des in der mündlichen Verhandlung kontrovers diskutierten Vorbringens der Beteiligten sowie eine nähere Prüfung auf der Grundlage einer Sichtung der Gerichts- und Verwaltungsakten erforderlich machen. Eine solche Prüfung wäre in der Kürze der Zeit nicht zu leisten gewesen, sondern hätte eine Vertagung des Rechtsstreits erforderlich gemacht und damit die Erledigung des Rechtsstreits verzögert. Wie bereits dargelegt, ist es auch nicht mit geringem Aufwand möglich, den Sachverhalt auch ohne Mitwirkung des Beteiligten zu ermitteln (§ 87b Abs. 3 Satz 3 VwGO). Der Senat übt sein Ermessen nach § 87b Abs. 3 VwGO aus diesem Grund dahingehend aus, das diesbezügliche Vorbringen der Kläger zurückzuweisen.

Der in der mündlichen Verhandlung am 26. August 2019 insoweit gestellte Beweisantrag der Kläger,

„durch Sachverständigengutachten Beweis zu erheben,

1. dass die Leistungsfähigkeit des Knotenpunktes Hochstr. / B 441 neu gemäß der hierfür einschlägigen HBS unter Berücksichtigung der aktuellen maßgeblichen stündlichen Verkehrsstärke (SVZ 2015) nicht mehr gewährleistet ist;

2. dass die Leistungsfähigkeit für den Streckenabschnitt Hochstraße / B 441 neu bis zur Adolf-Oesterheld-Str. / B 441 bei Realisierung der geplanten Nordumgehung nichtmehr gewährleistet ist, weil eine ausreichende Verkehrsqualität (Mindestqualität Q5V (Qualitätsstufe für den Verkehrsablauf) D) nicht erreicht wird;

3. dass die Leistungsfähigkeit für die weitere Streckenführung der Adolf-Oesterheld-Str./ B 441 bis zur Autobahnzufahrt Luthe ebenfalls nicht mehr gewährleistet ist, weil auch hier eine ausreichende Verkehrsqualität Q5V D nicht erreicht wird“,

war abzulehnen. Er ist verspätet gestellt worden und kann bereits deshalb keine Berücksichtigung finden. Nach § 6 UmwRG hat der Kläger eines Verfahrens innerhalb einer Frist von zehn Wochen ab Klageerhebung nicht nur die zur Begründung seiner Klage dienenden Tatsachen, sondern auch die dazu dienenden Beweismittel anzugeben. Gleiches gilt nach § 4a UmwRG a. F. bzw. § 17e Abs. 5 FStrG a. F. bezogen auf die sechswöchige Klagebegründungsfrist. Vorliegend haben die Kläger das Beweismittel „Sachverständigengutachten“ zum Beweis der fehlenden Leistungsfähigkeit des sich an die Nordumgehung anschließenden Straßennetzes, d. h. zum Beweis der fehlenden Konfliktbewältigung durch die Nordumgehung, erst in der mündlichen Verhandlung am 26. August 2019 angegeben. Die verspätete Angabe dieses Beweismittels ist auch nicht genügend entschuldigt. Wie soeben dargelegt, haben die Kläger die Verspätung des Vorbringens zur - angeblich - fehlenden Konfliktbewältigung durch die Nordumgehung selbst verschuldet; auf die obigen Ausführungen wird insoweit verwiesen. Dies gilt gleichermaßen für die verspätete Angabe des Beweismittels zu diesem Thema. Da die Einholung eines Sachverständigengutachtens beantragt wird, ist es offensichtlich, dass es nicht mit geringem Aufwand möglich ist, den Sachverhalt auch ohne Mitwirkung des Beteiligten zu ermitteln, und dass es zu einer Verzögerung der Erledigung des Rechtsstreits führen würde. Der Beweisantrag der Kläger ist daher bereits wegen Verspätung zurückzuweisen. Des Weiteren führt die unter Beweis gestellte Tatsache aber auch zu einer Bewertung, die einer Beweiserhebung nicht zugänglich ist. Überprüfungsmaßstab für den Senat ist, ob die von der Beklagten vorgenommenen Verkehrsuntersuchungen und ihr Prüfungsumfang ausreichend gewesen sind, um von einer Konfliktbewältigung durch die Nordumgehung im Hinblick auf die Leistungsfähigkeit des sich an die Nordumgehung anschließenden Straßennetzes ausgehen zu dürfen. Die Frage der Tragfähigkeit der diesbezüglichen Feststellungen der Planfeststellungsbehörde bedarf der Beantwortung durch den Senat. Demgegenüber ist es nicht Aufgabe des Senats, zu dem Beweisthema bereits vorliegende fachgutachterliche Stellungnahmen durch weitere, gutachterliche Äußerungen eines Sachverständigen ergänzen bzw. überprüfen zu lassen (§ 98 VwGO i. V. m. § 412 Abs. 1 Zivilprozessordnung - ZPO -).

(bb)

Selbst wenn man entgegen den obenstehenden Ausführungen - aber mit Ausnahme der besonders hervorgehobenen Punkte „Verkehrsmatrix“ und „Konfliktbewältigung durch die Nordumgehung“, bei denen es sich evident um neuen Tatsachenvortrag außerhalb der Klagebegründungsfrist handelt, der als verspätet zurückzuweisen ist - der Auffassung wäre, dass das übrige Vorbringen der Kläger in dem Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 15. Januar 2019 und der diesem beigefügten „Stellungnahme zu den Verkehrsuntersuchungen“ der Y. vom Juli 2018 sowie - darauf aufbauend - das Vorbringen in dem Schriftsatz vom 12. August 2019 und der diesem beigefügten „Ergänzenden Stellungnahme zum Schriftsatz der Kanzlei C. vom 8.5.2019, S. 13-23 und zum Schriftsatz der Kanzlei D. vom 31.7.2019“ der Y. vom August 2019 Berücksichtigung finden muss, da es sich insoweit lediglich um eine Vertiefung des bisherigen Vorbringens aus der Klagebegründung handelt, führte auch dies nicht zum Erfolg der Klage der Kläger.

Soweit die Kläger in den Schriftsätzen ihres Prozessbevollmächtigten vom 15. Januar 2019 und 12. August 2019 den Inhalt der Stellungnahmen von Y. „vollinhaltlich zum Gegenstand des Vortrags der Kläger“ machen, genügt diese Bezugnahme bereits nicht den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Klagebegründung. Eine solche Bezugnahme ist mit dem Sinn und Zweck des Vertretungszwangs gemäß § 67 Abs. 4 Satz 1 VwGO sowie dem Begründungsgebot des § 6 UmwRG bzw. § 4a Abs. 1 UmwRG a. F. bzw. § 17e Abs. 5 FStrG a. F. nicht vereinbar. Der Vertretungszwang überantwortet dem Bevollmächtigten die eigene Prüfung, Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffs. Daher genügt es den Anforderungen des Vertretungszwangs nicht, wenn der Rechtsanwalt sich Ausführungen der Partei oder eines Dritten lediglich zu eigen macht (vgl. Urteil des Senats vom 14.08.2015 - 7 KS 148/12 -, juris, m. w. N.).

Aber auch soweit die Schriftsätze des Prozessbevollmächtigten der Kläger vom 15. Januar 2019 und 12. August 2019 eigenes Vorbringen enthalten, führt dieses nicht zum Erfolg. Die Kläger machen im Wesentlichen geltend, dass die vorliegenden Untersuchungen zu einer abschließenden verlässlichen Beurteilung zum Zeitpunkt der Planfeststellungsentscheidung wegen der verkehrlichen Veränderungen im Raum Wunstorf nicht ausgereicht hätten. Erforderlich sei eine neue Verkehrsuntersuchung, die die Auswirkungen der Gewerbeflächen im Süden von Wunstorf vollständig berücksichtige. Diesem Vorbringen kann aus den bereits dargelegten Gründen nicht gefolgt werden. Die Verkehrsuntersuchungen - und darauf aufbauend auch die Variantenentscheidung der Beklagten - berücksichtigen bei den Prognoseannahmen sowohl die allgemeine Verkehrsentwicklung als auch die aktuellen strukturellen Entwicklungen in der Stadt Wunstorf, insbesondere die Gewerbeentwicklungen im südlichen Stadtgebiet von Wunstorf, mit plausiblen Annahmen. Es kann insoweit auf die obigen Ausführungen verwiesen werden.

Soweit die Kläger kritisieren, dass in der Verkehrsuntersuchung 2009 nur die Gewerbeflächen G1, G4, G5 und G6 berücksichtigt worden seien, im aktuellen Umweltbericht zur Flächennutzungsplan-Änderung der Stadt Wunstorf von 2017 die neu hinzukommende Fläche östlich der Adolf-Oesterheld-Straße und Albert-Einstein-Straße aber etwa doppelt so groß sei wie das Gewerbegebiet G5 in der Verkehrsuntersuchung 2009, ist dem zunächst entgegenzuhalten, dass nachträgliche Entwicklungen aus dem Jahr 2017 - d. h. nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses - nicht zu berücksichtigen sind. Im Übrigen ist auf die Unterlage „Verkehrliche Auswirkungen der Logistikansiedlung im westlichen Stadtgebiet der Stadt Wunstorf“ der H. vom 10. Juni 2014 (vgl. Unterlage Nr. 2 im Band XV der Verwaltungsakte) zu verweisen, die Gegenstand der Variantenentscheidung und des Planfeststellungsbeschlusses geworden ist. Die dortige Abbildung 1.1 zeigt die nördliche Ausdehnung des untersuchten Logistikstandortes im Stadtgebiet. Die Ausdehnung geht deutlich über das Gewerbegebiet G5 in der Verkehrsuntersuchung 2009 hinaus. Es wurden daher nicht nur die Gewerbeflächen G1, G4, G5 und G6, sondern auch neue - zu diesem Zeitpunkt bekannte - Gewerbeflächen berücksichtigt. Auch der neuerliche Vortrag der Kläger in dem Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 12. August 2019, im Verkehrsgutachten der H. 2009 seien lediglich Gewerbeentwicklungsflächen von 32 ha berücksichtigt worden, während die H. in einer Verkehrsuntersuchung aus dem Jahr 2018 von einer Flächenausweitung von 105 ha im Süden von Wunstorf ausgehe, vermag vor diesem Hintergrund nicht zu überzeugen.

Die Kläger rügen in diesem Zusammenhang weiter, dass die Aktualisierung der Verkehrsuntersuchung aus dem Jahr 2012 das tatsächliche Verkehrsaufkommen unterschätze. In der Studie der H. zu den verkehrlichen Auswirkungen der Logistikansiedlung im westlichen Stadtgebiet von Wunstorf vom Juni 2014 werde auf einem Areal von 160 ha die Ansiedlung von 5.600 Arbeitsplätzen und ein Verkehrsaufkommen von ca. 10.000 Pkw und 5.000 Lkw erwartet. Diese Zahlen dürften - ebenso wie die Zahlen in der Machbarkeitsstudie von AB. aus dem März 2012 - unterschätzend sein. Bei realistischen Zahlen sei von der Notwendigkeit eines Ausbaus der Landesstraße L 392 allein für die Logistikentwicklung auszugehen. In der Variantenbewertung aus dem Jahr 2015 seien die Studie von AB. und die Studie der H. aus dem Jahr 2014 nicht vollständig berücksichtigt worden, da keine neue Verkehrsmodellrechnung für die Varianten vorgelegt worden sei. Auch die Untersuchung von AS. aus dem Jahr 2012 werde nicht erwähnt. Alle drei Südvarianten müssten aus heutiger Sicht aufgrund des geplanten Logistikstandortes deutlich positiver beurteilt werden. Auch dieser Kritik kann nicht gefolgt werden. Die prognostizierten Verkehrszahlen in der Unterlage „Verkehrliche Auswirkungen der Logistikansiedlung im westlichen Stadtgebiet der Stadt Wunstorf“ der H. vom 10. Juni 2014 und in der Machbarkeitsstudie „Logistikschwerpunktstandort Barsinghausen-Wunstorf (Hannover West)“ der AB. vom März 2012 sind plausibel begründet und nachvollziehbar. Soweit Y. darauf hinweist, dass durch AB. ein „sehr vorsichtiger Ansatz“ gewählt worden sei, dass sich die Anzahl der Beschäftigten je ha mit 35 Beschäftigten im unteren Bereich des angegebenen Intervalls von 30 bis 50 Beschäftigten bewege und dass sich die Zahl der Wege je Beschäftigtem und je Besucher sowie der Modal Split bezogen auf das Gebiet eher an unteren Abschätzungen orientiere, führt dies nicht auf eine Fehlerhaftigkeit der angestellten Prognose. Y. zeigt damit selbst auf, dass die zugrunde gelegten Werte innerhalb der als vertretbar angesehenen Spannbreite - wenn auch im unteren Bereich - liegen. Eine tragfähige Prognose erfordert nicht zwangsläufig eine Worst-Case-Betrachtung in dem Sinne, dass immer die obersten Werte eine Amplitude herangezogen werden müssen. Ausreichend ist vielmehr, dass die Prognoseannahmen vertretbar und unter den gegebenen Umständen sachgerecht sind. Dies ist hier der Fall und wird von den Klägern nicht durchgreifend in Frage gestellt. Sind die prognostizierten Verkehrszahlen jedoch plausibel begründet und nachvollziehbar, geht auch das Argument der Kläger, bei realistischen Zahlen sei von der Notwendigkeit eines Ausbaus der Landesstraße L 392 allein für die Logistikentwicklung auszugehen, ins Leere; der Untersuchung liegen realistische Zahlen zugrunde (vgl. dazu jedoch auch noch die nachfolgenden Ausführungen zum Ausbau der L 392 und zu den Kosten). Die Verkehrsuntersuchungen der H. aus dem Jahr 2014 und die Machbarkeitsstudie von AB. vom März 2012 sind in der „Betrachtung der Varianten für die OU Wunstorf im Zuge der B 441“ vom Mai 2015 entgegen der Auffassung der Kläger auch ausreichend berücksichtigt worden. Dies ergibt sich insbesondere aus den Seiten 6 ff. und 14 der Variantenbetrachtung, wo ausdrücklich auf diese Unterlagen Bezug genommen wird. Auch in die Prüfung der Planungsvarianten, insbesondere die Bewertung der Südvarianten, durch die Beklagte sind die Untersuchungen eingeflossen (vgl. Seite 84 ff. des Planfeststellungsbeschlusses). Eine gesonderte neue Verkehrsmodellrechnung für die Varianten war nicht erforderlich. Dies zeigt die Unterlage „Verkehrliche Auswirkungen der Logistikansiedlung im westlichen Stadtgebiet der Stadt Wunstorf“ der H. vom 10. Juni 2014. Danach liegt die Zunahme der Verkehrsmengen im Zuge der Ortsumgehung Wunstorf bei maximal 1.300 Kfz/24 h, was einer Veränderung der Querschnittsbelastung von weniger als 10 % entspricht. Der Verkehrsgutachter kommt zu dem Ergebnis, dass unter Berücksichtigung der tageszeitlichen Verteilung der Logistikverkehre, die über den Gesamttag verteilt seien, die geringe Erhöhung der Querschnittsbelastung nicht bemessungsrelevant sei. Da die neu erzeugten Verkehre zudem stark autobahnaffin und nach Osten (Region und Stadt Hannover) unter Nutzung des bestehenden Verkehrsnetzes ausgerichtet sind, erweist sich der Verzicht auf eine neue Verkehrsmodellrechnung für die Varianten als abwägungsfehlerfrei. Die Kritik der Kläger, dass es sich lediglich um eine grobe Abschätzung handele und dass jedenfalls keine fachgerechte Modellierung der Verkehrswirkungen von Nord- und Südumgehung unter den im Zeitpunkt des Planfeststellungsbeschlusses vorliegenden Verhältnissen vorliege, vermag vor diesem Hintergrund nicht zu überzeugen. Dass schließlich die Studie der AS. vom Mai 2012 in der Variantenbewertung nicht ausdrücklich betrachtet worden ist, ist unschädlich. Es handelt sich dabei um eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung, die die technische und wirtschaftliche Realisierung des Vorhabens bestätigt (vgl. Seite 4502 von Band XV der Verwaltungsakte), und nicht um eine Verkehrsuntersuchung. Im Übrigen hat die Beklagte darauf hingewiesen, dass sich die angesetzten Flächen aufgrund von politischen Entschlüssen verändert hätten, wodurch sich die Gesamtgröße der geplanten Gewerbe- und Industrieflächen seit der Aufstellung der Untersuchung deutlich reduziert habe. Dem sind die Kläger nicht entgegengetreten.

Soweit die Kläger ausweislich des Schriftsatzes ihres Prozessbevollmächtigten vom 15. Januar 2019 meinen, aufgrund der erhöhten Verkehrsbelastung der B 441 durch den Logistikschwerpunkt (22.900 Kfz/24 h und 2.410 SV/24 h) müsse bei der Nordvariante der Abschnitt der B 441 zwischen der Hauptstraße und der Adolf-Oesterheld-Straße auf vier Fahrspuren ausgebaut werden, ist dieser Vortrag ebenso wie das spätere, dezidiertere Vorbringen im Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 12. August 2019, dass im Zuge der Planung der Nordumgehung sowohl für den Abschnitt vom Ausbauende bis zur Adolf-Oesterheld-Straße als auch für den folgenden Abschnitt bis zur Anbindung an die Autobahn ein vierstreifiger Querschnitt zwingend vorgesehen werden müsse und dass insbesondere die Aufrechterhaltung der Zweistreifigkeit zwischen Hauptstraße und Adolf-Oesterheld-Straße unvertretbar sei, da eine Art „Pfropfen“ entstehe, der eine hinreichende Verkehrsführung nahezu ausschließe, nicht Gegenstand des Prozessstoffes, da das diesbezügliche Vorbringen - wie bereits dargelegt - außerhalb der Klagebegründungsfrist des § 6 UmwRG bzw. § 4a Abs. 1 UmwRG a. F. erfolgt und daher als verspätet zurückzuweisen ist. Im Übrigen spricht nach einer allein möglichen kursorischen Prüfung des Senats Überwiegendes dafür, dass auch in der Sache kein Planungsmangel vorliegt. Die Beklagte hat unter Bezugnahme auf die durchgeführten Verkehrsuntersuchungen ausgeführt, dass ein Ausbau der Bestandsstrecke von westlich der Überführung der Gemeindestraße „Im Blenze“ (Baustreckenende) bis zur Anschlussstelle Wunstorf-Luthe auf einen zweibahnigen, vierstreifigen Querschnitt weder vorgesehen noch erforderlich sei, da östlich der Baustrecke im Bereich der B 441 keine nennenswerten Steigerungen bei der Verkehrsbelastung zu erwarten seien. Diese Einschätzung entspricht der Untersuchung „Verkehrliche Auswirkungen der Logistikansiedlung im westlichen Stadtgebiet der Stadt Wunstorf“ der H. vom 10. Juni 2014, in der die von den Klägern genannten Zahlen (22.900 Kfz/24 h und 2.410 SV/24 h) zugrunde gelegt werden. Der Verkehrsgutachter kommt auf der Grundlage dieser Zahlen - wie bereits dargelegt - zu dem Ergebnis, dass die Zunahme der Verkehrsmengen einer Veränderung der Querschnittsbelastung von weniger als 10 % entspreche und dass die geringe Erhöhung der Querschnittsbelastung nicht bemessungsrelevant sei. Mit Schriftsatz vom 22. August 2019 sowie durch die Darlegungen ihrer Fachgutachter AP. und AQ. in der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte zudem darauf hingewiesen, dass geplant sei, das Straßenteilstück der B 441 ab Beginn der Nordumgehung bis zur Adolf-Oesterheld-Straße analog der Fortführung bis zur Anschlussstelle Wunstorf-Luthe (A 2) durch eine Fahrbahnummarkierung in die sog. Betriebsform b2+1 zu überführen, um die anzustrebende Verkehrsqualität auf dem gesamten Straßenteilstück der B 441 bis zur Autobahn sicherzustellen. Der Planfeststellungsbeschluss führe hierzu nachrichtlich und zutreffend aus, dass der Abschnitt zwischen der Anbindung Luthe (K 344) und dem Anschluss der B 441 an die Autobahn A 2 an die Abschnittseinteilung der Neubaustrecke angepasst werden solle (vgl. Seite 19 des Planfeststellungsbeschlusses). Hiermit seien ausschließlich Ummarkierungsarbeiten auf vorhandener Fahrbahn gemeint, um sich den geplanten wechselseitigen Überholabschnitten der Nordumgehung anzupassen. Da bauliche Maßnahmen an der vorhandenen Fahrbahn nicht erforderlich seien, sei auch die Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens entbehrlich. Ein vierstreifiger Querschnitt sei hingegen nicht erforderlich. Denn es seien nicht die Querschnittsbelastungen in der Dimension Kfz/24 h zu berücksichtigen, sondern die Verkehrsmengen in den maßgebenden Bemessungsstunden, d. h. die tageszeitliche Verteilung des neu induzierten (Logistik-) Verkehrs. Diese Fahrten träten außerhalb der verkehrlichen Spitzenzeiten auf, so dass sich zwar der Verkehr erhöhe, sich die Leistungsfähigkeit aber nicht ändere, da die neuen Verkehre zu anderen Zeiten entstünden. Mit der Verkehrsuntersuchung der H. aus dem Jahr 2009 habe der Nachweis einer befriedigenden Verkehrsqualität an den Knotenpunkten als den maßgebenden verkehrlichen Widerständen im gesamten Straßenabschnitt eindeutig erbracht werden können, so dass der gewählte dreistreifige Fahrbahnquerschnitt ausreichend sei. Dieses Vorbringen der Beklagten ist für den Senat schlüssig und nachvollziehbar; ihm dürfte voraussichtlich zu folgen sein. Dies gilt insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass es keinen festen Grenzwert für die Beurteilung der Leistungsfähigkeit einer Straße gibt, sondern ab einer bestimmten Verkehrsstärke lediglich „geprüft“ werden muss, ob ein weiterer Ausbaubedarf besteht. Insoweit besteht ein gewisser Beurteilungsspielraum.

Die Kläger machen des Weiteren geltend, dass das Verkehrsmodell neu aufgebaut werden müsse, weil sich die Voraussagen der Prognosen aufgrund der Verkehrszählungen aus dem Jahr 2015 in wichtigen Punkten als unrichtig erwiesen hätten. Bei einer Auswertung der Straßenverkehrszählungen 2005 bis 2015 ergebe sich, dass die in der Verkehrsuntersuchung 2009 getroffenen Grundannahmen nicht eingetroffen seien. Im Osten von Wunstorf sei es zu einem Rückgang des Verkehrs gekommen. Die mögliche Entlastungswirkung auf diesem Abschnitt der B 441 verringere sich damit deutlich. Auch damit dringen die Kläger nicht durch. Die hier zugrunde gelegten Verkehrsprognosen sind mit den zu ihrer Zeit verfügbaren Erkenntnismitteln unter Beachtung der dafür erheblichen Umstände sachgerecht, d. h. methodisch fachgerecht erstellt worden (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.04.2014 - 9 A 25.12 -, juris). Gegenstand der gerichtlichen Prüfung ist allein die Frage, ob die der Planungsentscheidung zugrundeliegende Prognose den an sie zu stellenden Anforderungen genügt. Es ist hingegen nicht Aufgabe der Gerichte, das Ergebnis einer sachgerecht erarbeiteten Prognose darauf zu überprüfen, ob die prognostizierte Entwicklung mit Sicherheit bzw. größerer oder geringerer Wahrscheinlichkeit eintreten wird oder kann, ferner nicht darauf, ob die Prognose durch die spätere tatsächliche Entwicklung mehr oder weniger bestätigt oder widerlegt ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 08.07.1998 - 11 A 53.97 -, juris; BVerwG, Urteil vom 07.07.1978 - IV C 79.76 -, juris). Ausgehend davon ist vorliegend kein Mangel erkennbar. Zur Aktualisierung der Datenlage der Verkehrsuntersuchung 2009 wurde - wie bereits dargelegt - im Oktober 2012 eine Zählplattenzählung über mehrere Tage an zwei Querschnitten im westlichen Stadtgebiet von Wunstorf durchgeführt. Hintergrund war, dass im Rahmen der Erörterung des Planfeststellungsverfahrens die Verkehrsmengenentwicklung im westlichen Stadtgebiet von Wunstorf aufgrund einer geringen Abnahme des Verkehrs im Zeitraum zwischen 2002 und 2008 als überprüfungswürdig angesehen wurde. Die Ergebnisse sind in der Unterlage „Verkehrserhebungen im westlichen Stadtgebiet der Stadt Wunstorf“ der H. vom 10. Juni 2014 (vgl. Unterlage Nr. 1 im Band XV der Verwaltungsakte) niedergelegt. Danach bestätigten die aktuellen Verkehrserhebungen die Aussagen der Verkehrsuntersuchung 2009.

Die Kläger kritisieren, dass - entgegen der Behauptung der Beklagten - keine Prognose für das Analysejahr 2030, sondern nur für das Jahr 2025 vorliege. Die H. habe in der Unterlage „Verkehrserhebungen im westlichen Stadtgebiet der Stadt Wunstorf“ vom 10. Juni 2014 lediglich eine Abschätzung gegeben, welche Veränderungen sich zwischen 2025 und 2030 abzeichnen könnten. Aus der Abschätzung sei geschlussfolgert worden, dass eine Fortschreibung der Prognose nicht nötig sei. Begründet worden sei dies mit einem langsameren Wachstum durch die Weltwirtschaftskrise. Diese Aussage sei auf den konkreten Untersuchungsraum nicht übertragungsfähig, da die Gewerbeentwicklung unverändert fortschreite. Es gebe daher keine fachgerechte Verkehrsprognose im Hinblick auf die Variantenbetrachtung für das Prognosejahr 2030. Dieses Vorbringen der Kläger überzeugt nicht. Wie bereits dargelegt, enthält die Untersuchung „Verkehrserhebungen im westlichen Stadtgebiet der Stadt Wunstorf“ eine Überprüfung der Annahmen für die Ermittlung des Prognosejahrs 2030. Dabei wird entgegen der Auffassung der Kläger auch der konkrete Untersuchungsraum betrachtet, namentlich die strukturellen Entwicklungen durch die großflächige Gewerbeentwicklung im Süden Wunstorfs im Rahmen der Entwicklung des „Logistikkonzeptes Barsinghausen/Wunstorf“. Die Untersuchung kommt insoweit zu dem Ergebnis, dass aufgrund der relativ geringen Verkehrszunahme und der Unsicherheiten hinsichtlich der Flächenausweisungen die Prognoseannahmen des Verkehrsgutachtens aus dem Jahr 2009 weiterhin Bestand hätten. Vor diesem konkreten Hintergrund ist es dann auch nicht zu beanstanden, wenn in der Untersuchung weiter davon ausgegangen wird, dass aufgrund des sehr langsamen Anstiegs bzw. einer Stagnation des Verkehrsaufkommens die Prognoseverkehrsmengen der Verkehrsuntersuchung 2009 auch für das Jahr 2030 anzusetzen seien (vgl. Ziffer 3.2 der Unterlage „Verkehrserhebungen im westlichen Stadtgebiet der Stadt Wunstorf“ und der H. vom 10. Juni 2014).

Soweit die Kläger rügen, dass die Verkehrsuntersuchung 2009 für eine Beurteilung der Wirkungen der Umfahrungen nur bedingt geeignet sei, weil für wesentliche Abschnitte der B 441 für die beiden Planfälle Nordumgehung und Südumgehung keine Angaben zu den Verkehrsbelastungen gemacht würden, kann dem nicht gefolgt werden. Eine detaillierte Darstellung der Verkehrsmengen für die Planfälle Nordumgehung und Süd-umgehung enthalten die Abbildungen 4.5 (Verkehrsmengen P1 Nordumgehung) und 4.13 (Verkehrsmengen P3 Südumgehung); die jeweiligen Differenzen der Verkehrsmengen der Planfälle Nordumgehung und Südumgehung zu dem Planungsnullfall werden in den Abbildungen 4.6 (Verkehrsmengen Differenz P1 - Planungsnullfall) und 4.14 (Verkehrsmengen Differenz P3 - Planungsnullfall) dargestellt. Erfasst werden alle wesentlichen Straßenzüge.

(2)

Der Vergleich von Fahrstrecke, Reisezeit und Reisegeschwindigkeit (Qualität des Verkehrsablaufs) der untersuchten Varianten weist keine beachtlichen Abwägungsfehler auf.

Die Kläger rügen insoweit zunächst, dass der angestellte Vergleich von Fahrstrecke, Reisezeit und Reisegeschwindigkeit verfälschend sei, weil für sämtliche Varianten als Beginn die Anschlussstelle Wunstorf-Luthe der A 2 gewählt worden sei. Für die Variante S3, die an der Anschlussstelle Wunstorf-Kolenfeld beginne, sei dies nicht sachgerecht, da auf diese Weise sowohl die Streckenlänge als auch die Reisezeit künstlich heraufgerechnet würden. Kein Verkehrsteilnehmer würde von Hannover kommend die Südumgehung S3 über den Umweg über die Abfahrt Wunstorf-Luthe nutzen. Die tatsächlich in den Vergleich einzustellende Streckenlänge für die Variante S3 betrage damit lediglich 8,3 km statt 12,5 km und sei damit kürzer als die Nordumgehung. Dieses Vorbringen der Kläger überzeugt nicht. Sowohl in der Unterlage „Betrachtung der Varianten für die OU Wunstorf im Zuge der B 441“ vom Mai 2015 (vgl. dort Seite 3) als auch in dem Planfeststellungsbeschluss der Beklagten (vgl. dort Seite 85) wird zu Recht darauf hingewiesen, dass - um die einzelnen Fahrstrecken der jeweiligen Variante sachgerecht bewerten zu können - gleiche Vergleichsvoraussetzungen geschaffen werden müssen. Dies bedeutet, dass im Variantenvergleich bei der Ermittlung der Kriterien Fahrstrecke, Reisezeit und Reisegeschwindigkeit der Start- und Zielpunkt der untersuchten Varianten gleich sein müssen. Tatsächlich weisen die untersuchten Varianten östlich von Wunstorf jedoch unterschiedliche Standorte des Baustreckenbeginns auf, während sie in etwa den gleichen Einbindepunkt im Westen von Wunstorf bei Bokeloh aufweisen. Zur Herstellung der Vergleichbarkeit wurde daher für alle Varianten ein einheitlicher Baustreckenbeginn an der Anschlussstelle Wunstorf-Luthe an der A2 sowie ein Baustreckenende an der Einbindung der Neubaustrecke nördlich von Bokeloh gewählt. Bei der Variante S3 wird demnach der Streckenabschnitt zwischen der Anschlussstelle Wunstorf-Kolenfeld und der Anschlussstelle Wunstorf-Luthe im Zuge der A 2 berücksichtigt. Der Planfeststellungsbeschluss weist insoweit darauf hin, dass diese Streckenführung und darauf basierende Annahmen allein Vergleichszwecken dienten. Dementsprechend sei das Ergebnis nicht gleichzusetzen mit der Berechnung von Reisezeiten und -geschwindigkeiten innerhalb einer Verkehrsuntersuchung auf der Grundlage eines Verkehrsmodells. Sie, die Planfeststellungsbehörde, befinde die gewählte Methode als geeignet und ausreichend für die fachplanerische Alternativenprüfung. Diese Bewertung ist aus der Sicht des Senats nicht zu beanstanden. Die Festlegung des gemeinsamen Startpunkts der Varianten an der Anschlussstelle Wunstorf-Luthe erscheint zur Herstellung der Vergleichbarkeit sachgerecht und abwägungsfehlerfrei. Zum einen ist bereits die derzeitige B 441 über diese Anschlussstelle an die A 2 angebunden. Zum anderen ist ein Großteil der Verkehre in Richtung Norden (Hannover) ausgerichtet (vgl. Seite 14 der Variantenbetrachtung 2015 unter Bezugnahme auf die Verkehrsuntersuchungen). Auf Basis dieser Vergleichsannahmen zur Fahrstreckenlänge weist die Variante S3 infolge des Umwegs über die L 392 und die A 2 mit 12,5 km die längste Fahrstrecke auf.

Soweit die Kläger meinen, trotz der etwas längeren Strecke sei mit einer Verkürzung der Reisezeit zu rechnen, da bei der angestellten Betrachtung ein längeres Teilstück der Variante S3 über die - kreuzungsfreie - Autobahn A 2 geführt werde und insoweit schnellere Durchfahrtsmöglichkeiten bestünden, ist dies durch die Berechnungen in der Unterlage „Betrachtung der Varianten für die OU Wunstorf im Zuge der B 441“ vom Mai 2015 (vgl. dort Seite 4), auf die der Planfeststellungsbeschluss Bezug nimmt, widerlegt. Es wird dort auf einer Strecke von 3.800 m eine Streckengeschwindigkeit von 100 km/h berücksichtigt; angesetzt wurde eine Regelgeschwindigkeit auf der Autobahn von 130 km/h. Die von den Klägern hervorgehobenen schnelleren Durchfahrtsmöglichkeiten auf der A 2 sind damit berücksichtigt worden. Trotz der streckenweisen Führung über die A 2 mit höherer zulässiger Geschwindigkeit führt die längere Fahrstrecke der Variante S3 in Verbindung mit den lichtsignalgesteuerten Knotenpunkten dazu, dass die Variante S3 die längste Fahrzeit (13,21 min) aufweist. Die Kläger haben dies nicht substantiiert in Frage gestellt. Die Beklagte hat ihrerseits zusätzlich darauf hingewiesen, dass die A 2 zwischen der Anschlussstelle Wunstorf-Kolenfeld und der Anschlussstelle Wunstorf-Luthe ein Stau- und Unfallschwerpunkt sei, wodurch sich die Reisezeit noch erhöhen könne.

Die Kläger bestreiten in diesem Zusammenhang weiter, dass für die Variante S3 acht lichtsignalgesteuerte Knotenpunkte objektiv erforderlich seien. Es sei versäumt worden zu prüfen, ob für die Südvariante S3 nicht auch teilplanfreie Knoten möglich seien, so dass sich die Reisezeit weiter verkürze. Dieser Vortrag der Kläger verbleibt bei einer reinen Behauptung und ist völlig unsubstantiiert. Die Kläger legen nicht dar, auf welche lichtsignalgesteuerten Knotenpunkte aus ihrer Sicht verzichtet werden könnte. Im Übrigen hat die Beklagte dargelegt, dass in der Unterlage „Betrachtung der Varianten für die OU Wunstorf im Zuge der B 441“ vom Mai 2015 (vgl. dort Seiten 4, 7 ff. und 13) die angesetzten Lichtsignalanlagenstandorte noch einmal überprüft und aktualisiert worden seien. Danach sei die Nordumgehung vorzugswürdig, auch wenn die Unterschiede zwischen den Varianten nicht signifikant seien.

Soweit die Kläger in diesem Zusammenhang vortragen, dass aufgrund der erhöhten Verkehrsbelastung durch den Logistikschwerpunkt der Abschnitt der B 441 zwischen der Hauptstraße und der Adolf-Oesterheld-Straße auf vier Fahrspuren ausgebaut werden müsse, so dass sich die Länge der Ausbaustrecke der Nordvariante auf 900 m erhöhe, und dass der Ausbau der L 392, der für die Südvariante S3 angerechnet werde, unabhängig von der Südvariante S3 notwendig sei, so dass die entsprechende Streckenlänge dort abgezogen werden müsse, ist dieses Vorbringen im Zusammenhang mit den Kriterien Fahrstrecke, Reisezeit und Reisegeschwindigkeit nicht abwägungsrelevant. Die Länge der Ausbaustrecke mag für den Kostenvergleich relevant sein, d. h. für die Frage, welche Ausbaukosten den jeweiligen Varianten zuzuschlagen sind (vgl. dazu die nachfolgenden Ausführungen zum Ausbau der L 392 und zu den Kosten). Die Länge der Fahrstrecke und auch die Reisezeit für die Südvariante S3 sind jedoch nicht davon abhängig, ob die Ausbaukosten für die L 392 der Südvariante zugerechnet werden oder nicht. Der - zur Herstellung der Vergleichbarkeit gewählte - Start- und Zielpunkt der Varianten (Start: Anschlussstelle Wunstorf-Luthe an der A2, Ziel: Einbindung der Neubaustrecke nördlich von Bokeloh) bleibt in beiden Fällen gleich; die Fahrstrecke führt über die L 392.

(3)

Ebenfalls nicht zu beanstanden sind die Einschätzungen der Beklagten zur Verkehrswirksamkeit und Entlastungswirkung der einzelnen Varianten.

Wesentliches Planungsziel der Ortsumgehung Wunstorf ist - wie bereits dargelegt - die Entlastung der Ortsdurchfahrt von Durchgangsverkehr, einhergehend mit der Erhöhung des Verkehrsflusses und der Verkehrsqualität sowie der Verbesserung des Verkehrsablaufs auf der B 441. Die Beklagte ist abwägungsfehlerfrei zu dem Ergebnis gelangt, dass diese Ziele von den drei Südvarianten schlechter erreicht werden als die Varianten Nordumgehung und Verlängerte Hochstraße, da die Entlastungswirkung im Stadtzentrum von Wunstorf insgesamt deutlich schlechter ist (vgl. Seite 86 f. des Planfeststellungsbeschlusses). Dieses Ergebnis ergibt sich aus dem Variantenvergleich in der „Verkehrsuntersuchung B 441 - Ortsumgehung Wunstorf“ der Planungsgemeinschaft Dr.-Ing. G. (H.) vom 09. Februar 2009, ergänzt durch die Unterlagen „Verkehrserhebungen im westlichen Stadtgebiet der Stadt Wunstorf“ und „Verkehrliche Auswirkungen der Logistikansiedlung im westlichen Stadtgebiet der Stadt Wunstorf“ der H. jeweils vom 10. Juni 2014.

Die Kläger rügen, dass der Variantenvergleich in der Verkehrsuntersuchung 2009 die veränderte Verkehrs- und Bebauungssituation südlich von Wunstorf nicht gekannt habe und diese daher nicht angemessen habe berücksichtigen können. Die Entlastungswirkung könne sich durch die Entwicklung des Logistikstandortes zugunsten der Südumgehung geändert haben. Die Vorteile einer Südumfahrung im Bereich des zu entwickelnden Logistikschwerpunktes müssten ermittelt und abgewogen werden. Zudem seien im Südbereich auch neue Wohngebiete entstanden, die von einer Entlastung durch die Südumgehung profitieren könnten.

Diesem Vorbringen der Kläger kann im Wesentlichen aus den bereits angeführten Gründen, auf die an dieser Stelle verwiesen werden kann, nicht gefolgt werden. Die Verkehrsuntersuchungen - und darauf aufbauend auch die Variantenentscheidung der Beklagten - berücksichtigen bei den Prognoseannahmen die aktuellen strukturellen Entwicklungen in der Stadt Wunstorf, insbesondere die Gewerbeentwicklungen im südlichen Stadtgebiet von Wunstorf, mit plausiblen Annahmen. Unter Auswertung der Machbarkeitsstudie „Logistikschwerpunktstandort Barsinghausen-Wunstorf (Hannover West)“ der AB. vom März 2012 kommen die Verkehrsuntersuchungen der H. vom Juni 2014 zu dem Ergebnis, dass die Verkehre aus den Gewerbegebieten im Süden von Wunstorf und insbesondere auch die durch den Logistikschwerpunkt Barsinghausen-Wunstorf neu induzierten Verkehre in starkem Maße autobahnaffin und in Richtung Osten (Hannover) und nicht auf die Innenstadt von Wunstorf ausgerichtet sind (vgl. Seite 8 der Unterlage „Verkehrliche Auswirkungen der Logistikansiedlung im westlichen Stadtgebiet der Stadt Wunstorf“ der H. vom 10. Juni 2014; Seite 17 der Machbarkeitsstudie von AB.). Diese Verkehre können in Richtung Osten zur Autobahn A 2 die bereits bestehenden Verkehrsverbindungen nutzen. Sie sind über die L 392 an die Anschlussstelle Wunstorf-Kolenfeld und über die Adolf-Oesterheld-Straße an die B 441 und von dort an die Anschlussstelle Wunstorf-Luthe angebunden. Vor diesem Hintergrund ist die Einschätzung der Beklagten, die durch den Logistikschwerpunkt neu induzierten Verkehre würden zum überwiegenden Anteil die Südumgehung S3, die von der L 392 Richtung Westen führt, nicht nutzen, plausibel und nicht zu beanstanden. Bestätigt wird diese Einschätzung durch die von der Beigeladenen vorgelegte „Verkehrsuntersuchung Knotenpunkt Adolf-Oesterheld-Straße/Lise-Meitner-Straße in Wunstorf“ der H. vom 05. April 2018. Danach wird sich der Verkehr aus den Gewerbegebieten, insbesondere der Schwerverkehr, sehr stark nach Süden Richtung A 2 orientieren. Eine Aussage dahingehend, dass eine Südumgehung nur für Verkehre in Richtung Westen nutzbar sein solle, hat die Beklagte - entgegen der Auffassung der Kläger - in diesem Zusammenhang nicht abgegeben. Sie hat lediglich darauf verwiesen, dass die durch den Logistikschwerpunkt induzierten Verkehre in Richtung Osten ausgerichtet seien und die Südumgehung nicht nutzen würden. Da die durch den Logistikschwerpunkt neu induzierten Verkehre nicht auf die Innenstadt von Wunstorf ausgerichtet sind, führt eine Südumgehung insoweit auch nicht zu einer besseren Erreichung des Planungsziels der Entlastung der Ortsdurchfahrt vom Durchgangsverkehr. Soweit die Kläger meinen, die umfangreichen Gewerbeflächen und Arbeitsplatzstandorte seien nur über die Südumgehung erreichbar, trifft dies ersichtlich nicht zu. Wie dargelegt, sind sie bereits jetzt über die L 392 und die Adolf-Oesterheld-Straße an das bestehende Verkehrsnetz angebunden. Im Falle der Realisierung der Nordumgehung könnten Erschließungsverkehre aus nördlicher Richtung über die B 441 in die neuen Gewerbegebiete im Süden geführt werden. Hinsichtlich der neu entstandenen Wohngebiete im Süden von Wunstorf hat die Beklagte darauf hingewiesen, dass die Zunahme der Verkehrsstärken durch die neuen Siedlungsgebiete auf der Nord- bzw. der Südvariante der Ortsumgehung sehr gering und nicht bemessungsrelevant sei. Dies haben die Kläger nicht substantiiert in Frage gestellt. Im Übrigen ist mit der Beklagten darauf hinzuweisen, dass die diesbezügliche Kritik der Kläger die Planungsziele des Bundesfernstraßenprojekts verkennt. Ortsumgehungen sind anbaufrei zu führen und weisen explizit keine Gewerbe- oder Wohngebietserschließung auf, um eine verbesserte Reisegeschwindigkeit, eine optimale Reisequalität und eine maximale Verkehrssicherheit garantieren zu können.

Die Kläger machen weiter geltend, dass auf Seite 87 des Planfeststellungsbeschlusses bestätigt werde, dass die Reduzierung der Verkehrsbelastung im Stadtzentrum von Wunstorf bei den Südvarianten nicht geringer sei als bei der Nordvariante. Die Südumgehung habe Relevanz für die Entlastung der Innenstadt. Ob der Durchfahrtverkehr von Osten nach Westen oder umgekehrt über die Nordumfahrung oder die Südumfahrung fließe, dürfte keinen Unterschied machen. Auch die bessere Passierbarkeit in Nord-Südrichtung spreche nicht entscheidend für die Nordumgehung. Für die Entlastung der Hochstraße gebe es keine Notwendigkeit, weil dort keine Verkehrsprobleme bestünden und auch keine Wohnbebauung angrenze. Dieser Umstand könne daher nicht gegen die Südvarianten angeführt werden. Dasselbe gelte für die Ortsdurchfahrten von Luthe und Blumenau. Eine übermäßige Verkehrsbelastung der Ortsdurchfahrten habe bisher nicht festgestellt werden können. Die Entlastung von Straßen, für die keine relevante Entlastungsnotwendigkeit bestehe, könne nicht zum Argument für die Nordvariante werden. Im Hinblick auf die angestrebte Entlastungswirkung sei die Variante S3 daher mit der Nordumgehung vergleichbar.

Auch mit diesem Vorbringen dringen die Kläger nicht durch. Zwar ist ihnen zuzustimmen, dass die Reduzierung der Verkehrsbelastung im Stadtzentrum von Wunstorf bei den Südvarianten etwa vergleichbar ist mit der Entlastungswirkung der Variante Nordumgehung. Unabhängig davon, dass die Hochstraße bei der Variante Südumgehung deutlich geringer entlastet wird als bei der Nordumgehung, werden aber insbesondere die Ortsdurchfahrten von Blumenau und Luthe bei einer Südumgehung kaum entlastet. Dies ist anders bei der Variante Nordumgehung: Bei Realisierung der Nordumgehung kommt es in den Ortsdurchfahrten von Blumenau und Luthe zu einer deutlichen Reduzierung des Verkehrs zwischen 3.000 und 5.000 Kfz/24 h (vgl. Seiten 37 ff. und 47 ff. der Verkehrsuntersuchung 2009; Seite 87 des Planfeststellungsbeschlusses). Entgegen der Auffassung der Kläger sind diese positiven Entlastungswirkungen in die Variantenuntersuchung einzubeziehen und zugunsten der Nordumgehung zu berücksichtigen, auch wenn sich isoliert betrachtet aus der aktuellen Belastung im Ortsbereich von Blumenau kein Erfordernis einer Ortsumgehung begründen lassen sollte. Denn zu erfassen sind die positiven und die negativen Auswirkungen auf das gesamte Straßennetz im Einflussbereich der Varianten. Es ist legitim, bei der Trassenwahl darauf abzustellen, dass lokale Verkehrsströme umgelenkt werden und dadurch das nachgeordnete Straßennetz entlastet wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.05.2002 - 4 A 28.01 -, juris). Auch wenn die Entlastung von Kfz-Verkehr im Bereich der Ortsdurchfahrten Luthe und Blumenau nicht als vorrangiges Ziel definiert war, wird mit der Planung der Ortsumgehung Wunstorf auch das Ziel verfolgt, das nachgeordnete Straßennetz vom regionalen und überregionalen Durchgangsverkehr zu entlasten und in den Ortsdurchfahrten Luthe und Blumenau die Lärm- und Schadstoffbelastung zu verringern und die Wohn-, Lebens- und Aufenthaltsqualität zu verbessern (vgl. Seite 70 des Planfeststellungsbeschlusses). Diese Planungsziele werden mit der Nordumgehung wesentlich besser erreicht als mit der Südumgehung. Durch die Verringerung der Verkehrsstärken auf den Ortsdurchfahrten Luthe und Blumenau reduziert sich die innerörtliche Trennwirkung durch den Straßenzug und die Verkehrssicherheit wird erhöht. Einhergehend mit der Reduzierung der Verkehrsbelastung reduziert sich die Beeinträchtigung der Anwohner durch Verkehrslärm und Schadstoffemissionen. Die Wohn- und Aufenthaltsqualität wird erhöht. Die Verbesserung der Verkehrssicherheit sowie die Minderung schädlicher Umwelteinwirkungen gehören zu den Gründen, die bei der Abwägungsentscheidung berücksichtigungsfähig sind. Es sind insoweit keine detaillierten und vergleichenden Untersuchungen notwendig. Es reicht aus, wenn die von der Behörde behaupteten positiven Wirkungen des Vorhabens auf diese Belange durch Erfahrungswissen abgesichert sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.03.2008 - 9 A 3.06 -, juris; Urteil des Senats vom 22.04.2016 - 7 KS 27/15 -, juris). Das trifft hier ohne weiteres zu.

Neben diesen positiv zu berücksichtigenden Entlastungswirkungen für die Ortsdurchfahrten Luthe und Blumenau ist zugunsten der Nordumfahrung zu Recht in die Variantenentscheidung eingestellt worden, dass ein Schwerpunkt der Durchgangsverkehre - neben der eigentlichen Hauptrichtung der B 441 (West - Ost) - in die nördliche und nordwestliche Richtung verläuft (vgl. Seite 25 f. der Verkehrsuntersuchung 2009). Die Durchgangsverkehre in die nördlichen Regionen der Beigeladenen bzw. in Nord-Süd-Richtung können sachgerechter durch die Nordumgehung aufgenommen werden. Durch das überlastete Stadtgebiet von Wunstorf verläuft nicht nur die B 441, sondern auch die B 442 (Nord - Süd). Die Nordumgehung ermöglicht es, diese aus dem Norden kommenden Verkehre über die B 441 und dann über die Straße Am Hohen Holz mit der bestehenden B 442 zu verknüpfen, so dass dieser Verkehr das Stadtgebiet von Wunstorf nicht mehr queren muss. Daneben können - wie bereits dargelegt - insbesondere auch die Erschließungsverkehre aus nördlicher Richtung in die neuen Gewerbegebiete im Süden über die Nordvariante zu den Gewerbeflächen geführt werden. Diese Verkehre würden bei Realisierung einer Südumgehung weiterhin das Stadtzentrum von Wunstorf bzw. die Ortsdurchfahrten von Luthe und Blumenau belasten und nicht die südliche Ortsumgehung nutzen, zumal die Streckenführung über die A 2 insoweit einen Umweg darstellen würde (vgl. Seite 86 ff. des Planfeststellungsbeschlusses). Daraus resultiert eine geringe Verkehrswirksamkeit der Südumgehungen. Der Auffassung der Kläger, eine bessere Passierbarkeit in Nord-Südrichtung spreche nicht entscheidend für die Nordumgehung, da die 2.900 Kfz/24 h zwischen Blumenau und der B 441 nur für einen Teilabschnitt der Nordumgehung als Durchgangsverkehr zu werten seien, kann vor diesem Hintergrund nicht gefolgt werden.

Die Einschätzung der Beklagten, für die Verkehre aus den Neubaugebieten nordwestlich von Wunstorf in den Gemeinden Hagenburg (mit Gemeindeteil Altenhagen) und Rehburg böte eine Südumgehung im Vergleich zu einer Nordumgehung keinen Vorteil, ist ebenfalls nicht zu bemängeln. Die Beklagte hat dargelegt, dass Hauptfahrtrichtung für diese Verkehre der Osten sei und dass insoweit die Fahrstrecke bis zur Anschlussstelle Wunstorf-Luthe bei der Nordumgehung kürzer sei. Dies ist ohne weiteres nachvollziehbar. Im Übrigen hat die Beklagte - wie dargelegt - darauf hingewiesen, dass die Zunahme der Verkehrsstärken durch die neuen Siedlungsgebiete auf der Nord- bzw. der Südvariante der Ortsumgehung sehr gering und nicht bemessungsrelevant sei.

Schließlich durfte die Beklagte im Rahmen der Variantenbetrachtung abwägungsfehlerfrei zugunsten der Nordumgehung berücksichtigen, dass die prognostizierten Verkehrsstärken auf der Nordumgehung zwischen etwa 12.050 und 25.000 Kfz/24 h betragen, die auf der Variante S3 nur zwischen etwa 9.450 und 15.200 Kfz/24 h (vgl. Seiten 37 ff. und 47 ff. der Verkehrsuntersuchung 2009). Auch daraus wird deutlich, dass die Verkehrswirksamkeit der Nordumgehung wesentlich größer ist als die einer Südumgehung. Soweit die Kläger bemängeln, dass sich der von der Beklagten genannte Abschnitt mit 25.000 Kfz/24 h nicht als Vergleichszahl eigne, da er nicht zur Nordumgehung gehöre, beruht diese Zahl offenbar auf einer bloßen Unschärfe. In der Abbildung 4.4 der Verkehrsuntersuchung 2009 wird als Belastung der Nordumgehung im östlichen Bereich ein Wert von 25.200 Kfz/24 h angegeben; die Abbildung suggeriert, dass diese Belastung auch für den Bereich der Nordumgehung ab der Einmündung der Hochstraße bis zum Baustreckenende gilt. Betrachtet man die differenzierte Aufschlüsselung der Verkehrsmengen in der Abbildung 4.5 der Verkehrsuntersuchung 2009, handelt es sich dort tatsächlich wohl nur um eine Verkehrsbelastung von 24.481 Kfz/24 h. Dies vermag die größere Verkehrswirksamkeit der Nordumgehung nicht in Frage zu stellen. Soweit Y. in der „Fachgutachterlichen Stellungnahme zur vom Büro H. vorgelegten Matrix der Verkehrsbeziehungen zur OU Wunstorf B441n“ vom August 2019 aufgrund einer Analyse der Verkehrsmatrix der Südumgehung eine höhere Verkehrswirksamkeit bestätigt als der Nordumgehung, ist dieses Vorbringen - wie bereits dargelegt - außerhalb der Klagebegründungsfrist des § 6 UmwRG bzw. § 4a Abs. 1 UmwRG a. F. erfolgt und kann daher keine Berücksichtigung finden.

Soweit die Kläger unter Bezugnahme auf Y. schließlich meinen, es sei dem Planungsträger zuzumuten, Abstriche in gewissem Ausmaß von seinen Planungszielen hinzunehmen, wenn das Ziel des Vorhabens in seiner Gesamtheit nicht gefährdet sei, kann dem nicht gefolgt werden. Vorliegend gilt - wie dargelegt - der Maßstab der fachplanerischen Variantenentscheidung, wonach die Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit bei der Auswahl zwischen verschiedenen Trassenvarianten erst dann überschritten sind, wenn eine andere als die gewählte Linienführung sich unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere darstellen würde, wenn sich mit anderen Worten diese Lösung der Behörde hätte aufdrängen müssen. Diese fachplanerische Variantenentscheidung ist nicht zu verwechseln mit der Alternativenprüfung im Rahmen einer Abweichungsentscheidung nach § 34 Abs. 3 Nr. 2 BNatSchG. Ist eine Alternativlösung vorhanden, so hat der Gebietsschutz nach der Konzeption der FFH-Richtlinie Vorrang. Insoweit hat der Vorhabenträger Abstriche vom Zielerfüllungsgrad in Kauf zu nehmen (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.01.2004 - 4 A 11.02 -, juris; Urteil des Senats vom 22.04.2016 - 7 KS 27/15 -, juris). Vorliegend wird aber - wie dargelegt - keine erhebliche Beeinträchtigung eines FFH-Gebiets durch die Nordumgehung verursacht, so dass allein der Maßstab der fachplanerischen Variantenentscheidung gilt.

Die Entscheidung der Beklagten, die Nordumgehung bezüglich der Verkehrswirksamkeit und der Führung der Durchgangsverkehre außerhalb von Ortsdurchfahrten gegenüber einer Südumgehung als deutlich vorzugswürdig einzustufen, erweist sich vor diesem Hintergrund als abwägungsfehlerfrei.

(4)

Es sind keine erheblichen Abwägungsfehler hinsichtlich der erforderlichen Aus- und Umbaumaßnahmen auf der L 392 und an der Anschlussstelle Wunstorf-Kolenfeld bei Realisierung der Südvariante S3 erkennbar.

Die Kläger tragen vor, dass der erforderliche Ausbau der L 392 im Falle der Realisierung der Südvariante S3 nicht als Argument gegen diese Variante angeführt werden könne. Denn ein entsprechender Ausbau sei wegen der aktuellen Entwicklung des Bereichs südlich von Wunstorf und den geplanten Gewerbegebieten ohnehin erforderlich. Eine Zunahme von bis zu 6.000 Kfz/24 h bedinge einen Ausbau. Dieser habe seine Ursache in der Erschließung des Logistikschwerpunktes. Da die L 392 und die Autobahnanschlussstelle Wunstorf-Kolenfeld daher ohnehin für die Stadtentwicklung ausgebaut werden müssten, könnten die Baukosten nicht der Variante S3 zugeschlagen werden.

Damit zeigen die Kläger keinen erheblichen Abwägungsfehler auf. Ausweislich der Machbarkeitsstudie „Logistikschwerpunktstandort Barsinghausen-Wunstorf (Hannover West)“ der AB. vom März 2012 ist ein großer Teil des Verkehrs des geplanten Logistikschwerpunkts auf die A 2 ausgerichtet, die über die L 392 und die Anschlussstelle Wunstorf-Kolenfeld erreicht wird. Die Verkehrsbelastung auf der L 392 wird deshalb gegenüber der Analyse um 5.000 bis 6.000 Kfz/Werktag ansteigen. Wie bereits ausgeführt, handelt es sich dabei um realistische Zahlen. AB. kommt zu dem Ergebnis, dass aufgrund dieser Erhöhung der Verkehrsbelastung Maßnahmen zur Verbesserung des Verkehrsablaufs erforderlich sind und stellt diese in einem Erschließungs- und Maßnahmenkonzept zusammen. Danach ist (nur) eine Anpassung der bestehenden Knotenpunkte des nachgeordneten Netzes (Gewerbeerschließungsstraßen) mit der L 392 erforderlich. Unter dieser Voraussetzung kann nach AB. das Verkehrsaufkommen vom angrenzenden Straßennetz aufgenommen werden (vgl. Seite 17 f. der Machbarkeitsstudie von AB.). Ein weitergehender Ausbaubedarf der L 392 wird nach dieser Studie - entgegen der Auffassung der Kläger - durch die Entwicklung des Logistikschwerpunktes nicht hervorgerufen.

Allerdings erscheint auf der Grundlage dieser sachverständigen Aussage die Annahme der Beklagten, bei Realisierung der Variante S3 würde sich die Verkehrsbelastung im Zuge der L 392 derart erhöhen, dass ein Ausbau der L 392 (Erhöhung des Straßenquerschnitts, Anpassung der Knotenpunkte, Neubau bzw. Verbreiterung der Brücke über den Mittellandkanal, Umbau der Anschlussstelle Wunstorf-Kolenfeld) erforderlich würde, widersprüchlich. Nach den Ergebnissen der Verkehrsuntersuchungen der H. steigt die Verkehrsbelastung auf der L 392 von rund 11.900 Kfz/24 h im Prognosenullfall auf rund 17.100 Kfz/24 h bei Realisierung der Variante S3 im Prognosehorizont 2025 (vgl. Abbildungen 4.1 und 4.12 der Verkehrsuntersuchung 2009). Die Zunahme beträgt 5.187 Kfz/24 h (vgl. Abbildung 4.14 der Verkehrsuntersuchung 2009). Es ist nicht erkennbar, warum die Erhöhung der Verkehrsbelastung durch die Südumgehung um 5.187 Kfz/24 h einen Ausbau der L 392, des Brückenbauwerks über den Mittellandkanal und der Anschlussstelle Wunstorf-Kolenfeld erfordern soll, die Erhöhung der Verkehrsbelastung von 5.000 bis 6.000 Kfz/24 h durch die Entwicklung des Logistikschwerpunkts jedoch nicht. Die Verkehrsmengen sind vergleichbar. Entweder macht eine solche Verkehrsmenge einen Ausbau erforderlich oder nicht; die Ursache für die Verkehrserhöhung kann insoweit keine Rolle spielen.

Der Planfeststellungsbeschluss geht - den aufgezeigten Widerspruch auflösend - davon aus, dass eine entsprechende Verkehrsmenge einen Ausbaubedarf begründet, und zwar sowohl aus Anlass der Südumgehung als auch aus Anlass des Logistikstand-ortes. Es heißt, dass die prognostizierte Verkehrsmenge von rund 17.000 Kfz/24 h bei Realisierung der Variante S3 die Leistungsfähigkeit der bestehenden L 392 übersteige, so dass ein Ausbau auf einen dreistreifigen Querschnitt zur Einrichtung einer 2+1-Betriebsform erforderlich werde (RQ 11,5+ oder 15,5). Ein Neubau bzw. eine Verbreiterung der Brücke über den Mittellandkanal sei notwendig, da gerade dieser Streckenabschnitt der L 392 der am stärksten belastete Abschnitt sei. Notwendig werde auch ein vollständiger Umbau der Anschlussstelle Wunstorf-Kolenfeld (vgl. Seite 86 des Planfeststellungsbeschlusses unter Bezugnahme auf Seite 5 ff. der Unterlage „Betrachtung der Varianten für die OU Wunstorf im Zuge der B 441“ vom Mai 2015). Weiter heißt es in dem Planfeststellungsbeschluss, dass die Verkehrsbelastung der L 392 weiter steigen würde, wenn sich die Planungen der Region Hannover und der Stadt Wunstorf für einen trimodalen Logistikstandort im Bereich Barsinghausen/Wunstorf verfestigten. Nach den Untersuchungen würde sich die Verkehrsmenge bei vollständiger Entwicklung des Logistikstandortes um 5.000 bis 6.000 Kfz/24 h auf der L 392 erhöhen, so dass bei Realisierung der Variante S3 der Verkehr auf dem südlichen Abschnitt der L 392 bis zur Anschlussstelle Wunstorf-Kolenfeld auf rund 22.000 Kfz/24 h steigen würde. Die ohnehin erforderlichen Aus- und Umbaumaßnahmen an der L 392 und der Anschlussstelle müssten deutlich intensiviert werden. Möglicherweise würde ein zweibahniger, vierstreifiger Querschnitt RQ 21 erforderlich (vgl. Seite 86 des Planfeststellungsbeschlusses unter Bezugnahme auf Seite 7 ff. der Variantenbetrachtung 2015). Der Planfeststellungsbeschluss sieht damit einen jeweils gesonderten Ausbaubedarf der L 392, der zunächst aus einer Erhöhung der Verkehrsbelastung durch die Südumgehung und dann möglicherweise zusätzlich durch den - noch in Planung befindlichen - Logistikstandort entsteht. Dies ist nachvollziehbar und plausibel. Die Feststellung der Beklagten, dass die Variante S3 unabhängig von der derzeit fehlenden planerischen Verfestigung des Logistikstandortes auf jeden Fall umfassende Ertüchtigungsmaßnahmen an der L 392 und der Anschlussstelle Wunstorf-Kolenfeld erforderlich mache (vgl. Seite 86 des Planfeststellungsbeschlusses), erweist sich - vor dem Hintergrund der entsprechenden Ausführungen in der Variantenbetrachtung 2015 - als abwägungsfehlerfrei. Da der Logistikstandort noch nicht planerisch verfestigt ist, können die Kläger nicht darauf verweisen, dass ein Ausbau der L 392 ohnehin, d. h. auch ohne Realisierung der Südumgehung, erforderlich sei. Dies ist ungewiss. Herr AT. von der Beigeladenen hat in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass von der Gesamtfläche des geplanten Gewerbegebietes derzeit nur ca. ein Viertel realisiert sei. Vielmehr sind die Ausbaukosten, die - jedenfalls auch - durch eine Südumgehung entstehen, primär dieser zuzurechnen.

Selbst wenn man - mit den Klägern - weiterhin einen Widerspruch in den Aussagen der Beklagten hinsichtlich der Erforderlichkeit des Ausbaus sehen wollte, wäre dieser Abwägungsfehler nicht erheblich im Sinne des § 75 Abs. 1a VwVfG, da er nicht auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen ist. Die Frage, ob die Südvariante S3 einen Ausbau der L 392 erforderlich macht und ob die Ausbaukosten der Südvariante zuzuschlagen sind, ist im Wesentlichen im Rahmen des Kostenvergleichs der Varianten (Länge der Baustrecke) relevant (vgl. dazu auch noch die untenstehenden Ausführungen zu den Kosten). Die Beklagte hat bei der Variante S3 neben den Kosten für die Neubaustrecke (rund 5,3 km) die Kosten für die Ertüchtigungsmaßnahmen an der L 392 auf einer Länge von rund 3 km berücksichtigt. Insgesamt gehen aus den Kostenschätzungen für die Variante S3 Baukosten in Höhe von 39,25 Mio. € hervor, für die Nordumgehung in Höhe von 30,10 Mio. €. Die Beklagte ist auf dieser Grundlage zu dem Ergebnis gelangt, dass die Südvarianten bei den Kriterien Baustrecke und Kosten keine Vorteile aufwiesen (vgl. Seite 95 des Planfeststellungsbeschlusses; Seite 43 der Variantenbetrachtung 2015). Würde man der Auffassung der Kläger folgen und die Kosten für den Ausbau der L 392 nicht der Südvariante S3 zuschlagen, wären die geschätzten Baukosten in Höhe von 39,25 Mio. € um 10,04 Mio. € zu reduzieren; dies ist der Betrag, der nach den Kostenschätzungen für die Ertüchtigungsmaßnahmen an der L 392 anfällt (vgl. Seite 43 der Variantenbetrachtung 2015). Es verblieben dann geschätzte Baukosten für die Variante S3 in Höhe von 29,21 €. Selbst wenn man daher die aus Sicht der Kläger erforderliche Anpassung der Kosten vornehmen würde, wären die Baukosten für die Nordumgehung und die Variante S3 nahezu gleich hoch, so dass sich daraus keine eindeutige Vorzugswürdigkeit der Variante S3 ergeben würde. Aber selbst bei Berücksichtigung von geringeren Baukosten für die Variante S3 gegenüber der Nordumgehung erfordert es das Gebot der gerechten Abwägung nicht, dass die kostengünstigere Alternative zu wählen ist, wenn eine kostenintensivere Alternative die gesetzten legitimen Ziele besser erreicht und insgesamt nicht mit einem unverhältnismäßigen Mehraufwand verbunden ist (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 08.02.2007 - 5 S 2257/05 -, juris). Dies ist hier der Fall. Die Nordumgehung erreicht die Planungsziele - wie dargelegt - wesentlich besser und die Baukosten für die Variante S3 wären auch bei der aus Sicht der Kläger erforderlichen Anpassung nur geringfügig geringer als die für die Nordumgehung. Die Südvariante S3 drängt sich daher auch bei dieser Alternativbetrachtung offensichtlich nicht auf, so dass die ein - unterstellter - Abwägungsfehler auf das Abwägungsergebnis nicht von Einfluss gewesen und damit nicht erheblich ist.

(5)

Schließlich sind auch keine Abwägungsfehler hinsichtlich der Kriterien Bündelung von Verkehrsströmen und Netzschluss festzustellen.

Die Kläger machen geltend, dass es hinsichtlich des Netzanschlusses bzw. der Netzfunktion keine aktuelle Untersuchung gebe, die die jetzige Gesamtsituation adäquat beurteile. Bereits jetzt ergäben sich an der Autobahnabfahrt Wunstorf-Luthe erhebliche Kapazitätsprobleme. Entsprechende Probleme könnten sich nach dem Bau der Nordumgehung verstärken. Die Angabe einer Mehrbelastung im Planfall Nordumgehung an der Anschlussstelle Wunstorf-Luthe um etwa 400 Kfz/24 h in der Verkehrsuntersuchung der H. zeige, dass H. die Mehrbelastungen durch den Ausbau des Logistikstandortes nicht zutreffend berücksichtigt habe. Denn nach den Angaben von AB. stiegen die Belastungen auf der B 441 östlich der Anschlussstelle Wunstorf-Luthe um 2.700 Kfz/24 h. Eine Verlagerung eines Teils des Wunstorfer Verkehrs auf die Anschlussstelle Wunstorf-Kolenfeld bei Realisierung der Variante S3 könne für das gesamte Straßennetz eine günstigere Lösung sein.

Auch mit diesem Vorbringen zeigen die Kläger keinen Abwägungsfehler auf. Die Beklagte weist zu Recht darauf hin, dass die Netzfunktion der Varianten und deren Anbindung an das klassifizierte Straßennetz über leistungsfähige Knotenpunkte in den Verkehrsuntersuchungen berücksichtigt worden seien (vgl. die Leistungsfähigkeitsberechnung der Knotenpunkte auf Seite 52 ff. der Verkehrsuntersuchung 2009). Dabei wurden auch - wie bereits mehrfach dargelegt - die strukturellen Entwicklungen im Süden von Wunstorf, insbesondere durch die Entwicklung des Logistikschwerpunktes, berücksichtigt, so dass eine aktualisierte Untersuchung nicht geboten ist. Nach den durchgeführten Verkehrsuntersuchungen sind die prognostizierten Verkehrsbelastungen im Zuge der B 441 im Bereich der Anschlussstelle Wunstorf-Luthe bei der Planungsnullvariante und der Nordumgehung in etwa gleich. Dies hat seinen Grund nach den nachvollziehbaren und schlüssigen Erläuterungen der Beklagten darin, dass die von der Autobahn abfahrenden Verkehre mit dem Ziel Wunstorf sowie die Durchgangsverkehre in nord-/nordwestlicher Richtung schon heute die Anschlussstelle Wunstorf-Luthe und die B 441 befahren. Bei Realisierung der Nordumgehung erhöht sich die Verkehrsbelastung im Zuge der B 441 an der Anschlussstelle Wunstorf-Luthe daher nur um knapp 400 Kfz/24 h (vgl. Abbildung 4.6 der Verkehrsuntersuchung 2009). Diese geringfügige Steigerung durch die Nordumgehung macht keinen Ausbau der Autobahnanschlussstelle Wunstorf-Luthe erforderlich. Sollte es durch den - planerisch noch nicht verfestigten - Logistikschwerpunkt tatsächlich zu einer Zunahme des Verkehrs auf der B 441 im Bereich der Anschlussstelle Wunstorf-Luthe um 2.700 bis 2.800 Kfz/24 h kommen (vgl. Abbildung 15 der Machbarkeitsstudie von AB.), zöge auch dies nach den fachlichen Bewertungen keinen Ausbau der Anschlussstelle Wunstorf-Luthe nach sich; ein entsprechender Ausbau ist im Erschließungs- und Maßnahmenkonzept der Machbarkeitsstudie nicht vorgesehen (vgl. Seite 18 der Machbarkeitsstudie von AB.). Selbst wenn man die Erforderlichkeit eines Ausbaus der Anschlussstelle Wunstorf-Luthe in diesem Fall unterstellen wollte, wäre dieser Ausbau nicht der Nordumgehung, sondern allein dem Logistikschwerpunkt zuzurechnen. Demgegenüber erhöht sich die Verkehrsbelastung im Zuge der L 392 bei Realisierung der Variante S3 im Bereich der Anschlussstelle Wunstorf-Kolenfeld um etwa 5.200 Kfz/24 h (vgl. Abbildung 4.14). Diese Zunahme macht - wie bereits dargelegt - einen Aus- bzw. Umbau der Anschlussstelle Wunstorf-Kolenfeld unabhängig von der Entwicklung des Logistikschwerpunktes notwendig (vgl. Seite 5 ff. der Variantenbetrachtung 2015). Eine Verlagerung des Verkehrs auf die Anschlussstelle Wunstorf-Kolenfeld stellt damit keine günstigere Lösung dar. Vielmehr zeigt sich, dass die Südumgehung gegenüber der Nordumgehung auch insoweit nicht vorzugswürdig ist.

bb)

Abwägungsfehlerfrei erweist sich des Weiteren die Einschätzung der Beklagten zu den Umweltauswirkungen der betrachteten Varianten. Die Beklagte ist abwägungsfehlerfrei zu dem Ergebnis gelangt, dass die Südumgehungen im Vergleich zur Nordumgehung hinsichtlich der Umweltauswirkungen in etwa vergleichbar, tendenziell nachteiliger, jedenfalls nicht eindeutig vorzugswürdig sind (vgl. Seite 88 des Planfeststellungsbeschlusses).

Soweit die Kläger rügen, dass hinsichtlich der Umweltauswirkungen ein genauer Vergleich der Auswirkungen der Nordvarianten und der einzelnen Südvarianten fehle und dass insbesondere eine detaillierte Umweltverträglichkeitsprüfung mit Untersuchungen der konkreten Umweltauswirkungen der drei Südvarianten im Vergleich zu den Umweltauswirkungen der Varianten Nordumgehung und Verlängerte Hochstraße nicht durchgeführt worden sei, führt dies nicht auf einen Abwägungsfehler. Zwar ist den Klägern zuzugestehen, dass es an einer detaillierten Umweltverträglichkeitsprüfung der Südvarianten fehlt. Untersucht wurde im Rahmen der „Umweltverträglichkeitsstudie zur Ortsumgehung Wunstorf im Zuge der B 441“ - Teil II: Raumbezogene Empfindlichkeitsanalyse (Südraum) vom Oktober 1995 jedoch die Empfindlichkeit des Raumes südlich des Siedlungsgebiets der Stadt Wunstorf, der von den Südvarianten durchschnitten wird. Die auf diese Weise gewonnen Erkenntnisse sind für die Bewertung der Umweltauswirkungen der Südvarianten ausreichend, zumal sich die Planfeststellungsbehörde vergewissert hat, dass sich im Betrachtungsraum keine den seinerzeitigen Variantenvergleich in Frage stellenden gravierenden Veränderungen ergeben haben (vgl. Seite 89 des Planfeststellungsbeschlusses). Entgegen der Auffassung der Kläger musste nicht für sämtliche untersuchte Varianten eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden. Denn die Planfeststellungsbehörde ist nicht verpflichtet, die Variantenprüfung bis zuletzt offen zu halten und alle von ihr zu einem bestimmten Zeitpunkt erwogenen Alternativen gleichermaßen detailliert und umfassend zu untersuchen. Auch im Bereich der Planungsalternativen braucht sie den Sachverhalt nur so weit aufzuklären, wie dies für eine sachgerechte Entscheidung und eine zweckmäßige Gestaltung des Verfahrens erforderlich ist. Sie ist - wie bereits dargelegt - befugt, eine Alternative, die ihr auf der Grundlage einer Grobanalyse als weniger geeignet erscheint, schon in einem frühen Verfahrensstadium auszuscheiden. Ist der Planungsbehörde bei der Betrachtung von Planungsalternativen ein gestuftes Vorgehen gestattet, so ist es ihr auch nicht verwehrt, im Fortgang des Verfahrens die Umweltverträglichkeitsprüfung auf diejenige Variante zu beschränken, die nach dem jeweils aktuellen Planungsstand noch ernsthaft in Betracht kommt (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.01.1996 - 4 C 5.95 -, juris; BVerwG, Beschluss vom 16.08.1995 - 4 B 92.95 -, juris). Dass sich die detaillierten Angaben zu den Umweltauswirkungen vorliegend nur auf die Varianten Nordumgehung und Verlängerte Hochstraße beziehen, ist daher nicht zu beanstanden. Die Südvarianten wurden bereits in einem frühen Verfahrensstadium als nicht naheliegend angesehen und nicht weiterverfolgt.

Auch die Kritik der Kläger, die „veralteten“ Unterlagen, auf die sich die Behörde beziehe, seien nicht ausgelegt worden, führt nicht zum Erfolg. Es kann insoweit auf die obigen Ausführungen zur formellen Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses verwiesen werden. Danach war eine Auslegung der „Umweltverträglichkeitsstudie zur Ortsumgehung Wunstorf im Zuge der B 441“ (Teil I: Raumbezogene Empfindlichkeitsanalyse, August 1994; Teil II: Raumbezogene Empfindlichkeitsanalyse (Südraum), Oktober 1995; Teil III: Variantenvergleich, Juni 1998; Ergänzung zur Umweltverträglichkeitsstudie für die Ortsumgehung Wunstorf im Zuge der B 441, Mai 1999) der I. nicht erforderlich.

In der Sache machen die Kläger geltend, dass die Variante S3 im Hinblick auf die Umweltauswirkungen eindeutig vorzugswürdig sei. Dem vermag der Senat nicht zu folgen. Dazu im Einzelnen:

Entgegen der Auffassung der Kläger führt die Nordumgehung nicht durch eine „deutlich vielgestaltigere Landschaft“ als die Südvarianten. Die Nordumgehung führt überwiegend durch die durch intensive landwirtschaftliche Nutzung geprägten Landschaftsbildeinheiten „Wunstorfer/Luther Agrarlandschaft“ und „Wunstorfer Agrarlandschaft“, die kaum Strukturelemente aufweisen und nur eine mittlere bzw. geringe Wertigkeit für das Landschaftsbild haben (vgl. Seite 30 f. und Karte 5 der UVS, Teil I). Das Landschaftsbild im Raum südlich von Wunstorf ist geprägt von intensiv genutzten Agrarflächen, in die unterschiedlich naturnahe Wald- und Forstflächen sowie Feuchtbereiche eingestreut sind (vgl. Seite 35 der UVS, Teil II). Sowohl die Nordumgehung als auch eine Südumgehung verlaufen damit durch eine weitgehend ausgeräumte, offene Agrarlandschaft, so dass die Auswirkungen auf das Landschaftsbild vergleichbar sind. Jedenfalls wird das Landschaftsbild durch die Nordvariante nicht entscheidend stärker beeinträchtigt.

Genau wie die Nordumgehung beeinträchtigt auch die Südvariante S3 zwei Landschaftsschutzgebiete. Im Bereich der Nordumgehung sind dies die Landschaftsschutzgebiete „Hohes Holz“ (LSG H 4) und „Mittlere Leine“ (LSG H 27), im Bereich der Südvariante S3 die Landschaftsschutzgebiete „Kolenfelder Stadtfeld“ (LSG H 52) und „Fohlenstall-Haster Wald“ (LSG H 5) (vgl. Seite 37 und Karte 5S der UVS, Teil II i. V. m. Seite 20D3 der Unterlage 1). Soweit die Kläger meinen, das Landschaftsschutzgebiet „Kolenfelder Stadtfeld“ könne umfahren werden, trifft dies jedenfalls auf die von den Klägern favorisierte Variante S3 nicht zu. Das Landschaftsschutzgebiet „Kolenfelder Stadtfeld“ befindet sich unmittelbar westlich der L 392. Eine Beeinträchtigung dieses Landschaftsschutzgebietes ist sowohl durch den erforderlichen Ausbau der Bestandsstraße L 392 (vgl. dazu die obigen Ausführungen) als auch durch das erforderliche Knotenbauwerk zur Anbindung der Variante S3 an die L 392 zu befürchten. Das Landschaftsschutzgebiet „Fohlenstall-Haster Wald“ wird von sämtlichen Südvarianten im Bereich der Westaueniederung gequert. Soweit die Kläger meinen, dass insoweit nur „ein kleiner Zipfel“ an einer unempfindlichen und vorbelasteten Stelle durchschnitten werde, ist zunächst festzuhalten, dass der Bereich der Westaueniederung nicht als „unempfindlich“ eingestuft werden kann; die Westaueniederung ist im Bereich der Querung - nach den unbestrittenen Ausführungen der Beklagten - naturnah ausgeprägt. Im Übrigen werden auch die Landschaftsschutzgebiete „Hohes Holz“ und „Mittlere Leine“ lediglich in ihrem Randbereich von der Nordumgehung angeschnitten (vgl. Blatt Nr. 1D3 der Unterlage 3), so dass auch insoweit keine eindeutige Vorzugswürdigkeit einer Südumgehung gegeben ist.

Soweit die Kläger meinen, dass das FFH-Gebiet Nr. 326 „Am Weißen Damm“ von einer südlichen Variantenführung nicht berührt werde, insbesondere eine Beeinträchtigung durch Luftschadstoffimmissionen der Straße eher unwahrscheinlich sei und ohne Nachweis einer tatsächlichen Grenzwertüberschreitung nicht als Argument angeführt werden dürfe, wohingegen die Nordumfahrung durch die Querung der Westaue erhebliche Auswirkungen auf das nördlich gelegene FFH-Gebiet Nr. 90 „Aller (mit Barnbruch), untere Leine, untere Oker“ habe, führt dies ebenfalls nicht auf einen Abwägungsmangel. Zum einen hat die Beklagte zu Recht darauf hingewiesen, dass aufgrund der zwischenzeitlich realisierten Gewerbegebiete im Süden Wunstorfs bei den Südvarianten S1 und S2 erhebliche Konflikte entstünden, die nur durch eine Verlegung nach Süden umgangen werden könnten. In diesem Fall würden die Südvarianten dem FFH-Gebiet Nr. 326 „Am Weißen Damm“ deutlich näherkommen, so dass negative Wirkungen des Straßenbauvorhabens, insbesondere Lärmemissionen und Schadstoff-einträge, nicht auszuschließen seien. Dies gilt umso mehr, als dieses FFH-Gebiet mit dem prioritären Lebensraumtyp 7210* (Kalkreiche Sümpfe mit Cladium mariscus und Arten des Caricion davallianae) einen gegenüber Stickstoffeinträgen hoch empfindlichen Lebensraumtyp aufweist (vgl. „Einstufungen der Biotoptypen in Niedersachsen - Regenerationsfähigkeit, Wertstufen, Grundwasserabhängigkeit, Nährstoffempfindlichkeit, Gefährdung“ des NLWKN, von Drachenfels, 2012; Seite 91 des Planfeststellungsbeschlusses). Unabhängig davon, ob durch die Südvarianten das FFH-Gebiet Nr. 326 „Am Weißen Damm“ beeinträchtigt wird, erweisen sie sich aber jedenfalls deshalb nicht als vorzugswürdig gegenüber einer Nordumgehung, weil es durch diese - entgegen der Auffassung der Kläger - nicht zu einer erheblichen Beeinträchtigung des FFH-Gebiets Nr. 90 „Aller (mit Barnbruch), untere Leine, untere Oker“ kommt. Auf die obigen Ausführungen zum Habitatschutzrecht kann insoweit verwiesen werden.

Soweit die Kläger kritisieren, dass die Nordumfahrung durch Flächen führe, die im Regionalen Raumordnungsprogramm als Vorranggebiete für Natur und Landschaft ausgewiesen seien, gilt dies gleichermaßen für die Südvarianten. Die Westaueniederung ist unter der Nummer b43 sowohl nördlich als auch südlich von Wunstorf als Vorranggebiet für Natur und Landschaft (Fließgewässer) ausgewiesen (vgl. Erläuterungskarte 6 „Natur und Landschaft“ des Regionalen Raumordnungsprogramms Region Hannover 2016, abrufbar im Internet unter: https://www.hannover.de/Leben-in-der-Region-Hannover/Planen,-Bauen,-Wohnen/Raumordnung-Regionalentwicklung/Regionalplanung/RROP-2016/Unterlagen-zum-RROP-2016). Dieses Vorranggebiet würde auch von allen Südvarianten gequert.

Auch eine Vorzugswürdigkeit der Südvarianten im Hinblick auf das Schutzgut Wasser ist nicht erkennbar. Vielmehr ist zu berücksichtigen, dass alle Südvarianten nicht nur die Westaue, sondern zusätzlich auch noch die besonders naturnahe Alte Südaue queren müssten. Die Alte Südaue stellt den aus Naturschutzsicht wertvollsten Fließgewässerabschnitt im südlichen Untersuchungsgebiet dar (vgl. Seite 15 der UVS, Teil II). Sie ist ein gesetzlich geschütztes Biotop gemäß § 30 BNatSchG (vgl. Seite 90 des Planfeststellungsbeschlusses). Dies hat zudem zur Folge, dass die wandernden Arten Fischotter und Bieber von den Südvarianten an zwei Stellen betroffen wären.

Schließlich ist auch die Einschätzung der Beklagten, die Flächeninanspruchnahme - und daraus folgend die Umweltbelastung - der Variante Nordumgehung und der Variante S3 sei vergleichbar (vgl. Seite 92 des Planfeststellungsbeschlusses; Seite 28 der Variantenbetrachtung 2015), nicht zu beanstanden. Soweit die Kläger rügen, dass die Neubaustrecke der Variante S3 bei richtiger Berechnung deutlich geringer sei als die der Nordvariante und dass der Ausbau der B 441 von drei auf vier Spuren zwischen der Adolf-Oesterheld-Straße und dem Anschluss an die A 2 bei Realisierung der Südvariante vermieden werden könne, kann dem aus den oben bereits dargelegten Gründen nicht gefolgt werden. Die Berechnungen der Beklagten sind daher nicht zu beanstanden.

cc)

Nicht zu beanstanden ist der Vergleich der Varianten zudem hinsichtlich der städtebaulichen Auswirkungen und der kommunalen Belange. Die Beklagte ist abwägungsfehlerfrei zu dem Ergebnis gelangt, dass die Südvarianten unter städtebaulichen Gesichtspunkten offenkundig nachteiliger sind als die Nordumgehung (vgl. Seite 92 ff. des Planfeststellungsbeschlusses).

Die Kläger tragen vor, dass die Südvarianten nicht mit den kommunalen Belangen der beigeladenen Stadt Wunstorf kollidierten. Vielmehr würde die Variante S3 zu erheblichen Synergien mit den Planungsvorstellungen der Stadt und mit der vorgesehenen Entwicklung Wunstorfs als trimodalem Gewerbestandort führen. Es dränge sich auf, die geplante Ortsumgehung mit den Erschließungsnotwendigkeiten für die Entwicklung des Südbereichs der Stadt zu kombinieren. Das Wohngebiet an der Willi-Langhorst-Straße sei fast 200 m entfernt, so dass keine Beeinträchtigungen zu erwarten seien. Das Anpassungsgebot des § 7 BauGB sei im Hinblick auf sie, die Kläger, irrelevant. Für sie sei allein maßgeblich, ob es mit der Südvariante S3 eine sich aufdrängende vorzugswürdige Variante gebe. Sollte dies der Fall sein, sei ein abweichender Flächennutzungsplan gegebenenfalls anzupassen. Dafür halte § 7 BauGB entsprechende Regelungen bereit.

Diesem Vorbringen der Kläger kann nicht gefolgt werden. Die Beklagte hat zu Recht darauf abgestellt, dass eine Südumgehung den städtebaulichen Belangen der beigeladenen Stadt Wunstorf widerspricht, so dass sie sich gegenüber einer Nordumgehung nicht als vorzugswürdig darstellt. Die raumstrukturellen Planungen der Stadt Wunstorf basieren seit der im Jahr 1969 erfolgten Linienbestimmung durch das Bundesverkehrsministerium auf der Realisierung einer Nordumgehung. Die Nordumgehung hat sich mit der 4. Änderung des Flächennutzungsplans der Beigeladenen von 1984 - 1986 planerisch manifestiert und wurde durch einen Ratsbeschluss der Beigeladenen vom 01. Dezember 1999 bekräftigt. Da die Nordumgehung im Flächennutzungsplan der Beigeladenen als Vorzugsvariante dargestellt ist, würde eine Südumgehung gegen das Anpassungsgebot des § 7 BauGB verstoßen.

Nach § 7 Satz 1 BauGB haben öffentliche Planungsträger, die an der Aufstellung eines Flächennutzungsplans nach § 4 oder § 13 BauGB beteiligt worden sind, ihre Planungen dem Flächennutzungsplan insoweit anzupassen, als sie diesem Plan nicht widersprochen haben. Öffentlicher Planungsträger nach § 7 BauGB ist der Vorhabenträger, d. h. regelmäßig nicht die Planfeststellungsbehörde (vgl. Urteil des Senats vom 31.07.2018 - 7 KS 17/16 -, juris; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 31.01.1997 - 8 S 991/96 -, juris). § 7 Satz 1 BauGB spricht dem Flächennutzungsplan - beschränkt auf den Fall des trotz ordnungsgemäßer Beteiligung unterbliebenen Widerspruchs des öffentlichen Planungsträgers - eine ihm sonst als Plan eigener Art ohne normative Wirkung nicht zukommende rechtliche Verbindlichkeit zu. Die Darstellungen des Flächennutzungsplans werden in diesem Fall zu den öffentlichen Planungsträger rechtlich bindenden Vorgaben, die es ihm untersagen, sich in Gegensatz zu den Darstellungen des Flächennutzungsplans zu setzen. § 7 Satz 1 BauGB geht damit über die allgemeine Pflicht zur Berücksichtigung städtebaulicher Belange bei der fachplanerischen Abwägung hinaus. Die Bindung der Fachplanung an den Flächennutzungsplan im Fall des unterlassenen Widerspruchs gilt - wie § 38 Satz 2 BauGB ausdrücklich klarstellt - auch für die nach § 38 Satz 1, 1. Halbsatz BauGB gegenüber der Ortsplanung im Übrigen privilegierten Vorhaben (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.11.2010 - 9 A 13.09 -, juris; Urteil des Senats vom 31.07.2018 - 7 KS 17/16 -, juris; Urteil des Senats vom 26.10.2011 - 7 KS 4/10 -, juris).

Vorliegend ist der Rechtsvorgänger der Vorhabenträgerin, das Straßenbauamt Hannover, als Träger öffentlicher Belange anlässlich der 4. Änderung des Flächennutzungsplans der Stadt Wunstorf beteiligt worden (vgl. Seite 4152 ff. in Band XIV der Verwaltungsakte). Weder der Rechtsvorgänger der Vorhabenträgerin noch die Vorhabenträgerin selbst haben der 4. Änderung des Flächennutzungsplans - auch nicht nachträglich - widersprochen. Im Übrigen wäre ein Widerspruch nach § 7 Satz 5 BauGB nur zulässig, wenn die für die abweichende Planung geltend gemachten Belange die sich aus dem Flächennutzungsplan ergebenden städtebaulichen Belange nicht nur unwesentlich überwiegen würden. Dafür ist hier nichts ersichtlich. Die Vorhabenträgerin darf sich daher vorliegend nicht in Gegensatz zu den Darstellungen des Flächennutzungsplans der Stadt Wunstorf setzen, der eine Nordumgehung festsetzt. Die Darstellungen des Flächennutzungsplans sind zu die Vorhabenträgerin rechtlich bindenden Vorgaben geworden.

Unabhängig von dem Verstoß gegen das Anpassungsgebot des § 7 BauGB würde eine Südumgehung zudem in tatsächlicher Hinsicht eine mögliche Erweiterung der beigeladenen Stadt Wunstorf in Richtung Süden behindern und damit ihren städtebaulichen Belangen zuwiderlaufen. Unter Berücksichtigung der Flächen, die eine Siedlungsentwicklung der Beigeladenen ausschließen (Überschwemmungsgebiet der Westaue, Landschaftsschutzgebiete, Schutzzonen I und II eines Wasserschutzgebiets, Bauverbotszone des Fliegerhorsts; vgl. dazu die Anlage B8 der Beklagten), zeigt sich, dass es im Süden von Wunstorf deutlich größere Möglichkeiten für eine Siedlungsentwicklung gibt als im nördlichen Stadtgebiet. Eine solche Stadterweiterung würde durch alle Südvarianten - vor allem durch Zerschneidungswirkungen und Immissionen - behindert. Auch die bereits bestehenden Wohngebiete im Süden der Stadt Wunstorf, die sich - worauf die Kläger selbst hinweisen - in den letzten Jahren nach Süden erweitert haben, würden durch eine Südumgehung beeinträchtigt. Dies betrifft insbesondere das Wohngebiet an der Willi-Langhorst-Straße. Die Variante S3 würde bis 100 m - nach den Angaben der Kläger 200 m - an das Wohngebiet herangeführt, so dass Lärmkonflikte jedenfalls nicht auszuschließen sind.

Schließlich würden - entgegen der Auffassung der Kläger - durch die Variante S3 keine Synergien mit den Planungsvorstellungen der beigeladenen Stadt Wunstorf auftreten. Dies hat die Beigeladene in dem gerichtlichen Verfahren erneut bekräftigt. Wie bereits dargelegt, sind die im Süden bereits entstandenen und noch geplanten Gewerbeflächen schon jetzt über die L 392 und die Adolf-Oesterheld-Straße an das bestehende Verkehrsnetz angebunden. Die durch den geplanten Logistikschwerpunkt neu induzierten Verkehre würden zum überwiegenden Anteil die Südumgehung S3 nicht nutzen, da sie in Richtung Osten zur Autobahn A2 ausgerichtet sind und insoweit die bereits bestehenden Verkehrsverbindungen nutzen können. Die Südvariante S3 würde zudem den Durchgangsverkehr nicht gleichermaßen effektiv vom Stadtzentrum fernhalten und auch die Ortsdurchfahrten Luthe und Blumenau nicht vom Verkehr entlasten. Auf die obigen Ausführungen zu den verkehrlichen Wirkungen wird insoweit verwiesen.

dd)

Auch hinsichtlich der agrarstrukturellen Wirkungen erweist sich die Abwägungsentscheidung der Beklagten als fehlerfrei. Das Ergebnis der Beklagten, auch aus agrarstruktureller Sicht fehle es an einer eindeutigen Vorzugswürdigkeit der Varianten S1, S2 und S3 (vgl. Seite 94 des Planfeststellungsbeschusses), ist nicht zu bemängeln.

Die Kläger kritisieren insoweit, dass die Annahme des Planfeststellungsbeschlusses, durch die Planfeststellung der Nordumgehung komme es nicht zu einer Existenzbedrohung landwirtschaftlicher Betriebe, unzutreffend sei. Da nicht geprüft worden sei, wie die Situation im Bereich der Variant S3 sei, lasse sich nicht ausschließen, dass es dort zu keiner Existenzgefährdung von landwirtschaftlichen Betrieben komme.

Damit zeigen die Kläger keinen Abwägungsfehler auf. Mit ihrer sinngemäßen Rüge, die Beklagte hätte beim Trassenvergleich die Zahl der mit den Varianten jeweils verbundenen Existenzgefährdungen landwirtschaftlicher Betriebe ermitteln müssen, überspannen die Kläger die Anforderung an die Zusammenstellung des Abwägungsmaterials. Ob und inwieweit die zur Wahl stehenden Trassenvarianten Existenzgefährdungen zur Folge haben, kann zwar nach Lage der Dinge ein beachtliches Auswahlkriterium sein. Dies bedeutet aber nicht, dass entsprechende umfassende Ermittlungen in jedem Fall für sämtliche in Betracht gezogenen Varianten durchgeführt werden müssen. Die Frage, ob betriebliche Existenzen gefährdet werden und ob die Gefährdung durch Bereitstellung von Ersatzland abgewendet werden kann, lässt sich in der Regel erst auf der Grundlage einer Detailplanung klären, die nicht nur die Feintrassierung der Straße, sondern auch ein ausgearbeitetes naturschutzfachliches Ausgleichskonzept umfasst. Sie erfordert überdies häufig die Einholung von Fachgutachten. Um den Ermittlungsaufwand in einem praktikablen Rahmen zu halten, ist die planende Behörde auch in dieser Hinsicht zu einem gestuften Vorgehen berechtigt. Dabei kann es ausreichen, im Wege einer Grobanalyse neben anderen Vor- und Nachteilen der untersuchten Varianten zunächst den mit ihnen verbundenen Flächenverbrauch abzuschätzen. Lässt sich auf dieser Grundlage eine sachgerechte Vorzugsentscheidung treffen, so kann es damit sein Bewenden haben (vgl. BVerwG, Urteile vom 18.03.2009 - 9 A 35.07, 9 A 38.07, 9 A 40.07 -, juris). So liegt der Fall hier. Für die Südvarianten liegt keine Detailplanung vor, die es gestatten würde, die Frage einer Existenzgefährdung abschließend zu klären. Vielmehr durften die Südvarianten - wie dargelegt - bereits nach einer Grob-analyse der sonstigen Vor- und Nachteile (verkehrliche Wirkungen, Umweltauswirkungen, städtebauliche Auswirkungen und kommunale Belange, Wirtschaftlichkeit) aus dem Verfahren ausgeschieden werden. Den mit den Südvarianten verbundenen Flächenverbrauch hat die Beklagte abgeschätzt und ist zu dem Ergebnis gelangt, dass der Flächenverbrauch bei den Varianten S3 und der Nordumgehung in etwa vergleichbar ist (vgl. Seite 94 des Planfeststellungsbeschlusses). Bereits auf der Grundlage dieser Grobanalyse ließ sich eine sachgerechte Vorzugsentscheidung treffen, so dass weitere Ermittlungen zur Existenzgefährdung landwirtschaftlicher Betriebe durch die Südvarianten entbehrlich waren.

Dies bedeutet nicht, dass die Frage der Existenzgefährdung des landwirtschaftlichen Betriebs des Klägers zu 1. vorliegend ungeprüft bliebe. Ob es zu einer Existenzgefährdung eines landwirtschaftlichen Betriebes kommt und ob dies gegebenenfalls einer Planfeststellung entgegensteht, ist - wie hier geschehen - für die gewählte Vorzugsvariante zu überprüfen und ist als eigenständiger Abwägungsbelang einer gerichtlichen Kontrolle zugänglich (vgl. dazu die nachfolgenden Ausführungen zur Existenzgefährdung). Vorliegend wird der landwirtschaftliche Betrieb des Klägers zu 1. nicht in seiner Existenz gefährdet, so dass sich auch aus diesem Grund keine Vorzugswürdigkeit der Südvarianten ergibt.

ee)

Schließlich vermag auch die Feststellung der Beklagten, die Südvarianten wiesen auch bei den Kriterien Baustrecke und Kosten (Wirtschaftlichkeit) gegenüber der Nordvariante keine Vorteile auf (vgl. Seite 95 des Planfeststellungsbeschlusses), einen erheblichen Fehler in der Abwägungsentscheidung nicht zu begründen.

Die Kläger rügen zunächst, dass die Vergleichbarkeit der Kostenberechnung nicht offengelegt worden sei. Die Berechnung für die Nordumfahrung stamme aus dem Jahr 2009. Da die Abschätzungen für die Südumfahrungen deutlich aktueller sein dürften, müsse eine Anpassung der Berechnung für die Nordvariante an diesen Zeitraum erfolgen. Damit dringen die Kläger nicht durch. Entgegen der Auffassung der Kläger sind die Eingangswerte bei den Kostenschätzungen für die Nordumfahrung und die Südvarianten vergleichbar. Für die Nordumfahrung wurden im Jahr 2009 die Baukosten auf der Grundlage des Vorentwurfs geschätzt. Eine vergleichbare detaillierte Kostenschätzung der drei Südvarianten ist nicht durchgeführt worden. Dies hat seinen Grund in der fehlenden Planungstiefe der Südvarianten; die drei Südvarianten wurden bereits in einem frühen Planungsstadium ausgeschieden und nicht weiterverfolgt. Aufgrund der fehlenden Planungstiefe für die Südvarianten konnten diese Baukosten lediglich auf der Grundlage der damaligen Kostenansätze und der jeweiligen Baulängen und Flächen geschätzt werden. Dabei wurden die aus der Nordumfahrung im Jahr 2009 ermittelten Kostenansätze für die durchgehende Strecke (€/lfm Straße), die Knotenpunkte und die Brücken- und Trogbauwerke proportional auf die Südvarianten übertragen (vgl. Seite 41 ff. der Variantenbetrachtung 2015). Die Kostenschätzungen in der Variantenuntersuchung sind damit unter der Annahme gleicher Eingangswerte aus dem Jahr 2009 erfolgt. Diese Vorgehensweise ist nicht zu beanstanden. In der Unterlage „Betrachtung der Varianten für die OU Wunstorf im Zuge der B 441“ vom Mai 2015 (vgl. dort Seite 42) wird darauf hingewiesen, dass die derart ermittelten Baukosten für die Südumgehung hierbei, aufgrund der fehlenden detaillierten Massenermittlung, ausdrücklich nicht den Ansprüchen an eine qualifizierte Kostenschätzung nach der „Anweisung zur Kostenermittlung und zur Veranschlagung von Straßenbaumaßnahmen“ (AKVS) entsprächen. Eine solche qualifizierte Kostenschätzung für jede in Betracht kommende Variante war für den in der Variantenbetrachtung vorzunehmenden Baukostenvergleich auch nicht erforderlich. Die Beklagte weist insoweit zu Recht darauf hin, dass andernfalls die Befugnis der Vorhabenträgerin, eine Variante auf der Grundlage einer Grobanalyse schon in einem frühen Verfahrensstadium auszuscheiden, ad absurdum geführt werde. Einer Grobanalyse ist immanent, dass keine detaillierte Kostenermittlung möglich ist. Ausreichend für die wirtschaftliche Vergleichbarkeit der Varianten ist, dass die Eingangswerte bei den Kostenschätzungen vergleichbar sind. Dies ist hier - wie dargelegt - der Fall.

Soweit die Kläger des Weiteren kritisieren, dass nicht offengelegt worden sei, ob in den Kostenberechnungen die Bauwerksunterhaltungen für die zahlreichen Anschluss- sowie Unter- und Überführungsbauwerke enthalten seien, die für die Nordumgehung erforderlich seien, hat die Beklagte klargestellt, dass die Kosten für die Bauwerksunterhaltungen in den Baukosten nicht enthalten seien. Die Beschränkung auf die reinen Baukosten unter Ausklammerung der Unterhaltungskosten ist nicht zu beanstanden, zumal auch bei den Kostenschätzungen für die Südvarianten lediglich die Bau- und nicht etwaige Unterhaltungskosten angesetzt worden sind (vgl. Seite 42 f. der Variantenbetrachtung 2015). Entsprechende Kosten für Bauwerksunterhaltungen fielen nicht nur bei der Nordumgehung, sondern auch bei den Südvarianten an.

Die Kläger machen zudem geltend, dass die Kostenberechnung auch deshalb fehlerhaft sei, weil die Synergien wegen des ohnehin erforderlichen Ausbaus der L 392 bei der Variante S3 nicht herausgerechnet worden seien. Da der Ausbau der L 392 unabhängig von der Südvariante S3 notwendig sei, könnten diese Baukosten nicht der Variante S3 zugeschlagen werden. Diesem Vorbringen der Kläger kann aus den oben bereits angeführten Gründen, auf die an dieser Stelle verwiesen werden kann, nicht gefolgt werden. Danach erweist sich die Feststellung der Beklagten, dass die Variante S3 unabhängig von der derzeit fehlenden planerischen Verfestigung des Logistikstandortes auf jeden Fall umfassende Ertüchtigungsmaßnahmen an der L 392 und der Anschlussstelle Wunstorf-Kolenfeld erforderlich mache, als abwägungsfehlerfrei. Da der Logistikstandort noch nicht planerisch verfestigt ist, können die Kläger nicht darauf verweisen, dass ein Ausbau der L 392 ohnehin, d. h. auch ohne Realisierung der Südumgehung, erforderlich sei. Dies ist ungewiss. Vielmehr sind die Ausbaukosten, die - jedenfalls auch - durch eine Südumgehung entstehen, primär dieser zuzurechnen. Selbst wenn man unterstellen wollte, dass die Kosten für den Ausbau der L 392 nicht der Südvariante S3 zuzuschlagen sind, wäre dieser unterstelle Abwägungsfehler - wie bereits dargelegt - nicht erheblich im Sinne des § 75 Abs. 1a VwVfG, da er nicht auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen ist. Denn die Baukosten für die Nordumgehung und die Variante S3 wären dann nahezu gleich hoch, so dass sich daraus keine eindeutige Vorzugswürdigkeit der Variante S3 ergeben würde (vgl. dazu die obigen Ausführungen zu den erforderlichen Aus- und Umbaumaßnahmen auf der L 392 und an der Anschlussstelle Wunstorf-Kolenfeld bei Realisierung der Südvariante S3).

Schließlich tragen die Kläger vor, dass nicht ersichtlich sei, ob die baulichen Anpassungsmaßnahmen zwischen Luthe und dem Beginn der Baustrecke der Nordumfahrung in die Berechnungen eingeflossen seien. Der Abschnitt der B 441 zwischen der Hauptstraße und der Adolf-Oesterheld-Straße müsse auf vier Fahrspuren ausgebaut werden, so dass sich die Länge der Ausbaustrecke der Nordvariante auf 900 m erhöhe. Die entsprechenden Kosten seien der Nordvariante zuzurechnen. Außerdem könnte aufgrund der Überlastung der Autobahnabfahrt Wunstorf-Luthe für die Nordvariante ein Ausbau erforderlich werden, was nicht berücksichtigt worden sei. Auch damit dringen die Kläger aus den oben bereits angeführten Gründen, auf die an dieser Stelle verwiesen werden kann, nicht durch.

b)

Abwägungsfehlerfrei erweist sich die Behandlung der Belange des Hochwasserschutzes.

Nach dem Erläuterungsbericht zur wassertechnischen Untersuchung (vgl. Unterlage 13.1 der Planunterlagen) quert die Trasse der geplanten Ortsumgehung Wunstorf nordwestlich des Ortsteils Blumenau die Westaue und durchschneidet auf einer Länge von rund 400 m das gesetzlich festgelegte Überschwemmungsgebiet der Westaue und der Leine. Zur Optimierung der Abmessungen des erforderlichen Brückenbauwerks wird das Gewässer Westaue auf einer Länge von rund 300 m in westliche Richtung verschwenkt und nach Plan mäandrierend verlegt. Das Gewässer wird dabei im westlichen Brückenfeld des Zwei-Feld-Bauwerkes WU 5 unter der Ortsumgehung unterführt. Östlich des verlegten Gewässers wird zur Gewährleistung des Hochwasserabflusses oberhalb des ständig durchflossenen Gewässerbetts eine Flutmulde angelegt und im Bereich des östlichen Bauwerksfeldes unter der Ortsumgehung unterführt (vgl. Seite 14 der Unterlage 13.1).

Die Kläger befürchten, dass die geplante Trasse, die in diesem Bereich auf einem Damm verlaufen wird, unter den die Westaue mit Hilfe eines Brückenbauwerks hindurchgeführt werden soll, den Wasserabfluss im Hochwasserfall empfindlich beeinträchtigen wird. Es komme zu einer Verringerung des natürlichen Retentionsvolumens bei Hochwasserereignissen, das durch die vorgesehene Abgrabungsfläche nicht in vollem Umfang ausgeglichen werde. Es sei mit einer erhöhten Hochwassergefahr durch einen Rückstau vor dem Straßendamm bzw. dem Brückenbauwerk besonders für die am Nordrand des Ortsteils Blumenau gelegenen Straßenzüge „Am Blumengarten“ und „Fasanenweg“ zu rechnen. Dieses Vorbringen der Kläger überzeugt nicht und führt nicht auf einen Abwägungsmangel des Planfeststellungsbeschlusses.

Die hydraulischen Auswirkungen der Straßenbaumaßnahme sind durch ein unabhängiges Ingenieurbüro untersucht worden. Zur Untersuchung der Auswirkungen auf das Hochwasserrisiko durch die Verschwenkung der Westaue sowie die Errichtung des Brückenbauwerks und von Straßendämmen im gesetzlich festgelegten Überschwemmungsgebiet wurde zunächst die „Hydraulische Untersuchung Westaue im Zuge der geplanten Ortsumgehung (B 441) Wunstorf“ der AU. aus dem Oktober 2006 (vgl. Band XIV der Verwaltungsakte) erstellt. Die hydraulischen Berechnungen haben ergeben, dass die Gewässerverlegung und die Brücke zu einer geringen Erhöhung (rund +4 cm) der Wasserstände bezogen auf den Ist-Zustand führen (Plan Zustand A und B). Mit Umwandlung eines gewässernahen rechtsseitigen Vorlandstreifens durch Abgrabungen zum Hauptquerschnitt, der erst bei höheren Abflüssen anspringe, lasse sich das jetzige Niveau wieder erreichen (Plan Zustand C). Die Retentionsbetrachtung zwischen dem Ist-Zustand und dem Plan Zustand C mit einer zusätzlichen Ausgleichsfläche ergebe insgesamt eine positive Volumenbilanz (vgl. Seite 14 der hydraulischen Untersuchung aus Oktober 2006). Nachdem in der Folgezeit die Überschwemmungsgebietsgrenzen der Westaue und der Leine neu berechnet und festgesetzt wurden, holte die Vorhabenträgern auf Veranlassung der Planfeststellungsbehörde zwei ergänzende hydraulische Untersuchungen ein. Die Untersuchung „B 441 Ortsumgehung Wunstorf - Abschätzung der Auswirkungen auf die Überschwemmungssituation des Gewässers Leine für ein HQ5“ der AU. vom Mai 2010 (vgl. Band XIV der Verwaltungsakte) beschäftigt sich im Wesentlichen mit der Nutzbarkeit eines geplanten Ersatzweges im Falle eines HQ5-Hochwassers. Die weitere ergänzende Untersuchung „B 441 Ortsumgehung Wunstorf - Abschätzung der Auswirkungen auf die Überschwemmungssituation des Gewässers Westaue unter Berücksichtigung der Leine für ein HQ5 und ein HQ100“ der AU. vom August 2010 (vgl. Band XIV der Verwaltungsakte) berücksichtigt Änderungen der wesentlichen Randbedingungen - Wasserstände der Westaue und der Leine für ein HQ5 und ein HQ100 aufgrund neuerer Modellrechnungen des NLWKN für die Überschwemmungsgebiete - seit Erstellung des hydraulischen Gutachtens im Jahr 2006. Auch die aktualisierte Berechnung kommt zu dem Ergebnis, dass durch die Planung hinsichtlich des Wasserstands nennenswerte Abweichungen zum Ist-Zustand nicht zu erwarten sind. Die Abweichungen betragen maximal rund +3 cm und beschränken sich auf den Bereich des Straßendamms. Das verlorengehende Retentionsvolumen kann durch die vorgesehene Abgrabungsfläche im Wesentlichen kompensiert werden (Seite 13 der hydraulischen Untersuchung aus August 2010).

Die Beklagte hat nach Prüfung dieser gutachterlichen Untersuchungen zu den Auswirkungen des Straßenbauvorhabens auf die Überschwemmungssituation der Westaue festgestellt, dass sich für das maximal berechnete Hochwasser der Westaue (HQ100) unter Berücksichtigung der lichten Weite des Brückenbauwerks, der herzustellenden Flutmulde sowie des abzugrabenden Ersatzretentionsraums keine relevanten Änderungen der Wasserspiegellage und der überschwemmten Flächen ergeben. Im Bereich des neuen Brückenbauwerks sei nach der aktualisierten hydraulischen Berechnung von einer Erhöhung des Wasserstandes bei einem HQ100 der Westaue von rund 3 cm auszugehen. Diese geringe Erhöhung nehme im Oberlauf der Westaue, also südlich des Brückenbauwerks der Ortsumgehung, rasch wieder ab. Am Zusammenfluss von Westaue und Alter Südaue, der den angrenzenden Bebauungen am nächsten liege, ergebe sich keine Änderung der Wasserspiegellage gegenüber dem Ist-Zustand (vgl. Seiten 177 ff. und 190 des Planfeststellungsbeschlusses).

Auch die Untere Wasserbehörde (Region Hannover) hält das Vorhaben nach einer Prüfung der hydraulischen Berechnungen bei Berücksichtigung von Nebenbestimmungen, die in Abschnitt 1.1.5.4 des Planfeststellungsbeschlusses festgesetzt wurden, aus Hochwasserschutzgründen für unbedenklich (vgl. Seite 1500 ff. in Band IV der Verwaltungsvorgänge). Der NLWKN hat keine Bedenken geäußert.

Vor dem Hintergrund dieser sachverständigen Untersuchungen und Bewertungen, insbesondere der hydraulischen Untersuchungen durch ein unabhängiges Ingenieurbüro, erweist sich der pauschale Vortrag der Kläger, es sei mit einer erhöhten Hochwassergefahr zu rechnen, als unsubstantiiert. Eine erhöhte Hochwassergefahr ist auf der Grundlage der dargestellten Untersuchungen nicht zu erwarten. Insbesondere geht die Beklagte in nicht zu beanstandender Weise von der Maßgeblichkeit des hundertjährlichen Hochwassers (HQ100) aus, also nach § 74 Abs. 2 Nr. 2 WHG einem Hochwasser mit einem voraussichtlichen Wiederkehrintervall von mindestens 100 Jahren. Dieser Berechnungsmaßstab ist auch bei Hochwasserschutzmaßnahmen allgemein üblich (vgl. Urteil des Senats vom 22.04.2016 - 7 KS 35/12 -, juris; Bayerischer VGH, Urteil vom 10.11.1998 - 8 A 96.40115 -, juris).

Die Kläger rügen des Weiteren, dass die Planung in diesem Bereich mit dem Verbot entsprechender Baumaßnahmen innerhalb festgesetzter Überschwemmungsgebiete gemäß § 78 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 3 und 6 WHG in der hier noch anwendbaren Fassung vom 31. Juli 2009 (a. F.) unvereinbar sei. Die in § 78 Abs. 3 und 4 WHG a. F. definierten Abweichungsvoraussetzungen lägen nicht vor. Auch mit diesem Vorbringen dringen die Kläger nicht durch.

Es ist zutreffend, dass ein Teil der Straßenbauwerke in Überschwemmungsgebieten im Sinne des § 76 Abs. 1 WHG liegt. Wie bereits dargelegt, durchschneidet die Trasse der Ortsumgehung das gesetzlich festgelegte Überschwemmungsgebiet der Westaue und der Leine auf einer Länge von rund 400 m. In festgesetzten Überschwemmungsgebieten ist nach § 78 Abs. 1 Satz 1 WHG a. F. unter anderem die Errichtung oder Erweiterung baulicher Anlagen nach den §§ 30, 33, 34 und 35 des Baugesetzbuchs (Nr. 2), die Errichtung von Mauern, Wällen oder ähnlichen Anlagen quer zur Fließrichtung des Wassers bei Überschwemmungen (Nr. 3) sowie das Erhöhen oder Vertiefen der Erdoberfläche (Nr. 6) untersagt. Nach § 78 Abs. 3 Satz 1 WHG a. F. kann die zuständige Behörde abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 die Errichtung oder Erweiterung einer baulichen Anlage genehmigen, wenn im Einzelfall das Vorhaben 1. die Hochwasserrückhaltung nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt und der Verlust von verloren gehendem Rückhalteraum zeitgleich ausgeglichen wird, 2. den Wasserstand und den Abfluss bei Hochwasser nicht nachteilig verändert, 3. den bestehenden Hochwasserschutz nicht beeinträchtigt und 4. hochwasserangepasst ausgeführt wird oder wenn die nachteiligen Auswirkungen durch Nebenbestimmungen ausgeglichen werden können. Nach § 78 Abs. 4 Satz 1 WHG a. F. kann die zuständige Behörde Maßnahmen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 bis 9 zulassen, wenn 1. Belange des Wohls der Allgemeinheit dem nicht entgegenstehen, der Hochwasserabfluss und die Hochwasserrückhaltung nicht wesentlich beeinträchtigt werden und 2. eine Gefährdung von Leben oder erhebliche Gesundheits- oder Sachschäden nicht zu befürchten sind oder die nachteiligen Auswirkungen ausgeglichen werden können.

Vorliegend hat die Beklagte der Vorhabenträgerin in dem Planfeststellungsbeschluss gemäß § 78 Abs. 3 WHG a. F. die wasserrechtliche Genehmigung für die Errichtung der Ortsumgehung Wunstorf im festgesetzten Überschwemmungsgebiet der Westaue und der Leine nach Maßgabe der in den Antragsunterlagen enthaltenen Angaben erteilt (vgl. Ziffer 1.1.3 Nummer 5 des Planfeststellungsbeschlusses). Die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Vorschrift sind - entgegen der Auffassung der Kläger - allesamt erfüllt. Durch die durchgeführten hydraulischen Berechnungen und Gutachten der AU. vom Oktober 2006, Mai 2010 und August 2010 ist nachgewiesen, dass die Hochwasserrückhaltung nur unwesentlich beeinträchtigt wird. Durch die Gestaltung des Brückenbauwerks mit einer lichten Weite von > 55,00 m über die Westaue, die herzustellende Flutmulde sowie den abzugrabenden Ersatzretentionsraum werden der Wasserstand und der Abfluss bei Hochwasser nicht nachteilig verändert. Der Retentionsraumverlust wird ausgeglichen. Darüber hinaus wird der bestehende Hochwasserschutz nicht beeinträchtigt und die Maßnahmen werden hochwasserangepasst ausgeführt (vgl. Seite 188 des Planfeststellungsbeschlusses). Auf die obigen Ausführungen kann insoweit verwiesen werden. Die Planfeststellungsbehörde hat damit die nach Lage der Dinge erforderlichen tatsächlichen Feststellungen getroffen und auf ihrer Grundlage ein rechtlich nicht zu beanstandendes Ergebnis dahingehend gefunden, dass der Bau der Ortsumgehung die Erteilung einer wasserrechtlichen Ausnahmegenehmigung rechtfertigt und die Abwägungsentscheidung nicht zu beanstanden ist (vgl. dazu auch BVerwG, Urteil vom 11.01.2001 - 4 A 13.99 -, juris; Urteil des Senats vom 22.04.2016 - 7 KS 35/12 -, juris).

Dass die Beklagte der Vorhabenträgerin daneben nicht zusätzlich die erforderliche ausnahmsweise Zulassung nach § 78 Abs. 4 Satz 1 in Verbindung mit § 78 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und Nr. 6 WHG a. F. erteilt hat, führt nicht zum Erfolg der Klage der Kläger. Unabhängig davon, ob eine ausdrückliche Zulassung nach dieser Vorschrift neben der Planfeststellung überhaupt erforderlich ist (vgl. dazu: BVerwG, Urteil vom 09.11.2017 - 3 A 3.15 -, juris), führt - wie bereits Eingangs dargelegt - nicht jeder objektiv-rechtliche Fehler, der einer Planung anhaftet, zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder zur Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit. Diese Rechtsfolge scheidet vielmehr aus, wenn der geltend gemachte Rechtsfehler für die Eigentumsbetroffenheit des jeweiligen Klägers nicht erheblich, insbesondere nicht kausal ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25.04.2018 - 9 A 15.16 -, juris). Dies ist hier der Fall. Dass die Beklagte es versäumt hat, der Vorhabenträgerin neben der wasserrechtlichen Genehmigung nach § 78 Abs. 3 WHG a. F. ausdrücklich die ausnahmsweise Zulassung nach § 78 Abs. 4 Satz 1 in Verbindung mit § 78 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und Nr. 6 WHG a. F. zu erteilten, ist für die Eigentumsbetroffenheit der Kläger nicht kausal. Auch die fehlerfreie Beachtung dieses Belangs würde nicht zu einer Veränderung der Planung im Bereich der klägerischen Grundstücke führen. Die Voraussetzungen des § 78 Abs. 4 Satz 1 WHG a. F. decken sich überwiegend mit denen des § 78 Abs. 3 Satz 1 WHG a. F. und wurden inhaltlich durch die hydraulischen Berechnungen und Gutachten der AU. vom Oktober 2006, Mai 2010 und August 2010 nachgewiesen. Es ist fachgutachterlich belegt, dass Belange des Wohls der Allgemeinheit dem Vorhaben nicht entgegenstehen, der Hochwasserabfluss und die Hochwasserrückhaltung nicht wesentlich beeinträchtigt werden und dass eine Gefährdung von Leben oder erhebliche Gesundheits- oder Sachschäden nicht zu befürchten sind.

c)

Abwägungsfehlerfrei hat die Beklagte schließlich auch die Belange der Kläger, insbesondere die geltend gemachte Existenzgefährdung des landwirtschaftlichen Betriebes des Klägers zu 1., berücksichtigt.

Es ist Aufgabe der Planfeststellungsbehörde, sich in Ausübung der ihr übertragenen planerischen Gestaltungsfreiheit darüber schlüssig zu werden, ob und in welchem Umfang sie zur Verwirklichung eines von ihr für erforderlich gehaltenen planfeststellungsbedürftigen Vorhabens außer in öffentliche Belange auch in Rechte Dritter eingreifen will, und das Gewicht der mit diesen Eingriffen verbundenen Nachteile den mit dem Vorhaben verbundenen Vorteilen selbständig abwägend gegenüberzustellen. Hierbei muss sie bei Flächeninanspruchnahmen auch die Möglichkeit einer Existenzvernichtung oder -gefährdung vorhandener landwirtschaftlicher oder gewerblicher Betriebe und Unternehmungen in ihre Betrachtung und Abwägung einbeziehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.03.2011 - 9 A 9.10 -, juris; BVerwG Urteil vom 09.06.2010 - 9 A 20.08 -, juris; BVerwG, Beschluss vom 31.10.1990 - 4 C 25.90, 4 ER 302.90 -, juris). Macht ein von der enteignungsrechtlichen Vorwirkung eines straßenrechtlichen Planfeststellungsbeschlusses Betroffener geltend, durch das Vorhaben werde sein landwirtschaftlicher Betrieb in seiner Existenz gefährdet oder gar vernichtet, gehört dieser Einwand zu den Belangen, mit denen sich die Planfeststellungsbehörde im Rahmen der Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange grundsätzlich auseinandersetzen muss (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.04.2010 - 9 A 13.08 -, juris).

Die Beklagte hat eine Existenzgefährdung des landwirtschaftlichen Betriebes des Klägers zu 1. geprüft und auf der Grundlage des eingeholten Existenzgefährdungsgutachtens fehlerfrei verneint. Die diesbezügliche Kritik der Kläger überzeugt nicht und führt nicht auf einen Abwägungsfehler (dazu unter aa)). Davon abgesehen hat die Beklagte die behauptete Existenzgefährdung - im Wege einer Hilfserwägung - zulässigerweise im Wege der Wahrunterstellung ihrer Abwägung zugrunde gelegt und dabei deutlich macht, dass sie die für das Vorhaben streitenden Belange für so gewichtig hält, dass es auch um den Preis einer Existenzgefährdung oder Existenzvernichtung des betroffenen landwirtschaftlichen Betriebs verwirklicht werden soll. Dies ist nicht zu beanstanden und begründet keinen Abwägungsfehler (dazu unter bb)). Selbst wenn man - trotz der beiden vorgenannten Punkte - einen Abwägungsfehler in der Behandlung der Belange der Kläger, insbesondere der geltend gemachten Existenzgefährdung, erblicken wollte und auch eine Wahrunterstellung für unzulässig hielte, hätte dieser Abwägungsfehler auf das Abwägungsergebnis keinen Einfluss gehabt und wäre deshalb gemäß § 75 Abs. 1a VwVfG unerheblich (dazu unter cc)).

aa)

Die Beklagte hat eine Existenzgefährdung des landwirtschaftlichen Betriebes des Klägers zu 1. abwägungsfehlerfrei verneint.

Zur Klärung der Frage, ob ein landwirtschaftlicher Betrieb infolge des planfestzustellenden Vorhabens in seiner Existenz gefährdet oder gar vernichtet zu werden droht, werden Vorhabenträger oder Planfeststellungsbehörde regelmäßig einer Begutachtung des Betriebs durch einen landwirtschaftlichen Sachverständigen bedürfen. Nach allgemeiner, durch solche Sachverständigengutachten belegter Erfahrung kann dabei ein Verlust an Eigentumsflächen oder von langfristig gesicherten Pachtflächen in einer Größenordnung von bis zu fünf Prozent der Betriebsfläche einen gesunden landwirtschaftlichen (Vollerwerbs-) Betrieb in der Regel nicht gefährden. Deshalb kann die Planfeststellungsbehörde regelmäßig bei einer Landinanspruchnahme bis zu diesem Anhaltswert ohne Einholung eines landwirtschaftlichen Sachverständigengutachtens davon ausgehen, dass eine vorhabenbedingte Existenzgefährdung oder -vernichtung des in Rede stehenden landwirtschaftlichen Vollerwerbsbetriebs nicht eintritt (vgl. BVerwG, Urteil vom 09.11.2017 - 3 A 3.15 -, juris; BVerwG, Beschluss vom 02.09.2010 - 9 B 13.10 -, juris; BVerwG, Urteil vom 14.04.2010 - 9 A 13.08 -, juris; Bayerischer VGH, Beschluss vom 16.10.2017 - 8 ZB 16.154 -, juris; Bayerischer VGH, Urteil vom 30.10.2007 - 8 A 06.40024 -, juris; Bayerischer VGH, Beschluss vom 14.08.2002 - 8 ZB 02.1293 -, juris; Pasternak in: Aust/Jacobs/Pasternak, Die Enteignungsentschädigung, 6. Auflage 2007, Rn. 312).

Bedarf es einer sachverständigen Begutachtung, ist diese grundsätzlich nach objektiven betriebswirtschaftlichen Maßstäben durchzuführen. Zu prüfen ist, ob der Betrieb längerfristig existenzfähig ist. Dieser Maßstab rechtfertigt sich vor dem Hintergrund, dass die fernstraßenrechtliche Planung zur Verwirklichung langfristiger Planungsziele auf eine dauerhafte Bodenbeanspruchung ausgerichtet ist. Daher fehlt landwirtschaftlichen Betrieben, die ihrerseits keine Aussicht auf längerfristige Existenz haben, regelmäßig das erforderliche Gewicht, um das für das Planvorhaben sprechende öffentliche Interesse zu überwinden. Bei Betrieben, die ohnehin nicht lebensfähig sind (den Eingriff durch das Vorhaben hinweggedacht), ist eine vorhabenbedingte Existenzgefährdung regelmäßig zu verneinen (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.04.2010 - 9 A 13.08 -, juris). Ob eine langfristige Existenzfähigkeit des Betriebs vorliegt, ist danach zu beurteilen, ob in ihm außer einem angemessenen Lebensunterhalt für den Betriebsleiter und seine Familie auch ausreichende Rücklagen für die Substanzerhaltung und für Neuanschaffungen erwirtschaftet werden können. Dabei darf die besondere Struktur und Arbeitsweise des einzelnen Betriebes nicht außer Acht bleiben. Dagegen können die individuellen Bedürfnisse der einzelnen Landwirte nicht ausschlaggebend sein (vgl. BVerwG, Beschluss vom 31.10.1990 - 4 C 25.90, 4 ER 302.90 -, juris; Bayerischer VGH, Urteil vom 30.10.2007 - 8 A 06.40024 -, juris; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17.07.2007 - 5 S 130/06 -, juris; Pasternak in: Aust/Jacobs/Pasternak, Die Enteignungsentschädigung, 6. Auflage 2007, Rn. 308).

Da die fernstraßenrechtliche Planung zur Verwirklichung langfristiger Planungsziele auf eine dauerhafte Bodenbeanspruch ausgerichtet ist, muss die Planfeststellungsbehörde eine auf nur momentanen betriebsspezifischen Besonderheiten beruhende Existenzgefährdung in der Abwägung nicht gesondert berücksichtigen (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.04.2010 - 9 A 13.08 -, juris; BVerwG, Beschluss vom 30.09.1998 - 4 VR 9.98 -, juris). Dasselbe gilt bei einer zukünftigen Betriebsentwicklung, die noch nicht konkretisiert ist und sich im Wege der Prognose nicht hinreichend sicher abschätzen lässt. Andererseits darf die Planfeststellungsbehörde im obigen Sinne nicht die Augen vor einer besonderen Art der Betriebsführung oder Bewirtschaftung verschließen, wenn diese dem Inhaber für einen beachtlichen Zeitraum eine gesicherte Existenzgrundlage bietet, die seinen (möglicherweise bescheidenen) Lebensansprüchen genügt, weil er so - ungeachtet betriebswirtschaftlicher Kategorien wie Eigenkapitalbildung und Faktorentlohnung - schlicht „von seiner Hände Arbeit” leben kann. Auch eine solche - immerhin - eingeschränkte Existenzfähigkeit eines landwirtschaftlichen Betriebs ist ein im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigender Belang (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.04.2010 - 9 A 13.08 -, juris).

Dies zugrunde gelegt, ist die Beklagte im Rahmen ihrer Abwägung zu Recht davon ausgegangen, dass der landwirtschaftliche Betrieb des Klägers zu 1. nicht in seiner Existenz gefährdet wird. Die Beklagte hat in seine Entscheidung eingestellt, dass durch die Trasse der geplanten Nordumgehung Flächen in Anspruch genommen werden, die vom Kläger zu 1. bewirtschaftet werden (vgl. dazu auch die Aufstellung der Flächeninanspruchnahme im Tatbestand). Da die vorhabenbedingte Flächeninanspruchnahme - unabhängig davon, ob lediglich die Eigentumsflächen und langfristig gesicherten Pachtflächen berücksichtigt werden oder auch die nur kurzfristig gesicherten Pachtflächen - über fünf Prozent der Betriebsfläche des landwirtschaftlichen Betriebes des Klägers zu 1. liegt (vgl. Seite 205 f. des Planfeststellungsbeschlusses), hat die Beklagte zur Klärung der Frage der Existenzgefährdung des landwirtschaftlichen Betriebes des Klägers zu 1. ein sog. Existenzgefährdungsgutachten eingeholt. Das „Existenzgefährdungsgutachten Betrieb A.“ des Sachverständigen Dr. W. vom 21. April 2011 kommt zu dem Ergebnis, dass der Betrieb gegenwärtig eine gesicherte Existenz hat und dass der errechnete Reinertrag ausreicht, um die Existenz des Betriebes auch nach dem Bau der Straße zu sichern. Ergänzend hat der Sachverständige Dr. W. im Verwaltungsverfahren das „Existenzgefährdungsgutachten Betrieb A., Hier: Antwort auf die Schreiben von RA B. vom 6.7.2011 und der Entgegnung von AV. vom 16.8.2011“ vom 07. Januar 2012 sowie das „Existenzgefährdungsgutachten Betrieb A., Hofladen“ vom 14. Juli 2014 vorgelegt. Die diesbezügliche Kritik der Kläger überzeugt nicht und führt nicht auf einen Abwägungsfehler der Beklagten. Weder weist das der Abwägungsentscheidung zugrunde gelegte Existenzgefährdungsgutachten die von den Klägern behaupteten Fehler auf (dazu unter (1)), noch können die Kläger darauf verweisen, dass die - ihrer Meinung nach - notwendigen Maßnahmen zur Abwendung bzw. Reduzierung der Existenzgefährdung nicht Gegenstand der Abwägung gewesen seien (dazu unter (2)).

(1)

Das Existenzgefährdungsgutachten des Sachverständigen Dr. W. vom 21. April 2011 in Verbindung mit seinen im Verwaltungsverfahren erfolgten Ergänzungen vom 07. Januar 2012 und 14. Juli 2014 weist nicht die von den Klägern behaupteten Mängel auf. Die darauf beruhende Abwägungsentscheidung der Beklagten in dem Planfeststellungsbeschluss vom 30. Dezember 2016 ist daher nicht zu beanstanden.

Die Kläger stützen ihre Kritik im Wesentlichen auf das von ihnen im Laufe des Klageverfahrens vorgelegte „Gutachten zur Überprüfung der Existenzgefährdung des Betriebes AW., Inh. A.“ des Sachverständigen Dr. Z. vom 21. Mai 2017, auf die „Erwiderung auf die Stellungnahmen von Dr. W. vom 05.07.2017 und RA Dr. AX. vom 14.08.2017“ des Sachverständigen Dr. Z. und der Sachverständigen AA. vom 07. Januar 2019 und auf die „Stellungnahme zu dem Schreiben der RAe Dr. AY., AZ. in der Kanzlei C., Rechtsanwälte vom 08.05.2019 und der Stellungnahme von Dr. W. vom 05.07.2019“ des Sachverständigen Dr. Z. und der Sachverständigen AA. vom 30. Juli 2019. Danach sei der landwirtschaftliche Betrieb des Klägers zu 1. vor dem Eingriff durch das Straßenbauvorhaben nicht in seiner Existenz gefährdet. Dies gelte auch unter Berücksichtigung des Wegfalls des Babynahrungsherstellers K. als Abnehmer des landwirtschaftlichen Betriebes. Durch die Baumaßnahme trete jedoch eine Existenzgefährdung ein und zwar unabhängig davon, ob mit oder ohne die Existenz von K. als Abnehmer des landwirtschaftlichen Betriebes gerechnet werde.

Die Beklagte hat als Erwiderung darauf das „Existenzgefährdungsgutachten Betrieb A., Hier: Antwort auf die Schreiben von RA B. vom 24.5.2017“ des Sachverständigen Dr. W. vom 05. Juli 2017, das „Existenzgefährdungsgutachten Betrieb A., Hier: Antwort auf die Schreiben von RA B. vom 15.01.2019 und die gutachterliche Stellungnahme von Dr. Z. und AA. vom 07.01.2019“ des Sachverständigen Dr. W. vom 05. Juli 2019 und die „Ergänzende fachliche Stellungnahme, Betrieb A.“ des Sachverständigen Dr. W. vom 19. August 2019 vorgelegt. Sie kommen zu dem Ergebnis, dass eine Existenzgefährdung auch unter Berücksichtigung des Wegfalls des Babynahrungsherstellers K. als Abnehmer des landwirtschaftlichen Betriebes ausgeschlossen sei.

Unter Berücksichtigung dieser sachverständigen Stellungnahmen und der ergänzenden Ausführungen der Sachverständigen Dr. W., Dr. Z. und AA. in der mündlichen Verhandlung am 14. August 2019 vermag die Kritik der Kläger nicht zu überzeugen.

(a)

Ein Abwägungsfehler ist zunächst nicht im Zusammenhang mit dem Wegfall des Babynahrungsherstellers K. als Abnehmer des Klägers zu 1. zu erblicken. Dass das Existenzgefährdungsgutachten des Sachverständigen Dr. W. vom 21. April 2011 und ihm folgend die Beklagte im Planfeststellungsbeschluss den Wegfall des Babynahrungsherstellers K. als Abnehmer des Klägers zu 1. bei ihren Prüfungen bzw. im Rahmen der Abwägungsentscheidung nicht berücksichtigt haben, stellt kein Abwägungsdefizit dar.

Das Existenzgefährdungsgutachten des Sachverständigen Dr. W. vom 21. April 2011 berücksichtigt bei der Prüfung auf Existenzgefährdung des landwirtschaftlichen Betriebes des Klägers zu 1. den Babynahrungshersteller K. als Abnehmer, und zwar sowohl bei der Frage, ob der Betrieb gegenwärtig existenzfähig ist als auch bei der Frage, ob die Existenz des Betriebes auch nach dem Bau der Straße gesichert ist. Dies ergibt sich bereits daraus, dass das Existenzgefährdungsgutachten als Grundlage für die Prüfung der Existenzgefährdung die vom Kläger zu 1. zur Verfügung gestellten Buchführungsabschlüsse der Jahre 2006/2007, 2007/2008 und 2008/2009 zugrunde gelegt hat, die die Umsätze durch den Babynahrungshersteller K. enthalten. Dieses Vorgehen ist nicht zu beanstanden. Entgegen der Auffassung der Kläger musste die Frage der Existenzgefährdung nicht neu beurteilt werden.

Unabhängig davon, dass die Kläger - trotz eines entsprechenden Einwandes der Beklagten im Klageverfahren - den Verlust des Babynahrungsherstellers K. als Abnehmer des Klägers zu 1. bereits nicht ausreichend nachgewiesen haben, ergibt sich ein Abwägungsfehler auch dann nicht, wenn man - mit den Klägern - von einem tatsächlichen, dauerhaften Wegfall des Babynahrungsherstellers K. als Abnehmer des Klägers zu 1. ausgehen wollte. Der Wegfall des Babynahrungsherstellers K. musste im Rahmen der Abwägungsentscheidung der Beklagten nicht berücksichtigt werden.

Als Bewertungsstichtag für die Beurteilung der Existenzgefährdung ist der Zeitpunkt der Planfeststellung, d. h. der Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses anzusehen. Dies ist hier der 30. Dezember 2016. Es ist bereits fraglich, ob der Babynahrungshersteller K. als - mittelbarer - Abnehmer des Klägers zu 1. zu diesem Zeitpunkt entfallen war. Die Kläger haben im Klageverfahren selbst vorgetragen, dass K. „im Jahr 2017 in Wegfall geraten“ sei (vgl. Seite 481 der Gerichtsakte). Auch das Gutachten des Sachverständigen Dr. Z. vom 21. Mai 2017 stellt darauf ab, dass „die Belieferung von K. als wichtigem Abnehmer für die Produkte des Betriebes ab 2017 ersatzlos entfallen“ sei. „Bis einschließlich 2016 entfielen etwa 12 % der Umsätze auf die Firma K.“. „Ab 2017“ entfalle der Babykosthersteller K. als Abnehmer (vgl. Seite 1, 5 und 9 des Gutachtens vom 21. Mai 2017). Nach diesen Aussagen ist der Babynahrungshersteller K. erst nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses als Abnehmer des landwirtschaftlichen Betriebes des Klägers zu 1. weggefallen. Dieser - erst nachträgliche - Wegfall ist zum Bewertungsstichtag des 30. Dezember 2016 nicht zu berücksichtigen gewesen. Die Nichtberücksichtigung vermag damit keinen Abwägungsfehler zu begründen.

Soweit die Kläger in ihrer Klagebegründung und in ihrem Schriftsatz vom 02. August 2019 demgegenüber ausführen, dass der Kläger zu 1. bereits „zum Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses“ einen seiner wichtigsten Abnehmer, den Babynahrungshersteller, verloren habe (vgl. Seite 95 der Gerichtsakte) bzw. der Abnehmer K. „vor Erlass des Planfeststellungsbeschlusses, d. h. vor dem 30.12.2016 weggefallen“ sei (vgl. Seite 957 der Gerichtsakte), widerspricht dies den oben aufgeführten Angaben, wonach der Babynahrungshersteller K. erst ab 2017 als Abnehmer entfallen ist. Aber selbst wenn man - auch aufgrund des Vorbringens in der mündlichen Verhandlung - davon ausgehen wollte, dass der Babynahrungshersteller K. bereits vor Erlass des Planfeststellungsbeschlusses als Abnehmer entfallen ist, führt dies nicht auf einen Mangel des Existenzgefährdungsgutachtens und auf einen Abwägungsfehler des Planfeststellungsbeschlusses.

In die Abwägung sind alle öffentlichen und privaten Belange einzustellen, die nach Lage der Dinge relevant sind. Die für die Prüfung der Existenzgefährdung erforderlichen Angaben hat der betroffene Landwirt aufgrund seiner Mitwirkungs- und Darlegungspflicht offenzulegen. Kommt der Betriebsinhaber dieser Obliegenheit nicht nach, kann er sich nach dem Grundsatz von Treu und Glauben später nicht auf eine unzureichende Berücksichtigung seiner Belange berufen (vgl. Pasternak in: Aust/Jacobs/Pasternak, Die Enteignungsentschädigung, 6. Auflage 2007, Rn. 310). Ein Planfeststellungsbeschluss leidet insbesondere dann nicht an einem Abwägungsfehler, wenn private Belange nicht berücksichtigt worden sind, die der Betroffene im Planfeststellungsverfahren nicht vorgetragen hat und die sich der planenden Behörde auch nicht aufdrängen mussten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 31.10.1990 - 4 C 25.90, 4 ER 302.90 -, juris; BVerwG, Urteil vom 13.09.1985 - 4 C 64.80 -, juris). So liegt es hier. Für die Beklagte war nicht erkennbar, dass der Babynahrungshersteller K. als Abnehmer von Industriegemüse entfallen ist. Sollte das Vertragsverhältnis tatsächlich vor Erlass des Planfeststellungsbeschlusses beendet worden sein bzw. hätte - so die Kläger - tatsächlich schon im Herbst 2016 festgestanden, dass die Vertragsbeziehungen mit dem Abnehmer K. beendet waren, hätte der Kläger zu 1. diesen Umstand im Rahmen seiner Mitwirkungspflichten mitteilen müssen. Der Kläger zu 1. hat sich jedoch zu keinem Zeitpunkt dazu geäußert. Dass die Zeitabläufe zwischen dem Wegfall des Babynahrungsherstellers K. im Herbst 2016 und dem Erlass des Planfeststellungsbeschlusses im Dezember 2016 „sehr eng“ waren, ändert nichts an der Obliegenheit der Kläger und an dem Umstand, dass die Planfeststellungsbehörde nur diejenigen Belange in ihre Abwägung einstellen konnte und musste, die ihr mitgeteilt worden sind oder die sich ihr aufdrängen mussten. Soweit die Kläger meinen, es sei ihnen nicht mehr möglich gewesen, die Behörde in Kenntnis zu setzen, kann dem bereits deshalb nicht gefolgt werden, weil der Kläger zu 1. noch mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 27. November 2016 Einwände gegen den „Fachbeitrag Wasserrahmenrichtlinie“ erhoben hat. In diesem Schreiben hätte auch auf den Wegfall des Babynahrungsherstellers K. als Abnehmer des Klägers zu 1. hingewiesen werden können. Die Beklagte musste auch nicht damit rechnen, dass die Lieferbeziehungen enden. Insbesondere musste die Beklagte die Möglichkeit des Wegfalls des Babynahrungsherstellers K. als Abnehmer des Klägers zu 1. nicht von sich aus in Erwägung ziehen und - gewissermaßen vorsorglich - eine Betrachtung „ohne K.“ anstellen. Der Kläger zu 1. hat in dem Erörterungstermin am 20. August 2013 darauf hingewiesen, dass sich die Lieferbeziehungen innerhalb der letzten 15 Jahre entwickelt und gefestigt hätten (vgl. Seite 3341 von Band XI der Verwaltungsakte). Die Beklagte musste damit nicht von grundlegend geänderten Vertragsbeziehungen ausgehen. Der Sachverständige Dr. W. hat in der mündlichen Verhandlung und in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 19. August 2019 zudem nachvollziehbar darauf hingewiesen, dass im Rahmen der Existenzgefährdungsprüfung nicht jeder Kunde analysiert werden könne und dass letztlich kein Kunde sicher sei. Die Geschäftsbeziehungen könnten sich täglich ändern. Jeder gesunde und zukunftsorientiere Betrieb müsse immer die Möglichkeit haben, den Wegfall eines Kunden zu kompensieren (vgl. Seite 7 des Gutachtens vom 19. August 2019). Nichts anderes gilt auch hier.

(b)

Selbst wenn man es für erforderlich halten sollte, den Wegfall des Babynahrungsherstellers K. als Abnehmer des Klägers zu 1. bei der Überprüfung einer Existenzgefährdung und im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen, läge kein erheblicher Abwägungsfehler im Sinne des § 75 Abs. 1a VwVfG vor. Denn ein entsprechender Abwägungsfehler hätte auf das Abwägungsergebnis keinen Einfluss gehabt. Der Wegfall des Babynahrungsherstellers K. beeinflusst das von Dr. W. in seinem Gutachten vom 21. April 2011 gefundene Ergebnis, eine Existenzgefährdung des landwirtschaftlichen Betriebes des Klägers zu 1. sei nicht gegeben, nicht und wirkt sich daher nicht auf die Abwägungsentscheidung der Beklagten aus.

Der Sachverständige Dr. W. hat im Klageverfahren auf den Vortrag der Kläger, der Babynahrungshersteller K. sei als Abnehmer entfallen, reagiert und hat in seinen ergänzenden Gutachten bzw. Stellungnahmen vom 05. Juli 2017 und 05. Juli 2019 festgestellt, dass der landwirtschaftliche Betrieb des Klägers zu 1. trotz Wegfalls des Kunden K. sowohl vor als auch nach dem Bau der Straße existenzfähig sei. Die diesbezügliche Kritik der Kläger überzeugt nicht. Die von ihnen vorgelegten Gutachten der Sachverständigen Dr. Z. und AA. vom 21. Mai 2017, 07. Januar 2019 und 30. Juli 2019 vermögen die Annahmen des Sachverständigen Dr. W. nicht durchgreifend in Frage zu stellen. Den Gutachten der Sachverständigen Dr. Z. und AA. liegt eine nicht mehr zu vertretende Annahme hinsichtlich des zu erwartenden Gewinnrückgangs durch den Wegfall des Babynahrungsherstellers K. als Abnehmer des Klägers zu 1. zugrunde.

Die von den Klägern beauftragten Sachverständigen Dr. Z. und AA. gehen in ihren Gutachten vom 21. Mai 2017, 07. Januar 2019 und 30. Juli 2019 davon aus, dass der landwirtschaftliche Betrieb des Klägers zu 1. mit K. durchschnittlich Umsätze in Höhe von … € im Jahr gemacht habe. Diese Umsätze - abzüglich der ersparten Erntekosten in Höhe von … € - entfielen durch den Wegfall des Babynahrungsherstellers K. als Abnehmer ersatzlos. Es ergebe sich eine jährliche Differenz von … €. Der Betrieb sei nicht in der Lage, den Wegfall des Kunden K. zu kompensieren (vgl. Seite 11 des Gutachtens vom 21. Mai 2017; Seite 24 f. des Gutachtens vom 07. Januar 2019). Diesem Ansatz in den Gutachten der Sachverständigen Dr. Z. und AA. kann nicht gefolgt werden.

Der Sachverständige Dr. W. und ihm folgend die Beklagte weisen zu Recht darauf hin, dass der Gewinnrückgang zu hoch angesetzt worden sei und kurz- bis mittelfristig eher auf … € statt … € geschätzt werden könne (vgl. Seite 2 des Gutachtens vom 05. Juli 2017; Seite 8 des Gutachtens vom 05. Juli 2019). Denn der Umsatzanteil von K. werde nicht ersatzlos entfallen. Der Verlust sei jedenfalls teilweise auszugleichen. Der Kläger zu 1. könne seinen Betrieb an die veränderten Rahmenbedingungen anpassen und zum Beispiel andere Vermarktungsmöglichkeiten suchen oder die Flächenbelegung anpassen. Es sei nicht erkennbar, warum eine andere Vermarktung von Zucchini oder anderem Gemüse nicht möglich sei. Dies gelte umso mehr angesichts der steigenden Nachfrage nach biologischen Produkten. Diesem Vorbringen folgt der Senat. Es ist schlüssig und nachvollziehbar, dass der Wegfall des Kunden K. durch den landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers zu 1. jedenfalls teilweise kompensiert werden kann. Der diesbezügliche Vortrag der Kläger, dass die Nachfrage nach Zucchini Anfang Juli mit Beginn der Sommerferien stark abnehme und nur 30 % als Frischmarktware verkäuflich sei, so dass in dieser Zeit, die zugleich den größten Mengenertrag aufweise, die Früchte für K. hätten entnommen werden können, und dass eine andere Absatzmöglichkeit dieser Mengen als Frischware in diesem Zeitraum nicht bestehe, vermag nicht zu überzeugen. Zum einen ist vor dem Hintergrund der gestiegenen Nachfrage nach Bio-Gemüse - auch im Industriegemüsebereich - bereits nicht ausreichend dargelegt, warum die Absatzmöglichkeit von Bio-Zucchini als Industriegemüse ersatzlos entfallen sein soll. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass fast 70 % der in Deutschland verbrauchten Bio-Zucchini aus dem Ausland importiert wird und damit die Nachfrage zu einem großen Teil mit Import-Ware bedient wird (vgl. dazu Seite 11 des Gutachtens der Sachverständigen Dr. Z. und AA. vom 30. Juli 2019). Zum anderen kann von dem Kläger zu 1. erwartet werden, dass er - für den Fall des Fehlens anderer Vermarktungsmöglichkeiten für Bio-Zucchini - die Flächenbelegung anpasst und gegebenenfalls andere Kulturen anbaut. Grundsätzlich trifft den von einer Existenzgefährdung betroffenen Landwirt eine Schadensminderungspflicht. Der betroffene Landwirt ist gehalten, zumutbare Anpassungen und Umstellungen an seinem Betrieb vorzunehmen, um Nachteile abzuwenden oder zu mindern. In Betracht kommt zum Beispiel das Ausweichen auf neue Erzeugnisse, wenn dafür genügend Absatzaussichten bestehen (vgl. Aust in: Aust/Jacobs/Pasternak, Die Enteignungsentschädigung, 6. Auflage 2007, Rn. 598). Die Ausführungen dazu, warum eine entsprechende Anpassung oder Umstellung nicht möglich sein sollte, um den Wegfall des Kunden K. jedenfalls teilweise zu kompensieren, überzeugen nicht. Gerade vor dem Hintergrund des gestiegenen Bewusstseins der Bevölkerung und der Nachfrage für Bio-Nahrungsmittel sowie des Einstiegs der Discounter in den Bio-Markt kann davon ausgegangen werden, dass der Verlust des Kunden K. jedenfalls teilweise ausgeglichen werden kann.

Vor diesem Hintergrund erweist sich die Annahme der Sachverständigen Dr. Z. und AA., der Wegfall des Kunden K. sei nicht - auch nicht teilweise - zu kompensieren und es komme zu einem Totalausfall, als nicht mehr vertretbar. Die Herabsetzung des Gewinnrückgangs auf … € durch Dr. W. stellt sich hingegen als moderat und gerechtfertigt dar. Auch Dr. W. geht - insoweit zugunsten der Kläger - nicht davon aus, dass der Wegfall des Kunden K. vollständig zu kompensieren wäre. Er ist allerdings - und dies ist für den Senat ohne Weiteres nachvollziehbar - der Auffassung, dass jedenfalls ein Drittel der Umsätze abzüglich der ersparten Erntekosten zu kompensieren ist. Damit berücksichtigt Dr. W. ausreichend die besondere Bedeutung des Babynahrungsherstellers K. als Abnehmer.

(c)

Das Existenzgefährdungsgutachten des Sachverständigen Dr. W. vom 21. April 2011 in Verbindung mit den im Verwaltungs- und Klageverfahren erfolgten Ergänzungen bzw. Erläuterungen weist - unabhängig von der soeben behandelten Problematik des Wegfalls des Babynahrungsherstellers K. als Abnehmer des Klägers zu 1. - entgegen der Auffassung der Kläger auch keine weiteren (erheblichen) Fehler oder Ungenauigkeiten auf, so dass die darauf beruhende Abwägungsentscheidung der Beklagten fehlerfrei erfolgt ist. So vermag zunächst die Kritik der Kläger, es sei in dem Existenzgefährdungsgutachten des Sachverständigen Dr. W. keine Beurteilung der Existenzgefährdung anhand objektivierter, durchschnittlicher Daten erfolgt, nicht zu überzeugen.

Zutreffend ist, dass die Beurteilung der Existenzgefährdung des landwirtschaftlichen Betriebes des Klägers zu 1. in dem Existenzgefährdungsgutachten des Sachverständigen Dr. W. vom 21. April 2011 nicht anhand durchschnittlicher Betriebsdaten mit Zahlen aus der Statistik, sondern anhand der tatsächlichen Buchführungsergebnisse des konkreten Betriebes des Klägers zu 1. erfolgt ist. Dr. W. hat sich in seinem Gutachten ausdrücklich mit der Frage auseinandergesetzt, welche Daten zugrundzulegen sind und hat die verschiedenen Ansätze - Bewer (1995) und Köhne (2000) - dargestellt. Er ist zu dem Schluss gekommen, dass es sich im vorliegenden Fall um einen Betrieb handele, der eine eindeutige Bewertung anhand der tatsächlichen Buchführungsergebnisse zulasse. Der Betrieb sei mit homogenen Flächen ausgestattet, die Betriebsgröße stehe in einer geeigneten Relation zu den Umsätzen, der Betrieb erwirtschafte nachhaltige Gewinne und die Vermarktung sei gesichert. In solchen Fällen erhalte man die saubersten Ergebnisse, indem man mit den tatsächlichen Zahlen aus der Buchführung rechne, wobei als Beurteilungskriterium in der Regel die letzten drei Buchführungsabschlüsse vor dem Stichtag zugrunde zu legen seien (vgl. Seite 9 f. des Gutachtens vom 21. April 2011). Dieses schlüssig und nachvollziehbar begründete Vorgehen des Sachverständigen Dr. W. ist nicht zu beanstanden.

Wie bereits dargelegt, ist die sachverständige Begutachtung, d. h. die Prüfung auf Existenzfähigkeit, nach objektiven betriebswirtschaftlichen Maßstäben durchzuführen (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.04.2010 - 9 A 13.08 -, juris). Ob eine langfristige Existenzfähigkeit des Betriebs vorliegt, ist danach zu beurteilen, ob in ihm außer einem angemessenen Lebensunterhalt für den Betriebsleiter und seine Familie auch ausreichende Rücklagen für die Substanzerhaltung und für Neuanschaffungen erwirtschaftet werden können. Dabei darf die besondere Struktur und Arbeitsweise des einzelnen Betriebes nicht außer Acht bleiben. Dagegen können die individuellen Bedürfnisse der einzelnen Landwirte nicht ausschlaggebend sein (vgl. BVerwG, Beschluss vom 31.10.1990 - 4 C 25.90, 4 ER 302.90 -, juris; Bayerischer VGH, Urteil vom 30.10.2007 - 8 A 06.40024 -, juris; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17.07.2007 - 5 S 130/06 -, juris; Pasternak in: Aust/Jacobs/Pasternak, Die Enteignungsentschädigung, 6. Auflage 2007, Rn. 308).

Ausweislich des vom Hauptverband der landwirtschaftlichen Buchstellen und Sachverständigen e. V. (HLBS) herausgegebenen Leitfadens „Existenzgefährdung in der Landwirtschaft“ aus 2012 (nachfolgend: HLBS-Leitfaden Existenzgefährdung), der nach seinem eigenen Verständnis eine Hilfestellung für landwirtschaftliche Sachverständige bei der Untersuchung von Existenzgefährdungen leisten soll (vgl. Seite 9 des HLBS-Leitfadens Existenzgefährdung), ist für die sachverständige Begutachtung zunächst zu klären, ob es um die Existenz des Betriebes oder des Betriebsleiters geht. Daran schließt sich die Frage an, ob eine personelle oder eine funktionelle Analyse vorzunehmen ist. Hintergrund dieser Fragen ist, dass mit der höchstrichterlichen Festlegung auf die eher subjektiven Kriterien „Einkommen bzw. Gewinn“, „Privatentnahmen“ und „Kapitalbildung“ einerseits und dem gleichzeitig ausgesprochenen Gebot der objektivierten Sichtweise andererseits im Grunde eine in sich widersprüchliche Vorgehensweise vorgegeben wird. Der HLBS-Leitfaden Existenzgefährdung wählt einen Kompromiss. Danach geht es bei der Frage der Existenzgefährdung um den Betrieb in der Hand des Betriebsleiters. Die Prüfung hat sich an dem Gewinn und der Kapitalbildung in dem zu untersuchenden Betrieb zu orientieren. Es ist zu prüfen, ob der nachhaltig erzielbare Gewinn (im Wesentlichen orientiert an dem bisher erzielten Gewinn) ausreicht, um angemessene Privatentnahmen und eine hinreichende Eigenkapitalbildung für die weitere Betriebsentwicklung zu ermöglichen. Erforderlich dazu ist die Vorlage der Buchabschlüsse, bei denen es sich nach Möglichkeit um betriebswirtschaftliche Abschlüsse handeln sollte. Ohne Buchabschlüsse ist eine Bewertung der Existenzgefährdung des konkreten Betriebes in der Hand des Betriebsleiters nicht möglich. Zu objektivieren sind sodann jedoch die Privatentnahmen und die notwendige Kapitalbildung. Sie orientieren sich insoweit nicht an den tatsächlichen Verhältnissen im Betrieb. So stellt sich unter Berücksichtigung der rechtlichen Objektivierungsvorgabe die Frage nach der Höhe der Entnahmen, die dem Betriebsleiter und seiner Familie bei objektiver Betrachtung nach Abzug der notwendigen betrieblichen Kapitalbildung vom erzielten Gewinn verbleiben muss, sog. Standard-Entnahmebetrag. Der HLBS-Leitfaden geht von einem Standard-Entnahmebetrag in Höhe von 32.000,00 € mit gegebenenfalls regionalen Zu- und Abschlägen von +/- 5.000,00 € aus (vgl. Seite 10 f., 50 und 80 ff. des HLBS-Leitfadens Existenzgefährdung).

Diese Vorgehensweise bei der sachverständigen Begutachtung und der Prüfung der betrieblichen Existenzgefährdung ist überzeugend. Der Senat ist der Auffassung, dass im Regelfall eine Einzelfallbetrachtung des jeweiligen Landwirtschaftsbetriebes und der individuellen Betriebsdaten zu erfolgen hat, wobei die Buchabschlüsse des zu prüfenden Betriebs als maßgebliche Bewertungsgrundlage heranzuziehen sind. Die tatsächlich erzielten Ergebnisse sind damit regelmäßig zur Grundlage der Beurteilung zu machen. Zu objektivieren sind dann - lediglich - die Privatentnahmen und die notwendige Kapitalbildung, da die individuellen Bedürfnisse des Landwirts nicht ausschlaggebend sein können. Es wäre nicht einleuchtend, für die Frage, ob ein konkreter landwirtschaftlicher Betrieb durch ein Vorhaben in seiner Existenz gefährdet wird, - von Ausnahmen abgesehen - auf die Daten eines durchschnittlichen Betriebs abzustellen. Unabhängig davon, dass sich die Frage stellen würde, was überhaupt als durchschnittlicher Betrieb anzusehen ist, widerspräche eine solche Vorgehensweise der Forderung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach die besondere Struktur und die Arbeitsweise des einzelnen Betriebs nicht außer Acht bleiben dürfen. Die guten Ergebnisse des landwirtschaftlichen Betriebes des Klägers zu 1. sind daher vorliegend - wie im Existenzgefährdungsgutachten des Sachverständigen Dr. W. und in der Abwägungsentscheidung der Beklagten (vgl. Seite 206 f. des Planfeststellungsbeschlusses) geschehen - zu berücksichtigen.

Soweit die Kläger meinen, wenn bei den Privatentnahmen mit objektivierten, also durchschnittlichen Kriterien gerechnet werde, müsse auch ein objektivierter durchschnittlicher Betrieb mit durchschnittlichem Betriebserfolg und Gewinn der Überprüfung zugrunde gelegt werden, kann dem angesichts der obigen Ausführungen nicht gefolgt werden.

Auch soweit die Kläger meinen, dass viele Betriebsleiter mit denselben Ressourcen weit niedriger liegende Ergebnisse erzielen würden und dass der Betrieb in der Hand eines durchschnittlichen Betriebsleiters jedenfalls nach dem Bau der Umgehungsstraße nicht mehr wirtschaftlich geführt werden könne, so dass der Betrieb dann nicht mehr verkauft oder übergeben werden könne und wertlos werde, führt dies nicht zu einem anderen Ergebnis. Wie dargelegt, geht es bei der Frage der Existenzgefährdung um den Betrieb in der Hand des Betriebsleiters. Im Ergebnis ist die Existenzfähigkeit eines landwirtschaftlichen Betriebes immer entscheidend vom Betriebsleiter abhängig. Dies ist vorliegend der Kläger zu 1.. Die Beklagte weist zudem zu Recht darauf hin, dass maßgeblicher Vermögenswert des Landwirtschaftsbetriebes der bewirtschaftete Grund und Boden ist, dessen Wert auch nach Realisierung des Straßenbauvorhabens - gegebenenfalls durch die Stellung von Ersatzland - erhalten bleibt.

(d)

Entgegen der Auffassung der Kläger ist der Lohnanspruch des Unternehmers in dem Existenzgefährdungsgutachten des Sachverständigen Dr. W. vom 21. April 2011 nicht unterschätzt worden.

Der Sachverständige Dr. W. legt in dem Existenzgefährdungsgutachten vom 21. April 2011 einen Lohnanspruch in Höhe von 32.900,00 € zugrunde. Als Lohnansatz nimmt er den Meisterlohn zuzüglich 30 % Betriebsleiterzuschlag an (vgl. Seite 11 des Gutachtens vom 21. April 2011). Er wählt damit einen objektivierten Standard-Entnahmebetrag. Damit soll eine angemessene Entnahme als Untergrenze aufgezeigt werden; es sollen nicht die tatsächlichen Lebenshaltungskosten des Betriebes dargestellt werden (vgl. dazu Seite 4 des Gutachtens vom 05. Juli 2017).

Diese Vorgehensweise ist vor dem Hintergrund der soeben gemachten Ausführungen nicht zu beanstanden. Das Vorgehen des Sachverständigen Dr. W. entspricht der im HLBS-Leitfaden Existenzgefährdung dargestellten Handlungsempfehlung bei der Untersuchung von Existenzgefährdungen. Wie bereits ausgeführt, werden ausweislich des HLBS-Leitfadens Existenzgefährdung die Privatentnahmen - ebenso wie die notwendige Kapitalbildung - normiert, um dem in der Rechtsprechung aufgestellten Gebot einer objektivierenden Betrachtungsweise gerecht zu werden. Die Privatentnahmen orientieren sich also nicht an den tatsächlichen Verhältnissen in dem Betrieb, da nicht die individuellen Bedürfnisse des Landwirts ausschlaggeben sein können. Hinsichtlich der angemessenen Privatentnahmen wird für einen Jahresbetrag von 32.000,00 € plädiert. Dieser Standard-Entnahmebetrag kann, falls angebracht, gemäß den regionalen Verhältnissen durch Zu- oder Abschläge um +/- 5.000,00 € pro Jahr variiert werden (vgl. Seite 11 und 86 ff. des HLBS-Leitfadens Existenzgefährdung). Die Annahme eines objektivierten Lohnanspruchs in Höhe von 32.900,00 € erweist sich vor diesem Hintergrund im vorliegenden Fall als sachgerecht und fehlerfrei.

Soweit die Kläger rügen, dass die tatsächlich erforderlichen Entnahmen nicht abgebildet würden, dass der objektivierte Lohnanspruch nicht einmal die Hälfte der bei dem im Branchenvergleich sehr hohen Gewinn anfallenden Steuerlast abdecke, von Aufwendung für Lebenshaltung, notwendige Versicherungen und Altersvorsorge ganz zu schweigen, und dass dieser Sonderfall im HLBS-Leitfaden nicht dargestellt werde, weshalb in einem solchen Fall mit „realen Zahlen“ gearbeitet werden müsse, führt dies nicht auf einen Fehler in dem Gutachten des Sachverständigen Dr. W.. Insbesondere kann der Forderung der Kläger, wenn vom individuellen - hier sehr hohen - Gewinn ausgegangen werden solle, dann seien auch die entsprechenden individuellen - hier recht hohen - privaten Aufwendungen zur berücksichtigen, nicht gefolgt werden. Wie bereits dargelegt, ist der Lohnanspruch unter Berücksichtigung der rechtlichen Objektivierungsvorgabe nicht gewählt worden, um die tatsächlichen Entnahmen zur Lebensunterhaltung der Betriebsleiterfamilie darzustellen, sondern um eine Untergrenze aufzuzeigen, bis zu der eine angemessene Entlohnung der Arbeitskraft des Betriebsinhabers angenommen werden kann. Der vom Sachverständigen Dr. W. gewählte Standard-Entnahmebetrag entspricht dem Betragsrahmen, für den in dem HLBS-Leitfaden Existenzgefährdung plädiert wird. Zwar stellt der HLBS-Leitfaden - darauf weisen die Kläger zu Recht hin - kein Gesetz dar, so dass von den dort genannten Werten auch abgewichen werden kann. Vorliegend besteht dafür jedoch kein begründeter Anlass, insbesondere erweist sich der im HLBS-Leitfaden genannte Standard-Entnahmebetrag hier nicht als offensichtlich unzureichend. Der Sachverständige Dr. W. hat in seinem ergänzenden Gutachten vom 05. Juli 2017 dargelegt, dass mit dem verbleibenden Betrag von … € alle Steuern und sonstigen Belastungen gezahlt werden könnten (vgl. Seite 4 des Gutachtens vom 05. Juli 2017). Auch nach einer Neuberechnung gemäß dem Prüfschema B gemäß dem im Jahr 2012 herausgegebenen HLBS-Leitfaden Existenzgefährdung reiche der Gewinn nach Steuern (… € - … € = … €) aus, um den objektivierten Lebensunterhalt der Betriebsleiterfamilie nach Steuern zu finanzieren und die Verzinsung des eingesetzten Kapitals sowie des betrieblichen Wachstums zu gewährleisten (vgl. Seite 12 des Gutachtens vom 05. Juli 2017). Entgegen der Auffassung der Kläger wurde die (hohe) Steuerlast des landwirtschaftlichen Betriebes des Klägers zu 1. damit berücksichtigt.

(e)

In dem Existenzgefährdungsgutachten des Sachverständigen Dr. W. wird die erforderliche Finanzierung der Instandhaltung und der notwendigen Weiterentwicklung des landwirtschaftlichen Betriebes des Klägers zu 1. ausreichend berücksichtigt.

Nach der landwirtschaftlichen Betriebslehre kommt es unter anderem darauf an, dass der erwirtschaftete Gewinn eine ausreichende Eigenkapitalbildung zulässt. Dies ist erforderlich, um die Aufwendungen für die reine Substanzerhaltung zu finanzieren. Außerdem werden Mittel benötigt, um notwendige Wachstumsinvestitionen zu ermöglichen, die den Betrieb langfristig entwicklungsfähig halten (vgl. Pasternak in: Aust/Jacobs/Pasternak, Die Enteignungsentschädigung, 6. Auflage 2007, Rn. 309). Dies ist hier gewährleistet. Entgegen der Auffassung der Kläger ist weder die von dem Sachverständigen Dr. W. erfolgte Bewertung des Anlagevermögens und dessen Verzinsung noch sein Ansatz bei der Beurteilung der der erforderlichen Netto-Investitionen zu beanstanden.

Ausweislich des Existenzgefährdungsgutachtens des Sachverständigen Dr. W. vom 21. April 2011 hat die Bilanz zum 30. Juni 2009 ein Anlagevermögen von … € ausgewiesen. Dr. W. geht - insoweit im Sinne der Kläger, die explizit eine Berücksichtigung des Substanzwertes anstelle des Buch- bzw. Bilanzwertes fordern - davon aus, dass die Sachwerte, aber auch die Verkehrswerte eher in dem Bereich von … € liegen. Berücksichtigt wurde eine Durchschnittsverzinsung von 3 % des Anlagevermögens inklusive Boden (… €), d. h. ein Ansatz von … € (vgl. Seite 13 des Gutachtens vom 21. April 2011; Seite 5 des Gutachtens vom 05. Juli 2017). Dr. W. kommt auf dieser Grundlage zu dem Ergebnis, dass die Eigenkapitalbildung um das Fünffache gegenüber den üblichen Anforderungen liege (vgl. Seite 13 des Gutachtens vom 21. April 2011).

Nachdem im Jahr 2012 der HLBS-Leitfaden Existenzgefährdung herausgegeben worden ist, hat der Sachverständige Dr. W. in seinem ergänzenden Gutachten vom 05. Juli 2017 eine neue Vergleichsberechnung anhand des HLBS-Leitfadens Existenzgefährdung vorgenommen. Boden und (sonstiges) Anlagevermögen werden nunmehr getrennt betrachtet. Aus dem Gewinn zu finanzieren sind nach dem Gutachten des Dr. W. die Positionen „Kalkulatorische Pacht“ in Höhe von … € (… ha x … €/ha), „Anlagevermögen“ in Höhe von … € (… € x 1,5 %) und „Netto-Investitionen“ in Höhe von … € (… € x 2,0 %). Das sind insgesamt … €. Dr. W. gelangt zu dem Ergebnis, dass der Gewinn nach Steuern ausreiche, um den objektivierten Lebensunterhalt der Betriebsleiterfamilie nach Steuern zu finanzieren und die Verzinsung des eingesetzten Kapitals sowie des betrieblichen Wachstums zu gewährleisten (vgl. Seite 12 des Gutachtens vom 05. Juli 2017). Auch wenn diese Berechnungen des Sachverständigen Dr. W. erst nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses erstellt wurden, zeigt sich daran, dass etwaige Fehler bzw. Ungenauigkeiten in der Vorgängerberechnung für das Abwägungsergebnis nicht kausal waren, so dass jedenfalls kein erheblicher Abwägungsfehler im Sinne des § 75 Abs. 1a VwVfG vorliegt.

Die den einzelnen Positionen „Kalkulatorische Pacht“, „Anlagevermögen“ und „Netto-Investitionen“ zugrunde gelegten Ansätze und Beträge werden von den Klägern bzw. von den von ihnen beauftragten Sachverständigen Dr. Z. und AA. nicht durchgreifend in Frage gestellt.

(aa)

Hinsichtlich der Position „Kalkulatorische Pacht“ besteht zwischen den Sachverständigen Uneinigkeit über den anzusetzenden Pachtzins. Dr. W. legt in seinem ergänzenden Gutachten vom 05. Juli 2017 einen Pachtzins von … €/ha zugrunde. Zur Begründung führt er aus, dass als kalkulatorischer Pachtpreis der ortsübliche Pachtzins angesetzt werden müsse. Die Stadt Wunstorf habe mitgeteilt, dass die Stadt aktuell Ackerflächen für … €/ha verpachte und dies auch ansonsten in der Landwirtschaft nicht unüblich sei. Dieser Betrag erscheine aber im Sonderkulturbereich mit langfristigen Pachtverträgen zu niedrig, der Pachtzins liege tendenziell bei … €/ha (vgl. Seite 5 des Gutachtens vom 05. Juli 2017). Dr. Z. legt in seinem Gutachten vom 21. Mai 2017 hingegen eine kalkulatorische Pacht von … €/ha zugrunde. Dieser Betrag liege in dem Bereich, der von Sonderkulturbetrieben in der Region Hannover für Neuanpachtungen genannt worden sei. Er räumt allerdings auch ein, dass längerfristige Bestandspachten in der Regel deutlich niedriger lägen (vgl. Seite 13 des Gutachtens vom 21. Mai 2017; Seite 38 des Gutachtens vom 07. Januar 2019). Vor diesem Hintergrund erweist sich der von Dr. W. zugrunde gelegte Pachtzins in Höhe von … € aus der Sicht des Senats jedenfalls als vertretbar. Die Höhe des Pachtzinses berücksichtigt hinreichend die Besonderheiten im Sonderkulturbereich, indem der von der Stadt Wunstorf genannte ortsübliche Pachtzins mehr als verdoppelt worden ist. Da Dr. Z. selbst einräumt, dass längerfristige Bestandspachten in der Regel deutlich niedriger lägen als der von ihm angeführte Betrag, erscheint die Zugrundelegung eines Pachtzinses in Höhe von … €/ha als vertretbar.

(bb)

Hinsichtlich der Position „Anlagevermögen“, d. h. der Verzinsung des Eigenkapitals, sind sich die Sachverständigen Dr. W. und Dr. Z. zunächst darüber einig, dass das Anlagevermögen (ohne Boden) mit 1,5 % zu verzinsen ist (vgl. Seite 6 des Gutachtens des Dr. W. vom 05. Juli 2017; Seite 13 des Gutachtens des Dr. Z. vom 21. Mai 2017). Streit besteht allerdings über die Höhe des anzusetzenden Anlagevermögens (ohne Boden) bzw. über die Frage, ob - so die Kläger - neben dem Anlagevermögen (ohne Boden) auch das Umlaufvermögen zu berücksichtigen ist.

Der Sachverständige Dr. W. berücksichtigt allein das Anlagevermögen (ohne Boden). Er setzt dafür in seinem Gutachten vom 05. Juli 2017 einen Betrag von … € an. Zur Begründung führt er aus, dass von dem in der Bilanz 2009 ausgewiesenen Anlagevermögen inklusive des Grund und Bodens (= … €) noch der Bodenwert abgezogen werden müsse. Danach sei das um den Bodenwert bereinigte Anlagevermögen nicht groß. Der Betriebsrundgang habe gezeigt, dass der Betrieb überwiegend mit abgeschriebenen Maschinen und in einfachen Betriebsgebäuden wirtschafte. Auch Dr. Z. weise darauf hin, dass die Ausstattung eher von unterdurchschnittlicher Höhe sei. Das geschätzte Anlagevermögen (ohne Boden) belaufe sich daher auf … € (vgl. Seite 6 des Gutachtens vom 05. Juli 2017). In seinem ergänzenden Gutachten vom 05. Juli 2019 nimmt Dr. W. - vorsorglich - eine weitere Berechnung vor, der ein Anlagevermögen (ohne Boden) von … € zugrunde liegt. Diesen Betrag ermittelt der Sachverständige, indem er von dem geschätzten Gesamtkapital in 2011 von … € einen Bodenwert von … € abzieht. Auch nach dieser Berechnung ist die Existenz des landwirtschaftlichen Betriebes des Klägers zu 1. gesichert (vgl. Seite 10 ff. des Gutachtens vom 05. Juli 2019). Letztere Berechnung entspricht der Forderung der Kläger, anstelle des Buch- bzw. Bilanzwertes den Substanzwert des Anlagevermögens zugrunde zu legen. Zwar handelt es sich bei der Erhöhung des Bilanzwertes von … € auf einen Verkehrswert von … € um eine bloße Schätzung des Sachverständigen Dr. W.. Ebenso handelt es sich bei dem zugrunde gelegten Bodenwert von … € um eine bloße Schätzung. Dr. W. hat in seiner ergänzenden Stellungahme vom 19. August 2019 jedoch darauf hingewiesen, dass unter Berücksichtigung der niedrigen Abschreibungen im Betrieb des Klägers zu 1. die geschätzten … € sicher nicht zu niedrig angesetzt worden seien (vgl. Seite 18 f. des Gutachtens vom 19. August 2019). Zudem zeigen die nachfolgenden Ausführungen, dass die Schätzungen des Dr. W. den von den Sachverständigen Dr. Z. und AA. ermittelten Werten hinsichtlich der Höhe des anzusetzenden Anlagevermögens (ohne Boden) nahezu entsprechen und damit realitätsnah sind, so dass die diesbezügliche Kritik der Kläger nicht zu überzeugen vermag.

Dr. Z. führt in seinem Gutachten vom 21. Mai 2017 aus, dass das im Betrieb vorhandene Anlagevermögen (ohne Boden) wie z. B. Fahrzeuge, Maschinen und Geräte, Betriebsgebäude u. ä. eher von unterdurchschnittlicher Höhe sei. Das Anlagevermögen wachse nicht linear mit der Fläche (vgl. Seite 13 des Gutachtens vom 21. Mai 2017). Er führt in dem Gutachten vom 07. Januar 2019 zusammen mit der Sachverständigen AA. weiter aus, dass die Gebäude und baulichen Anlagen auf insgesamt rund … € in 2010 geschätzt würden. Die Anlagen, Maschinen und Geräte würden vereinfachend pauschal zu 30 % der (historischen) Anschaffungskosten bewertet, d. h. mit … €. Die Summe des Anlagevermögens (ohne Boden) betrage damit … € (vgl. Seite 39 f. Gutachtens vom 07. Januar 2019). Der von den Sachverständigen Dr. Z. und AA. angesetzte Betrag für das Anlagevermögen (ohne Boden) in Höhe von … € entspricht somit nahezu dem von Dr. W. in seinem Gutachten vom 05. Juli 2019 zugrunde gelegten Betrag … €. Die Berechnung des Dr. W. fällt insoweit sogar zugunsten der Kläger aus. Auf die Vertretbarkeit der ersten Berechnung des Dr. W. in seinem Gutachten vom 05. Juli 2017 kommt es danach nicht mehr entscheidungserheblich an. Lediglich am Rande sei daher darauf hingewiesen, dass sich auch der Ansatz eines Betrages von … € für das Anlagevermögen (ohne Boden) wohl noch als vertretbar darstellt. Sowohl Dr. Z. als auch Dr. W. gehen davon aus, dass das im Betrieb vorhandene Anlagevermögen (ohne Boden) von unterdurchschnittlicher Höhe ist. Es ist nicht ersichtlich, dass die Schätzungen des Dr. W. unrealistisch oder gar willkürlich wären. Die Beklagte weist - unter Bezugnahme auf Dr. W. - zu Recht darauf hin, dass der Bodenwert bereits einen Großteil des Anlagevermögens ausmache, dass die Maschinen des Betriebs überwiegend abgeschrieben seien und dass die Betriebsgebäude sehr einfach seien.

Im Gegensatz zu Dr. W. berücksichtigen die Sachverständigen Dr. Z. und AA. bei ihren Berechnungen neben dem Anlagevermögen (ohne Boden) jedoch auch das Umlaufvermögen. In ihrem Gutachten vom 07. Januar 2019 heißt es, dass dem Anlagevermögen noch das Umlaufvermögen hinzuzurechnen sei, denn die kalkulatorische Verzinsung werde für das gesamte sog. „Besatzkapital“ ermittelt (vgl. Seite 40 des Gutachtens vom 07. Januar 2019). Sie führen aus, dass das im Betrieb gebundene Umlaufvermögen von Freiland-Gemüsebaubetrieben nicht aus steuerlichen Jahresabschlüssen erkennbar sei. In den Auswertungen des ZBG (= Zentrum für Betriebswirtschaft im Gartenbau e. V.) werde daher ein Wert aus den Betriebsdaten kalkulatorisch errechnet. Die Beträge für Umlaufvermögen und Anlagevermögen würden aus dem Durchschnitt der letzten fünf Jahre für „Freilandbetriebe Gemüsebaubetriebe indirekter Absatz, 40 bis 120 ha“ übernommen. Es ergebe sich ein Betrag von rund … € für Umlauf- und Anlagevermögen (vgl. Seite 13 des Gutachtens vom 21. Mai 2017; Seite 43 des Gutachtens vom 07. Januar 2019).

Diesem Ansatz der Sachverständigen Dr. Z. und AA. kann nicht gefolgt werden. Zu Recht hat der Sachverständige Dr. W. lediglich das Anlagevermögen (ohne Boden) und nicht auch noch das Umlaufvermögen berücksichtigt. Die Sachverständigen Dr. Z. und AA. führen in ihrem Gutachten vom 07. Januar 2019 selbst aus, dass mit dem Begriff „Umlaufvermögen“ Positionen des Vermögens bezeichnet würden, die selbst nur relativ kurz im Betrieb verblieben, also keine Anlagengüter seien, aber stetig wieder neu angeschafft werden müssten, und somit „umlaufen“. Zum Umlaufvermögen gehörten insbesondere z. B. die Düngemittel, Saatgut, Kassenbestände, Guthaben auf der Bank zur Finanzierung der laufenden Geschäftstätigkeit und Forderungen (vgl. Seite 43 des Gutachtens vom 07. Januar 2019). Nach allgemeiner Definition sind Umlaufvermögen in Unternehmen alle Vermögensgegenstände, die im Rahmen des Betriebsprozesses zur kurzfristigen, Veräußerung, zum Verbrauch, zur Verarbeitung oder zur Rückzahlung bestimmt sind. Sie befinden sich nur kurze Zeit im Unternehmen und dienen nicht, wie das Anlagevermögen, dauerhaft dem Geschäftsbetrieb (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Umlaufverm%C3%B6gen #cite_note-1). Das Anlagekapital (bzw. Anlagevermögen) umfasst hingegen diejenigen finanziellen Mittel, die in Anlagen zum dauerhaften Gebrauch investiert sind, d. h. insbesondere das in Grundstücken, Gebäuden oder Maschinen anlegte Kapital eines Betriebes (vgl. http://www.wirtschaftslexikon24.com/d/anlagekapital/anlagekapital.htm). Bereits aus diesen Definitionen lässt sich herleiten, dass das Umlaufvermögen bei der Berechnung der Opportunitätskosten im Rahmen der Prüfung auf Existenzgefährdung nicht zu berücksichtigen ist. Es handelt sich lediglich um einen durchlaufenden Posten. Da die fernstraßenrechtliche Planung zur Verwirklichung langfristiger Planungsziele auf eine dauerhafte Bodenbeanspruchung ausgerichtet ist, ist - wie bereits dargelegt - zu prüfen, ob der Betrieb längerfristig existenzfähig ist. Dies beinhaltet es, nur das langfristige Anlagevermögen, nicht jedoch das nur kurzfristige Umlaufvermögen bei der Berechnung der Opportunitätskosten zu berücksichtigen. Dies ist entsprechend auch in dem HLBS-Leitfaden Existenzgefährdung niedergelegt worden. Danach ist das im Betrieb durchschnittlich gebundene abschreibungspflichtige Anlagekapital zu ermitteln (Seite 89, und 113 f. des HLBS-Leitfadens Existenzgefährdung); zu betrachten sind die Anlagegüter (vgl. Seite 88 f. des HLBS-Leitfadens Existenzgefährdung).

(cc)

Der Streit über die Höhe des anzusetzenden Anlagevermögens (ohne Boden) bzw. über die Frage, ob neben dem Anlagevermögen (ohne Boden) auch das Umlaufvermögen zu berücksichtigen ist, wird analog auch bei der Position „Netto-Investitionen“ geführt und kann hier letztlich nicht anders beantwortet werden.

Die Sachverständigen Dr. W. und Dr. Z. /AA. sind sich darüber einig, dass zur erforderlichen Weiterentwicklung des Betriebes Investitionen erforderlich sind, die aus dem Gewinn finanziert werden müssen. Dr. W. versieht das Anlagevermögen (ohne Boden) in Höhe von … € in seinem Gutachten vom 05. Juli 2017 zu diesem Zweck mit weiteren 2 % für Netto-Investitionen. Er gelangt damit zu Netto-Investitionen in Höhe von … € (vgl. Seite 6 und 12 des Gutachtens vom 05. Juli 2017). Dr. Z. legt in seinem Gutachten vom 21. Mai 2017 zugrunde, dass Gemüsebaubetriebe vergleichbarer Größenordnung nach den Auswertungen des ZBG jährlich im Durchschnitt etwa 4 % des Umlauf- und Anlagevermögens (ohne Boden) über den Betrag der Abschreibung hinaus investierten (Netto-Investitionen). Als zum Erhalt des Betriebes und des Eigenkapitals mindestens erforderlich sehe er - insoweit stimmt er mit Dr. W. überein - 2 % an und setze diesen Wert ein (vgl. Seite 13 des Gutachtens vom 21. Mai 2017; Seite 43 des Gutachtens vom 07. Januar 2019). Daraus ergebe sich ein jährlicher Bedarf an Netto-Investitionen von … € (= 2 % von … € Anlage- und Umlaufvermögen) (vgl. Seite 43 des Gutachtens vom 07. Januar 2019).

Übereinstimmung zwischen den Sachverständigen besteht in dem anzusetzenden Faktor von 2 %. Umstritten ist wiederum, ob dieser Faktor auf das Anlagevermögen (ohne Boden) oder daneben auch auf das Umlaufvermögen anzuwenden ist. Daraus ergeben sich die Differenzen in der Höhe der anzusetzenden Netto-Investitionen. Analog zu der Position „Anlagevermögen“ ist auch hier nur das langfristige Anlagevermögen (ohne Boden) und nicht das Umlaufvermögen zu berücksichtigen. Insoweit kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden.

Soweit die Kläger darauf verweisen, dass die tatsächlichen jährlichen Netto-Investitionen bei … € liegen würden, vermag dies den Ansatz von Dr. W. nicht in Frage zu stellen. Denn wie bereits dargelegt, sind die Privatentnahmen und die notwendige Kapitalbildung zu objektivieren, da die individuellen Bedürfnisse des Landwirts nicht ausschlaggebend sein können. Die erforderliche Objektivierung erfolgt durch die Berücksichtigung von 2 % des Anlagevermögens (ohne Boden); eine noch weitergehende Objektivierung durch ein Abstellen auf die durchschnittlichen jährlichen Nettoinvestitionen in Freiland-Gemüsebaubetrieben ist - entgegen der Auffassung der Kläger - hingegen nicht geboten. Im Übrigen hat Dr. W. in der mündlichen Verhandlung am 14. August 2019 zu Recht darauf hingewiesen, dass sich aus Tabelle 17 des Gutachtens der Sachverständigen Dr. Z. und AA. vom 07. Januar 2019 ergebe, dass - ohne den Landkauf, der insoweit nicht berücksichtigt werden könne - tatsächlich nur wenige Investitionen in den Betrieb und in die Maschinen erfolgt seien.

(f)

Die Bewertung der Wirtschaftserschwernisse in dem Existenzgefährdungsgutachten des Sachverständigen Dr. W. ist nicht zu beanstanden.

Die Kläger machen insoweit im Wesentlichen geltend, dass die Ertragsstärke des Betriebes auf den kurzen Wegen vom Hof zu den Feldern und dem flexiblen Einsatz der Mitarbeiter auf den betriebsnahen Feldern beruhe. Die Arrondierung der Flächen sei ein wichtiger Faktor für den wirtschaftlichen Erfolg des Betriebes. Dieser Vorteil werde zerstört. Durch die längeren Wege zu den Flächen jenseits der geplanten Straße entstünden höhere Transportkosten sowie Zeit- und Materialaufwand. Die Beklagte hat sich mit den Einwänden der Kläger zu den Wirtschaftserschwernissen auseinandergesetzt und sie im Rahmen der von ihr zu treffenden Abwägungsentscheidung angemessen berücksichtigt. Das Existenzgefährdungsgutachten des Sachverständigen Dr. W. vom 21. April 2011 in Verbindung mit den im Verwaltungs- und Klageverfahren erfolgten Ergänzungen bzw. Erläuterungen ermittelt sachgerecht die vorhabenbedingten Wirtschaftserschwernisse. Auch wenn die erst im Klageverfahren vorgelegten Berechnungen des Sachverständigen Dr. W. vom 05. Juli 2017 und 05. Juli 2019 erst nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses erstellt wurden, zeigt sich daran, dass etwaige Fehler bzw. Ungenauigkeiten in der Vorgängerberechnung für das Abwägungsergebnis nicht kausal waren, so dass jedenfalls kein erheblicher Abwägungsfehler im Sinne des § 75 Abs. 1a VwVfG vorliegt. Ausweislich der ergänzenden Stellungnahme des Sachverständigen Dr. W. vom 19. August 2019 hat die Frage, ob und in welcher Höhe Mehraufwendungen angesetzt werden, für die Entscheidung über das Bestehen einer Existenzgefährdung im Ergebnis keine Relevanz. Eine Existenzgefährdung ist auch dann ausgeschlossen, wenn man alle zusätzlich von den Sachverständigen Dr. Z. und AA. angeführten Mehrbelastungen abzieht (vgl. Seite 11 f. und 24 des Gutachtens vom 19. August 2019).

(aa)

Ein Fehler des Existenzgefährdungsgutachtens ist zunächst nicht hinsichtlich der Schäden durch Flächenan- bzw. -durchschneidungen festzustellen.

Die Kläger rügen, dass die Schäden durch Flächenan- bzw. -durchschneidungen nicht durch Bewertung der Veränderung der tatsächlichen Verhältnisse und Gegebenheiten ermittelt, sondern anhand der Länge des Anschnitts pauschal geschätzt worden seien. Damit vermögen sie keinen Fehler des der Abwägung zugrunde gelegten Existenzgefährdungsgutachtens aufzuzeigen. Die Ermittlung der vorhabenbedingten Wirtschaftserschwernisse infolge von Durchschneidungen aber auch von Mehrwegen und zusätzlichen Vorgewenden ist anhand von an den Betrieb des Klägers zu 1. angepassten gutachterlichen Erfahrungswerten erfolgt. Dr. W. führt insoweit erläuternd in seinem Gutachten vom 05. Juli 2017 aus, dass gutachterliche Schätzungen anhand von Erfahrungswerten vorgenommen worden seien, die an die Betriebsabläufe des Betriebs des Klägers zu 1. angepasst gewesen seien. Sie seien genau genug gewesen, um eine Aussage zur Existenzgefährdung zu machen. Wegen der guten Zahlen des Betriebes sei es hier nicht auf den letzten Euro angekommen (vgl. Seite 6 f. des Gutachtens vom 07. Mai 2017.). Diese Vorgehensweise ist nicht zu beanstanden. Die Kläger haben nicht dargelegt, dass die gutachterlichen Schätzungen des Dr. W. in der Sache zu niedrig ausgefallen wären. Dr. W. ist in dem Existenzgefährdungsgutachten vom 21. April 2011 zu Erschwernissen durch Flächendurchschneidungen in Höhe von … € gelangt (vgl. Seite 26 ff. des Gutachtens vom 21. April 2011). Die Sachverständigen der Kläger, Dr. Z. und AA., haben ihren Gutachten vom 21. Mai 2017 und 07. Januar 2019 ebenfalls Wirtschaftserschwernisse für „Mehraufwand Bearbeitung diagonale Durchschneidung“ in Höhe von … € zugrunde gelegt (vgl. Seite 29 ff. des Gutachtens vom 21. Mai 2017; Seite 20 des Gutachtens vom 07. Januar 2019). Dr. W. und Dr. Z. /AA. weichen in diesem Punkt nicht voneinander ab, so dass die Kritik der Kläger unsubstantiiert bleibt. Die Kläger haben den Mehraufwand infolge der diagonalen Durchschneidungen in Höhe von … € in ihrem Schriftsatz vom 02. August 2019 nunmehr auch akzeptiert.

(bb)

Die Berechnung der Wirtschaftserschwernisse durch Mehrwege in dem Existenzgefährdungsgutachten des Sachverständigen Dr. W. ist nicht zu beanstanden.

Dr. W. beschäftigt sich in seinem Gutachten vom 21. April 2011 ausführlich mit der Mehrwegberechnung. Er führt im Wesentlichen aus, dass als Mehrweg die Mehrentfernung vom heutigen Zentrum der Kultur zum zukünftigen Zentrum berechnet werde. Bei der Mehrwegentschädigung müssten Wegbeschaffenheit, Wartezeiten beim Überqueren von Straßen und Steigungen berücksichtigt werden. Diese Faktoren würden in Meter-Mehrentfernung umgerechnet. Die Mehrwege im Bereich der hofnahen Flächen resultierten daraus, dass vor dem Bau der Straße die Flächen zusammenhängend bewirtschaftet werden konnten und nach dem Bau die vom Hof abgeschnittene Seite nur über das Brückenbauwerk BA. weg mit durchschnittlich 200 m - 400 m Umweg erreicht werden könne. Die Strecke müsse in beide Richtungen gefahren werden, also vom Hof zur Fläche und zurück. Die Richtwerte zur Ermittlung der Entschädigung von Umwegen bei Acker- und Grünland könnten nur in stark abgewandelter Form übernommen werden, weil die Bewirtschaftung von Gemüsebaukulturen nicht mit der von Ackerbaukulturen verglichen werden könne. Die Fahrtzeiten zu den Flächen seien hoch, weil ein Großteil der Arbeiten mit der Hand vorgenommen werden müsse. Die Anzahl der Fahrten beziehe sich immer auf einen Hektar Fläche, weil die Größen der einzelnen Sätze in der Regel eher kleiner als größer seien und dann auch zu jedem Satz Bodenbearbeitung, Pflege und Ernte gesondert durchgeführt werden müssten. Insgesamt würden 54 Fahrten/ha durchgeführt, um die auf der gegenüberliegenden Straßenseite liegenden Flächen zu bewirtschaften. Weil aber die durchschnittliche Satzgröße bei 0,5 ha/Satz liege, bedeute dies einen durchschnittlichen Mehrweg von 2 x 54 Fahrten/ha, entsprechend 108 Fahrten/ha. Dabei würden 108 x 2 Fahrten x 200 m = 43,2 km an Mehrweg zurückgelegt. Für die Mehrentfernung von 200 m würden durchschnittlich 2 Minuten benötigt. Bei der Berechnung würden die Kosten eines Schleppers (… €/h) angenommen. Für den Fahrer würden im überbetrieblichen Einsatz … €/h veranschlagt. Der Mehraufwand für den Mehrweg von 200 m betrage … €/Jahr und ha bei den betroffenen Flächen. Abschließend gelangt Dr. W. zu Wirtschaftserschwernissen infolge von Mehrwegen in Höhe von insgesamt … € (vgl. Seite 23 ff. des Gutachtens vom 21. April 2011). In seinem ergänzenden Gutachten vom 07. Januar 2012 führt er erläuternd aus, dass die Mehraufwendungen zusammen mit dem Kläger zu 1. ermittelt worden seien. Besonders die Lieferung der kleinen Positionen frisch geernteten Gemüses sei ausführlich diskutiert worden, ebenso Kontrollfahrten, Personentransport. Insgesamt seien so 108 Fahrten/ha x 2 Richtungen zusammengekommen (vgl. Seite 4 des Gutachtens vom 07. Januar 2012). Die Ausführungen des Sachverständigen Dr. W. sind schlüssig und für den Senat nachvollziehbar. Sie berücksichtigen in ausreichendem Maße die Besonderheiten des Gemüsebaubetriebs.

Die Sachverständigen der Kläger, Dr. Z. und AA., kommen hingegen zu Wirtschaftserschwernissen infolge von Mehrwegen in Höhe von … € (vgl. Seite 24 des Gutachtens vom 21. Mai 2017; Seite 20 des Gutachtens vom 07. Januar 2019). Sie vermögen jedoch mit ihren Berechnungen die des Sachverständigen Dr. W. nicht durchgreifend in Frage zu stellen. Der Unterschied zu der Berechnung von Dr. W. ergibt zum einen daraus, dass die Sachverständigen Dr. Z. und AA. bei der Berechnung Steigungen, die unterschiedliche Beschaffenheit der Straße sowie eine enge Kurve durch Wegefaktoren zwischen 1,05 und 2,07 berücksichtigen (vgl. Seite 23 des Gutachtens vom 21. Mai 2017). Dr. W. geht im Gegensatz zu den Sachverständigen Dr. Z. und AA. davon aus, dass das Überqueren der Brücke und die sonstigen von Dr. Z. /AA. aufgelisteten Erschwernisse im Bereich des zukünftigen Wirtschaftswegenetzes keine großen Schwierigkeiten mit sich bringen (vgl. Seite 7 des Gutachtens vom 05. Juli 2019). Unabhängig davon hat Dr. W. sowohl die Steigungen als auch die Kurven in Meter-Mehrwegen erfasst (vgl. Seite 8 des Gutachtens vom 05. Juli 2017). Letztlich handelt es sich insoweit um eine sachverständige Einschätzung, die aus der Sicht des Senats überzeugt, zumal die Steigung der Rampen zum neuen Brückenbauwerk gemäß Planung nur rund 4 % beträgt. Ein Fehler in dem Gutachten des Dr. W. wird damit nicht aufgezeigt. Zum anderen ergibt sich ein weiterer Unterschied in der Berechnung daraus, dass die Sachverständigen Dr. Z. und AA. zum Teil höhere Arbeits- und Maschinenkosten ansetzen als Dr. W.. Dr. W. weist in seinem ergänzenden Gutachten vom 05. Juli 2019 darauf hin, dass unter Zugrundelegung der von Dr. Z. angesetzten Arbeits- und Maschinenkosten die meisten Kulturen nur schwach oder nicht kostendeckend zu produzieren seien. Würde man dies für den gesamten Betrieb durchrechnen, könnten kaum mehr Gewinne erwirtschaftet werden. Es sei fraglich, ob dies der Realität entspreche (vgl. Seite 7 des Gutachtens vom 05. Juli 2019). Auch insoweit handelt sich um eine tragfähige sachverständige Einschätzung. Die von Dr. W. zugrunde gelegten … €/h für Schlepper und Transporter und … €/h für den Fahrer erweisen sich als realitätsnah und damit als vertretbar.

Letztlich kann diese Frage aber auch dahinstehen. Der Sachverständige Dr. W. weist in seinem Gutachten vom 05. Juli 2019 darauf hin, dass, selbst wenn man die Mehrwegeberechnung und den Aufwand für die Beregnung auf Basis der Ermittlungen von Dr. Z. /AA. unterstellen würde, diese beiden Positionen nicht ausschlaggebend für das Erreichen der Schwelle zur Existenzgefährdung wären (vgl. Seite 10 f. des Gutachtens vom 05. Juli 2019). In der mündlichen Verhandlung hat er nochmals bekräftigt, dass der „Puffer“ zur Existenzgefährdung so groß sei, dass es nicht „auf jeden Euro ankommt“.

(cc)

Es ist nicht zu beanstanden, dass Dr. W. in seinem Existenzgefährdungsgutachten keinen erhöhten Aufwand zur Ladungssicherung berücksichtigt hat.

Die von den Klägern beauftragten Sachverständigen Dr. Z. und AA. setzen als Wirtschaftserschwernis einen erhöhten Aufwand zur Ladungssicherung in Höhe von … € an (vgl. Seite 24 ff. des Gutachtens vom 21. Mai 2017; Seite 11 f. und 20 des Gutachtens vom 07. Januar 2019). Zur Begründung führen sie aus, dass die Erntekisten bisher sehr einfach und schnell direkt auf Anhänger ohne Flachten (Seitenwände) von allen Seiten auf- und abgeladen werden konnten. Nach dem Bau der Bundesstraße führe der Weg über eine Brücke mit Steigung. Um mögliche Unfälle durch Abrutschen der Ladung auszuschließen, müsse die Ladung gesichert werden. Es müssten daher Anhänger mit auf- und abklappbaren Seitenwänden angeschafft werden. Diese müssten jeweils auf dem Feld und beim Abladen rundherum geöffnet und wieder verschlossen werden. Dies koste zusätzliche Zeit. Der entstehende Mehraufwand für den Betrieb bestehe in den zusätzlichen Lohnkosten und den erhöhten Abschreibungskosten für die teureren Anhänger (vgl. Seite 24 ff. des Gutachtens vom 21. Mai 2017). Der Sachverständige Dr. W. erkennt diese Position aus für den Senat nachvollziehbaren Gründen nicht an. Denn unabhängig davon, ob sich der von den Sachverständigen Dr. Z. und AA. zugrunde gelegte Ansatz von fünf Minuten für die Transportsicherung als zu hoch erweist oder nicht, weist Dr. W. zu Recht darauf hin, dass auch ohne die zukünftigen Erschwernisse, die durch den Transport über die Brücke entstünden, kein Erntetransport ohne Transportsicherung erlaubt sei. Die Berufsgenossenschaft lasse dies aus Gründen des Personenschutzes nicht zu. Wenn bislang keine Transportsicherung im nahen Bereich der Hofanlage vorgenommen worden sei, dann sei dies ein nicht gesetzeskonformes Risiko gewesen. Es handele sich damit in Bezug auf die Überprüfung der Existenzfähigkeit des Betriebes nicht um eine berücksichtigungsfähige Position (vgl. Seite 4 des Gutachtens vom 05. Juli 2019; Seite 16 des Gutachtens vom 19. August 2019). Dem ist nichts hinzuzufügen. Bei der Transportsicherung handelt es sich um eine Maßnahme des Arbeitsschutzes. Soweit die Kläger darauf hinweisen, dass die BA. straße in dem Bereich zwischen den Produktionsflächen für den allgemeinen Verkehr gesperrt sei (vgl. dazu Seite 9 des Gutachtens der Sachverständigen Dr. Z. und AA. vom 30. Juli 2019), so ist die Straße jedenfalls für - andere - Verkoppelungsinteressenten freigegeben. Eine Transportsicherung ist daher geboten. Im Übrigen hat die Beklagt klargestellt, dass es sich tatsächlich nicht um einen Weg der Verkopplungsinteressentschaft, sondern um einen Wirtschaftsweg der Stadt Wunstorf handelt, der für den landwirtschaftlichen Verkehr freigegeben ist. Es handelt sich um einen öffentlichen Weg, auf dem Begegnungsverkehr mit landwirtschaftlichen Fahrzeugen, aber auch mit Radfahrern möglich ist.

(dd)

Die Auswirkungen durch Laubfall und Schattenwurf durch geplante Gehölzpflanzungen auf den Landwirtschaftsbetrieb des Klägers zu 1. sind ausreichend berücksichtigt worden.

Die Kläger rügen, dass es durch die geplanten Gehölzpflanzungen entlang der Ortsumgehung zu Laubfall und Verschattungen im Bereich der Produktionsflächen komme. Durch Blätter verschmutztes Gemüse könne regelmäßig nicht mehr verkauft werden. Es komme daher zu einer Minderung des jährlichen Deckungsbeitrags der Flächen durch Schattenwurf und Laubfall, und zwar in Höhe von … € bei einer Betrachtung ohne den Babynahrungshersteller K. bzw. in Höhe von … € bei einer Betrachtung mit K. (vgl. Seite 19 des Gutachtens der Sachverständigen Dr. Z. und AA. vom 07. Januar 2019). Die Ertragseinbußen seien nicht als Schaden in die Berechnung einbezogen worden.

Diesem Vorbringen der Kläger kann nicht gefolgt werden. Entgegen der Auffassung der Kläger hat der Sachverständige Dr. W. die Auswirkungen der Gehölzpflanzungen auf den landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers zu 1. berücksichtigt. Er weist in seinem Gutachten vom 21. April 2011 darauf hin, dass es je nach Bepflanzung auf allen von der Baumaßnahme betroffenen Flächen zu Verschattungen komme. Entweder erfolge die Beschattung von den Bäumen des Pflanzstreifens entlang der Umgehungsstraße oder sie gehe von dem Damm des Brückenbauwerks am BA. weg aus. Dies habe auf die gemüsebaulich genutzten Flächen folgende Auswirkungen: Schatten bewirke verminderte Photosynthese und geringeres Wachstum; späteres Erwärmen der Kulturen im Frühjahr und Herbst wirke sich unmittelbar auf die Wachstumsgeschwindigkeit und Frühzeitigkeit im Frühjahr bzw. Ausreifung vor dem Wintereinbruch aus; zu erwarten seien längere Nässeperioden, späteres Abtrocknen des Bodens, spätere Pflanztermine, längere Blattnässe, späteres Abtrocknen der Blätter und ein höheres Pilzrisiko; in Trockenzeiten gebe es Feuchtigkeits- und Nährstoffkonkurrenz durch die bis zu 10 m in den Gemüsestreifen reichenden Wurzeln der Bäume; erhöhtes Wildschadensrisiko; Laubfall im Herbst führe zu einer Verschmutzung der Gemüsekulturen, Pollenflug im Frühjahr ebenfalls. Dr. W. geht davon aus, dass der Ertragsverlust in dem benachbarten 10 m gemüsebaulich genutzten Streifen je nach Lage zwischen 20 % und 50 % liege. Der niedrigere Wert komme auf der Nord-Ost-Seite vor, der höhere auf der Süd-West-Seite, weil dort die wichtige Morgensonne fehle (vgl. Seite 20 des Gutachtens vom 21. April 2011). Dr. W. führt weiter aus, dass das für die Bewirtschaftung - ohnehin - erforderliche Vorgewende acht Meter breit sei. Im Bereich des Vorgewendes komme es regemäßig zu hohen Ertragseinbußen von bis zu 60 %. Wegen der Beschattung habe man auf einem 5 - 10 m breiten Bereich entlang der Gehölzanpflanzung bzw. des Dammes je nach Himmelsrichtung - zudem - Ertragseinbußen zwischen 20 % und 50 %. Wenn man zusätzlich das Risiko des erhöhten Schadstoffeintrages berücksichtige, werde vorgeschlagen, entlang der Umgehungsstraße und der Überführung des BA. weges ein 8 m breites Vorgewende unbepflanzt zu lassen und mit einem Rasen zu begrünen. Dann wären die oben beschriebenen Nachteile weit möglichst behoben (vgl. Seite 22 f. des Gutachtes vom 21. April 2011). Die Ertragsverluste durch diese zusätzlichen Vorgewende, durch die sowohl die klassischen Ertragseinbußen durch Vorgewende als auch Mindererträge durch Schattenwurf und Laubfall abgedeckt werden, sind bei der Bewertung der Existenzgefährdung berücksichtigt worden. Sowohl bei der Schadensberechnung als auch bei der abschließenden Überprüfung der Existenzfähigkeit nach dem Eingriff wurden die zusätzlichen Vorgewende mit einem Deckungsbeitragsverlust von … €/m² berücksichtigt (vgl. Seite 26 ff. und 33 des Gutachtens vom 21. April 2011). Insgesamt kommt Dr. W. im Rahmen der Schadensberechnung zu Mindererträgen neben der Trasse durch Schattenwurf, Laubfall und Vorgewende in Höhe von insgesamt … € (vgl. Seite 26 ff. des Gutachtens vom 21. April 2011).

Die Sachverständigen der Kläger, Dr. Z. und AA., kommen in ihrem Gutachten vom 07. Januar 2019 zu einem Mehraufwand durch Wirtschaftserschwernisse infolge von Schattenwurf und Laubfall in den Kulturen in Höhe von … € bei einer Betrachtung ohne den Babynahrungshersteller K. bzw. in Höhe von … € bei einer Betrachtung mit K. (vgl. Seite 19 des Gutachtens vom 07. Januar 2019). Die Deckungsbeitragsverluste durch zusätzliche Vorgewende haben sie - im Unterschied zu Dr. W. - separat betrachtet. Insoweit setzen sie einen Deckungsbeitragsverlust in Höhe von … € bei einer Betrachtung ohne den Babynahrungshersteller K. bzw. in Höhe von … € bei einer Betrachtung mit K. an (vgl. Seite 19 des Gutachtens vom 07. Januar 2019). Addiert man die von den Sachverständigen Dr. Z. und AA. separat ausgewiesenen Positionen „Deckungsbeitragsverluste durch zusätzliche Vorgewende“ und „Mehraufwand durch Wirtschaftserschwernisse infolge von Schattenwurf und Laubfall in den Kulturen“ gelangt man zu Mindererträgen neben der Trasse durch Schattenwurf, Laubfall und Vorgewende in Höhe von insgesamt … € bei einer Betrachtung ohne den Babynahrungshersteller K. bzw. in Höhe von … € bei einer Betrachtung mit K.. Bei einem Vergleich mit den von Dr. W. errechneten Mindererträgen neben der Trasse durch Schattenwurf, Laubfall und Vorgewende in Höhe von … € erkennt man, dass die Belastungen - je nachdem ob mit oder ohne den Babynahrungshersteller K. gerechnet wird - nahezu gleich eingeschätzt werden. Die Kritik der Kläger kann insoweit nicht nachvollzogen werden.

Unterschiede - die sich allein bei einer Betrachtung mit K. auswirken - ergeben sich in der Bewertung, in welcher Entfernung von der Straße noch mit wirtschaftlichen Nachteilen zu rechnen ist. Die Sachverständigen Dr. Z. und AA. sind der Auffassung, dass sich der Laubfall nicht auf das Vorgewende beschränke, sondern in die Kulturen hinein verweht werde. Zudem seien auch die Schattenlängen größer als von Dr. W. angenommen. Bei einer Höhe der Gehölze von 10 m umfasse dieser Bereich etwa 50 m (vgl. Seite 14 ff. des Gutachtens vom 07. Januar 2019). Dr. W. geht hingegen nur von Ertragsverlusten in dem benachbarten 10 m gemüsebaulich genutzten Streifen aus (vgl. Seite 20 des Gutachtens vom 21. April 2011). Auch wenn sich die Berechnungen der Sachverständigen Dr. Z. und AA., insbesondere hinsichtlich des Schattenwurfes, jedenfalls auf den ersten Blick als genauer darstellen, während die Berechnungen des Sachverständigen Dr. W. auf Schätzungen aufgrund von Erfahrungswerten beruhen (vgl. Seite 8 des Gutachtens vom 05. Juli 2017; Seite 5 des Gutachtens vom 05. Juli 2019; Seite 13 des Gutachtens vom 19. August 2019), ist doch zu berücksichtigen, dass eine Verwehung von Laub letztlich nie völlig ausgeschlossen werden kann und sowohl Laubfall als auch Schattenwurf zum allgemeinen Betriebsrisiko gehören. Dr. W. sieht daher in vertretbarer Weise nur denjenigen Bereich als wirtschaftlich geschädigt an, der unmittelbar an die Gehölzpflanzungen angrenzt. Zudem weisen die Beklagte und der Sachverständige Dr. W. zu Recht darauf hin, dass die im landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers zu 1. angebauten Gemüsesorten Zucchini, Kürbis, Kohlrabi, Kopfkohl und Kartoffeln unempfindlich gegenüber etwaigem Laubfall sind, da keine Verschmutzungen in den Herzen, wie z. B. bei Salaten, aufträten (vgl. Seite 8 des Gutachtens vom 05. Juli 2017; Seite 5 des Gutachtens vom 05. Juli 2019). Im Rahmen seiner Schadensminderungspflicht kann von dem Kläger zu 1. eine Anpassung der Flächen und Kulturen an die veränderten Umstände erwartet werden. Zum Beispiel könnten die empfindlichen Kulturen wie Salat, Rauke, Schnittlauch und Petersilie zukünftig auf den Flächen mit einem größeren Abstand zum Gehölzsteifen anbaut werden. Dass dadurch nicht mehr ausreichend „Wechselflächen“ zur Verfügung stünden (vgl. dazu Seite 7 des Gutachtens der Sachverständigen Dr. Z. und AA. vom 30. Juli 2019), ist nicht substantiiert dargelegt worden.

Unabhängig davon hat der Senat Zweifel, ob der Schattenwurf auf die landwirtschaftlichen Flächen des Klägers zu 1. im Rahmen der Prüfung auf Existenzgefährdung überhaupt berücksichtigungsfähig ist. Soweit die beschatteten Grundstücke landwirtschaftlich genutzt werden, sind zwar häufig geringe Erträge auf den betroffenen Teilflächen die Folge. Der Grundstückseigentümer muss aber in seiner geschützten Rechtsstellung betroffen sein, wenn ihm für solche Nachteile eine Entschädigung zustehen soll. Wie weit die Rechtsstellung eines Eigentümers reicht, bestimmt § 903 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Danach kann er mit der Sache nach Belieben verfahren und andere von jeder Einwirkung ausschließen. Wenn durch das Pflanzen von Bäumen oder sonstigen Gehölzen Schattenwurf entsteht, also der Sonnenschein zeitweise vom Nachbargrundstück in unterschiedlichem Maße ferngehalten wird, ist das zwar eine Einwirkung auf das Nachbargrundstück. Allerdings handelt sich dabei nicht um eine positive Einwirkung; darunter versteht man die Grundstücksgrenze überschreitende sinnlich wahrnehmbare Wirkungen. Der Schattenwurf ist vielmehr eine sogenannte negative Einwirkung. Hier wird die Grundstücksgrenze nicht überschritten, sondern der Sonnenschein im Gegenteil daran gehindert. Eine solche Einwirkung kann nicht nach §§ 862, 1004 BGB als Besitz- oder Eigentumsbeeinträchtigung abgewehrt werden (vgl. BGH, Urteil vom 11.07.2003 - V ZR 199/02 -, juris; Pasternak in: Aust/Jacobs/Pasternak, Die Enteignungsentschädigung, 6. Auflage 2007, Rn. 664 f.). Die Entziehung von Licht und Luft durch Bäume ist grundsätzlich nicht abwendbar (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 06.07.1979 - 4 U 18/79 -, juris). Dementsprechend kann für einen daraus entstehenden Nachteil keine Enteignungsentschädigung verlangt werden (vgl. Pasternak in: Aust/Jacobs/Pasternak, Die Enteignungsentschädigung, 6. Auflage 2007, Rn. 665).

(ee)

Die Berechnung des Mehraufwands bei der Beregnung der Kulturen in dem Existenzgefährdungsgutachten des Sachverständigen Dr. W. ist nicht zu beanstanden.

Dr. W. hat in dem Existenzgefährdungsgutachten vom 21. April 2011, welches der Abwägungsentscheidung der Beklagten zugrunde lag, die zusätzlichen Aufwendungen für die Beregnung ermittelt. Er führt im Wesentlichen aus, dass die hofnahen Flächen derzeit als eine Einheit beregnet werden könnten. Die Stücke seien relativ rechtwinkelig, es müsse nicht auf Abdrift von Wasser auf Straßen geachtet werden und es verblieben keine Restflächen, die wegen des ungünstigen Zuschnitts nicht beregnet werden könnten. Außerdem seien die beregneten Flächen vom Hof einzusehen und auf dem kurzen Weg zu erreichen. Zukünftig verhinderten die Umgehungsstraße und das Brückenbauwerk des BA. weges Bewirtschaftung und Einsicht. In den Daten zur Kalkulation von Freilandgemüse der KTBL (= Kuratorium für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft e. V.) werde der durchschnittliche Arbeitseinsatz für Beregnung von Salaten, Kohlrabi, Blumenkohl, ... mit 4 Akh und zusätzlich 2,5 Maschinenstunden (Mh) gerechnet. Dabei handele es sich um durchschnittliche Verhältnisse. Wegen der bislang sehr günstigen hofnahen Verhältnisse werde der derzeitige Beregnungsaufwand auf 3 Akh und 2 Mh geschätzt. Durch die Formverschlechterung der kurvig diagonalen Durchschneidung werde dagegen eine Erhöhung des Aufwandes auf 5 Akh und 3 Mh geschätzt. Der Mehraufwand gegenüber der Ausgangssituation betrage daher 2 Akh und 1 Mh. Daraus ergäben sich zusätzliche Kosten für die Beregnung in Höhe von … €/Jahr (vgl. 31 f. des Gutachtens vom 21. April 2011).

Die Kläger rügen insoweit, dass lediglich einige Zeitstunden als Mehraufwand für erforderliche Beregnungsmaßnahmen als Schaden eingerechnet worden seien, die Kosten für erforderliche Änderungen im Bewässerungssystem jedoch nicht berücksichtigt worden seien. Diese Kritik findet sich in dem Gutachten des Sachverständigen Dr. Z. vom 21. Mai 2017 wieder. Dr. Z. kommt zu einem Mehraufwand für die Beregnung in Höhe von … €/Jahr. Zum einen seien die aktuellen Lohnkosten des Betriebes zu berücksichtigen. Zum anderen müsse das Bewässerungssystem teilweise umgestellt werden; dies sei mit zusätzlichen Anschaffungskosten von rund … € und damit zusätzlichen Abschreibungen von rund … €/Jahr verbunden (vgl. Seite 26 f. des Gutachtens vom 21. Mai 2017). Dr. W. hält dem in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 19. August 2019 entgegen, dass der Betrieb zum Zeitpunkt des Ortstermins ausschließlich mit beweglichen (fliegenden) Leitungen und Regnern gearbeitet habe und dass Neuanschaffungen im Rahmen des variablen Systems auch bei einer Zerschneidung nicht erforderlich seien (vgl. Seite 17 des Gutachtens vom 19. August 2019). Dies erscheint dem Senat naheliegend, kann aber auch dahinstehen.

Unabhängig davon, ob die von Dr. Z. geltend gemachten Kosten für - etwaige Anschaffungen und Neuinstallationen im Bewässerungssystem im Existenzgefährdungsgutachten zu berücksichtigen sind oder erst - so die Beklagte - im Rahmen des der Planfeststellung nachfolgenden Entschädigungsverfahrens zu ermitteln und zu entschädigen sind, vermag er damit das von Dr. W. gefundene Ergebnis nicht in Frage zu stellen. Denn wie bereits ausgeführt, weist der Sachverständige Dr. W. in seinem Gutachten vom 05. Juli 2019 darauf hin, dass selbst wenn man die Mehrwegeberechnung und den Aufwand für die Beregnung auf Basis der Ermittlungen von Dr. Z. unterstellen würde, diese beiden Positionen nicht ausschlaggebend für das Erreichen der Schwelle zur Existenzgefährdung wären (vgl. Seite 10 f. des Gutachtens vom 05. Juli 2019).

(ff)

Soweit die Kläger schließlich noch kritisieren, dass nicht untersucht worden sei, ob die zu leistende Mehrarbeit während der Saison mit der bisherigen Anzahl der Arbeitskräfte überhaupt noch gewährleistet werden könne, und dass sich aufgrund der Veränderung der innerbetrieblichen Wegeverhältnisse auch der Arbeitsaufwand für den Betriebsleiter derart erhöhe, dass ein höherer Aufwand für zusätzlich erforderliches leitendes Personal entstehe, ist die Beklagte dem mit überzeugenden Argumenten entgegengetreten. Zunächst ist bereits nicht ausreichend dargelegt worden, dass sich der Arbeitsaufwand für den Betriebsleiter derart erhöht, das er nicht mehr von einer Person bewältigt werden kann. Der Vortrag der Kläger bleibt insoweit unsubstantiiert. Des Weiteren kann durch den Einsatz (digitaler) Mess- und Steuerungstechnik der Arbeits- und Überwachungsaufwand erforderlichenfalls reduziert werden. Insoweit kommt zum Beispiel eine digitale Bewässerungssteuerung in Betracht (vgl. Seite 5 des Gutachtens von Dr. W. vom 05. Juli 2019). Sollte infolge der Mehrwege zu einem späteren Zeitpunkt tatsächlich die Einstellung weiterer Arbeitskräfte erforderlich werden, könnte dies im Rahmen des Entschädigungsverfahrens zu berücksichtigen werden.

(gg

Unwirtschaftliche Restflächen sind - entgegen der Annahme der Kläger - nicht vorhanden, weil diese alle im Zusammenhang mit den Nachbarparzellen bewirtschaftet werden können (vgl. Seite 14 des Gutachtens des Dr. W. vom 19. August 2019).

(g)

Der Deckungsbeitragsverlust auf den hofnahen Flächen wird in dem Existenzgefährdungsgutachten des Sachverständigen Dr. W. vom 21. April 2011 in Verbindung mit der im Verwaltungsverfahren erfolgten Ergänzung vom 07. Januar 2012 nicht unterschätzt.

Die Kläger tragen vor, dass nicht berücksichtigt worden sei, dass die hofnahen Flächen für den landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers zu 1. um einiges wirtschaftlicher zu bearbeiten und die dort erzielten Deckungsbeiträge höher seien als auf weiter entfernten Flächen. Dieser Kritik der Kläger vermag der Senat nicht zu folgen. Der wirtschaftliche Vorteil der hofnahen Flächen ist in dem Existenzgefährdungsgutachten dadurch berücksichtigt worden, dass mit dem Faktor 1,3 gerechnet wurde. Damit ist die höhere Ausnutzung der hofnahen Flächen anerkannt worden, gleichzeitig sind auch alle Erschwernisse dementsprechend höher eingestuft worden. Der Sachverständige Dr. W. führt in seinem Gutachten vom 21. April 2011 zum Deckungsbeitrag/ha aus, dass der Deckungsbeitrag bei dem Betrieb des Klägers zu 1. ca. 60 % vom Umsatz betrage, d. h. … €/ha x 0,6 = … €/ha. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass die hofnahen Flächen teilweise mit zwei Sätzen Gemüse bestellt würden, dadurch erhöhten sich dort Umsatz, Deckungsbeitrag und Gewinn durchschnittlich um den Faktor 1,3 (vgl. Seite 14, 33 des Gutachtens vom 21. April 2011). Weil insgesamt durchschnittlich nur … ha der Fläche mit zwei Sätzen bepflanzt würden und dazu potenziell nur die hofnahen … ha zur Verfügung stünden, bedeute dies eine durchschnittliche Bepflanzung dieser Fläche mit 1,3 Sätzen (vgl. Seite 19 des Gutachtens vom 21. April 2011). Die Kritik der Kläger erweist sich vor diesem Hintergrund als unbegründet.

Auch der Sachverständige der Kläger, Dr. Z., sieht den Faktor 1,3 als zutreffend an. Darüber hinaus bewertet er die Hofnähe mit den kürzen Fahrten und der besseren Kontrolle mit dem zusätzlichen Faktor 1,05 und kommt so zu dem Faktor 1,37 (vgl. Seite 12 f. des Gutachtens vom 21. Mai 2017). Der etwas höhere Faktor in dem Gutachten von Dr. Z. ist aus der Sicht von Dr. W. aus fachlicher Sicht vertretbar (vgl. Seite 8 des Gutachtens vom 05. Juli 2017), wenngleich er aus seiner Sicht offenbar nicht zwingend ist. Er bleibt auch nach nochmaliger Überprüfung dabei, dass der wirtschaftliche Vorteil der hofnahen Flächen durch die Berechnung mit dem Faktor 1,3 ausreichend erfasst wird (vgl. Seite 3 des Gutachtens vom 05. Juli 2019). Beide Auffassungen stellen sich aus der Sicht des Senats als vertretbar dar, so dass die Verwendung des Faktors 1,3 und die darauf beruhende Abwägungsentscheidung der Beklagten sich nicht als fehlerhaft darstellt. Im Übrigen weist die Beklagte zu Recht darauf hin, dass sich die Verwendung des Faktors 1,3 - gegenüber einer der Verwendung des Faktors 1,37 - nicht relevant auswirke und zu keiner erheblichen Unterschätzung des Deckungsbeitragsverlusts führe. Dem sind die Kläger nicht substantiiert entgegengetreten.

Soweit die Kläger des Weiteren kritisieren, dass von Dr. W. nicht der Deckungsbeitragsverlust, sondern der Gewinnverlust berechnet worden sei, hat Dr. W. diesen Fehler bereits in seinem Gutachten vom 07. Januar 2012, d. h. noch vor Erlass des Planfeststellungsbeschlusses, korrigiert. Er führt dort aus, dass der Einwand des Prozessbevollmächtigten der Kläger bezüglich des Abzuges des verlustflächenabhängigen Deckungsbeitrags vom Gewinn, anstelle des verlustflächenabhängigen Gewinns vom Gewinn richtig sei. Wenn man den verlustflächenanteiligen Gewinn zur Berechnung der Existenzgefährdung einsetze, gehe man davon aus, dass die fixen Kosten einsparbar seien. Dies sei meist erst nach Jahren der Fall, wenn sich der Betrieb an die neue Situation angepasst habe. Diese Anpassungsmöglichkeiten seien bei der Berechnung von Dauerschäden zu berücksichtigen, nicht aber bei der Berechnung von Existenzgefährdungen. Der bisherige Gewinn in Höhe von … € sei somit um den Deckungsbeitrag in Höhe von … € und die sonstigen Erschwernisse in Höhe von … € zu reduzieren. Es ergebe sich dann immer noch ein Gewinn in Höhe von … € (vgl. Seite 5 f. des Gutachtens vom 07. Januar 2012). Diese korrigierte Berechnung lassen die Kläger bei ihrer Kritik außer Acht.

(h)

Es ist nicht zu beanstanden, dass etwaige Mehraufwendungen für den Erhalt des Betriebes während der Bauzeit nicht im Existenzgefährdungsgutachten des Sachverständigen Dr. W. bewertet worden sind.

Die Kläger haben mit ihrer Klagebegründung geltend gemacht, dass für den Gemüsebaubetrieb während der Bauzeit erhöhte Risiken durch Produktionsausfälle durch Verstaubung, schlechtere Erreichbarkeit der Flächen, erhöhte Wegekosten und ähnliches entstünden. Könne der Betrieb nur unregelmäßig, weniger Ware und schlechtere Qualität liefern, würden sich die Abnehmer neue Lieferanten suchen.

Mit diesem Vortrag vermögen die Kläger keinen Mangel des der Abwägung der Beklagten zugrundeliegenden Existenzgefährdungsgutachtens des Sachverständigen Dr. W. vom 21. April 2011 aufzuzeigen. Zu Recht hat dieser im Rahmen des Gutachtens nicht die kurzfristigen Auswirkungen während der Bauzeit, wie vorübergehend beanspruchte Flächen, Staubbelastung und Arbeitserschwernisse infolge der Bauarbeiten bearbeitet. Er weist fehlerfrei darauf hin, dass die Mehraufwendungen, Schäden und Ertragsverluste während der Bauzeit entschädigt werden müssten, aber nicht die Existenz des Betriebes beeinflussten (vgl. Seite 2 und 14 des Gutachtens vom 21. April 2011; Seite 8 des Gutachtens vom 05. Juli 2019). Dies hat seinen Grund darin, dass - wie bereits dargelegt - die fernstraßenrechtliche Planung zur Verwirklichung langfristiger Planungsziele auf eine dauerhafte Bodenbeanspruchung ausgerichtet ist. Daher ist zu prüfen, ob der Betrieb längerfristig existenzfähig ist. Vorübergehende Beeinträchtigungen während der Bauzeit sowie die vorübergehende Ausweisung von Arbeitsstreifen oder Lagerplätzen auf den Betriebsflächen haben keine nachhaltigen Auswirkungen auf die Existenzfähigkeit eines Hofes, da sie seine langfristige Ertragslage nicht beeinträchtigen (vgl. Pasternak in: Aust/Jacobs/Pasternak, Die Enteignungsentschädigung, 6. Auflage 2007, Rn. 312 f.). Dies sehen letztlich auch die Sachverständigen der Kläger, Dr. Z. und AA., so. Auch sie beziehen etwaige zusätzliche Ertragsverluste durch nur vorübergehend in Anspruch genommene Flächen oder Mehrwege während der Bauzeit nicht in die Überprüfung der Existenzgefährdung ein (vgl. Seite 28 des Gutachtens vom 21. Mai 2017; Seite 21 des Gutachtens vom 07. Januar 2019).

Um etwas anderes geht es, wenn die Sachverständigen Dr. Z. und AA. darauf hinweisen, dass die möglichen Beeinträchtigungen und Gefahren für den Betrieb während der Bauzeit von der Planfeststellungsbehörde bewertet und abgewogen werden müssten (vgl. Seite 22 des Gutachtens vom 07. Januar 2019). Sie weisen insoweit insbesondere auf die Gefahr einer Verstaubung des Erntegutes während der Bauzeit und die unbedingt notwendige ständige Erreichbarkeit der Produktionsflächen während der Bauzeit hin. Nur im Planfeststellungsbeschluss könnten die erforderlichen Auflagen und Vorgaben festgelegt werden, um diese Gefahren abzuwenden oder zumindest zu mildern (vgl. Seite 21 f. des Gutachtens vom 07. Januar 2019). Dieser Ansatz der Sachverständigen Dr. Z. und AA. ist grundsätzlich richtig. Die Beklagte hat diese Gefahren zu bewerten und die entsprechenden Belange in die Abwägung einzustellen. Eine entsprechende Bewertung und Abwägung der genannten Gefahren hat die Beklagte in dem Planfeststellungsbeschluss vorgenommen.

Die Beklagte ist den im Verwaltungsverfahren erhobenen Einwänden der Kläger insbesondere zur Gewährleistung der ständigen Erreichbarkeit der Landwirtschaftsflächen während der Bauzeit und zu sonstigen Auflagen während der Bauzeit durch die Nebenbestimmungen 1.1.5.1.3 und 1.1.5.5 des Planfeststellungsbeschlusses nachgekommen. Die Nebenbestimmung 1.1.5.1.3 des Planfeststellungsbeschlusses regelt den Staubschutz während der Bauzeit. Danach sind Staubemissionen durch Bautätigkeit, Fahrbetrieb oder Witterungseinflüsse durch geeignete Maßnahmen wie Befeuchtung, Reinigung oder Befestigung zu vermeiden bzw. zu minimieren. Die getroffenen Maßnahmen sind auf ihre Wirksamkeit hin laufend zu überwachen und gegebenenfalls anzupassen. Die Nebenbestimmung 1.1.5.5 befasst sich speziell mit den Belangen der Landwirtschaft. Nach Ziffer 1 der Nebenbestimmung ist vor Beginn der Bauarbeiten eine wasserwirtschaftliche Beweissicherung durchzuführen, um durch die Baumaßnahme betroffene Dränanlagen zu erfassen und die Wiederherstellung zu planen. Drainagen, die infolge der Bautätigkeit gekreuzt oder unterbrochen werden, sind ordnungsgemäß und funktionstüchtig wiederherzustellen. Vorhandene und künftig noch notwendige Entwässerungseinrichtungen (z. B. Durchlässe) sind nach Ziffer 2 der Nebenbestimmung ordnungsgemäß wiederherzustellen. Nach Ziffer 3 der Nebenbestimmung ist, soweit im Zuge der Baudurchführung Wirtschaftswege durch Baufahrzeuge befahren werden sollen, vorher der Zustand dieser Wege zur Beweissicherung in geeigneter Weise zu dokumentieren. Vor der vorübergehenden Inanspruchnahme landwirtschaftlicher Flächen für die Baudurchführung (Arbeitsstreifen) ist ein landwirtschaftlicher Sachverständiger mit der Beweissicherung zu beauftragen. Gleiches gilt für die wegen Leitungsverlegungen o. ä. dauernd zu beschränkenden Flächen. Den jeweiligen Grundstückseigentümern ist rechtzeitig vor Baubeginn eine Ausfertigung des Beweissicherungsgutachtens auszuhändigen. Nach Ziffer 4 der Nebenbestimmung haben die Bauarbeiten so zu erfolgen, dass keine Flurschäden entstehen. Soweit dennoch Schäden im Zusammenhang mit den Bauarbeiten für das Vorhaben oder der dauernden Beschränkung der Flächen geltend gemacht werden, hat auf Kosten der Vorhabenträgerin eine Begutachtung dieser Schäden zu erfolgen. Hiernach festgestellte Schäden sind zu beseitigen oder anderweitig zu kompensieren. Nach Ziffer 5 der Nebenbestimmung wird die Zusage der Vorhabenträgerin, dass alle Feld-Beregnungseinrichtungen, für die im Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses eine bestandskräftige oder sofort vollziehbare wasserrechtliche Erlaubnis besteht, voll funktionsfähig wiederhergestellt werden, für verbindlich erklärt. Landwirtschaftsbetriebe, die einen Anspruch auf Wiederherstellung unterbrochener Beregnungsanlagen geltend machen, haben das Bestehen dieses Anspruchs durch die Vorlage einer solchen wasserrechtlichen Erlaubnis an die Vorhabenträgerin glaubhaft zu machen. Die Funktionsfähigkeit vorhandener, rechtmäßig genutzter Drainage- und Beregnungseinrichtungen ist nach Ziffer 6 der Nebenbestimmung auch während der Baudurchführung sicherzustellen. Die erforderlichen befristeten wasserrechtlichen Erlaubnisse sind nach frühzeitiger Information durch die Vorhabenträgerin von den Nutzungsberechtigten rechtzeitig bei der Unteren Wasserbehörde (Region Hannover) zu beantragen. Nach Ziffer 7 der Nebenbestimmung sind die neu anzulegenden oder wiederherzustellenden Wirtschaftswege einschließlich der erforderlichen Überführungsbauwerke nach den gültigen Richtlinien für den landwirtschaftlichen Wegebau (RLW 99 - Auflage 2005) herzustellen, soweit sich aus den Planunterlagen nicht eine abweichende Bauausführung ergibt. Die genaue Lage und Breite der Ausweichstellen für landwirtschaftliche Fahrzeuge kann nach Ziffer 8 der Nebenbestimmung im Rahmen des Flurbereinigungsverfahrens in Abstimmung mit dem Amt für regionale Landesentwicklung und der Landwirtschaftskammer geändert werden. Nach Ziffer 9 der Nebenbestimmung ist die Erreichbarkeit der landwirtschaftlichen Flächen mit landwirtschaftlichem Gerät während der Bauzeit zu gewährleisten. Ausnahmen bedürfen der Abstimmung mit dem Eigentümer bzw. Bewirtschafter.

Die Beklagte hat diese Nebenbestimmung zur Vermeidung baubedingter Beeinträchtigungen der Landwirtschaft, insbesondere zur Vermeidung von Staubemissionen und zur Sicherstellung der Erreichbarkeit der landwirtschaftlichen Flächen, im Rahmen ihrer Abwägung berücksichtigt (vgl. Seite 276 und 289 des Planfeststellungsbeschlusses). Diesbezügliche Abwägungsfehler sind nicht erkennbar. Es ist insbesondere nicht erkennbar - und wurde von den Klägern mit ihrer Klagebegründung auch nicht substantiiert dargelegt -, dass die zitierten Nebenbestimmungen zur Vermeidung baubedingter Beeinträchtigungen der Landwirtschaft nicht ausreichend sein sollten. Soweit die Kläger befürchten, dass ihnen bereits während der Bauzeit Abnehmer wegfallen, handelt es sich um eine reine Spekulation. Aufgrund der fehlenden Vorhersehbarkeit handelt es sich bei dieser bloßen Möglichkeit nicht um einen abwägungsrelevanten Belang.

Soweit die Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 14. August 2019 und in dem nachfolgenden Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 20. August 2019 geltend gemacht haben, dass der Planfeststellungsbeschluss - über die genannten Nebenbestimmungen hinaus - weitere Festsetzungen zur Verminderung von Schäden enthalten müsse und dass insoweit nicht auf die Ausführungsplanung verwiesen werden könne, kann dem nicht gefolgt werden. Es wird insoweit auf die nachfolgenden Ausführungen zur Vermeidbarkeit bzw. Verminderungsfähigkeit der Schädigung des landwirtschaftlichen Betriebes des Klägers zu 1. verwiesen.

(i)

Die Besonderheiten des landwirtschaftlichen Betriebs des Klägers zu 1. als biologisch wirtschaftender Betrieb sind nicht außer Acht gelassen worden. Abwägungsfehlerfrei verneint die Beklagte eine Zerstörung des Betriebskonzepts und daraus resultierende Ertragsrückgänge.

Die Kläger tragen vor, dass durch die Lage der landwirtschaftlichen Flächen weit ab von stark befahrenen Straßen bisher sichergestellt gewesen sei, dass es zu keinen erhöhten Einträgen von Schwermetallen und anderen Schadstoffen durch den Straßenverkehr kommt. Dies sei ein wichtiger Faktor für den Erfolg des Betriebes. Er, der Kläger zu 1., habe sich ein glaubwürdiges Image als nach ökologischen Richtlinien produzierender Gemüseanbauer aufbauen können. Mit der zukünftigen Lage an einer stark befahrenen Bundesstraße werde die Grundlage des überdurchschnittlichen Betriebserfolges zerstört.

Auch dieses Vorbringen der Kläger führt nicht auf einen Abwägungsmangel. Die Beklagte hat bei der Bewertung einer vorhabenbedingten Existenzgefährdung ausreichend berücksichtigt, dass es sich bei dem landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers zu 1. um einen Bio-Betrieb handelt (vgl. Seite 207 f. des Planfeststellungsbeschlusses). Sie hat das Interesse des Klägers zu 1. als Erzeuger von landwirtschaftlichen Produkten in biologischer Anbauweise an der Erhaltung seiner Vermarktungsmöglichkeiten erkannt und in die Abwägung eingestellt. Eine Beeinträchtigung dieses Interesses setzt jedoch den Nachweis einer Verschlechterung der Verkaufsmöglichkeit voraus. Es muss sich mit hinreichender Sicherheit feststellen lassen, dass die bisherigen Vermarktungsmöglichkeiten für biologisch angebaute Produkte durch den Bau der Straße nicht nur unerheblich verschlechtert werden (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 05.04.1990 - 5 S 2119/89 -, juris). Dies haben die Kläger nicht substantiiert dargelegt. Ob und in welchem Umfang ein Verlust von Verkaufsmöglichkeiten eintreten wird, ist in keiner Weise absehbar.

Die Beklagte weist in dem Planfeststellungsbeschluss zu Recht darauf hin, dass bei der Bewertung der Existenzgefährdung nicht unterstellt werden könne, dass die Produktion von Bio-Gemüse infolge des Straßenbauvorhabens nicht mehr möglich sein werde. Es existierten keine normativen Vorhaben, die ökologischen Landbau im Umfeld von bestimmten Anlagen, z. B. Bundesfernstraßen, für unzulässig erklärten oder den Verkauf als ökologische Erzeugnisse untersagten. Die Verordnung (EG) Nr. 834/2007 des Rates vom 28. Juni 2007 über die ökologische/biologische Produktion und die Kennzeichnung von ökologischen/biologischen Erzeugnissen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 2092/91(EG-Öko-Verordnung) enthalte lediglich Ziele und Grundsätze der ökologischen/biologischen Produktion, Produktionsvorschriften und Vorgaben zur Kennzeichnung, zu Kontrollen sowie zum Handel mit Drittländern. Hingegen seien weitere Vorgaben, etwa hinsichtlich Produktionsorten oder Mindestabständen zu emittierenden Anlagen, nicht normiert. Auch das der Umsetzung der EG-Öko-Verordnung dienende Öko-Landbaugesetz (ÖLG) enthalte keine materiellen Maßgaben zu bestimmten Anbauorten. Bei Einhaltung der Vorgaben der EG-Öko-Verordnung und des ÖLG werde dem Kläger zu 1. daher auch künftig ein ökologischer Landbau möglich sein. Mit der Maßnahme S09 werde vorsorglich die Anlage eines etwa 10 m breiten Immissionsschutzstreifens festgesetzt, in dem Gemüsekulturen nicht angebaut werden dürfen. Hierdurch würden die Böden sowie die Anbauprodukte vor Schadstoffeinträgen geschützt. Im Existenzgefährdungsgutachten sei die Herausnahme aus der Bewirtschaftung als künftiger Minderertrag bei der Ermittlung der Auswirkungen des Straßenbauvorhabens auf die Arbeitsabläufe und die Einkommenssituation des Landwirtschaftsbetriebs berücksichtigt worden (vgl. Seite 207 f. des Planfeststellungsbeschlusses). Die Beklagte führt im Rahmen der Abwägung der Belange des Klägers zu 1. des Weiteren aus, dass es nach wissenschaftlichen Erkenntnissen durch betriebsbedingte Schadstoffeinträge in Böden in einem etwa 10 m breiten Streifen des Fahrbahnrandes zu erhöhten Bodenbelastungen kommen könne. Nach aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen nähmen die Bodenbelastungen durch niedergehende Immissionen ab 5 m zum Straßenrand messbar ab. Ab einer Entfernung größer als 10 m zum Fahrbahnrand seien keine erhöhten Schadstoffbelastungen des Bodens zu erwarten. Im Bereich Blumenau/Luthe befänden sich auf einer Länge von … m seitlich der Trasse Gemüsebaukulturen, hierunter auch Flächen des Klägers zu 1.. Vorsorglich sei daher ein etwa 10 m breiter Immissionsschutzstreifen, in dem Gemüsebaukulturen nicht angebaut werden dürfen, angelegt und hierdurch die Böden sowie die Anbauprodukte vor Schadstoffeinträgen geschützt worden. Schadstoffbelastungen von jenseits des Immissionsschutzstreifens angebauten Ernteprodukten könnten nach aktuellem Stand der Wissenschaft ausgeschlossen werden (vgl. Seite 288 des Planfeststellungsbeschlusses).

Die Kläger sind diesen Erwägungen der Beklagten im Rahmen der Abwägungsentscheidung nicht substantiiert entgegengetreten. Sie haben keine Unterlagen zu den zulässigen Schadstoffeinträgen in den Boden vorgelegt, nach denen bestimmte Abstände von einer vielbefahrenen Straße für eine biologische Anbauweise gefordert werden. Vielmehr ist mit der Beklagten davon auszugehen, dass vorliegend relevante Belastungen der Gemüseproduktionsflächen durch straßenverkehrsbedingte Einträge von Schwermetallen und sonstigen Schadstoffen auszuschließen sind. Eine erhöhte Schadstoffbelastung ist - darauf weist die Beklagte zu Recht hin - regelmäßig nur in einem Streifen von ca. 10 m Breite unmittelbar neben der Straße feststellbar (vgl. Bundesanstalt für Straßenwesen (bast): Untersuchungen zu Fremdstoffbelastungen im Straßenseitenraum, Mai 2005, Seite 53, 90 ff. und 101; BVerwG, Urteil vom 20.05.1999 - 4 A 12.98 -, juris, unter Bezugnahme auf eine Stellungnahme der Bayerischen Landesanstalt für Bodenkultur und Pflanzenbau; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 22.11.2001 - 1 C 10395/01 -, juris; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 05.04.1990 - 5 S 2119/89 -, juris). Vorliegend dient die Maßnahme S09 „Anlage eines 10 m breiten Immissionsschutzstreifens“ ausweislich des Maßnahmenblatts S09 dem Schutz der gartenbaulich und landwirtschaftlich genutzten Böden sowie der Anbauprodukte vor Schadstoffeintrag. Vorgesehen ist die Anlage eines 10 m breiten Immissionsschutzstreifens (einschließlich des Straßenrandes) rechts und links des Fahrbahnrandes, der bis an die angrenzenden Ackerflächen reicht. Die Extensivbegrünung ist mit einer standortgerechten Landschaftsrasensaatgutmischung umzusetzen. Zwischen Bau-km … und … wird der Schutzstreifen mit Gehölzen bepflanzt (vgl. Maßnahmenblatt S09 der Unterlage 12.3.3). Dieser Gehölzstreifen dämmt die Schadstoffausbreitung zusätzlich ein. Die Maßnahme S09 schützt aufgrund ihrer Lage auch die Gemüsekulturen des Klägers zu 1. vor Schadstoffeinträgen.

Soweit die Kläger meinen, dass auch Dr. W. davon ausgegangen sei, dass das Betriebskonzept durch den Straßenbau zerstört werde, kann dem so nicht gefolgt werden. In seinem Gutachten vom 21. April 2011 führt Dr. W. aus, dass Abnehmer von Bio-Ware sehr empfindlich auf die Risiken eines eventuellen Schadstoffeintrags durch den Verkehr reagierten. Im Maßnahmenblatt zur Ortsumgehung sei zum Schutz der Gemüsekulturen bereits ein 10 m breiter Immissionsschutzstreifen vorgesehen. Um das Risiko einer Kontamination zu vermindern und die Abnehmer zu beruhigen, werde vorgeschlagen, den Bereich des Vorgewendes entlang der Umgehungsstraße beidseitig aus der Produktion zu nehmen. Das Vorgewende sollte, anstatt bepflanzt zu werden, mit Rasen eingesät werden. Für diese zusätzlichen Vorgewende, die auch der Behebung der Nachteile durch Laubfall und Verschattung dienen sollen (vgl. dazu auch die obigen Ausführungen), berücksichtigt Dr. W. sodann einen Deckungsbeitragsverlust von … €/m² (vgl. Seite 21 ff. des Gutachtens vom 21. April 2011). Abschließend führt er aus, dass es zu negativen Auswirkungen auf die besonderen Anforderungen des Bio-Betriebes an eine schadstoffarme Umgehung komme. Inwieweit die Abnehmer der Ware diese Belastungen tolerieren würden, könne nur vermutet werden und wäre nach dem Bau der Umgehungsstraße gegebenenfalls anhand der Buchführungsergebnisse zu überprüfen (vgl. Seite 36 des Gutachtens vom 21. April 2011). Ähnlich äußert sich Dr. W. in seinem Gutachten vom 05. Juli 2017. Er führt aus, dass das Interesse der Erzeuger an der Erhaltung der Vermarktungsmöglichkeiten ihrer biologisch angebauten Produkte nachzuvollziehen und zu berücksichtigen sei, auch wenn in der EU-Verordnung Ökologischer Landbau die Auswirkungen des Straßenverkehrs nicht explizit behandelt würden. Dies gelte jedoch nur dann, wenn sich mit hinreichender Sicherheit feststellen lasse, dass sich die bisherigen Vermarktungsmöglichkeiten für biologisch angebaute Produkte durch den Bau der Straße nicht nur unerheblich verschlechtern werden. Dieser Punkt müsse weiterhin sehr kritisch beobachtet werden und die Sorgen des Klägers zu 1. seien berechtigt, auch wenn in der EU-Verordnung Ökologischer Landbau die Auswirkungen des Straßenverkehrs nicht explizit behandelt würden. Man müsse sich gegebenenfalls im Rahmen der Entschädigungsverhandlungen damit auseinandersetzen, wenn die Anforderungen an Biobetriebe sich ändern sollten und zum Beispiel größere Abstandsflächen und Gehölze oder andere Biotopstreifen entlang der Umgehungsstraße erforderlich werden sollten. Die Kunden müsse man gedanklich mitnehmen und ihnen die Kompensationsmaßnahmen erklären, damit sie weiterhin Vertrauen in die guten Produkte des Betriebes hätten (vgl. Seite 9 des Gutachtens vom 05. Juli 2017).

Diese Ausführungen des Sachverständigen Dr. W. zeigen deutlich, dass er zwar die Sorgen der Kläger nachvollziehen kann, zum derzeitigen Zeitpunkt jedoch ebenfalls nicht sicher beurteilen kann, ob sich die Vermarktungsmöglichkeiten für die biologisch angebauten Produkte durch den Bau der Straße nicht nur unerheblich verschlechtern werden. Wenn überhaupt, kann eine Verschlechterung der Vermarktungsmöglichkeit wohl allenfalls auf einem Imageschaden beruhen, da - wie dargelegt - keine normativen Vorgaben existieren, die bestimmte Abstände von einer vielbefahrenen Straße für eine biologische Anbauweise fordern. Ob und in welcher Höhe ein solcher Imageschaden eintreten wird, bleibt derzeit eine reine Spekulation und ist daher nicht abwägungsrelevant.

(j)

Ein Abwägungsfehler der Beklagten ist des Weiteren nicht im Zusammenhang mit der - fehlenden - Berücksichtigung von nur kurzfristig gesicherten Pachtflächen bei der Bewertung der Existenzgefährdung zu erblicken.

Kurzfristig gesicherte Pachtflächen sind in diesem Zusammenhang insbesondere Pachtflächen mit einer Restpachtdauer von unter drei Jahren sowie alle Pachtflächen mit mündlichen Pachtvertrag (vgl. dazu auch Seite 100 des HLBS-Leitfadens Existenzgefährdung). Die Beklagte geht in dem Planfeststellungsbeschluss davon aus, dass nur kurzfristig gesicherte Pachtflächen bei der Bewertung der Existenzgefährdung nicht zu berücksichtigen sind. Dies ist nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts wohl nicht zu beanstanden. Zugleich weist die Beklagte in dem Planfeststellungsbeschluss jedoch darauf hin, dass eine Existenzgefährdung auch bei einer Berücksichtigung sämtlicher vorhabenbedingt betroffener Flächen zu verneinen sei. Ein Abwägungsfehler ist jedenfalls vor diesem Hintergrund zu verneinen. Dazu im Einzelnen:

Die Beklagte geht - auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung - zu Recht davon aus, dass nur kurzfristig gesicherte Pachtflächen bei der Prüfung auf Existenzgefährdung, insbesondere bei der Ermittlung der betrieblichen Gesamtentzugsfläche, nicht zu berücksichtigen sind. Die Beklagte weist in dem Planfeststellungsbeschluss darauf hin, dass hinsichtlich der Inanspruchnahme von nachhaltig der Existenzsicherung dienenden Grundstücken zu berücksichtigen sei, dass einige der Pachtflächen nur noch eine geringe Restpachtzeit hätten bzw. erst nach Eintritt der Veränderungssperre gemäß § 9a FStrG gepachtet worden seien und daher nicht nachhaltig zur Existenzsicherung des Landwirtschaftsbetriebes beitragen könnten. Nach ständiger Rechtsprechung seien diese Flächen bei der Ermittlung, ob ein Betrieb durch vorhabenbedingte Flächeninanspruchnahme in seiner Existenz gefährdet werde, nicht zu berücksichtigen. Betroffen seien Flächen in einer Größe von rund … ha. Abzüglich dieser Flächen würden vorhabenbedingt rund 7,39 % bzw. 7,87 % der Betriebsfläche in Anspruch genommen (vgl. Seite 206 des Planfeststellungsbeschlusses).

Die Auffassung der Beklagten entspricht der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Das Bundesverwaltungsgericht geht davon aus, dass ein Verlust an Eigentumsflächen oder von langfristig gesicherten Pachtflächen in einer Größenordnung von bis zu fünf Prozent der Betriebsfläche einen gesunden landwirtschaftlichen (Vollerwerbs-) Betrieb in der Regel nicht gefährden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 09.11.2017 - 3 A 3.15 -, juris; BVerwG, Beschluss vom 02.09.2010 - 9 B 13.10 -, juris; BVerwG, Urteil vom 14.04.2010 - 9 A 13.08 -, juris). Daraus wird deutlich, dass nur kurzfristig gesicherte Pachtflächen bei der Prüfung der Existenzgefährdung bzw. der Ermittlung der betrieblichen Gesamtentzugsfläche keine Rolle spielen. Zum Umfang der zu entziehenden Fläche sind neben eigenen daher nur langfristig zugepachtete Flächen zu zählen. Der Verlust von kurzfristig angepachteten Flächen hat hingegen keine nachhaltigen Auswirkungen auf die Existenzfähigkeit eines Hofes, da er seine langfristige Ertragslage nicht beeinträchtigt (vgl. Pasternak in: Aust/Jacobs/Pasternak, Die Enteignungsentschädigung, 6. Auflage 2007, Rn. 312 f.). Kurzfristige Pachtverhältnisse zeichnen sich dadurch aus, dass sie relativ leicht durch Vertragsablauf oder Kündigung beendet werden können. Ein Landwirt, der sich auf kurzfristige Pachtverhältnisse einlässt, geht insoweit ein unternehmerisches Risiko ein. Er muss jederzeit damit rechnen, dass er auf relativ kurze Frist einen Teil seiner landwirtschaftlichen Nutzflächen verliert, und zwar ohne Chance auf hinreichenden Ersatz. Diese strukturelle Schwäche seines landwirtschaftlichen Betriebs hat er als freie unternehmerische Entscheidung selbst zu vertreten. Er kann das damit eingegangene unternehmerische Risiko billigerweise nicht auf den Vorhabenträger und die Planfeststellungsbehörde verlagern (vgl. Bayerischer VGH, Beschluss vom 14.08.2002 - 8 ZB 02.1293 -, juris).

Soweit die Kläger darauf hinweisen, dass die betroffenen Flurstücke O. und P. der Flur 7 der Gemarkung J. und das Flurstück T. der Flur 8 der Gemarkung J. von dem Kläger zu 1. bzw. davor von seinem Vater seit über 50 Jahren kontinuierlich gepachtet und bewirtschaftet würden und dass es abwegig sei, diese Flächen auszublenden, nur weil die Pachtverträge theoretisch gekündigt werden könnten, wofür es jedoch keinen belastbaren Hinweis gebe, führt dies auf der Grundlage der soeben zitierten Rechtsprechung wohl nicht zwingend zu einer Berücksichtigungsfähigkeit dieser nur kurzfristig gesicherten Pachtflächen. Auch wenn diese Flächen von der Familie des Klägers zu 1. seit Jahrzehnten gepachtet wurden, muss der Kläger zu 1. jederzeit damit rechnen, dass er diese Flächen auf relativ kurze Frist verliert. Der Umstand, dass der Kläger zu 1. - nach seiner eigenen Aufstellung - nur über … % Pachtflächen, hingegen über … % Eigentumsflächen verfügt, spricht ebenfalls nicht für eine Berücksichtigungsfähigkeit der nur kurzfristig gesicherten Pachtflächen. Zwar legt der Kläger zu 1. damit dar, dass sein Betrieb in der Gesamtheit gut aufgestellt ist und keine - jedenfalls keine größeren - strukturellen Schwächen aufweist. Nichts desto trotz geht er im Hinblick auf die nur kurzfristig gesicherten Pachtflächen ein unternehmerisches Risiko ein, das er nicht auf die Vorhabenträgerin bzw. die Planfeststellungsbehörde verlagern kann.

Soweit der HLBS-Leitfaden Existenzgefährdung - im Sinne der Auffassung der Kläger und entgegen der aufgeführten Rechtsprechung - für eine uneingeschränkte Berücksichtigung der entzogenen Pachtflächen im Rahmen der Prüfung auf Existenzgefährdung plädiert (vgl. Seite 100 f. des HLBS-Leitfadens Existenzgefährdung) und dafür entsprechende Argumente anführt, kann der Senat sich dieser Argumentation nicht gänzlich verschließen. Es erscheint aus der Sicht des Senats fraglich, ob an der bisherigen Rechtsprechung zur - fehlenden - Berücksichtigungsfähigkeit von nur kurzfristig gesicherten Pachtflächen festgehalten werden sollte.

Dies braucht hier jedoch nicht entschieden zu werden. Denn die Beklagte weist fehlerfrei darauf hin, dass eine Existenzgefährdung auch bei einer Berücksichtigung sämtlicher vorhabenbedingt betroffener Flächen - also auch der nur kurzfristig gesicherten Pachtflächen - zu verneinen sei, so dass es auf die Beantwortung der Frage, ob nur Eigentumsflächen und langfristig gesicherte Pachtflächen oder auch kurzfristig gesicherte Pachtflächen bei der Bewertung der Existenzgefährdung zu berücksichtigen sind, nicht entscheidungserheblich ankommt.

Die Beklagte führt in dem Planfeststellungsbeschluss aus, dass der Sachverständige Dr. W. im Existenzgefährdungsgutachten vom 21. April 2011, welches der Abwägung der Beklagten zugrunde gelegt wurde, unter Bewertung sämtlicher vorhabenbedingt betroffener Flächen festgestellt habe, dass eine vorhabenbedingte Existenzgefährdung des Betriebs nicht eintreten werde. Dieses Ergebnis müsse daher auch bei Berücksichtigung nur der nachhaltig der Existenzsicherung dienenden Flächen geltend (vgl. Seite 206 des Planfeststellungsbeschlusses). Dr. W. führt in seinem Gutachten vom 21. April 2011 aus, dass Pachtflächen unabhängig von der Restpachtzeit berücksichtigt würden. Es handele sich bei der Bewertung der Existenzgefährdung hier um eine Maximalforderung. Schließe die Analyse auch unter Berücksichtigung kurzfristiger Pachtverträge eine Existenzgefährdung aus, sei das Ergebnis sehr sicher (vgl. Seite 6 f. des Gutachtens vom 21. April 2011). Darauf weist er auch in seinem ergänzenden Gutachten vom 05. Juli 2017 hin. Danach seien nach ständiger Rechtsprechung nur kurzfristig gesicherte Pachtflächen bei der Bewertung der Existenzfähigkeit und -gefährdung nicht zu berücksichtigen. In seinem Gutachten vom 21. April 2011 seien gleichwohl alle Pachtflächen wie langfristig gesicherte Pachtflächen bewertet und in die Beurteilung der Existenzgefährdung einbezogen worden. Ohne Berücksichtigung der überplanten Flächen, die nicht langfristig gesichert seien, würde die Summe der ermittelten Bewirtschaftungserschwernisse und Einkommensausfälle geringer ausfallen (vgl. Seite 10 des Gutachtens vom 05. Juli 2017).

Dieser Schlussfolgerung, die die Beklagte ihrer Abwägung zugrunde gelegt hat, kann gefolgt werden. Wenn bei Berücksichtigung auch der kurzfristig gepachteten Flächen, d. h. bei Berücksichtigung eines höheren Flächenverlusts, ausweislich des Gutachtens von Dr. W. vom 21. April 2011 eine Existenzgefährdung ausgeschlossen ist, ist ohne Berücksichtigung dieser Flächen eine Existenzgefährdung erst Recht ausgeschlossen.

(k)

Ein Abwägungsfehler ist schließlich auch nicht im Zusammenhang mit der Bewertung der Existenzgefährdung des Hofladens der Klägerin zu 2. zu erkennen.

Der auf dem Hof des landwirtschaftlichen Unternehmens des Klägers zu 1. befindliche Hofladen wird als selbständiger Betrieb von der Klägerin zu 2. betrieben. Etwa … % der Produktion des landwirtschaftlichen Betriebes des Klägers zu 1. werden über den Hofladen der Klägerin zu 2. abgesetzt (vgl. Seite 5 des Gutachtens des Dr. Z. vom 21. Mai 2017; Seite 10 des Gutachtens des Dr. W. vom 05. Juli 2017). Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob es sich bei dem Hofladen der Klägerin zu 2. um einen Annex zu dem landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers zu 1. handelt und er bei der Bewertung der Existenzgefährdung im Zusammenhang mit dem Gesamtbetrieb zu sehen ist oder ob der Hofladen als selbständiges Unternehmen auf seine Existenzfähigkeit überprüft werden muss. Dies kann letztlich offenbleiben. Die Beklagte hat im Rahmen der Abwägung fehlerfrei erkannt, dass in beiden Fällen nicht mit einer Existenzgefährdung gerechnet werden.

Geht man mit dem Sachverständigen Dr. W. davon aus, dass es sich bei dem Hofladen der Klägerin zu 2. um einen Annex zu dem landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers zu 1. handelt und er bei der Bewertung der Existenzgefährdung im Zusammenhang mit dem Gesamtbetrieb zu sehen ist, scheidet eine Existenzgefährdung des Gesamtbetriebs bereits deshalb aus, weil - darauf weist die Beklagte in dem Planfeststellungsbeschluss zu Recht hin - die Existenz des landwirtschaftlichen Produktionsbetriebes des Klägers zu 1. nicht gefährdet wird und sich die Ergebnisse - in deren Berechnung durch Dr. W. der Hofladen nicht einbezogen wurde - unter Berücksichtigung des Hofladens noch einmal verbessern würden (vgl. Seite 208 des Planfeststellungsbeschlusses; Seite 3 des Gutachtens des Dr. W. vom 05. Juli 2019). Dr. W. führt hierzu in dem „Existenzgefährdungsgutachten Betrieb A., Hofladen“ vom 14. Juli 2014 aus, dass der Hofladen als Annex des landwirtschaftlichen Gemüsebaubetriebes diene. Es handele sich um einen gewerblichen Betriebsteil, der an einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb gebunden sei. Aus diesem Grund sei der Hofladen bei der Existenzgefährdung in Zusammenhang mit dem Gesamtbetrieb zu sehen (vgl. Seite 6 des Gutachtens vom 14. Juli 2014). Die Gewinne des Hofladens erhöhten den Gewinn des Gesamtbetriebes nochmals um durchschnittlich … €. Diese Zahl habe der Kläger zu 1. anlässlich eines Telefongesprächs am 14. Juli 2014 genannt. Ohne umfangreiche Analyse der betriebswirtschaftlichen Zahlen könne festgestellt werden, dass der Betrieb vor der Baumaßnahme im Zusammenhang mit dem Hofladen eine nachhaltig gesicherte Existenz habe. Eine Existenzgefährdung des Gesamtbetriebs durch die Baumaßnahme könne ausgeschlossen werden (vgl. Seite 8 f. des Gutachtens vom 14. Juli 2014).

Aus der Sicht des Senats spricht jedoch vieles dafür, dass es sich bei dem Hofladen der Klägerin zu 2. um einen eigenständigen Betrieb handelt, der - bei entsprechenden Anhaltspunkten - separat auf seine Existenzfähigkeit zu überprüfen ist. Dafür spricht aus der Sicht des Senats bereits, dass Inhaber des landwirtschaftlichen Betriebes der Kläger zu 1. und Inhaberin des Hofladens die Klägerin zu 2. ist, d. h. eine personelle Trennung vorliegt. Die Kläger haben in der mündlichen Verhandlung zudem dargelegt, dass der landwirtschaftliche Betrieb und der Hofladen nur eine „zufällige“ Identität hinsichtlich der Lage hätten; zuvor haben sich der Laden der Klägerin zu 2. in der Stadt Wunstorf befunden. Es handele sich um zwei getrennte Betriebe, die unabhängig voneinander zu betrachten seien. Dies überzeugt, führt im Ergebnis jedoch auf keinen Abwägungsfehler in dem Planfeststellungsbeschluss. Denn die Beklagte kommt im Rahmen ihrer Abwägung im Planfeststellungsbeschluss auch bei einer separaten Betrachtung des Hofladens der Klägerin zu 2. zu dem Ergebnis, dass eine durch das Straßenbauvorhaben verursachte relevante Existenzgefährdung des Hofladens nicht zu erwarten ist. Sie weist zu Recht darauf hin, dass in den Hofladen im Zuge des Baus der Ortsumgehung Wunstorf nicht unmittelbar eingegriffen werde. Es sei auch nicht davon auszugehen, dass sich infolge der vorhabenbedingten Inanspruchnahme von Landwirtschaftsflächen die Produktionsmengen so sehr verringern werden, dass ein Verkauf über den Hofladen nicht mehr wirtschaftlich wäre. Aufgrund der derzeitigen relativ verkehrsgünstigen Lage im ländlichen Umfeld, aber unmittelbarer Nähe zur BB. Straße in J. könnte es nach dem Bau der Ortsumgehung und der hierdurch bewirkten Entlastung dieser Ortsdurchfahrt zu einem Verlust von Kunden und dadurch einem Umsatzrückgang kommen. Der Gutachter Dr. W. komme in seinem „Existenzgefährdungsgutachten Betrieb A., Hofladen“ vom 14. Juli 2014 nachvollziehbar zu dem Ergebnis, dass Auswirkungen des Straßenbauvorhabens durch Verlust der Lagegunst auf die Umsatz- und Gewinnerwartungen des Hofladens derzeit nicht verlässlich ermittelt werden könnten. Zu berücksichtigen sei hierbei, dass der Hofladen - jedenfalls für Stammkunden oder Kunden, die den Hofladen kennen - auch nach dem Bau der Ortsumgehung Wunstorf relativ gut erreichbar bleiben werde. Von der B 441neu aus könne der Hofladen über den Knotenpunkt der Ortsumgehung mit der K 333 Leinechaussee in etwas mehr als … km Entfernung erreicht werden. Auch im Übrigen sei eine vorhabenbedingte Existenzgefährdung des Hofladens auszuschließen. Denn die möglichen vorhabenbedingten Auswirkungen auf den Hofladen bestünden in einer Minderung der Wirtschaftlichkeit durch Verlust der Lagegunst, welche weder unter den Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG fiele, noch Ansprüche nach § 74 Abs. 2 Satz 2, 3 VwVfG begründen könnte. Ein Gewerbetreibender oder Urproduzent habe keinen Anspruch darauf, dass sich die vorhandene Wettbewerbssituation mitsamt der zu einem bestimmten Zeitpunkt bestehenden Umsatz- und Gewinnchancen nicht ändere. Ein Unternehmer habe jederzeit mit einer Änderung der Umgebungssituation seines Gewerbebetriebes zu rechnen. Eine Minderung der Rentabilität sei daher hinzunehmen. Umsatz- und Gewinnrückgänge, die sich in Bezug auf den Hofladen gegebenenfalls durch eine geänderte öffentliche Verkehrsführung oder Veränderung der Umgebung ergäben, stünden nicht unter dem Schutz der Eigentumsgarantie. Gleichwohl sei auch ohne direkte Inanspruchnahme einer Eigentumsposition das Interesse des Gewerbetreibenden an der Erhaltung der Erwerbsquelle in der hoheitlichen Planung zu berücksichtigen und abzuwägen. Dieser Verpflichtung sei die Planfeststellungsbehörde mit vorstehenden Erwägungen nachgekommen. Hierbei habe sie berücksichtigen können, dass die Planungen für das Vorhaben bereits seit Jahrzehnten bekannt seien und bis zur Verwirklichung des Vorhabens voraussichtlich noch ein längerer Zeitraum verbleibe, während dessen sich der Hofladen auf die geänderte Situation einstellen und in der Vergangenheit getätigte Investitionen nutzen könne (vgl. Seite 208 f. des Planfeststellungsbeschlusses; BVerwG, Urteil vom 28.04.2016 - 9 A 7.15 -, juris).

Den Ausführungen der Beklagten in dem Planfeststellungsbeschluss kann insbesondere hinsichtlich des fehlenden Schutzes der Lagegunst des Hofladens durch Art. 14 Abs. 1 GG gefolgt werden. Der Anliegergebrauch gewährt - auch unter Berücksichtigung des Art. 14 GG - keinen Schutz gegen den Wegfall einer bestimmten Wegeverbindung. Anlieger werden durch eine Verschlechterung der für ihre Grundstücke bestehenden Verkehrsverhältnisse in der Regel nicht in ihren Rechten verletzt. Ein etwaiges Vertrauen in den Fortbestand einer bestimmten Verkehrslage ist regelmäßig kein für die Fachplanung unüberwindlicher Belang (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.01.2004 - 9 A 27.03 -, juris; BVerwG, Urteil vom 09.07.2003 - 9 A 54.02 -, juris; Urteil des Senats vom 22.04.2016 - 7 KS 35/12 -, juris).

Die Kläger sind den Erwägungen der Beklagten zur fehlenden Existenzgefährdung des Hofladens der Klägerin zu 2. nicht substantiiert entgegengetreten. Sie tragen pauschal vor, dass „gravierende Auswirkungen“ auf die Wirtschaftlichkeit des Hofladens befürchtet würden. Dies vermag angesichts der umfangreichen Ausführungen der Beklagten nicht zu überzeugen. Die Kläger erläutern nicht, woher diese gravierenden Auswirkungen rühren sollen. Wie die Beklagte zutreffend in dem Planfeststellungsbeschluss ausführt, wird in den Hofladen im Zuge des Baus der Ortsumgehung Wunstorf nicht unmittelbar eingegriffen. Auch ein mittelbarer Eingriff in den Hofladen durch einen Eingriff in den landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers zu 1. scheidet aus. Insoweit haben die Sachverständigen der Kläger, Dr. Z. und AA., darauf hingewiesen, dass das Sortiment des Hofladens nicht auf die Produkte des landwirtschaftlichen Betriebes des Klägers zu 1. beschränkt sei. Der Hofladen könne ohne weiteres ohne den landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers zu 1. bestehen (vgl. Seite 15 des Gutachtens vom 30. Juli 2019). Soweit die Kläger erstmals mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 02. August 2019 darauf hingewiesen haben, dass die Baumaßnahmen gravierende Auswirkungen auf den Hofladen hätten, handelt es sich um einen neuen Vortrag, der außerhalb der Klagebegründungsfrist des § 6 UmwRG erfolgt ist und bereits deshalb nicht berücksichtigt werden kann. Im Übrigen handelt es sich bei den bauzeitlichen Beeinträchtigungen auch in diesem Zusammenhang lediglich um vorübergehende Beeinträchtigungen, die keine nachhaltigen Auswirkungen auf die Existenzfähigkeit des Hofladens haben, da sie seine langfristige Ertragslage nicht beeinträchtigen.

Dass es über den Hofladen der Klägerin zu 2. - so die Kritik der Kläger - kein eigenständiges belastbares betriebswirtschaftliches Gutachten gibt, ist vor diesem Hintergrund unschädlich. Denn es gibt - auch auf der Grundlage des Vorbringens der Kläger - bereits keine ausreichenden Anhaltspunkte für eine Existenzgefährdung des Hofladens, die die Einholung eines solchen Gutachtens erfordern würden.

(l)

Abschließend kann festgehalten werden, dass das der Abwägungsentscheidung der Beklagten zugrunde gelegte Existenzgefährdungsgutachten des Sachverständigen Dr. W. keine entscheidungserheblichen Fehler aufweist. Dass die Beklagte im Rahmen ihrer Abwägungsentscheidung zu Recht eine Existenzgefährdung des landwirtschaftlichen Betriebes des Klägers zu 1. verneint hat, ist im Rahmen der mündlichen Verhandlung durch die Erläuterungen der Beteiligten und ihrer Sachverständigen anhand der Tabelle 31 des Gutachtens der Sachverständigen Dr. Z. und AA. vom 07. Januar 2019 für den Senat nochmals bestätigt worden. Auch wenn die Abwägungsentscheidung der Beklagten nicht auf dieser Grundlage fußt, zeigt sich daran, dass etwaige - unterstellte - Fehler bzw. Ungenauigkeiten in der Berechnung des Dr. W. für das Abwägungsergebnis der Beklagten nicht kausal waren, so dass jedenfalls kein erheblicher Abwägungsfehler im Sinne des § 75 Abs. 1a VwVfG vorliegt.

Auf der Grundlage der Tabelle 31 des Gutachtens der Sachverständigen Dr. Z. und AA. vom 07. Januar 2019 wird deutlich, dass bei einer korrekten Berechnung, die sich an dem Prüfschema A des HLBS-Leitfadens Existenzgefährdung orientiert, die Existenz des landwirtschaftlichen Betriebes des Klägers zu 1. nicht gefährdet wird. Nach dem Prüfschema A wird die Überprüfung der Existenzgefährdung anhand der Kriterien Gewinn und Kapitalbildung vorgenommen. Zieht man von dem Gewinn einen objektivierten Standard-Entnahmebetrag ab, muss danach genug übrigbleiben, um die notwendige betriebliche Kapitalbildung zum Ausgleich von Schein-Nettoinvestitionen und für notwendiges betriebliches Wachstum zu sichern (vgl. Seite 86 ff. des HLBS-Leitfadens Existenzgefährdung). Dies ist hier der Fall.

Die Existenz des landwirtschaftlichen Betriebes des Klägers zu 1. ist danach zunächst vor dem Eingriff gesichert: Zieht man von dem in Zeile 8 der Tabelle 31 zugrunde gelegten Gewinn in Höhe von … € - der sich nach den sachverständigen Aussagen von Dr. W. in seiner Stellungnahme vom 19. August 2019 später sogar auf Gewinne von über … €/Jahr erhöht hat (vgl. Seite 2 des Gutachtens vom 19. August 2019) - einen objektivierten Standard-Entnahmebetrag in Höhe von 32.900,00 € ab (siehe dazu die obigen Ausführungen), bleibt mit einem Betrag von … € genügend übrig, um die notwendige betriebliche Kapitalbildung vorzunehmen. Wählt man - alternativ - einen höheren, an den Haushaltserhebungen bzw. Wirtschaftsrechnungen des Statistischen Bundesamtes orientierten objektivierten Standard-Entnahmebetrag in Höhe von 49.600,00 €, der von einem Vier-Personen-Haushalt ausgeht und damit berücksichtigt, dass die Kläger zusätzlich die Altenteiler versorgen (vgl. Seite 9 des Gutachtens des Dr. W. vom 19. August 2019), verbleiben … €, um die notwendige betriebliche Kapitalbildung vorzunehmen. Zum Ausgleich der Schein-Nettoinvestitionen müssen nach den sachverständigen Aussagen von Dr. W. … €/Jahr angenommen werden (siehe dazu die obigen Ausführungen) sowie … € für weiteres betriebliches Wachstum (vgl. Seite 10 f. und 23 des Gutachtens des Dr. W. vom 19. August 2019). Es verbleiben danach noch … €.

Die Existenz des landwirtschaftlichen Betriebs des Klägers zu 1. ist auf der Grundlage dieser Betrachtungsweise auch nach dem Eingriff gesichert, und dies sogar dann, wenn - im Sinne der Kläger - die Berechnung der Wirtschaftserschwernisse der klägerischen Sachverständigen Dr. Z. und AA. zugrunde gelegt wird, d. h. wenn alle Mehraufwendungen berücksichtigt werden, die die Sachverständigen Dr. Z. und AA. ermittelt haben. Berücksichtigt man danach einen Erwerbsverlust in Höhe von insgesamt … € (= … € + … €) gemäß Zeilen 9 und 10 der Spalte C der Tabelle 31, verbleiben dem Kläger zu 1. nach den oben genannten Abzügen (objektivierter Standard-Entnahmebetrag sowie notwendige betriebliche Kapitalbildung) noch … € (vgl. Seite 11 des Gutachtens des Dr. W. vom 19. August 2019). Die Existenz des landwirtschaftlichen Betriebes des Klägers zu 1. ist danach auch nach dem Eingriff gesichert.

Orientiert man sich an der Tabelle 31 des Gutachtens der Sachverständigen Dr. Z. und AA. vom 07. Januar 2019, gilt dieses Ergebnis auch dann, wenn man - wie von den Klägern gefordert - die weiteren Positionen der Spalte C der Tabelle 31, wie etwa die Steuerlast, die Tilgung der Kredite und die Position Altenteil, berücksichtigt. Nicht abgezogen werden darf bei der Berechnung nach dem Prüfschema A des HLBS-Leitfadens Existenzgefährdung jedoch die Position „Kalkulatorische Verzinsung Eigenkapital“ gemäß Zeile 22 der Tabelle 31. Frau AV. von der Beklagten hat in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar und zur Überzeugung des Senats dargelegt, dass diese Position bei dem Prüfschema B (Faktorentlohnung) des HLBS-Leitfadens eine Rolle spielt, im Prüfschema A (Gewinn und Kapitalbildung) mit dieser Position jedoch nicht gerechnet wird. Denn es handelt sich bei der kalkulatorischen Verzinsung des Eigenkapitals nur um einen Rechenposten, der jedoch nicht zu einem tatsächlichen Abzug von dem klägerischen Gewinn führt. Insbesondere dürfen bei der Berechnung nach dem Prüfschema A die erforderlichen Netto-Investitionen gemäß Zeile 19 der Tabelle 31 und die kalkulatorische Verzinsung des Eigenkapitals gemäß Zeile 22 der Tabelle 31 nicht addiert werden. Die Kläger sind dem nicht mit überzeugenden Argumenten entgegengetreten. Soweit sie meinen, dass auf die Berücksichtigung der Eigenkapitalverzinsung nicht verzichtet werden könne, weil die Verzinsung des Kapitals Bestandteil des notwendigen Betriebserfolgs sei, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Diese Sichtweise widerspricht dem Prüfschema A des HLSB-Leitfadens Existenzgefährdung.

(2)

Auch die weiter geltend gemachten Abwägungsmängel liegen nicht vor. Dies betrifft insbesondere die von den Klägern geltend gemachte Vermeidbarkeit bzw. Verminderungsfähigkeit der Schädigung des landwirtschaftlichen Betriebes des Klägers zu 1.. Die Kläger können nicht darauf verweisen, dass die - ihrer Meinung nach - notwendigen Maßnahmen zur Abwendung bzw. Reduzierung der Existenzgefährdung nicht Gegenstand der Abwägung gewesen seien.

(a)

Ein Abwägungsfehler liegt zunächst nicht darin, dass die Beklagte über die Bereitstellung von Ersatzland nicht bereits im Planfeststellungsbeschluss abschließend entschieden hat. Die Kläger haben keinen Anspruch darauf, dass bereits im Planfeststellungsbeschluss die Notwendigkeit der Entschädigung in Ersatzland festgestellt bzw. ihnen konkretes Ersatzland zugesprochen wird.

Die Kläger begehren, ihnen geeignete Ersatzflächen für den Gemüseanbau mindestens zwei Jahre vor dem Eingriff durch die Planung zur Verfügung zu stellen, um langfristige Betriebsschädigungen zu vermeiden. Ihre Forderung begründen sie damit, dass nach Art. 36 der EG-Öko-Verordnung neu für den Biolandbau eingesetzte Flächen einen Umstellungszeitraum vor der Aussaat bedürften, der mindestens zwei Jahre betrage. Es sei nicht ausreichend, wenn die Beklagte sie, die Kläger, für den Umstellungszeitraum lediglich auf eine Entschädigung verweise. Der vorübergehende Ausfall von Produktionsmengen führe nämlich zu einer langfristigen Schädigung. Die Annahmemengen der Großhändler orientierten sich an den Abnahmemengen des Vorjahres. Ausfallende Lieferanten würden durch andere Lieferanten ersetzt. Der Produzent werde hierdurch - auch bei einem nur vorübergehenden Ausfall der Produktionsmenge - für längere Zeit aus dem Markt gedrängt. Vorliegend könne eine Zurverfügungstellung entsprechender Flächen rechtzeitig vor dem Eingriff erfolgen. Nach Aussage der Flurbereinigungsbehörde sei es nicht grundsätzlich ausgeschlossen, bestimmte Flächen bereits im Vorfeld der Flurbereinigung, gegebenenfalls über Pachtverträge, bereit zu stellen. Eine Konfliktbewältigung im Planfeststellungsbeschluss wäre daher erforderlich und zumutbar gewesen und der Verweis auf das Flurbereinigungsverfahren nicht ausreichend.

Mit diesem Vorbringen dringen die Kläger nicht durch. Es erweist sich als abwägungsfehlerfrei, dass die Beklagte über die Bereitstellung von Ersatzland nicht bereits im Planfeststellungsbeschluss im Sinne einer „Konfliktbewältigung“ entschieden hat. Die Aufgabe eines Planfeststellungsverfahrens besteht darin, den Eingriff in fremde Rechte zu prüfen und für zulässig zu erklären. Ermöglicht ein Planfeststellungsbeschluss den unmittelbaren Zugriff auf das Grundeigentum durch Entzug oder Teilentzug dieser Rechtsposition, bildet er also die Grundlage für eine Enteignung, so ist die Regelung der damit verbundenen Entschädigungsfragen dem von der Planfeststellung gesondert durchzuführenden Enteignungsverfahren vorbehalten (vgl. BVerwG, Urteil vom 10.10.2012 - 9 A 19.11 -, juris; Urteil des Senats vom 27.03.2014 - 7 KS 177/11 -, juris; Urteil des Senats vom 19.02.2009 - 7 KS 78/06 -, juris). Denn der Planfeststellungsbeschluss liefert zwar die Legitimation für den Zugriff auf privates Eigentum, der konkrete Rechtsentzug erfolgt aber erst im anschließenden Enteignungsverfahren (vgl. Pasternak in: Aust/Jacobs/Pasternak, Die Enteignungsentschädigung, 6. Auflage 2007, Rn. 307). Im Rahmen des Enteignungsverfahrens ist zu prüfen, ob und inwieweit etwa für den Rechtsentzug eine Entschädigung in Geld oder eine solche durch Ersatzlandbeschaffung in Betracht kommt. Das Bereitstellen von Ersatzland ist eine vom Gesetz vorgesehene besondere Art der enteignungsrechtlichen Entschädigung. Fragen der Entschädigung brauchen grundsätzlich nicht in der Planfeststellung erörtert und beschieden zu werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.01.2001 - 4 A 13.99 -, juris; BVerwG, Urteil vom 28.01.1999 - 4 A 18.98 -, juris; Bayerischer VGH, Urteil vom 30.10.2007 - 8 A 06.40024 -, juris). § 74 Abs. 2 VwVfG bietet keine rechtliche Grundlage dafür, einen entsprechenden Entschädigungsvorbehalt dem Grunde nach in den Planfeststellungsbeschluss aufzunehmen (vgl. Urteil des Senats vom 27.03.2014 - 7 KS 177/11 -, juris). Eine Auflage im Planfeststellungsbeschluss, die diese Entscheidung vorwegnimmt, ist unzulässig, zumindest aber unbeachtlich. Es gibt keine rechtliche Grundlage für die Festsetzung einer Ersatzlandentschädigung im Planfeststellungsbeschluss (vgl. Pasternak in: Aust/Jacobs/Pasternak, Die Enteignungsentschädigung, 6. Auflage 2007, Rn. 307 m. w. N.; BVerwG, Urteil vom 05.11.1997 - 11 A 54.96 -, juris; BVerwG, Urteil vom 14.05.1992 - 4 C 9.89 -, juris). Der Anspruch auf geeignetes Ersatzland ist daher erst im nachfolgenden Enteignungsverfahren geltend zu machen (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.01.2001 - 4 A 13.99 -, juris; Pasternak in: Aust/Jacobs/Pasternak, Die Enteignungsentschädigung, 6. Auflage 2007, Rn. 307 m. w. N.).

Davon ausgehend ist für die von den Klägern begehrte Entscheidung der Planfeststellungsbehörde kein Raum. Der Planfeststellungsbeschluss ermöglicht zwar den unmittelbaren Zugriff auf das Grundeigentum der Kläger. Die Regelung der Entschädigungsfragen ist jedoch dem Enteignungsverfahren bzw. hier dem mittlerweile eingeleiteten Unternehmensflurbereinigungsverfahren Wunstorf-Nord, Region Hannover 241, vorbehalten. Eine Vorverlagerung der Entscheidung über einen Entschädigungsanspruch in den Planfeststellungsbeschluss scheidet aus, weil die dafür zuständige Enteignungsbehörde bzw. Flurbereinigungsbehörde nicht gebunden werden kann, zumal die Planfeststellungsbehörde die Existenzgefährdung des in Anspruch genommenen Grundstückseigentümers nur prüft, um das Gewicht des betroffenen Belangs zu ermitteln (vgl. Urteil des Senats vom 19.02.2009 - 7 KS 78/06 -, juris). An diesem Grundsatz vermögen auch die von den Klägern vorgetragen Umstände - Umstellungszeitraum von mindestens zwei Jahren sowie langfristige Schädigung durch den vorübergehenden Ausfall von Produktionsmengen - nichts zu ändern. Die Beklagte verweist die Kläger insoweit zu Recht auf einen finanziellen Ausgleich für Ertragsminderungen oder sonstige Nachteile während der Umstellungszeit auf den biologischen Anbau (vgl. Seite 208 des Planfeststellungsbeschlusses). Das von den Klägern aufgezeigte Risiko, aufgrund verringerter Liefermengen an die Großhändler sukzessive aus dem Markt gedrängt zu werden, erscheint nicht hinreichend sicher und stellt sich daher als bloße Möglichkeit dar, die nicht abwägungsrelevant ist. Abgesehen davon hat die Beklagte darauf hingewiesen, dass im Entschädigungsverfahren auch der Ausfall von Produktionsmengen berücksichtigt werde, der durch die geringere Abnahme von Gemüse durch Großhändler auftreten könnte.

Wird ein Betrieb durch die Planfeststellung beeinträchtigt, kann die Frage der Ersatzlandbereitstellung allerdings dann im Rahmen planerischer Abwägung rechtliche Bedeutung erlangen, wenn der Betrieb durch die Planung in seiner Existenz ernsthaft gefährdet ist oder vernichtet werden wird und Ersatzland zur Verfügung steht, um die Gefährdung oder Vernichtung zu vermeiden. Wird die betriebliche Existenz weder vernichtet noch gefährdet, kann sich die Planfeststellungsbehörde damit begnügen, den Eigentümer auf das nachfolgende Enteignungsverfahren zu verweisen (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.01.1999 - 4 A 18.98 -, juris). Ist die Frage der Existenzgefährdung oder Existenzvernichtung für das Abwägungsergebnis der konkreten Planung ausschlaggebend, muss sich die Planfeststellungsbehörde daher Klarheit darüber verschaffen, ob geeignetes Ersatzland zur Verfügung steht, um die Gefährdung oder Vernichtung des Betriebs zu vermeiden (vgl. BVerwG, Urteil vom 06.04.2017 - 4 A 2.16 u. a. -, juris; BVerwG, Urteil vom 14.04.2010 - 9 A 13.08 -, juris; BVerwG, Urteil vom 28.01.1999 - 4 A 18.98 -, juris). Eine nähere Auseinandersetzung mit diesem Einwand ist lediglich dann entbehrlich, wenn die Planfeststellungsbehörde die behauptete Existenzgefährdung im Wege der Wahrunterstellung ihrer Abwägung (hypothetisch) zugrunde legt, was unter bestimmten Voraussetzungen zulässig ist, und dabei deutlich macht, dass sie die für das Vorhaben streitenden Belange für so gewichtig hält, dass es auch um den Preis einer Existenzgefährdung oder Existenzvernichtung des betroffenen landwirtschaftlichen Betriebs verwirklicht werden soll (vgl. BVerwG, Urteil vom 06.04.2017 - 4 A 2.16 u. a. -, juris; BVerwG, Urteil vom 14.04.2010 - 9 A 13.08 -, juris). Eine Verlagerung der Konfliktlösung auf das Entschädigungsverfahren ist daher zulässig, sofern die festgestellte - oder für wahr unterstellte - Existenzgefährdung mit der notwendigen Gewichtung in die Abwägung eingestellt wird (vgl. Seite 52 des HLBS-Leitfadens Existenzgefährdung).

Auch ein Flurbereinigungsverfahren ist grundsätzlich geeignet, die Probleme, die im Rahmen einer Straßenplanung abzuwägen sind, insbesondere die Gefahr einer Existenzgefährdung landwirtschaftlicher Betriebe, zu bewältigen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25.01.2011 - 4 BN 39.10 -, juris). Es ist zulässig, dass die Planfeststellungsbehörde einzelne Regelungen der Unternehmensflurbereinigung in ihre Abwägung einbezieht, die zwar noch nicht durch Bekanntgabe des Flurbereinigungsplans förmlich angeordnet worden sind, die aber nach den Umständen des Einzelfalls bei vernünftiger Betrachtungsweise objektiv zu erwarten sind. Diese Voraussetzungen werden im allgemeinen dann erfüllt sein, wenn die Flurbereinigung im Zeitpunkt der Planfeststellung bereits so weit fortgeschritten und verfestigt ist, dass an ihrer Verwirklichung und damit an der von ihr vorgesehenen Lösung der durch das Unternehmen aufgeworfenen Probleme sinnvoll nicht mehr zu zweifeln ist. Dies dürfte jedenfalls dann anzunehmen sein, wenn im Wesentlichen nur noch die Bekanntmachung des Flurbereinigungsplans aussteht (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.12.1987 - 4 C 32.84 -, juris). Die Frage, unter welchen Umständen eine Konfliktlösung außerhalb des Planungsverfahrens hinreichend sicher ist, beurteilt sich jedoch immer nach den Gegebenheiten des Einzelfalls und entzieht sich einer abstrakten Klärung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25.01.2011 - 4 BN 39.10 -, juris). Ist bereits gesichert, dass die Flurbereinigung über hinreichend gleichwertiges Ersatzland verfügt, mag (auch) dies im Einzelfall zu berücksichtigen sein, insbesondere, wenn dadurch gewährleistet ist, dass die Flurbereinigung die Gefährdung landwirtschaftlicher oder gärtnerischer Betriebe ausschließt (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.12.1987 - 4 C 32.84 -, juris).

Vorliegend durfte sich die Beklagte damit begnügen, die Kläger auf das nachfolgende Enteignungsverfahren bzw. Flurbereinigungsverfahren zu verweisen. Sie musste sich im Rahmen der Abwägung keine abschließende Klarheit darüber verschaffen, ob geeignetes Ersatzland zur Verfügung steht, um eine Gefährdung oder Vernichtung des Betriebs zu vermeiden. Denn - wie bereits dargelegt - der landwirtschaftliche Betrieb des Klägers zu 1. wird durch die Planung in seiner Existenz weder ernsthaft gefährdet noch vernichtet. Unabhängig davon - und insoweit die Entscheidung selbständig tragend - war eine nähere Auseinandersetzung der Beklagten mit der Frage, ob ausreichendes Ersatzland zur Verfügung steht, auch deswegen entbehrlich, weil sie die behauptete Existenzgefährdung im Wege der Wahrunterstellung ihrer Abwägung (hypothetisch) zugrunde gelegt und dabei deutlich gemacht hat, dass sie die für das Vorhaben streitenden Belange für so gewichtig hält, dass es auch um den Preis einer Existenzgefährdung oder Existenzvernichtung des landwirtschaftlichen Betriebs des Klägers zu 1. verwirklicht werden soll (siehe dazu die nachfolgenden Ausführungen).

Aus dem Planfeststellungsbeschluss ergibt sich auch hinreichend deutlich, dass die Planfeststellungsbehörde die Betroffenheit der Kläger nicht wegen des späteren Flurbereinigungsverfahrens als gemindert angesehen hat. Zwar geht die Beklagte - entgegen der Auffassung der Kläger - davon aus, dass in dem vorgesehenen Flurbereinigungsverfahren oder einem nachfolgenden Enteignungs-/Entschädigungsverfahren für den Bio-Betrieb geeignete Flächen als Ersatz angeboten werden können. Eine Ersatzlandstellung ist bei der Ermittlung einer Existenzgefährdung aber nicht schadensmindernd berücksichtigt worden (vgl. Seite 208 des Planfeststellungsbeschlusses). Vielmehr hat die Beklagte den zu erwartenden Eigentumsverlust und die weiteren Erschwernisse in ihrer vollen Härte in die Abwägung eingestellt und hat nur ergänzend - und nicht entscheidungserheblich - darauf hingewiesen, dass die Grundeigentümer auf eine Minderung ihrer Betroffenheit durch die nachfolgende Flurbereinigung hoffen dürfen. Die Beklagte hat in dem Planfeststellungsbeschluss ausgeführt, dass die durch das Vorhaben verursachten Schäden für die Landeskultur und insbesondere die negativen Folgen der unumgänglichen Inanspruchnahme von privaten und insbesondere landwirtschaftlich genutzten Flächen möglichst durch ein Flurneuordnungsverfahren nach den §§ 87 ff. FlurbG im Bereich der Umgehung von Wunstorf so weit als möglich behoben bzw. gemildert werden sollen. Die beabsichtigte Durchführung eines Unternehmensflurbereinigungsverfahrens führe jedoch nicht dazu, dass die Belange der von dem Entzug von Landwirtschaftsflächen Betroffenen mit geringerem Gewicht in die Abwägung eingestellt würden. Vielmehr werde die Inanspruchnahme von Flächen, insbesondere soweit landwirtschaftliche Betriebe betroffen seien, „in voller Härte“ in die planerische Abwägung eingestellt (vgl. Seite 195 des Planfeststellungsbeschlusses). Ein solcher Hinweis ist rechtlich nicht zu beanstanden (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.12.1987 - 4 C 32.84 -, juris; Urteil des Senats vom 27.03.2014 - 7 KS 177/11 -, juris).

Schließlich hat die Beklagte darauf hingewiesen, dass im Planfeststellungsverfahren unabhängig davon geprüft worden sei, ob dem Kläger zu 1. von der beigeladenen Stadt Wunstorf, die im Umfeld des Straßenbauvorhabens Flächen erworben habe, die in das Flurbereinigungsverfahren eingebracht werden sollen, bereits vor Beginn des Flurbereinigungsverfahrens Ersatzflächen durch Verkauf oder Tausch zur Verfügung gestellt werden könnten. Der Kläger zu 1. habe die Flächen jedoch allesamt als ungeeignet abgelehnt.

(b)

Abwägungsfehlerfrei hat die Beklagte auch auf die Festsetzung weiterer Nebenbestimmungen zur Verminderung von Schäden - insbesondere in Bezug auf Bauerschwernisse - verzichtet. Soweit die Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 14. August 2019 und in dem nachfolgenden Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 20. August 2019 geltend gemacht haben, dass der Planfeststellungsbeschluss - über die bereits genannten Nebenbestimmungen 1.1.5.1.3 und 1.1.5.5 des Planfeststellungsbeschlusses hinaus - weitere Festsetzungen zur Verminderung von Schäden enthalten müsse und dass insoweit nicht auf die Ausführungsplanung verwiesen werden könne, kann dem nicht gefolgt werden.

Dies gilt zunächst hinsichtlich der von den Klägern geforderten Regelung über die Sicherstellung der Bewässerung der Felder des Klägers während der Bauzeit. Die Kläger machen geltend, dass der Kläger zu 1. technisch in die Lage versetzt werden müsse, seine sog. fliegenden Leitungen auch während der Bauzeit zu nutzen. Die Regelungen unter Ziffer 5 und 6 der Nebenbestimmung 1.1.5.5 des Planfeststellungsbeschlusses reichten zur Sicherung der Bewässerungsanforderungen nicht, weil die vorhandenen fliegenden Leitungen unter Baubedingungen nicht eingesetzt werden könnten. Dem vermag der Senat nicht zu folgen. Unabhängig davon, dass das Begehren der Kläger wohl bereits von Ziffer 6 der Nebenbestimmung 1.1.5.5 des Planfeststellungsbeschlusses erfasst ist, wonach die Funktionsfähigkeit vorhandener, rechtmäßig genutzter Beregnungseinrichtungen auch während der Baudurchführung sicherzustellen ist, hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung am 26. August 2019 durch eine zu Protokoll erklärte Zusage klargestellt, dass die Ziffern 5 und 6 der Nebenbestimmung 1.1.5.5 des Planfeststellungsbeschlusses sich auch auf fliegende Leitungen erstrecken, soweit diese aus rechtmäßig genutzten Entnahmestellen gespeist werden. Weitere Detailplanungen sind nicht erforderlich, sondern Gegenstand der Ausführungsplanung.

Die Kläger fordern des Weiteren, bei der Brücke „BA. weg“ eine Ausweichspur vorzusehen, da es dort aufgrund der starken Frequentierung durch den Betrieb häufig zu Begegnungsverkehr kommen werde. Auch dieser Forderung wird bereits durch die Planung nachgekommen. Die Beklagte hat darauf hingewiesen, dass das Bauwerk zwischen den Borden eine Breite von 4,50 m aufweise und sich Pkw und Lieferwagen auf dieser Breite ungehindert begegnen könnten. Auch eine Begegnung eines Traktors mit einem Radfahrer sei problemlos möglich. Für die Begegnung landwirtschaftlicher Großfahrzeuge reiche diese Breite zwar nicht aus. Es sei dafür jedoch auf beiden Seiten des Bauwerks je eine Ausweichfläche vorgesehen. Die Sichtbeziehungen auf die jeweilige Gegenseite seien dabei ausnehmend gut, so dass ein Fahrzeug bereits am Beginn der Ausweiche erblickt werden könne (vgl. dazu die Darstellung auf Seite 14 f. des Schriftsatzes der Beklagten vom 22.. August 2019). Daneben sieht Ziffer 8 der Nebenbestimmung 1.1.5.5 des Planfeststellungsbeschlusses eine Regelung vor, wonach die genaue Lage und Breite der Ausweichstellen für landwirtschaftliche Fahrzeuge im Rahmen des Flurbereinigungsverfahrens in Abstimmung mit dem Amt für regionale Landesentwicklung und der Landwirtschaftskammer geändert werden kann. Dies genügt, um den Belangen der Kläger gerecht zu werden.

Soweit die Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 14. August 2019 und in dem nachfolgenden Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 20. August 2019 eine Regelung zur Sicherung des Mutterbodens nach § 202 BauGB und eine Übergabe des abgeschobenen Mutterbodens zur weiteren Verwendung an den Kläger zu 1. gefordert haben, hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung am 26. August 2019 durch eine zu Protokoll erklärte Zusage erklärt, dass der Mutterboden solcher Flächen des Klägers zu 1., die durch das Vorhaben dauerhaft in Anspruch genommen werden, dem Kläger zu 1. kostenlos zur freien Verfügung gestellt wird.

Die Kläger fordern des Weiteren konkrete Regelungen zur Staubreduktion, um Schäden der Kulturen zu vermeiden. Insbesondere fordern sie eine Abdeckung der Boden- und Materialmieten mit Planen, eine Begrenzung der Fahrgeschwindigkeit auf höchstens 20 km/h, ein Abdecken der Materialfahrzeuge mit Planen sowie das Feuchthalten von Fahrbahnoberflächen und Baugebietsoberflächen. Der berechtigten Forderung der Kläger nach Staubschutz ist die Beklagte ausreichend durch die Nebenbestimmung 1.1.5.1.3 des Planfeststellungsbeschlusses nachgekommen. Sie regelt den Staubschutz während der Bauzeit. Danach sind Staubemissionen durch Bautätigkeit, Fahrbetrieb oder Witterungseinflüsse durch geeignete Maßnahmen wie Befeuchtung, Reinigung oder Befestigung zu vermeiden bzw. zu minimieren. Die getroffenen Maßnahmen sind auf ihre Wirksamkeit hin laufend zu überwachen und gegebenenfalls anzupassen. Die diesbezügliche Verlagerung der konkreten Maßnahmen in die Ausführungsphase ist nicht zu beanstanden. Denn je nach konkreter Bautätigkeit und den jeweiligen Witterungsverhältnissen sind die Maßnahmen zum Staubschutz im Einzelfall anzupassen. Ein Abwägungsfehler der Beklagten ist insoweit nicht erkennbar.

Soweit die Kläger im Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 20. August 2019 eine Abgrenzung der Anbauflächen von den Bauflächen durch stabile Bauzäune oder bei weniger gefährdeten Flächen durch einfache Drahtzäune fordern, um Beschädigungen und Übergriffe auf die Anbauflächen zu vermeiden, ist auf Ziffer 4 der Nebenbestimmung 1.1.5.5 des Planfeststellungsbeschlusses zu verweisen, wonach Bauarbeiten so zu erfolgen haben, dass keine Flurschäden entstehen. Soweit dennoch Schäden im Zusammenhang mit den Bauarbeiten für das Vorhaben oder der dauernden Beschränkung der Flächen geltend gemacht werden, hat auf Kosten der Vorhabenträgerin eine Begutachtung dieser Schäden zu erfolgen. Hiernach festgestellte Schäden sind zu beseitigen oder anderweitig zu kompensieren.

Schließlich fordern die Kläger eine Regelung im Planfeststellungsbeschluss, wonach Mehrwege (einfache Entfernung) von mehr als 100 m zu entschädigen sind, unabhängig von der Rechtsposition an diesen Wegeflächen. Da ein Großteil der zukünftig erforderlichen Mehrwege den (halb-)öffentlichen Wirtschaftsweg oder andere nicht im Eigentum des Klägers zu 1. befindliche Fläche betreffe, könne eine Entschädigung nur beansprucht werden, wenn diese ausdrücklich im Planfeststellungsbeschluss vorgesehen werde. Dieser erstmals im Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 20. August 2019 angesprochene Gesichtspunkt gehört nicht zum Prozessstoff des vorliegenden Verfahrens, weil er außerhalb der Klagebegründungsfrist des § 6 UmwRG bzw. des § 4a Abs. 1 UmwRG a. F. erfolgt ist und über eine bloße Vertiefung des vorherigen Vortrags hinausgeht. Bislang bestand zwischen den Beteiligten und ihren Gutachtern Einigkeit darüber, dass Mehrwege zu entschädigen sind. Lediglich über die konkrete Höhe der Mehrwegeentschädigung bestand bzw. besteht Streit.

(c)

Die Inanspruchnahme des östlichen Randbereichs des Flurstücks N. der Flur 8 der Gemarkung J. für die Ausgleichsmaßnahme A11 ist nicht zu beanstanden. Die Inanspruchnahme des Flurstücks für die Ausgleichsmaßnahme ist - entgegen der Auffassung der Kläger - erforderlich und zumutbar.

Die Kläger rügen, dass die Inanspruchnahme des Flurstücks durch die Ausgleichsmaßnahme nicht nachvollziehbar sei. Warum ausgerechnet ihre Flächen hierfür erforderlich sein sollen, bleibe offen. Sie seien ohnehin schon extrem belastet. Es sei davon auszugehen, dass sich für diesen Zweck geeignete Flächen anderer, weit weniger belasteter Eigentümer finden werden. Mit diesem Vorbringen dringen die Kläger nicht durch.

Soweit für naturschutzrechtliche Kompensationsmaßnahmen auf privaten Grund und Boden zurückgegriffen werden soll, ist mit Rücksicht auf die enteignende Vorwirkung der naturschutzrechtlichen Anordnung das rechtsstaatliche Übermaßverbot zu beachten, um dem Gemeinwohlerfordernis des Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG Rechnung zu tragen (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.03.2009 - 9 A 40.07 -, juris). Danach setzt die Anordnung zunächst voraus, dass die Ausgleichsmaßnahme zur Erreichung des mit ihr verfolgten Zwecks geeignet ist; es dürfen nur solche Flächen in Anspruch genommen werden, die sich für diesen Zweck objektiv eignen. Weiterhin muss der Zugriff auf privates Grundeigentum zur Erfüllung der naturschutzrechtlichen Ausgleichsverpflichtung erforderlich sein. Daran fehlt es, sofern Ausgleichsmaßnahmen an anderer Stelle ebenfalls Erfolg versprechen, dort aber bei einer Gesamtschau den Vorteil bieten, dass dem Betroffenen geringere Opfer abverlangt werden. Schließlich dürfen die mit Ausgleichsmaßnahmen verbundenen nachteiligen Folgen nicht außer Verhältnis zum beabsichtigten Erfolg stehen. Die Schwere der Beeinträchtigung muss vor dem Hintergrund des Gewichts der sie rechtfertigenden Gründe zumutbar sein. Bei der Beurteilung der Zumutbarkeit einer Flächeninanspruchnahme für Ausgleichsmaßnahmen ist nicht das Interesse an der Verwirklichung des Vorhabens, sondern nur das Interesse an einem Ausgleich der zu kompensierenden Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft ins Verhältnis zu den Auswirkungen der Flächeninanspruchnahme für den Betroffenen zu setzen (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.03.2009 - 9 A 40.07 -, juris). Die Grenze der Zumutbarkeit kann überschritten sein, wenn durch Ausgleichsmaßnahmen die wirtschaftliche Existenz des Betroffenen gefährdet oder gar vernichtet wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.03.2009 - 9 A 40.07 -, juris; BVerwG, Urteil vom 01.09.1997 - 4 A 36.96 -, juris).

Hiervon ausgehend erweist sich die Inanspruchnahme des östlichen Randbereichs des Flurstücks N. der Flur 8 der Gemarkung J. für die Ausgleichsmaßnahme A11 als rechtmäßig. Die Maßnahme A11 dient - wie bereits dargelegt - der Entwicklung von Brachflächen auf Acker (außerhalb des schadstoffbelasteten Randstreifens). Ausweislich des Maßnahmenblatt A11 führen Bau und Betrieb der B 441 zu einer Abnahme der Habitateignung für Brutvögel der Feldflur (Konflikt K4). Des Weiteren führt der Betrieb der B 441 zu einer Abnahme der Habitateignung für Brutvögel der Wälder, sonstigen Gehölzbestände und Randstreifen (Konflikt K5). Daneben kommt es durch die Anlage der neuen Straße zu Bodenveränderungen durch Austausch, Auf- und Abtrag in einem Umfang von 20,5 ha (Konflikt KBA) und zu dem Verlust von Biotopen in einem Umfang von 3,6 ha (Konflikt KPT). Zielsetzung der Maßnahme ist der Ausgleich für die Überbauung von Biotopen und zugleich der Erhalt einer Terrassenkante mit Schneckenvorkommen. Die Durchführung erfolgt durch die Aufgabe der Ackernutzung, die Aushagerung und die anschließende ungelenkte Sukzession (vgl. Maßnahmenblatt A11 der Unterlage 12.3.3; Blatt 7D4 und 8D3 der Unterlage 12.3.2).

Die Ausgleichsmaßnahme A11 ist zur Erreichung des mit ihr verfolgten Zwecks geeignet. Insbesondere bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass sich das in Anspruch genommene Flurstück N. der Flur 8 der Gemarkung J. objektiv für diesen Zweck nicht eignen könnte. Die Beklagte führt in dem Planfeststellungsbeschluss aus, dass die Maßnahme A11 unter anderem die Kompensation von Eingriffen in Biotope und den Boden zum Ziel habe. Durch die Aufwertung der heutigen Ackerfläche zur Sukzession werde eine naturschutzfachliche Aufwertung erreicht. Die Fläche sei somit fachlich für die Umsetzung der Maßnahme A11 geeignet (vgl. Seite 288 des Planfeststellungsbeschlusses). Der Senat hat keine Anhaltspunkte, an dieser fachlichen Beurteilung zu zweifeln. Soweit die Kläger im Zusammenhang mit den artenschutzrechtlichen Verbotstatbeständen die Geeignetheit der Maßnahme A11 als Kompensation für die Beeinträchtigung der Habitateignung von Brutvogelarten der Wälder, sonstigen Gehölzbestände und Randstreifen in Frage gestellt haben, verweist der Senat insoweit auf seine diesbezüglichen obigen Ausführungen.

Der Zugriff auf das Flurstück N. der Flur 8 der Gemarkung J. ist zur Erfüllung der naturschutzrechtlichen Ausgleichsverpflichtung auch erforderlich. Zwar könnte die Ausgleichsmaßnahme A11 unter Umständen auch an anderer Stelle Erfolg versprechen, allerdings würde sie bei einer Gesamtschau den Betroffenen größere Opfer abverlangen. Die Beklagte führt dazu in dem Planfeststellungsbeschluss aus, dass unter Berücksichtigung der Vorgaben des § 15 Abs. 3 BNatSchG - wonach bei der Inanspruchnahme von land- oder forstwirtschaftlich genutzten Flächen für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen auf agrarstrukturelle Belange Rücksicht zu nehmen ist, insbesondere für die landwirtschaftliche Nutzung besonders geeignete Böden nur im notwendigen Umfang in Anspruch zu nehmen sind - der östliche Randbereich des Flurstücks N. der Flur 8 der Gemarkung J. für eine Ausgleichsmaßnahme gut geeignet sei. Es handele sich um eine Verschnitt-/Zwickelfläche zwischen der neuen Ortsumgehung B 441n und der östlichen Flurstückgrenze, die vorhabenbedingt nur noch bedingt bzw. erschwert bewirtschaftbar sei. Nach dem Bau der Straße verbleibe eine nur ca. … m² große Fläche mit einem annähernd dreieckigen Zuschnitt und einer minimalen Breite von ca. 6 m im südlichen Bereich (vgl. zur Lage der Ausgleichsmaßnahme A11: Blatt 8D3 der Unterlage 12.3.2). Die Einbeziehung der unwirtschaftlichen Restfläche in das Ausgleichskonzept sei rechtlich nicht zu beanstanden. Bei Inanspruchnahme dieser unwirtschaftlichen Fläche könnten anderweitige und höherwertige landwirtschaftliche Produktionsflächen in entsprechendem Umfang freigehalten werden. Andere, zur Erreichung des Kompensationsziels gleichermaßen geeignete Flächen, die einvernehmlich zur Verfügung gestellt würden oder im Eigentum der öffentlichen Hand stünden, seien nicht vorhanden (vgl. Seite 288 des Planfeststellungsbeschlusses). Diese Erwägungen der Beklagten sind nicht zu beanstanden. Die Inanspruchnahme der unwirtschaftlichen Restfläche für eine Kompensationsmaßnahme entspricht dem Gebot der sparsamen Flächenverwendung.

Schließlich stehen die mit der Ausgleichsmaßnahme A11 verbundenen nachteiligen Folgen auch nicht außer Verhältnis zum beabsichtigten Erfolg. Sie sind den Klägern zumutbar. Die Umsetzung der landschaftspflegerischen Maßnahme A11 führt im Ergebnis nicht dazu, dass der landwirtschaftliche Betrieb des Klägers zu 1. aufgrund großer Flächenverluste in seiner Existenz bedroht wäre. Die Beklagte weist in dem Planfeststellungsbeschluss fehlerfrei darauf hin, dass die Inanspruchnahme privaten Eigentums zugunsten von landschaftspflegerischen Maßnahmen gerade auch in Anbetracht des mit diesen Maßnahmen verfolgten Zwecks naturschutzfachlich gerechtfertigt und nicht verzichtbar sei (vgl. Seite 288 des Planfeststellungsbeschlusses).

(d)

Auch die Artenschutzmaßnahme S05 ist - entgegen der Auffassung der Kläger - geeignet und erforderlich. Die damit verbundenen nachteiligen Folgen stehen nicht außer Verhältnis zum beabsichtigten Erfolg.

Die Kläger tragen vor, dass die durch die Artenschutzmaßnahme S05 verursachte Beeinträchtigung des Betriebes unnötig und überflüssig sei. Vorgesehen sei ein Gehölzstreifen entlang der Trasse und angrenzend an die verbleibenden Gemüsefelder des klägerischen Betriebes. Das auf das Gemüse fallende Laub, das auch großräumig verwehen könne, mache das produzierte Blattgemüse unverkäuflich und produziere einen erheblichen Schaden. Der Gehölzstreifen sei als Überflughilfe für den Weißstorch und die Waldohreule gedacht, allerdings nur beim Weißstorch wirksam. Die Waldohreule werde in eine solche Bepflanzung gelockt und damit einer größeren Gefährdung ausgesetzt als ohne Bepflanzung. Eine geeignete Maßnahme für beide Arten wären Schutzwände oder Stelen, die begrünt werden könnten. Damit könnte gleichzeitig auch der Schaden für den landwirtschaftlichen Betrieb vermieden werden.

Auch mit diesem Vorbringen dringen die Kläger nicht durch. Wie bereits dargelegt, sieht die Maßnahme S05 die Anlage von Gebüschstreifen zum Schutz des Weißstorchs und der Waldohreule vor Kollisionen mit dem Straßenverkehr vor (vgl. Maßnahmenblatt S05 der Unterlage 12.3.3). Die Maßnahme ist zur Erreichung des mit ihr verfolgten Zwecks geeignet. Der Senat verweist insoweit auf seine diesbezüglichen obigen Ausführungen zum artenschutzrechtlichen Tötungsverbot. Danach ist die Maßnahme S05 sowohl für den Weißstorch als auch für die Waldohreule geeignet, um eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos auszuschließen. Insbesondere trägt die Bepflanzung im Rahmen der Maßnahme S05 - entgegen der Auffassung der Kläger - auch zum Fernhalten der Waldohreule von der Straße im Rahmen der Nahrungssuche bei und stellt ein Überfliegen in hinreichender Höhe sicher.

Die Maßnahme S05 ist zur Vermeidung von artenschutzrechtlichen Verbotstatbeständen, d. h. zum Schutz des Weißstorchs und der Waldohreule vor Kollisionen mit dem Straßenverkehr auch erforderlich. Die Beklagte hat sich mit der Kritik der Kläger umfassend auseinandergesetzt und hat in dem Planfeststellungsbeschluss darauf hingewiesen, dass eine Verschiebung des Gehölzstreifens oder eine Vergrößerung des Abstands zu den Gemüsekulturen nicht möglich sei (vgl. Seite 289 des Planfeststellungsbeschlusses). Die örtliche Lage der Maßnahmenfläche ist zwingend und ergibt aus dem Verlauf der Flugkorridore von Weißstorch und Weißohreule. Ausweislich des Maßnahmenblatts S05 quert die neue Straße den Flugkorridor zwischen dem Horststandort des Weißstorchs in Blumenau und den Nahrungsgebieten in der Leine- und Westaue-Niederung. Darüber hinaus werden Flugkorridore der Waldohreule nördlich von Wunstorf sowie östlich von Blumenau gekreuzt (vgl. Maßnahmenblatt S05 der Unterlage 12.3.3). Die Maßnahme verspricht an anderer Stelle keinen Erfolg. Die Beklagte hat jedoch mit dem Ziel einer weitestgehenden Schonung der Belange der Kläger geprüft, ob sich der Abstand zwischen den Schutzpflanzungen und den Nutzflächen des landwirtschaftlichen Betriebes des Klägers zu 1. vergrößern lässt. Dies hat sie mit der Begründung verneint, dass sich bei der Ausarbeitung des Straßenentwurfes für die Planung der Schutzpflanzungen Zwangspunkte aus dem Entwässerungskonzept ergäben. Die Straße sei durchgehend mit beidseitigen Versickerungsmulden bzw. Entwässerungsgräben versehen. Diese Mulden/Gräben einschließlich der anschließenden Böschungen seien zur Sicherstellung des Abflusses gehölzfrei zu halten. Sie müssten zudem für die maschinelle Unterhaltung von der Fahrbahn aus direkt erreichbar sein. Insofern könnten die Gehölzstreifen jeweils nur auf der Außenseite des Straßenkörpers - und damit in direkter Nachbarschaft zu den angrenzenden Flächen - angelegt werden (vgl. Seite 289 des Planfeststellungsbeschlusses). Da eine Verschiebung des Gehölzstreifens oder eine Vergrößerung des Abstands zu den Gemüsekulturen - aus für den Senat nachvollziehbaren Gründen - nicht möglich ist, hat die Beklagte noch geprüft, ob eine alternative Ausführungsart in Betracht kommt, die die Kläger weniger belastet. Es ist die Errichtung von Lärmschutzwänden, Zäunen oder die Bepflanzung mit immergrünen Koniferen als Kollisionsschutz von der Vorhabenträgerin untersucht worden. Aufgrund der erheblichen Auswirkungen auf das Landschaftsbild durch die technischen Bauwerke beiderseits der Straße und der nicht landschaftsgerechten Eingrünung durch Koniferen als nicht standortheimische Art wurden diese Maßnahme jedoch ausgeschieden (vgl. Seite 289 des Planfeststellungsbeschlusses; Blatt 3421 von Band XII der Verwaltungsakte). Die Untere Naturschutzbehörde der Region Hannover hat auf eine Anfrage der Vorhabenträgerin per E-Mail vom 03. Dezember 2013 mitgeteilt, dass sie die Errichtung eines Zaunes als erneuten Eingriff werte, der ausgeglichen werden müsste (vgl. Blatt 3419 von Band XII der Verwaltungsakte). Entgegen der Auffassung der Kläger stellt sich der Verweis der Beklagten auf eine Beeinträchtigung des Landschaftsbildes und einen damit einhergehenden Eingriff nach § 15 BNatSchG im Falle der Errichtung eines Zaunes bzw. einer Schutzwand oder der Bepflanzung mit Koniferen als sachgerecht dar, um damit diese alternativen Ausführungsarten abzulehnen. Denn vermeidbare Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft sind nach § 15 Abs. 1 BNatSchG zu unterlassen. Zur Verminderung der Beeinträchtigungen der Gemüsekulturen durch Laubfall ist die Maßnahme S05 infolge der Einwendungen der Kläger jedoch dahingehend modifiziert worden, dass der Gehölzstreifen mit standortheimischen Arten, die ihr Laub erst spät im Herbst bzw. im Frühjahr abwerfen, zu bepflanzen ist. Ausweislich des Maßnahmenblatts S05 werden zwischen Bau-km 4+650 und 6+080 sowie 6+120 und 7+190 spät Laub abwerfende Gehölze verwendet: Buche, Stieleiche, Traubeneiche, Hainbuche und Weißdorn (vgl. Seite 289 des Planfeststellungsbeschlusses; Maßnahmenblatt S05 der Unterlage 12.3.3). Zudem ist der Vorhabenträgerin mit der Nebenbestimmung 1.1.5.2.1 Ziffer 5 des Planfeststellungsbeschlusses aufgegeben worden, im Rahmen der Ausführungsplanung zu den Anpflanzungen der Maßnahme S05 und G03 den Abstand zwischen den Gehölzen und angrenzenden Nutzflächen soweit wie möglich zu optimieren. Damit wird eine Beeinträchtigung der Gemüsekulturen durch Laubfall so weit wie möglich reduziert.

Schließlich stehen die mit der Maßnahme S05 verbundenen nachteiligen Folgen auch nicht außer Verhältnis zum beabsichtigten Erfolg. Sie sind den Klägern zumutbar. Die Anlage des Gehölzstreifens ist zum Schutz des Weißstorchs und der Waldohreule vor Kollisionen unverzichtbar. Die nachteiligen Folgen für die Kläger wurden durch die Modifizierung der Maßnahme S05 so weit wie möglich reduziert. Verbleibende Schäden werden im Rahmen des nachfolgenden Entschädigungsverfahrens ausgeglichen (vgl. dazu die obigen Ausführungen zum Laubfall und Schattenwurf).

bb)

Selbst wenn die Beklagte eine Existenzgefährdung des landwirtschaftlichen Betriebs des Klägers zu 1. zu Unrecht verneint haben sollte, führte dies nicht auf einen entscheidungserheblichen Abwägungsfehler. Denn die Beklagte hat die behauptete Existenzgefährdung des landwirtschaftlichen Betriebes des Klägers zu 1. hilfsweise im Wege der Wahrunterstellung ihrer Abwägung zugrunde gelegt und dabei deutlich macht, dass sie die für das Vorhaben streitenden Belange für so gewichtig hält, dass es auch um den Preis einer Existenzgefährdung oder Existenzvernichtung des betroffenen landwirtschaftlichen Betriebs verwirklicht werden soll. Dies ist nicht zu beanstanden und begründet keinen Abwägungsfehler.

Eine nähere Auseinandersetzung mit dem Einwand der Existenzgefährdung ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entbehrlich, wenn die Planfeststellungsbehörde die behauptete Existenzgefährdung im Wege der Wahrunterstellung ihrer Abwägung (hypothetisch) zu Grunde legt, was unter bestimmten Voraussetzungen zulässig ist, und dabei deutlich macht, dass sie die für das Vorhaben streitenden Belange für so gewichtig hält, dass es auch um den Preis einer Existenzgefährdung
oder Existenzvernichtung des betroffenen landwirtschaftlichen Betriebs verwirklicht werden soll (vgl. BVerwG, Urteil vom 06.04.2017 - 4 A 2.16 u. a. -, juris; BVerwG, Urteil vom 28.04.2016 - 9 A 9.15 -, juris; BVerwG, Urteil vom 23.03.2011 - 9 A 9.10 -, juris; BVerwG, Urteil vom 09.06.2010 - 9 A 20.08 -, juris; BVerwG, Urteil vom 14.04.2010 - 9 A 13.08 -, juris; Bayerischer VGH, Beschluss vom 16.10.2017 - 8 ZB 16.154 -, juris). Die Planfeststellungsbehörde darf die Klärung der Frage einer Existenzbeeinträchtigung somit dann dem Enteignungsverfahren vorbehalten, wenn sie den für die Planung sprechenden Gesichtspunkten auch bei einer unterstellten Existenzgefährdung den Vorrang einräumt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 06.03.2014 - 9 B 64.13 -, juris; BVerwG, Urteil vom 10.10.2012 - 9 A 19.11 -, juris).

Es begegnet keinen grundsätzlichen Bedenken, wenn die Planfeststellungsbehörde bei der Zusammenstellung des Abwägungsmaterials einen für die Abwägung erheblichen Umstand nicht selbst ermittelt, sondern entsprechend dem Vorbringen des Betroffenen mit dem von diesem behaupteten Gewicht für die Abwägung als gegeben unterstellt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 08.10.2002 - 9 VR 16.02, 9 A 48.02 -, juris; BVerwG, Urteil vom 23.01.1981 - 4 C 4.78 -, juris; BVerwG, Urteil vom 27.03.1980 - 4 C 34.79 -, juris). Denn der Betroffene steht mit einer Wahrunterstellung innerhalb der Abwägung nicht schlechter, als er stände, wenn der von ihm behauptete Umstand erst nach einer behördlichen Sachverhaltsermittlung in die Abwägung aufgenommen worden wäre (vgl. BVerwG, Beschluss vom 08.10.2002 - 9 VR 16.02, 9 A 48.02 -, juris; BVerwG, Urteil vom 27.03.1980 - 4 C 34.79 -, juris).

Ob die Planfeststellungsbehörde von der Möglichkeit einer Wahrunterstellung im Einzelfall Gebrauch macht, liegt dabei grundsätzlich in ihrem pflichtgemäßen Ermessen. Auch eine hilfsweise Wahrunterstellung ist zulässig (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17.07.2007 - 5 S 130/06 -, juris). Die Grenzen für eine zulässige Wahrunterstellung sind allerdings dann erreicht, wenn der für die Abwägung maßgebende Sachverhalt mit einer Wahrunterstellung nicht in sachdienlicher Weise erfasst werden kann oder wenn die aufgrund der Wahrunterstellung als nachgewiesen behandelte Beweistatsache sich in der Abwägung zum Nachteil eines anderen Planbetroffenen auswirken kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.03.1980 - 4 C 34.79 -, juris).

Bei Anwendung dieser Maßstäbe lassen sich gegen das hier geübte Verfahren der Planfeststellungsbehörde keine durchgreifenden Einwände erheben. In dem Planfeststellungsbeschluss heißt es, dass für den Fall, dass entgegen der hier getroffenen Feststellung einer oder alle der vorstehend genannten landwirtschaftlichen Betriebe - und dazu gehört der landwirtschaftliche Betrieb des Klägers zu 1. - in ihrer Existenz gefährdet sein sollten, die Planfeststellungsbehörde zu dem Ergebnis gelange, dass die für das Vorhaben streitenden Belange (vgl. Abschnitt 2.2.3.1 und 2.2.3.2 des Beschlusses) die Belange der Betriebe auch für den Fall, dass sie im Zusammenwirken zu einem öffentlichen Belang erstarken würden, überwögen. Das Vorhaben sei mit vordringlichem Bedarf in den Bedarfsplan für Bundesfernstraßen aufgenommen worden. Der vordringliche Bedarf sei jüngst durch das 6. FStrAbÄndG bestätigt worden. Der Bau der Ortsumgehung Wunstorf diene dem Wohl der Allgemeinheit. Die mit dem Vorhaben verfolgten öffentlichen Interessen seien geeignet, entgegenstehende Eigentumsrechte zu überwinden. Die Ortsdurchfahrt von Wunstorf im Zuge der B441 weise derzeit unzureichende Verkehrsverhältnisse auf. Das Bauvorhaben stelle sicher, dass die Leistungsfähigkeit der B 441 und damit die Abwicklung des weiträumigen Verkehrs verbessert werden. Ohne den Bau der Ortsumgehung Wunstorf könne der derzeitige und insbesondere der künftig zu erwartende Verkehr nicht sicher und reibungslos bewältigt werden. Insbesondere entlaste das Vorhaben die Ortsdurchfahrt von Wunstorf und das nachgeordnete Straßennetz vom regionalen und überregionalen Durchgangsverkehr, erhöhe die Verkehrssicherheit der Ortsdurchfahrt Wunstorf und anliegender Straßen, erhöhe den Verkehrsfluss und die Verkehrsqualität, verbessere den Verkehrsablauf des überörtlichen Verkehrs auf der B 441, schaffe einen leistungsfähigen überregionalen Straßenzug, verringere deutlich die Lärm- und Schadstoffbelastung im Umfeld der Ortsdurchfahrt Wunstorf sowie den Ortsdurchfahrten Luthe und Blumenau und führe damit zu einer Verbesserung der Wohn-, Lebens- und Aufenthaltsqualität in diesen Bereichen. Darüber hinaus würden durch die Verminderung bestehender Zerschneidungseffekte entlang der Ortdurchfahrt städtebauliche Potenziale freigesetzt (vgl. Seite 209 f. des Planfeststellungsbeschlusses).

Damit genügt die Beklagte den Anforderungen, die an eine zulässige Wahrunterstellung zu stellen sind. Der in dem Planfeststellungsbeschluss enthaltene Vorbehalt „Für den Fall, dass entgegen der hier getroffenen Feststellung einer oder alle der vorstehend genannten landwirtschaftlichen Betriebe in ihrer Existenz gefährdet sein sollten“ bedeutet keinen inhaltlichen Abstrich an dem Vorbringen der Kläger, sondern den Hinweis darauf, dass es zwar an einem Nachweis für die von den Klägern befürchtete Gefährdung der Existenz des landwirtschaftlichen Betriebes des Klägers zu 1. fehlt, dass die Planfeststellungsbehörde aber auch dann, wenn sie die Behauptung der Kläger über eine solche Gefährdung als nachgewiesen behandelt, in der Abwägung zu keiner anderen Entscheidung kommen könne (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.03.1980 - 4 C 34.79 -, juris).

Die Planfeststellungsbehörde hat auch nicht die zuvor dargelegten Grenzen missachtet, die ihr bei einer Wahrunterstellung gezogen sind. Anhaltspunkte dafür, dass der für die Abwägung maßgebende Sachverhalt mit einer Wahrunterstellung in Wirklichkeit nicht in sachdienlicher Weise erfasst werden konnte, sind nicht ersichtlich. Insbesondere dringen die Kläger mit ihrem Einwand, eine korrekte Abwägung hätte nur erfolgen können, wenn eine tatsächlich vorliegende Existenzgefährdung und ihr Umfang zuvor korrekt ermittelt worden sei, nicht durch. Denn die Frage der Existenzgefährdung ist im Wesentlichen tatsächlicher, nicht wertender Natur, und die Planfeststellungsbehörde hätte das Vorhaben so, wie es im Planfeststellungsbeschluss vorgesehen ist, offensichtlich auch dann nicht in Frage gestellt und beispielsweise mit einer anderen Trassenführung festgestellt, wenn die mögliche Vernichtung der Existenz des landwirtschaftlichen Betriebes des Klägers zu 1. nicht als solche unterstellt, sondern in den Einzelheiten ermittelt worden wäre. Sie hat nämlich keinen Zweifel daran gelassen, dass das planerische Ziel selbst um den Preis der Existenzvernichtung dieses Betriebs verwirklicht werden soll (vgl. BVerwG, Beschluss vom 08.10.2002 - 9 VR 16.02, 9 A 48.02 -, juris; BVerwG, Urteil vom 23.01.1981 - 4 C 4.78 -, juris). Da die Planfeststellungsbehörde aus der Wahrunterstellung in der Abwägung keine Folgerungen zugunsten der Kläger gezogen hat, scheidet auch die Möglichkeit aus, dass ein anderer Planbetroffener in Wechselwirkung damit benachteiligt worden wäre (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.03.1980 - 4 C 34.79 -, juris).

Entgegen der Auffassung der Kläger sind die Grenzen für eine zulässige Wahrunterstellung hier auch nicht deshalb überschritten, weil sich die Beklagte - als Zwischenschritt - nicht mit der Frage auseinandergesetzt hat, ob eine Existenzgefährdung - etwa durch die Stellung von Ersatzland - vermindert der abgewendet werden kann. Die Kläger sind der Auffassung, dass eine Wahrunterstellung, so wie sie in dem Planfeststellungsbeschluss erfolgt sei, dem Schutz aus Art. 12 und Art. 14 GG nicht gerecht werde. Über eine Existenzgefährdung könne nur dann hinweggegangen werden, wenn alle Maßnahmen zur Verminderung bzw. Vermeidung einer Existenzgefährdung geregelt worden seien. Daran fehle es hier. Offensichtlich habe sich keines der einschlägigen Urteile des Bundesverwaltungsgerichts mit der Frage auseinandergesetzt, ob es mit den eigentumsrechtlichen Grundsätzen vereinbar sei, dass die Planungsbehörde zumutbare und mit der Planung vereinbare Verminderungs- oder Vermeidungsmaßnahmen wie die Ersatzlandgestellung ohne nähere Prüfung nur deshalb unterlasse, weil sie das Vorhaben auch um den Preis der Existenzvernichtung des landwirtschaftlichen Betriebes verwirklichen wolle. Die Entziehung des Eigentums und die Existenzvernichtung seien stets nur das allerletzte Mittel, nachdem alle Möglichkeiten zur Vermeidung dieses Ergebnisses ausgeschöpft worden seien. Weder könne eine belastbare Prüfung der Existenzgefährdung selbst noch die Prüfung und Festsetzung von Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen durch eine Wahrunterstellung ersetzt werden. Diesen Ausführungen der Kläger vermag der Senat angesichts der oben dargestellten klaren und eindeutigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Wahrunterstellung, der sich der Senat anschließt, nicht zu folgen. Danach ist es bei der Wahrunterstellung einer Existenzgefährdung gerade nicht erforderlich, dass sich die Planfeststellungsbehörde Klarheit darüber verschafft, ob geeignetes Ersatzland zur Verfügung steht, um die Gefährdung oder Vernichtung des Betriebs zu vermeiden, solange sie die für wahr unterstellte Existenzgefährdung - wie hier - mit dem vollen Gewicht in die Abwägung einstellt. Indem die - für wahr unterstellte - Existenzgefährdung eines landwirtschaftlichen Betriebes mit der notwendigen Gewichtung, d. h. in „voller Härte“ in die planerische Abwägung eingestellt wird, wird den Grundrechten aus Art. 12 und Art. 14 GG die erforderliche Geltung verschafft. Es erscheint dem Senat doch befremdlich, dem Bundesverwaltungsgericht zu unterstellen, es habe - in einer Vielzahl von Entscheidungen zur Wahrunterstellung - den Gesichtspunkt des grundgesetzlichen Schutzes der Berufsfreiheit und des Eigentums nicht in den Blick genommen.

Die Beklagte hat schließlich auch ohne Rechtsverstoß ein Übergewicht der die Planung tragenden Belange über die ihr entgegenstehenden - und als wahr unterstellten - Belange der Kläger angenommen, so schwer der mit der Planung verbundene Eingriff in den landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers zu 1. auch sein mag (vgl. BVerwG, Beschluss vom 08.10.2002 - 9 VR 16.02, 9 A 48.02 -, juris). Das Vorbringen der Kläger rechtfertigt nicht die Annahme einer unvertretbaren Fehlgewichtung. Für das Vorhaben spricht insbesondere der vom Gesetzgeber bindend festgestellte Bedarf. Die Beklagte hat im Planfeststellungsbeschluss ausgeführt, warum die Ortsumgehung Wunstorf dem Wohl der Allgemeinheit dient. Dass die Beklagte vorliegend dem Interesse des - für wahr unterstellt - existenzgefährdeten Landwirts kein solches Gewicht beigemessen hat, das die dargelegten öffentlichen Gründe des Allgemeinwohls überwinden könnte, stellt eine vertretbare, durch die planerische Gestaltungsfreiheit der Planfeststellungsbehörde gedeckte Entscheidung dar (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.03.2009 - 9 A 40.07 -, juris).

cc)

Selbst wenn man - trotz der beiden vorgenannten Punkte - einen Abwägungsfehler in der Behandlung der Belange der Kläger, insbesondere hinsichtlich geltend gemachten Existenzgefährdung, erblicken wollte und auch eine Wahrunterstellung für unzulässig hielte, hätte dieser Abwägungsfehler auf das Abwägungsergebnis keinen Einfluss gehabt und wäre deshalb gemäß § 75 Abs. 1a VwVfG unerheblich.

Die Erheblichkeit eines Abwägungsmangels kann verneint werden, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür nachweisbar sind, dass die Planfeststellungsbehörde auch im Falle einer ordnungsgemäßen Abwägung die gleiche Entscheidung getroffen hätte (vgl. BVerfG, Beschluss vom 16.12.2015 - 1 BvR 685/12 -, juris; BVerwG, Urteil vom 10.02.2016 - 9 A 1.15 -, juris). Solche Anhaltspunkte können sich etwa aus dem Planfeststellungsbeschluss ergeben (vgl. BVerwG, Urteil vom 10.02.2016 - 9 A 1.15 -, juris).

Der Planfeststellungsbeschluss macht vorliegend hinreichend deutlich, dass die Beklagte das Vorhaben auch in Anbetracht der Existenzgefährdung des landwirtschaftlichen Betriebes des Klägers zu 1. planfestgestellt hätte. In dem Planfeststellungsbeschluss heißt es - wie bereits dargelegt - ausdrücklich, dass für den Fall, dass entgegen der hier getroffenen Feststellung einer oder alle der vorstehend genannten landwirtschaftlichen Betriebe - und dazu gehört der landwirtschaftliche Betrieb des Klägers zu 1. - in ihrer Existenz gefährdet sein sollten, die Planfeststellungsbehörde zu dem Ergebnis gelange, dass die für das Vorhaben streitenden Belange (vgl. Abschnitt 2.2.3.1 und 2.2.3.2 des Beschlusses) die Belange der Betriebe auch für den Fall, dass sie im Zusammenwirken zu einem öffentlichen Belang erstarken würden, überwögen (vgl. Seite 209 f. des Planfeststellungsbeschlusses). Daraus ergibt sich ein konkreter Anhaltspunkt, dass die Planfeststellungsbehörde auch im Falle einer ordnungsgemäßen Abwägung die gleiche Entscheidung getroffen hätte.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 155 Abs. 1 Satz 1, 154 Abs. 3, 162 Abs. 3, 159 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 100 Abs. 1 ZPO. Unter Aufgabe seiner bisherigen diesbezüglichen Praxis bei den Kostenentscheidungen erscheint es dem Senat in Konstellationen wie der vorliegenden, in der die Kläger sowohl mit ihrem Hauptantrag auf Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses unterliegen als auch mit einem Großteil ihrer Argumente betreffend den Hilfsantrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses nicht durchdringen, nicht sachgerecht, der Beklagten - und der in ihrem Lager stehenden Beigeladenen - die gesamten Kosten des Verfahrens gemäß § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO aufzuerlegen; die Kläger sind nicht nur zu einem geringen Teil unterlegen (vgl. dazu auch: BVerwG, Urteil vom 28.02.2019 - 3 A 4.16 -, juris; BVerwG, Urteil vom 14.03.2018 - 4 A 5.17 -, juris).

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 709 Satz 2, 711 Satz 1 und 2 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.