Verwaltungsgericht Osnabrück
Urt. v. 29.07.2015, Az.: 3 A 46/13

allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls; Beurteilungsspielraum; Biotop; Brutvogel; Critical Loads; Dokumentationspflicht; Einschätzungsprärogative; Feldlerche; Fortpflanzungsstätten; Gesamtbelastung; Heilung; Kulissenwirkung; Kumulierung; Lebensstätte; lokale Population; Nachvollziehbarkeit; Plausibilität; Revieraufgabe; Revierverschiebung; Sachverhaltsermittlung; Sachverhaltsermittlungsfehler; Störungsverbot; Umweltverträglichkeitsprüfung; Umweltverträglichkeitsvorprüfung; UVP; UVP Pflichtigkeit; UVP Vorprüfung; Verfahrensfehler; Verkennung rechtlicher Maßstäbe; Vorbelastung; Vorprüfung

Bibliographie

Gericht
VG Osnabrück
Datum
29.07.2015
Aktenzeichen
3 A 46/13
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2015, 45037
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Bei der Untersuchung der Kumulierung mit anderen Vorhaben (Ziffer 2 der Anlage 2 UVPG) ist im Rahmen der UVP-Vorprüfung die in einem Einwirkungsbereich entstehende Gesamtbelastung unter Einschluss vorhandener Vorbelastungen maßgebend.
In die Beurteilung der Kriterien der Anlage 2 UVPG sind auch Beeinträchtigungen von Tieren - hier: Brutvögel des Offenlandes - einzustellen (Ziffer 2.2 und 2.3).
Bei einer allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls fehlt es an einer hinreichenden Berücksichtigung der Kriterien der Anlage 2 UVPG, wenn auf den verwendeten Prüfungsbögen von der zuständigen Behörde ausschließlich Ankreuzungen ohne inhaltliche Begründungen vorgenommen werden, so dass der entscheidungserhebliche Sachverhalt nicht dokumentiert wird (vgl. VG Osnabrück, Beschluss vom 21.12.2011 - 2 B 16/11 -, juris). Gleiches gilt, wenn in den verwendeten Prüfungsbögen grundsätzlich alle textlichen Beschreibungen vom Antragsteller der betreffenden Genehmigung vorzunehmen sind und die Behörde allein auf Grundlage dieser Angaben Ankreuzungen zur Feststellung der UVP Pflichtigkeit vornimmt - insbesondere wenn die Eintragungen des Antragstellenden erkennbar unzureichend und unzutreffend sind.
Die Dokumentationspflicht nach § 3c Satz 6 UVPG ist Grundlage der gerichtlichen Kontrolle, ob die zuständige Behörde den für die Entscheidung über die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlichen Sachverhalt zutreffend und vollständig ermittelt hat.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich als anerkannte Umweltvereinigung im Sinne des § 3 UmwRG, die sich nach ihrer Satzung vorwiegend den Zielen des Naturschutzes und der Umweltpolitik verschrieben hat, gegen eine dem Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung für den Neubau eines Schweinemaststalls nebst Futtermittelsilos und die Nutzungsänderung eines Maststalls zum Ferkelstall.

Der Beigeladene betreibt im planungsrechtlichen Außenbereich der Stadt U., Gemarkung M. -N. einen landwirtschaftlichen Betrieb, der sich aus einer Hofstelle, auf der 140 Sauen gehalten werden, und einem weiteren Betriebsstandort westlich der Straße Zum O. zusammensetzt, an dem 450 Mastschweineplätze in der Betriebseinheit (BE) 2 vorhanden sind sowie 204 Schweinemastplätze und 550 Ferkelaufzuchtplätze in der BE 3. Während die Hofstelle unverändert bleiben soll, beantragte der Beigeladene für den weiteren Betriebsstandort im November 2011 bei dem Beklagten die Erteilung einer Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb eines Schweinemaststalls mit 1.440 Plätzen (BE 4), den Bau von 3 Futtermittelsilos und die Nutzungsänderung des Maststalls BE 3 zum Ferkelstall, wobei die Ferkel aus der betriebszugehörigen Produktion auf der Hofstelle stammen. Der neu zu errichtende Stall soll zwischen den beiden vorhandenen Stallgebäuden platziert werden. Er soll außerdem mit einer Abluftreinigungsanlage versehen werden. Nach Durchführung der Maßnahme verfügt der Betriebsstandort an der Straße Zum O. über 450 Schweinemastplätze in BE 2, 982 Ferkelaufzuchtplätze in BE 3, 1.440 Schweinemastplätze in BE 4 und einen Güllelagerraum von 2.086 m³.

Die vorhandenen Stallungen sind in östlicher, südlicher und westlicher Richtung von landwirtschaftlich genutzten Flächen umgeben. In der Vergangenheit beließen der Beigeladene und ein benachbarter Landwirt bei der Feldbestellung sog. Lerchenfenster, auf denen nicht ausgesät wurde. Etwa 1,3 km in östlicher Richtung von dem innerhalb eines Landschaftsschutzgebietes „Nördlicher Teutoburger Wald - Wiehengebirge“ befindlichen Betriebsstandort entfernt liegt das FFH-Gebiet DE3715331 „Else und obere Hase“, das vorrangig ausgewählt ist als Ergänzung zum 'System Else/Werre' in Nordrhein-Westfalen und der Verbesserung der Repräsentanz von Lebensräumen von Steinbeißer und Groppe im Naturraum 'Weser- und Weser-Leine-Bergland' dient. In diesem kommen Arten nach Anhang II der FFH-Richtline (Cobitis taenia (Steinbeißer), Cottus gobio (Groppe), Lampetra planeri (Bachneunauge)) und der Lebensraumtyp 3260 des Anhangs I der FFH-Richtlinie (Flüsse der planaren bis montanen Stufe mit Vegetation des Ranunculion fluitantis und des Callitricho-Batrachion) vor. Nördlich des Betriebsstandortes liegen in einer Entfernung bis maximal 200 m mehrere gesetzlich geschützte und vom Beklagten im Jahr 2007 durch Geländebögen erfasste Biotope: In nordwestlicher Richtung eine nährstoffreiche Nasswiese (Klassifizierung nach von Drachenfels, Einstufung der Biotoptypen in Niedersachsen (Kap. 2), aus: NLWKN, Inform.d. Naturschutz Niedersachs 32, Nr. 1 (1/12) Juni 2012 (Korrigierte Fassung 20.08.2012): Kartierschlüssel: GNR; Gebietsbezeichnung des Beklagten: A.B.), die als Intensivweide für Rinderhaltung genutzt wird, in nordöstlicher Richtung eine weitere nährstoffreiche Nasswiese (GNR; P.), die Teil einer Pferdekoppel ist, und weiter östlich ein Seggenried nährstoffreicher Standorte (NSG; Q.). Südwestlich des Betriebsstandortes steht im Abstand von etwa 480 m ein Laubwald. Das nächstgelegene Wohngebiet befindet sich ca. 280 m nördlich des Betriebsstandortes, die nächstgelegene Wohnbebauung im Außenbereich ist etwa 210 m entfernt.

In der Ortschaft sind weitere Tierhaltungsanlagen angesiedelt. Im Einzelnen handelt es sich - wie der Beigeladene in der mündlichen Verhandlung anhand des vorhandenen Kartenmaterials zeigte und sich nicht aus dem Verwaltungsvorgang ergibt - um einen Stall mit ca. 100 Kühen, einen Maststall mit ca. 600 Schweinen, eine Ferkelaufzucht mit einem hinzugehörigen Sauenstall, einen weiteren Stall mit 300 Mastschweinen und eine Biogasanlage mit Hähnchen- und Entenställen, die flächenmäßig in der Draufsicht deutlich größer erscheinen als die vorhandenen Stallanlagen des Beigeladenen einschließlich der geplanten Erweiterung. An der Straße Zum O. befinden sich außerdem zwei Güllebehälter, von denen einer zum Betrieb des Beigeladenen gehört. Die Viehdichte im Landkreisgebiet liegt unterhalb von 2 Großvieheinheiten je Hektar Landkreisfläche.

Laut Antragsunterlagen soll der neu zu errichtende Maststall (BE 4) mit einer Abluftreinigungsanlage des Herstellers R. BV, Typ BioCombie, versehen werden. Im Zeitpunkt der Antragstellung war dieser Anlagentyp zum Signum-Test des DLG e.V. lediglich angemeldet; für die „Zweistufige Abluftreinigungsanlage »Chemowäscher (+)«“ desselben Herstellers lag damals bereits die Zertifizierung vor. Der „Chemowäscher“ erreichte laut DLG-Prüfbericht bei den Kriterien Staub einen Abscheidegrad von mehr als 90 %, bei Ammoniak einen Wirkungsgrad von über 70 % und hinsichtlich des Geruchs einen Reingas-Wert von unter 300 GE/m³, ohne wahrnehmbaren Rohgasgeruch im Reingas. Die Erreichung dieser Werte strebte der Hersteller auch für die biologische Arbeitsweise an. Der „Biologische Rieselbettreaktor BioCombie für die Schweinehaltung“ wurde im Jahr 2014 DLG-zertifiziert, wobei er bei der Gesamtstaubabscheidung keinen Abscheidegrad ≥ 90% erreichte.

Anhand der Viehzahlen berechnete der Beklagte am 01.12.2011, dass das Vorhaben nicht UVP-pflichtig sei. Eine Vorprüfungspflicht untersuchte er zu diesem Zeitpunkt nicht. Die Immissionsschutzbehörde des Beklagten stellte unter dem 05.12.2011 bei Zugrundelegung der voraussichtlichen Abscheidewerte der einzubauenden Abluftreinigungsanlage fest, dass bei Erteilung verschiedener Auflagen keine immissionsschutzrechtlichen Bedenken gegen das Bauvorhaben bestünden. Die Besatzdichte betrage im Istzustand 101,5, im Planzustand 275,2 Großvieheinheiten. Der von der Tierhaltung des Beigeladenen ausgehende mittlere Geruchsmassenstrom verringere sich jedoch wegen des Einbaus der Abluftreinigungsanlage. Die beantragte Tierhaltung verursache gemäß einer Berechnung nach Anhang I, Tabelle 11 der TA Luft einen jährlichen Ammoniakausstoß von 3.701 kg. Hieraus ergebe sich nach Abbildung 4 der TA-Luft ein Mindestabstand von 393 m zu empfindlichen Pflanzen und Ökosystemen. Dieser werde eingehalten, da die nächste Waldfläche weiter entfernt sei. Die Schwebstaubemissionen seien so gering, dass von ihnen keine relevanten Umweltauswirkungen ausgingen und insoweit keine Ausbreitungsberechnung erforderlich sei.

In dem im Dezember 2011 erarbeiteten und bei dem Beklagten eingereichten sog. landschaftsplanerischen Begleitplan des Planungsbüros S. heißt es u.a.

„Die Stallanlage wird mit einem R. Biofilter ausgestattet, so dass sich keine Zusatzbelastungen des UR durch Stäube, Ammoniak und Gerüche ergeben“

(Seite 5 zweiter Abs., Seite 7 zweiter Abs., Seite 14 letzter Abs.). Dies gelte auch hinsichtlich der Stickstoffeinträge in Biotope, wobei unmittelbar vom Bau nur der Biotoptyp Lehmacker (AL) betroffen sei (Seite 7, 8). Hinsichtlich des Tiervorkommens heißt es (Seite 8):

„Aufgrund der geringen Flächengröße, benachbarter Gebäude, sowie der vorliegenden Störungen durch den bestehenden Mastbetrieb, sind im Baufeld und dessen Umfeld keine Feldarten, wie z.B. planungsrelevante Brutvögel (Kiebitz oder Feldlerche…) zu erwarten. […]“

Zu den Tatbeständen des § 44 BNatschG ist ausgeführt (Seite 9):

„Es werden keine Tiere verletzt oder getötet. Es liegt somit kein Tatbestand des § 44 (1) Nr. 1 BNatSchG vor. Die Baumaßnahme hat keinen Verlust von Ruhestätten und Vermehrungsplätzen zur Folge. Es werden keine Tiere während der Fortpflanzung oder Überwinterung beeinträchtigt. Es liegt somit kein Tatbestand des § 44 (1) Nr. 2 BNatSchG vor. Eine Störung der Winterruhe, Fortpflanzung, Aufzucht, Mauser bleibt aus. Die Eingriffe in Natur und Landschaft sind, unter Berücksichtigung der Vermeidungs- und Schutzmaßnahmen, demnach artenschutzrechtlich zulässig.

Aus Sicht des Verfassers ist im betroffenen Raum kein Konfliktpotential in Bezug auf den Artenschutz zu erkennen.“

Als Ausgleichsmaßnahme sieht der landschaftsplanerische Begleitplan eine Eingrünung der Stallanlage zur Minderung der Auswirkungen auf das Landschaftsbild vor, als Ersatzmaßnahme die Anlage einer Obstwiese auf mittlerem Weidegrünland nebst Eingrünung der Fläche mit einer Schlehdornhecke. Ausbreitungsberechnungen zu Ammoniak und Stickstoff existieren nicht.

Der Fachdienst Umwelt des Beklagten füllte im Januar 2012 ein doppelseitiges Formblatt „Angaben zur Prüfung des Einzelfalls gemäß § 3 NUVPG“ aus. Dort sind zu den verschiedenen Kriterien keine Felder für textliche Beschreibungen vorgesehen, sondern nur Ankreuzfelder („erheblich“ / „unerheblich“). Aus Sicht des Fachdienstes Umwelt bestehe danach im Ergebnis keine Pflicht zur Prüfung der Umweltverträglichkeit. Allerdings wies die untere Naturschutz- und Waldbehörde mit Vermerk vom 27.01.2012 unter Bezugnahme auf einen inzwischen rechtskräftigen Beschluss des Gerichts (Beschluss vom 21.12.2011 – 2 B 16/11 –)  darauf hin, dass sie keine abschließende Stellungnahme abgeben könne, da der Prüfbogen nicht hinreichend differenziert sei. Sie bitte um erneute Beteiligung unter Beifügung eines überarbeiteten Prüfbogens.

In einer weiteren Stellungnahme der unteren Naturschutz- und Waldbehörde vom 15.02.2012 heißt es, dass für das Vorhaben eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls nach dem UVPG erforderlich sei. Die beigebrachten Gutachten, d.h. der landschaftsplanerische Begleitplan und die immissionsschutzrechtliche Stellungnahme, stellten Art und Umfang des Vorhabens und deren mögliche Auswirkungen auf Natur und Umwelt umfänglich und nachvollziehbar dar. Der landschaftspflegerische Planungsbeitrag, der auch artenschutzrechtliche Aspekte betrachte, arbeite nachvollziehbar alle erheblich betroffenen Schutzgüter im direkten Umfeld des Vorhabens ab. Den Ausführungen werde insoweit gefolgt, dass das Vorhaben zwar teilweise punktuell erhebliche Beeinträchtigungen hervorrufe. Diese seien aber durch die dargestellten Vermeidungs-, Verminderungs- und Kompensationsmaßnahmen entsprechend berücksichtigt, so dass keine erheblichen Beeinträchtigungen verblieben. Artenschutzrechtliche Verbotstatbestände seien daher nicht zu erwarten. Nach Einschätzung des Fachdienstes Umwelt vom 15.02.2012 war im Ergebnis keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen.

In dem Genehmigungsverfahren nach § 10 BImSchG wurde das Vorhaben am 31.03.2012 im Amtsblatt des Beklagten und in der Lokalzeitung öffentlich bekannt gemacht. Die Bekanntmachung wies darauf hin, dass nach der UVP-Vorprüfung keine Umweltverträglichkeitsprüfung notwendig sei. In der Zeit vom 10.04.2012 bis zum 09.05.2012 lagen Antrag und Antragsunterlagen zur Einsichtnahme aus.

Der Kläger erhob gegen das Vorhaben am 22.05.2012 fristgerecht im Kern folgende Einwendungen: Die erforderliche allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls sei offenbar nicht durchgeführt worden. Es gebe zahlreiche Hinweise auf mögliche erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen: Die von der Anlage ausgehenden Schadstoffe - Feinstaub, Ammoniak und Bioaerosole etc. - gefährdeten Gesundheit der angrenzenden Wohnbevölkerung. Des Weiteren seien die Auswirkungen von Geruch und Lärm nicht begutachtet worden. Auch wären die von der Anlage ausgehenden Stickstoff-Depositionen für die umliegenden Pflanzenstrukturen und deren mögliche Schädigung zu prüfen gewesen; insoweit fehle es jedoch an einer Kartierung sowie einer Berechnung und Bewertung der Immissionen. Von einer erheblichen Beeinträchtigung empfindlicher Pflanzen und Biotoptypen sei auszugehen. So seien die Auswirkungen des Vorhabens auf mehrere, 100-200 m vom geplanten Standort entfernte und besonders gegenüber Stickstoff empfindliche, gesetzlich geschützte Biotope nicht geprüft worden. Der in dem FFH-Gebiet vorkommende Lebensraumtyp und die entsprechenden Arten seien auf Grund der hohen Vorbelastungen und einer Überschreitung der Critical Loads besonders empfindlich gegenüber Stickstoff; eine Zusatzbelastung durch den mit der Anlagenluft emittierten Stickstoff sei unzulässig. Daher hätte eine FFH-Verträglichkeitsprüfung durchgeführt werden müssen. Außerdem enthielten die Planungsunterlagen kein Immissionsschutzgutachten und der geplante Luftfilter sei nicht DLG-zertifiziert. Darüber hinaus fehlten die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung sowie die für die Erteilung einer Ausnahme von den Zugriffsverboten für besonders geschützte Arten (Offenlandvögel - wie Schafstelze, Feldlerche, Kiebitz, Wachtel oder Rebhuhn - und auf den Zufahrtswegen wandernde Amphibienarten) erforderlichen Untersuchungen. Der landschaftspflegerische Begleitplan habe auch die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung nicht hinreichend abgearbeitet. Darüber hinaus beanstandete der Kläger fehlende Planungsunterlagen, die Nichteinhaltung des Umwelthaftungsrechts, fehlende Nachweise zur Rettung der Tiere im Brandfall, eine fehlende bauplanungsrechtliche Privilegierung (§ 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB) und eine fehlende Sicherstellung der Gebäudebeseitigung bei Betriebsaufgabe.

Zu den Einwendungen des Klägers holte der Beklagte verschiedene Stellungnahmen ein. Insbesondere wurde unter dem 25.05.2012 mit einem Zeitaufwand von 2,5 Stunden eine knapp 2-seitige „Allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls entsprechend § 3c UVPG (Anlange 2)“ von der Immissionsschutzbehörde des Beklagten erstellt, die zu dem Ergebnis gelangt, dass das Vorhaben auf Grund einer überschlägigen Prüfung aus immissionsschutzrechtlicher Sicht und der vorliegenden Einschätzungen der Fachdienste 6.1 (Immissionsschutz), 6.4 (Planung) - und 7 (Umwelt) keine erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen hervorrufen werde, so dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht erforderlich sei. Der Hersteller der Abluftreinigungsanlage erklärte unter dem 11.06.2012, er gehe davon aus, dass der Biowäscher die angekündigten Prüfwerte erreiche. Anderenfalls werde er dem Beigeladenen einen - zertifizierten - „Chemowäscher“ liefern.

Die untere Naturschutzbehörde begegnete den Einwendungen des Klägers mit Stellungnahme vom 18.06.2012 (Bl. 154 f. des Verwaltungsvorgangs zum Genehmigungsverfahren) - insbesondere sei aus ihrer Sicht die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung entbehrlich. Von dem Vorhaben gingen keine erheblichen Beeinträchtigungen im Sinne der Prüfkriterien nach Anlage 2 zum UVPG aus - insoweit sei der Erheblichkeitsbegriff des UVPG nicht mit dem der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung gleichzusetzen. Während eine Pflicht zur Umweltverträglichkeitsprüfung z.B. durch sehr komplexe Auswirkungen mit grenzüberschreitendem Charakter ausgelöst werde, sei die naturschutzrechtliche Erheblichkeitsschwelle schon auf kleinerem Maßstab erreicht. Unter Berücksichtigung des Berichts der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Immissionsschutz (LAI) „Ermittlung und Bewertung von Stickstoffeinträgen“ (2010) lägen - abgesehen von dem Wald, zu dem die Vorsorgeabstände nach der TA Luft eingehalten würden - keine weiteren stickstoffempfindlichen Biotoptypen im Einwirkungsbereich des Vorhabens. Feuchtgrünländer oder Nasswiesen, wie es sie hier im Auenbereich vor allem gebe, seien nicht besonders stickstoffempfindlich. Auf die Verträglichkeit mit dem FFH-Gebiet sei das Vorhaben noch zu prüfen. Dem Artenschutzrecht genüge vorliegend eine „Kurz-saP“, bei der auf eine Kartierung verzichtet werde, da der Untersuchungsumfang nicht außer Verhältnis zum Vorhaben stehen dürfe. Im Ergebnis werde dem „Fachbeitrag Artenschutz“ gefolgt. Auch die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung sei durch den landschaftspflegerischen Begleitplan ordnungsgemäß abgearbeitet worden.

Die Immissionsschutzbehörde wies in ihrer Stellungnahme vom 18.06.2012 darauf hin, dass ein Immissionsschutzgutachten nicht erforderlich sei und wegen Einhaltung des Mindestabstandes gemäß TA-Luft kein Anhaltspunkt für mögliche Schäden an empfindlichen Pflanzen und Ökosystemen durch Ammoniakeinwirkung bestehe.

Die erhobenen Einwendungen wurden am 19.06.2012 in Abwesenheit des Klägers erörtert (Niederschrift unter Berücksichtigung der eingeholten Stellungnahmen: Bl. 177-181 des Verwaltungsvorgangs zum Genehmigungsverfahren).

Zu der FFH-Verträglichkeit führte das Planungsbüro unter dem 20.06.2012 aus, dass der Eintrag von Stickstoff über die Luft im Vergleich zu den Einträgen aus häuslichen Abwässern oder Flächendüngung verschwindend gering sei und sich wegen der Ausstattung der Anlage mit dem Luftfilter keine Zusatzbelastungen des Untersuchungsraumes durch Ammoniak ergäben. Anhaltend negative Auswirkungen auf die entsprechenden Lebensraumtypen und die Fischarten seien damit ausgeschlossen. Die untere Naturschutzbehörde ergänzte sodann unter dem 27.08.2012 ihre Stellungnahme vom 15.02.2012 um eine sog. FFH-Vorprüfung: Die Ausführungen des Planungsbüros stellten die Verträglichkeit des Vorhabens mit dem geschützten Gebiet nachvollziehbar dar, da eine Verschlechterung oder eine erhebliche Beeinträchtigung nicht zu besorgen sei.

Am 21.09.2012 erteilte der Beklagte die beantragte Genehmigung. Durch Auflagen und Auflagenvorbehalte (Nr. 6-9) wurde festgelegt, dass der neu zu errichtende Stall mit einer DLG-zertifizierten Abluftreinigungsanlage auszurüsten sei, die die von der Immissionsschutzbehörde in ihrer Stellungnahme vom 05.12.2011 zu Grunde gelegten Werte erreichen müsse. In der Begründung des Bescheides finden sich u.a. die entsprechenden Erläuterungen der Immissionsschutzbehörde wieder (Seite 12-14); weiter ist ausgeführt, eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei nicht erforderlich gewesen, weil nach überschlägiger Prüfung unter Berücksichtigung der maßgeblichen Kriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen nicht zu erwarten seien (Seite 15).

Der Kläger erhob gegen die Genehmigung fristgemäß Widerspruch; eine Begründung unterblieb mangels Einigung auf einen Termin zur Akteneinsicht.

Nachdem die 2. Kammer des Gerichts durch rechtskräftigen Beschluss vom 21.12.2011 (– 2 B 16/11 –, juris) die UVP-Vorprüfung des Beklagten in einem anderen Genehmigungsverfahren mit der Begründung als nicht nachvollziehbar beanstandet hatte, dass der verwendete Prüfbogen eine Orientierung an den Vorgaben der Anlage 2 zum UVPG nicht erkennen lasse, erarbeitete der Beklagte einen neuen Prüfbogen, den er dem hiesigen Beigeladenen und der mit dem Bauantrag betrauten Entwurfsverfasserin am 09.11.2012 mit der Bitte um Eintragungen übersandte.

Die Entwurfsverfasserin, Frau T., nahm am 08.01.2013 textliche Eintragungen auf dem Prüfbogen vor, den sie mit dem Zusatz „i.A.“ unterzeichnete (Bl. 238-253 des Verwaltungsvorgangs zum Genehmigungsverfahren). An die jeweiligen Fachdien-ste wurden anschließend im Umlaufverfahren („Übersichtsbogen Akte“, Bl. 186, 197 des Verwaltungsvorgangs zum Genehmigungsverfahren) ein Bogen zur Eintragung der Ergebnisse, ein Berechnungsbogen - aus dem sich die Notwendigkeit der Durchführung einer allgemeinen UVP-Vorprüfung des Einzelfalls ergibt -, der mit den Eintragungen der Entwurfsverfasserin versehene Prüfbogen und Auszüge aus den Antragsunterlagen (Genehmigungsantrag und Kurzbeschreibung) gegeben. Auf dem neuen Prüfbogen ist seitens der Behörde anzukreuzen, ob (1.) nach den Merkmalen des Vorhabens gem. Ziffer 1 Anlage 2 UVPG Umweltauswirkungen denkbar sind, ob (2.) nach dem Standort des Vorhabens die Kriterien nach Ziffer 2 Anlage 2 UVPG potenziell betroffen sind und ob (3.) das Vorhaben gemäß der Merkmale der Ziffer 3 Anlage 2 UVPG erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt haben kann, wobei zu Ziffer 3 auch ein Textfeld zur Begründung vorhanden ist. Die jeweiligen Eintragungen nahmen die Fachdienste Immissionsschutz (6.1) und Planung (6.3) des Beklagten (Umlauf: Bl. 254-273 des Verwaltungsvorgangs zum Genehmigungsverfahren), die Denkmalschutzbehörde der Stadt U. (Umlauf Bl. 274-305 des Verwaltungsvorgangs zum Genehmigungsverfahren), sowie die Fachdienste Umwelt - Bodenschutz (7.1), Grundwasserschutz (7.1.), Gewässerschutz (7.1), Naturschutz (7.2) - (Umlauf: Bl. 306-336 des Verwaltungsvorgangs zum Genehmigungsverfahren) und Gesundheit (8) des Beklagten (Umlauf: Bl. 340-369 des Verwaltungsvorgangs zum Genehmigungsverfahren) im Januar 2013 vor. Die Textfelder auf der vorletzten Seite des Prüfbogens („Zusammenfassung“) sind nicht ausgefüllt; hier ist kein Ergebnis der allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls eingetragen. Auch der „Übersichtsbogen Akte“ nennt kein Gesamtergebnis.

Auf Antrag des Beigeladenen ordnete der Beklagte am 08.02.2013 die sofortige Vollziehung der Genehmigung an, ohne dass der Beigeladene diese Anordnung bislang ausgenutzt hätte. Den Widerspruch des Klägers wies er durch Widerspruchsbescheid vom 16.03.2013 unter Berücksichtigung der einzelnen Auswirkungen der geplanten Anlage zurück, da eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht durchzuführen gewesen sei. In der während des Genehmigungsverfahrens durchgeführten Vorprüfung, deren Ergebnis durch die erneut durchgeführte Vorprüfung im Widerspruchsverfahren bestätigt worden sei, sei prognostiziert worden, dass das Vorhaben keine erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen hervorrufen werde.

Am 11.04.2013 hat der Kläger Klage erhoben. Die Klagebegründungsfrist wurde ihm durch Verfügung des Vorsitzenden vom 28. Mai 2013 um sechs Wochen verlängert. Zur Begründung trägt er vor, die UVP-Vorprüfung sei in vielerlei Hinsicht fehlerhaft. Ihr Ergebnis sei nicht nachvollziehbar, da die Ermittlung des Sachverhaltes, die vollständig sein müsse (§ 4a Abs. 2 Nr. 1 UmwRG), fehlerhaft gewesen sei und noch weitere Gründe den Verzicht auf eine Umweltverträglichkeitsprüfung schlechterdings nicht nachvollziehbar erscheinen ließen. Das Vorhaben könne erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben - im Einzelnen:

Der in dem FFH-Gebiet vorkommende Lebensraumtyp sei nach den einschlägigen Hinweisen sensibel gegenüber Stickstoffbelastungen. Bereits die Vorbelastung schöpfe den Critical Load aus, so dass jede Zusatzbelastung erheblich sei. Durch den Betrieb der erweiterten Tierhaltungsanlage würden die von dem Lebensraumtyp 3260 eingenommenen Flächen mit zusätzlichen Stickstoffmengen in beträchtlichem Umfang beaufschlagt. Soweit das Planungsbüro auf Grund der Abluftreinigungsanlage nur einen „sehr geringen“ Stickstoffeintrag annehme, sei dies nicht nachvollziehbar, weil sich mit Stickstoffeinträgen in einen nährstoffsensiblen Lebensraumtyp die ernst zu nehmende Möglichkeit einer erheblichen Gebietsbeeinträchtigung (§ 34 Abs. 2 BNatSchG) verbinde und weil die Abluftreinigungsanlage ohne Zertifizierung keine entsprechende Minderung der Emissionsfrachten gewährleiste. Im Bereich einer FFH-Vorprüfung könnten Filteranlagen ohnehin keine Berücksichtigung finden, weil der Nachweis ihrer vollen Wirksamkeit erst in einer FFH-Verträglichkeitsprüfung erbracht werden könne. Eine - wie hier - erforderliche FFH-Verträglichkeitsprüfung indiziere daher eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung.

Generell hätte der Biowäscher bei der Untersuchung und Bewertung der Emissionen nicht berücksichtigt werden dürfen, da er ohne Zertifizierung im Zeitpunkt der Vorprüfung keine Vermeidungs- bzw. Verminderungsmaßnahme darstelle, die Umweltauswirkungen offensichtlich ausschließe (§ 3c Satz 3 UVPG). Auf ein gegebenenfalls später erteiltes Zertifikat komme es nicht an. Ausweislich der niedersächsischen Verwaltungsvorschriften (Gem. RdErl. d. MU, d. MS u. d. ML v. 2.5.2013 - 33-40501/207.01 - VORIS 28500) entsprächen dem Stand der Technik nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz (§ 3 Abs. 6 BImSchG) allenfalls DLG-zertifizierte Filteranlagen; selbst diese könnten nicht mehr als „offensichtlich“ wirksam erachtet werden, nachdem der Landkreis V. im Jahr 2013 zahlreiche Mängel festgestellt habe.

Darüber hinaus seien bei der Vorprüfung des Beklagten die gesetzlich geschützten Biotope - die Nasswiesen und das Seggenried - unberücksichtigt geblieben. Die laut NLWKN / von Drachenfels gegenüber Stickstoff mäßig empfindlichen Biotoptypen würden bei einer Berechnung nach dem LAI-Leitfaden durch den Betrieb der erweiterten Tierhaltungsanlage erheblichen zusätzlichen Stickstoffbelastungen ausgesetzt. Auf Grund der Vorbelastungen würden bei den Nasswiesen die maximalen Belastungsgrenzen voraussichtlich überschritten; bei dem Seggenried sei eine Verschlechterung der ökologischen Qualität wahrscheinlich. Möglicherweise sei sich der Beklagte nicht einmal der Existenz der Biotope oder ihrer Stickstoffempfindlichkeit bewusst gewesen. Jedenfalls habe er insoweit den Sachverhalt unzureichend ermittelt, weil er weder das Ausmaß der Beeinträchtigung der Biotope durch tierhaltungsbedingte Stickstoffeinträge ermittelt noch der Größenordnung nach abgeschätzt habe. Wenn der Beklagte ausführe, diese Biotoptypen seien verhältnismäßig unempfindlich gegenüber Stickstoffeintragungen, verkenne er die fachwissenschaftlichen Erkenntnisse (NLWKN / von Drachenfels). Die in den Biotopen ausweislich der Geländeerfassungsbögen des Beklagten häufig vorkommenden Pflanzenarten seien - wie der Kläger erstmals in der mündlichen Verhandlung geltend macht - ausweislich der einschlägigen Literaturquelle (Ellenberg, Zeigerwerte der Gefäßpflanzen Mitteleuropas, 1979) erkennbar stickstoffempfindlich; dies zeige ebenfalls, dass der Beklagte nicht anhand vorhandener Basisliteratur und eigener Unterlagen die Stickstoffempfindlichkeit überprüft und Verdrängungseffekte in den Blick genommen habe. Auch im Ergebnis sei der Verzicht auf die Umweltverträglichkeitsprüfung aus Gründen des Biotopschutzes nicht nachvollziehbar, weil allein die Zusatzbelastung im Planzustand (mehr als 20 kg N/(ha*a), bei Zugrundelegung von 3.701 kg NH3 pro Jahr und einer Berechnung nach dem LAI-Leitfaden (S. 24-26)) die Critical Loads für die in Rede stehenden Biotope (20-30 kg N/(ha*a) laut von Drachenfels) ausschöpfe. In Verbindung mit der Vorbelastung (nach den Karten des Umweltbundesamtes 30-34 kg N/(ha*a)) sei daher offensichtlich, dass das geplante Vorhaben erhebliche nachteilige Umweltbelastungen verursache. Wegen der Berechnungen wird ergänzend auf die Schriftsätze vom 11.04.2012 (Seite 9 f., Bl. 22 f. der Gerichtsakte - GA), vom 04.10.2013 (Seite 1 f., Bl. 94 f. der GA) und vom 27.03.2014 (Seite 4 f., Bl. 117 der GA) Bezug genommen. Aus der ergänzenden Stellungnahme des Planungsbüros zur Frage des Stickstoffeintrags in das FFH-Gebiet könne für die - näher an der Anlage gelegenen - Nasswiesen und das Seggenried nichts hergeleitet werden.

Weiterhin werde der Laubwald mit zusätzlichen Stickstoffmengen von mehr als 5 kg pro Hektar und Jahr beaufschlagt, weil der sog. Abscheidewert (5 kg N/(ha*a)) nach dem LAI-Leitfaden - selbst wenn man den Wert der vom Beklagten ermittelten Ammoniakemissionen i.H.v. 3.701 kg NH3 pro Jahr zu Grunde lege - erst in einem Abstand von mehr als 690 m unterschritten werde und woraus sich in Verbindung mit der vorhandenen Vorbelastung (39-40 kg N/(ha*a)) und den Critical Loads für Laubwälder (10-20 kg N/(ha*a)) Anhaltspunkte für eine Schädigung ergäben. Obwohl vorliegend eine Parallelprüfung von Ammoniak und Stickstoff erforderlich gewesen wäre (wird ausgeführt), habe der Beklagte die Stickstoffbelastung des Waldes nicht ermittelt. Neben diesem - die Nachvollziehbarkeit des Ergebnisses der UVP-Vorprüfung - ausschließenden Sachverhaltsermittlungsfehler sei der Verzicht auf die UVP-Prüfung auch im Ergebnis auf Grund der deutlichen Zusatzbelastung ohne Ausbreitungsberechnung nicht nachvollziehbar. Darüber hinaus hätte der Biowäscher bei der Emissionsberechnung im Rahmen der UVP-Vorprüfung nicht berücksichtigt werden dürfen. Lasse man ihn außer Acht, verursache die Anlage jährlich 7.380 kg Ammoniakemissionen mit der Folge, dass der Mindestabstand nach dem LAI-Leitfaden nicht eingehalten sei und Anhaltspunkte für erheblich nachteilige Umweltauswirkungen bestünden.

Zudem gebe es mit Blick auf den Geruch wegen der weiteren Tierhaltungsanlagen in M. gewichtige Anhaltspunkte für eine unzumutbare Belastung der Wohnbevölkerung. Insoweit habe der Beklagte zum einen den Sachverhalt nicht ordnungsgemäß ermittelt, weil er die an den maßgeblichen Wohnhäusern bestehende Vorbelastung nicht untersucht habe. Selbst wenn der Einbau der Abluftreinigungsanlage - wie vom Beklagten angenommen - zu einer Verbesserung der Geruchssituation führe, sei deshalb das Vorhaben noch nicht genehmigungsfähig, sondern vielmehr zu prüfen, ob die nach Durchführung aller Maßnahmen zu erwartende Geruchsbelastung die Schädlichkeitsschwelle (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG) immer noch überschreite - hierfür müsse die Vorbelastung bekannt sein. Darüber hinaus trete eine Verschlechterung der Emissionssituation ein, die zu einer erheblichen Belästigung der Wohnbevölkerung führen könne, wenn der Biowäscher - wie erforderlich - unberücksichtigt bliebe.

Weiter verkenne das - in der Stellungnahme der unteren Naturschutzbehörde vom 18.06.2012 zum Ausdruck kommende und ohne Widerspruch in das Protokoll des Eröterungstermins aufgenommene - Verständnis des Erheblichkeitsbegriffs das anzuwendende Recht (§ 4a Abs. 2 Nr. 3 UmwRG), da nach dem Wortlaut des § 3c Satz 1 UVPG bereits die Möglichkeit erheblicher nachteiliger Umweltauswirkungen die Notwendigkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung begründe und sich die Erheblichkeit in diesem Sinne anhand des einschlägigen Fachrechts einschließlich des Bundesnaturschutzgesetzes bemesse.

Überdies dokumentiere das im Laufe des Widerspruchsverfahrens erstellte neue Vorprüfungsprotokoll die aus den früheren Unterlagen ersichtlichen Mängel lediglich noch einmal, ohne sie zu beheben. So ergebe sich beispielsweise die fehlende Berücksichtigung der Biotope daraus, dass in dem Prüfbogen unter Ziffer 2.3.8 „gesetzlich geschützte Biotope“ eingetragen sei: „unzutreffend“ (Bl. 320 des Verwaltungsvorgangs zum Genehmigungsverfahren). Auch in diesem Verfahrensstadium seien die Belastungen der umliegenden Wälder, Biotope und des FFH-Gebietes durch kumulative Effekte aus anderen Tierhaltungen entgegen der Kriterien nach Nr. 2 Anlage 2 UVPG ausgeblendet worden.

Schließlich sei die Genehmigung nicht nur wegen einer fehlerhaften UVP-Vorprüfung, sondern auch wegen Verstößen gegen das Fachrecht rechtswidrig. Im Einzelnen:

Die Genehmigung verstoße gegen das Habitatschutzrecht, da vor ihrer Erteilung wegen der Ausschöpfung der Critical Loads durch die Stickstoffvorbelastung eine FFH-Verträglichkeitsprüfung hätte durchgeführt werden müssen. Insbesondere seien die Aussagen des Planungsbüros zu Stickstoff bzw. Ammoniak in der Stellungnahme vom 20.06.2012 widersprüchlich, wenn mal von einer „sehr geringen Disposition“, mal von „keiner Zusatzbelastung“ ausgegangen werde. Eine bei 3 % der Critical Loads verortete sog. Irrelevanzschwelle sei hier nicht einschlägig, weil sie zum einen nicht die Pflicht zur Durchführung einer FFH-Verträglichkeitsprüfung betreffe und der Beklagte zum anderen ohne Ausbreitungsberechnung und ohne Berücksichtigung kumulativer Effekte eine Unterschreitung der Bagatellschwelle nicht nachgewiesen habe. Die projektbedingte Zusatzbelastung sei insoweit nicht allein maßgeblich. Darüber hinaus wäre die Wirksamkeit der Abluftreinigungsanlage als Vermeidungsmaßnahme allenfalls in einer - hier erforderlichen - FFH-Verträglichkeitsprüfung nachzuweisen gewesen.

Hinsichtlich der Biotope lasse es schon die Größenordnung der Zusatzbelastung - selbst unter Einbeziehung des nicht zertifizierten Biowäschers - abwegig erscheinen, wenn der landschaftspflegerische Begleitplan davon ausgehe, dass eutrophierende Eintragungen auf dem Luftwege bei der Ermittlung der Auswirkungen außer Acht gelassen werden könnten. Auf Grund der hier zu erwartenden erheblichen nachteiligen Umweltbelastungen werde die Genehmigung der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG i.V.m. § 14 f. BNatSchG) und den Anforderungen des gesetzlichen Biotopschutzes (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG i.V.m. § 30 BNatSchG) nicht gerecht.

Außerdem genüge die Genehmigung dem Immissionsschutzrecht (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG) und der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung nicht, weil der Beklagte hinsichtlich des Laubwaldes kein Stickstoff-Screening nach Maßgabe des LAI-Leitfadens durchgeführt habe.

Gegen Immissionsschutzrecht verstoße die Genehmigung auch deshalb, weil der Beklagte die bestehende Geruchsvorbelastung für die Wohnbevölkerung nicht ermittelt, sondern nur auf eine zu erwartende Verbesserung abgestellt habe.

Mit Schriftsatz vom 04.06.2013, bei Gericht eingegangen am 06.06.2013, trug der Kläger weiterhin vor, die Genehmigung sei mit dem Artenschutzrecht unvereinbar (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG i.V.m. § 44 Abs. 1 Nr. 2 und 3 BNatSchG): Die untere Naturschutzbehörde habe diesbezüglich in ihrer Stellungnahme vom 18.06.2012 lediglich unzureichende Mutmaßungen auf Grundlage der Angaben im landschaftspflegerischen Begleitplan angestellt. Nachdem er - der Kläger - auf das Vorkommen gefährdeter Brutvogelarten des Offenlandes hingewiesen habe, hätte es konkreter Untersuchungen bedurft, um Verstöße gegen das Störungsverbot oder den Verlust von Lebensstätten auszuschließen.  Insoweit wäre eine Brutvogelerfassung vor Ort oder eine Auswertung vorhandener Daten erforderlich gewesen. Durch das Vorhaben sei eine Reduzierung des den Vögeln zur Verfügung stehenden Raums (Kulissenwirkung) möglich, da der neue Stall eine Baulücke schließe und samt seiner Eingrünung deutlich in das bisherige Offenland hineinrage. Eine „Kurz-saP“, die nur darin bestehe, dass ein Gutachter, der den Standort nur im Winterhalbjahr besichtigt habe, die nicht belegte Behauptung aufstelle, Kiebitz und Feldlerche würden dort schon nicht vorkommen, sei unzureichend, weil der Beklagte sich über den Ausschluss artenschutzrechtlicher Verbote keine Gewissheit verschafft habe. Der landschaftspflegerische Begleitplan lasse nicht erkennen, dass Datenbanken, öffentliche Register etc. auf das Vorkommen von Offenlandarten hin ausgewertet worden seien. Mit einer sich auf „naturräumliche Gegebenheiten“ stützenden Abschätzung könne es schon deshalb nicht sein Bewenden haben, weil ein Foto im landschaftspflegerischen Begleitplan (Seite 11) eine offene Landschaftsstruktur zeige. In einer solchen Lage müssten während der Anwesenheitszeiten von Kiebitz, Feldlerche usw. Begehungen durchgeführt werden. Auch der Beklagte habe nicht einmal die zum Arteninventar im Bereich des Standortes verfügbare Literatur (W., Die Vögel der Stadt U., 1993; Heckenroth/Laske, Atlas der Brutvögel in Niedersachsen, 1997), aus der sich das Vorkommen von Rebhuhn, Kiebitz, Feldlerche und Schleiereule ergebe, ausgewertet, um die im landschaftspflegerischen Begleitplan getroffenen Aussagen zu überprüfen. Die vom Beklagten gewählte Methodik, die sich auf Mutmaßungen und die Ergebnisse einer einzelnen, außerhalb der Anwesenheitszeiten der maßgeblichen Vogelarten durchgeführten Begehung stütze, sei ungeeignet und überschreite den der Behörde im Artenschutzrecht (§ 44 BNatSchG) bezüglich der Erfassungsmethoden zustehenden Einschätzungsspielraum.

Schließlich - auch dies trägt der Kläger mit Schriftsatz vom 04.06.2013 vor - habe der Beklagte die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung bei Erteilung der Genehmigung nicht beachtet, da er die auszugleichenden und zu ersetzenden Beeinträchtigungen - Stickstoffbelastung von Biotopen und Wald sowie artenschutzrechtliche Zugriffsverbote - nicht vollständig ermittelt habe, so dass der Eingriff nicht vollständig kompensiert werde.

Der Kläger beantragt,

die Genehmigung des Beklagten vom 21.09.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.03.2013 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Auffassung, er habe auf Grundlage der Vorprüfung des Einzelfalls zu Recht von einer Umweltverträglichkeitsprüfung abgesehen. Die am 31.03.2012 bekanntgemachte Feststellung, dass keine Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich sei, habe im Wesentlichen auf der etwaigen Umweltauswirkungen vorbeugenden Verpflichtung zum Einbau der Abluftreinigungsanlage beruht und bewege sich innerhalb des Beurteilungsspielraums. Er - der Beklagte - habe für die UVP-Vorprüfung den Sachverhalt ordnungsgemäß ermittelt und nicht nur eine oberflächliche Abschätzung spekulativen Charakters vorgenommen. Seinen Einschätzungsspielraum hinsichtlich der erforderlichen und geeigneten Unterlagen für die Durchführung der Vorprüfung habe er ordnungsgemäß ausgefüllt. Weiterhin genüge für das Erfordernis einer Umweltverträglichkeitsprüfung nicht die bloße Möglichkeit erheblicher nachteiliger Umweltauswirkungen, sondern es sei eine gewisse Wahrscheinlichkeit erforderlich, wie sich aus Nr. 3.4 der Anlage 2 zum UVPG ergebe. Zudem habe der Biowäscher als Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahme (§ 3c Satz 3 UVPG) berücksichtigt werden dürfen, weil er auch ohne Zertifizierung zum Zeitpunkt der Vorprüfung wirksam gewesen sei und dem Stand der Technik entsprochen habe; dies bestätige die inzwischen erfolgte Zertifizierung.

Die Frage der „Kumulierung“ nach Ziffer 2 der Anlage 2 zum UVPG sei von den zuständigen Sachbearbeitern mit dem Ergebnis geprüft worden, dass eine Kumulierung nicht in Betracht zu ziehen sei. Das Gesetz knüpfe hier an den Vorhabenbegriff an, der nur solche Anlagen betreffe, die sich in einem laufenden Genehmigungsverfahren befänden. Neben dem Vorhaben des Beigeladenen hätten zum Zeitpunkt der Vorprüfung keine weiteren Vorhaben im relevanten Bereich existiert. Die anderen in M. vorhandenen Tierhaltungsanlagen und Güllebehälter seien im Rahmen der Vorprüfung nicht zu berücksichtigen gewesen; Unterlagen über eine Vorbelastung des Gebietes rund um den geplanten Standort gebe es nicht.

Hinsichtlich der FFH-Vorprüfung verkenne der Kläger, dass für sie andere Anforderungen gelten würden als für eine FFH-Verträglichkeitsprüfung. Letztere sei nicht erforderlich gewesen, weil nach der anhand objektiver Informationen vorgenommenen Prüfung für das FFH-Gebiet die maßgebliche Irrelevanzschwelle von 3 % des Critical Load-Wertes unterschritten worden sei. Die Ausführungen in der ergänzenden Stellungnahme des Planungsbüros seien schlüssig und zutreffend. Für Fließgewässer gebe es keine Angaben zu Critical Loads; auch nach von Drachenfels beziehe sich deren Empfindlichkeit vorrangig auf Einleitungen und Einschwemmungen von Nährstoffen, weniger auf Stickstoffimmissionen. Außerdem verringerten sich nach den aktuellen Angaben des Herstellers der Abluftreinigungsanlage die Ammoniakemissionen im Planzustand um 16 %.

Weiterhin sei das Ergebnis der UVP-Vorprüfung mit Blick auf den Laubwald und die Biotope nachvollziehbar, weil bei der Beurteilung der von der Anlage ausgehenden Emissionen die Leistung der Abluftreinigungsanlage und die Verringerung der Ammoniakemissionen um 16 % zu berücksichtigen sei. Für die umliegenden Waldbereiche lieferten die Antragsunterlagen keine Hinweise darauf, dass die Einträge über den zulässigen Werten lägen; die Vorsorgeabstände würden eingehalten. Nasswiesen seien nach Angaben des NLWKN/von Drachenfels - an die man sich bei der UVP-Vorprüfung gehalten habe - nicht besonders stickstoffempfindlich; der Biotoptyp Nährstoffreiches Großseggenried (NSG) sei überhaupt nicht eingestuft. Daneben seien die konkreten Gebiete in M. in ihrer naturnahen Ausprägung als stickstoffreich zu bezeichnen und verhältnismäßig unempfindlich gegenüber Stickstoffeinträgen, denn die Nasswiesen seien trotz der vorhandenen Ställe entstanden, so dass ihr Critical Load mindestens 30 kg N/(ha*a) betrage. Daher sei der Vorwurf, die zuständigen Sachbearbeiter hätten auf den Prüfbögen nur Ankreuzungen vorgenommen, unzutreffend. Wenn man davon ausgehe, dass die Biotope noch dieselbe Qualität aufweisen würden wie im Jahre ihrer Kartierung (2007), müsse man davon ausgehen, dass sie auch bei der bestehenden Hintergrundbelastung gemäß der Daten des Umweltbundesamtes erhalten geblieben und mit der Immissionssituation nach dem Jahr 2007 verträglich seien. Zudem sei es nicht sachgerecht, die Stickstoffempfindlichkeit bestimmter Pflanzen allein anhand der N-Zahl nach Ellenberg festzumachen. Denn diese beschreibe auf humusreichen Böden - wie hier - nicht die Verfügbarkeit des dort reichlich vorhandenen Stickstoffs, sondern diejenige verschiedener Nährstoffe. Zugleich erklärte ein Sachbearbeiter der unteren Naturschutzbehörde in der mündlichen Verhandlung, dass sich die Stickstoffbelastung der betroffenen Biotoptypen sich im Laufe der Jahre sicherlich auch geändert habe; hier sei ferner eine gewisse Hintergrundbelastung nach den Daten des Umweltbundesamtes für Gesamtdeutschland zu berücksichtigen.

Überdies verstoße die Genehmigung nicht gegen Immissionsschutzrecht, Habitatschutzrecht oder den gesetzlichen Biotopschutz, da sich durch die Abluftreinigungsanlage die Immissionen im Planzustand gegenüber dem Istzustand verbesserten, so dass das Vorhaben keine schädlichen Umwelteinwirkungen verursache. Das Geruchsimmissionsniveau werde nicht erhöht, da der Filtereigengeruch der von DLG-zertifizierten Anlagen gereinigten Abluft in einem Abstand von mehr als 100 m nicht mehr wahrnehmbar sei.

Ebenso wenig stehe das Artenschutzrecht der Genehmigung nicht entgegen. Zum einen sei der diesbezügliche Vortrag des Klägers erst nach Ablauf der Klagebegründungsfrist eingegangen und daher verspätet (§ 4a Abs. 1 UmwRG). Zum anderen sei eine Bestandsaufnahme von Brutvögeln nicht erforderlich gewesen. Der landschaftspflegerische Begleitplan und die untere Naturschutzbehörde hätten vielmehr auf Grundlage der gegebenen Vegetationsstruktur die bedeutsamsten Repräsentanten wie Feldlerche und Kiebitz festgestellt. Für das Vorkommen anderer Feldvogelarten hätten keine Anhaltspunkte bestanden. In den Stellungnahmen der unteren Naturschutzbehörde vom 06.03.2014 (Bl. 108 der GA), vom 20.03.2014 (Bl. 127 der GA) und vom 15.04.2014 (Bl. 146 f. der GA) heiße es zugleich, dass die Beeinträchtigung von Wiesenvögeln mit hinreichender Sicherheit habe ausgeschlossen werden können, weil Arten wie Kiebitz und Feldlerche auf Grund der geringen Größe der Baulücke und der durchgreifenden Randeffekte durch Bebauung, Erschließung und Frequentierung hier keinen Reviermittelpunkt haben würden; falls diese und weitere Feld- und Wiesenvogelarten im Nahbereich brüteten, würden sie sich durch den neuen Stall nicht vertreiben lassen, da ein bestehender Eingriff lediglich ergänzt werde. Zudem seien die Lebensraumansprüche der genannten Arten am Bauort und in der näheren Umgebung nicht erfüllt. Es sei auszuschließen, dass durch eine Bebauung ein Nahrungshabitat verloren gehe, das nicht in der näheren Umgebung wiedergefunden werden könne. Im Wirkbereich der Anlage existiere kein Revier von Kiebitz oder Feldlerche. Selbst wenn in gewisser Entfernung vom Bauort eine Fortpflanzungsstätte existiere, werde diese nicht existenziell bedroht, zumindest aber bestünden genügend Ausweichmöglichkeiten. Unter dem 05.07.2015 (Bl. 285 der GA; Schriftsatz des Beklagten vom 14.07.2015) behauptete die untere Naturschutzbehörde außerdem, die bei Durchführung der Umweltverträglichkeitsvorprüfung bekannte Publikation von W. sei selbstverständlich berücksichtigt worden, allerdings habe sich seit dessen Untersuchungen vor mehr als 20 Jahren die Kulturlandschaft stark verändert und sich die Situation der Feldvögel dramatisch verschlechtert. Der zuständige Sachbearbeiter der unteren Naturschutzbehörde habe darüber hinaus seine eigene Erfahrung und Ortskenntnisse eingebracht sowie im telefonischen Informationsaustausch mit Herrn W. gestanden. Dieser habe die Einschätzung der unteren Naturschutzbehörde bestätigt, dass das Konfliktpotenzial für Kiebitz und Feldlerche vergleichsweise gering sei - auch weil der geplante Standort zwischen zwei bestehenden Stallanlagen liege. Als Informationsquelle sei Herr W. in früheren Stellungnahmen nicht ausdrücklich genannt worden, da die Kontaktpflege zum ehrenamtlichen Naturschutz Bestandteil des Tagesgeschäfts der unteren Naturschutzbehörde sei. Es komme bei der UVP-Vorprüfung auch nicht darauf an, welche Tierarten vorhanden seien; relevant sei nur, welches Konfliktpotenzial ein Vorhaben verursache.

Außerdem seien die Bedenken des Klägers zu der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung im gerichtlichen Verfahren zu spät vorgebracht worden und in der Sache nicht durchgreifend, da Stickstoffbelastungen durch die Abluftreinigungsanlage entgegengewirkt werde und der Eingriff vollständig kompensiert werde, so dass er zulässig sei. Der Standort liege zwar innerhalb eines Landschaftsschutzgebietes; die Positionierung zwischen den vorhandenen Stallanlagen trage aber auch Vermeidungs- und Verminderungsgrundsätzen Rechnung.

Schließlich verkenne der Kläger die Systemunterschiede zwischen Umweltverträglichkeitsprüfung, Umweltverträglichkeitsvorprüfung und Eingriffsregelung. Etwaige Erkenntnisse, die erst im Laufe des Genehmigungsverfahrens beispielsweise durch Einholung von Gutachten gewonnen würden, ließen nicht den Rückschluss zu, dass eine überschlägige Prüfung zu Beginn des Verfahrens fehlerhaft gewesen sei. Um erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen annehmen zu können, müssten die Kriterien der Anlage 2 Nr. 3 zum UVPG erfüllt sein, bei denen es anders als im Rahmen der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung nicht nur um lokal wirkende Auswirkungen gehe.

Der Beigeladene stellt keinen Antrag, tritt aber der Klage mit ähnlichen Argumenten wie der Beklagte entgegen. Er ist der Ansicht, dass die in der ergänzenden, am 06.06.2013 eingegangenen Klagebegründung erstmalig genannten Tatsachen und Beweismittel, insbesondere das Vorbringen zum Artenschutz, präkludiert und die erteilte Genehmigung rechtmäßig sei.

Die UVP-Vorprüfung sei, soweit gerichtlich überprüfbar, ordnungsgemäß verlaufen. Zur Beurteilung der Frage der Kumulierung (Ziffer 2 der Anlage 2 zum UVPG) sei im Rahmen der Vorprüfung keine Bestandsaufnahme erforderlich gewesen, sondern nur andere neue Vorhaben - die hier aber, wie vom Beklagten geprüft, nicht vorhanden gewesen seien - zu untersuchen. Die Ermittlung der Vorbelastung sei auch deshalb nicht notwendig gewesen, weil die Realisierung des Vorhabens zu einer Verbesserung der bestehenden Emissionssituation führe, so dass eine Aufnahme der Vorbelastungen als reine „Förmelei“ anzusehen wäre. Hinsichtlich der Stickstoffbelastung der Biotope habe der Beklagte den Sachverhalt ausreichend ermittelt. Bei Erstellung des landschaftsplanerischen Begleitplanes sei eine umfassende Biotoptypenkartierung durchgeführt worden (Ziffer 6.1). Im Übrigen sei der von der Naturschutzbehörde mit Stellungnahme vom 18.06.2012 vorgenommene Abgleich zum LAI-Leitfaden ausreichend. Würde hier ein Ermittlungsfehler vorliegen, wäre dieser jedenfalls nicht so schwerwiegend, dass er die Nachvollziehbarkeit des Ergebnisses der UVP-Vorprüfung in Frage stelle, weil die Nasswiesen und das Seggenried allenfalls mäßig empfindlich gegenüber Stickstoffeinträgen seien und sich aus der Stellungnahme des Planungsbüros vom 20.06.2012 ergebe, dass über die Luft keine relevanten Stickstoffeinträge in derartige Ökosysteme erfolgten. Die Biotope würden die gegenwärtige Immissionssituation vertragen. Eine etwaige Stickstoffbelastung des Waldes sei ausreichend berücksichtigt worden; auch aus der ergänzenden Stellungnahme des Planungsbüros ergebe sich, dass keine nachteiligen Auswirkungen auf Wälder zu erwarten seien. Der Kläger versuche, die an eine Umweltverträglichkeitsprüfung als solche zu stellenden Anforderungen in die Vorprüfung zu verlagern. Des Weiteren sei die Sachverhaltsermittlung zu der Geruchsbelastung fehlerfrei; jedenfalls liege kein ergebnisrelevanter Fehler vor. Der Beklagte habe von einer Verbesserung der Geruchssituation - die darauf beruhe, dass die Filteranlage die Geruchsbelastung vollständig absorbiere - auf das Ausbleiben erheblichen nachteiliger Umweltauswirkungen schließen dürfen.

Auch das Ergebnis der Vorprüfung sei nachvollziehbar. Zum einen sei der Begriff der Erheblichkeit in § 3c Satz 1 UVPG nicht mit dem der „erheblichen Beeinträchtigung“ im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes gleichzusetzen. Zum anderen habe die Abluftreinigungsanlage wegen der Zusagen des Herstellers im Schreiben vom 11.06.2012 und der zu erwartenden Zertifizierung des Biowäschers berücksichtigt werden dürfen. Es sei gesichert, dass die Filteranlage die notwendigen Werte erreiche. Darüber hinaus erfahre das FFH-Gebiet durch Stickstoffeintrag über die Luft keine erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen, da die Zusatzbelastung unterhalb einer Bagatellschwelle liege, so dass unter diesem Blickwinkel weder eine Umweltverträglichkeitsprüfung noch eine FFH-Verträglichkeitsprüfung erforderlich gewesen sei. Entsprechend würden auch die Nasswiesen und das Seggenried keine relevante Zusatzbelastung durch Stickstoffeintrag über die Luft erfahren. Hinsichtlich des Laubwaldes seien die Mindestabstände eingehalten, so dass ein Stickstoff-Screening nicht erforderlich gewesen sei. Eine Stickstoffzusatzbelastung des - anders als das FFH-Gebiet - nicht in Hauptwindrichtung gelegenen Waldes liege jedenfalls unterhalb der Irrelevanzschwelle, was aus der ergänzenden Stellungnahme des Planungsbüros folge.

Außerdem sei die UVP-Vorprüfung jedenfalls im Widerspruchsverfahren ordnungsgemäß nachgeholt worden.

Ferner stehe das Fachrecht der Genehmigung nicht entgegen: Die bestandskräftig genehmigte Immissionssituation werde durch den Einbau des Abluftfilters verbessert.

Einer FFH-Verträglichkeitsprüfung habe es nicht bedurft, weil es auch unter Berücksichtigung des Abluftfilters nicht zu relevanten Stickstoffeinträgen komme. Das Landschaftsbild sei bereits durch die bestehenden Stallanlagen beeinträchtigt. Der neue Stall falle wegen seiner Platzierung im Zwischenraum kaum negativ auf, so dass insoweit keine „schwerwiegende und grenzüberschreitende erhebliche Beeinträchtigung“ gegeben sei. Dem Vorhaben stehe weiterhin nicht der gesetzliche Biotopschutz entgegen, da im Einwirkungsbereich des Vorhabens keine stickstoffempfindlichen Biotope lägen, bzw. die nicht in Hauptwindrichtung gelegenen Nasswiesen und das Seggenried keine messbare Zusatzbelastung erfahren würden. Mit Blick auf das Artenschutzrecht habe der landschaftspflegerische Begleitplan, dem sich der Beklagte entsprechend seiner Einschätzungsprärogative angeschlossen habe, auf Grund der naturräumlichen Gegebenheiten das Vorkommen planungsrelevanter Feldvogelarten, verneint. Für das vom Kläger behauptete Vorkommen solcher Vögel fehle es an konkreten Anhaltspunkten. Letztlich werde auch die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung hinreichend berücksichtigt, weil eine Beeinträchtigung der Biotope durch Stickstoffeintrag nicht zu erwarten sei und der Eingriff vollständig kompensiert werde.

Das Gericht hat auf Grund des Beschlusses vom 03.04.2014 durch ein biologisches Sachverständigengutachten des Leiters der Ökologischen Schutzstation X. Y. e.V., Dipl.-Biologe, Dipl.-Ingenieur Z. AA., Beweis erhoben über die Fragen, ob - erstens - in einem Radius von einem Kilometer um das geplante Stallbauvorhaben Kiebitz, Feldlerche, Schafstelze, Wachtel und Rebhuhn oder sonstige gefährdete Brutvögel des Offenlandes wie die Schleiereule oder sonstige gefährdete Vogelarten anhand der Kriterien Brutzeitfeststellung, Brutverdacht und Brutnachweis qualitativ präsent sind, ob - zweitens - die genannten Arten - wenn sie vorkommen - während der Bauphase des Stallvorhabens und / oder nach dessen Realisierung durch dessen Kulissenwirkung in relevanter Weise gestört werden - § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG - oder gar einen Revierverlust erleiden - § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG -, und ob sonstige vergrämende Effekte zu besorgen sind, und ob - drittens - derartige Vergrämungen durch einen Lückenschluss durch das zwischen bestehenden Vorhaben zu errichtende Stallbauvorhaben zu besorgen sind.

Der Sachverständige führt in seinem Gutachten vom 24.11.2014 aus, in einem Radius von 200 m um die geplante Anlage seien die Arten Rebhuhn, Grünspecht, Feldlerche und Wiesenschafstelze präsent (Brutverdacht), in einem Radius von 1000 m weitere Exemplare dieser Arten sowie Rotmilan, Schwarzmilan, Kiebitz und Schwarzspecht (Brutverdacht und Brutzeitfeststellungen). Die Betroffenheit der Arten bzw. Brutpaare sei unterschiedlich zu bewerten. Eine „Fernwirkung“ durch eine zusätzliche oder größere Gebäudefassade sei über eine Entfernung von 200 m hinaus bei dem nachgewiesenen Artenspektrum nicht erkennbar. Für den Kiebitz könnte eine Veränderung des als Biotop geschützten Grünlandes, das nahrungsökologisch eine hohe Bedeutung habe, zu einer qualitativen Abwertung des Reviers bis zur Revieraufgabe führen. Ob das Grünland durch Ammoniakeintrag tatsächlich einem verstärkten Vegetationswachstum ausgesetzt sei, könne er nicht beurteilen. Die Meidedistanz von Wiesenschafstelzen sei eher gering, solange sich das Sichthindernis nur in einer Richtung befinde. Die Brutpaardichte der Feldlerche sei im erkennbaren Konzentrationsbereich vergleichsweise hoch. Feldlerchen würden die Nähe von Gebäuden deutlich meiden, sie brüteten offensichtlich schon aktuell in einer Distanz von mindestens 100 m östlich und südwestlich der vorhandenen Stallungen. Eine Erweiterung der Stallanlagen in westliche Richtung werde auf Grund der Fassadenwirkung (Meideverhalten) in Kombination mit dem Lebensraumverlust durch die Überbauung/Versiegelung (Verlust an Nahrungsressourcen) für die beiden im 200 m-Radius wahrscheinlich brütenden (Brutverdacht) Feldlerchenpaare zu einer Revierverschiebung, vermutlich auch zu einer Revieraufgabe führen. Insgesamt sei der Eingriff bzw. der Verlust an Lebens- und Fortpflanzungsstätten durch geeignete Ersatzmaßnahmen ausgleichbar, für die Feldlerche insbesondere in den Agrarflächen südlich der Ortschaft. Die im Rahmen der Planung vorgeschlagenen Ersatzmaßnahmen seien dafür jedoch nicht geeignet. Wegen der weiteren Feststellungen wird auf das Gutachten Bezug genommen.

Der Kläger schließt sich den Einschätzungen des Sachverständigen im Wesentlichen an. Das Gutachten zeige, dass das Planungsbüro und der Beklagte sich hinsichtlich des Vorkommens von Vögeln in Spekulationen ergangen hätten und bei der UVP-Vorprüfung zu einer fehlerhaften Einschätzung gelangt seien. Wie die Stellungnahmen der unteren Naturschutzbehörde vom 15.02.2012 und 27.08.2012 zeigten, habe der Beklagte verkannt, dass eine Pflicht zur Prüfung der Umweltverträglichkeit schon dann bestehe, wenn die Behörde Nebenbestimmungen zur Abwendung erheblich nachteiliger Umweltauswirkungen für erforderlich erachte. Die behördlichen Ermittlungsdefizite könne das Gutachten nicht beheben, weil es für eine aussagekräftige Kartierung des Kiebitzes in dem Jahr schon etwas zu spät gewesen sei. Da sich durch die Stickstoffeinträge die Struktur des umliegenden Grünlandes verändere, sei für den Kiebitz der Tatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG erfüllt. Für die Feldlerche stehe ein den Tatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG erfüllender vollständiger Revierverlust in Rede. Ausweichmöglichkeiten und Revierverlagerungen würden insoweit den Eintritt der Verbotsfolge nach der restriktiv zu interpretierenden Vorschrift des § 44 Abs. 5 Satz 2 BNatSchG nicht ausschließen, da hier kein „nach § 15 BNatSchG zulässiger Eingriff“ vorliege. Ob die von einem Revierverlust betroffenen Feldlerchenpaare gegebenenfalls ausweichen und die Brutpaare „noch ein bisschen zusammenrücken“ könnten, sei unbekannt. Für die Schafstelze bestünden Anhaltspunkte für eine Aktivierung der Verbotsfolge des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG.

Der Beklagte sieht durch das Gutachten, dessen Einholung nicht erforderlich gewesen sei, die Einschätzung seiner unteren Naturschutzbehörde im Rahmen der Vorprüfung bestätigt. Das Vorkommen der festgestellten Arten sei nie in Abrede gestellt worden, Verbotstatbestände seien aber nicht erfüllt. Das Vorkommen von Kiebitz und Feldlerche hänge nicht nur von einer Kulissenwirkung des Vorhabens ab, sondern von weiteren Faktoren, wie die Art der Flächenbewirtschaftung. Die vom Kiebitz als Nahrungshabitat genutzten Biotope würden sich in ihrer Vegetation durch Stickstoffeinträge nicht gravierend verändern, da sie ohnehin gut mit Nährstoffen versorgt seien und die Gefahr einer schleichenden Verschlechterung vor allem von einer nicht angepassten Pflege abhänge. Zudem habe der Sachverständige die Brutpaardichte der Feldlerche zu hoch angesiedelt; sie liege eher im mittleren Bereich, so dass es nur zu einer Revierverschiebung komme, nicht zu einer Revieraufgabe und nicht zu einer Verschlechterung des Erhaltungszustandes der lokalen Population. Darüber hinaus seien auch Flächen nördlich der Ortschaft in die Betrachtung einzubeziehen, so dass sich eine noch geringere Brutpaardichte ergebe und genügend Ausweichflächen zur Verfügung stünden. Außerdem sei die Situation vor Ort, insbesondere hinsichtlich der Fruchtfolge, zum Zeitpunkt der UVP-Vorprüfung und der Erstellung des landschaftspflegerischen Begleitplanes eine andere gewesen als zu dem Zeitpunkt der Untersuchung des Sachverständigen.

Auch der Beigeladene hält auf Grund des Sachverständigengutachtens die Einschätzung des Beklagten für belegt, der das Vorkommen von Brutvögeln des Offenlandes nie in Abrede gestellt habe. Hinsichtlich der Feldlerche tritt er dem Gutachten mit gleichen Argumenten wie der Beklagte entgegen. Auf Flächen im Untersuchungsgebiet, die im Jahr der Begutachtung mit Getreide bestellt gewesen seien, solle zukünftig Mais angebaut werden, so dass die Feldlerche schon aus diesem Grund zu einer Revierverlagerung gezwungen sei. Es finde ein jährlicher Fruchtfolgenwechsel statt, den der Sachverständige in seine Begutachtung nicht eingestellt habe; dabei würden Landwirte allerdings nicht in jedem Jahr in der Summe die gleichen Feldfrüchte anbauen. Ferner habe der Sachverständige die Größe der lokalen Feldlerchenpopulation nicht einschätzen können, was bei einer kreisförmigen Abgrenzung des Untersuchungsgebietes auch nicht zu leisten sei.

Schließlich hat das im Jahr 2011 mit der Erstellung des landschaftspflegerischen Begleitplans betraute Planungsbüro zwischen April und Mai 2015 die Gegend um das streitgegenständliche Vorhaben bezüglich des Vorkommens von Brutvögeln kartiert, weil der Neffe des Beigeladenen einen ähnlichen Stallneubau plant. Diese Untersuchung kommt zu dem Ergebnis, dass insbesondere für Kiebitz und Feldlerche im Jahr 2015 Flächen erst in einer Entfernung von 100-150 m zu den vorhandenen Stallungen in Richtung West-Südwest, Süd-Südwest, Süd, Süd-Südost und Ost in Frage kämen. Ein Stallneubau werde (nur) in der Lücke zwischen den jetzigen Ställen oder als kreuzungsnahe Bebauung östlich der Straße Zum O. neben den vorhandenen Ställen empfohlen. An diesem Standort komme es nicht zu einer signifikanten Änderung oder Verschiebung der lokalen Brutplatzsituation für empfindliche Feldvogelarten.

Auf Grund einer Zusammenschau der Brutvogelkartierungen aus den Jahren 2014 und 2015 ist der Kläger der Auffassung, das Gebiet südlich von M. habe für Brutvögel nicht nur lokale, sondern regionale Bedeutung; während der Beigeladene eine solche Zusammenschau bereits auf Grund der wechselnden Fruchtfolge für unzulässig hält.

Der Sachverständige ist in der mündlichen Verhandlung ergänzend befragt worden; wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll verwiesen. Wegen des weiteren Vortrags der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze, wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage hat Erfolg.

A. Sie ist als Anfechtungsklage zulässig. Die Klagebefugnis ergibt sich aus § 2 Abs. 1 UmwRG. Insbesondere macht der Kläger geltend, dass die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens, für das nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) eine Pflicht zur Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) bestehen kann, Rechtsvorschriften widerspricht, die dem Umweltschutz dienen und für die Entscheidung von Bedeutung sein können (namentlich: § 3c UVPG, § 6 i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG, § 34 BNatSchG, § 30 Abs. 2 BNatSchG, § 44 Abs. 1 BNatSchG, § 14 f. BImSchG). Soweit der Kläger die Aufhebung der Genehmigung allein wegen eines Verstoßes gegen Verfahrensvorschriften begehrt, weil die durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit nicht dem Maßstab von § 3a Satz 4 UVPG genüge, da sie nicht den Vorgaben von § 3c UVPG entsprochen habe und das Ergebnis nicht nachvollziehbar sei, ergibt sich sein Rügerecht aus § 4 Abs. 1 Satz 1 und 2 UmwRG i.V.m. § 2 Abs. 1 UmwRG.

B. Die Klage ist auch begründet. Der Genehmigungsbescheid vom 21.09.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.03.2013 ist rechtswidrig (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Er leidet an einem Verfahrensfehler, der zur Aufhebung der Genehmigung führt: Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG kann die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG unter anderem verlangt werden, wenn eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung nicht durchgeführt und nicht nachgeholt worden ist. Dies gilt nach § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG auch dann, wenn eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit nicht dem Maßstab von § 3a Satz 4 UVPG genügt. Die Voraussetzungen dieser Regelung liegen hier vor (I.). Zudem (II.) ist die Genehmigung aufzuheben, weil sie gegen Rechtsvorschriften verstößt, die die dem Umweltschutz dienen und für die Entscheidung von Bedeutung sind - § 44 BNatSchG -, und der Verstoß Belange des Umweltschutzes berührt, die zu den vom Kläger satzungsgemäß geförderten Zielen gehören und eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestand (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 2 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 UmwRG).

I. Die Genehmigung ist wegen einer unzureichenden Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit aufzuheben.

Das Vorhaben unterliegt dem Erfordernis einer allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls im Sinne von § 3c Satz 1 und 3 UVPG (1.). Die vor Erteilung der Genehmigung durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit genügt nicht dem Maßstab von § 3a Satz 4 UVPG (2.). Der Verfahrensfehler ist nicht durch die im Widerspruchsverfahren nachgeholte allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls geheilt worden (3.). Während des gerichtlichen Verfahrens fand ebenfalls keine Heilung statt (4.). Die Einwendungen des Klägers sind nicht präkludiert (5.). Der Verfahrensfehler bedeutet, dass das geplante Vorhaben nicht ohne Umweltverträglichkeitsprüfung hätte genehmigt werden dürfen und begründet für den Kläger einen Anspruch auf Aufhebung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung (6.).

1. Das Vorhaben unterliegt gem. Nr. 7.11.2 Anlage 1 UVPG dem Erfordernis einer allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls im Sinne von § 3c Satz 1 und 3 UVPG.

Danach besteht für die Errichtung und den Betrieb einer Anlage zur Intensivhaltung oder -aufzucht von Tieren in gemischten Beständen eine Pflicht zur allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls, wenn die jeweils unter den Nummern 7.1.2, 7.2.2, 7.3.2, 7.4.2, 7.5.1, 7.6.1, 7.7.2, 7.8.2, 7.9.2 und 7.10.1 genannten Platzzahlen nicht erreicht werden, die Summe der Vom-Hundert-Anteile, bis zu denen die Platzzahlen ausgeschöpft werden, aber den Wert von 100 erreicht oder überschreitet. Dies ist hier der Fall:

Bleibt die Hofstelle außer Betracht, so erreicht die Anzahl der geplanten Schweinemastplätze am Betriebsstandort (1.890) für sich genommen zwar nicht die Platzzahl in Nr. 7.7.2 Anlage 1 UVPG (Errichtung und Betrieb einer Anlage zur Intensivhaltung oder -aufzucht von Mastschweinen [Schweine von 30 kg Lebendgewicht oder mehr] mit 2000 bis weniger als 3000 Plätzen), sondern schöpft diese Kapazität nur zu 94,5 % aus und löst für sich genommen gem. Nr. 7.7.3 Anlage 1 UVPG eine Pflicht zur standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalls aus. Zusammen mit der geplanten, getrennten, Intensivaufzucht von 982 Ferkeln, die die Kapazität nach Nr. 7.9.2 (Errichtung und Betrieb einer Anlage zur getrennten Intensivaufzucht von Ferkeln [Ferkel von 10 bis weniger als 30 kg Lebendgewicht] mit 6 000 bis weniger als 9 000 Plätzen) zu 16,37 % ausschöpft, wird jedoch der Wert von 100 überschritten (vgl. Bl. 256 / 278 des Verwaltungsvorgangs zum Genehmigungsverfahren).

2. Die vor Erteilung der Genehmigung durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls genügt nicht dem Maßstab von § 3a Satz 4 UVPG (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG).

a) Gemäß § 3c Satz 1 UVPG ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung für ein Vorhaben, für das in Anlage 1 zum UVPG lediglich eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls vorgesehen ist, nur dann durchzuführen, wenn das Vorhaben nach Einschätzung der zuständigen Behörde aufgrund überschlägiger Prüfung unter Berücksichtigung der in der Anlage 2 aufgeführten Kriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, die nach § 12 zu berücksichtigen wären. Nach § 12 UVPG zu berücksichtigen sind erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen nicht erst dann, wenn die Umweltauswirkungen so gewichtig sind, dass sie nach Einschätzung der Behörde zu einer Versagung der Zulassung führen können. Denn die Umweltverträglichkeitsprüfung als solche soll die Umweltbelange so herausarbeiten, dass sie in die Abwägung in gebündelter Form eingehen. Sie ist ein formalisierter Zwischenschritt mit dem Ziel einer zunächst auf die Umweltbelange beschränkten Bewertung der Auswirkungen des Vorhabens im Rahmen der Abwägung aller Belange und dient als wirkungsvolle Methode, die Umweltbelange in den Abwägungsprozess einzuführen (BVerwG, Urteil vom 17.12.2013 – 4 A 1.13 –, BVerwGE 148, 353-373, juris, Rn. 37; s.a. Urteil vom 20.08.2008 – 4 C 11.07 –, BVerwGE 131, 352-369, juris, Rn. 26).

§ 3c Satz 3 UVPG bestimmt, dass bei den Vorprüfungen zu berücksichtigen ist, inwieweit Umweltauswirkungen durch die vom Träger des Vorhabens vorgesehenen Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen offensichtlich ausgeschlossen werden.

Wie der Begriff „Vorprüfung“ bereits deutlich macht, ist im Rahmen der allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls nicht das zu leisten, was Gegenstand einer Umweltverträglichkeitsprüfung wäre. Es ist lediglich zu klären, ob eine Umweltverträglichkeitsprüfung überhaupt erforderlich ist. Auch der Begriff „überschlägige Prüfung“ macht deutlich, dass es lediglich um eine summarische Prüfung geht. Eine ins Detail gehende Untersuchung, ob erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen tatsächlich vorliegen, soll erst mit der eigentlichen Umweltverträglichkeitsprüfung vorgenommen werden (vgl. OVG NRW, Urteil vom 03.12.2008 – 8 D 19/07 –  juris, Rn. 69-71 mit Hinweis auf die Gesetzesbegründung BT-Drs. 14/4599, S. 95; OVG Hamburg, Beschluss vom 24.02.2010 – 5 Bs 24/10 –, juris, Rn. 19; VG Osnabrück, Beschluss vom 21.12.2011 – 2 B 16/11 –, juris, Rn. 60; Gassner, UVPG, 1. Aufl. 2006, § 3c UVPG Rn. 8).

b) Gemäß § 3a Satz 4 UVPG unterliegt die aufgrund der Vorprüfung getroffene behördliche Feststellung, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung unterbleiben soll, einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle (so bereits die Rechtsprechung vor der in § 3a Satz 4 UVPG eingeführten „Klarstellung“ [BT-Drs. 16/2494, S. 21]; Nds. OVG, Beschluss vom 24.07.2013 – 12 ME 37/13 –, juris, Rn. 14; Urteil vom 12.11.2008 – 12 LC 72/07 –, juris, Rn. 49 m.w.N.; BVerwG, Urteil vom 07.12.2006 – 4 C 16.04 –, BVerwGE 127, 208-230, juris, Rn. 48). Die behördliche Einschätzung ist im gerichtlichen Verfahren nur daraufhin zu überprüfen, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben des § 3c UVPG durchgeführt worden ist und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist. Die gerichtliche Prüfung erstreckt sich auch auf die Frage, ob die Behörde den Rechtsbegriff der Erheblichkeit zutreffend ausgelegt hat (zur Erheblichkeit: BVerwG, Urteil vom 20.08.2008 – 4 C 11.07 –, BVerwGE 131, 352-369, juris, Rn. 26; BVerwG, Urteil vom 13.12.2007 – 4 C 9.06 –, BVerwGE 130, 83-112, juris, Rn. 34; Hamburgisches OVG, Beschluss vom 24.02.2010 – 5 Bs 24/10 –, juris, Rn. 20). Anknüpfend an die der zuständigen Behörde in § 3a Satz 4 UVP eingeräumte Beurteilungsermächtigung bestimmt § 4a Abs. 2 UmwRG, dass die behördliche Entscheidung im gerichtlichen Verfahren darauf zu überprüfen ist, ob (1.) der Sachverhalt vollständig und zutreffend erfasst wurde, (2.) die Verfahrensregeln und die rechtlichen Bewertungsgrundsätze eingehalten wurden, (3.) das anzuwendende Recht verkannt wurde oder (4.) sachfremde Erwägungen vorliegen (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.12.2013 – 4 A 1.13 –, BVerwGE 148, 353, juris Rn. 32 f.; OVG NRW, Urteil vom 25.02.2015 – 8 A 959/10 –, juris, Rn. 121-123; ebenso Bay. VGH, Beschluss vom 08.06.2015 – 22 CS 15.686 –, juris, Rn. 40 unter Bezugnahme auf § 3a Satz 4 UVPG i.V.m. § 3c UVPG).

Nach ständiger Rechtsprechung steht den Behörden dementsprechend grundsätzlich zum einen eine Einschätzungsprärogative im Hinblick auf die Frage zu, ob die vom Vorhabenträger vorgelegten Unterlagen (und die eigenen Informationen der Behörde) eine geeignete Grundlage bieten, um unverzüglich (§ 3a Satz 1 UVPG) aufgrund überschlägiger Prüfung über die UVP-Pflichtigkeit des Vorhabens entscheiden zu können - wobei sich die Vorprüfung nicht in einer oberflächlichen Abschätzung spekulativen Charakters erschöpfen darf (BVerwG, Urteil vom 25.06.2014 – 9 A 1.13 –, BVerwGE 150, 92-101, juris, Rn. 18; Bay. VGH, Beschluss vom 20.08.2014 – 22 ZB 14.94 –, juris, Rn. 11; VG Minden, Urteil vom 11.03.2015 – 11 K 3061/13 –, juris, Rn. 157). Die Einholung von Gutachten ist auf Grund der zeitlichen Komponente regelmäßig nicht geboten, allerdings bedeutet die Beschränkung von Prüfungsumfang und -tiefe nicht, dass die Behörde von einer sachlich und fachlich fundierten Stellungnahme absehen könnte (Dienes, in: Hoppe/Beckmann, UVPG, 4. Aufl. 2012, § 3c UVPG Rn. 12). Zum anderen beschränkt sich die richterliche Kontrolle der negativen Feststellung (§ 3a Satz 1 UVPG) nach einer Vorprüfung inhaltlich auf die Frage, ob die Behörde bei ihrer Einschätzung die in der Anlage 2 zum UVPG aufgeführten Kriterien berücksichtigt hat (vgl. § 3c Abs. 1 Satz 1 UVPG) und aufgrund der ihr obliegenden überschlägigen Prüfung insgesamt zu einem den gesetzlichen Vorgaben entsprechenden, naturschutzfachlich nachvollziehbaren und in diesem Sinne vertretbaren Ergebnis gelangt ist (BVerwG, Urteil vom 07.12.2006 – 4 C 16.04 –, BVerwGE 127, 208-230, juris, Rn. 48 ff.; OVG des Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 21.03.2013 – 2 M 154/12 –, juris, Rn. 44; OVG NRW, Urteil vom 03.12.2008 – 8 D 19/07 –  juris, Rn. 72 ff.; VG Osnabrück, Beschluss vom 21.12.2011 – 2 B 16/11 –, juris, Rn. 61).

Verneint werden kann die Pflicht zur Umweltverträglichkeitsprüfung nur, wenn zuvor sämtliche Kriterien der Anlage 2 zum UVPG geprüft worden sind. Begründet hingegen bereits ein Aspekt für sich genommen eine Pflicht zur Umweltverträglichkeitsprüfung, müssen die anderen Kriterien hingegen nicht mehr untersucht werden (Sangenstedt, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand: Januar 2015, § 1 UVPG Rn. 23).

Die Kontrolle der „Nachvollziehbarkeit“ des Ergebnisses der UVP-Vorprüfung (§ 3a Satz 4 UVPG) bedeutet, dass das Ergebnis der behördlichen Prognose durch ein Gericht nicht auf materielle Richtigkeit, sondern lediglich auf Plausibilität zu überprüfen ist (VGH BW, Beschluss vom 25.09.2012 – 10 S 731/12 –, DVBl 2012, 1506, juris, Rn. 28 m.w.N.; OVG Hamburg, Beschluss vom 24.02.2010 – 5 Bs 24/10 –, juris, Rn. 19). Bei der Plausibilitätskontrolle ist von der Behörde für ihr Prüfergebnis gegebene Begründung zu Grunde zu legen; dies bedeutet zugleich, dass nachträglich gewonnene Erkenntnisse, die die Auswirkungen in einem anderen Licht erscheinen lassen könnten, für die Frage der Tragfähigkeit des Prüfergebnisses und damit der verfahrenslenkenden Entscheidung über die Notwendigkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung nicht maßgeblich sein können (BVerwG, Urteil vom 20.12.2011 – 9 A 31.10 –, BVerwGE 141, 282 [288], juris, Rn. 29; BVerwG, Urteil vom 25.06.2014 – 9 A 1.13 –, BVerwGE 150, 92-101, juris, Rn. 25; OVG des Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 21.03.2013 – 2 M 154/12 –, juris, Rn. 44).

Die Kammer folgt daher in dem vorliegenden Verfahren der vorstehenden Rechtsprechung, wobei es hier keiner Entscheidung bedarf, ob die der Behörde mit Blick auf die Sachverhaltsermittlung eingeräumte Einschätzungsprärogative in dem zugestandenen Umfang tatsächlich von § 4a Abs. 2 UmwRG gedeckt ist und ob eine Rechtsprechung, die das Vorliegen von Rechtsfehlern, welche die Nachvollziehbarkeit ausschließen, auf die Fälle beschränkt, dass die Vorprüfung entweder Ermittlungsfehler aufweist, die so schwer wiegen, dass sie ersichtlich auf das Ergebnis durchschlagen konnten, oder wenn das Ergebnis außerhalb des Rahmens zulässiger Einschätzung liegt (VGH BW, Beschluss vom 25.09.2012 – 10 S 731/12 –, DVBl 2012, 1506, juris, Rn. 28 m.w.N.; OVG Hamburg, Beschluss vom 24.02.2010 – 5 Bs 24/10 –, juris, Rn. 19), mit Art. 11 der UVP-Richtlinie (2011/92/EU) vereinbar ist (zur Nichtanwendung von § 46 VwVfG i.R.d. § 4 UmwRG: OVG NRW, Urteil vom 25.02.2015 – 8 A 959/10 –, juris, Rn. 184 f. m.w.N.; s.a. EuGH, Urteil vom 07.11.2013 – C-72/12 Gemeinde Altrip u.a. –, ECLI:EU:C:2013:712, juris, Rn. 42 ff.).

Die Kammer lässt auch ausdrücklich offen, ob die nunmehr in § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG i.V.m. § 3a Satz 4 UVPG normierte eingeschränkte gerichtliche Überprüfbarkeit der UVP-Vorprüfung eine Einschränkung der Begründetheitsprüfung  von Rechtsbehelfen des Umweltrechts darstellt, die der Funktion der Regelungen als Umsetzungsrecht zu einer effektiven Kontrolle der durch das Unionsrecht gewährleitsteten Rechte nicht gerecht wird. Die Bundesrepublik Deutschland hat als Völkerrechtssubjekt mit der Aarhus-Konvention und als EU-Mitgliedstaat mit der "Öffentlichkeitsbeteiligungs-Richtlinie" 2003/35/EG den weiten Zugang zu den Gerichten und die effektive Kontrolle behördlicher Entscheidungen des Umweltrechts auf supranationaler Ebene selbst mit beschlossen. Das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz bezweckt, die von Deutschland zuvor eingegangenen völker- und unionsrechtlichen Verpflichtungen vollumfänglich und damit vertragstreu umzusetzen. Ob Art. 11 UVP-Richtlinie (2011/92/EU) nicht nur verlangt, die Rechtsfolge des § 4 Abs. 1 UmwRG auf den Fall einer zwar durchgeführten, aber fehlerhaften Umweltverträglichkeitsprüfung zu erstrecken (EuGH, Urteil vom 07.11.2013 – C-72/12 Gemeinde Altrip u.a. –, ECLI:EU:C:2013:712, juris, Rn. 38), sondern auch auf den Fall einer - nach dem Ergebnis einer uneingeschränkten gerichtlichen Kontrolle - fehlerhaft durchgeführten UVP-Vorprüfung anwendbar ist, um dem unionsrechtlichen Effektivitätsgebot Rechnung zu tragen, lässt die Kammer ausdrücklich offen. Ungeachtet des Prognosecharakters, der der UVP-Vorprüfung im deutschen Recht zuerkannt wird (BVerwG, Urteil vom 07.12.2006 – 4 C 16.04 –, BVerwGE 127, 208-230, juris, Rn. 48; Dienes, in: Hoppe/Beckmann, a.a.O., § 3a UVPG Rn. 30.9; Gassner, a.a.O., § 3c UVPG, Rn. 14), kommt es insoweit nämlich in Betracht, dass die durch § 3a Satz 4 UVPG eigeschränkte gerichtliche Kontrolle angesichts der mitgliedsstaatlichen Verantwortung für die Um- und Durchsetzung des Unionsrechts auf der nationalen Ebene zu einem Konflikt in dem Sinne einer direkten Kollision (Tonne, Effektiver Rechtsschutz durch staatliche Gerichte als Forderung des europäischen Gemeinschaftsrechts, Köln 1997, Seite 250 f.; Von Danwitz, Verwaltungsrechtliches System und Europäische Integration, Tübingen 1996, Seite 115) führt, der durch die Verpflichtung zu einer unionsrechtskonformen Auslegung des nationalen Prozessrechts als Folge des allgemeinen Rechtsgrundsatzes des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes aus Art. 4 Abs. 3 Satz 2 EUV oder durch die Kollisionsregel des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts gelöst werden muss. Da die Klage jedoch auch bei dem der Kammer durch § 3a Satz 4 UVPG zugestandenen eingeschränkten gerichtlichen Kontrollmaßstab Erfolg hat, die Unionsrechtswidrigkeit des § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG i.V.m. § 3a Satz 4 UVPG mithin nicht entscheidungserheblich ist (vgl. auch insoweit Seibert, NVwZ 2013, 1040 (1045) mit weiteren Nachweisen), lässt die Kammer dies ausdrücklich offen.

Die gerichtliche Kontrolle, ob die getroffene Entscheidung sich hinreichend an den Kriterien der Anlage 2 zum UVPG orientiert hat und nachvollziehbar ist, wird durch die Pflicht zur Dokumentation der Durchführung und des Ergebnisses der Vorprüfung (§ 3c Satz 6 UVPG) ermöglicht (Dienes, in: Hoppe/Beckmann, a.aO., § 3c UVPG Rn. 21, 21.1; OVG NRW, Urteil vom 03.12.2008 – 8 D 21/07.AK –, juris, Rn. 86; VG Würzburg, Urteil vom 19.05.2015 – W 4 K 14.604, W 4 K 14.1086 –, juris, Rn. 34). § 3c Satz 6 UVPG greift die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs auf, wonach eine Entscheidung der zuständigen Behörde, nach der ein Projekt aufgrund seiner Merkmale keiner Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen zu werden braucht, alle Angaben enthalten muss, die erforderlich sind, um kontrollieren zu können, dass sie auf eine angemessene, den unionsrechtlichen Anforderungen entsprechende Vorprüfung gestützt ist (EuGH, Urteil vom 10.06.2004 – Rs. C-87/02 –, Slg. 2004, I-5975, juris, Rn. 49; BT-Drs. 16/2494, S. 7 und 18; BR-Drs. 551/06, S. 1; OVG NRW, Urteil vom 03.12.2008 – 8 D 21/07.AK –, juris, Rn. 82-85).

c) Nach der von der Kammer durchgeführten Plausibilitätskontrolle ist das Ergebnis der Umweltverträglichkeitsvorprüfung nicht mehr nachvollziehbar. Zum einen hat der Beklagte bei der Prüfung einer „Kumulierung mit anderen Vorhaben“ die rechtlichen Maßstäbe verkannt (aa), zum anderen ist seine Sachverhaltsermittlung bis zum Zeitpunkt der Erteilung der Genehmigung in mehrfacher Hinsicht fehlerbehaftet (bb).

aa) Der Beklagte hat die rechtlichen Maßstäbe verkannt, indem er den Begriff der „Kumulierung mit anderen Vorhaben“ in Anlage 2 zum UVPG unzutreffend erfasst hat.

Nach Ziffer 2 der Anlage 2 zum UVPG („Standort der Vorhaben“) ist die ökologische Empfindlichkeit eines Gebiets, das durch ein Vorhaben möglicherweise beeinträchtigt wird, insbesondere hinsichtlich bestimmter Nutzungs- und Schutzkriterien unter Berücksichtigung der „Kumulierung mit anderen Vorhaben“ in ihrem gemeinsamen Einwirkungsbereich zu beurteilen.

Maßgebend ist deshalb die an einem Einwirkungsort entstehende Gesamtbelastung unter Einschluss vorhandener Vorbelastungen. Entsprechend des Sinn und Zwecks der Umweltverträglichkeits(vor)prüfung, die Genehmigungsentscheidung im Lichte der Umweltbelange bestmöglich vorzubereiten, ist es erforderlich, die möglichen Auswirkungen des geplanten Vorhabens im Zusammenhang mit Vorbelastungen des Standortes und seiner Umgebung zu betrachten. Insoweit ist der in Anlage 2 UVPG verwendete Begriff der Kumulierung nicht mit dem der „kumulierenden Vorhaben“ in § 3b Abs. 2 Satz 1 UVPG identisch (Sangenstedt, in: Landmann/Rohmer, a.a.O., § 3c UVPG Rn. 24). Damit geht die auf den Wortlaut des Begriffs des „Vorhabens“ abstellende Auffassung des Beklagten und des Beigeladenen, wonach im Rahmen der UVP-Vorprüfung keine Bestandsaufnahme erforderlich sei, fehl und verkennt die rechtlichen Maßstäbe (§ 4a Abs. 2 Nr. 3 UmwRG). Wären in eine Vorprüfung jeweils lediglich solche „Vorhaben“ einzubeziehen, die aktuell auf ihre Genehmigungsfähigkeit zu prüfen sind, so  könnte die ökologische Empfindlichkeit des Einwirkungsgebietes von vornherein nur unzureichend beurteilt werden. Im Übrigen verwendet die UVP-Richtlinie (2011/92/EU), deren Anhang III in Anlage 2 zum UVPG umgesetzt wird (Dienes, in: Hoppe/Beckmann, a.a.O., § 3c UVPG Rn. 13) in ihrer zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen Vorprüfung geltenden deutschen Sprachfassung den Begriff der „Projekte“ (Anhang III Ziffer 1b)). Auch die gegenwärtige, durch die Richtlinie 2014/52/EU geänderte, deutsche Sprachfassung der UVP-Richtlinie streitet für das vorstehende Auslegungsergebnis, indem hier der Terminus der „Kumulierung mit anderen bestehenden und/oder genehmigten Projekten und Tätigkeiten“ verwendet wird. Jede andere Betrachtungsweise würde zu einer Sinnentleerung der UVP-Vorprüfung führen.

Die Kammer nimmt zur Kenntnis, dass der Beklagte sich durch das von ihm offenbarte Verständnis des Begriffs der „Kumulierung mit anderen Vorhaben“ in Widerspruch zu den von ihm selbst Ende des Jahres 2012 ausgegebenen Vorprüfungsbögen setzt, wo es - nahezu wortgleich mit der von Fachleuten des Bundes und der Länder für das Recht der Umweltverträglichkeitsprüfung im Anschluss an die Einführung von § 3 a UVPG mit Änderungsgesetz vom 27. Juli 2001 erarbeiteten Arbeitshilfe für den Vollzug des UVP-Gesetzes „Leitfaden zur Vorprüfung des Einzelfalls im Rahmen der Feststellung der UVP-Pflichtigkeit von Projekten“ (Endfassung vom 14.08.2003; abrufbar unter: http://www.bmub.bund.de/fileadmin/Daten_BMU/Download_PDF/Umweltpruefungen/uvp_pflicht_vorpruefung_einzelfall_leitfaden.pdf) - heißt:

„In die Betrachtung der Empfindlichkeit des möglicherweise beeinträchtigten Gebietes sind die jeweils relevanten Vorbelastungen - zumindest wenn sie offensichtlich sind - im Sinne einer Status-quo-Betrachtung ebenso mit einzubeziehen wie mögliche kumulative Wirkungen und mögliche Wechselwirkungen mit anderen Vorhaben. Hierbei spielen auch Art und Umfang der bisherigen (Land-) Nutzung eine Rolle. Insoweit bezieht sich der in der Nummer 2 der Anlage 2 zum UVPG enthaltene Begriff der Kumulation auf sämtliche Vorbelastungen und nicht wie der in § 3b Abs. 2 Satz  1 UVPG enthaltene Begriff der Kumulation lediglich auf Vorhaben derselben Art, die in einem engen zeitlichen und räumlichen Zusammenhang errichtet werden. […]

2.1 Nutzungskriterien

[…]

- Angaben zu diesbezüglichen oder sonstigen Vorbelastungen, die bekannt oder zu besorgen sind,

- Angaben zu Art und Intensität sonstiger kumulativer Wirkungen soweit diese möglich sind.“

bb) Bis zu der Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung hat der Beklagte den für die UVP-Vorprüfung relevanten Sachverhalt in mehrfacher Hinsicht unzureichend ermittelt. Die Sachverhaltsermittlungsfehler ergeben sich aus den bis zu der öffentlichen Bekanntmachung des Ergebnisses der Vorprüfung am 31.03.2012 erstellten Unterlagen und werden durch die nachfolgenden Stellungnahmen der einzelnen Fachbehörden nicht beseitigt.

aaa) Aus den vor der öffentlichen Bekanntmachung am 31.03.2012 erstellten Unterlagen ergibt sich keine ordnungsgemäße UVP-Vorprüfung. Weder ist insoweit ersichtlich, dass der Beklagte die in der Anlage 2 zum UVPG aufgeführten Kriterien berücksichtigt hat, noch ist er zu einem nachvollziehbaren Ergebnis gelangt.

(1.) Das vom Fachdienst Umwelt im Januar 2012 ausgefüllte zweiseitige Formblatt (Bl. 114 des Verwaltungsvorgangs zum Genehmigungsverfahren) genügt für sich genommen nicht den an eine Vorprüfung zu stellenden Anforderungen.

Insoweit hat die zweite Kammer des erkennenden Gerichts in einem anderen Verfahren, an dem der Kläger und der Beklagte beteiligt waren, ausgeführt (VG Osnabrück, Beschluss vom 21.12.2011 – 2 B 16/11 –, juris, Rn. 64):

„Zunächst ist bereits nicht erkennbar, dass sich der Antragsgegner an den Vorgaben der Anlage 2 des UVPG orientiert hat, die die Kriterien für die Vorprüfung des Einzelfalles im Rahmen einer UVP angibt. Auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Antragsgegner sich im Hinblick auf die Immissionssituation im Wesentlichen auf das Immissionsschutzgutachten bezogen haben dürfte, lässt die Vorprüfung beispielsweise nicht erkennen, ob eine etwaige Kumulierung mit anderen Vorhaben im gemeinsamen Einwirkungsbereich berücksichtigt worden ist (vgl. Ziffer 2 der Anlage 2 zum UVPG). Diesbezüglich weist der Antragsteller u.a. auf die Hofstelle südöstlich des Betriebes des Beigeladenen hin. […]. Des Weiteren ist anhand der Verwaltungsvorgänge auch nicht nachzuvollziehen, in welchem Umfang und mit welcher Begründung die Fachbereiche 6.1, 6.4 und 7 ihre Einschätzung zur Frage der möglichen erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen abgegeben haben. Seite 2 der Vorprüfung enthält lediglich das Ergebnis der jeweiligen Beurteilung. Diesbezüglich ist bereits zweifelhaft, ob der aus § 3 c Satz 6 UVPG folgenden Dokumentationspflicht Genüge getan ist. In jedem Fall orientiert sich die durchgeführte Vorprüfung nicht erkennbar an dem vom BMU veröffentlichten "Leitfaden zur Vorprüfung des Einzelfalls im Rahmen der Feststellung der UVP-Pflicht von Projekten". Dem Protokoll ist nicht zu entnehmen, dass der Antragsgegner die Vorgaben der Ziffer 2.5 beachtet hat, die im Einzelnen regeln, wie die Dokumentation des Ergebnisses der Vorprüfung des Einzelfalles in einem allgemein zugänglichen Protokoll in begründeter und inhaltlich nachvollziehbarer Weise erfolgen soll. So lässt das Protokoll sowohl inhaltliche Angaben zur überschlägigen Einschätzung für jede Umweltauswirkung in Bezug auf deren Erheblichkeit vermissen als auch die inhaltliche Zusammenfassung der Einzeleinschätzungen dazu, ob das Vorhaben erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann oder nicht. […]“

Diese Ausführungen gelten auch für den vorliegenden Fall. Das im Januar 2012 ausgefüllte doppelseitige Formblatt entbehrt jeglicher textlichen Beschreibungen des konkreten Vorhabens; selbst von den Ankreuzmöglichkeiten ist vorliegend nicht vollständig Gebrauch gemacht worden. Wie die untere Naturschutzbehörde in ihrem Vermerk vom 27.01.2012 unter Bezugnahme auf vorstehenden Beschluss selbst ausführt, ist dieses  Formblatt nicht hinreichend differenziert.

Eine ausreichende Orientierung der Vorprüfung an den Kriterien der Anlage 2 zum UVPG ist auch deshalb zweifelhaft, weil nicht erkennbar ist, dass alle Kriterien durch die jeweils sachkundigen Fachbehörden „beurteilt“ wurden. Zumindest Gesundheitsamt und Denkmalschutzbehörde wurden an dieser Vorprüfung nicht beteiligt.

(2.) Darüber hinaus ergibt sich auch in Verbindung mit den Stellungnahmen der Immissionsschutzbehörde vom 05.12.2011 und der unteren Naturschutzbehörde vom 15.02.2012 keine hinreichende Orientierung an den Kriterien der Anlage 2 zum UVPG. Abgesehen davon, dass der Beklagte nicht einmal die genaue Rechtsgrundlage für das Erfordernis einer allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls benannte, hat er keine vollständige Ermittlung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes dokumentiert, so dass sich die Entscheidung gegen eine Umweltverträglichkeitsprüfung als nicht mehr plausibel erweist. Außerdem hat die Kammer Zweifel, inwieweit auf spezielle Fragestellungen gerichtete Stellungnahmen einzelner Fachbehörden der Dokumentationspflicht (§ 3c Satz 6) gerecht werden können, wenn von der für die Durchführung der UVP-Vorprüfung federführenden Behörde kein (erneutes) Ergebnis festgehalten wird.

(a.) Der Beklagte hat zunächst nicht dokumentiert, dass er eine Kumulierung mit den anderen Tierhaltungsanlagen in M. gemäß Ziffer 2 der Anlage 2 zum UVPG erkannte, untersuchte oder bewertete. Für die Kammer ist offensichtlich, dass die von dem Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung anhand des vorliegenden Kartenmaterials gezeigten Ställe bereits zum Zeitpunkt der Vorprüfung im Jahr 2012 in Betrieb waren. Abgesehen von der Hofstelle des Beigeladenen selbst sind diese Tierhaltungsanlagen jedoch im Verwaltungsvorgang nicht erwähnt. Es hätte insoweit nahegelegen, zu prüfen, ob die Anlagen einen gemeinsamen Einwirkungsbereich aufweisen, insbesondere auf Grund ihrer Ammoniak- und Stickstoffemissionen.

Die Behauptung eines Prozessvertreters des Beklagten in der mündlichen Verhandlung, er gehe davon aus, dass die zuständigen Sachbearbeiter die Kumulierung erkannt, im Ergebnis aber für unerheblich gehalten hätten, räumt diesen Sachverhaltsermittlungsfehler nicht aus, da der Beklagte von falschen rechtlichen Maßstäben ausging, in der Äußerung eine Vermischung von Sachverhaltsermittlung und -bewertung zum Ausdruck kommt und die Durchführung der Vorprüfung zu dokumentieren ist (§ 3c Satz 6 UVPG). Auch der von einem Sachbearbeiter der Naturschutzbehörde in der mündlichen Verhandlung behauptete Blick auf die Daten des Umweltbundesamtes zur Vorbelastung ist in den Verwaltungsvorgängen nicht dokumentiert.

Die gesetzliche Dokumentationspflicht bedeutet aber, dass die einzelnen Ermittlungsschritte und die maßgeblichen Erkenntnisquellen darzulegen sind - anderenfalls ist gerichtlich nicht kontrollierbar, ob die Behörde die gesetzlichen Vorgaben eingehalten hat. Dies hat zur Folge, dass die Durchführung der Vorprüfung nicht nachvollziehbar ist. Wird lediglich das Ergebnis einer (behaupteten) Prüfung der einzelnen Kriterien festgehalten, so lässt sich daraus nicht erkennen, ob die Behörde zu ihrer Bewertung auf Grund einer zutreffenden Sachverhaltsermittlung gelangt ist oder nicht. Gerade diese Prüfung obliegt aber dem Gericht.

Allein ein Hinweis auf eine vorgenommene Abstandsermittlung zu einem Waldgebiet nach der - zum Immissionsschutzrecht gehörenden - Ziffer 4.8 der TA-Luft genügt zur Prüfung von Kumulierungseffekten nach Ziffer 2 der Anlage 2 zum UVPG schon deshalb nicht, sich diese nur auf Abstände zu empfindlichen Pflanzen (z.B. Baumschulen, Kulturpflanzen) und Ökosystemen (z.B. Heide, Moor, Wald) bezieht, das Prüfungsprogramm der Nutzungs-, Qualitäts- und Schutzkriterien nach Ziffer 2 der Anlage 2 zum UVPG aber umfassender angelegt ist.

Der Verzicht auf die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung erweist sich auf Grund des Sachverhaltsermittlungsfehlers hinsichtlich der Kumulierung als nicht mehr nachvollziehbar. Es ist nicht von vornherein ausgeschlossen, dass die in M. in einer nicht unerheblichen Anzahl vorhandenen Tierhaltungsanlagen einen gemeinsamen Einwirkungsbereich auch mit dem geplanten Vorhaben besitzen und die ökologische Empfindlichkeit dieses Gebietes möglicherweise beeinträchtigen.

(b.) Weiterhin hat der Beklagte Reichtum, Qualität und Regenerationsfähigkeit der Natur (Tiere und Pflanzen; Ziffer 2.2 der Anlage 2 zum UVPG) und die Belastbarkeit des Schutzgutes „Tiere“ (Ziffer 2.3 der Anlage 2 zum UVPG) nicht hinreichend ermittelt. Er hat nicht ausreichend untersucht, ob das Vorhaben erhebliche nachteilige Auswirkungen insbesondere auf Brutvögel des Offenlandes haben kann.

Der Schutz dieser Vögel wird insoweit nicht nur über den individuumsbezogenen Ansatz (BVerwG, Urteil vom 09.07.2009 – 4 C 12.07 –, BVerwGE 134, 166-187, Rn. 44) der artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände des § 44 BNatSchG gewährleistet, sondern auch über die - eher gebietsbezogenen - Vorschriften des UVPG (s. Appold, in:  Hoppe/Beckmann, a.a.O., § 2 UVPG Rn 27 f.; Gassner, a.a.O., § 2 UVPG, Rn. 14; krit.: Bay. VGH, Beschluss vom 20.08.2014 – 22 ZB 14.94 –, juris, Rn. 18).

Die Sachverhaltsermittlung des Beklagten bezüglich des Vorkommens von Vogelarten ist unzureichend, weil die Annahme im landschaftspflegerischen Begleitplan, der der Beklagte mit der Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 15.02.2012 gefolgt ist und wonach auf Grund der „geringen Flächengröße, benachbarter Gebäude, sowie der vorliegenden Störungen durch den bestehenden Mastbetrieb“ im Baufeld und dessen Umfeld keine Brutvögel des Offenlandes zu erwarten seien, nicht plausibel ist. Unabhängig davon, ob man eine Baufläche von 3300 m² noch als eher klein einstuft und welche Auswirkungen sowie Störungen die beiden benachbarten Stallgebäude haben, hätten von dem Planungsbüro und dem Beklagten die naturräumlichen Gegebenheiten umfassend in den Blick genommen werden müssen. Da hier nicht lediglich eine bestehende Tierhaltungsanlage in eine Richtung erweitert wird, sondern eine zwischen zwei - von Ackerland umgebenen - Ställen vorhandene Baulücke geschlossen werden und der neue Stall in westlicher Richtung weiter als bisher in das Offenland hineinragen soll, ist es nicht plausibel, dass die besondere Lage der Baufläche im offenen Ackerraum unbeachtet blieb. Wenn die Bewertung der Auswirkungen auf Tiere ohne Auswertung von Literatur und allein auf Grund einer einmaligen Begehung außerhalb der Brutzeit erfolgt, muss zumindest das betroffene Gelände zutreffend und vollständig dargestellt werden.

Die der Behörde im Hinblick auf die Frage, ob die vom Vorhabenträger vorgelegten Unterlagen und ihre eigenen Informationen eine geeignete Grundlage für die Entscheidung über die UVP-Pflichtigkeit des Vorhabens bieten, zukommende Einschätzungsprärogative und die Vorlage eines landschaftspflegerischen Begleitplanes entbinden sie nicht von der Pflicht zur vollständigen und zutreffenden Sachverhaltsermittlung (§ 4a Abs. 2 Nr. 1 UmwRG). Da auch die UVP-Vorprüfung auf einer sachlich und fachlich fundierten Einschätzung beruhen muss, ist die Behörde verpflichtet, die Inhalte eines landschaftspflegerischen Begleitplanes kritisch zu würdigen und sie zumindest auf ihre Plausibilität zu prüfen. Insbesondere wenn die dortigen Ausführungen völlig ungeeignet sind, um die Betroffenheit des jeweiligen Schutzgutes zu bewerten, ist es rechtsfehlerhaft, die dortigen Ausführungen ohne erkennbare eigene Prüfung zu übernehmen. Der auch für die Feststellung der UVP-Pflicht nach § 3 a UVPG geltende Untersuchungsgrundsatz (§ 24 VwVfG i.V.m. § 1 Abs. 1 Nds. VwVfG) will eine Gesetzesvollzugsbehörde und nicht nur eine (Unterlagen-) Nachvollzugsbehörde (Gassner, a.a.O., § 3 a UVPG Rn. 13).

Soweit der Beklagte im Gerichtsverfahren mit Schriftsatz vom 14.07.2015 kurz vor der mündlichen Verhandlung erstmals vorträgt, der unteren Naturschutzbehörde sei bei Durchführung der Umweltverträglichkeitsvorprüfung die Publikation von W. bekannt gewesen; sie habe Eingang in die Entscheidung gefunden; der zuständige Sachbearbeiter habe eigene Erfahrungen und Ortskenntnisse eingebracht; zusätzlich habe es einen telefonischen Informationsaustausch mit Herrn W. gegeben, der bestätigt habe, dass das Konfliktpotenzial des Vorhabens für Kiebitz und Feldlerche wegen Bestandsrückgängen und der Lage des Standortes zwischen zwei bestehenden Ställen eher gering sei; handelt es sich um ein für die damalige UVP-Vorprüfung unbeachtliches Vorbringen. Denn für die Kammer nicht erkennbar, ob eine solche Sachverhaltsermittlung tatsächlich stattgefunden hat, weil sie im Verwaltungsvorgang entgegen § 3c Satz 6 UVPG nicht im Ansatz niedergelegt ist. Zudem ist bei der Plausibilitätskontrolle nur die von der Behörde für ihr Prüfergebnis gegebene Begründung zu Grunde zu legen; naturgemäß sind nur solche Erwägungen gemeint, die vor der abschließenden Entscheidung über die UVP-Pflichtigkeit in den Akten dokumentiert sind.

Da die Beschreibung des Geländes unzureichend ist, die einmalige Begehung durch das Planungsbüro außerhalb der Brutzeiten stattfand, im Umfeld des Geländes nach den vom Kläger zitierten Angaben der einschlägigen Fachliteratur mit verschiedenen Offenlandarten zu rechnen ist und der Beigeladene wie andere Landwirte in der Vergangenheit in ihren Feldern Lerchenfenster schuf, wiegt der Sachverhaltsermittlungsfehler hinsichtlich der Tiere so schwer, dass er sich auf das Ergebnis der Vorprüfung durchschlagen konnte. Die Einschätzung des Beklagten, mit erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen auf Tiere sei nicht zu rechnen, erweist sich damit auch im Ergebnis als nicht nachvollziehbar.

(c.) Hinsichtlich der Nasswiesen und des Seggenriedes ergibt sich aus dem Verwaltungsvorgang bis zur Bekanntmachung des Vorprüfungsergebnisses am 31.03.2012 nicht, dass der Beklagte sie als gesetzlich geschützte Biotope in der Nähe des Standortes erkannt, in seine Untersuchungen einbezogen hätte (s. Ziffer 2.3.7 der Anlage 2 zum UVPG) und insoweit die ökologische Empfindlichkeit eines Gebiets unter Berücksichtigung der Kumulierung mit anderen Vorhaben in ihrem gemeinsamen Einwirkungsbereich (Ziffer 2 der Anlage 2 zum UVPG) sowie die von der Anlage ausgehenden Stickstoffemissionen (vgl. Ziffer 1.4 der Anlage 2 zum UVPG - Umweltverschmutzung und Belästigungen) berücksichtigt hätte. Die Biotope finden in dem landschaftspflegerischen Begleitplan, der zudem den (weiteren) Untersuchungsraum nicht definiert (vgl. Seite 3: „Der Untersuchungsraum“, „Der engere Untersuchungsraum“), keine Erwähnung. Welchen Umfang die dort erwähnte Biotoptypenkartierung, der zufolge nur Ackerland (AL) betroffen sei (Seite 7), hatte, erschließt sich nicht; sie erweckt allerdings den Eindruck, dass nur das Baufeld als solches untersucht wurde. Nicht nachvollziehbar ist auch die Einschätzung im landschaftspflegerischen Begleitplan, durch die Ausstattung mit dem Biofilter ergäben sich keine zusätzlichen Klimabelastungen des - welches? - Untersuchungsraumes (Seite 8) bzw. keine zusätzlichen Belastungen durch Stäube, Ammoniak und Gerüche (Seite 5, 7). Denn dass der Neubau eines Schweinemaststalls mit 1.440 Plätzen, der mit einer Abluftreinigungsanlage versehen wird, die nicht alle Emissionen vollständig herausfiltert (BE 4), zusammen mit der Änderung von 204 Schweinemastplätze in 432 Ferkelaufzuchtplätze (BE 3) und der (teilweise) gleichbleibenden Nutzung in BE 2 und BE 3 zu einer mindestens gleichbleibenden Emissionsbelastung wie im Istzustand führt, ist zumindest begründungsbedürftig.

Der Sachverhaltsermittlungsfehler hinsichtlich der Nasswiesen und des Seggenriedes lässt den Verzicht auf eine Umweltverträglichkeitsprüfung auch im Ergebnis als nicht nachvollziehbar erscheinen.

Nach Ziffer 2.3.7 der Anlage 2 zum UVPG ist die Belastbarkeit der Schutzgüter unter besonderer Berücksichtigung gesetzlich geschützter Biotope nach § 30 BNatSchG und von Art und Umfang des ihnen jeweils zugewiesenen Schutzes zu beurteilen.

Erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen sind dabei nicht nur dann denkbar, wenn der entsprechende Biotoptyp besonders empfindlich gegenüber Stickstoffeinträgen ist, sondern auch dann, wenn der Biotoptyp weniger stickstoffempfindlich ist, aber - in Verbindung mit der Vorbelastung - die Critical Loads überschritten werden. Denn der Critical Load von Stickstoff ist die Kapazität eines Ökosystems, Stickstoffeinträge zu immobilisieren oder ohne Schadwirkungen auszutragen. Die Raten dieser Prozesse sollen nachhaltig (langfristig) und unschädlich für andere Systeme sein („Leitfaden zur Ermittlung und Bewertung von Stickstoffeinträgen“ der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz, Langfassung, Stand: 1. März 2012 - LAI-Leitfaden -, S. 22).

Dem Biotoptyp „Nährstoffreiches Großseggenried (5.1.5 - NSG)“ ist zwar durch NLWKN/von Drachenfels nicht ausdrücklich ein Critical Load zugeordnet, allerdings bildet dieser ausweislich der dortigen Bezifferung und Bezeichnung einen Oberbegriff für die im Einzelnen genannten verschiedenen Arten von Seggenrieden, die allesamt mäßig empfindlich gegenüber Stickstoffeinträgen (CL 20-30 kg N/(ha*a) sind. Da der Beklagte dies ausweislich der Stellungnahme seiner unteren Naturschutzbehörde im Gerichtsverfahren vom 15.04.2014 (Bl. 148 der GA), wonach der Biotoptyp Nährstoffreiches Großseggenried (NSG) in der Tabelle überhaupt nicht eingeordnet sei, verkannt hat, hat er insoweit die fachwissenschaftlichen Erkenntnisse und damit den entscheidungserheblichen Sachverhalt nicht zutreffend ermittelt. Der Biotoptyp „nährstoffreiche Nasswiese“ (GNR) ist laut NLWKN/von Drachenfels mäßig empfindlich gegenüber Stickstoffeinträgen (CL 20-30 kg N/(ha*a), teilweise evtl. auch noch etwas höhere Werte; höhere Empfindlichkeit bei ungepflegten Brachen bzw. ungenutzten Flächen, geringere bei regelmäßigem Nährstoffentzug durch Nutzung bzw. Pflegemaßnahmen). Angemerkt ist dort auch, dass auf Grund starker Rückgänge eine Tendenz von Stufe 2 zu Stufe 1 der Roten Liste bestehe.

Für die Nasswiesen und das Seggenried kommt es bei Zugrundelegung der vom Beklagten unter Berücksichtigung der Abluftreinigungsanlage ermittelten Ammoniakemissionen der Gesamtanlage in Höhe von 3.701 kg NH3 pro Jahr bereits nach der Grafik auf S. 26 des LAI-Leitfadens erst in einem Abstand von mehr als 220 m zu einer Zusatzbelastung unter als 20 kg N/(ha*a). Da die Biotope sich näher am Anlagenstandort befinden, beträgt ihre Zusatzbelastung im Planzustand mehr als 20 kg N/(ha*a), so dass sich in Verbindung mit einer Vorbelastung, die sich nach den vom Kläger zitierten und nicht bestrittenen Angaben des Umweltbundesamtes auf 30-34 kg N/(ha*a) beläuft, Anhaltspunkte für erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen ergeben. Die Behauptung des Beigeladenen, die Biotope lägen nicht in der Hauptwindrichtung, ist hier unerheblich, da keine Ausbreitungsberechnung vorgenommen wurde.

bbb) Auch die nach Eingang des Einwendungsschreibens des Klägers am 25.05.2012 verfasste, knapp 2-seitige „Allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls entsprechend § 3c UVPG (Anlange 2)“ der Immissionsschutzbehörde lässt eine Berücksichtigung der Kriterien der Anlage 2 zum UVPG nicht erkennen, da lediglich die Ausführungen aus der vorangegangenen immissionsschutzrechtlichen Stellungnahme wiederholt werden und im Ergebnis - ohne weitere Begründungen - festgestellt wird, dass das Vorhaben nach Einschätzung der Fachdienste 6.1 (Immissionsschutz), 6.4 (Planung) und 7 (Umwelt) keine erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen hervorrufen werde. Erkennbar wird hier lediglich, dass erstmals auch der Fachdienst 6.4 an der UVP-Vorprüfung beteiligt wurde - weiterhin allerdings nicht das Gesundheitsamt und die Denkmalschutzbehörde.

ccc) Schließlich ergibt sich aus den weiteren, im Nachgang zu dem Einwendungsschreiben und vor Erteilung der Genehmigung verfassten Stellungnahmen sowie den im Erörterungstermin erfolgten Ausführungen keine ordnungsgemäße UVP-Vorprüfung. Es handelt sich hier jeweils um einzelne Einschätzungen der Fachbehörden zu den vom Kläger erhobenen Einwendungen, die nicht in einer Gesamteinschätzung zusammengeführt werden. Darüber hinaus sind die Einschätzungen auch zu den einzelnen Punkten rechtsfehlerhaft:

(1.) Eine Kumulierung mit anderen Vorhaben beachtete der Beklagte weiterhin nicht.

(2.) Hinsichtlich der Brutvögel des Offenlandes wird die Einschätzung des Beklagten auch durch die in den Erörterungstermin eingebrachte Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 18.06.2012 nicht plausibel. Denn auch nach dem Hinweis des Klägers auf die Betroffenheit von Offenlandvögeln hat der Beklagte nicht beachtet, dass hier eine Baulücke geschlossen wird und der neue Stall weiter in das Ackerland hineinragt, sondern ist schlicht dem - von ihr so bezeichneten - „Fachbeitrag Artenschutz“ gefolgt. Hinsichtlich der erstmals mit Schriftsatz vom 14.07.2015 behaupteten weiteren Ermittlungen, insbesondere des Kontaktes zu Herrn W., ist wiederum auf die fehlende Dokumentation im Verwaltungsvorgang zu verweisen.

(3.) Bezüglich der Nasswiesen und des Seggenriedes als gesetzlich geschützte Biotope geht aus der Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde des Beklagten vom 18.06.2012 nicht hervor, dass sie sich das Vorhandensein dieser Biotope anhand des eigenen Kartenmaterials für das Landkreisgebiet bewusst gemacht hat. Auch die bestehenden Critical Loads, die Vorbelastungen und die Zusatzbelastungen für die Biotope wurden nicht ermittelt, wenn es lediglich heißt, dass die im Auenbereich vorhandenen Feuchtgrünländer und Nasswiesen nicht besonders stickstoffempfindlich seien.

Soweit der Beklagte nur besonders gegenüber Stickstoff empfindliche Biotoptypen berücksichtigen will, verkennt er das anzuwendende Recht (vgl. § 4a Abs. 2 Nr. 3 UVPG). Zwar bezieht sich Ziffer 4.8 der TA Luft nur auf „empfindliche Pflanzen (z.B. Baumschulen, Kulturpflanzen) und Ökosysteme (z.B. Heide, Moor, Wald)“, deren Vorliegen bezüglich des Seggenriedes und der Nasswiesen zweifelhaft sein könnte, jedoch ist nach Ziffer 2.3.7 der Anlage 2 zum UVPG ausdrücklich die Belastbarkeit der Schutzgüter unter besonderer Berücksichtigung gesetzlich geschützter Biotope i.S.d. § 30 BNatSchG zu prüfen. Die Bezugnahme auf den LAI-Leitfaden 2010 ist angesichts der weiteren verfügbaren Erkenntnisse für Niedersachsen (Angaben zu Critical Loads nach NLWKN/von Drachenfels) unzureichend.

Aus der ergänzenden Stellungnahme des Planungsbüros vom 20.06.2012, wonach der Stickstoffeintrag in das FFH-Gebiet über die Luft unerheblich sei, kann für die - näher an der geplanten Anlage gelegenen und einen anderen Biotoptyp darstellenden - Nasswiesen nichts hergeleitet werden.

ddd) Ob die Umweltverträglichkeitsvorprüfung noch aus weiteren Gründen nicht plausibel ist, insbesondere ob weitere Stickstoffeinträge in das FFH-Gebiet oder den Laubwald sowie Geruchsemissionen ausreichend und nachvollziehbar untersucht wurden und die Leistung der Abluftreinigungsanlage berücksichtigt werden durfte, lässt die Kammer offen.

eee) Aus Anlass der in den Erörterungstermin eingeführten Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 18.06.2012 und der im Gerichtsverfahren vorgelegten Stellungnahme vom 06.03.2014 (Bl. 108 der GA) weist die Kammer darauf hin, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht nur bei komplexen oder schwerwiegenden und grenzüberschreitenden Auswirkungen erforderlich ist, sondern bei erheblichen (zum Begriff der Erheblichkeit: BVerwG, Urteil vom 13.12.2007 – 4 C 9.06 –, BVerwGE 130, 83-112, juris, Rn. 34; Sangenstedt, in: Landmann/Rohmer, a.a.O. § 3c UVPG Rn. 25 ff.) nachteiligen Umweltauswirkungen, die unter Berücksichtigung - grundsätzlich aller - Kriterien nach Anlage 2 zum UVPG zu beurteilen sind.

Entgegen der Auffassung des Klägers muss allerdings nicht schon das (absehbare) Erfordernis umweltschützender Nebenbestimmungen zwangsläufig zur Annahme erheblicher nachteiliger Umweltauswirkungen führen. Vielmehr bedarf es einer Gewichtung der betroffenen Umweltbelange unter Berücksichtigung der in der Anlage 2 zum UVPG aufgeführten vorhaben- und standortbezogenen Kriterien. Zudem ist zu berücksichtigen, inwieweit auf der Grundlage der im Vorprüfungsstadium zur Verfügung stehenden Unterlagen bereits geklärt ist und feststeht, dass eine Nebenbestimmung zur Vermeidung schädlicher Umwelteinwirkungen geeignet und ausreichend ist (OVG NRW, Urteil vom 25.02.2015 – 8 A 959/10 –, juris, Rn. 174 m.w.N.; BVerwG, Urteil vom 25.06.2014 – 9 A 1.13 –, BVerwGE 150, 92-101, juris, 21-23; a.A. mglw. Sangenstedt, in: Landmann/Rohmer, a.a.O., § 3c UVPG Rn. 27).

fff) Die Kammer nimmt weiter zur Kenntnis, dass der Beklagte offenbar selbst davon ausging, dass die bis zur Erteilung der Genehmigung durchgeführte UVP-Vorprüfung nicht den rechtlichen Anforderungen entsprach, wenn er dem Beigeladenen mit Schreiben vom 09.11.2012 unter Hinweis auf den Beschluss des Gerichts vom 21.12.2011 – 2 B 16/11 – mitteilte:

„Aus diesem Grund habe ich einen neuen Bogen mit Kriterien zur Vorprüfung des Einzelfalls entwickelt, der diesen geänderten Bedingungen entspricht und eine Nachvollziehbarkeit der Entscheidung gewährleistet.

Bitte füllen Sie den Prüfbogen ggf. mit Ihrem Entwurfsverfasser oder einem Planungsbüro vollständig aus und senden Sie ihn an mich zurück. […]

Ich bitte um Verständnis für dieses Vorgehen, da zu erwarten ist, dass sonst auch in Ihrem Fall bei einem eventuellen Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Osnabrück dieser Punkt problematisiert werden kann.“

3. Die Verfahrensfehler sind nicht durch die zwischen November 2012 und Januar 2013 - nach Erteilung der Genehmigung (21.09.2012) und während des Widerspruchsverfahrens - nachgeholte allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls geheilt worden.

a) Die Möglichkeit zur Nachholung einer verfahrensfehlerhaften UVP-Vorprüfung bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ergibt sich aus § 1 Abs. 1 NVwVfG i.V.m. § 45 Abs. 1 und 2 VwVfG (BVerwG, Urteil vom 20.08.2008 – 4 C 11.07 –, BVerwGE 131, 352-369, juris, Rn. 24 f.; Bay. VGH, Urteil vom 12.05.2014 – 10 B 12.2084 –, juris, Rn. 29; Fellenberg/Schiller, in: Landmann/Rohmer, a.a.O., § 4 UmwRG Rn. 19). Denn § 45 Abs. 2 VwVfG bleibt gemäß § 4 Abs. 1 Satz 3 UmwRG unberührt. Wird der Fehler einer fehlenden oder mangelhaften Vorprüfung nach § 3c UVPG bis zum Abschluss des gerichtlichen Verfahrens durch die zuständige Behörde in entsprechender Anwendung des § 45 VwVfG geheilt, so ist die Frage, ob eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist, nach dem Erkenntnisstand zu beurteilen, der im Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung über die Notwendigkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung vorhanden ist (VG Minden, Urteil vom 11.03.2015 – 11 K 3061/13 –, juris, Rn. 144).

b) Die unterschiedlichen Fehler in der Sachverhaltsermittlung, die die Entscheidung für den Verzicht auf eine Umweltverträglichkeitsprüfung als nicht nachvollziehbar erscheinen lassen, wurden durch die während des Widerspruchsverfahrens neu ausgefüllten Prüfbögen nicht beseitigt.

aa) Zunächst ist zu beanstanden, dass die ausgefüllten Prüfbögen (letzte Seite) und der „Übersichtsbogen Akte“ (Bl. 186, 197 des Verwaltungsvorgangs zum Genehmigungsverfahren) keine Zusammenfassung enthalten; es ist keine Gesamteinschätzung erheblicher Umweltauswirkungen und kein Ergebnis der allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls eingetragen, sondern jede Fachbehörde hat eine isolierte Einschätzung für ihren Zuständigkeitsbereich vorgenommen. Es fehlt damit schon an einer abschließenden Entscheidung zur Frage der Notwendigkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung. Hierin liegt zugleich ein Verstoß gegen die Dokumentationspflicht nach § 3c Satz 6 UVPG.

Die abschließende Entscheidung zur Frage der Notwendigkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung wurde auch nicht in dem an den Kläger gerichteten Widerspruchsbescheid getroffen, wenn dort lediglich darauf verwiesen wird, dass das Ergebnis der im Genehmigungsverfahren durchgeführten Vorprüfung, durch „die erneute“ - d.h. abgeschlossene - Vorprüfung im Widerspruchsverfahren bestätigt worden sei. Darüber hinaus ist es nach Auffassung der Kammer auch nicht möglich, die abschließende Entscheidung der UVP-Vorprüfung lediglich in einem Widerspruchsbescheid zu treffen, wenn die Behörde in Ansehung der Dokumentationspflicht nach § 3c Satz 6 UVPG Prüfungsbögen verwendet, die die Eintragung eines Ergebnisses vorsehen.

bb) Abgesehen davon sind auch die neuen - mehrseitigen - Prüfbögen nicht geeignet, die Durchführung der UVP-Vorprüfung nachvollziehbar zu dokumentieren. Da grundsätzlich alle textlichen Beschreibungen nur vom Antragsteller einzutragen sind (Hinweis oben auf Seite 2 des Prüfbogens: „Nachfolgende Seiten bitte ausfüllen (graue Felder werden von der Behörde ausgefüllt)“), verbleiben für die Fachbehörden nur Ankreuzmöglichkeiten in den grau hinterlegten (vgl. Bl. 258 ff. des Verwaltungsvorgangs zum Genehmigungsverfahren) Feldern („Umweltauswirkungen denkbar:“ „Ja“ / „Nein“; „potenzielle Betroffenheit:“ „Ja“ / „Nein“; „Beurteilung der Erheblichkeit der Auswirkungen auf die Umwelt“: „erheblich“ / „unerheblich“). Seitens der Behörde sind textliche Ausführungen lediglich in dem Bereich „3. Merkmale der möglichen Auswirkungen“, Spalte: „Beurteilung der Erheblichkeit der Auswirkungen“, vorgesehen. Aus dem Prüfungsbogen ergibt sich damit kein Raum für die Behörde, der UVP-Vorprüfung andere Erkenntnisse als die vom Antragsteller vermittelten zu Grunde zu legen. Bei einer Auslegung nach dem objektiven Empfängerhorizont (vgl. §§ 133, 157 BGB) vermittelt der Prüfungsbogen den Eindruck, als seien der UVP-Vorprüfung immer nur die Angaben des Antragstellers im Prüfbogen zu Grunde zu legen, und seien sie noch so rudimentär, sowie - wie auf Seite 1 des Prüfungsbogens anzukreuzen - die Antragsunterlagen. Eine Überprüfung der Richtigkeit oder Plausibilität der Angaben des Antragstellers sieht der Prüfbogen nicht vor. Damit widerspricht er - auch in der nachgebesserten Form - der gesetzlichen Pflicht der Behörde zur vollständigen Aufklärung des Sachverhalts.

Tatsächlich haben die Sachbearbeiter der einzelnen Fachbehörden des Beklagten den Prüfbogen auch entsprechend der vorstehenden Auslegung verstanden, indem sie die Angaben der Entwurfsverfasserin ohne erkennbare Prüfung ihrer Ergebnisfindung zu Grunde legten. Die Entwurfsverfasserin beantwortete einen Teil der Fragen offensichtlich unvollständig (vgl. nur Ziffer 1.2.3, 1.4, 2.1, 2.2.3, 2.3.2, 2.3.5, 2.3.8, 3.1, 3.2); dennoch ist hier größtenteils nicht erkennbar, dass der Beklagte diese Eintragungen auf ihre Richtigkeit / Plausibilität kontrollierte (anders ggf. Ziffer 2.3.5), jedenfalls nicht, auf welcher Tatsachengrundlage. Auffällig ist auch, dass die Sachbearbeiter selbst dort, wo textliche Eintragungen möglich gewesen wären - nämlich bei der Beurteilung der Erheblichkeit der Auswirkungen auf die Umwelt - hiervon regelmäßig keinen Gebrauch machten, sondern nur mit einem Handzeichen versehene Ankreuzungen vornahmen.

Zwar hat der Beklagte sich bei der Gestaltung der neuen Prüfungsbögen erkennbar an der von Fachleuten des Bundes und der Länder für das Recht der Umweltverträglichkeitsprüfung im Anschluss an die Einführung von § 3 a UVPG mit Änderungsgesetz vom 27. Juli 2001 erarbeiteten Arbeitshilfe für den Vollzug des UVP-Gesetzes „Leitfaden zur Vorprüfung des Einzelfalls im Rahmen der Feststellung der UVP-Pflichtigkeit von Projekten“ (Endfassung vom 14.08.2003; abrufbar unter: http://www.bmub.bund.de/fileadmin/Daten_BMU/Download_PDF/Umweltpruefungen/uvp_pflicht_vorpruefung_einzelfall_leitfaden.pdf) orientiert. Hätte er diesen Leitfaden übernommen, würde dies nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen den Anforderungen des § 3c Satz 6 UVPG unzweifelhaft genügen - ohne dass andere Arten der Dokumentation von vornherein ausgeschlossen wären (OVG NRW, Urteil vom 03.12.2008 – 8 D 21/07.AK –, juris, Rn. 87-89; Dienes, in: Hoppe/Beckmann, a.aO., § 3c UVPG Rn. 21, 21.1). Allerdings kann auch die dortige Arbeitshilfe - die zudem lediglich bei der Gesamteinschätzung angibt, dass diese durch die Behörde erfolgt und von der der Beklagte demnach teilweise abgewichen ist - die der Behörde durch Gesetz auferlegten Sachverhaltsermittlungspflichten nicht einschränken.

cc) Unabhängig von der formalen Gestaltung der Prüfbögen lassen auch die Eintragungen des Beklagten nicht erkennen, dass er  die Angaben des Beigeladenen nachprüfte, so dass er nicht dokumentiert hat, seinen Sachverhaltsermittlungspflichten nunmehr nachgekommen zu sein und das Ergebnis der UVP-Vorprüfung weiterhin nicht nachvollziehbar bleibt:

So bejahte der Fachdienst Planung unter „2.1 Nutzungskriterien“, wo auch nach Kumulierungen gefragt wird, eine potenzielle Betroffenheit, um seine Prüfung auf der dritten Ebene bei der Bewertung der Erheblichkeit der Auswirkungen auf die Umwelt bei dem Schutzgut „Mensch“ mit der Einschätzung „unerheblich“ zu beenden. Dies kann die Kammer nicht nachvollziehen.

Bei Kriterium „2.2.3 Flora/Fauna“ hat die Entwurfsverfasserin keine Angaben zur ökologischen Bedeutung des Anlagenstandortes und der Flächen im Wirkbereich des Vorhabens, sondern lediglich solche zum Landschaftsbild getätigt, ohne dass der Beklagte dies beanstandete. Entsprechendes gilt für die sich anschließende Bewertung bei Ziffer „3.2 Tiere und Pflanzen“, so dass sich der Sachverhaltsermittlungsfehler im Bereich des Tiervorkommens (Brutvögel) fortsetzt.

Den tatsächlichen Gegebenheiten wiederspricht es auch, wenn die Entwurfsverfasserin im Auftrag des Beigeladenen ohne Beanstandung des Beklagten zum maßgeblichen Sachverhalt bei dem Kriterium „2.3.8 gesetzliche geschützte Biotope“ trotz des Vorhandenseins und der möglichen Betroffenheit von Nasswiesen und Seggenried angibt: „unzutreffend“ und der Sachbearbeiter der Unteren Naturschutzbehörde bei der Frage nach der potenziellen Betroffenheit die Antwortmöglichkeit „Nein“ ankreuzt. Hier setzten sich die Sachverhaltsermittlungsfehler im Bereich der Biotope fort.

4. Die Verfahrensfehler in der allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls sind auch nicht durch die Ausführungen des Beklagten im Gerichtsverfahren, insbesondere die verschiedenen Stellungnahmen der Unteren Naturschutzbehörde, geheilt worden. Abgesehen von der fehlenden Gesamteinschätzung wurde der Beklagte seinen Sachverhaltsermittlungspflichten auch zu diesem Zeitpunkt nicht gerecht:

a) Kumulierungseffekte auf Grund der Vorbelastung nahm der Beklagte nach seinen eigenen - die rechtlichen Maßstäbe verkennenden - Ausführungen nicht in den Blick.

b) Hinsichtlich des Vorkommens geschützter Vogelarten war der Vortrag des Beklagten im gerichtlichen Verfahren widersprüchlich. Soweit er mit Schriftsatz vom 10.03.2014, Seite 6, vorgetragen hat, die Untere Naturschutzbehörde habe „auf Grundlage der gegebenen Vegetationsstruktur die bedeutsamen Repräsentanten wie Feldlerche und Kiebitz festgestellt“, ist dieses Vorbringen unbeachtlich. Es steht im Widerspruch zum behördlichen Verwaltungsvorgang und zu den im gerichtlichen Verfahren vorgelegten Stellungnahmen der Unteren Naturschutzbehörde vom 20.03.2014 (Bl. 125 und 127 der GA) und 15.04.2014 (Bl. 146 der GA), wonach im Wirkbereich des Vorhabens keine Reviermittelpunkte bzw. keine Reviere von Feldlerche und Kiebitz existierten.

c) Auch bezüglich der gesetzlich geschützten Biotope konnte der Beklagte die vorhandenen Sachverhaltsermittlungsfehler im Laufe des Gerichtsverfahrens nicht ausräumen. Soweit er behauptet, dass sich nach den aktuellen Angaben des Herstellers der Abluftreinigungsanlage die Ammoniakemissionen im Planzustand um 16 % verringern würden, ist dieser Vortrag weder substanziiert - im Verwaltungsvorgang finden sich keine Angaben zu den Ammoniakemissionen im Istzustand; auch würde allein der Vergleich von Plan- und Istzustand nicht für die Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens genügen - noch unter Berücksichtigung der geplanten Tierbestände nachvollziehbar. Weiterhin war der Vortrag des Beklagten zu dem Zustand der Biotope widersprüchlich. Einerseits trug er vor, dass sie konkreten Gebiete in M. in ihrer naturnahen Ausprägung als stickstoffreich zu bezeichnen und verhältnismäßig unempfindlich gegenüber Stickstoffeinträgen seien (Stellungnahmen der unteren Naturschutzbehörde vom 06.03.2014, Bl. 108 der GA; vom 15.04.2014, Bl. 148 der GA; vom 05.07.2015, Bl. 288 der GA); dass man unter der Prämisse, die Biotope besäßen nach wie vor die gleiche Qualität wie zum Zeitpunkt ihrer Kartierung im Jahr 2007, davon ausgehen müsse, dass sie sowohl „aufgrund der bestehenden Hintergrundbelastung“ laut Kartenserver des Umweltbundesamtes erhalten geblieben seien als auch dass sie mit der Immissionssituation nach dem Jahr 2007 verträglich seien (Schriftsatz vom 27.07.2015, Bl. 377 f. der GA); andererseits führte ein Sachbearbeiter der Unteren Naturschutzbehörde in der mündlichen Verhandlung aus, dass sich die Stickstoffbelastung der Biotope im Laufe der Jahre „sicherlich geändert“ - verschlechtert? - habe und eine gewisse Hintergrundbelastung zu berücksichtigen sei. Selbst wenn sich aus diesen Ausführungen ergeben sollte, dass der Beklagte die Vorbelastungssituation anhand der Datensätze des Umweltbundesamtes geprüft haben sollte - was nicht weiter dokumentiert ist -, hat er anschließend nicht ermittelt, ob die von der Anlage ausgehende Zusatzbelastung unter Berücksichtigung der Critical Loads Anhaltspunkte für erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen bietet. Wenn der Beklagte meint, den Biotopen würden weitere Stickstoffeinträge nicht schaden, handelt es sich mangels konkreter Sachverhaltsermittlungen um eine nicht nachvollziehbare Behauptung ins Blaue hinein. Auf die laut den Geländebögen des Beklagten aus dem Erfassungsjahr 2007 in den Biotopen vorkommenden Pflanzenarten und die Aussagekraft der sog. N-Zahl für die ökologische Empfindsamkeit der Biotope kommt es dabei nicht mehr entscheidungserheblich an.

5. Soweit die ergänzende, am 06.06.2013 eingegangene Klagebegründung erstmalig neue Tatsachen und Beweismittel enthalten sollte, ist dieses Vorbringen jedenfalls nicht gem. § 4a Abs. 1 Satz 1, 2 UmwRG i.V.m. § 87b Abs. 3 VwGO präkludiert, weil die vom Vorsitzenden verlängerte Frist zur Klagebegründung (vgl. § 4a Abs. 1 Satz 3 UmwRG, Bl. 59  R der GA) eingehalten wurde.

6. Erweist sich das Ergebnis der Vorprüfung, erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen seien nicht zu besorgen, als nicht nachvollziehbar, knüpft sich daran für die immissionsschutzrechtliche Genehmigung gem. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 UmwRG die Rechtsfolge der Aufhebung (zu § 4 Abs. 1 UmwRG a.F.: BVerwG, Urteil vom 20.12.2011 – 9 A 31.10 –, BVerwGE 141, 282-293, Rn. 22 ff., insbesondere Rn. 33; OVG NRW, Urteil vom 25.02.2015 – 8 A 959/10 –, juris, Rn. 184 f. m.w.N; VG Osnabrück, Beschluss vom 21.12.2011 – 2 B 16/11 –, juris, Rn. 52 ff.). Die Aufhebung der Zulassungsentscheidung kann zudem unabhängig davon beansprucht werden, ob der Verfahrensfehler die Entscheidung in der Sache beeinflusst hat; § 46 VwVfG i.V.m. § 1 Abs. 1 Nds. VwVfG findet keine Anwendung (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.12.2011 – 9 A 30.10 –, juris, Rn. 21; OVG NRW, Urteil vom 25.02.2015, a.a.O.; BT-Drs. 16/2495, S. 14).

II. Darüber hinaus folgt ein Anspruch des Klägers auf Aufhebung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung auch aus § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 2 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1, Satz 2, Abs. 1 UmwRG.

Die Entscheidung des Beklagten, eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei vor Genehmigung des Vorhabens nicht erforderlich, verstößt gegen Rechtsvorschriften, die dem Umweltschutz dienen und für die Entscheidung von Bedeutung sind (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG i.V.m. § 44 Abs. 1 Nr. 2 und 3 BNatSchG) (1.), der Verstoß berührt Belange des Umweltschutzes, die zu den satzungsgemäßen Zielen des Klägers gehören (2.) und es bestand eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (3.).

1. Mit Blick auf die Feldlerche verstößt die Genehmigung gegen die artenschutzrechtlichen Zugriffsverbote des § 44 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 BNatSchG.

a) Nach § 44 Abs. 1 BNatSchG ist es verboten, wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören, wobei eine erhebliche Störung vorliegt, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert (Nr. 2). Weiter ist es verboten, Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören (Nr. 3).

Gemäß § 44 Abs. 5 Satz 1 gelten für nach § 15 zulässige Eingriffe in Natur und Landschaft die Zugriffsverbote nach Maßgabe der Sätze 2 bis 5: Sind z.B. europäische Vogelarten betroffen, liegt ein Verstoß gegen das Verbot des Absatzes 1 Nr. 3 und im Hinblick auf damit verbundene unvermeidbare Beeinträchtigungen wild lebender Tiere auch gegen das Verbot des Absatzes 1 Nr. 1 nicht vor, soweit die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- oder Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird. Soweit erforderlich, können auch vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen festgesetzt werden.

b) Zur Beantwortung der Frage, ob ein Verstoß gegen die Zugriffsverbote des § 44 Abs. 1 BNatSchG vorliegt, war die Einholung eines biologischen Sachverständigengutachtens erforderlich. Zum Umfang der behördlichen Ermittlungen führt das Bundesverwaltungsgericht in ständiger Rechtsprechung, der sich die Kammer anschließt, aus:

„Der individuumsbezogene Ansatz der artenschutzrechtlichen Vorschriften verlangt Ermittlungen, deren Ergebnisse die Behörde in die Lage versetzen, die tatbestandlichen Voraussetzungen der Verbotstatbestände zu überprüfen. Hierfür benötigt sie Daten zur Häufigkeit und Verteilung der geschützten Arten sowie deren Lebensstätten im Eingriffsbereich. Nur in Kenntnis dieser Fakten kann die Behörde beurteilen, ob Verbotstatbestände erfüllt sind. Diese Daten verschafft sich die Behörde in der Regel durch Bestandsaufnahmen vor Ort und Auswertung bereits vorhandener Erkenntnisse aus Fachkreisen oder Literatur. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Behörde ein lückenloses Arteninventar zu erstellen hätte. Die Untersuchungstiefe hängt vielmehr maßgeblich von den naturräumlichen Gegebenheiten im Einzelfall ab. Auch Stichproben können daher gegebenenfalls genügen. Ein allgemeinverbindlicher Standard, aus dem sich ergibt, unter welchen Voraussetzungen die Ermittlung und Bestandsaufnahme als artenschutzfachliche Beurteilungsgrundlage ausreicht, besteht nicht. Dass sich bestimmte naturschutzfachliche Ermittlungsmethoden herausgebildet haben, bedeutet nicht, dass bei einer Bestandsaufnahme nur nach Maßgabe dieser Erhebungsmethoden vorzugehen ist. Wie viele Begehungen zur Erfassung welcher Tierarten zu welchen Jahres- und Tageszeiten erforderlich sind und nach welchen Methoden die Erfassung stattzufinden hat, lässt sich nicht für alle Fälle abstrakt bestimmen, sondern hängt von vielen Faktoren ab. Eine naturschutzfachliche Meinung ist einer anderen Einschätzung auch nicht bereits deshalb überlegen, weil sie umfangreichere oder aufwändigere Ermittlungen oder "strengere" Anforderungen für richtig hält. Das ist erst dann der Fall, wenn sich diese Auffassung als allgemein anerkannter Stand der Wissenschaft durchgesetzt hat und die gegenteilige Meinung und Methode als nicht (mehr) vertretbar angesehen wird. Sind Begehungen durchgeführt worden und ergibt auch die Auswertung vorhandener sonstiger Erkenntnisse und Literatur keinen Anhaltspunkt für ein artenschutzrechtlich relevantes Vorkommen, besteht kein Anlass für weitere Untersuchungen: Sind von Untersuchungen keine weiterführenden Erkenntnisse zu erwarten, müssen sie auch nicht durchgeführt werden. Untersuchungen quasi "ins Blaue hinein" sind nicht veranlasst.“

(BVerwG, Urteil vom 09.07.2009 – 4 C 12.07 –, BVerwGE 134, 166-187, juris, Rn. 44 m.w.N.; s.a.: Urteil vom 18.03.2009 – 9 A 39/07 –, BVerwGE 133, 239-280, juris, Rn. 43 ff.; Urteil vom 09.07.2008 – 9 A 14/07 –, BVerwGE 131, 274-315, juris, Rn. 54).

Vorliegend hatte der Beklagte die erforderlichen Sachverhaltsermittlungen nicht durchgeführt. Dass der landschaftspflegerische Begleitplan auf Grund einer einmaligen Begehung außerhalb der Brutzeit, einer unzureichenden Beschreibung des Geländes und ohne Auswertung der einschlägigen Literatur das Vorkommen planungsrelvanter Brutvögel für ausgeschlossen hielt, mag schon für sich genommen den Anforderungen an die Sachverhaltsermittlung nicht genügen. Jedenfalls als der Kläger aber in seinem Einwendungsschreiben auf das Vorkommen von im einzelnen benannten Vogelarten des Offenlandes hinwies, hätte der Beklagte die Angaben im landschaftspflegerischen Begleitplan kritisch hinterfragen müssen. Dazu hätte er zumindest die einschlägige Literatur auswerten und beurteilen müssen, ob die Einschätzung, dass auf Grund der besonderen, naturräumlichen Gegebenheiten ein Vorkommen der genannten Arten ausgeschlossen sei, tragfähig ist. Diesen Anforderungen ist er nicht nachgekommen, wenn es in der Stellungnahme der unteren Naturschutzbehörde vom 18.06.2012 lediglich heißt, eine einmalige Gebietsbegehung durch den Gutachter, in der die Habitatstrukturen in Augenschein genommen würden, genüge; die untere Naturschutzbehörde folge dem „Fachbeitrag Artenschutz“; der Untersuchungsumfang sei verhältnismäßig zum Vorhaben zu sehen; die dargestellten Vermeidungs-, Verminderungs-, und Ausgleichsmaßnahmen seien geeignet, um Verbotstatbestände nach § 44 BNatSchG weitgehend zu verhindern. Insbesondere die Geeignetheit von Ausgleichsmaßnahmen lässt sich nur dann beurteilen, wenn einigermaßen Klarheit bezüglich der Gestalt des Eingriffs und etwaig betroffener Tierarten besteht. Auch nimmt die Kammer zur Kenntnis, dass der Beklagte die nur 9 Zeilen umfassenden Ausführungen im landschaftsplanerischen Begleitplan (Seite 9) als „Fachbeitrag Artenschutz“ bezeichnet. Weitere Erkenntnisquellen hat der Beklagte nicht im Verwaltungsvorgang dargelegt, sondern erstmals kurz vor der mündlichen Verhandlung behauptet.

Soweit der Beigeladene der Auffassung ist, nach Vorliegen des landschaftspflegerischen Begleitplanes habe der Kläger substanziiert darlegen müssen, warum die verschiedenen Brutvogelarten ausgerechnet zwischen den vorhandenen Ställen brüteten, verkennt er die behördlichen Ermittlungspflichten sowie die Kulissenwirkung des Vorhabens.

Die Einholung eines Sachverständigengutachtens war auch nicht etwa deshalb entbehrlich, weil der Beklagte ein Vorkommen von Feldlerche und Kiebitz in der Umgebung des Vorhabens eingeräumt hätte. Soweit er mit Schriftsatz vom 10.03.2014, Seite 6, vorgetragen hat, die Untere Naturschutzbehörde habe „die bedeutsamen Repräsentanten wie Feldlerche und Kiebitz festgestellt“, ist dieses Vorbringen wegen seiner Widersprüchlichkeit unbeachtlich (s.o. unter I.4.).

c) Durch die geplante Anlagenerweiterung wird die Feldlerche als europäische Vogelart während der Fortpflanzungszeiten erheblich gestört (§ 44 Abs. 1 Nr. 2).

Die durch den neuen Stall und die vorhandenen Bauten entstehende Kulissenwirkung und die Überbauung/Versiegelung ist geeignet, die beiden in einem Radius von 200 m um das geplante Vorhaben wahrscheinlich (Brutverdacht auf Grund deutlicher Bruthinweise) brütenden Feldlerchenpaare zu Meidereaktionen zu veranlassen und stört sie damit (vgl. Kratsch, in: Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, 2. Aufl. 2011, § 44 Rn. 21). Dies ergibt sich aus den Feststellungen des Sachverständigen. Sein biologisches Gutachten geht von zutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen aus und ist schlüssig sowie nachvollziehbar. Die Kammer hat keinen Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder der Unparteilichkeit des Sachverständigen. Die Beteiligten haben das Gutachten nicht mit substanziierten Einwendungen erschüttert.

Die Störung ist erheblich. Eine „erhebliche“ Störung liegt nach der Legaldefinition des § 44 Abs. 1 Nr. 2 Hs. 2 BNatSchG dann vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert (populationsbezogener Ansatz, vgl. BVerwG, Beschluss vom 06.03.2014 – 9 C 6.12 –,Rn. 62 m.w.N.; Urteil vom 28.03.2013 – 9 A 22.11 –, BVerwGE 146, 145-175, juris, Rn. 118; Urteil vom 09.07.2008 – 9 A 14/07 –, BVerwGE 131, 274-315, juris, Rn. 104). Unter Population ist gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 6 BNatSchG eine biologisch oder geologisch abgegrenzte Zahl von Individuen derselben Art zu verstehen. Eine lokale Population umfasst diejenigen (Teil-)Habitate und Aktivitätsbereiche der Individuen einer Art, die in einem für die Lebens(-raum)ansprüche der Art ausreichenden räumlich-funktionalen Zusammenhang stehen. Eine Verschlechterung des Erhaltungszustandes ist nach der Begründung des Regierungsentwurfs zu § 42 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG a.F. (BT-Drs. 16/5100, S. 11) „insbesondere“ dann anzunehmen, wenn die Überlebenschancen, der Bruterfolg oder die Reproduktionsfähigkeit vermindert werden, wobei dies artspezifisch für den jeweiligen Einzelfall untersucht und beurteilt werden muss. Unionsrechtlich wird der „Erhaltungszustand einer Art“ als die Gesamtheit der Einflüsse definiert, die sich langfristig auf die Verbreitung und die Größe der Population in der betreffenden Art in dem betreffenden Gebiet auswirken können (Art. 1 Buchst. i FFH-Richtlinie) (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 11.08.2009 – OVG 11 S 58.08 –, juris, Rn. 8).

Dabei ist die Vergrämung, Vertreibung oder Verdrängung einzelner Tiere aus ihren bislang genutzten Bereichen nicht populationsrelevant, solange sie ohne weiteres in für sie nutzbare störungsarme Räume ausweichen können (Gellermann, in: Landmann/Rohmer, a.a.O., § 44 BNatSchG Rn. 12; s.a. BVerwG, Beschluss vom 06.03.2014 – 9 C 6.12 –, juris, Rn. 63). Eine den Störungstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG ausschließende Verschiebung des Reviermittelpunktes der Feldlerchen ist nur dann möglich, wenn geklärt ist, wie viele Reviere in welchem Abstand und in welchem Umfang durch das Vorhaben beeinträchtigt werden und bekannt ist, ob der Naturraum in der unmittelbaren Umgebung genügend geeignete Flächen für eine Revierverschiebung bietet. Auch ist eine Revierverschiebung ohne weiteres nur möglich, wenn die angrenzende Umgebung nicht schon von Feldlerchen besetzt ist (BVerwG, Beschluss vom 06.03.2014 – 9 C 6.12 –, juris, Rn. 61).

Vorliegend ist für die beiden von der Kulissenwirkung betroffenen Feldlerchenpaare keine - die Verwirklichung des Störungstatbestandes ausschließende - Revierverschiebung möglich.

Eine Verschiebung des Reviers in das Untersuchungsgebiet mit einem Radius zwischen 200 m und 1000 m um die geplante Anlage ist nach den schlüssigen Feststellungen des Sachverständigen ausgeschlossen, weil diese Umgebung schon vollständig von Feldlerchen besetzt ist. Die Brutpaardichte im erkennbaren Konzentrationsbereich von etwa 150 ha (Teilfläche des untersuchten Radius von 1000 m um die geplante Anlage) sei „vergleichsweise hoch“ (Seite 7 des Gutachtens). Zwar unterschreitet die nach der Anzahl der festgestellten Paare ermittelte Brutpaardichte (bei 13 Paaren [Brutverdacht]: 0,86 BP/10 ha = 8,6 BP/100 ha; bei 15 Paaren [für 13 Paare Brutverdacht, für 2 Paare Brutzeitfeststellungen]: 1 BP/10 ha = 10 BP/100 ha) die in der Fachliteratur (Bauer/Bezzel/Fiedler, Das Kompendium der Vögel Mitteleuropas, 2. Aufl. 2005) angegebene Höchstdichte, die für Flächen, die größer als 100 ha (100 ha = 1 km²) sind, bei 6,2 bis 3,1 Reviere /10 ha, im Durchschnitt bei 4,1 Revieren /10 ha liegt. Zugleich heißt es dort, dass die Feldlerche in günstigen Gebieten großflächig (Flächen über 100 km²) eine Brutpaardichte von 1,2 bis 19,5 (maximal 35) Revieren pro 100 ha erreiche. In der mündlichen Verhandlung hat der Sachverständige ausgeführt, dass er die Brutpaardichte der Feldlerche im erkennbaren Konzentrationsbereich nicht nur auf Grund von Literaturangaben als „vergleichsweise hoch“ eingestuft habe, sondern dass dieses Ergebnis aus seiner Berufserfahrung (Naturschutzgebiet mit nur geringfügig höherer Brutpaardichte der Feldlerche als tägliches Arbeitsgebiet; sonstige begutachtete Flächen in Niedersachsen) gewonnen habe. Wegen der erheblichen Bestandsrückgänge der Feldlerche in den letzten 25 Jahren habe ihn die hohe Zahl von Brutpaaren im Untersuchungsgebiet überrascht. Die vorhandenen Feldlerchenpaare würden den Raum innerhalb des untersuchten Gebietes voll ausschöpfen, so dass die Kapazität des Lebensraumes für Feldlerchenpaare erschöpft sei. Da immer so viele Feldlerchenpaare in einem Bereich vorhanden seien, wie es die Kapazität des Lebensraumes zulasse, könnten die beiden von der Kulissenwirkung des Vorhabens betroffenen Paare nicht in das zwischen dem 200 m und dem 1000 m-Radius liegende Gebiet umsiedeln. Denn soweit die Fläche südlich der Ortschaft betroffen sei, könnten die dort schon vorhandenen Feldlerchen nicht „zusammenrücken“; die Flächen nördlich der Ortschaft würden von der Feldlerche nicht angenommen. Wie der Sachverständige ausgeführt hat, wäre eine Revierverschiebung innerhalb des Gebietes zwischen dem 200 m und dem 1000 m-Radius demnach nur bei einer Erhöhung der Lebensraumkapazität möglich. Entsprechend geeignete Kompensationsmaßnahmen wie Dauerbrachen oder Schwarzbrachen sieht die Genehmigung jedoch nicht vor. Die in der Genehmigung festgesetzte Ersatzmaßnahme (Obstwiese) gleicht die Beeinträchtigungen für die Feldlerche nicht aus.

Die Verwirklichung des Störungstatbestandes ist auch nicht dadurch ausgeschlossen, weil die beiden durch die Kulissenwirkung des geplanten Vorhabens beeinträchtigten Brutpaare ihr Revier in Gebiete außerhalb des 1000 m-Radius verlagern könnten. Zwar hat der Sachverständige diese Frage nicht untersucht; soweit Flächen außerhalb des 1000 m-Radius allerdings von Feldlerchen angenommen werden sollten, wäre wiederum davon auszugehen, dass die Flächen schon kapazitätsausschöpfend genutzt werden und ohne Aufwertungsmaßnahmen keine höhere Siedlungsdichte zu erreichen ist (s. Kratsch, in: Schumacher/Fischer-Hüftle, § 44 BNatSchG Rn. 70). Zudem würde es sich bei Gebieten außerhalb des 1000 m-Radius auf Grund der Entfernung zu den vom Sachverständigen im Jahr 2014 festgestellten Brutplätzen nach Einschätzung der Kammer nicht mehr um den „Naturraum in der unmittelbaren Umgebung“ handeln. Denn das Untersuchungsgebiet umfasste trotz seiner kreisförmigen Abgrenzung im Teilbereich südlich der Ortschaft, wo Feldlerchen brüteten, eine ökologische Einheit. Natürliche Grenzen bilden hier die nördlich des Vorhabenstandortes befindliche Ortschaft, im Südwesten der Laubwald, im Süden eine Straße, Bebauung und ein Waldbestand sowie in östlicher Richtung eine Kreisstraße. Damit ist die die unmittelbare Umgebung, auf die ein Ausweichen gegebenenfalls möglich wäre, abgegrenzt.

Auf Grund der die Störung durch die Kulissenwirkung verschlechtert sich auch der Erhaltungszustand der lokalen Population der Feldlerchen. Zwar hat der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung nicht ausschließen können, dass auch außerhalb des von ihm untersuchten Gebietes südlich der Ortschaft weitere Feldlerchenpaare brüten. Allerdings ist die Kammer auf Grund der beschriebenen naturräumlichen Gegebenheiten davon überzeugt, dass zu der „lokalen“ Feldlerchenpopulation nur die innerhalb des Radius von 1000 m um die geplante Anlage brütenden Vögel gehören. Wegen der vorhandenen natürlichen Grenzen stehen Flächen außerhalb dieses Radius mit den beiden in dem 200 m-Radius um die geplante Anlage gelegenen Brutrevieren nicht mehr in einem ausreichenden räumlich-funktionalen Zusammenhang. Mit dieser Einschätzung der Kammer in Einklang steht auch der Untersuchungsraum, der für die Kartierung betreffend ein Bauvorhaben des Neffen des Beigeladenen in Abstimmung mit dem Beklagten gewählt wurde. Denn dort wurde nur ein Ausschnitt des vorliegend vom Sachverständigen betrachteten Untersuchungsgebietes südlich der Ortschaft kartiert.

Für die so verstandene lokale Feldlerchenpopulation kommt es nach den Feststellungen des Sachverständigen zu einer Reproduktionsminderung. Diese Einschätzung ist auf Grund des durch die Realisierung des Vorhabens und seine Kulissenwirkung eintretenden Habitatverlustes nachvollziehbar.

Soweit der Beklagte und der Beigeladene eine Verwirklichung des Störungsverbotes deshalb für ausgeschlossen halten, weil die Brutplatzwahl der Feldlerche auch von der jeweiligen Flächenbewirtschaftung abhänge, so dass die Feldlerche den Radius von 200 m um das geplante Vorhaben auch dann meiden würde, wenn dort von ihr nicht „akzeptierte“ Feldfrüchte angebaut würden - z.B. würden Flächen, die im Jahr 2014 für den Getreideanbau genutzt worden seien, im Jahr 2015 mit Mais bestellt -, hält die Kammer diesen Einwand für unbeachtlich. Zum einen kommt es für die Begründetheit der Anfechtungsklage gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung grundsätzlich auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Erteilung der Genehmigung an. Maßgeblich sind deshalb nicht die Flächenbestellungen und etwaige Kartierergebnisse aus dem Jahr 2015. Der Sachverständige konnte naturgemäß nur die im Zeitpunkt seiner Untersuchung (2014) vorhandene Flächenbestellung berücksichtigen. Es ist jedoch vor dem Hintergrund der einschlägigen Literaturangaben und der mehrjährigen Praxis des Beigeladenen, Lerchenfenster vorzuhalten, nicht ersichtlich, dass im Jahre 2012 noch keine Feldlerchen im Untersuchungsgebiet brüteten. Insoweit geht die Kammer davon aus, dass das Feldlerchenvorkommen im Jahr 2014 vergleichbar dem im Jahre 2012 ist. Soweit der Beklagte meint, dass sie Situation in den verschiedenen Jahren nicht vergleichbar ist, ist dem entgegenzuhalten, dass die Prüfung von artenschutzrechtlichen Verbotstatbeständen vor Erteilung der Genehmigung Aufgabe des Beklagten gewesen wäre.

Die vom Beklagten und vom Beigeladenen als Ersatzursache geltend gemachte Felderbewirtschaftung ist unbeachtlich. Die Kammer hält es - entgegen der Auffassung des Beigeladenen, der dies als reine Spekulation einschätzt - für lebensnah, wenn der Sachverständige annimmt, dass die Fruchtfolge auf den einzelnen Feldern naturgemäß rotiert; der jeweilige Landwirt in der Summe jedoch immer in etwa das Gleiche produziert. Eine Fruchtfolge entspricht insoweit der guten landwirtschaftlichen Praxis (s.a. § 5 Abs. 2 BNatSchG). Dass der Sachverständige seinem Gutachten keine Auswertung der Feldbestellungen im Untersuchungsjahr beifügte, sondern insoweit nur für sich selbst Notizen anlegte, führt vor diesem Hintergrund nicht zur fehlenden Nachvollziehbarkeit des Gutachtens.

d) Für die Feldlerche als besonders geschützte Art werden durch die geplante Anlagenerweiterung auch Fortpflanzungsstätten beschädigt bzw. zerstört (§ 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG).

Die Regelung schützt nicht allgemein Lebensräume, insbesondere nicht die bloßen Nahrungsreviere, oder sämtliche Lebensstätten (BVerwG, Urteil vom 21.06.2006 – 9 A 28.05 –, BVerwGE 126, 166-182, juris, Rn. 33; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14.10.2014 – 8 C 10233/14 –, Rn. 68, juris). Vielmehr ist der Begriff der "Fortpflanzungsstätte" in § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG eng auszulegen. Was als Fortpflanzungs- oder Ruhestätte im Sinne des Art. 12 Abs. 1 Buchst. d FFH-RL anzusehen ist, ist eine in erster Linie naturschutzfachliche Frage, die je nach den Verhaltensweisen der verschiedenen Arten unterschiedlich beantwortet werden kann. Danach kann die Gesamtheit mehrerer im Dienst der Fortpflanzungs- oder Ruhefunktion stehender Plätze, die in räumlichem Zusammenhang einen Verbund bilden, als geschützte Fortpflanzungs- bzw. Ruhestätte im Sinne des Art. 12 Abs. 1 Buchst. d FFH-RL sein. Im deutschen Artenschutzrecht kommt dieser funktionale Gesichtspunkt allerdings nicht in § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG, sondern bei der Anwendung des § 44 Abs. 5 Satz 2 und 3 BNatSchG zum Tragen. § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG begreift nicht den Verbund, sondern dessen einzelne Bestandteile als Fortpflanzungs- oder Ruhestätte (BVerwG, Urteil vom 18.03.2009 – 9 A 39.07 –, BVerwGE 133, 239-280, juris, Ls. 4, Rn. 69; BVerwG, Urteil vom 28.03.2013 – 9 A 22/11 –, BVerwGE 146, 145-175, juris Rn. 118; BVerwG, Beschluss vom 06.03.2014 – 9 C 6/12 –, juris, Rn. 64).

In zeitlicher Hinsicht betrifft die Verbotsnorm des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG primär die Phase aktueller Nutzung der Lebensstätte. Unter Berücksichtigung des verfolgten Zwecks der Regelung, die Funktion der Lebensstätte für die geschützte Art zu sichern, ist dieser Schutz aber auszudehnen auf Abwesenheitszeiten der sie nutzenden Tiere einer Art, sofern nach den Lebensgewohnheiten der Art eine regelmäßig wiederkehrende Nutzung zu erwarten ist (BVerwG, Urteil vom 18.03.2009 – 9 A 39.07 –, BVerwGE 133, 239-280, juris, Rn. 66; BVerwG, Urteil vom 28.03.2013 – 9 A 22/11 –, BVerwGE 146, 145-175, juris Rn. 118).

Für eine Beschädigung oder Zerstörung ist keine substanzverletzende Beeinträchtigungen erforderlich, vielmehr genügt jede Verschlechterung der ökologischen Qualität der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten unabhängig von ihrer Ursache (Gellermann, in: Landmann/Rohmer, a.a.O., § 44 BNatSchG Rn. 20; Kratsch, in: Fischer/Hüftle, BNatSchG, 2010, § 44 Rn. 39).

Vorliegend verschlechtert sich die ökologischen Qualität Fortpflanzungsstätten der Feldlerchen dadurch, dass durch die Kulissenwirkung der Ställe (Meideverhalten) und durch die Überbauung/Versiegelung (Verlust von Nahrungsressourcen) in einem Radius von 200 m um die geplante Anlage alle in diesem Brutrevier als Standort von Nestern für die Feldlerche geeigneten Brutplätze verloren gehen (zu Arten, die ihre Nester in jeder Brutsaison neu bauen: BVerwG, Urteil vom 18.03.2009 – 9 A 39.07 –, BVerwGE 133, 239-280, juris, Rn. 75; BVerwG, Urteil vom 21.06.2006 – 9 A 28.05 –, BVerwGE 126, 166-182, juris, Rn. 33, zu "Brutstätten" i.S.v. § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG 2002).

Ergänzt wird der Verbotstatbestand durch die Regelung in § 44 Abs. 5 Satz 2 und 3 BNatSchG. Sie hat eine funktionsbezogene Zielrichtung und richtet sich darauf, die von Fortpflanzungs- bzw. Ruhestätten erfüllte ökologische Funktion aufrechtzuerhalten. Der in Abs. 5 Satz 2 vorausgesetzte volle Funktionserhalt ist nicht schon dann gegeben, wenn der Eingriff keine messbaren Auswirkungen auf die Reproduktionsbedingungen bzw. Rückzugsmöglichkeiten der lokalen Population als ganzer hat, sondern erst dann, wenn für die mit ihren konkreten Lebensstätten betroffenen Exemplare einer Art die von der Lebensstätte wahrgenommene Funktion vollständig erhalten bleibt, also z.B. dem in einem Brutrevier ansässigen Vogelpaar weitere geeignete Nistplätze in seinem Revier zur Verfügung stehen oder durch Ausgleichsmaßnahmen ohne zeitlichen Bruch bereitgestellt werden (BVerwG, Urteil vom 18.03.2009 – 9 A 39.07 –, BVerwGE 133, 239-280, juris, Rn. 67). Die privilegierenden Regelungen des § 44 Abs. 5 Satz 2 und 3 BNatSchG sind nur auf „nach § 15 BNatSchG zulässige“ Eingriffe in Natur- und Landschaft anwendbar. Als Eingriff in diesem Sinne ist nicht die konkrete Beeinträchtigung, sondern nach Wortlaut der Legaldefinition des § 14 Abs. 1 BNatSchG die Veränderung der Gestalt oder Nutzung von Grundflächen als Ganzes zu verstehen. Führt das Vorhaben in bestimmter Hinsicht zu Beeinträchtigungen, die den Vorgaben der Eingriffsregelung widersprechen, so ist der Eingriff unzulässig mit der Folge, dass auch anderen von ihm ausgehenden Beeinträchtigungen die Privilegierung des § 44 Abs. 5 Satz 2 und 3 BNatSchG verwehrt bleibt. Dies gilt jedoch nicht, wenn weder im habitatrechtlichen noch im artenschutzrechtlichen Sinn - und sei es unter Inanspruchnahme des § 44 Abs. 5 Satz 2 BNatSchG - für eine Art eine erhebliche Beeinträchtigung vorliegt. Sind die Voraussetzungen des § 44 Abs. 5 Satz 2 BNatSchG erfüllt, fehlt es schon tatbestandlich an einem Verbotstatbestand und damit auch insoweit an einem Eingriff, der Anknüpfungspunkt für etwaige Verpflichtungen nach § 15 BNatSchG ist (BVerwG, Beschluss vom 06.03.2014 – 9 C 6.12 –, juris, Rn. 65).

Da es durch das Vorhaben zu einer Reproduktionsminderung der lokalen Population kommt und nicht erkennbar ist, dass die ökologische Funktion der im 200 m-Radius befindlichen Fortpflanzungsstätten in einem räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird, greift die Vorschrift des § 44 Abs. 5 Satz 2 BNatSchG hier nicht ein. Die Kammer geht davon aus, dass Bereiche außerhalb des 1000 m-Radius mit den Brutrevieren innerhalb des 200 m-Radius nicht mehr in einem ausreichenden räumlichen Zusammenhang stehen.

e) Ob das Vorhaben auch hinsichtlich des Kiebitzes, für den etwaige Umsiedlungen der Brutpaare im Jahr 2014 auf Grund der fortgeschrittenen Jahreszeit von dem Sachverständigen möglicherweise nicht mehr festgestellt werden konnten, gegen § 44 Abs. 1 Nr. 2 oder Nr. 3 BNatSchG verstößt, muss offenbleiben.

2. Der Verstoß der Genehmigung gegen das Artenschutzrecht berührt Belange des Umweltschutzes, die zu den Zielen gehören, die der Kläger als anerkannte Umweltvereinigung nach seiner Satzung fördert.

3. Für das geplante Vorhaben bestand eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung, da sich die Einschätzung des Beklagten, es seien keine erheblich nachteiligen Umweltauswirkungen zu erwarten, als nicht nachvollziehbar erweist (vgl. die Gleichstellung in § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG; BVerwG, Urteil vom 20.12.2011 – 9 A 31.10 –, BVerwGE 141, 282, juris, Rn. 23, 33 zu § 4 Abs. 1 UmwRG a.F.). Dies ergibt sich zum einen aus den unter I. dargestellten Gründen, zum anderen ist der Verzicht auf eine Umweltverträglichkeitsprüfung aus den unter II. 1. dargestellten Erwägungen im Ergebnis schlechthin nicht mehr nachvollziehbar, da insoweit das (individuumsbezogene) Artenschutzrecht das (gebietsbezogene) Recht der Umweltverträglichkeitsprüfung beeinflusst.

III. Ob die immissionsschutzrechtliche Genehmigung noch aus weiteren Gründen rechtswidrig ist und der Aufhebung unterliegt - namentlich wegen eines Verstoß gegen das Immissionsschutzrecht (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG), das Habitatschutzrecht (§ 34 BNatSchG), den Biotopschutz (§ 30 BNatSchG) oder die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung (§ 14 f. BNatSchG) - bleibt dahingestellt.

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO und hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen auf § 162 Abs. 3 VwGO. Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt und hat daher gemäß § 154 Abs. 3 VwGO keine Kosten zu tragen, kann aber auch gemäß § 162 Abs. 3 VwGO seinerseits keine Kostenerstattung beanspruchen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.

Gründe für eine Zulassung der Berufung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3, 4 i.V.m. § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO) liegen nicht vor.